Harmlos oder Krankheitssymptom? - topfit

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Diagnose & Therapie 15
Warnsignal Sodbrennen
Harmlos oder
Krankheitssymptom?
Von rezeptfreien Medikamenten gegen Sodbren­
nen gibt es nur kleine Packungsgrößen zu kaufen.
Dahinter steckt eine Strategie: Kauft sich ein Kun­
de das Präparat nämlich immer wieder neu, kann
der Apotheker ihn auf das Thema »Sodbrennen«
ansprechen – und ihm einen baldigen Arztbesuch
ans Herz legen. Denn häufiges Sodbrennen ist
nicht selten Symptom einer behandlungsbedürf­
tigen Erkrankung.
Von Dr. Nina Schreiber
W
enn sich nach dem Genuss eines Burgers
mit Pommes oder eines Riegels Schokolade plötzlich ein brennendes Gefühl einstellt,
das vom Magen bis in den Rachen hineinzieht,
ist das erst einmal kein Grund zur Besorgnis:
Durch die aufgenommene Nahrung dehnt sich
der Magen und zieht – um das Aufstoßen verschluckter Luft zu erleichtern – kurzzeitig eine
Erschlaffung des Schließmuskels nach sich, der
die Speiseröhre vom Magen abgrenzt. Dadurch
kann saurer Mageninhalt den Schließmuskel
leichter passieren und in die Speiseröhre gelangen. Dort reizt der Magensaft die säureempfindlichen Nervenzellen, die die Speiseröhrenschleimhaut durchziehen – es entsteht Sodbrennen. Ein Überangebot an Fetten oder Zucker,
aber auch Alkohol und anderen Genussmitteln
beeinträchtigen den Schließmechanismus zusätzlich, da sie die Spannung (Muskeltonus) des
unteren Speiseröhrenmuskels senken. Zudem
reagiert der Magen gerade auf Fette, Zucker, Alkohol, Nikotin oder Koffein mit einer gesteigerten Magensäureproduktion. Steht mehr Magensäure zur Verfügung als benötigt wird, können
säurebedingte Magenschmerzen, Sodbrennen
und saures Aufstoßen die Folgen sein.
Manche Menschen neigen vor allem bei Stress
und psychischer Belastung zu Sodbrennen.
Ebenso kann die Einnahme von bestimmten
Medikamenten (z. B. Präparate zur Senkung eines erhöhten Blutfettspiegels), aber auch Bücken
oder das Heben schwerer Lasten Sodbrennen
hervorrufen.
Mitunter gehen saures Aufstoßen und Sodbrennen auch auf einen Magensäuremangel oder auf
eine gestörte Koordination der Magen-DarmMuskulatur zurück. Ob ein Zuviel oder ein Zu-
wenig an Magensäure vorliegt, kann der Betroffene nicht spüren – umso wichtiger ist es, wiederkehrendes Sodbrennen ärztlich abklären zu
lassen.
Speiseröhre
Hier kommt es zu
Entzündungen, wenn
Säure aus dem
Magen aufsteigt.
Leber
Schließmuskel
der Speiseröhre
Magen
Darm
Sodbrennen entsteht meist, wenn zu viel Magensäure
produziert wird. Die Säure entweicht dann in die Speiseröhre (Ösophagus). Das Phänomen reicht von gelegentlichem, eher harmlosem Sodbrennen bis hin zur
Refluxkrankheit.
Bei mehr als einmal pro
Woche – ab zum Arzt
Sodbrennen, das weniger als einmal pro Woche
auftritt, hat in der Regel keinen Krankheitswert.
Etwas anderes ist es, wenn sich immer wieder
Sodbrennenattacken einstellen. Dann sollten die
Ursachen unbedingt ärztlich abgeklärt werden;
denn chronisches Sodbrennen ist das Leitsymptom der Refluxkrankheit (Gastroösophaeale
Reflux-Erkrankung, kurz GERD) bzw. einer (refluxbedingten) Speiseröhrenentzündung.
Bei der Refluxkrankheit ist die säureempfindliche Schleimhaut der Speiseröhre einer anhaltenden Reizung ausgesetzt. Dadurch können
sich Teile der Speiseröhrenschleimhaut entzünden und langfristig irreparabel geschädigt werden. So kann es z. B. zu einer krankhaften Umbildung der Schleimhaut im unteren Bereich der
Speiseröhre kommen, die als Barrett-Syndrom
bezeichnet wird. Hat sich erst einmal ein Barrett-Syndrom gebildet, gilt es, regelmäßig endoskopische Kontrolluntersuchungen durchzuführen, denn nun ist das Risiko für die Entstehung
von Speiseröhrenkrebs deutlich erhöht – eine
seltene, aber heimtückische Krebserkrankung
mit einer eher ungünstigen Prognose.
Topfit 3 / 2013
16 Diagnose & Therapie
Refluxkrankheit –
Ursache unklar
Welche Ursache der Entstehung einer Refluxkrankheit zugrunde liegt, ist nach wie vor nicht
genau bekannt; allerdings besteht in 90 Prozent
der Fälle gleichzeitig ein Zwerchfellbruch, der in
der Regel jedoch keine Beschwerden verursacht
und deshalb oft unerkannt bleibt. Als sicher gilt,
dass Faktoren wie Übergewicht, eine fettreiche
Ernährung oder der regelmäßige Genuss von
Alkohol, Nikotin und/oder Kaffee die Entstehung der Erkrankung begünstigt.
Manchmal geht Sodbrennen auch auf eine Magenschleimhautentzündung, ein Magen- oder
ein Zwölffingerdarmgeschwür zurück. In diesem Fall machen sich oft weitere Symptome
bemerkbar, z. B. Magenschmerzen, Übelkeit
und Völlegefühl unmittelbar nach dem Essen
(Magenschleimhautentzündung und Magen­
Natron war früher das Hausmittel gegen Sodbrennen.
Mittlerweile gibt es synthetische Antazida
als ­Alternative.
geschwür) bzw. wenn längere Zeit nicht gegessen wurde (Zwölffingerdarmgeschwür).
Ob eine Refluxkrankheit oder ein Magenleiden
Ausgangspunkt für das chronische Sodbrennen ist, lässt sich nur mit einer endoskopischen
Untersuchung (»Magenspiegelung«) klären.
Manchmal ist zusätzlich eine Langzeit-pH-Metrie notwendig, um Häufigkeit, Dauer und Intensität der Säurebelastung der Speiseröhre zu
erfassen, etwa wenn der endoskopische Befund
nicht eindeutig ist oder die eingeleitete Behandlung nicht den erhofften Erfolg zeigt.
Von Milch über Heilerde
bis zu Tees
Wer ab und zu unter Sodbrennen leidet, kann
erst einmal versuchen, ohne ärztliche Hilfe auszukommen – vorausgesetzt, es handelt sich hierbei wirklich nur um eine vorübergehende Episode. Akutbeschwerden können z. B. oft schon
durch ein Glas warme Milch gelindert werden,
das die Säure puffert.
Natron (Natriumhydrogenkarbonat) war früher
das Hausmittel der Wahl bei Sodbrennen. Es ist
auch heute noch in verschiedenen Mitteln enthalten (z. B. KaiserNatron®, Bullrich Salz®). Mit
Heil­erde oder Basenpulver (z. B. Alkala®) lässt
sich die Säure ebenfalls neutralisieren.
Leichtes Sodbrennen kann auch mit einer Tasse Kamillen-, Fenchel- oder Kümmeltee gemildert werden; Pfefferminztee sollten Sie dagegen
meiden.
rung sind Protonenpumpenhemmer rezeptfrei;
höher dosierte Protonenpumpenhemmer können nur vom Arzt verordnet werden und sind
daher rezeptpflichtig.
Wirkungslos und sogar schädlich ist eine medikamentöse Drosselung der Magensäureproduktion jedoch, wenn ein Magensäuremangel
die Ursache für Sodbrennen ist. Dann kann
es sinnvoll sein, eine Kur mit bitterstoffhaltigen Tees durchzuführen oder Tinkturen zur
Ankurbelung der Magensäureproduktion einzunehmen. Pflanzen, die besonders viele Bitterstoffe enthalten, sind z. B. die Wurzel des
Gelben Enzians, Wermut oder das sehr bittere
Tausendgüldenkraut.
Hilfe aus der Apotheke
Reichen diese Selbsthilfemaßnahmen nicht aus,
stehen effektive Medikamente zur Linderung
von Sodbrennen zur Verfügung, von denen viele
in der Apotheke rezeptfrei erhältlich sind. Dabei
zielen die Präparate darauf ab, die Produktion
der Magensäure zu blockieren, die Säure zu binden und das Brennen zu stoppen. Dazu gehören
z. B. Antazida, die zwar relativ rasch, jedoch nur
bis zu drei Stunden wirken. Eine längere Wirkdauer – nämlich bis zu 24 Stunden – zeichnet
die sogenannten Protonenpumpenhemmer (z. B.
Omeprazol, Pantoprazol) aus: Sie blocken die
Enzyme (Protonenpumpe) in den Belegzellen
des Magens, von denen letztendlich der Säuregehalt des Magensafts abhängt. Dadurch wird
der Magensaft mit weniger Säure angereichert,
der pH-Wert steigt an. In einer niedrigen Dosie-
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Die Apotheke ist eine erste Anlaufstelle bei Sodbrennen.
Sollten Sie deswegen allerdings Stammkunde werden,
ist ein Arztbesuch dringend erforderlich.
Sodbrennen vermeiden
Die Erfahrung zeigt: Um das Sodbrennen dauerhaft zu stoppen, kommt man um eine Änderung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten
meist nicht herum. Dazu gehören:
▸▸ Vermeiden Sie Lebensmittel, die Sodbrennen
auslösen können (siehe Kasten).
▸▸ Verteilen Sie das Essen auf mehrere kleinere
Mahlzeiten am Tag: Fünf bis sechs Portionen
sind ideal.
▸▸ Setzen Sie bevorzugt fettarme, eiweißreiche
Kost auf Ihren täglichen Speiseplan. Während
fettreiche Nahrungsmittel (z. B. fettes Fleisch,
Wurstwaren) die Spannung des Speiseröhrenschließmuskels senken, steigern eiweißreiche
Mahlzeiten den Muskeltonus um bis zu 50 Pro-
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Topfit 3 / 2013
Heilerde ist ein Mineralpulver, das eingenommen
­werden kann und säurebindend wirkt.
Diagnose & Therapie 17
B u ch t i p p
zent. Gute Eiweißlieferanten sind z. B. Eier, Sojabohnen, mageres Puten- oder Kalbfleisch, Fisch
und Milchprodukte.
▸▸ Nehmen Sie sich Zeit beim Essen, und achten
Sie darauf, jeden Bissen sorgfältig zu kauen.
▸▸ Essen Sie möglichst nicht im Liegen, sondern
in aufrechter Körperhaltung.
▸▸ Kauen Sie nach dem Essen ungesüßten
Kaugummi.
▸▸ Bis zu drei Stunden nach den Mahlzeiten sollten Sie sich nicht hinlegen – achten Sie hierauf
vor allem in den Abendstunden, bevor Sie zu
Bett gehen.
▸▸ Gewöhnen Sie sich das Rauchen ab, wenn Sie
Raucher sind.
Weitere Informationen zur Behandlung
von Sodbrennen und anderen MagenDarm-Problemen finden Sie hier:
Dr. Nicole Schaenzler
Dr. med. Christoph Koppenwallner
Magen und Darm natürlich behandeln
Gräfe und Unzer Verlag 2009 (2. Aufl.)
ISBN 978-3-8338-1684-0
▸▸ Um Sodbrennen in der Nacht zu vermeiden,
empfiehlt es sich, mit erhöhtem Oberkörper zu
schlafen; das Kopfende sollte etwa zehn bis zwölf
Zentimeter angehoben sein. Falls Sie keinen verstellbaren Lattenrost haben, können Sie sich mit
einem zusätzlichen Kopfkissen behelfen. Wer so
nicht schlafen kann, sollte sich angewöhnen, auf
der linken Seite zu schlafen.
▸▸ Gehen Sie in die Hocke, wenn Sie sich bücken müssen (das ist nebenbei auch noch
rückenfreundlich).
▸▸ Tragen Sie keine einengende Kleidung (z. B.
enger Hosen- oder Rockbund, eng geschnallter Gürtel).
▸▸ Bauen Sie überschüssige Pfunde ab – auch
Übergewicht fördert Sodbrennen.
▸▸ Erlernen Sie eine Entspannungstechnik, z. B.
Autogenes Training, wenn sich bei Ihnen Sodbrennen vor allem in Zeiten bemerkbar macht,
in denen Sie psychisch stark belastet sind.
Wie gesagt: Oft ist gelegentliches Sodbrennen
harmlos. Regelmäßige Beschwerden sind allerdings ein triftiger Grund, zum Arzt zu gehen,
um mögliche künftige Schädigungen der Speiseröhre und des Schließmuskels zu vermeiden.
Der Einfluss von Nahrungsmitteln und Getränken
◾◾ Fettgebackenes
bzw. Frittiertes
Fett verringert die
Spannung des
Speiseröhren­
schließmuskels.
◾◾ Fette
Fleisch- und Wurstwaren,
fettreiche Saucen,
Mayonnaise, Räucherwaren
Ersetzen Sie
solche Nahrungsmittel
durch magere
Eißweißlieferanten
(Huhn, Kalb, Fisch und Milchprodukte).
◾◾ Zitrussäfte, kohlen-
säurehaltige
Getränke,
Cola
◾◾ Hefe-Backwaren, frisches
Brot
Manchen Menschen bekommen Blähungen, andere Sodbrennen.
Tipp: Gutes Brot schmeckt auch an den
Folge­tagen gut.
Sie sind Säurelocker.
Stilles Wasser und Tees
sind eine Alternative.
◾◾ Pfefferminze
Pfefferminze ist bei Sodbrennen tabu, da sie die
Beschwerden verstärkt.
◾◾ Tomatensauce, Tomatensaft
Viele Menschen vertragen mit
zunehmendem Alter
die Fruchtsäure von
Tomaten nicht mehr
so gut.
◾◾ Chili, Tabasco, Zwiebeln,
Rosenpaprika
Capsicain und andere »scharfe«
Stoffe reizen die Magenschleimhaut. Binden Sie die Schärfe
mit Joghurt oder Sahne bzw.
ersetzen Sie diese durch andere
kräftige Gewürze und Kräuter.
◾◾ Röststoffreicher
Kaffee
Probieren Sie es zunächst mit magen­
freundlichen Sorten. Auch eine andere
Zubereitungsart (z. B. ein
Verzicht auf Milch und
Zucker) kann helfen.
Ansons­ten ist Tee
eine Alternative.
◾◾ Süßgkeiten
wie Schokolade
Ein Übermaß an Zucker führt zur
Steigerung der Magensäure.
Versuchen Sie ersatzweise
zuckerarme Sorten
mit hohem Kakaoanteil. Wenn Sie
sich aber fettarm
ernähren wollen,
sollten Sie auf Schokolade verzichten.
◾◾ Alkoholische
Getränke,
vor allem Weißwein,
Sekt, Bier, Whisky,
Wodka
»Alte Jungs lieben Rotwein« – tatsächlich wird
er oft besser vertragen.
Wenn säurearme Weine
Ihrem Magen nicht helfen,
sollten Sie den Alkoholkonsum – vor allem am späten
Abend – einschränken.
Topfit 3 / 2013
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