Burnout wird entdeckt

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Burnout wird entdeckt
Der in New York als niedergelassene Psychoanalytiker tätige Herbert J. Freudenberger wurde 1927 in
Deutschland geboren, wurde als jüdischer Junge von den Nationalsozialisten verfolgt und floh als
Zwölfjähriger über Schweiz nach Amerika und kam dort alleine an. Er wuchs auf den Straßen New Yorks auf
und arbeitete sich aus dem Nichts bis in die New York University hinauf, wo er in Psychologie promovierte.
Zwischendurch lebte er 3 Monate auf den Straßen von San Francisco, um das Leben von Obdachlosen näher
kennen zu lernen. Sein regulärer Arbeitstag in seiner Praxis dauert von 8 bis 18 Uhr. Danach war er
ehrenamtlich bis 23 Uhr in einer free clinic in Spanish Harlem tätig, die sich um jugendliche Aussteiger
kümmerte. Dann ging er weiter über zu gemeinsamen Besprechungen und Übungen.
„Je müder ich wurde, desto mehr trieb ich mich an.“ Für seine Familie blieb wenig Zeit.
In dieser Situation fühlte sich Herbert Freudenberger zunehmend erschöpft, ausgelaugt, abgeschlagen,
müde, resigniert, dabei häufig unausgeglichen und gereizt. Ein Zustand von totaler psychischer und
physischer Erschöpfung folgte. Seinen Kollegen erging es ähnlich, wobei in den nächtlichen Treffen zum
ersten Mal der Begriff „Burnout“ fiel.
Um dies Wort herum entstand recht schnell ein entsprechendes Konzept. Die erste Publikation erschien
unter dem Titel „Staff Burn-Out“ 1974. Hierin wurde beschrieben, dass meist ein Gefühl der Verausgabung
und Müdigkeit im Vordergrund stände begleitet von Infektanfälligkeit, häufigen Kopfschmerzen, MagenDarm-Problemen, Schlaflosigkeit und Kurzatmigkeit. „Kurz gesagt, man beschäftigt sich zu sehr mit seinen
eigenen Körperfunktionen“. In sozialen Kontexten fallen die Betroffenen durch emotionale Ausbrüche und
leichte Reizbarkeit auf mit einem Beigeschmack von paranoid-wahnhaftem Anteilen, wenn z.B. der
Betreffende sich von allen Seiten angegriffen fühlt und andererseits ein unangemessenes Allmachts- und
Unfehlbarkeitsgefühl aufkommt. Das Denken wird rigide, unflexibel und ist kaum in der Lage über alternative
und konstruktivere Lösungen nachzudenken, da der Betroffenen dafür zu erschöpft ist. Die Arbeit wird
immer uneffektiver. Der Kontakt zu Freunden geht verloren. Aus einer Distanz heraus sieht dies als
Depression aus. Aber dies ist es genau nach Freudenberger nicht.
Nach Freudenberger droht den Hingebungsvollen und denen ihrer Aufgabe Verpflichteten „the dedicated
and the committed“ genau dies. Zu den Rahmenbedingungen als Auslöser ist die grenzenlose
Überforderung. Individuen mit einem exzessiven Bedürfnis zu geben sind bereit auf ihr Leben zu verzichten.
Freudenberger empfiehlt in dieser Reihenfolge folgende Strategien zur Vorbeugung von Burnout:
1. Trainings- und Eingewöhnungsprogramm für neue Mitarbeiter
2. Differenzierung der eigenen Ansprüche in realistische und unrealistische
3. Gelegentlicher Wechsel des Tätigkeitsbereiches, um monotonen Abläufen und Routine vorzubeugen
4. Begrenzung der Arbeitsstunden
5. Klare Urlaubsregelungen, wie z.B. 4 Wochen arbeiten und jede fünfte Urlaub zu nehmen
6. Pflege von Kollegialität und ein positives Interaktionsklima
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7. Austausch mit Kollegen über den Umgang mit eigenen Belastungen, um diese in Grenzen zu halten
8. Workshops und andere konstruktive, weiterbildende Unterbrechungen der Routine
9. Erhöhung der Zahl der Mitarbeiter, Umverteilung der Arbeit
10. Körperliche Fitness durch Training
Introspektion seien nicht das, was ausgebrannte Menschen brauchen. Wichtig seien längere Auszeiten,
Urlaub sowie eine Gelegenheit, die den Einzelnen bei der individuellen Standortbestimmung und
Lösungssuche unterstützt.
Die Entdeckung des Burnout-Phänomens resultiert aus einem Zusammentreffen von Praxiserfahrung und
undogmatischer Selbstreflexion eines aufgeschlossenen Individuums. Indem Freudenberger seinen Artikel in
einer sozialwissenschaftlichen Zeitung publiziert, zäumt er das Pferd von den Rahmenbedingungen und
praktischen Aspekten der Tätigkeit auf und versucht sein Konzept überhaupt nicht mit psychoanalytischem,
psychiatrischem oder medizineschenem Wissen abzugleichen. Seine zentrale Botschaft: Burnout ist weder
eine Neurose noch eine seelischen Erkrankung, sondern eine Kategorie eigener Art, die letztlich
ausschließlich durch Überbelastung in einer sozialen Tätigkeit resultiert. Er fordert, dass Burnout autonom
neben Neurosen und psychischen Erkrankungen steht. Auf diese Weise vermied er die Notwendigkeit der
Abgrenzung von Burnout auf symptomatischer Ebene von Neurosen, Psychosen. Burnout sei eine Klasse für
sich und kategorisch etwas anders als Neurosen und Psychosen. Auch wenn man als Ursache oftmals ein
Helfersyndrom, Angst, Abgrenzungsschwierigkeiten, Zwänge erkennt, läge die eigentliche Burnout-Ursache
nicht in einer schwierigen Biographie, einer familiären Belastung sondern ausschließlich in der jeweiligen
beruflichen oder ehrenamtlichen, heillos überforderten Tätigkeit. Den Betroffenen trifft somit keine Schuld,
im Gegenteil, er hat alles gegeben, was er konnte.
Auf diese Weise ist es weder möglich, Burnout sicher zu diagnostizieren noch, einem Menschen, der sich
ausgebrannt fühlt, zu beweisen, dass er kein Burnout hat. Es ist schlicht Energiemangel infolge von
vorangegangener Überstrapazierung. Die Batterien der Betroffenen sind leer.
In dem sich das Burnout-Modell von Freudenberger von komplexen und latent pathologisierenden
Konzepten sowohl aus der Psychoanalyse als auch der Psychiatrie fern hält, wird Burnout erst für viele
potentiell Betroffene verständlich und akzeptabel. Die Burnout-Behandlung zielt dann konsequenterweise
darauf ab, die Batterien wieder aufzuladen und einer schnellen, erneuten Entladung entgegenzuwirken.
Darüberhinaus entgehen all diejenigen, die sich ausgebrannt erleben, dank des Autonomie-Postulats von
Burnout der fast unausweichlichen Konsequenz, sich einer neurotischen oder psychiatrischen Diagnostik zu
unterziehen. „Mir geht es gar nicht gut, doch ich bin keinesfalls psychisch krank oder gestört, es ist etwas
ganz anderes, das mit mir als Person eigentlich nichts zu tun hat.“
Dies ist der Hintergrund, warum bis heute Burnout nicht als Krankheit zählt und nicht in ICD 10 oder DSM IV
als Neurose oder psychische Erkrankung aufgeführt wird.
Seine Definition nach 10 Jahren des Forschens: „Ein Ausbrenner ist ein Mensch im Zustand der Ermüdung,
der Frustration; sie wird hervorgerufen, wenn sich der Betroffene auf einen Fall, eine Lebensweise oder eine
Beziehung einlässt, die den erwarteten Lohn nicht bringt.“
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Definitionen von Burnout
Burnout:
bei Reaktoren das Durchbrennen von Wärmetauschern oder Brennstoffhülsen; es tritt auf, wenn die
Wärmeproduktion des Brennstoffs zu hoch ist, so dass die Wärme nicht mehr vom Kühlmittel abgeführt
werden kann
In diesem Kontext ist Burnout ein dramatisches und gefährliches Geschehen
Burnout wird als „Ausbrennen“ oder „Durchbrennen“ übersetzt, was im psychologischen Kontext per se nur
metaphorisch gemeint ist. Dieser Begriff garantiert das Interesse der Öffentlichkeit und ist aus
wissenschaftlicher und therapeutischer Sicht eher ambivalent eingesetzt.
Unter „Burnout“ verstehen die Betroffenen meist ihren aktuellen Zustand, der psychische, insbesondere
depressive (Kraftlosigkeit, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Aversionen gegen die Arbeitssituation
etc.) und oft auch körperliche Symptome (Rückenschmerzen, Tinnitus, Schwindel, Immunschwäche)
beinhaltet. Diesen Zustand führen sie oft auf Gegebenheiten zurück, in denen das Verhältnis zwischen
Anforderung und Möglichkeiten, zwischen Leistungs-Notwendigkeit und Kraftreservoir und auch zwischen
Arbeitsleistung und Anerkennung nicht stimmte. Möglichkeiten, sich aus eigener Kraft daraus zu befreien,
sehen sie meist nicht.
Burnout wird als ein Syndrom aus emotionaler Erschöpfung, Depersonalisierung und reduziertem
Wirksamkeitserleben aufgefasst, das häufig in Kontaktberufen beobachtet werden kann.
Zusammenfassend:
•
Burnout ist eine ernst zu nehmende Krankheit, in der das überregte Stresssystem nicht zur
Normallage zurückfinden kann (im Unterschied zu einer Erschöpfung, die nach einem guten Schlaf,
einem Urlaub wieder verschwunden ist)
•
Im Burnout findet in der Regel eine Fehleinschätzung des eigenen Zustands statt, daher lassen sich
die Betroffenen meist erst sehr spät behandeln
•
Burnout kann sich zu einer lebensbedrohlichen Krise entwickeln, die stationär behandelt werden
muss
•
Burnout wird nicht symptomatisch sonder prozessual diagnostiziert
Burnout ist keine Krankheit
Im ICD-10 (International Classifikation of Disesases) werden psychische Krankheitsbilder von der WHO
klassifiziert. Hier ist Burnout keine Krankheit, weil die WHO psychischen und psychosomatische
Auffälligkeiten ohne fassbaren organischen Hintergrund als Störungen bezeichnet. Burnout findet sich als
Zusatzkategorie, als Faktor, der den Gesundheitszustand beeinflusst wieder im Kapitel XXI.
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Kapitel XXI:
Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten
führen (Z)
Z 73
Probleme verbunden mit Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung
Z 73.0
Erschöpfungssyndrom (Burnout-Syndrom)
Z 73.1
Akzentuierte Persönlichkeitszüge
Z 73.2
Mangel an Entspannung oder Freizeit
Z 73.3
Belastung, nicht anderorts klassifizierbar
Z 73.4
Unzulängliche soziale Fertigkeiten, anderorts nicht klassifizierbar
Gründe für Burnout
-
Stress und Sorgen
-
Überarbeitung
-
Gewissenhaftigkeit / Perfektionismus
-
Schwierigkeiten, Nein sagen bzw. sich abgrenzen zu können
-
Emotionales Befinden, sich z.B. bedrückt, einsam, ängstlich, leer zu fühlen
-
Unzureichende Fähigkeiten, mit Belastungen umzugehen
-
Belastung durch Konflikte (Mitarbeiter, Chefs, Mobbing)
-
Familienprobleme und Sorgen
-
Alterungsprozess
-
Unzureichende Anerkennung
-
Eigene Einstellung, z.B. pessimistische Lebensgrundhaltung
-
Persönlichkeitsstruktur
-
Mangelnde Unterstützung durch Partner/Familie
-
Mobbing durch Kollegen / Vorgesetzte
-
Geschwächtes Immunsystem
-
Ernährungs- und Essgewohnheiten
-
Alkohol
-
Umweltverschmutzung bzw. Umweltgifte
5
-
Bakterien oder Viren
-
Rauchen
Maslach und Leiter (2001) führen Burnout auf sechs Faktoren des Arbeitslebens zurück:
•
Arbeitsüberbelastung: zu viel Arbeit in zu kurzer Zeit ohne notwendige Mittel
•
Mangel an Kontrolle: keine oder eingeschränkte Möglichkeiten am Entscheidungsgeschehen zu
partizipieren oder Probleme eigenständig zu lösen
•
Unzureichende Belohnung: Missverhältnis zwischen Arbeitsengagement und Anerkennung,
Bezahlung unangemessen,
•
Mangel an Gemeinschaft: keine oder eingeschränkte Kontakte zu Kollegen
•
Mangel an Fairness: der erforderliche Respekt wird den Mitarbeitern nicht entgegengebracht
•
Wertekonflikt: Diskrepanz zwischen Arbeitsanforderungen und persönlichen Werten des
Mitarbeiters
Innere Kündigung durch hohe Frustration sowie Gratifikationskrise, unzureichende soziale Netzwerke,
Burnout sind Ursachen für psychischen, psychosomatischen und medizinischen Erkrankungen.
Symptome von Burnout
-
Erschöpfung
-
Kraftlosigkeit
-
Schlafstörungen
-
Kopfschmerzen
-
Schmerzen
-
Verdauungsprobleme
-
Kurzatmigkeit
-
Schwindel
-
Gewichtszunahme
-
Atemlosigkeit
-
Tinnitus
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-
Gewichtsverlust
-
Übelkeit
-
Hörsturz
Diagnose von Burnout
-
Vollbild einer schweren Depression
-
Einschränkungen der Herzratenvariabilität
-
Blutdruckregulationsstörungen
-
Vegetative Regulationsströungen (z.B. Reizmagen)
-
Störung im Bereich der Stresshormone
-
Gestörte Immunparameter
-
Gehäufte wiederkehrende oder nacheinander in verschiedenen Organen auftretende Infekte
-
Körperliche und emotionale Erschöpfung mit ausgeprägter Kraftlosigkeit
-
Hochgradig eingeschränktes Durchhaltevermögen
-
Betäubte Empfindungen sowohl im Bereich sinnlicher als auch emotionaler Wahrnehmung
Bei Burnout empfohlene Untersuchungen
•
Blutdruck, EKG, Lungenfunktionsmessung
•
Untersuchung der Herzratenvariabilität
•
Cortisol (auch im Tagesverlauf)
•
DHEA
•
Geschlechtshormone
•
Schilddrüsenwerte
•
Immunglobulin A im Speichel
•
Gegebenenfalls Immunstatus
•
Vitamin B12-Status
•
Gegebenenfalls Melatonin
7
•
Allgemeinmedizinische Untersuchung
•
Psychosomatische Untersuchung
•
Osteopathie
•
TCM
Im Mittelpunkt der Burnout Diagnose steht immer das Gespräch mit dem Betroffenen. In der Burnout Spirale
finden sich lange keine pathologischen Messwerte, obwohl die Krankheit fortschreitet. Die Burnout Diagnose
muss aufgrund der vielfältigen möglichen Symptome stets fachübergreifend erfolgen.
Für Burnout sind nicht die Symptome sondern der Prozess charakteristisch, innerhalb dessen sich diese
Symptome entwickeln.
Phasenmodelle
Nach Freudenberger
I.
Empfindendes Stadium mit Müdigkeit, Verdrängung negativer Gefühle und hoher Energieeinsatz, um
das Leistungsniveau zu halten
II. Empfindungsloses Stadium mit Gleichgültigkeit, Langeweile, Zynismus, Ungeduld, Reizbarkeit,
psychosomatische Beschwerden und Depressivität
Ein anderes Phasenmodell
I.
Hoher Idealismus und Engagement, Freundlichkeit
II. Arbeitsbedingte Überforderung
III. Abnehmende Freundlichkeit
IV. Schuldgefühle
V. Vermehrte Anstrengung
VI. Erfolglosigkeit
VII.
Hilflosigkeit
VIII.
Hoffnungslosigkeit
IX. Erschöpfung, Apathie, Aufbäumen, Wut
X. Ausbrennen
Ablauf der individuellen Burnout-Entwicklung
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1. Warnsymptome der Anfangsphase:
a) Vermehrtes Engagement für Ziele
b) Erschöpfung
2. Reduziertes Engagement für die Arbeit und erhöhte Ansprüche
3. Emotionale Reaktionen:
a) Schuldzuweisungen
b) Depression
c) Aggression
4. Abbau von
a) der kognitiven Leistungsfähigkeit
b) der Motivation
c) der Kreativität
d) Entdifferenzierung
5. Verflachung von
a) des emotionalen Lebens
b) des sozialen Lebens
6. Psychosomatische Reaktionen (Schwächung des Immunsystems, Unfähigkeit zur Entspannung in der
Freizeit, Schlafstörungen, Alpträume, sexuelle Probleme, Herzklopfen, Engegefühl in der Brust,
Atembeschwerden, Magen-Darm-Probleme, Gewichtsveränderungen, veränderte Essgewohnheiten,
mehr Alkohol/Kaffee/Tabak/ andere Drogen)
7. Verzweiflung
Ein psychologisches Modell
Eine als unkontrollierbar und frustrierend erlebte Situation führt zu einer massiven Beeinträchtigung des
Selbstbildes der Person, was wiederholt wird und die Person sich immer hilfloser und ausgesetzter erlebt.
Testungen
Die Überdruss-Skala (Tedium-Measure)
Bei dem TM handelt es sich um den meist verbreitetesten und zur Messung von Burnout empfohlenen
Fragebogen.
Ein anderer Fragebogen ist der Maslach Burnout Inventory (MBI)
Fragen und Themen Burnout
9
•
Schalten Sie manchmal das Handy aus oder spüren zumindest ein Bedürfnis danach?
•
Delegieren Sie noch so viel wie früher?
•
Glauben Sie, dass Sie richtig gute Mitarbeiter oder Kunden haben?
•
Haben Sie Verabredungen mit Ihnen nahestehenden Personen, und noch wichtiger, halten Sie diese
Verabredungen ein?
•
Meinen Sie, dass es auch an Ihnen liegt, wenn etwas schiefgeht?
•
Freuen Sie sich auf ein schönes Essen?
•
Bemerken Sie manchmal Kinder, Schmetterlinge oder Blumenknospen und sehen sie mit Freude an?
•
Lachen Sie mit anderen öfter herzhaft?
•
Machen Sie echte Pausen? Also Pausen, in denen Sie nichts erledigen und nicht telefonieren?
•
Fühlen Sie sich wohl, wenn Sie Pausen machen?
Burnout-Theorie von Schaarschmidt & Fischer
Risikotyp A: aktiver Burnout oder Selbstverbrennung
Vertreter diesen Typs lassen sich durch exzessives Arbeitsengagement (hohe Ausprägungen in der
Bedeutsamkeit der Arbeit, der Verausgabungsbereitschaft und dem Perfektionsstreben) bei verminderter
Distanzierungsfähigkeit, Widerstandsfähigkeit, Ausgeglichenheit und Lebenszufriedenheit sowie leicht
erhöhter Resignationstendenz charakterisieren. Ihnen fällt es besonders schwer, Abstand zu den Problemen
in der Arbeit zu gewinnen. Insgesamt ist das Bild dadurch charakterisiert, dass ein hohes Engagement keine
positive emotionale Entsprechung findet, was zu einem erhöhten Burnout Risiko führt.
Risikotyp B: ein passiver Burnout (Opfer der Umstande) im fortgeschrittenen Stadium
Vertreter diesen Typs haben ein geringes Arbeitsengagement, insbesondere eine gering ausgeprägte
subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit sowie einen eingeschränkten beruflichen Ehrgeiz. Sie zeigen eine hohe
Resignationstendenz, eine gering ausgeprägte Fähigkeit zur offensiven Problembewältigung, eine geringe
innere Ruhe und Ausgeglichenheit, ausbleibendes Erfolgserleben im Beruf und generelle
Lebensunzufriedenheit.
Burnout Gefährdete nach psychologischen Strukturen (Lohmer 2007):
Zwanghaft strukturierte Mitarbeiter mit einem erhöhten Kontrollbedürfnis sowie ausgeprägtem
Perfektionismus fühlen sich etwas besonders von bürokratisch-formalisierten Organisationstypen (z.B.
Konzerne, Verwaltungen, Behörden), in denen der Handlungs- und Entscheidungsspielraum durch rigide
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Vorgaben eingeengt wird, angezogen. Das Eingehen dieser Form der psychosozialen Abwehrkonstellation
ermöglicht es dem Betreffenden, Ängste abzuwehren und damit eine Entlastung von intrapsychischer
Spannung zu erzielen; dies resultiert in einem ständigen Gefühl von Frustration und einem Erleben von
Ohnmacht, was wiederum die Entstehung von Burnout-Prozessen fördern kann
Für narzisstisch strukturierte Mitarbeiter mit einem ausgeprägten Selbstwertkonflikt und einem starken
Bedürfnis nach Anerkennung erweist sich dagegen ein entgrenzt-entformalisierter Organisationstypus
(junge, rasch wachsende Unternehmen, z.B. im IT- oder biotechnischen Bereich) als besonders attraktiv. In
diesem Typ von Organisation wird engagiertes Verhalten der Mitarbeiter honoriert und ein ausgeprägtes
Selbstwirksamkeitserleben aufgrund geringer Vorgaben wird ermöglicht. Dadurch kann eine Verstärkung der
Konfliktabwehr des Mitarbeiters und damit eine Minderung intrapsychischer Konfliktspannung erfolgen,
wodurch ein Gewinn für den Mitarbeiter erzielbar wird; gleichzeitig wird durch das Vorliegen dieser
unbewussten Kollusion zwischen Persönlichkeit- und Organisationsstruktur die Entstehung von Burnoutbegünstigenden Verhaltensweisen (z.B. Arbeitssucht) gefördert.
Mitarbeiter mit einer depressiven Struktur fühlen sich von einem emotional fordernden Organisationstypus
(z.B. Einrichtungen des Gesundheits- und Bildungswesens) angezogen. Durch das eingehen dieser Art von
Abwehrarrangement erhöht sich das Risiko für den Mitarbeiter, in die Falle eines chronischen
Ungleichgewichts zwischen hohem emotionalen Engagement und geringer Anerkennung der geleisteten
Arbeit durch das Klientel zu geraten, was die Entwicklung einer Burnout-Symptomatik begünstigen kann
Für Burnout Betroffene ist es wichtig als Kranke zu gelten ohne gleichzeitig psychisch krank zu sein!
So trifft sich „keine Schuld“ und können den Status der Erkrankung nutzen.
Nach der DIN-Norm (ISO 10075 – 3:2002) der WHO, nach der die psychische Arbeitsbelastung gemessen
werden soll, definiert, was Gesundheit ist:
1.
Stabiles Selbstwertgefühl
2.
Positives Verhältnis zum eigenen Körper
3.
Freundschaften und soziale Einbindung
4.
Gesunde Umwelt, stabiles ökologisches System
5.
Sinnvolle Arbeit und gesunde Arbeitsbedingungen
6.
Ausreichender Zugang zur Gesundheitsversorgung
7.
Lebenswerte Gegenwart und eine begründete Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft
Burnout Behandlung
Die meisten Behandlungskonzepte sind auf das dreifache „E“ zurückzuführen:
Entlastung (Ausschalten oder Reduktion von Stressoren)
Erholung (die Akkus wieder aufladen, sich entspannen, Sport treiben)
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Ernüchterung (exzessiven Perfektionismus und / oder Idealismus von illusionärem Charakter
herunterschrauben und lernen, sich abzugrenzen)
Verhaltenstherapeutische Ansätze:
Zeitmanagement, Entspannung und Schlafhygiene, kognitive Umstrukturierung (weniger Grübeln, positive
Seiten in den Vordergrund rücken), Verbesserung sozialer Fertigkeiten
Die Diagnose einer Depression gibt eindeutigere Behandlungsmöglichkeiten als das für Burnout der Fall ist
Tiefenpsychologischer Ansatz zur Ursachenklärung und –bearbeitung ist nach erster Stabilisierung sehr
angeraten:
Bearbeiten von damit zusammenhängenden Traumatisierungen, Verlusten, Ängsten, Bindungsstörungen,
Depressionen, Zwangsstörungen, Selbstwertproblematik
Burnout als Anpassungsversuch
Burnout ist kein Versagen, sondern eine Folge davon, dass Mensch und Situation nicht oder zunehmend
weniger zusammenpassen, also eine relative Unzulänglichkeit entsteht. Um zu verstehen, warum Sie in den
Sackgasse Burnout gekommen sind, sind folgende vier Fragen von Bedeutung:
1. Was fordert Ihre spezielle Situation?
2. Was für ein spezieller Mensch sind Sie?
3. Was sind passende oder unpassende Situationen für Sie?
4. Warum sind Sie auf die aktuelle Situation getroffen?
Noch im Stress oder schon im Burnout?
Eine der einflussreichsten Theorien, die sich mit subjektiven Bewältigungsstrategien und –kompetenzen
beschäftigen, wurde von dem amerikanischen Stressforscher Richard Lazarus mit Mitarbeitern erarbeitet.
Das Erleben von Stress resultiert aus dem Ergebnis der Wechselbeziehung von Individuum und Umwelt.
Kognitive Bewertungsprozesse und vorhandene Bewältigungsstrategien spielen eine zentrale Rolle. Das
subjektive Erleben einer Diskrepanz zwischen Anforderungen einer bestimmten Situation und den zur
Verfügung stehenden Bewältigungsmöglichkeiten erzeugt Stress.
3 Faktoren zur Stressbestimmung:
1. Ein Stressor, dessen
2. Subjektive Verarbeitung dazu führt, dass
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3. Die Stressreaktion ausgelöst wird.
Die drei Phasen des allgemeinen Adaptionssyndroms (generals adaption syndrom = GAS, das von Selye und
Mitarbeitern entwickelt wurde):
1. Alarmreaktion
Sympathische Aktivierung, erhöhte Konzentration von
Adrenalin und Noradrenalin, ACTH und Coritcosteroiden
2. Widerstandsphase
Erhöhung des Zuckerstoffwechsels, Steigerung der Empfindlichkeit der Gefäßmuskulatur für Adrenalin und Noradrenalin,
Dämpfung von Schilddrüsen- und Sexualfunktionen
3. Erschöpfungsphase
Zusammenbruch von Reproduktions- und Wachstumsfunktionen sowie der Infektabwehr, nur noch kurzzeitige
Energiemobilisierung möglich, Vergrößerung der Nebenniere, Schrumpfung der Thymusdrüsen, Magengeschwüre
Seyle geht davon aus, dass wir im Alltag häufig die ersten beiden Phasen durchlaufen und uns davon wieder
erholen. Je länger die Widerstandsphase dauert, desto schwerer fällt es, sich wieder zu regenerieren.
Unterscheidung zwischen Freudenbergers Burnout-Modell und Seyles Stress-Modell:
Bei Seyle ist Stress in einer objektiv-distanzierten Beschreibung eine Erklärung eines NATURphänomens,
während bei Freudenberger das subjektive Erleben und Erleiden beschrieben wird eines KULTURphänomens.
Die Transaktionale Stresstheorie
Lazarus & Folkman (1984) definieren Stress als „Beziehung zwischen Person und Umwelt, die von der Person
als ihre eigenen Ressourcen auslastend oder überschreitend und als ihr Wohlbefinden gefährdend
eingeschätzt wird.“ Der Begriff „transaktional“ bezeichnet das dynamische Zusammenspiel zwischen Person
und Umwelt. Ein Stressprozess ist somit durch bestimmte Relation zwischen Individuum und Umwelt
ausgelöst.
Bewertungsprozesse:
Primärer Bewertungsprozess: womit habe ich zu tun?
- Eine Schädigungs-Verlustsituation
- Eine Bedrohungssituation
- Eine Herausforderungssituation
Wurde eine Situation als subjektiv bedeutsam und stressrelevant bewertet, so folgt ein sekundärer
Bewertungsprozess:
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- Welche Bewältigungsstrategien stehen mir zu Verfügung?
- Mit welcher Wahrscheinlichkeit kann ich diese Bewältigungsstrategien wirksam und effektiv ausführen?
- Wie wahrscheinlich führen die mir zu Verfügung stehenden Bewältigungsformen zum intendierten
Ergebnis?
Bindungen und Überzeugungen beeinflussen den primären und sekundären Bewertungsprozess, indem sie:
- bestimmen, was als relevant für das Wohlbefinden eingeschätzt wird,
- das Verständnis für die Situation, die erlebten Emotionen sowie die Bewältigungsbemühungen formen und
- die Basis für die Bewertung der Ergebnisse und der Bewältigungsbemühungen bilden
Ressourcen, die uns vor Stress schützen
-
Hardiness: Wurde von Kobasa (1979) entwickelt als Persönlichkeitseigenschaft, die eine hohe
Widerstandsfähigkeit der Person darstellt
-
Kohärenzgefühl: stellt die Grundeinstellung des Menschen zu seinem eigenen Leben dar. Dazu
gehören Gefühle von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit, Bewältigbarkeit, Sinnhaftigkeit,
Bedeutsamkeit des eigenen Lebens
-
Coping: to cope with = bewältigen, gewachsen sein
Salutogenese-Modell
Der amerikanisch-israelische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky (1923 – 1994) hat das Modell der
Salutogenese formuliert. Dieses beschäftigt sich mit der Frage, warum Menschen trotz vieler potenziell
gesundheitsgefährdender Einflüsse gesund bleiben, wie sie es schaffen, sich von Erkrankungen wieder zu
erholen, bzw. das Besondere an Menschen ist, die trotz extremster Belastung nicht krank werden.
Im salutogenetischen Modell werden Gesundheit und Krankheit nicht als einander ausschließende
Kategorien betrachtet, sondern vielmehr als Endpunkte eines Kontinuums. Ein Individuum ist dieser
Vorstellung nach nicht entweder gesund oder krank sondern mehr oder weniger gesund oder krank.
Die Faktoren, die die mehr Gesunden von den mehr Kranken unterscheidet fasste Antonovsky unter dem
Konstrukt Kohärenzgefühl, welches das Kernstück des Salutogenese-Modells bildet, zusammen:
Das Kohärenzgefühl, welches als ein überdauerndes, dynamisches Gefühl des Vertrauens, dass die inneren
und äußeren Anforderungen verstehbar, handhabbar und sinnvoll sind, definiert wird, kann als eine
dispositionelle Bewältigungsressource betrachtet werden, die Menschen widerstandsfähiger gegenüber
Belastungen macht. Es impliziert den bewussten Umgang mit intrapsychischen Konflikten, Emotionen,
Affekten sowie existenziellen Fragen und ist damit kompatibel zu Konzepten wie Abwehr und
Strukturniveau.
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Coping-Forschung
Coping-Forschung betrachtet, wie Menschen mit Belastungen umgehen und somit ihr Stresserleben
potenzieren oder minimieren.
Bewältigung einer Belastung beginnt mit deren Wahrnehmung und Bewertung sowie der Einschätzung der
eigenen Handlungsmöglichkeiten.
So gibt es einen G(esund)-Typ, der innere Ruhe und Ausgeglichenheit, Erfolgserleben im Beruf,
Lebenszufriedenheit sowie Erleben sozialer Unterstützung kennt
Der S(chon)-Typ hält sich im Vergleich zu anderen hinsichtlich beruflichen Anforderungen zurück und
stabilisiert so sein Wohlbefinden.
Der dominante Ellenbogen-Typ-A zeigt überhöhtes Engagement, neigt ständig zur Selbstüberforderung,
macht sich in sozialen Kontexten eher unverzichtbar aber unbeliebt, was manchmal Kränkungen provoziert
und langfristig Überforderungen wahrscheinlich macht.
Der B(urnout)-Risikotyp zeigt eine deutlich verminderte Belastbarkeit, Resignation, reduziertes
Arbeitsengagement.
Differenzialdiagnose
ICD 10 Beschreibungen
F 48.0 Neurasthenie
Diagnostische Leitlinien:
Für eine eindeutige Diagnose wird Folgendes gefordert:
1.
Entweder anhaltende oder quälende Klage über gesteigerte Ermüdbarkeit nach geistiger
Anstrengung oder über körperliche Schwäche und Erschöpfung nach geringen Anstrengungen
2.
Mindestens zwei der folgenden Empfindungen: Muskelschmerzen und –beschwerden;
Schwindelgefühle; Spannungskopfschmerzen; Schlafstörungen; Unfähigkeit zu entspannen;
Reizbarkeit und Dyspepsie
3.
Bei Vorhandensein von Angst und Depressionssymptomen sind diese nicht anhaltend und
schwer genug, um die Kriterien für eine spezifische Störungen in der Klassifikation zu erfüllen.
Depressive Episode
Bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen (F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3) Episoden leidet
der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität.
Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann
nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert.
Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen
Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag
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zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen
begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen,
Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und
Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als
leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen.
F32.0
Leichte depressive Episode
Gewöhnlich sind mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome vorhanden. Der betroffene
Patient ist im Allgemeinen davon beeinträchtigt, aber oft in der Lage, die meisten Aktivitäten fortzusetzen.
F32.1
Mittelgradige depressive Episode
Gewöhnlich sind vier oder mehr der oben angegebenen Symptome vorhanden, und der betroffene Patient hat
meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen.
F32.2
Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome
Eine depressive Episode mit mehreren oben angegebenen, quälenden Symptomen. Typischerweise bestehen
ein Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld. Suizidgedanken und handlungen sind häufig, und meist liegen einige somatische Symptome vor.
F32.3
Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
Eine schwere depressive Episode, wie unter F32.2 beschrieben, bei der aber Halluzinationen, Wahnideen,
psychomotorische Hemmung oder ein Stupor so schwer ausgeprägt sind, dass alltägliche soziale Aktivitäten
unmöglich sind und Lebensgefahr durch Suizid und mangelhafte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme
bestehen kann. Halluzinationen und Wahn können, müssen aber nicht, synthym sein.
F43.-
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Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
Die Störungen dieses Abschnittes unterscheiden sich von den übrigen nicht nur aufgrund der
Symptomatologie und des Verlaufs, sondern auch durch die Angabe von ein oder zwei
ursächlichen Faktoren: ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis, das eine akute
Belastungsreaktion hervorruft, oder eine besondere Veränderung im Leben, die zu einer
anhaltend unangenehmen Situation geführt hat und eine Anpassungsstörung hervorruft. Obwohl
weniger schwere psychosoziale Belastungen ("life events") den Beginn und das Erscheinungsbild
auch zahlreicher anderer Störungen dieses Kapitels auslösen und beeinflussen können, ist ihre
ätiologische Bedeutung doch nicht immer ganz klar. In jedem Fall hängt sie zusammen mit der
individuellen, häufig idiosynkratischen Vulnerabilität, das heißt, die Lebensereignisse sind weder
notwendig noch ausreichend, um das Auftreten und die Art der Krankheit zu erklären. Im
Gegensatz dazu entstehen die hier aufgeführten Störungen immer als direkte Folge der akuten
schweren Belastung oder des kontinuierlichen Traumas. Das belastende Ereignis oder die
andauernden, unangenehmen Umstände sind primäre und ausschlaggebende Kausalfaktoren,
und die Störung wäre ohne ihre Einwirkung nicht entstanden. Die Störungen dieses Abschnittes
können insofern als Anpassungsstörungen bei schwerer oder kontinuierlicher Belastung
angesehen werden, als sie erfolgreiche Bewältigungsstrategien behindern und aus diesem
Grunde zu Problemen der sozialen Funktionsfähigkeit führen.
F43.0 Akute Belastungsreaktion
Eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen
als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt, und die
im allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt. Die individuelle Vulnerabilität und
die zur Verfügung stehenden Bewältigungsmechanismen (Coping-Strategien) spielen bei
Auftreten und Schweregrad der akuten Belastungsreaktionen eine Rolle. Die Symptomatik zeigt
typischerweise ein gemischtes und wechselndes Bild, beginnend mit einer Art von "Betäubung",
mit einer gewissen Bewusstseinseinengung und eingeschränkten Aufmerksamkeit, einer
Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten und Desorientiertheit. Diesem Zustand kann ein weiteres
Sichzurückziehen aus der Umweltsituation folgen (bis hin zu dissoziativem Stupor, siehe F44.2)
oder aber ein Unruhezustand und Überaktivität (wie Fluchtreaktion oder Fugue). Vegetative
Zeichen panischer Angst wie Tachykardie, Schwitzen und Erröten treten zumeist auf. Die
Symptome erscheinen im allgemeinen innerhalb von Minuten nach dem belastenden Ereignis
und gehen innerhalb von zwei oder drei Tagen, oft innerhalb von Stunden zurück. Teilweise oder
vollständige Amnesie (siehe F44.0) bezüglich dieser Episode kann vorkommen. Wenn die
Symptome andauern, sollte eine Änderung der Diagnose in Erwägung gezogen werden.
F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung
Diese entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder
eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder
katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische
Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die
Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die
letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung
zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich
aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen,
die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler
Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen,
Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten
und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand
von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und
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Literatur
Obige Inhalte wurden aus folgenden Büchern zusammengestellt:
Marcel Allenspach, Andrea Brechbühler; Stress am Arbeitsplatz, Huber Verlag, Bern, 2005
Matthias Burisch: Das Burnout-Syndrom, Springer Verlag, Berlin,1989
Dirk Enzmann: Gestreßt, erschöpft oder ausgebrannt? Profil Verlag GmbH München Wien, 1996
Andreas Hillert, Michael Marwitz: Die Burnout Epidemie, C.H. Beck Verlag, München 2006
Dr. Manfred Nelting: Burnout – Wenn die Maske zerbricht, Goldmann Verlag, München
Judith Schneglberger: Burnout-Prävention unter psychodynamischem Aspekt, Verlag für
Sozialwissenschaften, GWV Fachverlage, Wiesbaden 2010
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