Ausgearbeitete Prüfungsfragen zur Vorlesung 300221 – Grundlagen der theoretischen Biologie Fragenpool 5 Fragen sind im Fragenpool gesammelt – eine davon kommt normalerweise zur Prüfung, zu der man dann 5 Seiten schreiben können sollte: → Charakterisieren Sie die Evolutionstheorie! → Wie ist die Theoretische Biologie (TB) historisch entstanden? → Welche Aufgaben hat die TB heute? → Wie unterscheiden sich die Begriffe Theorie - Modell - Hypothese? → Was sind die grundlegenden Theorien der Biologie? Was sind die grundlegenden Theorien der Biologe? Theorie Wesentliches Merkmal Anmerkung Katastrophismus Aussterben von Arten durch Katastrophen (veraltete Theorie) historisch zu betrachten Lamarcksche Evolutionstheorie Anpassung durch Gebrauch oder Nichtgebrauch (veraltete Theorie) historisch zu betrachten Darwinsche Evolutionstheorie Anpassung durch Selektion (prinzipiell auch heute noch gültig) Synthetische Evolutionstheorie Populationsgenetik Systemtheorie der Evolution Systemtheorie Frankfurter Evolutionstheorie Lebewesen werden als energiewandelnde, hydraulische Maschinen betrachtet Der Katastrophismus Der Katastrophismus stellt im Rahmen der Astronomie sowie der Geologie und Paläontologie eine Denkrichtung dar, die von der überragenden Bedeutung von katastrophalen Ereignissen für die Geschichte unseres Sonnensystems, der Erde und der Entwicklung (Evolution) der Lebewesen ausgeht. Der Katastrophismus korrigiert in gewisser Weise die nahezu sprichwörtliche Vorstellung von der enormen Länge der geologischen Zeiträume. Im Gegensatz zum klassischen Aktualismus (oder vielmehr: Gradualismus) geht man bei der katastrophistischen Betrachtung der Natur auch von einmaligen und unumkehrbaren Ereignissen aus, die sehr rasch vorübergehen können und dennoch große und bleibende Veränderungen bewirken. “Indizien” für einen Katastrophismus waren die Massenextinktionen von Organismen im Laufe der Erdgeschichte. Der Lamarckismus Der Lamarckismus ist eine veraltete Evolutionstheorie, die – nach Vorarbeiten von Erasmus Darwin – im 19. Jahrhundert vom französischen Biologen Jean-Baptiste Pierre Antoine de Monet, Chevalier de Lamarck entwickelt wurde. Lamarcks Lehre besagte u.a., dass Lebewesen ihren Nachkommen auch jene Eigenschaften vererben, die sie in ihrem Leben neu erworben haben. Die Evolution wird also laut Lamarck sozusagen zielgerichtet vorangetrieben, nicht nur zufällig durch Variabilität und Selektion der biologisch Unangepassten, wie es die darwinsche Lehre besagt. Der Darwinismus Als Darwinismus bezeichnet man die biologische Evolutionstheorie von Charles Darwin (→ http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Darwin), die die Grundlage für eine “natürliche Auslese” belegen sollte. Darwins Theorie besagt im Grunde, dass Evolution ein langfristiger, fortschreitender Prozess der Entwicklung von Organismen ist. Die Individuen einer Population unterscheiden sich durch erbliche Zufalls-Veränderungen. Durch die “natürliche Auslese” werden diejenigen Veränderungen, die ihren Träger besser an eine gegebene Umwelt anpassen, häufiger an die nächste Generation weitergegeben. Alle heutigen Arten stammen weiters von gemeinsamen Vorfahren ab. Weiterhin wird die Bezeichnung Darwinismus benutzt, um die Rolle von Charles Darwin als Vordenker der Evolution hervorzuheben, oder auch um eine Abgrenzung von nicht durch Darwin einbezogenen Evolutionsmechanismen vorzunehmen, wie Gendrift und Genfluss, welche in der modernen Synthese (synthetische Evolutionstheorie) unter anderen Aspekten neu eingeführt wurden. Die Synthetische Evolutionstheorie Die Synthetische Evolutionstheorie ist eine Erweiterung der Evolutionstheorie von Charles Darwin durch neuere Erkenntnisse der Zellforschung, Genetik und Populationsbiologie. Sie ist somit die “bessere” Evolutionstheorie, da sie mehr Faktoren inkludiert, und somit auch neuere Phänomene zu integrieren versucht, wie die Entwicklung des Immunsystem bzw. Dem CRISPR-System bei Bakterien, die Genregulation durch microRNAs, Entwicklungsgenetik und so weiter). Die synthetische Evolutionstheorie integriert somit verschiedene Theorien, und ist als eine Erweiterung der “Standardtheorie” zu sehen (EvoDevo → http://de.wikipedia.org/wiki/Evolution%C3%A4re_Entwicklungsbiologie und weitere Theorien). Zusammenfassend kann man sagen, das die synthetische Evolutionstheorie eine modernere Erweiterung der Evolutionstheorie darstellt. Die Systemtheorie der Evolution Die Systemtheorie der Evolution geht als Teilbereich der theoretischen Biologie insbesondere auf die informationstheoretisch geprägte Systemtheorie nach Ludwig von Bertalanffy. Die Systemtheorie der Evolution geht davon aus, dass lebende Organismen offene Systeme im Sinne der Thermodynamik sind, die in einem Fließgleichgewicht mit ihrer Umwelt stehen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Gleichgewichtszustände vieler Faktoren innerhalb der Lebewesen sich deutlich von den Gleichgewichtszuständen der Umgebung unterscheiden. Ein Beispiel ist die oft weit über der Umgebungstemperatur liegenden und im Gegensatz zu ihr konstant bleibenden Körpertemperaturen der meisten Säugetiere. Die Frankfurter Evolutionstheorie Die Frankfurter Evolutionstheorie baut auf der in den 1970er und 1980er Jahren von Wolfgang Friedrich Gutmann entwickelten „Kritischen Evolutionstheorie“ auf. Im Vordergrund der Forschung stehen konstruktionsmorphologische Untersuchungen der Bau- und Funktionsweise von Lebewesen. Lebewesen werden untersucht, als ob sie energiewandelnde Maschinen wären. Aus dieser Betrachtungsweise heraus ergibt sich ein grundsätzlich anderes Verständnis von Anpassung und Umwelt, als dies in der klassischen Evolutionstheorie üblich ist. Lebewesen sind nicht etwa an ihre Umwelten angepasst, sondern Lebewesen dringen nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit ihrer Körperkonstruktion in erreichbare Lebensräume ein, und gestalten diese maßgeblich mit. Welche Aufgaben hat die theoretische Biologie heute? Die Aufgabe der theoretischen Biologie ist, grob formuliert, eine Beschreibung und Erklärung zu biotischen Systemen zu finden. Die theoretische Biologie entspricht dabei nicht der theoretischen Physik - allerdings liegt sie in Teilbereichen (wie z.B. Physiologie) nahe der theoretischen Physik (aufgrund der mathematische Erklärung, zum Beispiel Musterbildung wie Pigmentierung). Signifikante Unterschiede zur Physikalischen Anschauung von Organismen: - Die Zahl der Variablen ist in der Biologie viel höher - In der Biologie spielt die Funktion im Vergleich zur Physik eine Rolle - In der Biologie soll vor allem die Diversität erklärt und dargestellt werden, fixe Definitionen sind nicht das Ziel (die Biologie bedient sich der Hilfswissenschaften um komplexere Zusammenhänge darstellen zu können) - biologische Organismen sind nicht auf chemische bzw. physikalische Faktoren reduzierbar (alle Organismen sind individuell; das Zusammenspiel der Faktoren bietet lediglich die existenzielle Grundlage des Organismus; obwohl multizelluläre Tiere aus vielen Zellen bestehen, haben die einzelnen Zellen alleine genommen nicht die Eigenschaft des kompletten “Tieres”) Folgende 4 Hauptaufgaben der theoretischen Biologie können wir nennen: 1. Quantifizierung - Systematik: die Systematik war schon immer interessant für den forschenden Menschen (Linné). Heute ist die Systematik durch eine intensive Betreibung der Genforschung wichtiger und interessanter denn je. Es werden durch die Fülle an neuen Anschauungsmethoden rasant neue Erkenntnisse gewonnen Revolution des biologischen Basiswissens. Gendatenbanken und Stammbäume die nur auf Grundlage von genetischer Verwandtschaft basieren! - Datenerhebung (z.B. in der Pharmaforschung: High-Throughput-Screening) - Bioinformatik („Mikroskop des 21. Jahrhunderts“): Problemlösung durch theoretische computergestützte Methoden (2001: Sequenzierung des menschlichen Genoms essentiell für Biologie und Medizin) - Anlegen/Erweitern von Datenbanken: bekannte WormBase (= eine Datenbank über Caenorhabditis elegans und verwandte Nematoden), FishBase (= FishBase ist eeine Online-Datenbank mit Bildern und Informationen von über 30.000 Fischarten; Bestimmungsschlüssel; interaktive Karten; möglicherweise sogar live Aufnahmen über Webcams; etc.) Web 3.0 (Erweiterung des WWW =semantisches Web; Informationen sollen von der Maschine selbst interpretiert und weiterverarbeitet werden: selbstständiges Erkennen von Zusammenhängen) - Systembiologie: Versuch, den Organismus als ganzes zu verstehen, vom Genom über die Oragnellen bis zu Verhalten und Biomechanik. Erfassen aller regulatorischer Prozesse über alle Ebenen ; Vereint oder umgreift zusammenfassend die Molekularsytematische Biologie und die Organismen bezogene Biologie 2. Formalisierung - theoretische Modelle: mathematische Modelle; Versuch ein Phänomen, ein System durch mathematische Formeln zu umschreiben bzw. beschreiben: „Mathematik als Sprache der Theoretischen Biologie“ (z.B. Hardy-Weinberg Gleichung) - diagrammatische Modelle (z.B. Extremitäten-Entwicklung eines Embryos, hemmende/fördernde Entwicklung; Darstellung „unsichtbarer/verdeckter Verhältnisse“ ) - materielle Modelle: physikalische Modelle (z.B. die Vaucanson’sche Ente → 1738, http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_de_Vaucanson; Roboter) virtuelle Modelle („Computer als Ausdrucksmittel der Biologie“: 2D/3D/4D-Modelle, Simulationen, Animationen etc.) - heuristische Modelle: interpretativ, problemlösend; z.B. Morphoregulations-Hypothese 3. Theorie – Entwicklung 4. Erkenntnistheorie - Analyse der Grundannahmen der Aussagen biologischer Theorien - Bedeutung für Erkenntnisfragen - Ethik biologisch/medizinischen Handelns, Gentechnik, Embryonengewinnung - Untersuchung gesellschaftlicher Konsequenzen Charakterisieren Sie die Evolutionstheorie! Auf die Frage woher unsere Welt kommt, gibt es zwei Antworten: → Die, der Religion und → die, der Naturwissenschaften, die je auf ihre Weise antworten möchten. Wer sind wir? Woher kommen wir? Was ist Leben? Was sind unsere Ziele? Die Antworten der Naturwissenschaften sind wichtig und helfen dem Menschen in seiner Erkenntnis weiter. Dennoch bleibt die Frage nach dem Sinn unserer Existenz, die uns die Religion zu beantworten versucht – siehe zum Beispiel die verlockende Vorstellung von einem Leben nach dem Tod. Ist mit der Evolutionstheorie der Schöpfungsglaube nun aufgehoben? Bis heute hören die Versuche nicht auf, die biblischen Schöpfungserzählungen unter naturwissenschaftlicher Perspektive zu sehen und umgekehrt. Die Schöpfungsgeschichte war von Anfang an eine mythische Vorstellung und nie naturwissenschaftlich konzipiert gewesen – zum Beispiel das “biblische Alter” von Menschen (→ http://de.wikipedia.org/wiki/Biblisches_Alter), das mehrere hundert Jahre alt gewesen sein sollte. Das ist natürlich unrealistisch und mehr als Allegorie auf eine alte Person zu sehen (zum Beispiel Methusalem → http://de.wikipedia.org/wiki/Methusalem). Mythische Erzählungen deuten die Welt. Es fließen geschichtliche Realität und Erzählwelt zusammen in eine einzige Wirklichkeit. Nach Ansicht der meisten Menschen ist das Leben allmählich, zufällig und im Lauf der Jahrmillionen entstanden. Sie leben nach dieser Auffassung, handeln danach und lehren es ihren Kindern. Die Entwicklungslehre oder die Evolutionstheorie gilt als allgemein anerkannt und richtig. Sie wird nirgendwo angezweifelt. Doch ist das wirklich so? Im allgemeinen Sinn bedeutet ‘Evolution’ lediglich Veränderung und ist allumfassend: Galaxien, Sprachen, politische Systeme und die Wissenschaft, sie alle verändern sich im Laufe der Zeit. Der gegenwärtige Zustand der Welt, in der wir leben, ist durch eine lange Folge natürlicher Veränderungen entstanden. Auch in der Zukunft wird es Veränderungen geben. Mit der grundlegenden Annahme, das sich Systeme verändern (siehe auch das Konzept der Entropie in der Physik, dem natürlichen Bestreben nach “Unordnung / Chaos”), sind viele verschiedene spezielle Vorstellungen darüber, wie diese Veränderungen abliefen, zu vereinbaren. Im Laufe der Jahrhunderte wurden von Wissenschaftlern unterschiedliche Theorien und Hypothesen vorgeschlagen, von denen Charles Darwin's Theorie der natürlichen Auslese nur eine Möglichkeit ist / war. Darwin hatte damals natürlich nicht die Möglichkeiten, die wir heutzutage haben, dank der Molekularbiologie und der (Bio)Informatik. Darwin's Verdienst war es mit seinem Werk "On the Origin of Species" (über die Entstehung der Arten) das eigene Weltbild des Menschen und die bis dahin kaum hinterfragte Schöpfungsgeschichte zu hinterfragen. Das wurde von Gegnern schnell aufgegriffen, wie das folgende Bild, eine Karikatur aus dem Jahr 1871, zeigt: Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6f/Editorial_cartoon_depicting_Charles_Darwin_as_an_ape_%281871%29.jpg Erst nach langen Diskussionen und genaueren Untersuchungen kam es zum heutigen Konsens in Grundfragen. Grundlegender Gedanke der Evolutionstheorie ist, dass die Welt weder unveränderlich noch vor kurzer Zeit entstanden ist. Evolution bedeutet aber mehr als reine Veränderung über einen langen Zeitraum. Es wird weiter angenommen, dass die Veränderungen kumulativ sind und zu einer völlig neuen Situation führen. Wenn man dagegen vermutet, dass die Veränderungen nur gering sind und in einer Weise vorkommen, dass sie sich gegenseitig aufheben, so bleibt das allgemeine Bild gleich (eine sogenannte „steady-state“-Theorie). Eine ähnliche Situation entsteht, wenn sich die Welt nur zyklisch ändern würde, wie beispielsweise die Jahreszeiten – Frühling, Sommer, Herbst, Winter (wiederhole den Zyklus 1x pro Folgejahr). Dagegen wird in der Evolutionstheorie angenommen, dass der Endzustand sich deutlich vom Ausgangszustand unterscheidet. Es wird eine Richtung impliziert, vom Anfang zu einem sich beträchtlich unterscheidenden Endpunkt und nicht nur das Schwanken um einen Mittelwert oder die zyklische Wiederkehr des ewig Gleichen. Evolution impliziert heute also eine allgemeine, in den großen Zügen irreversible Veränderung der Welt und der biologischen Arten über lange Zeiträume. Nach der modernen Auffassung umfasst die biologische Evolution zudem zwei voneinander weitgehend unabhängige Vorgänge: Die Weiterentwicklung von Arten im Laufe der Zeit (Transformation) und ihre Aufspaltung im Raum (Speziation). Es handelt sich dabei um Veränderungen in den Eigenschaften von Populationen von Organismen, die die Lebenszeit eines einzelnen Individuums überschreiten. Die Entwicklung eines Individuums wird nicht als Evolution bezeichnet – einzelne Lebewesen evolvieren nicht. Unter den Veränderungen von Populationen wiederum werden nur solche als evolutionär bezeichnet, die erblich sind und über das genetische Material von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Dieser Wandel kann geringfügig oder grundlegend sein und umfasst alles von geringen Verschiebungen der Häufigkeit bestimmter Allele bis zur Entstehung der heutigen Tiere und Pflanzen aus den frühesten Einzellern sowie aus anorganischer Materie. Obwohl also auch geringe Veränderungen zur Evolution gehören, werden wir im weiteren Verlauf unter einer ‘echten’ Evolutionstheorie nur solche Konzepte verstehen, die die heutige Vielfalt der Organismen wesentlich als Folge eines natürlichen Wandels von Arten erklären. Wenn also ein Autor glaubt, dass Arten erschaffen wurden oder durch Urzeugung entstanden sind und sich dann in geringem Maße erblich an ihre Umwelt angepasst haben, so werden dabei in gewissem Maße evolutionäre Veränderungen anerkannt. Gleichwohl kann man bis heute nicht erklären, wie das Leben an sich entstanden ist. Die Entstehung von Arten ohne wissenschaftliche Erklärung sollte man als Ursprungs- oder Schöpfungstheorien bezeichnen (wobei es weniger eine Theorie ist, und mehr ein Dogma). Die biologische Evolutionstheorien, also die Evolution von Organismengruppe, kann man wissenschaftlich untersuchen. In den USA aber auch von Seiten kirchlicher Gruppen gibt es Proponenten einer “Intelligent Design” Theorie. Diese postuliert, das Evolution so nicht stattfindet, und stattdessen ein fiktives Wesen intelligente Entscheidungen trifft, und Organismen “erstellt”. Es ist in gewisser Weise eine Neuauflage ddes Kreationismus. Was besagt nun die Evolutionstheorie? Sie besagt das sich langfristig jene Organismen durchsetzen, die in ihrer Nische besser angepasst sind als andere Organismen. Dies muss sich über den Fortpflanzungserfolg messen, also die Zahl der Nachkommen, die wiederum fertil sind (und somit auch Nachkommen erschaffen können; der sogenannte “flow of life”). Alle modernen Teildisziplinen der Biologie ergänzen weitere Aspekte der Evolutionstheorie und vervollständigen die Erkenntnisse zur Entwicklung des Lebens, weil diese Frage alle biologische Teildisziplinen betrifft. Es gibt noch weitere Theorien bzw. Hypothesen die in der Evolution eine Rolle spielen. Die sogenannte Red-Queen Hypothese lässt sich aus Alice im Wunderland erklären: Die darin auftretende Rote Königin erklärt der neugierigen Alice: „Hierzulande musst du so schnell rennen, wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst.“ Mit anderen Worten, Organismen müssen sich anpassen, sonst werden sie “obsolet” (von andere Organismen, die besser angepasst sind, aus ihrer Nische verdrängt). Weiterführende Quellen: → http://de.wikipedia.org/wiki/Evolutionstheorie Wie ist die Theoretische Biologie (TB) historisch entstanden? Historisch gewachsen ist die Theoretische Biologie bereits aus den Ideen der alten griechischen Philosophen. Bereits Aristoteles klassifizierte biologische Organismen, und wunderte sich das ein praktisch “fertiger” Organismus in kleinerer Form aus einem Ei entschlüpfen konnte. Um das Jahr 1600 gab es bereits viele Klassifizierungsversuche, und viele gemeinsame strukturelle Merkmale zwischen den verschiedenen Lebewesen wurden dokumentiert. Einige Entdecker wie Galileo erhofften sich, das biologische Prozesse auch festen Regeln gehorchen, so wie dies in der Physik zu sehen war, mit ihren strengen, mathematisch-formulierbaren Regeln – jedoch konnte man damals keine allgemeingültigen Prinzipien in der Biologie festhalten. Man beschränkte sich hier auf die Darstellung, welches sich auch in kunstvollen Zeichnungen äusserte. Um das Jahr 1800 gab es mehr Analogien, insbesondere aus der Morphologie/Botanik, wie unter Johann Goethe – der begabte Mann war nicht nur in der Dichtkunst berühmt, sondern auch über seine Pflanzenforschungen. Manchmal gab es auch mathematische Interpretationen bei den Vertretern aus der Botanik – später hat ja Mendel auch die Erbgesetze statistisch erstmals erfasst, man sieht also das die Statistik ein grosses Hilfsmittel war. Um 1900 wurde schliesslich die moderne Idee der theoretischen Biologie (→ http://de.wikipedia.org/wiki/Theoretische_Biologie) entwickelt. Der Begriff theoretische Biologie tauchte erstmals 1901 im Titel des Buches “Einleitung in die theoretische Biologie” von Johannes Reinke auf, einem deutschen Botaniker → http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Reinke. Die Aufgabe der theoretischen Biologie wurde weniger in der Mathematisierung der biologischen Theorien gesehen, sondern bestand vielmehr als die konzeptionelle Grundlage für die gesamte Biologie. Die Biologie war zu diesem Zeitpunkt als Disziplin gerade erst dabei, sich zu formieren und der Theoriebestand der vielen verschiedenen Einzeldisziplinen war unübersichtlich und in großen Teilen auch sehr widersprüchlich. Im 19. Jahrhundert hatte man noch gehofft, dass die Evolutionstheorie Darwins die Aufgabe einer Grundlegung für die Biologie übernehmen könnte. Aber der Darwinismus durchlief um 1900 eine tiefe Krise. Im Anschluss an Reinke erschienen zahlreiche Publikationen von Autoren, die sich mit theoretischen und philosophischen Problemen der Biologie auseinandersetzen. Als zentral für diese Phase der theoretische Biologie sind Jakob Johann von Uexküll und Julius Schaxel zu nennen - beide arbeiteten bereits mit dem Begriff theoretische Biologie. Während Uexküll eine eigene Neukonzeption für die Biologie erarbeiten wollte, versuchte Schaxel mit seinem Buch “Grundzüge der Theoriebildung” in der Biologie von 1919 und der im gleichen Jahr gegründeten Schriftenreihe Abhandlungen zur theoretischen Biologie auf die theoretischen Probleme der Biologie aufmerksam zu machen und ein Forum für die Bearbeitung dieser Probleme zu etablieren. Weitere wichtige Vertreter der theoretischen Biologie waren Max Hartmann und Ludwig von Bertalanffy. Uexküll wollte die Biologie auf ein neues Konzept stellen – die damals vorherrschende Biologie beschränkte sich fast ausschließlich auf die Beschreibung verschiedenster Strukturen in lebenden Organismen oder die Erforschung der chemischen, physikalischen und mechanischen Prozesse in den Lebewesen. Uexküll meinte, daß einer solchen Biologie die theoretische Grundlage fehlt. So benötigt man zur übersichtlichen Anordnung des Materials und seiner Beschreibung wohl besondere Methoden, allerdings keine besondere theoretische Konzeption; betrachtet man das Lebewesen als eine bloße Maschine und untersucht man ihre Funktion, reichen die Kenntnisse anderer Wissenschaften (Physik, Chemie etc.) völlig aus. Im Jahr 1917 publizierte D’Arcy Thompson die erste Edition seines Buches On Growth and Form which used mathematical methods. In diesem Buch werden mehrere biologische Prozesse diskutiert, in Anlehnung an Beispiele aus der Physik / Analytischen Geometrie. Die heutige modernere Bedeutung des Begriffs Theoretische Biologie als einer Biologie mit mathematischen Mitteln (je nachdem ob man die theoretische Biologie mit einem Fokus auf der Mathematik ansehen möchte oder nicht; in einer biologischen Zelle spielt die Mathematik natürlich keine Rolle, die Mathematik ist ja eine abstrakte Wissenschaft der Menschen) entwickelte sich erst relativ spät: Frühe Protagonisten der mathematisch verstandenen Theoretischen Biologie waren um 1925/26 der Mathematiker → Alfred James Lotka sowie der der Physiker Vito Volterra, die zu dieser Zeit unabhängig voneinander ein System von gewöhnlichen Differentialgleichungen zur Beschreibung der Dynamik von Tierpopulationen angaben. Doch erst während und nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich eine breite mathematikorientierte Tradition in der theoretischen Biologie. Hier spielte auch der Einfluss von Biologen aus Russland eine große Rolle, wo die Verbindung von Mathematik und Biologie eine längere Tradition und eine stärkere Verbreitung hatte. Vor allem die Populationsgenetik ist als ein wichtiger Bereich zu nennen. Auch die Embryologie war massgeblich beteiligt; im Laufe der 1930er Jahre war es ziemlich klar, das zumindest bestimmte Aspekte beim Wachstum eines Embryos durch chemische Signalstoffe kontrolliert werden. Biologen wie Theodosius Dobzhansky (“Nothing in Biology Makes Sense Except in the Light of Evolution”, 1973 → http://en.wikipedia.org/wiki/Nothing_in_Biology_Makes_Sense_Except_in_the_Light_of_Evolution), Ronald Fisher, Sewall Wright und John Burdon Sanderson Haldane, die auch zu den zentralen Figuren der synthetischen Evolutionstheorie gehörten, leisteten hier wichtige Pionierarbeit. 1948 folgte die Einrichtung des weltweit ersten Graduiertenstudiengangs in Mathematischer Biologie durch Nicolas Rashevsky. Zwischen 1954 - 1956 legte Alan Turing mit eindrucksvollen Ergebnissen zur Musterbildung in biologischen Systemen die Grundlage für die Mathematisierung der Entwicklungsbiologie. Turing wies im Jahre 1951 insbesondere daraufhin, das viele Muster, wie zum Beispiel die Pigmentierung aber auch andere strukturellen Muster, mit Hilfe mathematischer Modelle simuliert und beschrieben werden könnten. Nur wenige haben seine Theorie aufgegriffen in den folgenden 20 Jahren. Zu den Phasen in der theoretischen Biologie mag man folgende Graphik verwenden können: (1) Die Theoretische Biologie als Naturphilosophie 1893, Hans Driesch „Biologie als selbstständige Grundwissenschaft“ - erkannte das nach einer Furchung sich die beiden Tochterzellen trennen, und somit 2 Organismen entstehen können. - Buch: „Die org. Regulationen: Vorbereitungen zur Theorie des Lebens“ (erschienen im Jahre 1901, → http://www.biodiversitylibrary.org/bibliography/1516) Jakob von Uexküll Wahrnehmung: Umwelt; Raum : Zeit 1920 „Theoretische Biologie“ (siehe → http://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Johann_von_Uexk%C3%Bcll#Werk, hat mit der heutigen TB jedoch nichts zu tun!) 2) Die Theoretische Biologie als allgemeine Biologie - konzeptuelle Vereinigung der Einzeldisziplinen - Definition der Grundprinzipien der Biologie Oscar Hertwig (D) „Allgemeine Biologie“ (1893; siehe → http://de.wikipedia.org/wiki/Oscar_Hertwig#Werke_.28Auswahl.29) - Mit seinem Lehrbuch “Allgemeine Biologie” eröffnete Hertwig eine modernere Denkrichtung in der Biologie, in der nicht mehr die Vielfalt der Formen und Prozesse, sondern die gemeinsamen Kennzeichen alles Lebendigen im Vordergrund standen. Weiters beschrieb Hertwig den Befruchtungsvorgang am Seeigel-Ei. Max Kassowitz (A) zentrale Konzepte: * Irritabilität und Metabolismus * Zyklizität von Leben und Tod, Synthese und Zerfall, Sensorik und Empfindung * Materielle Erklärung von sensorischen Leistungen und Bewusstsein Kassowitz beschrieb die allgemeinen Prozesse des Lebendigen in physikalischen und chemischen Prozessen. Um 1900 erfolgte eine Reform des Medizinstudiums in Österreich: 1899/1903 – kam es zu neuen Richtlinien im Medizinstudium; die Allgemeine Biologie wurde ein Prüfungsfach, statt Zoologie und Botanik. 1911 – das Institut für Allgemeine Biologie wurde in Wien gegründet (dies wurde später die medizinische Universität Wien, die sich, nach meinem Kenntnisstand, aus der Universität Wien ableitete). Gleichzeitig in Wien: Ernst Mach – physiolog. und biologische Grundlagen von Wahrnehmung und Erkenntnisse Sigmund Freud – biologische Konzepte Paul Kammerer – experimentelle Dimension der Allgemeinen Biologie – Arbeiten an biologischen Versuchsanstalt („Prater Vivarium“: ein Scheinaquarium, → http://de.wikipedia.org/wiki/Vivarium_%28Prater%29) Johannes Reineke – „Die Ergebnisse der empirischen Biologie sind das Objekt des Theoretischen“ (→ http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Reinke) Rudolf Ehrenberg – Auffindung von den Grundgesetzen (1) Elementarfunktion (2) Physiologie (3) Irreversibilität 3) Die TB als quantitativ-mathematische Biologie Formale Repräsentation biologische Prozesse: * Einsatz von Mathematik für Formalisierung und Repräsentation. * Ziele: Quantifizierung. Systemtheoretische Dimension der TB: Ludwig v. Bertalanffy „Theoretische Biologie“ beschrieb die Wachstumsfuntionen – Wachstumskurve (1938) Cambridge – Tradition der TB: Theoretical Biology Club – Needham, Woodger, Waddington Meetings mit Mayer, Smith, Walpert, Goodwin Theoretische Konzepte von C. H. Waddington: * Kanalisierung * Creoden * Epigenet. Landschaften * Individuation * Assimilation: Modellierung in der Populationsgenetik; Genfrequenzen einer Population (allgemein basierte die Populationsgenetik stark auf der Statisik, das sieht man auch am Hardy-Weinberg Gesetz, das ~1908 geschrieben wurde → http://de.wikipedia.org/wiki/Hardy-Weinberg-Gleichgewicht) Definition der Theoretischen Biologie (TB): „Die theoretische Biologie zielt darauf ab, allgemeine Konzepte und logische Beziehungen zu formulieren, die org. Systeme zu unterscheiden... und ihre Modellierung zu ermöglichen.“ (Waddington 1968). Waddington befasste sich auch mit der Frage “Was ist Leben?”. Rolle der Theoretischen Biologie im 21. Jahrhundert: Hier erfolgte vor allem eine Zunahme der Datenmengen, mitsamt Datenerfassung, Datenanalyse sowie Datenmanagement. Wie unterscheiden sich die Begriffe Theorie – Modelle – Hypothese? Definition Modell: ein Modell ist eine vereinfachte Repräsentation, in der ausgewählte Elemente eines Phänomens zueinander in Beziehung gesetzt werden Definition Hypothese: eine Aussage, deren Gültigkeit nur vermutet wird, die aber begründet werden kann, u. die in Einklang mit einem Modell oder einer Theorie steht. Eine Hypothese ist somit ein Versuch, beobachtbare oder messbare Fakten zu erklären. Definition Theorie: eine Theorie ist eine Familie von Modellen, ihre Beziehung zueinander, und die daraus abgeleiteten Hypothesen. Eine Theorie ist stärker fundiert als eine Hypothese, mit zahlreichen Studien die die Modelle untermauern. Eine Theorie muss Vorhersagen machen, die sich überprüfen, und somit verifizieren oder falsifizieren lassen können. a) Theorie: → strebt Erklärung eines Sachverhalts an; die naturwissenschaftliche Theorie ist eine sinnvolle Theorie * ist eine Abstraktion d. Realität * enthält meist eine Erklärung * ermöglicht überprüfbare Prognosen (Messungen, Experimente...) Kriterien einer naturwissenschaftlichen Theorie: * beschreibt/erklärt natürlichen Sachverhalt * ermöglicht Vorhersagen * ist in sich widerspruchsfrei * ist verträglich mit anderen bestätigten Theorien * ist grundsätzlich empirisch überprüfbar * soll nicht unnötig kompliziert sein * soll befruchtend auf weitere Forschung wirken Theorien sind etwas Dynamisches, nichts Feststehendes, ansonsten wären sie Dogmen, die nicht angezweifelt werden dürfen. Theorieentstehung: Reduktion → Induktion Allgem. Theorie: Vorhersage/bes. Fälle Allgem. Theorie Entwicklungstheorie: * Epigenese: Aristoteles Entwicklungsbiologie * Präformation: Platon Genetik Überprüfung einer Theorie oder einer Hypothese: 4) Verifikation: Ergebnisse d. empir. Beobachtung bestätigen Theorie 5) Falsifikation: Ergebnisse d. empir. Beobachtung bestätigen nicht die Theorie. Jede Theorie muss prinzipiell falsifizierbar sein, ansonsten handelt es sich um keine Theorie sondern um ein Dogma. Rolle von Theorien in der wissenschaftlichen Forschung: Rekapitulationstheorie = Haekel’sche Regel = das Biogenetisches Grundgesetz Erweiterungen biolog. Theorien: 6 Evolution: Selektionstheorie – Neutralitätstheorie 7 Entwicklung: Musterbildungstheorie – Gradiententheorie 8 Vererbung: Chromosomentheorie – Gentheorie Theorien sind (abstrakte) Interpretationen der natürlichen Welt. b) Modell Operon-Modell der Genregulation (von Jacob und Monod) embryonale Genexpression: 3D-Modell → 100e von. Schnitten werden hierbei zusammengesetzt Theoretische Modelle: mathematisch/diagrammatisch (math.: formal, analyt., vorhersagend diagr.: funktionell, strukturell) Mathematische Modelle i. d. Ökologie: Populationsgenetik (z.B.: Hardy-Weinberg Modelle) diagrammatische Modelle: z.B.: Extremitätenentwicklung (hemmende/fördernde Entwicklung) ° Materielle Modelle: physikalisch/virtuell (ph.: Objekte, Robots virt.: 2,3,4D-Modelle + Simulation) materielle Modelle: * Wachsmodelle embryonaler Stadien (beschreibendes/deskriptives Modell) * Vancansons Ente (1738): Roboter-Nachbau einer Ente, beweglich, „Quaken“, Nahrungsaufnahme, Verdauung, Ausscheidung...) * Da Vincis Ritter (1495): Bewegung einer Ritterrüstung * Zemankes Schildkröte (1962): beweglich, Objektwahrnehmung, konnte Hindernissen ausweichen, programmierter Computer „Mailüfterl“ Vorläufer der heutigen Roboter virtuelle Modelle: * Myf5-Expression in 10d Mäuseembryo (binäre Daten f. Rechenoperationen...) * 2D-/3D-Simulation differentieller Zelladhäsion (Zellen höherer Haftung inner, Zellen minderer Haftung außen) * Zellsortierung aufgrund differentieller Zelladhäsion ° Heuristische Modelle: konzeptuell (interpretativ, problemlösend) * Zeichnungen v. Darwin (1837): Baummodell, das eine besteht aus dem anderen * Morphoregulations-Hypothese (CAM-/SAM-Gene-Expression) c) Hypothese: Ist eine Aussage, deren Gültigkeit nur vermutet wird, die aber in Einklang mit anderen Modellen und etablierten Theorien steht. Die Bedingungen, unter denen sie gilt, werden meist angegeben. Die Hypothese muss einer empirischen Überprüfung unterzogen werden können. - Arbeitshypothese: vorläufige Annahme, wenig gesichert → Verfeinerung! - Nullhypothese: die Nullhypothese soll falsifiziert werden bzw falsifizierbar sein! Weiterführende Links: Theoretische Biologie auf Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Theoretische_Biologie Slogans: - “I am a creationist and an evolutionist. Evolution is God's, or Nature's method of creation. Creation is not an event that happened in 4004 BC; it is a process that began some 10 billion years ago and is still under way.” - Theodosius Dobzhansky, "Nothing in Biology Makes Sense Except in the Light of Evolution" (1973) - The phenotype is not simply an assembly of proteins, but rather an assembly of parts to which proteins make major contributions. - Theoretical biology has to be inclusive, meaning that it has to be grounded in how emergent properties of the phenotype arise. - Evolution versucht eine Antwort auf die Frage nach der Entwicklung des Phänomens Leben zu geben.