Inhaltsverzeichnis - Kapitel 1. Einleitung: Die Chemie des Lebens 2. Kohlenhydrate 3. Lipide und Membranen 4. Nukleinsäuren 5. Aminosäuren und Proteine 6. Enzyme und Katalyse 7. Vitamine & Kofaktoren 8. Stoffwechsel I: Kohlenhydratstoffwechsel 9. Stoffwechsel II: Citratcyclus & oxidative Phosphorylierung 10.Stoffwechsel III: β-Oxidation & Aminosäureabbau 11.Stoffwechselphysiologie & Ernährungsbiochemie 1 2 Biochemische Funktionen Kohlenhydrate • Energielieferanten Glucose Glykogen (Tiere) Stärke (Pflanzen) • Gerüst- und Strukturverbindungen Cellulose (Pflanzen) Chitin (Exoskelett) Glycokalyx (Zelloberflächen) 3 Chemische Funktionalitäten Kohlenhydrate 4 Kohlenhydrate/Saccharide Kohlenhydrate • Saccharide (Griechisch: sakcharon = Zucker) sind die häufigsten Biomoleküle! • bestehen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff: allgemeine Formel: (C • H2O)n mit n ≥ 3 • Die unverknüpften Zuckermoleküle werden als Monosaccharide bezeichnet • Monosaccharide können miteinander zu Di- und Polysacchariden verküpft werden (linear und verzweigte Polymere!) 5 Monosaccharide besitzen komplexe Stereochemie Kohlenhydrate CHO Aldohexosen besitzen 4 chirale Kohlenstoffzentren (C-Atom mit verschiedenen Substituenten) H OH HO Daraus ergeben sich 24 (=16) Stereoisomere für eine Aldohexose! verschiedene H H OH H OH CH2 OH Stereozentrum (chirales Zentrum) Das letzte chirale C-Atom wird zur Bezeichnung der sogenannten D- und LKonfiguration herangezogen! CHO H HO OH H CHO H HO H OH H H OH HO CH2 OH D-Form OH H OH H CH2 OH L-Form 6 Die Familie der Aldosen Kohlenhydrate 7 Die Familie der Ketosen Kohlenhydrate Ketohexosen besitzen lediglich 3 chirale Zentren und daher gibt es nur 23 = 8 Stereoisomere, jeweils vier in der D- und L-Reihe. 8 Hemiacetale und Hemiketale Kohlenhydrate Hydroxylgruppen reagieren mit Carbonylgruppen von Aldehyden und Ketonen unter Ausbildung von Hemiacetalen bzw. Hemiketalen: 9 Pyranosen und Furanosen Kohlenhydrate Findet diese Reaktion innerhalb eines Moleküles statt („intramolekular“) entstehen cyclische Hemiacetale bzw. Hemiketale: 6-Ring Aldohexose 5-Ring Ketohexose 10 Darstellungsvarianten Kohlenhydrate stereochemisch Haworth-Projektion Stab-Kugel-Molekülmodell Kalotten-Modell Sessel-Projektion 11 Darstellungsvarianten Kohlenhydrate 12 Das anomere Zentrum Kohlenhydrate Befindet sich die Hydroxylgruppe des anomeren Zentrums auf der entgegengesetzten Seite zu Seitengruppe am C-5, spricht man von α-(alpha)-Konfiguration. Befindet sie sich auf der gleichen Seite spricht man von β-(beta)-Konfiguration (es ist ein neues chirales Zentrum entstanden!) 13 Das anomere Zentrum Kohlenhydrate 14 Verknüpfung von Monosacchariden Kohlenhydrate Das anomere Zentrum kann mit einer weiteren Hydroxylgruppe reagieren und eine sogenannte glykosidische Bindung ausbilden: Durch diese Reaktion entsteht entweder ein: • Acetal (ausgehend von einem Hemiacetal) oder • Ketal (ausgehend von einem Hemiketal). 15 Die glykosidische Bindung Kohlenhydrate Die Einführung einer glykosidischen Bindung zwischen der Hydroxylgruppe des anomeren Zentrums eines Zuckers mit einer anderen alkoholischen Gruppe (anderer Zucker oder andere Verbindung mit reaktiver OH-Gruppe) wird als Glykosylierung bezeichnet. Sie wird mit geringem Energieaufwand unter Wasserabspaltung durch eine Kondensationsreaktion gebildet: NATUR: enzymatisch über aktivierten Zucker LABOR: Säurekatalyse mit Überschuss an Alkohol 16 Vom Mono- zum Disaccharid: Dimerisierung Kohlenhydrate Die glycosidische Bindung ist in Gegenwart starker Säuren hydrolytisch spaltbar. 17 Häufige Disaccharide: Milchzucker (Lactose) Kohlenhydrate Bis zu 7% in der Milch enthalten! 18 Laktosetoleranz Kohlenhydrate Normalerweise wird das Enzym für den Abbau von Lactose (Enzym: Lactase) nur während der Stillzeit im Menschen hergestellt und danach nicht mehr exprimiert. Durch Punktmutationen, die sich vermutlich vor ca. 10000 Jahren ereigneten (Milchwirtschaft?!), wird das Gen nun nicht mehr abgeschaltet und die Lactase wird permanent exprimiert. Menschen, bei denen diese Mutation nicht auftritt, können später die Lactose nicht mehr zerlegen. In vielen Ländern kommt diese Mutation generell kaum vor. Dort sinkt die Lactaseaktivität natürlicherweise nach der Stillzeit auf ein Minimum. Symptome: • ungespaltener Milchzucker gelangt in Dickdarm, • von Darmbakterien aufgenommen und vergoren • Gärungsprodukte: Lactat (Milchsäure), Methan (CH4) und Wasserstoff (H2) • Gase führen zu Blähungen • Milchsäure ist osmotisch aktiv (osmotische Diarrhoe) 19 Laktosetoleranz Kohlenhydrate In Asien und Afrika betrifft die Laktoseintoleranz den größten Teil der erwachsenen Bevölkerung (> 90 %), in Westeuropa, Australien und Nordamerika sind es 0–15 % (hellhäutige Menschen). Prozentualer Anteil von Laktoseunverträglichkeit Quelle: Zeit-Grafik/Verein für Laktoseintoleranz 20 Häufigstes Disaccharid: Saccharose Kohlenhydrate Saccharose: ensteht duch Ausbildung einer glykosidischen Bindung zwischen den anomeren Zentren einer Hexoglucopyranose (Glucose) und einer Hexoketofuranose (Fructose) Transportform für Zucker in Pflanzen! 21 Verknüpfungsvarianten Kohlenhydrate Gentiobiose (Amgdalose; Bittermandel) Trehalose Cellubiose (Poly:Cellulose) Maltose (Poly: Amylose) Isomaltose (Poly: Bestandteil von Amylopectin) 22 Cellulose Kohlenhydrate β-1,4-glykosidisch verknüpft 23 Glykogen & Stärke Kohlenhydrate alpha-1,4-glykosidisch verknüpft 24 Bildung von Stärke Kohlenhydrate Stärke wird von Pflanzen in den sogenannten Chloroplasten gebildet und gespeichert. 25 Aminozucker Kohlenhydrate 26 Chitin - ein polymerer Aminozucker Kohlenhydrate Bestandteil des Exoskeletts von Insekten, Spinnen, Krebse etc. 27 Zucker sind am Aufbau der bakteriellen Zellwand beteiligt Kohlenhydrate 28 Zellwandbiosynthese Kohlenhydrate Die bakterielle Zellwandbiosynthese ist ein bevorzugtes Ziel für die Entwicklung von Antibiotika! 29 Glycosaminoglykane Kohlenhydrate • Unverzweigte Polysaccharide im extrazellulären Raum • Besitzen negativ geladene Carboxyl- und Sulfatgruppen Vorkommen: • Bindegewebe • Gefäßwände 30 Heparin Kohlenhydrate • Ist kein Bestandteil des Bindegewebes • Vielmehr verhindert es die Blutgerinnung („Antikoagulant“) und wird bei Verwundung in die Blutbahn ausgeschüttet, um die Bildung von Blutgerinsel zu vermeiden • Daher wird Heparin in Notfällen und bei chirurgischen Eingriffen verwendet H O H H O OOC OSO3 HO H α H D-iduronate-2-sulfate H OSO3 O HO H O H H NH α H O3 SO O n N-Sulfo-D-glucosamine-6-sulfate 31 Proteoglykane Kohlenhydrate Glycosaminoglykane der extrazellulären Matrix aggregieren kovalent und nichtkovalent mit Proteinen und bilden sog. Proteoglykane: Durch die Bürstenstruktur und den polyanionischen Charakter können Proteoglykane extrem viel Wasser aufnehmen. Kollagen bildet zusammen mit Proteoglykanen den Knorpel in Gelenken. 32 Proteoglykane bei der Verwundungsreaktion Kohlenhydrate • Bei Verwundung des Rückenmarkes werden als Reaktion Proteoglykane gebildet, die eine Regeneration der beschädigten Nervenbahnen (Axone) verhindern können • Durch Behandlung mit Enzymen, die Proteoglykane auflösen können, wurden bereits Erfolge bei der Regeneration von Verletzungen im Bereich des Rückmarkes erzielt: Chondroitinase Bradbury et al., Nature, 416, 636-640 (2002) 33 Glykosylierung von anderen Biomolekülen Kohlenhydrate Die Verknüpfung mit Zuckerresten dient der Erkennung von bestimmten Oberflächenstrukturen, z. B. auf der Außenseite von Membranen: • Diese Außenseite ist mit den verschiedensten Oligosacchariden überzogen. • Diese bilden sogenannte Glycokonjugate mit Proteinen und Lipiden (siehe Kap. 3 und 5). Diese als Glycokalyx bezeichnete Schicht ist bis zu 1400 Å (= 140 nm „dick“. 34 Zuckeroberflächen sind immunologische Marker Kohlenhydrate Die AB0 Blutgruppenantigene sind Oligosaccharidkomponenten von Glykolipiden auf Zelloberflächen (nicht nur rote Blutkörperchen). Individuen mit Blutgruppe A besitzen A-Antigen auf der Zelloberfläche und besitzen B-Antikörper (und vice versa). Typ AB besitzen beide Antigene aber keine Antikörper gegen A und B. Typ 0 haben keine der beiden Antigene aber beide A und B Antikörper. 35 Die Entdeckung der Blutgruppen Kohlenhydrate KARL LANDSTEINER entdeckte 1901 die Blutgruppen und machte damit erfolgreiche Bluttransfusionen möglich! Derzeit werden ca. 30 verschieden Blutgruppen Unterschieden (A-B-0; Rhesusfaktor, etc.) Karl Landsteiner (1868-1943) Nobelpreis für Medizin/Physiologie 1930 „For his discovery of human blood groups“ 36