Grundwissen Sozialkunde 10. Jahrgangsstufe Themenbereich: Mitwirkungsmöglichkeiten im demokratischen Staat Pluralismus Leitbild moderner Demokratien, nach dem die Vielfalt von Meinungen, Interessen, Werten und deren Organisation in Verbänden ausdrücklich anerkannt und als rechtmäßig respektiert werden. Zwischen den verschiedenen konkurrierenden Interessen muss ein Ausgleich stattfinden. Konflikte sind ein typisches Merkmal pluralistischer Gesellschaften. Für die Austragung sind gewisse Minimalregeln erforderlich, der sog. Grundkonsens der Demokraten: Gültigkeit der Mehrheitsentscheidung, Minderheitenschutz Interessenverbände – Beispiele – Aufgaben Interessenverbände sind Vereinigungen natürlicher und juristischer Personen, die sich zum Zweck der Durchsetzung gemeinsamer politischer, wirtschaftlicher oder sozialer Interessen eine feste Organisation geben. Interessenverbände werden in vielen gesellschaftlichen Handlungsbereichen aktiv, z.B. Wirtschaft und Arbeit; Kirchen und Weltanschauungen; Freizeit und Erholung; Kultur, Bildung und soziales Leben; Gesellschaftspolitik. Sie versuchen indirekt auf die Gesetzgebung Einfluss zu nehmen (Lobbyismus) und erfüllen dadurch folgende Funktionen: Interessenartikulation, Interessenaggregation, Interessenselektion und politische Integration. Verbände stärken den Zusammenhalt der Gesellschaft, weil sich die Bürger mit ihren Interessen und Bedürfnissen einbringen können. Zur Erreichung ihrer Ziele wenden sich Verbände an Parteien, Parlamente, Regierungen/ Bürokratie, Öffentlichkeit und zunehmend an europäische Organe. Verbände sind ein typisches Merkmal ➔ pluralistischer Staaten, indem sie ihre Interessen und ihr Fachwissen in den politischen Prozess einbringen. Problematisch kann die zu starke Durchsetzung von Einzel- gegenüber Allgemeininteressen sowie die Blockade politischer Entscheidungen durch Verbände sein. Bürgerinitiative Bürgerinitiativen sind spontane, zeitlich und örtlich meist begrenzte, organisatorisch eher lockere Zusammenschlüsse einzelner Bürger, die sich zumeist aus einem konkreten Anlass, häufig auch als unmittelbar Betroffene zu Wort melden, z.B. mit dem Ziel, den Bau einer Umgehungsstraße zu bewirken oder um die Planungen für eine Stadthalle zu stoppen. Parteien – Begriff - Funktionen Parteien sind langfristig angelegte, organisierte Zusammenschlüsse von Bürgerinnen und Bürgern (Einzelmitgliedschaft natürlicher Personen) mit gemeinsamen politischen Vorstellungen (Parteiprogrammen). Sie wollen im Gegensatz zu ➔ Interessenverbänden direkt auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen, indem sie an Wahlen zu Landtagen oder zum Bundestag (keine „Rathausparteien) teilnehmen. Sie müssen nach Art. 21 GG demokratisch aufgebaut sein, ihre Ziele dürfen nicht gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoßen, sonst können sie auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung vom Bundesverfassungsgericht – und nur von diesem – verboten werden (Parteienverbot/Parteienprivileg). Über ihre Finanzierung müssen sie öffentlich Rechenschaft ablegen. Der Staat beteiligt sich an ihrer Finanzierung. Parteien erfüllen folgende Funktionen: Personalrekrutierung und Regierungsbildung, Artikulation und Aggregation gesellschaftlicher Interessen, Programmformulierung, Partizipationsfunktion, Legitimation politischer Entscheidungen und Mitwirkung an der politischen Bildung. Wahlen Nach Artikel 38 Abs. 1 GG müssen Wahlen in der Bundesrepublik folgende fünf Wahlrechtsgrundsätze erfüllen: allgemein (keine Gruppe ausgeschlossen), unmittelbar (keine Zwischeninstanzen, wie z.B. Wahlmänner), frei (kein Wahlzwang), gleich (gleicher Zähl- und Erfolgswert) und geheim (Wahlurne) sein. Voraussetzungen demokratischen Wahlen sind freie Kandidatenkonkurrenz und Chancengleichheit der Parteien. Funktionen demokratischer Wahlen: Legitimierung des politischen Systems und der Regierung/des Parlaments, Kontrolle der politischen Entscheidungsträger durch die Wähler, Konkurrenz (Auswahl zwischen verschiedenen politischen Führungsgruppen und Sachprogrammen), Repräsentation/Integration (vgl.→ Erläuterungen zu Interessenverbänden). Wahlsysteme: Mehrheitswahl (Personenwahl): Wahl eines Kandidaten im Wahlkreis. Formen: Kandidat mit den meisten Stimmen erhält Mandat (relative Mehrheitswahl) oder derjenige, der 50% plus eine Stimme erhalten hat (absolute Mehrheitswahl) Vorteile der Mehrheitswahl: Klare Mehrheiten, schnelle Regierungsbildung, enge Verbindung zum Wahlkreis. Nachteile: Papierkorbstimmen. Verhältniswahl (Parteien-/Listenwahl) Parteilisten mit Namen von Kandidaten. Stimmen, für eine Partei im allen Wahlgebiet werden zusammengezählt. Berechnung/Vergabe der Parlamentssitze nach dem Stimmenanteil der Parteien Vorteil der Verhältniswahl: Keine Stimme geht verloren. Nachteile: Stimmenzersplitterung. Koalitionsbildung. Bundes- und Landtagswahlen finden in Deutschland nach unterschiedlichen Wahlsystemen statt. In Bayern können die WählerInnen bei den Kommunalwahlen durch Kumulieren und Panaschieren stärkeren Einfluss auf die Zusammensetzung der Kommunalparlamente nehmen.. Wahl zum Deutschen Bundestag: personalisierte Verhältniswahl Bedeutung von Erst- und Zweitstimme: Das Bundesgebiet ist in 299 Wahlkreise eingeteilt. Jeder Wähler hat zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählt er – in relativer Mehrheitswahl – einen der Direktkandidaten im Wahlkreis (Direktmandat). Die Zweitstimme ist für die starre Landesliste einer Partei bestimmt (Verhältniswahl). Über diese Landeslisten ziehen weitere 299 Abgeordnete in den Bundestag ein. Stimmensplitting der beiden Stimmen ist möglich. Entscheidend für die Anzahl der Mandate im Bundestag ist die Zweitstimme. Für die Bundestagswahl gelten einige Besonderheiten: An der Sitzverteilung nehmen nur Parteien teil, die min. 5% der Zweitstimmen im Bundesgebiet errungen haben. Erringt eine Partei mehr Direktmandate, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustehen, so behält sie diese als Überhangmandate. Erringt eine Partei min. 3 Direktmandate, entfällt für sie die 5%- Klausel. Seit der Wahlrechtsreform 2013 werden Überhangmandate durch Ausgleichsmandate ausgeglichen. Themenbereich: Politische Ordnung in der Bundesrepublik Oberste Bundesorgane: Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung, Bundesverfassungsgericht, Bundespräsident Bundestag: nationales Parlament der Bundesrepublik Deutschland; Größe: 598 Abgeordnete plus Überhangmandate Legislaturperiode: vier Jahre Hauptaufgaben 1. Wahlfunktion: Wahl des Bundeskanzlers/ Beteiligung an Wahl d. BPräsidenten 2. Gesetzgebungsfunktion: Beratung in Ausschüssen; Beschluss im Plenum 3. Kontrollfunktion: Hauptinstrument der Opposition: Kontrolle der laufenden Arbeit der Bundesregierung durch parlamentarische Kontrollmittel Große, Kleine Anfrage, Fragestunde, aktuelle Stunde, Untersuchungsausschuss, Budgetrecht, konstruktives Misstrauensvotum 4. Artikulationsfunktion: aktuelle politische Probleme artikulieren und diskutieren 5. Willensbildungsfunktion: Mitwirkung an der Bildung der öffentlichen Meinung durch Parlamentsdebatten 6. Repräsentationsfunktion: Vertretung der Interessen der Bevölkerung Organe des Bundestages: Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten (Mitglied der stärksten Fraktion) und seinen Stellvertretern (Einer aus jeder Fraktion) ; Leitung der Sitzungen, Wahrung der Würde des Hauses, Vertretung nach außen; Ältestenrat: Präsidium und 23 Abgeordnete nach Fraktionsstärke; zentrales Lenkungs- und Koordinationsgremium; Fachausschüsse: Zusammensetzung nach Fraktionsstärke, Arbeitsbereiche entsprechen denen von Ministerien; Fraktion: Vereinigung von Abgeordneten einer Partei (z.B. SPD) bzw. von Parteien, die gleichgerichtete politische Ziele verfolgen und bei Wahlen nicht konkurrieren. CDU- und CSU-Fraktion bilden eine Fraktionsgemeinschaft; Untersuchungsausschuss: Einsetzung auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Btages; Instrument der Opposition zur Klärung von Skandalen etc.; Enquete-Kommission: Gremium aus Abgeordneten und Experten; Erarbeitung von Vorschlägen zu neuen und schwierigen Themen; Vermittlungsausschuss: Paritätisch (je 16) besetztes Gremium zur Kompromisssuche bei Konflikten zwischen Bundestag und Bundesrat Koalition: Zusammenschluss von Parteien mit dem Ziel, die Parlamentsmehrheit zu erreichen und die Regierung zu stellen; Opposition: Fraktionen, die nicht zur Regierung(skoalition) gehören; Funktion: Präsentation sachlicher und personeller Alternativen Bundesrat: jährlicher Wechsel des Präsidenten zum 1.11.; Reihenfolge nach Einwohnerzahl; Bundesrat ist Vertretung der deutschen Bundesländer beim Bund; Mitglieder sind Angehörige der 16 Landesregierungen (3-6 Stimmen nach Einwohnerzahl); Arbeitsweise: einheitliche Stimmabgabe des Landes nötig, sonst Stimmen ungültig Funktionen: Recht zur Gesetzesinitiative Beteiligung an Gesetzgebung des Bundes: Stellungnahme zu Entwürfen, Einspruchs(einfache) Gesetze, Zustimmungsgesetze Möglichkeit der Anrufung des Vermittlungsausschusses; dabei Einspruchs- (einfache) Gesetze: Zurückweisung des Einspruches des B.Rates möglich Zustimmungsgesetze: Zustimmung des B.Rates erforderlich, sonst ist Gesetz gescheitert Bundesverfassungsgericht (Abk.: BVerfG): • höchstes deutsches Gericht mit Sitz in Karlsruhe • Hüter des Grundgesetzes • Wahl je zur Hälfte durch Bundestag und Bundesrat mit 2/3-Mehrheit auf 12 Jahre • keine Wiederwahl möglich • 16 Richter in zwei Senaten à 8 Richter • Entscheidungen mit Stimmenmehrheit ➔ Ablehnung bei Stimmengleichheit • Entscheidungen u.a. über: Normkontrolle (Vereinbarkeit von Gesetzen mit der Verfassung), Verfassungsbeschwerden von Bürgern wegen Verletzung von Grundrechten, Parteiverbote (hier: 2/3- Mehrheit), Kompetenzen oberster Bundesorgane Bundespräsident/in: Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland und „erster Repräsentant des Staates“ weitere Aufgaben u.a.: • Vorschlagsrecht für die Wahl des Bundeskanzlers • Ernennung und Entlassung der Minister • Ausfertigung von Gesetzen, Begnadigungsrecht • Wahl: von der Bundesversammlung (Abgeordnete des Bundestages und gleich große Anzahl von Mitgliedern, die von den Parlamenten der Bundesländer bestimmt werden) auf fünf Jahre gewählt – kann nur einmal wiedergewählt werden • in normalen Zeiten verfügt die/der Bundespräsident/in nur über geringe politische Macht Themenbereich: Grundlagen unserer Verfassungsordnung Menschenbild des Grundgesetzes: Das Grundgesetz geht nicht von einem isolierten souveränen Individuum aus, sondern von der Gemeinschaftsgebundenheit der Person; d.h. der Einzelne muss sich zur Förderung des sozialen Zusammenlebens Schranken seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen, solange dabei die Eigenständigkeit der Person gewahrt bleibt Verfassungskern/Ewigkeitsklausel Der Verfassungskern ist in Art. 79 Abs. 3 festgeschrieben. Er ist durch keine Mehrheitsentscheidung aufhebbar. Zentrale Elemente des Verfassungskerns sind die Artikel 1 (Menschenwürde) und Art. 20 GG (➔Verfassungsprinzipien) Auf dem Verfassungskern beruht die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Diese beinhaltet nach dem ➔ Bundesverfassungsgericht die Achtung vor den Menschenrechten, das Recht auf Persönlichkeit und freie Entfaltung, Gewaltenteilung, Volkssouveränität, Verantwortlichkeit der Regierung und Recht auf Opposition. Menschenwürde Art. 1 GG erklärt die Würde des Menschen für unantastbar. Damit ist gemeint: Kein Mensch darf von staatlichen Organen wie eine Sache behandelt, vollständig entrechtet, unmenschlichen und erniedrigenden Strafen und Behandlungsweisen ausgesetzt, gefoltert oder als sogenanntes „lebensunwertes Leben“ vernichtet werden. Zur Menschenwürde gehören auch die Personenwertgleichheit, Willensfreiheit, Selbstbestimmung und das Recht auf ein materielles Existenzminimum. Art. 1 verpflichtet den Staat zum Schutz und zur Achtung der Menschenwürde. Art. 1 ist durch die ➔„Ewigkeitsklausel“ des Grundgesetzes geschützt – seine Änderung ist „unzulässig“. Grundrechte Das Grundgesetz garantiert grundlegende Freiheits-, Gleichheits- und Unverletzlichkeitsrechte sowie Verfahrensrechte (Art. 1-17, 33, 101-104). Die meisten Grundrechte sind Menschenrechte, d.h., alle Menschen, die in Deutschland leben, können sich darauf berufen (z.B. Schutz der ➔ Menschenwürde, Art. 1). Andere sind Bürgerrechte, die nur deutschen Staatsbürgern zustehen. Grundrechte stehen über den staatlichen Gesetzen und sind im GG besonders geschützt (Wesensgehaltgarantie, Zitiergebot, 2/3-Mehrheit in ➔ Bundestag und ➔ Bundesrat bei Veränderungen). Schranken für Grundrechte finden sich in den Rechten anderer und in der verfassungsmäßigen Ordnung. Jeder, der sich durch eine staatliche Behörde in seinen Grundrechten verletzt fühlt, kann sich mit einer Verfassungsbeschwerde an das höchste deutsche Gericht, das ➔ Bundesverfassungsgericht, wenden. Rechtsstaat Das Rechtsstaatsgebot gehört zu den grundlegenden Prinzipien unseres Staates. Rechtsstaat ist die Bezeichnung für einen Staat, in dem Regierung und Verwaltung nur im Rahmen der Verfassung und der bestehenden Gesetze handeln dürfen und in dem Gewaltenteilung, Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit gegeben sind. Auch die Möglichkeit der Überprüfung von staatlichen Entscheidungen durch unabhängige Gerichte (Rechtsweggarantie), der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder Garantien bei Freiheitsentzug gehören zum Rechtsstaat. Von einem formalen Rechtsstaat spricht man, wenn Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Gerichte und Schutz der Bürger vor staatlichen Eingriffen garantiert sind und die Staatsgewalt ihnen unterworfen ist. Der materielle Rechtsstaat des Grundgesetzes orientiert sich zusätzlich an den überpositiven, d.h. über den Gesetzen stehenden Prinzipien Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit Demokratie, griechisch für „Herrschaft des Volkes“, basiert auf dem Prinzip der Volkssouveränität, d.h. dass letztlich alle Macht vom Volk ausgeht (s. GG Art.20 Abs.2). Man unterscheidet zwei Formen der Demokratie: In einer direkten (plebiszitären) Demokratie entscheidet das Volk selbst durch Abstimmungen über Belange des Staatswesens (Mittel der direkten Demokratie sind Volks- und Bürgerbegehren, Volks- und Bürgerentscheide). In der indirekten (repräsentativen) Demokratie wählt das Volk für einen festen Zeitraum Repräsentanten (Volksvertreter), die dann im Namen des Volkes Entscheidungen treffen. Demokratie ist damit Herrschaft auf Zeit. In vielen Staaten mit repräsentativer Demokratie gibt es Elemente der direkten Demokratie, diese sind in Deutschland jedoch nur auf der Ebene der Bundesländer verwirklicht. Auf der Ebene des Bundes ist ein Volksentscheid nur bei der Neugliederung der Bundesländer vorgesehen. Die deutsche Demokratie versteht sich daneben als wehrhafte Demokratie und zieht damit die Lehren aus der Weimarer Republik. Die wehrhafte Demokratie basiert auf einem Kanon an Werten (Grundrechte, v.a. die Menschenwürde), die nicht aufgehoben werden können, hat Mittel, um sich gegen ihre Feinde zu verteidigen (z.B. Verbot extremistischer Gruppen oder Parteien), deren Wirken sie schon im Vorfeld beobachtet. Föderalismus Die BRD als Gesamtstaat ist ein Bundesstaat. Sie besteht aus dem Bund als Zentralstaat und 16 Bundesländern als Gliedstaaten. Das unterscheidet den Bundesstaat von einem Staatenbund, der zwar gemeinsame Organe, aber keine gemeinsame Regierung hat (z.B. die Vereinten Nationen). Die Bundesländer haben eigene Verfassungen, Regierungen, Parlamente, Justizbehörden und Verwaltungen. Das Grundgesetz regelt die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern bei der Gesetzgebung, der Verwaltung und den Steuern. Bei der ➔Gesetzgebung arbeiten Bund und Länder eng zusammen, im ➔Bundesrat wirken die Länder aktiv bei der bundesstaatlichen Gesetzgebung mit. Die Länder führen auch die meisten Bundesgesetze durch ihre Verwaltung aus, denn der Bund verfügt nur in wenigen Bereichen (Armee, Zoll, Bundespolizei) über eigene Behörden. Sozialstaat Das Prinzip der Sozialstaatlichkeit ist im Grundgesetz an zwei Stellen verankert: in Art. 20 Abs. 1 („sozialer Bundesstaat“) und in Art. 28 ("sozialer Rechtsstaat"). Auch haben einige Grundrechte sozialstaatlichen Bezug (z.B. Art.3, Art6, Art.14) Die Ziele des Sozialstaats sind soziale Gerechtigkeit, soziale Sicherheit und soziale Teilhabe. Seine konkrete Ausgestaltung ist der Politik relativ freigestellt, sie ist abhängig von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung; deshalb wird die Sozialstaatlichkeit als „dynamisches Prinzip“ bezeichnet. Das „soziale Netz“ soll die Bürger gegen unverschuldete Lebensrisiken absichern. Solidarität (der Stärkeren mit den Schwachen) und Subsidiarität (Nachrangigkeit staatlicher Leistungen) sind Prinzipien des Sozialstaates. Den Kernbereich des Sozialstaates bilden die Sozialversicherung (staatliche Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-, Pflege- und Unfallversicherung) und die Sozialhilfe (Unterstützung bei Bedürftigkeit); zum sozialen Netz zählen auch Familienförderung (Kindergeld, Erziehungsgeld), Schaffung von Chancengleichheit (z.B. Bafög), Wohngeld etc. Wegen der hohen Kosten und der demografischen Alterung der Gesellschaft stellt sich die Frage nach der Finanzierbarkeit des sozialen Netzes.