Paradoxien in den Bildungsdiskursen Irina Spiegel (LMU München, Sommer 2013) Die aktuellen Bildungsdiskurse enthalten auf der normativen, institutionellen und konzeptuellen Ebene oft Paradoxien, die mit etablierten Konzepten und Handlungsmöglichkeiten offenbar nicht mehr lösbar sind. Aus dem Erkennen der Paradoxien in der Bildung entsteht die Notwendigkeit und Forderung nach einem neuen zukünftigen Bildungsmodell und nach einer wissenschaftlich fundierten Transformation des bundesrepublikanischen Bildungssystems. 1. Normative Paradoxien in der Bildung – Bildungsideal Seit der ersten PISA-Studie und der Bologna-Reform wird Bildung besonders in Deutschland kontrovers diskutiert. Bildung ist zum wichtigsten Wahlkampfthema der Länderpolitik geworden. Diese Art von Politisierung ist in Deutschland relativ neu. Die Wucht der Debatte ist nicht mit den Diskussionen um die Gesamtschule in den 70er und 80er Jahren vergleichbar. Damals wurde die Entwicklung einer angemesseneren Schulform diskutiert, die der zunehmenden Ausdifferenzierung der Gesellschaft integrierend entgegenwirken sollte, heute geht es weniger strukturell als substanziell und existentiell um Bildung. Der mediale Gedanke, dass im rohstoffarmen Deutschland Bildung einerseits als die Ressource schlechthin gilt – ein Gedanke, der mit der PISA-Intention des OECD übereinstimmt – und dass sie in der Rückbesinnung auf das Humboldtsche Bildungsideal anderseits zweckfrei sein soll, findet sich in den regen Bildungsdebatten permanent wieder. Bildung wird im weltweiten Wettbewerb um Innovationskraft, Produktivität und Nachhaltigkeit immer stärker im Optimierungsdenken implementiert. Für die Wirtschaft ist Bildung unverzichtbar geworden. Die scheinbare Paradoxie besteht hier darin, dass der Inbegriff des Zweck- und Nutzhaften, die Wirtschaft, das eigentlich Zweckfreie, die Bildung, als Persönlichkeitsbildung selbständig denkender und handelnder Individuen, voraussetzt: Die (Wachstums-)Ökonomie braucht selbstständige und kreative Persönlichkeiten. Der paradoxe Schein löst sich auf, wird der Bildungsbegriff der PISA-Studie selbst herangezogen. Der Bildungsbegriff der PISA-Studie 1 umfasst die Basiskompetenzen (Leseverständnis, mathematisches Verständnis und naturwissenschaftliches Verständnis) nicht also direkt abrufbares Wissen. Die Basiskompetenzen bilden nach PISA die Bedingung der Möglichkeit für Bildung und damit die Voraussetzung für eine Partizipation an der Gesellschaft. Die These, dass die Begeisterung für das Lesen oder für das Erkennen mathematischer und natürlicher Strukturen jeder Bildung zugrunde liegt, widerspricht auch nicht dem Humboldtschen Bildungsideal. Die PISA-Studie hat nicht Bildung als Selbstbildung gemessen, sondern ihre notwendigen, nicht jedoch hinreichenden Bedingungen. Auch im Humboldtschen Bildungsideal lässt sich eine Art psychologische Paradoxie ausmachen. Dank ihm entstehen – bei aller Harmonisierung – auch exklusive und widersprüchliche Dynamiken, und sie entstehen sogar notwendigerweise1. Bildung als Allgemein- und Selbstbildung sollte den Geist des neuen Bildungsbürgertums bilden. Allein dieser Sachverhalt markiert die humanistische Bildung bis heute faktisch als ein elitäres Konzept. Bei der Frage nach „Bildung für alle“ widerspricht sich besonders die bürgerliche Mittelschicht noch immer. Einerseits hält sie die Chancengleichheit und Zweckfreiheit der Bildung für wichtig und geboten, anderseits hat sie aber auch Angst vor Veränderungen, Angst davor, dass ihre Kinder weniger Chancen haben werden, wenn sie mit Kindern aus „niedrigeren“ sozialen Schichten konkurrieren müssten, wenn also alle Kinder wirklich dieselbe Chance auf Bildung bekämen. Als Beleg dafür mag der Volksentscheid2 in Hamburg dienen: Die Hamburger Bürger stimmten mehrheitlich gegen ein längeres gemeinsames Lernen ihrer Kinder, das – wie die Bildungsforschung gezeigt hat – die Bildungschancen der Kinder aus sozial benachteiligten Schichten zu erhöhen vermag. Es gibt also eine paradoxe Verschränkung von Bildung und Chancenungleichheit. Bildung ist in Deutschland immer noch stark von der sozialen Herkunft abhängig. Sie sichert als Privileg der Mittelschicht die guten Stellungen im Staat und Gesellschaft, ist also mitnichten rein zweckfrei. Zugespitzt formuliert: Das selektive deutsche Schulsystem kollabiert u.a. deshalb nicht, weil es Ungebildete und aus der Bildung Ausgeschlossene voraussetzt und produziert. Die Erhaltung des Status-quo liegt im Interesse der Erhaltung und Sicherung der Privilegierten und des Tradierten. Weitere Widersprüche im Bildungsdiskurs entstehen dadurch, dass viele heterogene Ideen, wie eine gewisse Traditionssehnsucht und neue Befunde aus der Bildungs- und Neuroforschung aufeinander treffen. Es existiert jedoch keine konsistente Bildungsvision, oder besser kein 1 Das hat schon Adorno in seiner Theorie der Halbbildung analysiert und differenziert beschrieben. 2 Mit dem Volksentscheid von 26. April 2009 scheiterte die Hamburger Schulreform, nach der es in Hamburg eine Primarschule geben sollte, in der von der 1. bis zur 6. Klassen gemeinsam gelernt wird. 2 kohärentes Bildungsmodell. Die permanent mutierenden Bildungsvorurteile und bloßen Meinungen in Bildungs- und Erziehungsdebatten sind so subtil geworden, dass sie als Vorurteile kaum noch erkennbar sind, auch nicht bei mehr oder weniger gründlicher Analyse. Dies kommt daher, dass die Vorurteile in der wissenschaftlichen Ummantlung der – nicht selten in Auftrag gegebenen – Studien erscheinen. Die durch Parteien und Unternehmen beauftragten Studien sind aber interessengeleitet und zementieren oft die Vorurteile und auch die Missstände, weil eine beauftragte Studie gegen eine andere steht. Dass auch eine solide, sich dem wissenschaftlichen Ethos verpflichtende Forschung wie z.B. die learning sciences nicht sagen könne, wie Bildung als Selbstbildung und Selbstvervollkommnung notwendig und immer gelinge, liegt in der idealistischen Auslegung der Bildung als Selbst- bzw. Persönlichkeitsbildung selbst. Die präsupponierte Unmöglichkeit, Persönlichkeitsbildung wissenschaftlich zu erfassen, verhindert, dass die institutionelle Bildung als Schul- und Hochschulbildung aufbauend auf den wissenschaftlichen Befunden umgestaltet wird. Denn die Institution der Bildung lässt sich durchaus wissenschaftlich und empirisch fundieren. Aber es herrscht in der Debatte um die institutionelle Bildung und auch in der Bildungspolitik oft genug rückwärtsgewandter Idealismus und moderner Traditionalismus. Es ist nicht abwegig gegenwärtig anzunehmen, dass auch Bildung als Selbstbildung wissenschaftlich beschrieben werden kann. Als Selbstbildung ist sie zwar ein individuelles und kulturelles Phänomen, aber es bedeutet nicht, dass sie nicht wissenschaftlich beschrieben werden kann. Zum Beispiel wird oft im Zusammenhang der Persönlichkeitsbildung von Urteilskraft gesprochen. Aber was ist genau die Urteilskraft? Wie entsteht sie z.B. entwicklungspsychologisch? Und wie funktioniert sie kognitiv oder affektiv? Was sind die notwendigen und hinreichenden Bedingungen für ein entwickeltes Urteilsvermögen? Das sind wissenschaftliche Fragen. Urteilskraft und Persönlichkeitsbildung sind zwar sehr komplex, jedoch keine philosophischen Begriffsmysterien. Bildung als Selbstbildung lässt sich durchaus mit wissenschaftlich begründeten Transformationen des (Hoch-) Schulsystem initiieren. Sie gelingt, wenn die Rahmenbedingungen der Bildungsinstitutionen dafür günstig sind. Wie diese aussehen, müssen und können die Bildungsforschung und Pädagogik als inter- und transdisziplinäre Wissenschaften herausfinden. Allerdings können pädagogische Wissenschaften nicht allein für sich eine Bildungsvision für die Zukunft formulieren. Vielmehr bedarf es hierzu eines umfassenden zivilgesellschaftlichen und unparteiischen (nicht medial verzerrten) Diskurses. Weder die Reformpädagogik 3 noch rein 3 Die Reformpädagogiken schütteln nicht selten das Kind mit dem Bad aus. Sie betonen zwar zurecht die soziale 3 humanistische4 Pädagogik noch die übliche Schulpädagogik5 oder die verschiedenen Modellschulpädagogiken6 können allein für sich ein neues allgemeines Zukunftskonzept für Bildung stellen. Ein politischer Enthusiasmus, der auf das Neue durch die Bildung zielt, fehlt in Deutschland nach wie vor weitgehend. Die Kantische Idee, dass Bildung und Politik untrennbar verknüpft seien, war und ist in Deutschland schwach repräsentiert. Das liegt teilweise an dem falsch interpretierten Phänomen der neuhumanistisch geprägten Bildung selber, die primär zweckfrei und vom Individuum, jedoch nicht primär vom Wunsch einer Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse bestimmt wird. Die Frage, die sich hier notgedrungen stellt, lautet: Brauchen wir ein neues allgemeines Bildungsmodell bzw. eine wissenschaftlich fundierte Bildungsvision oder liegt im gegenwärtigen Pluralismus und Wettbewerb der Bildungsideen der bessere „Ansatz“ der Förderung von zukünftiger Bildung? An Ideen mangelt es also nicht, aber wohl an einer klaren und sachlichen Vision, d.h. einem Modell und anwendungsorientierten Möglichkeiten deren baldigen Umsetzung. 2. Institutionelle Paradoxien im deutschen Bildungssystem – Bildungsgerechtigkeit Die Internationalen Vergleichsstudien haben die Frage nach der Bildungsgerechtigkeit ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Der sog. PISA-Schock besteht zum Teil darin, dass das deutsche Bildungssystem die Ungleichheit der Bildungschancen nicht nur nicht ausgleicht, sondern sogar verstärkt. Die Errichtung von Förder- und Gesamtschulen in der 70er und 80er Jahren haben also kaum Fortschritte gebracht und wenn, so wurden ihre Effekte in den letzten Jahren wieder neutralisiert. Zur natürlichen Begabung muss in Deutschland immer noch und notwendig die Kompetenz, aber oft so, dass die anderen notwendigen, z.B. kognitiven Kompetenzen dadurch beschnitten werden. Potential-Coaching ist richtig. Aber auf die – auf bestimmte Begabungen zurückgehende – Begeisterung für ein oder zwei Spezialisierungen darf nicht verzichtet werden. Außerdem kann und darf das natürliche Gefälle zwischen Lehrer und Kindern nicht aufgehoben werden. Kinder können natürlicherweise nicht alles von sich aus entdecken und erfinden. 4 Zum Beispiel die neuhumanistische Reformpädagogik: Diese reproduziert bis heute z.B. die falsche Dichotomie von Natur- und Geisteswissenschaften. Die Dominanz der (alten) Sprachen und der ästhetischen Bildung ist zwar für sprach- und künstlerisch begabten Kinder angemessen, nicht jedoch flächendeckend für alle Kinder. 5 Die oft aus systemischen Gründen mehr oder weniger gut darin ist, die Lernfreude und natürliche Neugierde der Kinder zu minimieren. 6 Sie kommen sehr schnell auf den Geschmack des Exklusiven, des Exotischen und Einzigartigen ihrer Schulen, sie haben daher oft zu wenig Interesse an Verbreitung ihrer Konzepte. 4 bildungsbürgerliche Herkunft hinzukommen, damit sie überhaupt zur Entfaltung kommt. Die Idee „Gleichheit“ galt in Deutschland schon immer weniger als z.B. in den USA – und das trotz der 68er und der linken Avantgarde. Die „Gleichheit“ bedeutet sowohl Gleichheit vor dem Gesetz als auch und vor allem equality of opportunity, Chancengleichheit, die sich auch auf die Schulbildung erstreckt. Das Recht auf Chancengleichheit in der Bildung (education) ist in den USA in der Verfassung kodifiziert. Nicht so in Deutschland: Das Grundgesetz der Bundesrepublik kennt kein Grundrecht auf Bildung. Das ist einerseits nachvollziehbar, weil Bildung in Deutschland oftmals immer noch neuhumanistisch als Persönlichkeitsbildung bzw. Selbstbildung aufgefasst wird, auch wenn der technokratische Begriff der Bildung als Reaktion auf die beschleunigte und globale Ökonomisierung der Gesellschaft in letzten zwei Jahrzehnten sich scheinbar scheinbar immer noch dominiert. Im Weiterwirken des idealistischen Bildungsideals könnte auch eine Bedingung dafür liegen, dass es bislang kein starkes politisches Engagement für die Chancengleichheit in der Schulbildung in Deutschland gab. Die Bundesrepublik hat verschiedene internationale Abkommen unterzeichnet, die das Recht auf Bildung beinhalten.7 Diese Abkommen haben aber rein deklamatorischen Charakter, solange sie nicht im Grundgesetz kodifiziert sind. Institutionelle Bildung bleibt in Deutschland mit der Föderalismusreform von 2006 reine Ländersache und unterscheidet sich mehr oder weniger stark von Bundesland zu Bundesland. Nur: Auch keine der Landesverfassungen garantiert das Recht auf Chancengleichheit in der Bildung. Fokussiert man das Recht auf Bildung in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte8 auf Chancengleichheit, so wird in Deutschland dieses Recht im Sinne der internationalen Abkommen, die es unterzeichnet hat, nur für einen Teil der Menschen, d.h. selektiv9 verwirklicht, trotz oder wegen vereinzelter Bemühungen. Alle internationalen Abkommen kennen eine Selektion nach Fähigkeiten nur in Bezug auf den Hochschulzugang. Eine Selektion nach Fähigkeiten (also „Begabungen“) bereits in Alter von zehn bzw. zwölf Jahren wird in internationalen Vereinbarungen nicht einmal angedeutet. 7 Zum Beispiel: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948, von der BRD 1968 unterzeichnet; die UNKinderrechtskonvention 1989, unterzeichnet von der BRD im Jahre 1992. 8 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Art. 26. 9 Zusätzlich verstößt die Bundesrepublik eindeutig gegen Art. 28 der UN-Kinderrechtskonvention, die explizit festlegt: „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Bildung an, um die Verwirklichung dieses Rechts auf der Grundlage der Chancengleichheit fortschreitend zu erreichen [...]“. (Vgl. Bergmann Ch. (Hg.), UNKinderrechtskonvention im Wortlaut mit Materialien, 21.). http://www.unicef.de/fileadmin/content_media/Aktionen/Kinderrechte18/UN-Kinderrechtskonvention.pdf [28.07.2013]. 5 Die UN-Kinderrechtsonvention wird also von Deutschland nicht umgesetzt. Sie ist aber auch ihrerseits widersprüchlich: Kinderrechte sind nicht unproblematisch, wie auch schon die Menschenrechte.10 Kinder sind noch nicht vollständig rechtsfähig bzw. noch keine Träger von Rechtspflichten. Sie gehören – mit Hannah Arendt gesprochen – gesetzlich bis zum 18. Lebensjahr noch nicht in den politischen Handlungsraum. Ein Kind kann den Besuch des Gymnasiums nicht einklagen. Das müssten seine Erziehungsberechtigten tun – es sei denn, wir kodifizieren Kinder als den Erwachsenen gleichberechtigte Rechtssubjekte, und nehmen den Kindern so das Recht auf ihr Kind-Sein. Die Erwachsenen, Eltern, Lehrer, Bildungspolitiker haben allerdings die Rechtspflicht, für das Wohl der Kinder zu sorgen und ihnen gleiche Bildungschancen zu garantieren. Dazu muss es eine konkret kodifizierte Rechtspflicht geben und ein explizites Verbot, Kinder schon mit 10 Jahren zu selektieren. Kurz: es muss ausdrücklich verboten werden, den Kindern ihre Bildungschancen zu nehmen. In Deutschland ist zwar jede Schulnote einklagbar, nicht jedoch die Chancenungleichheit in der Bildung!11 Wie es auch immer um die Konsistenz der Menschen- bzw. Kinderrechte bestellt sein mag, die PISA-Studie hat offenbart, dass es dem deutschen Schulsystem im Vergleich zu den Schulsystemen der OECD-Staaten am schlechtesten gelungen ist, Kinder sowohl aus Arbeiter- als auch 10 Im Buch Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft hat Hannah Arendt schon 1951 auf die „Aporien der Menschenrechte“ hingewiesen. Und Kinderrechte fallen unter die Menschenrechte. Haupteinwand gegen die „Natürlichkeit der Menschenrechte“ bzw. gegen die „bill of rights“ besteht nach Arendt darin, dass es ihnen am Sinn für die Wirklichkeit mangelt. Auch Sollensätze müssen insofern der Wirklichkeit entsprechen, als sie verwirklichbar sein müssen. Sie müssen normative Forderungen enthalten, die sich auf wirkliches und konkretes Handeln beziehen lassen. Menschenrechtsklärungen (und also auch Kinderrechtserklärungen) postulieren ein Sollen, dem kein konkretes Handeln-Können entspricht. Die Erklärung von Menschenrechten ist nach Arendt eine Aporie, weil diese Erklärung gleiche Rechte für wesentlich Nichtgleiche fordert, also für Menschen als natürliche Wesen, mit verschiedenen Persönlichkeiten. Es kann nach Arendt nur gleiche Rechte von politischen Mitgliedern – also keine natürlichen Rechte der Menschen oder Rechtsansprüche von natürlichen Menschen geben. (Vgl. Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, München 2005, 468.) Menschenrechte samt Kinderrechte sind also keine eigentlichen Rechte, sondern vielmehr Ideale oder sogar moralische Imperative. 11 Zur Paradoxie der mehr oder weniger liberalen Gesellschaft gehört auch das Selbstverständnis, dass sie Rechte gewährt und mehr oder weniger die materiellen wie institutionellen Voraussetzungen für ihre Wahrnehmung bereitstellt, dass sie aber eine Anspruchsnahme dieser Rechte, d.h. das Befolgen der in den Rechten implizierten Pflichten nicht erzwingen kann. So gibt es in Deutschland zwar paradoxerweise eine allgemeine Schulpflicht, aber keine institutionellen Voraussetzungen für die Verbesserung der Bildungschancen der sozial Ausgeschlossenen. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht der Eltern, ihr Kind nicht in die Krippe zu geben, aber es gibt inkohärenterweise die allgemeine Schulpflicht, die Eltern zwingt, ihr Kind in die Schule zu schicken, und zwar auch dann, wenn die Eltern mit dem Schulsystem aus guten Gründen nicht einverstanden sind. 6 Migrationsfamilien zu fördern. Das deutsche Schulsystem widerspricht dem Prinzip der Gleichheit als Chancengleichheit in der Bildung. In Deutschland sind Bildungschancen schichtabhängig und es gibt eine starke, kulturell und historisch bedingte Stabilität der Chancenungleichheit im deutschen Schulsystem. (Geißler,Weber-Menges 2010, 157). Die soziologische Bildungsforschung hat nach dem PISA-Schock gezeigt, dass Bildungsungleichheit in Deutschland erstens am Habitus 12 und Milieu der Bildungsarmen bzw. Bildungsreichen und zweitens am deutschen Bildungsgesamtsystem selbst liegt. Wir leben immer noch in einer Leistungsgesellschaft und die jeweilige Schulleistung spielt auch bei den Bildungschancen eine wichtige Rolle. Aber sie allein erklärt nicht die schichttypischen Schulbesuche.13 Zu einem nicht unwesentlichen Teil ist die Bildungsungleichheit nicht meritokratisch, d.h. nicht leistungsabhängig bedingt. Im deutschen Bildungssystem existiert ein leistungsunabhängiger sozialer Filter. (Vgl. Geißler, Weber-Menges 2010, 158). Soziologische Forschungen zeigen, dass ein Teil der Eltern aus finanziell schwachen Familien ihre Kinder auch bei guter Schulleistung bzw. Gymnasialempfehlungen nicht auf ein Gymnasium schicken. Die statusorientierten Eltern verhalten sich exakt umgekehrt: Ihre Kinder besuchen häufig auch bei schwächeren Leistungen und gegen den Rat der Lehrer ein Gymnasium. (Geißler 2006, 42) Dieser vom Familien- und Schichtmilieu bedingte soziale Filter wird in den Schulen nicht kompensiert, sondern teilweise durch Lehrerbeurteilungen noch verstärkt. Auch bei gleichen kognitiven Fähigkeiten ist die relative Chance, ein Gymnasium statt einer Realschule zu besuchen, für ein Kind aus den höheren Sozialschichtgruppen etwa dreimal größer als für ein Arbeiterkind. (Vgl. Stanat et al. 2002, 1) Der soziale Filter ist vor allem durch den frühen Übertritt von der Grundschule in eine weiterführende Schule bedingt. Dabei spielt also die positive Rückkopplung von Elternwünschen und Lehrerempfehlungen eine fatale Rolle. Sozialwissenschaftliche Befunde belegen also die institutionellen Schranken der Chancengleichheit hierzulande, die mit der Gesamtstruktur des deutschen Bildungssystems zusammenhängen. Ein wichtiges Strukturmoment stellt die frühe Trennung der Schüler in Schulen 12 Mit Habitustheorie von P. Bourdieu lässt sich die Bildungsungleichheit in einem Satz ausdrücken: „Von unten bis ganz nach oben funktioniert das Schulsystem, als bestünde seine Funktion nicht darin, auszubilden, sondern zu eliminieren. Besser: in dem Maß, wie es eliminiert, gelingt es ihm, die Verlierer davon zu überzeugen, dass sie selbst für ihre Eliminierung verantwortlich sind“. (Vgl. Pierre Bourdieu, Schriften zu Politik und Kultur, M. Steinrücke (Hg.), Bd. 4, Wie die Kultur zum Bauern kommt, Hamburg 2001, 21). 13 So sind z.B. die Chancen von 15jährigen aus der oberen Dienstklasse, ein Gymnasium zu besuchen, um das 6-fache größer als bei Facharbeiterkindern. Auch bei gleichen kognitiven Grundfähigkeiten und Leseleistungen besuchen die statushöheren Jugendlichen immer noch dreimal häufiger ein Gymnasium. Vgl. Baumert, Schümer 2001, 167. 7 mit unterschiedlichen Leistungsniveaus im mehrgliedrigen Schulsystem dar. Die schichttypischen Leistungsunterschiede sind umso größer, je früher die Schüler in verschiedene Schulen getrennt werden. Wenn das Lernen in leistungsheterogenen Klassen nicht nur wie in Deutschland vier Jahre, sondern acht Jahre andauert, dann verringern sich offenbar die schichtspezifischen Leistungsunterschiede (Vgl. Wößmann 2007, 141). Habitus und Schulsystem bedingen sich wechselseitig. Um diesen Schicksalsmechanismus zu durchzubrechen, braucht ein Arbeiter- und Migrantenkind viel Glück, z.B. eine besonders reflektierte und engagierte Lehrerpersönlichkeit, um in den Genuss höherer Bildung – auch im humanistischen Sinne als Selbstbildung – zu kommen. Die Schule als Institution für Mittelschichten14 ist nach dem Habitus der Mittelschichtfamilien ausgerichtet. Schule als Bildungsinstitution wird von den Mittelschichten gestaltet und veranstaltet. Kinder, die die nötigen Interessen schon von zu Hause aus mitbringen (z.B. Lesen), haben eindeutig ein Privileg. Das alles markiert die eine paradoxe Seite der Bildung in Deutschland, die idealer weise eine allgemeine, d.h. auch für alle sein soll. Die andere Seite bildet die sog. „soziale Exklusion“ bei Jugendlichen ohne Abschluss. Jugendliche, die noch den Haupt- und Realabschluss erreichen, sind zwar zunächst einmal von der Hochschulbildung, aber nicht unbedingt aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Es gibt aber noch einen viel problematischeren Habitus – den der sog. „Ausgeschlossenen“, die gar keinen Platz in der Gesellschaft mehr finden. Soziologen nennen dieses (nicht neue, jedoch etwas mutierte) Phänomen „soziale Exklusion“, für die die Bildungsungerechtigkeit eine notwendige, wenn auch noch keine hinreichende Bedingung ist. Soziale Exklusion lässt sich weder bloß auf gesellschaftliche Benachteiligung noch bloß auf relative Armut zurückführen (Bude 2008, 14). Sie markiert den Bereich des prinzipiellen Nicht-Partizipieren-Könnens an der Gesellschaft. In Deutschland wird diese Gruppe auf 20% der Jugendlichen in den Hauptschul- und Förderschulen geschätzt.15 Diese Jugendlichen bringen Lehrer zur Verzweiflung, weil sie oft desinteressierte Totalverweigerer sind. Im Verhalten zu den Lehrern dominieren Abwehr und Verweigerung. Aber auf der anderen Seite sind sie auch außerordentlich wendig, raffiniert und schlagfertig. Der Kern ihres Habitus ist die gnadenlose Kultur des Auslachens und der Schadenfreude (Bude 2008, S. 94/95). Und die Paradoxie dieses Habitus besteht darin, dass diese 14 Die Oberschicht schickt ihre Kinder mittlerweile verstärkt in Privatschulen, mit eindeutig elitärem Habitus. So wird der soziale Filter noch feinmaschiger, d.h. absolut abhängig von den Finanzen der Eltern. 15 „Eine markante Gruppe des deutschen Bildungssystems sind die »ausbildungsmüden Jugendlichen«. So werden sie von ihren Lehrern auf den Hauptschulen, in den Bildungswerken und bei den Fördermaßnahmen der Arbeitsagenturen genannt und auf einen Teil von 20 Prozent in den entsprechenden Klassen und Gruppen geschätzt.“ (Vgl. Bude 2008, 93). 8 aus der Gesellschaft ausgeschlossenen Jugendlichen sich anders machen müssen, um gleich zu sein16, um durch Totalverweigerung Aufmerksamkeit zu bekommen und so doch noch an der Gesellschaft zu partizipieren. (Vgl. Bude 2008, 27). Dies ist eine Gruppe, die nach PISA über Leistungen von 15-jährigen Schülern in den Basiskompetenzen nicht einmal die erste von fünf Kompetenzstufen erreicht. 17 Diese Jugendlichen können durchaus intelligent sein, aber als funktionalen Analphabeten wird ihnen eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben von vornherein verwehrt. Das empörende Ergebnis der PISA-Studie bestand darin, dass der Anteil dieser „bildungsarmen“ jungen „Ausgeschlossenen“ nach permanenten Bildungsreformen in Deutschland 10% beträgt.18 Bei aller Relativierung des PISA-Durchschnitts sind das in Deutschland +/- 10% zu viel. Wie kommt es überhaupt dazu? „Die sozialwissenschaftliche Forschung nach PISA hat einen wichtigen Grund namhaft gemacht: das ist das institutionelle Ghetto im Bildungssystem, in dem diese Risikogruppe samt dem Lehr- und Betreuungspersonal gehalten wird.“ (Bude 2008, 97). Sowohl diejenigen, die Bildung als Ressource, also als Kapital betrachten (das wäre der technokratischer Bildungsbegriff) als auch diejenigen, die Bildung als Selbstzweck (der idealistische Bildungsbegriff) begreifen, verfehlen die gegenwärtige Komplexität der Bildung. Bildung kann nicht ökonomisiert werden, weil sie anderen Gesetzmäßigkeiten folgt als dem ökonomischen Wachstumsnutzen, aber sie kann auch nicht primär Selbstzweck sein, denn Bildung als Selbstbildung hat durchaus Funktionen: einerseits die Weiterentwicklungen in Kultur und Wissenschaften (Bildungsprozess als Partizipation am Denken) und anderseits eine gerechtere Weiterentwicklung der Gesellschaft selbst (Bildungsprozess als Partizipation am zivilen politischen Geschehen, also am Handeln). Allgemein gesehen hat Bildung eine übergreifende Funktion: Sie ist notwendig für die Weiterentwicklung der menschlichen Gesellschaften, insbesondere für die Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse. Kurz: Sie ist notwendig für das Überleben des Individuums in der Gesellschaft und damit der Gesellschaft selbst. 16 D.h. wie alle anderen zur Gesellschaft bzw. zum politischen Beteiligungsraum zu gehören. 17 Vgl. Bude 2008, 95. Beispielsweise können sie bei einem Text mehrere unabhängige, aber explizit angegebene Informationen nicht identifizieren, den Hauptgedanken des Textes nicht erkennen und keine Verbindungen zwischen den Textinformationen und ihrem elementaren Alltagswissen herstellen. 18 Dieser Wert liegt im Durchschnitt der OECD-Länder, aber unter Einschluss solcher Länder wie Mexiko und Brasilien, bei 6 % (vgl. Bude 2008, 96). Was Bude nicht erwähnt, ist, dass der internationale Durchschnitt durch die Tatsache verfälscht worden ist, dass z.B. in Mexiko oder Brasilien solche 15-Jährigen sich nicht mehr im Bildungssystem befinden, weil sie arbeiten, also gar nicht mehr statistisch erfassbar sind. In Deutschland dagegen wurden sie erfasst. 9 3. Paradoxien des PISA-Bildungskonzepts – Gemeinschaftsbildung Bildung ist also durchaus auch eine funktional bestimmte Selbstbildung. Sie kann als solche erst im Erwachsenenalter zur vollen Entfaltung kommen, bedarf aber einer schulischen Grund- oder Ausbildung.19 Wenn Bildung Selbstbildung ist, dann hat PISA20 sie nicht gemessen und hätte sie auch nicht messen können. Bildung als Selbstbildung hat zum Ziel nicht nur die Selbstvervollkommnung des Individuums im Denken und Handeln, sondern auch die Weiterentwicklung der Gesellschaft. Eine solche Bildung geht mit einem hohen Grad an Selbstreflexion und gesellschaftlicher Partizipation einher. Sie ist sehr komplex und umfassend, und sie kann daher nicht nur eine (bei PISA fehlende) ästhetisch-sprachliche Seite haben, sondern muss auch die Naturwissenschaften mit einbeziehen. Bildung zeichnet sich sogar durch die Überwindung des Gegensatzes von Geistes- und Naturwissenschaften aus. Sie spielt sich in einem Kontinuum ab, in dem alle vorgefertigten Konzepte (also Vorurteile) als solche erkannt werden, und in dem differenziertere, neue Denkkategorien und Handlungsoptionen entstehen können. Für Bildung in diesem Sinne bedarf es einer gelungenen Schulbildung. Die erste PISA-Studie hatte Politiker und Pädagogen geschockt. In den drei Kompetenzbereichen – Textverstehen, mathematisches und naturwissenschaftliches Verstehen – schnitt Deutschland vor zehn Jahren schlechter ab als der Durchschnitt der Industriestaaten. Das deutsche Ergebnis der ersten Studie war so schlecht, dass man von einem PISA-Schock spricht, der bis heute einen starken Einfluss und Druck auf Bildungspolitik und Bildungsforschung ausübt. Es kursierte in den Medien sogar der Vergleich mit dem Sputnik-Schock. 21 Nur hatte der PISA-Schock bis heute in Deutschland keine Milliardeninvestitionen in die Bildung zu Folge. Als Ersatz wird debattiert und ohne grundlegendes Nachdenken reformiert, und unter anderem auch die Frage nach Bildungsideen und Bildungsbegriffen wieder neu gestellt. 19 Was auch Entwicklungspsychologen und Neurobiologen bestätigen. Der präfrontale Kortex und damit die sog. „exekutive Kontrolle“ sind erst nach der Pubertät vollständig entwickelt. 20 PISA: Programme for International Student Assessment. Die PISA-Studie der OECD wird von verschiedenen Konsortien erstellt, die miteinander auf komplexe Weise vernetzt sind. Das internationale PISA-Konsortium beschäftigt sich v.a. mit der Verwaltung und dem Erstellen der Studie. Die Ergebnisse werden an die nationalen Konsortien weitergegeben, die dann die Auswertung für ihr eigenes Land erstellen. 21 „Es war ein Weckruf, so laut, dass der "Pisa-Schock" in künftigen Geschichtsbüchern mindestens so prominent platziert sein wird wie der "Sputnik-Schock" aus der Zeit des Kalten Kriegs.“ In: SZ, 7. Dez. 2010. Der Vergleich ist nicht unangemessen, da er die existenzielle Wichtigkeit der Bildung ausdrückt. In Reaktion auf Sputnik antwortete USA vor 46 Jahren mit Milliarden-Programmen für die NASA, die Hochschulen und die Schulen, um durch Bildung eine scheinbare Lücke im Wettlauf mit der Sowjetunion zu schließen. 10 Welchen Bildungsbegriff hat die PISA-Studie vorausgesetzt? Sie hat eine rein statistische und empirische Funktion zum einen und eine ökonomische Funktion zum anderen. Sie selbst problematisiert nicht den Bildungsbegriff. Sie trägt kaum zum Erkenntnisfortschritt in der Bildungsforschung und der Pädagogik bei. Auch kann sie keine Vision einer zukünftigen Bildung und Erziehung liefern. Für die normative Dimension der Bildung hat sie keine Legitimation, obwohl sie mittlerweile eine – obwohl gesellschaftlich nicht legitimierte – globale Bildungsinstitution darstellt. PISA ist nicht widerspruchsfrei und wurde auch durch Meinungen in der Öffentlichkeit noch weiter in Aporien verwickelt. Sie ist einerseits eine wissenschaftlich angelegte und medial aufgebauschte Großstudie. In Deutschland übernahm die Aufgabe, die Testfragen zu erstellen, das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Obwohl bei der PISA-Studie Selektionseffekte22 festgestellt wurden, kann man nicht ohne Weiteres dieser wissenschaftlichen Institution misstrauen. Die Studie ist aber anderseits nicht interessenneutral, sie ist sogar interessengeleitet. Die OECD verfolgt mit der Studie ökonomische Interessen. Innovations- und Produktivitätskraft einer Volkswirtschaft wird auch an der Bildung gemessen. So übt die globale Wirtschaft einen Einfluss auf die Bildungspolitik aus. Diese Tatsache allein schürt schon Verschwörungstheorien.23 Die OECD-Staaten wollten mit den PISA-Studien wissen, wie gut bzw. schlecht es ihren Schulen gelingt, die Kinder auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Im Mittelpunkt der quantitativen Betrachtung steht weniger das Faktenwissen der Heranwachsenden, sondern die sogenannten Basiskompetenzen. Diese Kompetenzen bilden nach PISA die notwendige Voraussetzung für eine Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben. 24 Es wird getestet, inwieweit Jugendliche diese Kompetenzen erworben haben und inwieweit soziale Ungleichheiten in der Bildung bestehen.25 22 So wurden in etlichen Ländern, anders als in Deutschland, schwache oder lernbehinderte Kinder von vornherein absichtlich oder unabsichtlich (weil sie nicht oder nicht mehr die Schule besuchen) vom Test ausgeschlossen. (Vgl. Spitzer 2010, 18-19). 23 Ladenthin behauptet, dass PISA auf die Globalisierung der Schulsysteme abzielt. (Vgl. Ladenthin 2004). 24 Ebd. Ladenthin geht sogar so weit zu behaupten, dass PISA durch die Vorgabe der Norm der Basiskompetenzen für die Teilhabe an der Gesellschaft eine anthropologische Normierung des Menschseins aufstellt, die dann den Menschen, die kaum Basiskompetenzen aufweisen, das Menschsein abspricht. Das ist aber nicht nachvollziehbar, denn PISA hat keine reflektierte Anthropologie vorausgeschickt, es geht ihr allein um die Vermessung der Innovations- und damit der Produktionskraft. Daraus direkt auf anthropologische Annahmen zu schließen wäre etwas vermessen. 25 Zudem erfasst PISA verschiedene Aspekte schulischer und außerschulischer Lern- und Lebensbedingungen. Auf 11 Die Produktions- und Innovationskraft eines Landes wird also laut PISA daran gemessen, wie die Potentiale der neuen Generation im jeweiligen Land zur Entfaltung kommen. In diesem Sinne tritt die OECD im Rahmen von PISA für mehr Bildungsgerechtigkeit ein. Die Wirtschaft möchte offenbar nun auch das Potenzial der untereren Schichten nutzen. Eine politische Paradoxie liegt hier darin, dass die reichen Industrieländer, die mittels einer ungerechten Wachstumsökonomie zum Wohlstand gekommen sind, sich nun für mehr Bildungsgerechtigkeit einsetzen. PISA ist eine wissenschaftliche Studie, weist aber auch eine stark normierende 26 Wirkung auf, wenn sie von den nur drei Basiskompetenzen (literacies)27 ausgeht. Diese Basiskompetenzen bilden offenbar eine Bedingung der Möglichkeit der gesellschaftlichen Partizipation. Die Testaufgaben sind so konzipiert, dass sie kein Wissen abfragen. Sie umfassen die anwendungsbezogenen Aufgaben, die verstehendes und problemlösendes Denken ansprechen. Kinder müssen nicht auswendig gelerntes Wissen reproduzieren, sondern die Texte erschließen und selbstständig Lösungen entwickeln. Und die meisten Testaufgaben sind dazu tatsächlich geeignet. 28 Die Basiskompetenzen bilden zweifelsohne eine Basis der Bildung. Dass der ästhetische bzw. ethische Aspekt der Bildung bei PISA vernachlässigt wird, liegt nicht nur an der Dominanz des Basiskompetenzbegriffs, der perspektivisch durchaus im Sinne der Selbstbildung ist, sondern auch an der Komplexität, der scheinbaren Unmöglichkeit, die ästhetisch-ethische Dimension der Bildung überhaupt adäquat messen zu können. Wie man PISA auch immer beurteilt: Die Studie hat in Deutschland darauf aufmerksam gemacht, dass es den deutschen Schülern am Verständnis für die Aufgaben und an Problemlösungskompetenz mangelte. (Diese Erkenntnis bliebe bei allen landesinternen Tests verborgen .) Die große Tradition des Neuhumanismus und des idealistischen Bildungsbegriffs schlug nicht durch, Kinder wurden hauptsächlich mit Lernstoff konfrontiert und nicht ausreichend zum eigenständigen Nachdenken und Nachforschen animiert. Was PISA-Studie allerdings hätte mitberücksichtigen sollen und auch diese Weise erhält die aktuelle bildungspolitische Diskussion eine breite empirisch-statistische Grundlage. 26 Die PISA-Studie beansprucht auch, „den Regierungen [...] auf periodischer Grundlage Prozess- und Ertragsindikatoren zur Verfügung zu stellen, die für politisch-administrative Entscheidungen zur Verbesserung der nationalen Bildungssysteme brauchbar sind.“ (Vgl. Baumert 2001, 15.). 27 Zum Beispiel: Die Textkompetenz ist eine Kompetenz, „[...] geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.” Vgl. Baumert, Schümer, Deutsches PISA-Konsortium 2001, 23). 28 PISA Deutschland (Hg.), Beispielaufgaben aus dem Lesekompetenztest. http://www.mpib-berlin.mpg.de/Pisa/Beispielaufgaben_Lesen.PDF [28.07.2013]. 12 können, ist die soziale Teamfähigkeit, m.E. die vierte Basiskompetenz: Lösung von Problemen und Aufgaben im Teamwork. Selbständiges Nachdenken und kooperative Aufgabenlösung bilden zwei Bedingungen der Bildung, und sie lassen sich in der pädagogischen Theorie über Freude am Nachdenken und Freude am Austausch und Kooperation zusammen begreifen. Es war nicht der Zweck von PISA, Bildung im gesellschaftsrelevanten Sinne zu bestimmen. Sie hat aber die notwendigen (keine hinreichenden) Bedingungen für Bildung mittels Datenerhebung zu erfassen versucht. Ohne Lesen ist Bildung als Selbstbildung nicht möglich. Basiskompetenzen sind nicht Bildung im obigen Sinne, sie stehen aber auch nicht im Widerspruch zur Persönlichkeitsbildung. Bildung hat anthropologisch gesehen mit der Vorbereitung des Nachwuchses auf das Leben in der Gesellschaft zu tun, und sie ist zweckmäßig für die Weiterentwicklung der Gesellschaft, die sich schließlich aus dem Nachwuchs rekrutiert. Bildung müsste also begrifflich so erweitert werden, dass auch das Überleben der Gesellschaft damit erfasst werden könnte. Gibt es ein Bildungsmodell, das geeignet wäre, auf die Komplexität des Lebens und der Welt nicht nur zu reagieren, sondern sie auch durch Denken und Handeln umzuformen? Kinder müssen Heuristiken entwickeln, mit der Komplexität und dem Wissen von heute umzugehen, um die Entwicklungen der Gesellschaft später lenken zu können, und sie müssen soziale Kompetenzen haben, um miteinander gemeinsam nicht nur auszukommen, sondern um miteinander die Welt von morgen zu gestalten. Vielleicht sind die heutigen Bildungsdebatten notwendig, um vom absoluten Primat der Selbstbildung wegzukommen und zur persönlichkeitsbezogenen Gemeinschaftsbildung überzugehen. Bildung entsteht in Teamwork, man sollte Bildung auch vom „Sich-GemeinsamBilden“ her begreifen, nicht mehr nur vom „Sich-Bilden“. Das „Uns-Bilden“ im Sinne der funktionalen Gemeinschaftsbildung war schon immer unumgänglich, wird aber in seiner Notwendigkeit bis heute nicht erkannt und auch nicht adäquat umgesetzt. 4. Transformation des bundesrepublikanischen Bildungssystems Gefordert ist in erster Linie eine Aufwertung der Pädagogik und der Erziehung. Bildung muss denselben Stellenwert in der Gesellschaft haben wie die Politik. In der Gesellschaft – sogar auf politischer Ebene – hat der Erzieher- und Lehrerberuf heute allerdings sein Ansehen und seine Anerkennung mehr oder weniger eingebüßt (vgl. Spitzer 2010, 10-11). Prozentual gibt es zwar wenig Lehrer, die ihren Beruf völlig verfehlt haben. Aber in keinem anderen Beruf sind die 13 Konsequenzen so erheblich, wenn der Lehrer keine Lehrpersönlichkeit ist bzw. keine Begeisterung für die Pädagogik und das jeweilige Fach zeigt. Ein Lehrer unterrichtet im Jahr durchschnittlich 400 Kinder und Jugendliche, das multipliziert seine Leistung (vgl. Kraus 2009, 179). Rund 800 000 Lehrer – das sind mehr als Ärzte und Juristen zusammen – spielen für ca. 40 Millionen Schüler, Eltern und Großeltern täglich eine wichtige Rolle. Es gibt kaum einen Beruf, der dermaßen starken gesellschaftlichen Charakter aufweist. Viele äußere und innere Umstände belasten das Berufsleben der Lehrkräfte heute, wenn sie den staatlichen Vorgaben gerecht zu werden versuchen. Das Engagement der Lehrkräfte endet oft in Resignation. Die Verwaltungsarbeit nimmt die Zeit für das Eigentliche, nämlich die pädagogische Arbeit und das Verfolgen spezieller Fachinteressen. Sind die Familienmilieus lernungünstig und die Schule unfähig, diese zu neutralisieren, werden genau diejenigen jungen Menschen erschaffen, die jede pädagogische Anstrengung sabotieren und die exklusiven Tendenzen weiter verstärken. Die praktizierten selbsterhaltende Reformsanierungen erweisen sich nicht als funktionstüchtig. Sie werden den Schülern, Lehrern und Eltern meist aus politischen oder ökonomischen Gründen oktroyiert – Wissenschaftlichkeit spielt nahezu keine Rolle wie das Paradebeispiel der Einführung des G8 zeigt. Schulbildung darf nicht durch ökonomische oder parteipolitische Erwägungen reformiert werden, sondern sollte auf pädagogische Notwendigkeit und wissenschaftliche Bildungsforschung zurückgehen. Nur ein interdisziplinäres Netz aus Bildungsforschung, Bildungsphilosophie, Didaktik, Pädagogik und learning sciences kann bestimmen, wie Schule und Schulbildung transformiert werden müssten, damit Bildung künftig als persönlichkeitsbezogene Gesellschaftsbildung stattfinden kann. Ein bundesweit einheitliches, aber dennoch fein differenziertes Schulsystem mit klaren allgemeinen Zielen und Rahmenbedingungen muss geschaffen werden. Denn: „Zu den interessantesten Ergebnissen der PISA-Studie gehört, dass diejenigen Industrieländer, in denen der Staat klar Bildungsziele vorgibt, die konkrete Art und Weise des Erreichens dieser Ziele aber den Schulen überlässt, die besten Bildungsergebnisse haben.“ (Vgl. Spitzer 2010, 241). Die für Bildung engagierten Wissenschaftler, Bürger und Lehrer bestimmen gemeinsam das zukünftige Bildungsmodell und die optimalen Rahmenbedingungen des Lernens und der Entfaltung der jeweiligen Begabungen. Die Politik setzt diese Rahmenbedingungen systematisch um, wobei sie den Schulen regionale Gestaltungsmöglichkeiten überlässt. Die Ausbildung der Lehrkräfte sollte in allen Bundesländern auf ein neues gemeinsames wissenschaftlich fundiertes Bildungsmodell hin angeglichen werden. 14 Für eine Verbesserung des Bildungssystems sollte eine Transformation der Bildung auf Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelt werden, um sie dann politisch umzusetzen, auch wenn die Zielrichtung nicht sofort für jeden einsichtig ist. Die Politik muss das Bildungswesen in Kooperation mit Bildungswissenschaftlern als den Experten für Bildung reformieren. Die für Erziehung und Bildung zuständige Politik verteilt die zur Verfügung stehenden Mittel an die Schulen und die Bildungsforschung. Der Einfluss der Politik soll also künftig primär darauf ausgerichtet sein, die vorhandenen Mittel optimal nach wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Erziehung und Bildung der nächsten Generation einzusetzen. Wissenschaftler haben gezeigt, dass das Ausmaß der sozialen und ethischen Bildungsungleichheit mit der frühen Trennung der Schüler in Schulformen mit unterschiedlichem Leistungsniveau zusammenhängt. Es ist also wissenschaftlich belegt, dass von einem längeren gemeinsamen Lernen aller in leistungsheterogenen Klassen und einem Aufheben der Mehrgliedrigkeit mehrere chancenausgleichende Effekte ausgehen. (Geißler, Weber-Menges 2010, 162). Dadurch werden die Effekte der leistungsfremden und schichttypischen Bildungsentscheidungen der Eltern abgeschwächt. Ganz oder teilweise entfallen dann auch die leistungsunabhängigen Empfehlungen, die ungünstigen Lernmilieus und das Abschieben auf niedrigere Schulformen. Die segregierende Mehrgliedrigkeit funktioniert schon lange nicht mehr, sie ist der Komplexität unserer Welt nicht angemessen. Neben den Organisationsstrukturen sind überfrachtete Lehrpläne und Schulbücher, die Schulpädagogik und die Lehrerausbildung zu transformieren. Die Zeichen für eine Transformation mit Elementen einer „Schulentwicklung von unten“ stehen nicht so schlecht, allein schon aufgrund der zunehmenden Beliebtheit der Modellschulen und des demographischen Wandels. 29 Die Chancen für eine Schulentwicklung von oben sind allerdings noch nicht günstig. Bei der Transformation der Bildung muss stets das Kindeswohl im Vordergrund stehen. Kinder fühlen sich am wohlsten, wenn sie ihre natürliche Neugierde ausspielen und ihre jeweiligen Fragen an die Welt entfalten können, und zwar in einem sicheren und angstfreien Rahmen, wo sie nicht permanent benotet, bewertet und in Frage gestellt werden. Damit die Schulbildung transformiert werden kann, müssen engagierte Pädagogen und Wissenschaftler erst einmal von den politischen Entscheidungsträgern gehört werden. Pädagogik ist funktional genau so wichtig wie Politik, hat schon Rousseau erkannt, und Kant hat sie äquivalent 29 Die Zusammenlegung verschiedener Schulformen zu „Regionalschulen“ (Rheinland-Pfalz), „Werkrealschulen“ (Baden-Württemberg) „Stadtteilschulen“ (Hamburg), „Gemeinschaftsschulen“ (Schleswig-Holstein, Berlin). Vgl. Geißler, Weber-Menges 2010, 162. 15 zur Politik betrachtet.30 Nach Rousseaus' Ideal muss man sogar mit den Kindern anfangen, sollen neue Verhältnisse in der Gesellschaft geschaffen werden. Das bedeutet nicht, dass Bildung und Pädagogik politisiert werden müssen. Pädagogik ist mit der Politik in der Erhaltung und Entwicklung der Individuen und damit der Gesellschaft zwar funktional ähnlich, jedoch nicht strukturell. Die von PISA politisch kontaminierte Pädagogik ist keine Pädagogik im eigentlichen Sinne, denn sie fokussiert primär die Ergebnisse, nicht die Lernprozesse selbst. Trotzdem dürfen die PISA-Erkenntnisse nicht ignoriert werden, was mittlerweile teilweise geschehen ist, sondern sie muss bei der Transformation der Bildung herangezogen werden. Pädagogik muss so konzipiert werden, dass die Lehrer sensibler (empathischer) und reflektierender auf die individuellen „Begabungen“ einzelner Kinder reagieren können, ohne dabei auf die Vermittlung von Fachwissen und Fachmethoden zu verzichten. Die Methoden des eigenständigen Denkens und Handelns stehen im Vordergrund, und nicht der mit dem Kompetenzbegriff übertünchte Lernstoff. Es bedarf einer Pädagogik, die sowohl Kognition (Wissen und Denken) als auch soziale Fertigkeiten (Empathie und Engagement) berücksichtigt. Weder punktuelle Bildungsreformen, noch Gesamtschulen, Ganztagsschulen oder Vorschulen können der Bildungsungerechtigkeit und Entstehung von zu angepassten oder ausbildungsmüden Jugendlichen entgegenwirken, wenn es keine gesellschaftliche Aufwertung der Pädagogik, der Lehrerbildung und wenn es parallel dazu keine grundlegende Transformation des bundesrepublikanischen Bildungssystems gibt. Trotz verschiedenster neuerer Bildungsbewegungen – auch im Zuge des Siegeszuges der Neurowissenschaften – wird in Deutschland der Pädagogik immer noch nicht eine gesellschaftsverändernde, d.h. auch politische Funktion im Sinne Rousseaus und Kants zugewiesen. Die Schulbildung wird zwar zunehmend als wahlrelevant politisiert, aber die politische Relevanz der Bildung für die Zukunft der Gesellschaft ist bis heute kein Leitfaden des politischen Bewusstseins. Die Bildungspolitik muss Rahmenbedingungen der Erziehung und Bildung so gestalten, dass Chancengleichheit und Begeisterung für das Lernen und das Lehren in den Bildungseinrichtungen herrscht. Als Richtschnur kann hier Hannah Arendts durchaus paradoxes oder besser dialektisches Plädoyer dienen: „Gerade um des Neuen und Revolutionären willen in jedem Kinde muss die Erziehung konservativ sein; dies Neue muß sie bewahren und als ein Neues in eine alte Welt 30 „Zwei Erfindungen der Menschen kann man wohl als die schweresten ansehen; die der Regierungs- und die der Erziehungskunst nämlich, und doch ist man selbst in ihrer Idee noch streitig.“ Kant, Über Pädagogik, Einleitung, A 13-15, 702-703. Kant, Band VI, Darmstadt 1998. 16 einführen, die, wie revolutionär sie sich auch gebärden mag, doch im Sinne der nächsten Generation immer schon überaltert ist [...]“. (Vgl. Arendt 1994, 273). Für unsere aktuellen Bildungsdebatten sollten wir uns also von Arendts Appell leiten lassen: Sich besinnen auf die „Rolle, welche Erziehung in jeder Zivilisation spielt, d.h. auf die Funktion, die der Existenz von Kindern für jedes menschliche Zusammensein zukommt“ (ebd.). Literatur Arendt, H. (1994): Die Krise in der Erziehung. In: Arendt, Zwischen Vergangenheit und Zukunft, Übungen im politischen Denken 1, München, 255-276. Baumert, J., Schümer, G. (2001): Familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb. In: PISA 2000, 195-203. Baumert, J. et al. (2001): Deutsches PISA-Konsortium: Untersuchungsgegenstand, theoretische Grundlagen und Durchführung der Studie. In: PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich, Opladen. http://home.arcor.de/p.ulrich/extra/Text1.pdf [3.08.2013]. Bildungsberichterstattung (2008): Bildung in Deutschland 2008, Bielefeld. http://www.bildungsbericht.de/daten2008/bb_2008.pdf [3.08.2013]. 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(2009): Sortierung nach Herkunft: Harte und weiche Mechanismen sozialer Selektion im deutschen Bildungssystem, Hamburg. Wößmann, L. (2007): Letzte Chance für gute Schulen, Gütersloh. 17