attachment=6531 - Forum der Heilpraktikerschule Isolde Richter

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Hausarbeit im Fach
Heilpraktiker für Psychotherapie
Thema:
Borderline
Heilpraktikerschule Isolde Richter
Dozentin: Savina Tilmann
Tanja Wenzl
Sonnenweg 5
53773 Hennef
Hennef, 20.06.2016
Bevor wir uns um die Frage kümmern, was Borderline ist, wenden wir uns erstmal einigen kühlen
Fakten zu. In Deutschland leiden ca. 2% der Bevölkerung am Borderline- Syndrom; das sind ca. 1,6
Millionen Menschen. Der überwiegende Teil der Patienten ist weiblich, Frauen sind dreimal
häufiger betroffen als Männer. ( Allerdings gehen Fachleute davon aus, dass sich Frauen häufiger in
Therapie begeben als betroffene Männer und ihre Erkrankung dadurch besser gezählt werden kann.)
Bei einem großen Anteil der Betroffenen finden sich neben der BPS auch weitere psychische
Probleme wie Depressionen oder Symptome anderer Persönlichkeitsstörungen.
In Kliniken, die psychische Störungen stationär behandeln, sind ca. 15% der Patienten BorderlinePatienten. Ambulante Therapien sind zu ca 20% von an Borderline leidenden Menschen belegt.
Was ist Borderline ?
Der englische Begriff Borderline bezeichnet soviel wie Grenzlinie oder Grenzgebiet und das soll
auch der Fachbegriff ausdrücken: ein “krankhaftes Zwischengebiet“ , zwischen Psychose, Neurose
und Persönlichkeitsstörung. Es handelt sich um eine Störung, die durch Impulsivität von Emotionen
und Stimmung, der Identität / einem extrem gestörten Selbstbild und emotionaler Instabilität
charakterisiert ist. Es ist ein schwerwiegendes psychiatrisches Krankheitsbild, das auch als
emotional instabile Persönlichkeitsstörung des Borderline-Typs bezeichnet wird und in der ICD 10
unter dem Schlüssel F60.31 zu finden ist.
Für die Borderline- Störung wurden neun typische Merkmale festgelegt:
• Der Betroffene will nicht allein sein, will Trennungen vermeiden und das auf jeden Fall
Borderliner sind nicht in der Lage allein zu sein. In allen Beziehungen, egal ob zu Freunden,
Partner oder Familie haben sie immer enorme Angst davor, verlassen zu werden. Diese Angst
kann schon durch kleinste Anlässe ausgelöst werden z.B. wenn eine Verabredung abgesagt wird,
es zu einem Streit kommt, etc.
• Zwischenmenschliche Beziehungen sind zwar sehr intensiv, aber auch sehr instabil, ein
häufiger Wechsel von Liebe und Hass
Borderliner gehen oft schnell neue Beziehungen ein, damit sie nicht alleine sind. Allerdings sind
diese meist nur von kurzer Dauer, da der neue Partner anfangs idealisiert wird, später jedoch durch
Kleinigkeiten schnell abgewertet wird.
• Der Betroffene hat eine gestörte Identität/ Selbstwahrnehmung
Häufig wissen die Betroffenen selbst nicht, wer sie sind, was sie wollen, wo ihre Stärken oder
Schwächen liegen, was sie wirklich wollen oder auch nicht. Sie kennen sich selbst nicht richtig,
kennen nicht ihr Fühlen, ihre Gedanken, ihre Empfindungen. Die Wahrnehmung des eigenen
Körpers kann verzerrt sein.
• Der Betroffene ist sehr impulsiv und lebt ohne Rücksicht auf Verluste
Sie haben Schwierigkeiten diese Impulsivität zu beherrschen und leiden unter Störungen der
Affektregulation, der Unfähigkeit ihre inneren gefühlsmäßigen Zustände zu kontrollieren. Dabei
dominieren äußerst unangenehme Spannungszustände, die als unerträglich empfunden werden. Um
diesen Zustand zu ändern, entwickeln Betroffene bestimmte Strategien, wie z.B. Selbstverletzung,
Drogenkonsum oder andere gefährliche Verhaltensweisen ( wie: Rasen auf der Autobahn oder
ähnliches).
• Der Betroffene droht mit Selbstverletzung und Selbsttötung
Häufig drohen Borderliner besonders nach Zurückweisung oder im Hinblick auf eine Trennung mit
Selbstmord oder Selbstverletzung. Dadurch drücken sie das Bemühen aus, nicht verlassen zu
werden. Durch die Drohung entlasten sie sich von ihrem starken Druck und versuchen eine Art
Gleichgeweicht wiederherzustellen.
• Der Betroffene ist unausgeglichen und instabil. Häufig sind auch Angst, Reizbarkeit und
depressive Stimmungen zu bemerken, welche jedoch nur von kurzer Dauer sind.
Dadurch dass Boderliner auf äußere und innere Reize stark reagieren, beeinträchtigen Gefühle und
Erfahrungen aus dem alltäglichen Leben ( wie z.B. Liebe, Wut, Trauer oder Schuld) ihr
Gefühlsleben besonders stark. Daraus resultieren Stimmungsschwankungen, denen sie vollkommen
ausgeliefert sind.
• Der Betroffene fühlt sich oft leer und gelangweilt
Viele Borderliner fühlen oft eine innere Leere und Langeweile, was zu einem Verlust des
Selbstwertgefühls führen kann. Diese Leere kann plötzlich auftauchen, auch wenn Sekunden vorher
noch alles “gut“ war. Durch diese eigene Fehleinschätzung/ falsche Wahrnehmung bekommt der
Borderliner schnell das Gefühl, dass nur andere das Leben lebenswert machen können.
• Der Betroffene kann seine starke Wut nicht ausdrücken
Betroffene sind oft ärgerlich, gereizt oder wütend und fühlen häufig eine große Anspannung. Durch
ihre hohe Impulsivität und ihre mangelnde Fähigkeit, diese zu kontrollieren entstehen oft Konflikte,
die in einem starken Streit bishin zur Handgreiflichkeit enden können.
• Betroffene misstrauen phasenweise jedem, in Gesellschaft schaltet er ab und erlebt sich als
verändert oder Fremd
Durch Belastungen verlieren sie schnell das Vertrauen in sich selbst oder die Welt. Alles erscheint
böse, sie fühlen sich verfolgt, das eigene Selbst geht unter. Die Umwelt verliert ihre Bedeutung, der
Betroffene fühlt sich “wie im Film“.
Von diesen Merkmalen unabhängig können auch noch andere auftreten, wie zum Beispiel:
- Depressionen
- Suchtverhalten
- Realitätsverlust/ Derealisation
- gestörtes Sozialverhalten
- Typisches schwarz- weiß Denken
- Zwänge/ Rituale
- Ängste
- Esstörungen
- Kontaktarmut
- Gefühlsstörungen
- Depersonalisation/ Verlust von Persönlichkeitsgefühl
- Psychosomatische Symptome
Ursachen von Borderline
Die Persönlichkeit eines Menschen entwickelt sich durch genetische Faktoren und Erfahrugen, die
er macht und deren Verarbeitung ( erst verarbeitete Erfahrungen werden zum Teil der Persönlichkeit
und formen sie). Persönlichkeit entsteht also aus einem Zusammenspiel von Veranlagung, dem
psychischen Verarbeiten von Erfahrungen und den Erfahrungen selbst.
Die Wissenschaft ist noch ziemlich unwissend was die genauen Ursachen sind und inwiefern sie
welche Ausprägung bewirken. So kann man keine eindeutigen Auslöser der Erkrankung benennen.
Allerdings ist man sich einig, dass viele Faktoren zusammen spielen müssen, damit die BorderlineStörung entsteht. Zu diesen Faktoren zählt zum einen genetisch bedingtes Temperament und
Umweltfaktoren wie zum Beispiel Erfahrungen, Traumata sowie neurologische oder biochemische
Störungen.
Forscher gehen davon aus das drei Faktoren erfüllt sein müssen, damit eine Borderline- Störung
entsteht:
• Ein Umweltfaktor: Traumata in der Kindheit
• Genetischer Faktor: Temperament
• Wechselwirkungen zwischen den ersten beiden Faktoren
( Es kann also zu einer Borderline- Störung führen, wenn ein Mensch ein oder mehr Traumata
erleben musste und sein durch die Gene “vorprogrammiertes“ Temperament so geschaffen ist, dass
er die Traumata nicht verarbeiten kann.)
Es wurden drei Typen von Umweltfaktoren festgelegt:
• Typ I
Unglückliche Erfahrungen in der Kindheit, zum Beispiel Scheidung oder Trennung der Eltern;
Eltern die sich nicht in ihr Kind einfühlen können und ähnliches. Dieses Trauma wird als störend
empfunden, kann aber korrigiert werden durch den liebevollen Umgang mit dem Kind.
• Typ II
Verbale und emotionale Misshandlung. Dazu gehören ständiges Schimpfen und Runter machen des
Kindes, andauernde Vernachlässigung oder Einschränkung durch psychische Erkrankung der Eltern.
• Typ III
Körperliche Misshandlungen wie zum Beispiel sexueller Missbrauch oder das Schlagen von
Kindern. Auch andauernde psychische Probleme der Eltern wie Drogensucht können ein solches
Trauma auslösen, das Familienleben ist nachhaltig gestört, das Kind bekommt mangelnde bis keine
Unterstützung und es herrscht Kritik oder Desinteresse ( je nach Droge ein stark abgestumpftes
Verhalten der Eltern).
Aus vielen Untersuchungen weiß man, dass Borderline- Patienten eine schwere Kindheit hinter sich
haben. Viele von ihnen erlebten mehr als nur eines der oben genannten Traumata sowie Missbrauch
oder Misshandlungen. Dies ist auf den ersten Blick auch die schlüssigste Ursache für BPS. Bei
Kindern und Jugendlichen kann nach so einer tiefgreifenden Störung der Psyche ein starker
Schaden bleiben.
Zudem konnte gezeigt werden, dass das Gehirn von Borderline- Patienten teilweise anders arbeitet
als das von gesunden Menschen. Die Amygdala ( Mandelkern) ist unter anderem zuständig für die
Verarbeitung von Stress, Gefahrensignalen und Ängsten. Diese Gehirnstruktur ist bei den Patienten
kleiner und zusätzlich übererregbar. Auch in der vorderen Großhirnrinde, dem Hippocampus, der
für das Gedächtnis und die Steuerung von Emotionen wichtig ist, finden sich bei BorderlinePatienten Veränderungen. Es wurde belegt dass bei ihnen -ebenso wie bei anderen Patienten mit
Persönlichkeitsstörungen- die Aktivität des serotogenen Systems vermindert ist, das cholingere
System sowie die hypotalamisch- hypophysäre Stress- Achse empfindlich reagiert.
Ist BPS also Veranlagung?
Wenn wir von Veranlagung zu einer Krankheit reden, ist oft die Vererbung von den Eltern auf das
Kind gemeint. BPS gehört zu den Störungen, die nach heutigem Wissen eine Vereinbarkeit besitzen.
Jedoch konnte eine direkte Vererbung noch nicht nachgewiesen werden. Allerdings weiß man, dass
bestimmte Merkmale die im Zusammenhang mit der Krankheit stehen, durchaus vererbt werden
können. Zum Beispiel die Impulsivität oder auch die emotionale Instabilität, die bei BorderlinePatienten auftreten, sowie die Gefahr einer Suchterkrankung ( welche genetisch bedingt sein kann).
Der Verlauf einer Boderline- Störung
Der Verlauf einer Boderline- Störung ist in der Regel langwierig bis chronisch ( der Patient ist
anhaltend instabil, zudem kommt es immer wieder zu Phasen des emotionalen Kontrollverlustes).
Langzeitstudien in den USA haben gezeigt, dass sich die Symptome im Verlauf von 10 Jahren
nachhaltig zurück bilden - unabhängig von der durchgeführten Therapie - und die
Wiederauftretenswarscheinlichkeit nachlässt. Jedoch bleiben der Grad psychosozialer
Beeinträchtigung und die Probleme in der psychosozialen Integration deutlich erhöht.
Therapie bei der Boderline- Störung
Die wichtigste Komponente beim Behandeln von BPS ist die Psychotherapie. Das Wichtigste für
eine erfolgreiche Therapie ist, dass alle Punkte und Ausprägungen der Patienten festgehalten
werden, damit man die zu behandelnden Punkte der Wichtigkeit nach ordnen kann. Als erstes
werden grundsätzlich Suizidgedanken, Suizidversuche sowie Gedanken und Verhaltensmuster,
welche den Therapiefortgang gefährden können, behandelt. Die weitere Ordnung ergibt sich aus der
individuellen Situation der Patienten.
Hier Beispiele einiger Therapiemethoden:
- Dialektisch behaviorale Therapie (DBT)
Die DBT integriert Methoden aus verschiedenen Bereichen, wie der Verhaltenstherapie, der
kognitiven Therapie, der Gestalt- und Hypnotherapie und aus dem Zen. Bei dieser
Behandlungsform gibt es Einzel- und Gruppentherapie sowie Supervision.
In drei Therapiephasen werden unterschiedliche Behandlungsziele verfolgt. In der ersten Phase
stehen die schwerwiegenden Störungen der Verhaltenskontrolle im Vordergrund, in der zweiten
Phase schwerwiegende Störungen des emotionalen Erlebens und in der dritten Phase werden
Probleme der Lebensführung behandelt.
- Schematherapie/ schemafokussierte Therapie (SFT)
Die SFT geht von der Annahme aus, dass traumatische Erlebnisse in der Kindheit die zum
entstandenen Schemata führten, die Hauptsache für die Entwicklung von BPS darstellen. Diese
Schemata sind mit starken negativen Gefühlen verbunden und liegen auf einer dem Bewusstsein
schwer zugänglichen Ebene. Ziel der Behandlung ist, dass die unbewussten Schemata geändert
werden und der Patient wie ein “gesunder“ Erwachsener handeln kann.
- Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)
EMDR ist ein verhaltenstherapeutisches Verfahren, das aber auch zur forcierten freien Assoziation
in einer analytisch orientierten Behandlung angewendet werden kann.
- Transference Focussed Therapy (TFP ; Übertragung fokussierte Psychotherapie)
Die TFP basiert wie die MBT auf der Annahme, dass das Hauptproblem in einer mangelhaften
Ausprägung der Subjekt- Objekt- Differenzierung liegt. Der Begriff “Objekt“ bezieht sich hierbei
auf den Partner, der auf die Äußerungen und Handlungen des “Subjekts“ (den BorderlinePatienten) eingeht und reagiert. In der Therapie wird versucht eine gestörte Objektbeziehung, die
oft in der Kindheit entstand ( Beziehung zu den Eltern, Pflegeeltern usw.), auf den Therapeuten zu
übertragen und dadurch aufzuarbeiten.
- Mentalisierungsbasierte Therapie ( MBT)
Die MBT basiert auf der Annahme, dass das Hauptproblem in einer mangelhaften Ausprägung der
Subjekt- Objekt- Differenzierung liegt. Die Fähigkeit, eigenes Erleben in einen verstehenden
Zusammenhang zu stellen ist gestört. Ebenso mangelt es an der Fähigkeit, innere Vorgänge bei
anderen Menschen zu erkennen und zu verstehen. Daher zielt die MBT auf eine Verbesserung dieser
Fähigkeiten an, dadurch kann die Affekt- und Impulskontrolle gesteigert werden, was sich
automatisch positiv auf das Beziehungsleben auswirkt.
Medikamente werden - wenn erforderlich - nach differenzieller Indikationsstellung eingesetzt. Zum
Einsatz kommen folgende Substanzgruppen: Antidepressiva bei anhaltender depressiver
Symptomatik, Stimmungsstabilisierer und Lithium bei bipolarer Symptomatik , moderne
Antipsychotika bei häufigen Realitätsausbrüchen, sowie Opioidrezeptorantagonisten bei starker
Dissoziationsneigung. Benzodiazepine werden generell nicht verschrieben. Eine Bedarfsmedikation
wird nur in Rücksprache mit dem zuständigen Arzt in definierten Situationen verschieben.
Selbstverletzendes Verhalten (SVV)
Das Hauptmerkmal der Borderline- Störung nach außen ist meist das selbstschädigende Verhalten,
dies ist eine gegen sich selbst gerichtete Form der Aggressivität mit Zufügen von Verletzungen oder
Beschädigung des eigenen Körpers. Dazu zählen “offene“ Verletzungen wie Schnitte durch Messer,
Scherben, Rasierklingen, etc. ; Kratzen und ständiges wiederaufkratzen von älteren Wunden;
exzessives Nägelkauen oder Nägelanreißen - teils bis zum Nagelbett - ,sowie weitere Verletzungen,
wie Ausreißen der Körperbehaarung; Schlagen des Kopfes gegen harte Flächen; Einnahme von
Medikamenten oder Drogen; Essstörungen ( dazu zählen auch Bulimie, Anorexie und BingeEating); sich selbst schlagen bis es zu Blutergüssen führt; etc.
Es gibt jedoch ein indirektes Verhalten (riskantes Verhalten), das ins selbstschädigende Verhalten
mit einspielt. Dazu gehören Aktionen wie: Klettern ohne Seil, zu schnelles Auto fahren, riskanter
Sex, Balancieren über große Höhen, usw.
Dabei wird in Kauf genommen, durch eventuelle Unfälle Verletzungen zu erleiden, die bis zum Tod
führen können.
Zum SVV zählt zudem die große Untergruppe Süchte (z.B. Alkoholsucht, Drogensucht, Tabaksucht,
etc.). Man hat herausgefunden, dass viele Süchte von psychischen Störungen ausgelöst werden, wie
durch Persönlichkeitsstörungen. Die Sucht kommt bei BPS durch die innere Leere, Langeweile,
Unmotiviertheit oder auch den inneren Druck zustande. Drogen zum Beispiel können diese Gefühle
plötzlich umdrehen. Der Betroffene fühlt sich auf einmal glücklich, ist euphorisch und fühlt sich
stark oder mutig. Allerdings hält dieses Gefühl nicht lange an und um dieses Gefühl
wiederzubekommen, nimmt er die Droge erneut. So beginnt der Teufelskreis.
Natürlich kann durch die Sucht auch eine Wesensveränderung erfolgen (meistens zu negativen,
meist noch schlimmeren Zuständen als vor der Sucht). Nicht selten kommt es dann bei Betroffenen
zu eine Gleichgültigkeit dem “normalen“ Leben gegenüber, zu Aggressivität usw.
Selbstschädigung als Appell/ Hilferuf
Manchmal hat Selbstschädigung auch den Hintergrund eines Appells oder Hilferufes an andere. Sie
wird sozusagen als Sprache verwendet, um sich an andere zu wenden. Die Betroffenen wollen ihrer
Umwelt etwas mitteilen, worüber sie noch nicht in der Lage sind zu reden oder weil das geschehene
vielleicht nicht in Worte gefasst werden kann, wie zum Beispiel nach einer Vergewaltigung.
Selbstschädigung zur Manipulation anderer
Durch Selbstverletzung bemerkt der Betroffene die Reaktion seiner Umwelt, die meist ängstlich
oder entsetzt sind - oder es ruft eine Hilfsbereitschaft hervor - . Natürlich setzen einige Borderliner
diese Reaktion der Umwelt für ihre Zwecke ein, denn so wird Aufmerksamkeit erzeugt, die sonst
nicht gespürt wird. ( Wenn es einem z.B. besonders schlecht geht und er sich dann ritzt, könnte es
sein, dass sich alle um ihn kümmern.)
Totale Selbstschädigung - Suizid
Die größtmögliche Selbstschädigung ist das Herbeiführen des Todes. Tatsächlich versuchen bis zu
10% der Betroffenen einen Suizid. Von einem Selbstmord reden allerdings fast alle an einer
Borderline- Störung erkrankten, auch wenn sie es nicht tatsächlich durchführen würden.
Angehörige von BPS- Patienten
Das Leben als Angehöriger kann sehr aufreibend sein. Viele sind verunsichert, wenn der Betroffene
Wutausbrüche bekommt oder sich selbst verletzt. Nicht selten passiert es, dass eine Art CoAbhängigkeit entsteht, das bedeutet der Angehörige vernachlässigt seine eigenen Bedürfnisse um
den Betroffenen glücklich zu machen.
Damit sich für den Borderliner in der Familie etwas zum Positiven verändert, ist es sinnvoll gewisse
Familienregeln aufzustellen, an die sich alle zu halten haben. Hier einige Beispiele:
- Erkennen sie an dass es eine Krankheit ist
Borderliner sind nicht schlecht, verrückt oder böse, sie sind krank. Sie bringen niemandem mit
Absicht auf die Palme und ritzen sich nicht aus Spaß.
- Informieren sie sich
Lesen sie im Internet oder Büchern, denn es ist wichtig viel über die Krankheit zu wissen und den
Betroffenen zu verstehen.
- Bewahren sie Ruhe wenn der Betroffene wütend wird
Ihn anschreien bringt hier nichts, außer dass die Situation für den Betroffenen nur schlimmer wird.
- Beschäftigen sie ihn wenn er Langeweile hat
Es heißt nicht, dass sie Animateur spielen sollen, aber wenn der Betroffene Langeweile hat, droht
Selbstschädigung. Also backen sie einen Kuchen, spielen sie Karten, schauen sie gemeinsam einen
Film oder ähnliches.
-Spielen sie NICHT den Therapeuten
Auch wenn sie jetzt wissen, was in ihm vorgeht, spielen sie nicht Therapeut! Sie können ihn nicht
heilen, er braucht professionelle Hilfe.
- Setzen sie ihn nicht unter Druck
Fühlen sich Betroffene unter Druck gesetzt, wird die Lage nur schlimmer. Drohen sie ihm
keinesfalls damit ihn zu verlassen oder ihn zu ignorieren, das ist für ihn das Schlimmste.
- Zeigen sie ihm, dass er geliebt wird
Da Betroffene ständig das Gefühl haben, nicht geliebt zu werden zeigen sie ihm das Gegenteil. Zum
Beispiel mit einer Umarmung oder ein paar netten Worten. Auch dann, wenn er etwas getan hat,
was sie nicht verstehen können, zeigen sie ihm Liebe und lassen sie ihn nicht im Stich.
- Führen sie Familienrituale ein
Essen sie gemeinsam, reden sie regelmäßig miteinander oder unternehmen sie etwas zusammen.
Das Wichtigste ist ein hoher Gefühlsausdruck, man muss dem Borderliner klar machen, dass er
wichtig ist und geliebt wird.
In einer Beziehung mit dem Betroffenen ist es wichtig, dass man ihm Grenzen setzt und nicht alles
mit sich machen lässt. Sollte die Situation zu stark belasten und der Druck zu groß werden, ist es
sinnvoller eine Einzeltherapie für sich selbst zu machen, als eine Paartherapie. Manchmal ist es
auch nicht falsch, ein paar Tage Abstand zu nehmen um neue Kräfte zu tanken und etwas Abstand
zu gewinnen.
Was sollte ich als Borderliner lernen?
Borderline- Patienten leiden oft an falschen Gedanken und Gefühlen, dies kann sich jedoch ändern,
wenn man sich einige Fähigkeiten aneignet:
• Lernen auch mal “Nein“ zu sagen
• Lernen sich selbst zu schätzen und zu achten
• Lernen Angriffe von außen nicht an sich ran zu lassen
• Lernen zu verhandeln und Kompromisse zu schließen
• Lernen auch in schwierigen Situationen Ruhe und Freundlichkeit zu bewahren
• Lernen nicht zu bewerten und nicht zu drohen (z.b. mit Selbstverletzung)
• Lernen dass man nicht immer Rechenschaft abgeben muss
• Wissen wie man leben möchte, wer man sein will, sich eigene Werte schaffen/ sich Ziele setzen
• Lernen Gefühle anzusprechen und auszusprechen
• Lernen sich auf Augenhöhe zu unterhalten und sich nicht zu unterwerfen und andere nicht zu
bevormunden
• Lernen sich selbst zu akzeptieren wie man ist und sich nicht schlecht zu machen
• Rechte Anderer, sowie die eigenen zu verstehen und zu achten
• Eigene Gefühle zu beschreiben
• Lernen Leid loslassen zu können
• Lernen Gefühle zu steuern, sich ihnen nicht ausliefern
• Lernen sich auch an Positives zu erinnern und Negatives nicht über zu bewerten
• Hilfe anzunehmen
• Lernen sich in schwierigen Situationen abzulenken und daraus positive Erfahrungen herzustellen
(durch Freunde treffen, zeichnen, Sport betreiben, kochen, telefonieren, usw.)
Mit Hilfe dieser Skills kann man lernen seine Gefühlslage zu verbessern. Es gibt auch noch ein Paar
Hilfsmittel, falls der Druck wieder zu groß wird oder das Gefühl von Leere auftaucht. Anstatt sich
dann selbst zu verletzen, kann man für das Körpergefühl und den Druckabbau auch andere Dinge
tun wie zum Beispiel:
• saure oder scharfe Bonbons oder Eiswürfel lutschen/ eine Chillischote kauen
• Kieselsteine in den Schuh legen
• einen Anti-Stress Ball kneten
oder zur Ablenkung:
• Lieblingsmusik hören
• Freunde anrufen/ etwas mit Freunden oder Familie Unternehmen
• ein Stück Schokolade auf der Zunge zergehen lassen und es genießen
• schöne alte Fotos anschauen und sich an Positives erinnern
• Kreuzworträtsel lösen oder einen schönen Film sehen
• ein bisschen Wellness, etwa eine Gesichtsmaske oder mit der Lieblingscreme eincremen
• oder einfach mal wieder umräumen
Hiermit versichere ich Tanja Wenzl, dass ich die vorliegende Hausarbeit selbstständig verfasst
und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.
Quellen:
- ein bekannter Borderliner
- Wenn Geist und Seele streiken / Handbuch psychische Gesundheit - Südwest Verlag
- Psychische Erkrankungen: Klinik und Therapie - Jena Urban & Fischer
- Handbuch der Borderlinestörungen - Schattauer
- Psychrembel klinisches Wörterbuch - De Gruyter
- Borderline- Der Ratgeber für Patienten und Angehörige - Herbig
- Ich hasse dich- Verlass mich nicht. Die schwarz-weiße Welt der Borderline- Persönlichkeit Kosel
- Borderline verstehen - Starks-Sture Verlag
- www.volker-faust.de/psychiatrie
- www.borderline-netzwerk.info
- www.borderline-angehörige.net
- www.borderline-forum.de
Tanja Wenzl
Hennef, den 01.07.2016
Als kleines Extra für diejenigen die noch etwas lesen möchten einmal “Borderline ist…“, hier
haben Borderliner ihre Ansicht von der Krankheit in kurzen Sätzen geschildert.
Borderline ist…
• für mich wie schwarzfahren und ein Kontrolleur kommt
• wie ein Fass ohne Boden
• wie Leben ohne feste Wurzeln
• wie eine Zugreise mit defekter Notbremse
• wie der Versuch Zeltheringe in Beton zu schlagen
• wie ein Monster das immer wieder versucht einen zu verschlingen
• wie das ewige Fallen in einem (Alp-) Traum
• der Abgrund an dem man steht
• wie das Weinen roter Tränen
• eine niemals blühende Blume
• ein nie enden wollender Alptraum
• wie ein mutterloses Kind zu sein
• irgendwie ganz schön kompliziert und schwer zu beschreiben
• ein ständiger Kampf zwischen wollen und nicht-wollen
• ein Kampf der Gefühle gegen die Realität
• Segen und Fluch zugleich
• Himmel und Hölle
• als wäre das Wunderland eine Ruine mit Schmutz und Verderben
• ein irrsinniges Gefühlschaos zwischen Liebe und Hass in einer schwarz-weißen Welt, ohne
Grenzen
• für mich Borderline! Ein “kreatives Chaos“, das einige Türen schließt aber auch viele öffnet, die
für andere verschlossen sind.
• wie eine ständig tickende, sich selbst erneuernde Zeitbombe, die man spürt - aber man weiß nie,
wann sie hochgeht
• ein selbstzerstörerisches Monster
• eine gespaltene, unsichere Seele, die kein “Entweder - Oder“ kennt
• wenn man langsam stirbt und sich doch zu lebendig fühlt für diese tote Welt
• Langeweile und Tatendrang zugleich - ohne sich aufraffen zu können
• ständiger Druck/ eine leidige Last auf den Schultern
• absolutes Gefühlschaos auch in wundervollen Momenten
• das Fallen in einen endlosen Brunnen
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