FAKIP-Seminar Verhaltenstherapie und Psychoedukation bei schizophrenen Störungen in Adoleszenz Marc Schmid, Freiburg, den 12.11.2011 Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Einleitung „Einer Sache, die schnell auf einen zukommt, muss man auch schnell nachgehen können.“ Afrikanisches Sprichwort Meine Ziele für Heute: › Sensibilisierung für die Früherkennung, › Sicherheit in der Diagnostischen Einschätzung erhöhen, › Therapeutische Grundlagen/Grundprinzipien anreißen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 2 Einleitung › Vermutlich kann man als niedergelassener Kinder- und Jugendpsychotherapeut sein Berufsleben verbringen, ohne einmal die Diagnose gestellt zu haben. › Wenn man nicht auf einer Jugendstation arbeitet, wird man eher selten mit dieser Patientengruppe konfrontiert. Aber: › Man wird immer wieder Patienten behandeln oder mit Patienten zu tun haben, die vielleicht später eine Psychose entwickeln werden. Man sollte sich bei der diagnostischen Einschätzung von Patienten die psychotisch anmuten möglichst sicher sein. › Die Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie hat vielen Patienten unrecht getan, indem sie schizophrene Erstmanifestationen nicht konsequent genug diagnostizierte und behandelte. › Diese Patientengruppe erhält oft keine symptomspezifische ambulante Psychotherapie (insbesondere in der Adoleszenz). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 3 Filmtipp › Klassische Beschreibung der Erstmanifestation einer paranoiden Schizophrenie. › Tolle Kameraführung, die einen wirklichkeitsnahen (genau kann ich das zum Glück nicht sagen) Eindruck der Wahrnehmungsveränderungen vermittelt. › Gute, realistische Darstellung von innerpsychischen und zwischenmenschlichen Konflikten. › Psychiatrie könnte etwas besser wegkommen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 4 Gliederung 1. Einleitung und Bedeutung des Störungsbildes für KJPP 2. Diagnostik und psychischer Befund 3. Epidemiologie und Verlauf von schizophrenen Erkrankungen 4. Ätiologische Modelle 5. Besonderheiten der Very Early- und Early Onset-Psychosen 6. DUP und Frühintervention (1. Übung: Befunderhebung) 7. Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 8. Was sagt die Wissenschaft? 9. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 10. Arbeit mit Angehörigen / Eltern Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 5 Gliederung 11. Familienzentrierte Intervention und der Expressed-Emotion-Ansatz 12. VT – Therapieansätze IPT 13. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende PositivSymptomatik 14. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die NegativSymptomatik 15. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 16. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 17. Bedeutung der Rehabilitation und Soziotherapie 18. Zusammenfassung und Diskussion Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 6 ICD-10: F20 Schizophrenie Diagnosekriterien Allgemeine Kriterien G1. Während der meisten Zeit innerhalb eines Zeitraumes von mindestens einem Monat (oder während einer Zeit an den meisten Tagen) sollte eine psychotische Episode mit entweder mindestens einem der unter 1. aufgezählten Merkmale oder mit mindestens zwei der unter 2. aufgezählten Merkmale bestehen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 7 Symptomatik Differenzierung in Positiv- und Negativ-Symptomatik Positiv-Symptomatik › › › › › › › › › Halluzinationen Formale Denkstörungen Inhaltliche Denkstörungen Wahn Ich-Störungen Gespanntheit Angst/Unruhe Agitiertheit/Manierismen Desorganisation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Negativ-Symptomatik › › › › › › › Antriebslosigkeit Affektverflachung Sozialer Rückzug Kognitive Defizite Konzentrationsprobleme Sprachverarmung Reduzierte Psychomotorik/Mimik 14.11.2011 8 ICD-10: F20 Schizophrenie Diagnosekriterien 1. Mindestens eines der folgenden Merkmale: a. Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung, Gedankenentzug oder Gedankenausbreitung, b. Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten, deutlich bezogen auf Körper- oder Gliederbewegungen oder bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen; Wahnwahrnehmungen, c. kommentierende oder dialogische Stimmen, die über den Patienten reden oder andere Stimmen, die aus bestimmten Körperteilen kommen, d. anhaltend kulturell unangemessener, bizarrer Wahn, wie der, das Wetter kontrollieren zu können oder mit Ausserirdischen in Verbindung zu stehen, die Überzeugung, andere Welten besucht zu haben, Wolken durch Aus- und Einatmen kontrollieren zu können, mit Pflanzen und Tieren ohne Sprache kommunizieren zu können etc. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 9 ICD-10: F20 Schizophrenie Diagnosekriterien 2. Oder mindestens zwei der folgenden Merkmale: a. Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität, täglich während mindestens eines Monats, begleitet von flüchtigen oder undeutlich ausgebildeten Wahngedanken ohne deutliche affektive Beteiligung oder begleitet von lang anhaltenden überwertigen Ideen. b. Neologismen, Gedankenabreissen oder Einschiebungen in den Gedankenfluss, was zu Zerfahrenheit oder Danebenreden führt. c. katatone Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypien oder wächserne Biegsamkeit (Flexibilitas cerea), Negativismus, Mutismus oder Stupor. d. «negative» Symptome wie auffällige Apathie, Sprachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte (es muss sichergestellt sein, dass diese Symptome nicht durch eine Depression oder eine neuroleptische Medikation verursacht werden). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 10 ICD-10: F20 Schizophrenie Diagnosekriterien › Formale Denkstörungen › Zerfahren/inkohärent. Die Gedanken springen zusammenhangslos von einem Thema zum anderen. Bei Inkohärenz hat das Denken und Sprechen keinen verständlichen Zusammenhang mehr und ist nicht nachvollziehbar. Wortneubildungen (Neologismen) kommen vor. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 11 ICD-10: F20 Schizophrenie Diagnosekriterien › Inhaltliche Denkstörungen › Wahnstimmung: «Haben Sie das Gefühl, dass irgendetwas Seltsames vor sich geht, das Sie nicht erklären können?» › Beziehungswahn: Objekte und Ereignisse bekommen eine persönliche Bedeutung. «Glauben Sie, dass besondere Botschaften über das Fernsehen oder Radio speziell an Sie gerichtet sind?» «Sehen Sie manchmal eine bestimmte Bedeutung in der Art, wie Gegenstände gestellt waren, in Anzeigen, in Schaufenstern?» › Verfolgungswahn: «Haben Sie das Gefühl, dass Sie jemand verfolgt?» «…, dass jemand Ihnen das Leben schwer machen will?» «Versucht irgendjemand, Ihnen absichtlich Schaden zuzufügen, indem er versucht, Sie zu vergiften oder zu töten?» Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 12 Inhaltliche Denkstörungen › Grössenwahn: «Glauben Sie, besondere Fähigkeiten oder Kräfte zu haben?» «Sind Sie in irgendeiner Weise besonders wichtig?» «Sind Sie eine bedeutende Persönlichkeit?» › Körperbezogene Wahnideen: «Haben Sie das Gefühl, dass Teile Ihres Körpers sich verändert haben oder aufhörten zu funktionieren, nachdem der Arzt sagte, dass Ihnen nichts fehle?» › Bizarrer Wahn: Wahnvorstellungen, die als total abwegig erachtet werden, z.B. die Überzeugung, von einer toten Person kontrolliert zu werden. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 13 Ich-Störungen, Fremdbeeinflussungserlebnisse › Beeinflussungswahn: «Haben Sie das Gefühl, dass Sie unter Kontrolle von Kräften und Mächten stehen, dass Sie gegen Ihren eigenen Willen kontrolliert werden?» › Gedankenausbreitung: «Hören Sie manchmal Ihre eigenen Gedanken laut, so dass vielleicht jemand, der neben Ihnen steht, diese auch hören könnte?» › Gedankenentzug: «Glauben Sie, dass Ihnen die Gedanken aus dem Kopf entzogen werden, als ob ein Mensch oder eine Kraft sie Ihnen wegnehmen könnte?» › Gedankeneingebung: «Glauben Sie, es werden Gedanken in Ihren Kopf gebracht, die nicht Ihre eigenen sind?» Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 14 Halluzinationen › Stimmenhören: «Hören Sie manchmal Stimmen und Geräusche, ohne dass jemand um Sie herum war und deren Herkunft Sie sich nicht erklären konnten?» «Was sagen die Stimmen?» «Sind die Stimmen in Ihrem Kopf oder können Sie sie mit Ihren Ohren hören?» «Kommentiert die Stimme das, was Sie tun?» «Wie viele Stimmen hören Sie? Unterhalten sich die Stimmen miteinander?» › Optische Halluzinationen: «Haben Sie eine «Erscheinung» oder Dinge gesehen, die andere Leute nicht sehen können?» › Taktile Halluzinationen: «Fühlen Sie manchmal «seltsame» Dinge an oder in Ihrem Körper?» › Geruchs- und Geschmackshalluzinationen: «Haben Sie ungewöhnliche Geruchs- oder Geschmacksempfindungen?» Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 15 Halluzinationen Welche Halluzinationen werden unterschieden? › Akustische Halluzinationen: Gehörs-Halluzinationen, Gehörstäuschungen, Akoasmen, Phoneme, Stimmenhören › Optische Halluzinationen: Gesichts-Halluzinationen, Photome, Visionen › Olfaktorische Halluzinationen: Geruchs-Halluzinationen › Gustatorische Halluzinationen: Geschmacks-Halluzinationen › Taktile Halluzinationen: haptische, Tast- oder BerührungsHalluzinationen, körperliche Wahrnehmungsstörungen, thermische Halluzinationen, › Vestibuläre Halluzinationen: kinästhetische Halluzinationen, Trugwahrnehmungen des Gleichgewichtssinnes › Leibhalluzinationen: leibliche Wahrnehmungstäuschungen, zoenästhetische Halluzinationen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 16 Symptomatik Häufigkeit von Halluzinationen (Cutting, 1995) › Akustische Halluzinationen: 50-60% › Visuelle Halluzinationen: 15-20% › Taktile Halluzinationen 5% › Haptische Halluzinationen <5% › Gustatorische Halluzinationen < 5% › Leibeshalluzinationen <1% Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 17 Halluzinationen Akustische Halluzination › Die mit Abstand häufigsten Halluzinationen sind akustische Halluzinationen (60%) oft in Form von imperativem Stimmenhören. › Die Hälfte der Patienten gibt an, sie hören die Stimmen durch die Ohren, die andere Hälfte gibt an, sie kämen von innen. › Auch die inneren Stimmen werden in der Regel nicht als selbstgeneriert wahrgenommen (Chadwick et al. 1996). › Es können bekannte oder völlig fremde Stimmen sein – die meisten hören mehr als eine Stimme. › Oft treten sie erstmals nach belastenden Erlebnissen auf (Romme & Escher, 1989). › Die Frequenz des Stimmenhörens hängt oft von auslösenden Situationen und Tagesstrukturierung ab (intensive lösungsorientierte Verhaltensanalysen machen). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 18 Halluzinationen Stimmenhören › Abwertende Kommentare (Du Idiot, Trottel, typisch, schafft es wieder nicht…) › Kommentierende Stimmen (Er isst ein Brot, er geht in der Schule, er traut sich nicht) › Befehlende (imperative) Stimmen (Heb das auf, mach das, sag das. Spring da runter, lauf nach Hause) › Fragende Stimmen (Bist Du sicher, dass Du das bist, dass Du lebst, dass Du nicht gesündigt hast …) › Die Inhalte der Stimmen haben zum Teil Ähnlichkeit mit den automatischen Gedanken bei anderen psychischen Störungen (Depressionen, Zwangsstörungen) (Beck & Rector ,2003). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 19 Halluzinationen Exploration von Stimmenhören › Wie hört sich die Stimme an? › Von welchem Ort spricht sie? Wann ist die Stimme zu hören? › Ist es eine männliche oder eine weibliche Stimme? Ist die Stimme bekannt? › Wie alt wirkt die Stimme? › Wie klingt diese Stimme? Welche Stimmung drückt sie aus? Welche Emotion löst die Stimme beim Patienten aus? › Was sagt die Stimme? Was lösen die Inhalte beim Patienten aus? Wie kann man mit den Aussagen der Stimme umgehen, sich davon distanzieren? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 20 Halluzinationen Taktile Halluzination › Taktile und gustatorische Halluzinationen beinhalten oft Beeinflussungserlebnisse (Strahlung, Gift, Gase, Blicke im Rücken). › Daher sollte man bei paranoiden Ideen unbedingt Halluzinationen explorieren und direkt nach Körperempfindungen etc. fragen. › Wichtig ist auch zu fragen, wann man diese nicht empfindet. › In Prodromalphasen wird oft über taktile Überempfindlichkeit und besondere Schmerzsensibilität berichtet. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 21 Affektstörungen › Affektarm: Geringe Gefühlsansprechbarkeit (Gleichgültigkeit, emotionale Indifferenz), Mangel an affektiver Reaktionsbereitschaft. › Ambivalent: Koexistenz widersprüchlicher Gefühle im Bewusstsein, wird meist quälend erlebt. › Parathymie: Paradoxe Affekte: Gefühlsausdruck und Erlebnisinhalt stimmen nicht überein (Trauriges mit Lächeln erzählen, Lustiges mit Weinen). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 22 Störungen des Selbstgefühls › Derealisation: Die Umgebung erscheint unwirklich, fremdartig oder auch räumlich verändert. Dadurch wirkt sie unvertraut, sonderbar, gespenstisch oder sonst wie verändert. › Depersonalisation: Der Patient nimmt sich selbst unwirklich, verändert, fremd und/oder uneinheitlich wahr. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 23 Negativ-Symptomatik › Defizite der kognitiven Verarbeitung, Affektregulation und Probleme der Kommunikation, Störungen der Aufmerksamkeit und Defizite in den komplexen Gedächtnisfunktionen. › Im Bereich der Affektregulation: Abnorme Betroffenheit und Hyperreagibilität. › Negative emotionale Erwartungen führen zu einer Verzerrung der subjektiven Wahrnehmung. › Probleme, affektive Signale richtig zu deuten (Bediou et al, 2007). › Probleme im Ausdruck und im Erkennen von Gefühlen (Vauth & Stieglitz (2007, 2009). › Schizophrene Patienten neigen auch dazu, soziale Situationen falsch einzuschätzen (Resch, 2008). Beeinträchtigungen der Kommunikation hindern den Jugendlichen daran, Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz angemessen zu meistern. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 24 Negativ Symptomatik Kognitive Defizite › Defizite im Bereich der exekutiven Funktionen › Konzentrationsdefizite › Vielzahl an neuropsychologische Teilleistungsschwächen › Probleme mit dem Arbeitsgedächtnis › Probleme planvoll und seriell Vorzugehen › Probleme mit Emotionserkennung › Probleme soziale Wahrnehmung › Körperwahrnehmung………………………….. › Vielzahl an neuropsychologischen Defiziten (vgl. ) › Intelligenztestungen nur in Remissionen und symptomfreien Phasen › Intelligenztestung an Symptomatik anpassen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 25 Psychomotorische Störungen › Maniriert/bizarr: Alltägliche Bewegungen und Handlungen (auch Gestik, Mimik und Sprache) werden verstiegen, verschroben, posenhaft ausgeführt. Das gesamte Verhalten kann unnätürlich, geziert, affektiert, gekünstelt, verkrampft, oder floskelhaft sein. › Mutistisch (stumm): Wortkargheit bis zum Nichtsprechen, oft werden nur ganz wenige geflüsterte Worte oder Silben geäussert. › Katatone Erregung: Ausführung scheinbar sinnloser und stereotyper, erregter motorischer Bewegungen, die nicht durch äussere Reize hervorgerufen sind. › Katatone Haltungsstereotypie: Der Patient kann freiwillig inadäquate und bizarre Haltungen einnehmen. › Negativismus: Der Patient kann sich Anweisungen oder Fremdversuchen, Bewegungen auszuführen, widersetzen oder sich ihnen aktiv entgegenstellen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 26 Epidemiologie Prävalenz von schizophrenen Erkrankungen › Die Prävalenz von schizophrenen Störungen beträgt 1%. Über 400‘000 Menschen sind in der BRD „jetzt, in diesem Augenblick “ betroffen. › Die Prävalenz ist in verschiedenen Kulturen identisch. › Die Häufigkeit von schizophrenen Erkrankungen ist relativ stabil seit es epidemiologische, psychiatrische Forschungen gibt. › Wegen des häufigen chronischen oder rezidivierenden Verlaufes stellen sie trotzdem einen großen Teil der Inanspruchnahmepopulation von psychiatrischen Kliniken dar. › Die Hospitalisierungsraten sinken wegen den therapeutischen und psychopharmokologischen Fortschritten in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 27 Symptomatik Schizophrene Störungen in der Adoleszenz › Man spricht bei einem Krankheitsbeginn vor dem 13. Lebensjahr von einer Very Early Onset-Psychose › Bei einem Krankheitsbeginn vor dem 18. Lebensjahr von Early Onset-Psychose. › Oft spricht man bei einer Manifestation vor dem 21. Lebensjahr von Jugendlichenpsychosen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 28 Epidemiologie Prävalenz von juvenilen Psychosen › Adoleszente Schizophrenien mit Krankheitsbeginn vor dem 18. LJ haben eine Prävalenz von 0,23% (Gilberg, 2001). › ¼ der Lebenszeitprävalenz von Schizophrenie betrifft jene, die einen frühen Psychosebeginn aufweisen. › 1,6 -1,9 Betroffene auf 100‘000 Einwohner ( Gillberg, 2001, Burd et al. 1996). › Mehr entwicklungsneurologische Defizite als bei adulten Psychosen (Asarnow, Resch et al. 2004, 2008). Nicht selten mit kognitive Einschränkungen (Basso et al. 1997). › Mehr Negativ-Symptome und ausgeprägte, prämorbide Auffälligkeiten (Ballageer et al. 2005) . › Längere Dauer der unbehandelten Psychose (Ballageer et al. 2005). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 29 Der kleine Unterschied? Genderaspekte http://www.n-tv.de/img/89/897309/O_1000_680_680_RTR1R233.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 30 Symptomatik Gendereffekt › Im Erwachsenenalter gleiche Prävalenz bei Männern und Frauen › Im Jugendalter 2,5 Mal häufiger bei männlichen Jugendlichen › Häufigkeitsgipfel für die Erstmanifestation bei Männern 24 Jahre (Clark & Lewis, 1998) › Häufigkeitsgipfel für die Erstmanifestation bei Frauen mit 27 (Clark & Lewis, 1998) › Bei Frauen im Schnitt etwas günstigerer Verlauf, bessere prämorbide Anpassung. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 31 Symptomatik Besonderheiten von Early und Very Early-Onset › Schlechtere Prognose – häufiger Chronifizierung › Starke Teilhabebeeinträchtigung › Extrem wichtige Lebensphase mit zentralen Entwicklungsaufgaben für die Teilhabe an der Gesellschaft. › Langes Prodrom und längere Dauer der unbehandelten Psychose Nicht selten Behandlung unter anderen kinder- und jugendpsychiatrischen Diagnosen (Autismus, Zwangsstörung, Cannabisabusus, Depressionen, Schlafstörungen) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 32 Vulnerabilitätsmodell Resch, F. (2007). Schizophrenie. In: Herpertz-Dahlmann et al. (Hrsg.). Entwicklungspsychiatrie Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 33 Ätiologie Bedeutung von genetischen/familiären Faktoren Lebenszeitrisiko für Schizophrenie 60 50 40 30 20 10 Häufigkeit in % 0 Gottesman (1991) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 34 Ätiologie Drei Schläge Hypothese (Keshevan, 1999): 1. Schlag: Zeit des zweiten Schwangerschaftstrimenons und umfasst den Zeitraum bis nach der Geburt. 2. Schlag: Entwicklungsphase der nicht gelingenden Integration in der Adoleszenz und der neurostrukturellen Umstrukturierung des Gehirns „Pruning“ (Hypothese nach Feinberg, 1982; Keshavan & Hogarty 1999). 3. Schlag: Bedeutung der Psychosenentstehung selbst. Der Zeitraum der DUP spielt dabei eine fundamentale Rolle. Es wird angenommen, dass die Psychose selbst zu neuroarchitektonischen Fehlentwicklungen führt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 35 Ätiologie Pränatale und perinatale Faktoren › Es gibt die Hypothese, dass virale Infektionen während des letzten Drittels der Schwangerschaft eine Rolle spielen, da es eine Häufung von schizophrenen Erkrankungen nach Grippewillen gibt (z.B. Müller & Schwarz , 2007) . › Manche Autoren gehen auch von einer milden Form der Encephalitis aus (Bechter , 2004). › Wie bei fast allen psychischen Störungen findet man auch bei der Schizophrenie vermehrt Geburtskomplikationen (Indrevavik et al., 2004). Insbesondere bei frühbeginnenden Psychosen scheint es eine Häufung zu geben (Smith et al. 1998). › Es gibt kaum eine psychische Erkrankung, für die es mehr neurobiologische Korrelate gibt, die mit den verschiedensten Methoden erfasst wurden (Hautleitwiderstand, EEG, CT, PET etc. – Überblick bei Hymann et al. 2007, Arolt et al. 2007, Falkai & Maier, 2006). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 36 Frühe Ursachen: Persönlichkeitszüge und Kompetenzen (Veranlagung, Erfahrungen, Modelle) Auslöser: Stress, Belastungen Körperliche Erschöpfung, negative Emotionen (Angst, Depression) Ungewöhnliche (akustische, somatische oder visuelle) Erfahrungen unklarer Ursache Ungünstige Konzepte im Bezug auf selbst und andere (kognitive Vulnerabilität) Tendenz zu voreiligen Schlussfolgerungen und falscher Quellenattribution Dysfunktionale Verarbeitung Angst, Misstrauen, Gefühl, auf der Hut sein zu müssen Selektive Aufmerksamkeit: «Confirmation Bias» Vermeidung und Sicherheitsmassnahmen: Fehlen korrigierender Erfahrung für paranoide Annahmen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 Negative Reaktionen durch andere Personen und Rückzug: Fehlen positiver, korrigierender Erfahrungen mit anderen Menschen Vgl. Lincoln (2006), Beck & Rector 2003 37 Ätiologie Arbeitsmodell zum Stimmenhören (nach Morrison 1998) Auslöser Andere Menschen beachten mich mehr als andere Stimmenhören „Der Trottel“ Kognition „Die Reden über mich“ Verhalten: Hypervigilanz Vermeide Blickkontakt Starre Körperhaltung Überwache andere Emotion Angst Anspannung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 38 Verlauf von schizophrenen Erkrankungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 39 Symptombedingte Probleme in der Schizophreniebehandlung › Geringe Krankheitseinsicht - fast 50% der Betroffenen fühlen sich nicht krank und leugnen ihre Symptome (Dickerson et al. 1999, Amador et al. 1990). › Sozialer Rückzug und Isolierung erschwert Früherkennung und Rückfallvermeidung. › Symptomatik führt zu massiver Teilhabebeeinträchtigung Prävalenz bei Wohnungslosen > 10-15 % (insgesamt leiden 73% der Wohnungslosen unter mindestens einer psychischen Erkrankung). › Sehr hohe Suizidrate (10-15%) - oft unmittelbar mit „harten“ Methoden, weshalb Prävention schwer fällt. › Nicht selten sind Zwangsmaßnahmen und Depotmedikation notwendig. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 40 Schwere chronische Teilhabebeeinträchtigung bei Schizophrenen Erkrankungen allgemein › 120‘000 stationäre Behandlungsepisoden, durchschnittliche Behandlungsdauer 77 Tage. › Jährliche Behandlungskosten in der Höhe von 1,5 Milliarden € nur nach SGB-V. Kosten für Sozialhilfeleistungen (SGB-II und SGB IX) nicht eingerechnet. › Nach Jahren der Symptomfreiheit können noch Rückfälle auftreten. › 40% weisen chronifizierte Symptome auf (Vauth & Stieglitz, 2007) › Nur 25,5 % der Patienten erreichen eine gute soziale Integration und Rollenfunktionsfähigkeit (Robinson et al. 2004). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 41 Verlauf Besonders schlecht bei juvenilen Psychosen › Ungünstiger sozialer Gesamtverlauf (Nicolson & Rapoport 1999). › Mannheimer Längsschnittstudie von Schmidt et al. (1995): › n=96 zwischen 1976 und 1987 behandelte Patienten › Nach 10 Jahren waren 57% der Patienten erheblich eingeschränkt, 75% waren finanziell abhängig, bei 83% waren weitere stationäre Aufnahmen notwendig und 74% befanden sich aktuell in psychiatrischer Behandlung. › 75% erreichen einen deutlich geringeren sozialen Status als ihre Eltern, 85% werden rehospitalisiert. Weniger als 10% waren verheiratet. Nur 15% lebten alleine (Blanz et al. 2004). › In einer Nachuntersuchung von 23 Patienten mit einer kindlichen Psychose erreichten 19 keinen Schulabschluss (Trott et al. 1999). › Extrem hohe Todesrate durch Suizid, Unfälle und Erkrankungen 19 von 661 in 5 Jahren (Robinson et al. 2010). › In einer Katamnese von Remschmidt (2004) werden noch viel höhere Todesraten angeben: Von 38 Patienten starben 15, davon sechs durch Suizid. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 42 Dauer der unbehandelten Psychose (DUP) Definition DUP › Mehrere Studien zeigen, dass durchschnittlich fast ein Jahr vom Auftreten der ersten Symptome bis zur suffizienten Behandlung vergeht. › Die Wege der Inanspruchnahme einer stationären Erstbehandlungen sind sehr heterogen und erfolgen nicht selten direkt über Kliniken oder Hausärzte, seltener über Psychotherapeuten und Psychiater. Dann meistens später und vermeintlich besser vorbereitet (Schimmelmann et al. 2010). › In der Regel gehen negative Symptome den Positiv-Symptomen voraus. Oft beträgt die Dauer von den ersten Negativ-Symptomen bis zum Behandlungsbeginn mehrere Jahre. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 43 Dauer der unbehandelten Psychose (DUP) Grafik DUP Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 44 Dauer der unbehandelten Psychose (DUP) Längere DUP › Mehr Positiv- und Negativ-Symptome und größere Teilhabebeeinträchtigung bei Katamnese (Larsen et al. 2000, Drake et al. 2000). › Geringere Lebensqualität und tieferes psychosoziales Funktionsniveau zum Katamnese-Zeitpunkt (Black et al. 2001). › Häufiger chronischer Krankheitsverlauf (Verdoux et al. 2001). › Verzögerte Revision der Symptomatik. Längere Zeitspanne bis zum Ansprechen der Medikation, längere Dauer der Symptomatik (McGorry et al. 1996, Wiermsa et al. 1998, Robinson et al. 1999). Es gibt aber auch andere Studien, die den Einfluss der DUP auf den Verlauf relativieren (Barnes et al. 2000). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 45 Vorläufer Symptome im Jugendalter › Selbstberichte psychotischer Basissymptome im Alter von 11 Jahren guter Prädiktor (Odda Ratio 16,3). › Ausmass psychiatrischer Symptome in der Kindheit alleine kein guter Prädiktor (Poulton et al. 2000). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 46 Verlauf der Symptomatik Substanzmissbrauch und Psychosen › Sehr hohe Prävalenz von Substanzmissbrauch und Abhängigkeitserkrankungen bei schizophrenen Patienten allgemein. 86% hatten mindestens einmal Cannabis konsumiert. 24% der Patienten bei der Erstmanifestation konsumieren regelmässig. › Bei Jugendlichen gerade Cannabisabuses sehr ausgeprägt. 66% konsumieren Cannabis. 26.3 % überdauernd, auch in der Behandlungszeit (Schimmelmann et al. 2011). › Fleischhaker (2004): Inanspruchnahme Erstmanifestation, 19% drogenindizierte Psychose, 33% Doppeldiagnose. › Mehrere Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des beginnenden Drogenkonsums und ersten psychotischen Sprodromalsyndromen (Holtmann et al. 2002, Schimmelmann et al. 2011, Fleischhaker 2004). › Henne-Ei-Problem - Selbstmedikation der beginnenden Psychose oder auslösende Komponente. › Es gibt inzwischen mehrere Hinweise, dass Cannabis auch zum Ausbruch von Schizophrenie führen könnte (Häfner et al. 2002, Hildes et al. 2009) oder diesen zumindest beschleunigt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 47 Verlauf der Symptomatik Substanzmissbrauch und Psychosen › Komorbider Substanzgebrauch hat wesentlich schlechteren Outcome und Prognose und höhere Rückfallgefahr. › Die Behandlungscompliance ist schlechter sowohl für psychopharmakologische als auch psychotherapeutische Interventionen, viel schlechterer Outcome und Drop-Out (Miller et al., 2009). › Unstrittig ist, dass Substanzmissbrauch die Dauer der unbehandelten Psychose verlängert (Fleischhaker et al. 2004). › Negativ-Symptome sind nur sehr schwer von den Symptomen eines schweren Cannabismissbrauchs oder einer Cannabisabhängigkeit zu differenzieren. › Auch Angehörige reagieren oft eher aufs Kiffen und führen Verhaltensänderung darauf zurück, weshalb Psychose unerkannt bleibt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 48 Prädiktoren für positiven Verlauf der Störung Lincoln (2006) › › › › › › › › › › › › › Gute prämorbide Anpassung Akuter Erkrankungsbeginn Älter bei der Erstmanifestation Vorwiegend positiv Symptomatik keine negativ Symptomatik Low Expressed Emotions im Lebensumfeld Weniger belastende Lebensereignisse in der Anamnese Höhere Krankheitseinsicht Schnelle, effektive Medikation / Compliance mit der Medikation Auslösende Ereignisse Weibliches Geschlecht Keine Psychosen in der Familienanamnese Komorbidität insbesondere Sucht und Depression Ländlicher Hintergrund Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 49 F20.0 Paranoider Typus B. Halluzinationen oder Wahnphänomene müssen vorherrschen (Verfolgungswahn, Beziehungswahn, Abstammungswahn, Sendungswahn, coenästhetischer oder Eifersuchtswahn; drohende oder befehlende Stimmen, Geruchs- und Geschmackshalluzinationen, sexuelle oder andere körperliche Sensationen). C. Ein verflachter oder inadäquater Affekt, katatone Symptome oder Zerfahrenheit dominieren das klinische Bild nicht. Alle diese Phänomene können jedoch in leichter Form vorhanden sein. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 50 F20.1 Hebephrene Schizophrenie B. Kriterium 1. oder 2. muss erfüllt sein: 1. Eindeutige und anhaltende Verflachung oder Oberflächlichkeit des Affekts. 2. Eindeutige und anhaltende Inadäquatheit oder Unangebrachtheit des Affekts. C. Kriterium 1. oder 2. muss erfüllt sein: 1. Zielloses und unzusammenhängendes Verhalten, statt Zielstrebigkeit. 2. Eindeutige Denkstörungen, die sich als unzusammenhängende, weitschweifige oder zerfahrene Sprache äussern. D. Halluzinationen oder Wahnphänomene bestimmen das klinische Bild nicht, können jedoch in leichterer Form vorhanden sein. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 51 F20.2 Katatoner Typus A. Die allgemeinen Kriterien für eine Schizophrenie müssen möglichst erfüllt sein, auch wenn dies zu Beginn der Störung bei nicht kommunikationsfähigen Personen nicht feststellbar ist. B. Für mindestens zwei Wochen muss mindestens eines der folgenden katatonen Merkmale vorhanden sein: 1. Stupor (eindeutige Verminderung der Reaktionen auf die Umgebung, sowie Verminderung spontaner Bewegungen und Aktivität) oder Mutismus. 2. Erregung (anscheinen sinnlose motorische Aktivität, die nicht durch äussere Reize beeinflusst ist). 3. Haltungsstereotypien (freiwilliges Einnehmen und Beibehalten unsinniger und bizarrer Haltungen. 4. Negativismus (anscheinend unmotivierter Widerstand gegenüber allen Anforderungen oder Versuchen, bewegt zu werden; oder stattdessen Bewegungen in gegensinniger Richtung). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 52 F20.2 Katatoner Typus 5. Rigidität (Beibehaltung einer starren Haltung gegenüber Versuchen, bewegt zu werden). 6. Wächserne Biegsamkeit, Verharren der Glieder oder des Körpers in Haltungen, die von aussen auferlegt sind. 7. Befehlsautomatismus (automatische Befolgung von Anweisungen). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 53 F20.5 Schizophrenes Residuum A. Die allgemeinen Kriterien für eine Schizophrenie (F20.0F20.3) müssen in der Vergangenheit erfüllt gewesen sein, sind aber zurzeit nicht nachweisbar. B. Mindestens vier der folgenden Symptome waren während der vorangegangenen zwölf Monate vorhanden: 1. Psychomotorische Verlangsamung oder verminderte Aktivität. 2. Deutliche Affektverflachung. 3. Passivität und Initiativmangel. 4. Verarmung hinsichtlich Menge oder Inhalt des Gesprochenen. 5. Geringe nonverbale Kommunikation, deutlich an Mimik, Blickkontakt, an Stimmmodulation und Körperhaltung. 6. verminderte soziale Leistungsfähigkeit und Vernachlässigung der Körperpflege. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 54 F20.6 Schizophrenia simplex A. Schleichende Progredienz aller drei folgenden Merkmale über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr: 1. Deutliche und anhaltende Veränderungen in einigen früheren Persönlichkeitsmerkmalen, was sich in einem Antriebs- und Interesseverlust äussert, sowie in nutz- und ziellosem Verhalten, in Selbstversunkenheit und sozialem Rückzug. 2. Allmähliches Auftreten und Verstärkung von «negativen» Symptomen wie Apathie, Sprachverarmung, verminderte Aktivität, deutlicher Affektverflachung, Passivität, Initiativemangel und verminderte nonverbale Kommunikation (Mimik, Blickkontakt, Stimmmodulation oder Körperhaltung). 3. Deutliche Abnahme der schulischen oder beruflichen Leistungsfähigkeit. B. Niemals treten die unter F20.0-F20.3 G1. aufgeführten Symptome oder Halluzinationen und ausgeformte Wahninhalte jeglicher Art auf. Das heisst, die Betroffenen dürfen niemals die Kriterien für eine Schizophrenie oder eine andere psychotische Störung erfüllt haben. C. Kein Nachweis einer Demenz oder einer anderen organischen Störung. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 55 Wichtig ist es nach psychotischen Symptomen zu Fragen! „Fragen sind niemals indiskret, die Antworten zuweilen schon.“ Oscar Wilde Bei jeder psychischen Befunderhebung unbedingt PsychoseScreeningfragen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 56 Psychopathologische Befunderhebung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 57 8.7 Affektarm (sF) Exploration: Patient • Rufen traurige oder fröhliche Ereignisse in Dir fast keine Gefühle hervor? Bezugsperson • Zeigt P bei freudigen oder traurigen Anlässen wenig bis keine Gefühle? • Fällt es Ihnen schwer zu erwähnen, wie es XY geht? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 58 8.8 Interessenlosigkeit / Apathie (SF) Exploration: Patient • Fühlst Du Dich schwunglos und ohne Kraft und Energie? • Hast Du an nichts mehr Interesse? • Fällt es Dir schwer, einfache Aufgaben zu erledigen? Bezugsperson • Fühlt P sich schwunglos und ohne Kraft und Energie? • Hat P an nichts mehr Interesse? • Fällt es P schwer, einfache Aufgaben zu erledigen? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 59 11.5 Grübeln (Sf) Exploration: Patient • Kommst Du von bestimmten Gedanken nicht los und quält Dich das sehr? Bezugsperson • Berichtet P über quälende Gedanken, von denen P sich nicht lösen kann? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 60 11.8 Gedankenausbreitung/-lautwerden/eingebung/-entzug (Sf) Exploration: Patient • Meinst Du, andere kennen Deine Gedanken oder können wissen oder sogar hören, was Du gerade denkst? • Hast Du manchmal das Gefühl, - dass Du Gedanken hast, die gar nicht von Dir selbst stammen? - dass Deine Gedanken von anderen beeinflusst oder gelenkt werden? - dass Deine Gedanken Dir weggenommen werden könnten? Bezugsperson • Haben Sie den Eindruck, P könnte glauben, dass andere seine/ihre Gedanken kennen oder wissen oder sogar hören, was P gerade denkt? • Hat P schon einmal geäussert, - dass P Gedanken hat, die gar nicht von P selbst stammen? - dass die Gedanken von P von anderen beeinflusst oder gelenkt werden? - dass P meint, Gedanken könnten P weggenommen werden? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 61 11.9 Sensitiv/misstrauisch (sF) Exploration: Patient • Hast Du oft das Gefühl, dass Du sehr vorsichtig und eher misstrauisch sein musst, damit Dir nichts geschieht? Bezugsperson • Haben Sie den Eindruck, dass P ungewöhnlich misstrauisch ist und selbst belanglose Ereignisse oder Aussagen auf sich bezieht? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 62 11.10 Derealisation/Depersonalisation(Sf) Exploration: Patient • Kommt Dir die vertraute Umgebung in letzter Zeit irgendwie verändert oder fremd vor? • Erscheint Dir Deine Umgebung irgendwie unwirklich? • Spürst Du Deinen Körper so wie üblich? • Kommst Du Dir selber unwirklich oder fremd vor? Bezugsperson • Haben Sie den Eindruck, dass P die vertraute Umgebung in letzter Zeit irgendwie verändert oder fremd vorkommt? • Haben Sie den Eindruck, dass P seinen Körper als unwirklich oder fremd erlebt? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 63 11.12 Halluzination(Sf) Exploration: Patient • Hörst Du Stimmen, obwohl niemand in der Nähe ist, oder siehst Du Personen oder Gegenstände, die andere nicht sehen können? • Haben Speisen oder Getränke einen anderen Geschmack als früher oder bemerkst Du seltsame Gerüche? Bezugsperson • Haben Sie den Eindruck, dass P Stimmen hört, obwohl niemand in der Nähe ist oder dass P Personen oder Gegenstände sieht, die anderen nicht sehen können? • Haben Sie den Eindruck, dass Speisen und Getränke für P einen anderen Geschmack als früher haben oder dass P seltsame Gerüche bemerkt? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 64 11.13 Wahn(sF) Exploration: Patient • Hast Du das Gefühl, dass irgend etwas Seltsames vor sich geht, dass alles unheimlich ist? • Haben bestimmte Dinge in der Umgebung eine besondere Bedeutung für Dich bekommen? • Hast Du in der letzten Zeit das Gefühl, dass viele Dinge um Dich herum passiert sind, die alle etwas mit Dir zu tun haben oder dass Leute ständig Anspielungen auf Dich machen? • Hast du das Gefühl, dass Dir jemand etwas Böses oder Schlechtes antun will? • Hast Du das Gefühl, dass Du Dich schuldig gemacht hast? • Hast Du besondere oder ungewöhnliche Fähigkeiten oder Kräfte, über die andere Menschen nicht verfügen können? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 65 11.13 Wahn(sF) Exploration: Bezugsperson Haben Sie den Eindruck, • dass P das Gefühl hat, dass irgend etwas Seltsames vor sich geht, dass alles unheimlich ist? • dass bestimmte Dinge in der Umgebung eine besondere Bedeutung für P bekommen? • dass P in der letzten Zeit das Gefühl hat, dass viele Dinge passiert sind, die alle etwas mit P zu tun haben oder dass Leute ständig Anspielungen auf P machen? • dass P das Gefühl hat, dass jemand P etwas Böses oder Schlechtes antun will? • dass P meint, dass P sich schuldig gemacht hast? • dass P denkt, dass er/sie besondere oder ungewöhnliche Fähigkeiten oder Kräfte hat, über die andere Menschen nicht verfügen können? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 66 Tab.2 Klinisch neurologische Testverfahren Aufmerksamkeits- und Arbeitsgedächtnis Leistungsdiagnostik in der akuten Phase nur zur Verlaufskontrolle Aufmerksamkeits- und Belastungstest d2 (Test d2) Trail-Making-Test (TMT) Zahlen-Symbol-Test (Subtest im HAWIE-R) Zahlen-Spanne - Exekutivfunktionen Wisconsin Card Sorting Test (WCST) Tower of London / Turm von Hanoi (ToL) Sekundäres Gedächtnis Auditiv Verbal Learning Test (AVLT) Schulische Empfehlung aufgrund von Testergebnisse in einer symptomfreien Zeit Puffer einplanen Rey-Osterrieth-Complex-Figure-Test (RCFT) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 67 Übung 1: Exploration von psychotischen Symptomen und imperativen Stimmen Bilden Sie bitte Vierergruppen (Patient, Therapeut und zwei Beobachter). Wählen Sie zu Beginn einen Sprecher, der die Ergebnisse ins Plenum einbringt. Alle, die bereits Erfahrung mit schizophrenen Patienten haben, spielen bitte einen realistischen Patienten. Befragen Sie einen Patienten bezüglich Ich-Störungen, Wahn und Halluzinationen. Falls der Patient Stimmen hört, explorieren Sie diese genauer. Achten Sie darauf, welche Formulierungen den Gesprächsfluss erleichtern/erschweren. Besprechen Sie, welche Fragen zu welcher Symptomatik Ihnen leicht und eher schwer fielen. Überlegen Sie gemeinsam, wie man diese Symptome effektiver erfragen kann. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 68 Bedeutung der Früherkennung und Frühbehandlung › Längere DUP, schlechtere Prognose – Chronische Verläufe haben längere DUP. › Symptome selbst führen zu neurobiologische Veränderungen. › Je früher man intervenieren kann, desto besser die Prognose und desto geringer das Chronifizierungsrisiko. › Traum von Prävention, um vielen Patienten und ihren Familien unendlich viel Leid zu ersparen. › Gesundheitsökonomisch wäre dies eine Möglichkeit, Behandlungstage und Rehabilitationskosten zu reduzieren. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 69 «Ultra-high risk» Kriterien A. Vorliegen mindestens eines der folgenden attenuierten psychotischen Symptome (APS), im vergangen Monat mehrfach über mindestens eine Woche auftretend: - Beziehungsideen - Eigentümliche Vorstellungen oder magisches Denken - Grössenideen - Paranoide Ideen/erhöhtes Misstrauen - Ungewöhnliche Wahrnehmungserlebnisse - Eigenartige Denk- und Sprechweise Erstmaliges Auftreten der Symptomatik binnen der vorangehenden 12 Monate oder deutliche Zunahme der Ausprägung (v.a. stärkere Verhaltensrelevanz, schwächere Distanzierung von den attenuiert-psychotischen Erlebnisweisen) im gleichen Zeitraum. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 70 «Ultra-high risk» Kriterien B. Vorliegen mindestens eines der folgenden kurzen, limitierten, intermittierenden psychotischen Symptome (BLIPS) mit Beginn in den vergangenen 3 Monaten und mit einem Auftreten von mindestens einigen Minuten pro Tag und mindestens an einem Tag im Monat und weniger als einer Stunde über vier Tage pro Woche in einem Monat. - Halluzinationen - Wahn - Formale Denkstörungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 71 «Ultra-high risk» Kriterien C. Vorliegen eines Risikofaktors (erstgradiger biologischer Angehöriger mit diagnostizierter nicht-organischer Psychose oder schizotype Persönlichkeitsstörung beim Patienten) und Vorliegen einer anhaltenden Reduktion im psychosozialen Funktionsniveau gemessen an einem Abfall im «Global Assessment of Functioning» Gesamtwert um mindestens 30% binnen der vergangenen zwölf Monate. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 72 Basissymptomkriterien Hochrisikokriterium «Kognitive Störungen» (COGDIS) Vorliegen mindestens zwei der folgenden neun Basissymptome mit einem mehrfach Auftreten über einen Zeitraum von mindestens einer Woche (dies entspricht einer Schweregradeinschätzung im SPI-CY von mindestens «3»): - Gedankeninterferenz (D.9) - Zwangsähnliches Perseverieren bestimmter Bewusstseinsinhalte (D.14) - Gedankendrängen, -jagen (D.10) - Gedankenblockierung (D.15) - Störung der rezeptiven Sprache (D.11) - Störung der expressiven Sprache (D.12) - Störung der Symbolerfassung (D.7) - Eigenbeziehungstendenz (B.2) - Unfähigkeit, die Aufmerksamkeit zu spalten (D.8) - Fesselung durch Wahrnehmungsdetails (O.2) *korrespondierende Itemnummer im SPI-CY (Schultze-Lutter & Koch, 2010) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 73 Prävalenz von Basissymptomen › Allgemeinbevölkerung: 30% › Klinische Stichprobe: 80% › Psychotische Stichprobe: 97% Meng et al. (2009) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 74 Effizienz der Frühidentifikation › Calloon (2006): 20 % der Ultra High Risk-Patienten entwickeln im folgenden Jahr eine manifeste Symptomatik. › Mehrere Studien zeigen, dass sich durch eine medikamentöse Frühintervention die Übergangsraten reduzieren lassen. Teilweise verschwindet der Effekt bei längeren Beobachtungszeiträumen wieder. › Melbourne › Köln › New Haven › New York Manchester › Köln › Basel Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 75 Internationale Studien Melbourne Die 1994 in Melbourne eröffnete «PACE clinic» (Personal Assessment and Crisis Evaluation) führt seit einigen Jahren randomisierte, kontrollierte Interventionsstudien durch. In einer Studie wurde in 59 UHR-Patienten der Effekt von niedrig-dosiertem Risperidon zusammen mit Verhaltenstherapie im Vergleich zu «needs-based»-Behandlung in Bezug auf den Übergang in eine psychotische Erstmanifestation untersucht. Nach sechsmonatiger Behandlungsdauer wurde bei 10% der Patienten aus der ersten Studiengruppe und bei 36% der Patienten aus der zweiten Studiengruppe ein Übergang in eine Psychose gefunden. Dieser signifikante Effekt ging nach weiteren 6 Monaten Follow-up verloren. In einer anderen PACEStudie werden Pateinten bis Ende 2005 rekrutiert und in folgende drei Studiengruppen randomisiert: antipsychotische Medikation und Verhaltenstherapie, Placebo und Verhaltenstherapie, sowie Placebo und stützende Gesprächstherapie. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 76 Internationale Studien New Haven Die PRIME-Studie (Prevention through Risk Identification, Management and Education) begann 1997 in New Haven, 1999 wurden Forschungsgruppen in North Caroline, Toronto und Calgary einbezogen. Diese erste randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblind-Studie, welche die Wirkung von Olanzapin im Vergleich zu Placebo bei UHRPatienten untersuchte, wurde 2003 abgeschlossen. Die endgültigen Resultate sind noch nicht publiziert worden. Im ersten Studienjahr kam es unter insgesamt 60 Patienten bei 16 Patienten (27%) zu einer psychotischen Transition, wobei 11 Patienten der Placebo- und 5 Patienten der Medikationsgruppe entstammten. Derzeit wird in den erwähnten «PRIME clinics» eine prospektive Multi-Zenter-Kohortenstudie (PREDICT) durchgeführt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 77 Internationale Studien New York Das «RAP program» (Recognition and Prevention) begann 1998 und untersucht Psychose-gefährdete («genetic risk» und «clinical high-risk» [CHR]) Patienten in naturalistischen, prospektiven Studien, in welchen die Intervention nicht spezifiziert ist, sondern den üblichen klinischen Erfahrungen entspricht. Patienten werden aufgrund ihrer Symptomatologie in drei verschiedene Gruppen eingeteilt: CHR- (unspezifische, abgeschwächte Negativsymptome); CHR+mod (moderate abgeschwächte Positiv-Symptome) und CHR+sev (ernsthaft abgeschwächte PositivSymptome ohne psychotische Ausprägung). Im Gegensatz zu anderen Studien untersucht RAP auch Patienten mit ausschliesslich abgeschwächter Negativ-Symptomatik wie z.B. sozialer Rückzug, Antriebslosigkeit und sozialem Leistungsabfall. Die bisherigen Studienergebnisse scheinen darauf hinzuweisen, dass die optimale Behandlung für jede einzelne dieser Gruppen unterschiedlich ist. Beispielsweise konnten günstige Resultate unter einer Behandlung mit SSRIs in der CHR+mod-Gruppe gezeigt werden). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 78 Internationale Studien Manchester Die EDIE-Studie (Early Detection and Intervention Evaluation) in Manchester untersucht den Effekt von Verhaltenstherapie im Vergleich zu monatlichen Kontrollgesprächen auf die psychotischen Transitionsraten bei Psychose-gefährdeten Patienten. Die Verhaltenstherapie wurde während 6 Monaten angeboten, die monatlichen Kontrollgespräche während 12 Monaten. Ein signifikant günstiger Effekt durch die Verhaltenstherapie konnte nachgewiesen werden. Von 58 Patienten kam es bei 2 Patienten (6%) aus der ersten Studiengruppe und bei 5 Patienten (22%) aus der zweiten Studiengruppe zu einer psychotischen Erstmanifestation. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 79 Internationale Studien Köln Das Früherkennungs- und Therapiezentrum für psychotische Krisen (FETZ) wurde 1997 in Köln eröffnet und klärt Psychose-gefährdete Patienten seit Oktober 1998 systematisch ab. Seit Januar 2000 wird standardisierte Behandlung im Rahmen der Multi-Zenter-Studien (Bonn, Düsseldorf, München) des deutschen Kompetenznetzwerkes angeboten. Sowohl die frühe als auch die späte Prodromalphase (Einteilung gemäss obengenannter Kriterien) werden untersucht. In der frühen Prodromalphase wird der Effekt von klinischen Gesprächen versus Verhaltenstherapie untersucht. Die Intervention wird während 12 Monaten angeboten und umfasst Einzel- sowie Gruppentherapie, Computer-gestütztes kognitives Training sowie Psychoedukation für die Familien. Es ist geplant, insgesamt 200 Patienten zu untersuchen. Obwohl die endgültigen Resultate noch nicht publiziert wurden, deuten vorläufige Ergebnisse einen günstigen Effekt der kombinierten Interventionsgruppe an. In dieser Gruppe erfolgte bei 5,5% der Patienten ein Übergang in entweder eine späte Prodromalphase oder eine psychotische Erstepisode im Vergleich zu 14,8% der Patienten in der Kontrollgruppe. Die späte Prodromalphase wird im Rahmen einer kontrollierten, randomisierten Studie untersucht. Klinische Gespräche werden alleine oder in Kombination mit antipsychotischer Medikation angeboten. Bislang liegen in diesem Studienteil noch zu wenig Daten vor, um verlässliche Angaben machen zu können. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 80 Probleme der Frühbehandlung – II Modellrechnung von Resch (2008) Test mit Spezifität 90% Sensitivität 70% 10.000 Psychose Keine Psychose N = 23 N = 9‘987 Positive Screening Richtig Positive Falsch Positive 1000 17 983 Negative Screening Falsch Negative Richtig Negative 6 8894 9000 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 81 Bedeutung der gezielten Früherkennung Schimmelmann, 2011 Risikofaktoren in GPS Selten Häufig Nicht spezifisch für Psychoseübergang Klinisch nicht bedeutsam Revision der Kriterien Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Spezifisch für Psychoseübergang Klinisch bedeutsam Ermutigung zur Hilfesuche und Behandlung kann diskutiert werden 14.11.2011 82 Fazit Früherkennung › Breites Screening in der Allgemeinbevölkerung wegen geringer Basisrate nicht sinnvoll! › Wichtig ist es, die Inanspruchnahme-Populationen gut anzuschauen und Personen, die dort mit Ultra high risk-Patienten konfrontiert sind, gut zu schulen. › Niedergelassene Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychiater, Psychiater › Hausärzte › Mitarbeiter in Suchtberatungsstellen, › Psychologen in Arbeitsämtern › Beratungslehrer etc. › Aufbau von Früherkennungszentren › Werbung für Früherkennungszentren › Screeningfragebogen auf dem Internet Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 83 http://www.fepsy.ch/fepsy-quiz/Fepsy%20selbsttest.txt.html FEPSY-Selbstscreening 1. Erhöhte Sensibilität, Dünnhäutigkeit ja □ nein □ 2. Überempfindlichkeit ja □ nein □ 3. Irritierbarkeit ja □ nein □ 4. Reizbarkeit ja □ nein □ 5. Nervosität, inneren Unruhe ja □ nein □ 6. Schlafstörung ja □ nein □ 7. Mangel an Energie, Antrieb, Initiative oder Interesse ja □ nein □ 8. Misstrauen ja □ nein □ 9. Ängste ja □ nein □ 10. Depressive Verstimmung ja □ nein □ 11. Weniger Gefühle empfinden ja □ nein □ 12. Starke Stimmungsschwankungen ja □ nein □ 13. Konzentrationsstörungen ja □ nein □ 14. Erhöhte Ablenkbarkeit ja □ nein □ 15. Geringere Belastbarkeit ja □ nein □ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 84 FEPSY-Selbstscreening 16. Veränderung von Interessen (z.B. ungewohntes Interesse an Religiösem, Übernatürlichem) ja □ nein □ 17. Veränderung der Wahrnehmung (z.B. ungewöhnliche Dinge ja hören, sehen, riechen, schmecken) □ nein □ 18. Sich beobachten, beeinträchtigt oder bedroht fühlen ja □ nein □ 19. Ereignisse und Dinge mehr auf sich beziehen ja □ nein □ 20. Sich von anderen beeinflusst oder gesteuert fühlen ja □ nein □ 21. Ungewöhnliche Schwierigkeiten in Beziehungen ja □ nein □ 22. Sich abkapseln, sich zurückziehen, sich isolieren ja □ nein □ 23. Veränderung im Verhalten (z.B. Selbstgespräche in der Öffentlichkeit) ja □ nein □ 24. Aussagen von anderen, dass sich Ihre Sprache verändert habe (z.B. nicht mehr so recht verständlich sei) ja □ nein □ 25. Auffälliger Leistungsknick, eventuell mit Schwierigkeiten im ja Beruf, in der Schule usw. □ nein □ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 85 FEPSY-Selbstscreening 26. Vernachlässigung von Aufgaben und Pflichten ja □ nein □ 27. Beruflicher Abstieg ja □ nein □ 28. Verlust Ausbildungs- oder Arbeitsplatz ja □ nein □ 29. Verschlechterung in der Beziehungsfähigkeit (z.B. Konflikte in Partnerschaft, Familie, Beruf) ja □ nein □ 30. Regelmässiger Konsum von Drogen begonnen (Alkohol, Cannabis, Kokain, Opiate, Beruhigungsmittel) ja □ nein □ 31. Bisherige psychiatrische oder psychologische Betreuung ja □ nein □ 32. Abschliessen möchten wir Ihnen noch eine Frage zu Ihrer Familie stellen: Gab es in Ihrer Familie oder Verwandtschaft psychische Erkrankungen? (z.B. Schizophrenie/Psychosen, Depression, Ängste, Alkohol) ja □ nein □ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 86 Bei diagnostischer Unsicherheit Überweisung in Früherkennungssprechstunden „Die Überweisung kann eine sehr erfolgreiche und wirkungsvolle Intervention darstellen.“ Arnold Lazarus Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 87 Gliederung - Therapie 1. Einleitung – Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 2. Was sagt die Wissenschaft 3. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 4. Familien zentrierte Intervention und der Expressed Emotion-Ansatz 5. VT – Therapieansätze IPT 6. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende Positiv Symptomatik 7. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die negativ Symptomatik 8. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 9. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 10. Bedeutung der Rehabilitation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 88 Funktion von Psychotherapie in der Behandlung schizophrener Störungen (Kienzle et al., 2004) Zwei mögliche Funktionen: Adjuvant: › Bereitschaft für pharmakologische Behandlung schaffen oder verbessern › Im weiteren Verlauf Unterstützung der pharmakologischen Therapie Integrativ: › Pharmakotherapie alleine reicht nicht aus › Eigener Stellenwert von Psychotherapie im Gesamtbehandlungsplan Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 89 Grundsätze der Schizophreniebehandlung (Kienzle et al., 2004) › Strukturierungsangebot › Konstante personelle Betreuung › Humane Reizabschirmung › Vermeidung von Über- und Unterforderung › Gestufter Belastungsaufbau ⇒ Nützlich und richtig, aber Umsetzung schwierig. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 90 Therapeutisches Vorgehen (Klingberg et al., 2006) Phasenunabhängige Ziele psychotherapeutischer Intervention: › Etablierung der Behandlungskooperation/ Complianceverbesserung › Erhöhung der Remissionsrate › Rückfallprophylaxe › Symptombewältigung/ Reduktion persistierender Symptome › Verbesserung funktioneller Einschränkungen › Stärkung des sozialen Umfeldes Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 91 Tab.3 Phasenmodell für kognitive Verhaltenstherapie Phase Zentrale Inhalte 1 Schaffung günstiger Ausgangbedingungen 2 Aufbau von Änderungsmotivation und vorläufige Auswahl von Änderungsbereichen 3 Verhaltensanalyse und funktionales Bedingungsmodell 4 Vereinbarung therapeutischer Ziele 5 Planung und Durchführung spezieller Methoden 6 Überprüfung des Erfolgs 7 Abschluss der Therapie Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 92 Interventionen in den einzelnen Therapiephasen (adaptiert nach Klingberg 2007) Phase Interventionen Prävention Prodromalphase Kognitiv Verhaltenstherapeutische Behandlung Verbesserung der Belastungsverarbeitung, Reduktion von Belastung Überlastung Akute Phase Keine evidenzbasierte PT Förderung des Krankheitsverständnisses Stabilisierungsphase Familienbetreuung, Behandlung persistierender positiv Symptomatik Frühsymptommanagement, Behandlungskooperation Stabile Phase Behandlung persistierender positiv Symptomatik Förderung der Belastungsverarbeitung, Frühsymptommanagement Selbstmanagement der Negativ Symptomatik Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 93 Wichtige therapeutische Voraussetzungen › Fundiertes Störungswissen – diagnostische Sicherheit › Wissen über Vorkommen von Halluzinationen und Wahn in der Normalbevölkerung › Grundkenntnisse der Grundlagenforschung zu psychotischen Symptomen › Grundkenntnisse über die Wirkungsweise von Antipsychotika › Kenntnisse in der Erstellung von Problemanalysen › Fähigkeiten in den Methoden der kognitiven Umstrukturierung › Fähigkeit, einen klaren und doch ausreichend flexiblen therapeutischen Rahmen herzustellen, um Patienten langfristig begleiten zu können. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 94 Schwierige Therapiesituationen › Patient kommt nicht › Patient redet nicht › Patient hält Komplementarität der therapeutischen Beziehung nicht ein und fragt z.B. beharrlich nach dem Privatleben der Therapeuten › Therapeut hat das Gefühl der Patient misstraut ihm › Patient ist sehr getrieben › Patient empfindet Setting als belastend › Therapeut hat Schwierigkeiten sich in den Patienten hineinzuversetzen. › Paranoider Patient hat Sorgen über Therapieraum, Aufzeichnungen etc. › Patient baut Therapeut in sein Wahnsystem ein. Patient benötigt eine lange, vertrauensvolle psychotherapeutische Begleitung - diese muss niederschwellig möglich sein – ComplianceProbleme haben eher etwas mit der Symptomatik zu tun als mit Therapiemotivation oder ausagieren. Regressive oder starke Emotionen auslösende Interventionen sind obsolet. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 95 Besonderheiten der psychotherapeutischen Beziehung › Aktiverer Therapeut › Nachgehende Behandlung › Balance zur Vermeidung von Über- und Unterforderung › Kognitive Defizite müssen kompensiert werden › Komplementarität der Beziehung kann vom Patienten immer wieder in Frage gestellt werden › Therapeut könnte in das Wahnsystem integriert sein › Therapeut sollte mit seiner Mimik und Gestik arbeiten. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 96 Therapeutische Tugenden Geduld „Alles nimmt ein gutes Ende für den, der warten kann“ Leo Tolstoi Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 97 Therapeutische Tugenden Klare einfache Sprache › Hauptsätze, Hauptsätze, Hauptsätze › Kurt Tucholsky (Ratschläge für einen schlechten/guten Redner) › Die Patienten brauchen aufgrund ihrer kognitiven und emotionalen Defizite: − Klare Ansprache − Keine Ironie − Keinen Humor − Kurze Sätze − Visualisierungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 98 Therapeutische Tugenden Transparenz, Partizipation und Psychoedukation „Wer einen Menschen bessern will, muss ihn erst einmal respektieren.“ Romano Guardini Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 99 Therapeutische Tugenden Arbeite mit dem Netzwerk / antizipiere Krisen „Schließe Freundschaften, solange Du sie nicht brauchst“ Amerikanisches Sprichwort „Freunde sind wie Sterne, manchmal sieht man sie lange nicht, aber es ist gut zu wissen, dass es sie gibt.“ Irisches Sprichwort Beziehe das gesamte Netzwerk ein. Erarbeite Notfallkärtchen. http://c3134872.r72.cf0.rackcdn.com/de /2010/12/sicherheitsnetz-franchising.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 100 Antizipieren von Krisen Notfallkärtchen für den Geldbeutel Herr XY ist bei uns wegen der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie in Behandlung. Es ist bekannt, dass XY häufig folgendes Verhalten zeigt (yyyyyyyyyy). Handlungsbedarf besteht, wenn er gespannt wirkt, und Stimmen ihm Angst machen. Falls eine stationäre Einweisung erforderlich ist, bitte auf der AdoleszentenStation B-2 in Liestal einweisen. Dort ist der Patient bekannt! ( …………..) Sie erreichen den behandelnden Arzt /Psychotherapeuten unter ( ……..) Sie erreichen den Dienstarzt rund um die Uhr unter ( ……………………..) Dauermedikation mit Zyprexa, Olanzapin Dosierung: Notfallmedikation. Mit Temesta und Truxal Dosierung: Zu benachrichtigende Angehörigen sind: Mutter: ( …), Vormund Frau XYZ ( ….) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 101 Therapeutische Tugenden Verfolge eine (verhaltenstherapeutische) Strategie „Arbeite klug, nicht hart.“ Dr. House Mache einen Therapieplan: Verhaltensanalysen (Mikro- und Makro-) Gehe strukturiert vor Baue Fertigkeiten auf / vermittle diese kontinuierlich Vergesse ein Training der kognitive Funktionen nicht (Ergo-, Arbeitstherapie) • Sorge für regelmässige Termine und Erreichbarkeit • Sorge für eine verlässliche Tagesstruktur • Plane ausreichende Ressourcen für die Arbeit mit Angehörigen und psychosozialen Helfern ein. • • • • Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 102 Therapeutische Tugenden Ressourcenorientierung „Worauf man schaut, das wird mehr.“ Wolfgang Burr Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 103 Therapeutische Tugenden Stärkere Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme „Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ Molière Konzepte von Widerstand Eigenverantwortung Therapiemotivation Wollen Sind für die Psychotherapie von Psychosen nur bedingt sinnvoll! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 104 Therapeutische Tugenden Bereitschaft zur nachgehenden Behandlung „Die Tat wirkt mächtiger als das Wort.“ Deutsches Sprichwort http://mogisverein.de/files/2009/05/handeln_statt_wegschauen.png • • • • • Werden Sie aktiv, wenn der Patient nicht kommt. Behandlungsverträge darüber was in Krisen passiert Legen Sie viel Wert auf Hometreatment / Angehörigenarbeit Raus aus der Praxis und in seine Lebenswelt Sozialarbeiter einbeziehen etc. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 105 Gesprächsführung und Beziehungsgestaltung › Ruhige, gelassene Haltung › Aktive, direktive therapeutische Beziehungsgestaltung › Sich Zeit nehmen, konstanten äußeren Rahmen einhalten (Termine, Orte) › Transparenz sehr wichtig › Einfache Sprache, keine Ironie oder zweideutigen Witze › Validierung im Alltagsleben › Angsterleben im Hier & Jetzt aufgreifen, Herstellung eines sicheren Ortes › Beruhigende Stellungnahmen › Rationale Erklärungen anbieten › Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen › Keine kritische Diskussion der Erlebnisveränderung; keine aufdeckende Interpretation. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 106 Gliederung - Therapie 1. Einleitung – Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 2. Was sagt die Wissenschaft? 3. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 4. Familienzentrierte Intervention und der Expressed Emotion-Ansatz 5. VT – Therapieansätze IPT 6. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende PositivSymptomatik 7. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die NegativSymptomatik 8. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 9. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 10. Bedeutung der Rehabilitation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 107 Expressed-Emotion-Forschung 50 40 30 Rückfällige Patienten (%) 20 10 0 HEE LEE Brown et aal. 1972 zitiert nach Hahlweg et al. 2006 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 108 Expressed-Emotion-Forschung Die Expressed-Emotion (EE)-Forschung hat untersucht, welchen Einfluss die familiäre Interaktion auf die Rückfallwahrscheinlichkeit von Patienten hat. › Kritisches und emotional überengagiertes Verhalten („high expressed emotion“, HEE) von Angehörigen wird mit einer erhöhten Rückfallwahrscheinlichkeit von Patienten assoziiert. Dies gilt vor allem für mehrfach und chronisch erkrankte Patienten. › EE ist nicht als Persönlichkeitseigenschaft, sondern als Ausdruck eines interaktionellen Problems aufzufassen (misslungener Anpassungsprozess). › Familiäre Psychoedukation. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 109 Ergebnisse der familienzentrierten Ansätze Hahlweg et al. (2006) Rückfallhäufigkeit in % 70 60 50 40 30 Standardbehandlung Familienbetreuung 20 10 0 12 Monate 24 Monate Über 27 Studien, teils methodisch hochstehende mit randomisierten Kontrollgruppen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 110 Gliederung - Therapie 1. Einleitung – Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 2. Was sagt die Wissenschaft? 3. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 4. Familienzentrierte Intervention und der Expressed Emotion-Ansatz 5. VT – Therapieansätze IPT 6. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende PositivSymptomatik 7. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die NegativSymptomatik 8. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 9. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 10. Bedeutung der Rehabilitation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 111 Wirksamkeit verschiedener Therapieverfahren bei Schizophrenen Störungen Mittlere Effektstärke Vt-Kombinationsbehandlung Psychoedukative Familienbetreuung Training kognitiver Funktionen Training sozialer Kompetenzen PsychodynamischeTherapie 0 0,2 0,4 0,6 0,8 Motjabai et al. 1998, Wunderlich et al. 1996, Klingberg 2006 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 112 Metaanalysen Relativ grosse Varianz Effektstärken aber im Bereich von Psychotherapiestudien bei anderen Störungsbildern. › Rector & Beck (2001) d = .91 › Gould et al.(2001) d = .65 › Tarrier & Wykes (2004) d = .37 Kritik: Unklare inhomogene Diagnosen, unzureichende Standardisierung der Medikation, teilweise keine verblindeten Rater, ungleiche Dosis an Psychotherapie zwischen Kontrollgruppen und Experimentalgruppe. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 113 Tab. 1 Cochrane-Reviews: Beurteilung verschiedener psychotherapeutischer Strategien zur Behandlung schizophrener Psychosen Kognitive Verhaltenstherapie [7] „CBT helped mental state over the medium term“. 2 RCTs; n=123; RR no meaningful improvement 0.7, CI 0.6-0.9; NNT 4, CI 3 to 9 Familienintervention [14] „Family intervention may decrease the frequency of relapse”. 14 RCTs; n=721; RR 0.72, CI 0.6-0.9; NNT 7, CI 5 to 16 Psychoedukation [13] „Any kind of psychoeducation intervention significantly decreased relapse or readmission rates at nine to 18 months follow-up compared with standard care”. RR 0.8, CI 0.7-0.9; NNT 9, CI 6-22 Hinweis: diese Metanalyse beinhaltet Interventionen, die zumeist mehr als 8 Wochen dauern und zudem die Angehörigen einbeziehen Kognitive Remediation [6] „Data are inconclusive and provide no evidence for or against cognitive rehabilitation as a treatment for schizophrenia“ Psychodynamisch orientierte Therapie [12] „No trials of a psychoanalytic approach were identified. Data are sparse for all comparisons involving a psychodynamic approach. There is no evidence of any positive effect of psychodynamic therapy” RCT randomised clinical trial; n Fallzahl; RR realtive risk; CI confidence interval; NNT number needed to treat Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 114 Forschung an Adoleszenten › Nur eine methodisch genügende Psychotherapiestudie mit Adoleszenten ist bekannt. › Forschungsprobleme: zu kleine Gruppengrössen in KJPP Entwicklungsaspekt => Gemeinsame Projekte mit dem Erwachsenenbereich => Studien müssen multizentrisch geplant werden. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 115 Gliederung 1. Einleitung – Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 2. Was sagt die Wissenschaft? 3. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 4. Familienzentrierte Intervention und der Expressed Emotion-Ansatz 5. VT – Therapieansätze IPT 6. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende PositivSymptomatik 7. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die NegativSymptomatik 8. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 9. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 10. Bedeutung der Rehabilitation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 116 Nachvollziehen der Symptomatik Ganz Wichtig! › Symptomentwicklung wirklich nachvollziehen und ausgiebigst explorieren (das braucht mindestens eine Therapiestunde). › Ganz ausgiebig explorieren, graphisch festhalten und gut dokumentieren. Symptomatik in den letzten Wochen, aber auch lebenslang. › Zeitlinien, Tabellen – einzelne Symptome, Lebensereignisse, Entwicklungsaufgaben etc. › Wichtige Voraussetzung für alles was mit Rückfallprophylaxe und Angehörigenarbeit zutun hat. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 117 Verlauf vor der Klinikaufnahme Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 118 Vulnerabilitäts-Stress-Modell Vulnerabilität Protektive Faktoren Belastungen • Kognitive Defizite • Stützendes soziales Umfeld • Arbeit / Ausbildung • Dysfunktion der Neurotransmitter • Medikation • Familiäre Interaktion • Hirnstrukturelle Alterationen • Kompetenzen bei der • Kritische Lebensereignisse • Geburtskomplikationen Belastungsbewältigung • Substanzmissbrauch • Infektionen • Traumata Frühsymptome Kognitive und soziale Psychotische Symptome Funktionseinschränkung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 119 Vulnerabilitäts-Stress-Modell und Therapiemethoden Vulnerabilitätsindikatoren Stress Biologisch Neuroleptika Therapie Kognitive Defizite Psychosozial Kognitive Therapie Autonome Hypererregung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Defizite soziale Kompetenz Soziale Stressoren Negatives Familienklima Training sozialer Fertigkeiten Berufliche Rehabilitation Familienbetreuung 14.11.2011 120 Rückfallgefahr und allgemeine Belastung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 121 Diathese Stress Modell und Arbeit Steigerung der Kompetenzen Vermittlung von spezifischen Kompetenzen – Kompensation von Defiziten Stressreduktion und Abstufung der Belastung Fähigkeiten Belastung Beeinflussung der Vulnerabilität: Medikation Kognitive Trainings Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Dosierung: Arbeitszeit Art der Arbeitssaufträge Unterstützung Erwartungen an Arbeitsergebnis 14.11.2011 122 Psychoedukation- Vulnerabilitäts-Stress-Modell › Jeder Mensch kann Symptome einer Psychose entwickeln › Unterschiedliche Schwellenwerte / genetisches Risiko › Besondere Sensibilität/Sensitivität › Anspannung/Stress kann zum überschreiten der Schwelle führen › Drogen können die Schwelle erniedrigen › Balance zwischen Stress & Coping – Über- und Unterforderung › Emotionaler Stress wichtig › Unterschiedliche Symptome zu unterschiedlichen Zeiten › Vorwürfe abbauen › Eventuell auch als Herausforderung beschreiben (Logotherapie) Die Wahrheit ist den Menschen zuzumuten Alles was Du sagst sollte wahr sein, aber nicht alles (Ingeborg Bachmann) was wahr ist solltest Du auch sagen. (Voltaire) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 123 Psychoedukation – Entpathologisierung Psychotische Symptome in der Allgemeinbevölkerung › 59% einer Kontrollgruppe einer Freikirche und 27% aus der Allgemeinbevölkerung gaben an schon einmal Stimmen gehört zu haben, die keiner äußeren Quelle zuzuordnen waren (Griffin & Vice (2001). › In studentischen Populationen (n = 586) gaben ebenfalls 30% an gelegentlich Stimmen wahrzunehmen, zumeist in einzelnen Situationen den eigenen Namen oder Gedanken laut zu hören (Barret & Etherridge, 1996). › 10% der Männer und bis 15% der Frauen gaben in einer großen NIMH Studie verschiedene Formen von Halluzinationen an (Tien, 1991). › Viele Studien beschreiben eine weite Verbreitung gelegentlicher Halluzinationen in der Allgemeinbevölkerung (Review Johns & van Os, 2001), weshalb auch dimensionale Klassifikationssysteme angedacht wurden (Esterberg & Compton, 2009). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 124 Therapeutische Psychoedukation Entpathologisierung: Wahrnehmungsfehler sind häufig Beispiele für Wahrnehmungsverzerrungen die fast jeder kennt: › Fata Morgana › Muscheln am Ohr › Phantomschmerzen › Pfeifen nach Konzerten , Stadionbesuchen, Feuerwerken › Wasser biegt Stöcke nicht? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 125 Balance zwischen Veränderung und Akzeptanz Empathie und Akzeptanz Unterforderung Zuviel Stagnation Drang zur Veränderung Überforderung Zuviel Widerstand Transparenz und Strukturierung des therapeutischen Vorgehens Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 126 Optimaler Abstand – Balance Vermittlung von Hoffnung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Realistische Aufklärung über das Störungsbild – Sensibilisierung für Störungsbild und Unterstützungsbedarf 14.11.2011 127 Verlauf vor der Klinikaufnahme Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 128 Rückfallprophylaxe › Genaue Anamnese der ersten Symptome und Basissymptome. - Verhalten / Schlaf / Wahrnehmung / Substanzkonsum - Kognitiv / Leistungsfähigkeit - Sozial (Rückzug, Konflikte) - Körper / Anspannung - Gefühle › Welche Symptome traten als erstes auf? › Reaktion ? › Weiter Symptome? › Welche Symptome machen dem Patienten und seinen Angehörigen Angst oder lösen andere Emotionen aus? › Welche Veränderung nimmt der Patient wahr, was können andere bemerken (vgl. Behrendt et al. 2001: -77% sind Angehörigen aufgefallen)? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 129 Notfallplan Teil 1 Stufe des Notfallplans Was verändert sich, wie kann ich es bemerken? Was kann ich tun? Sehr frühe Anzeichen Ich fühle mich müde, gereizt, aufgedreht dreht? Kann meine Konzentration nicht aufrechterhalten, benötige länger für meine Arbeiten. Mehr Ruhe, ausreichend Schlaf, erholsame Aktivitäten (Spazieren, Sport, Musik hören). Frühe Warnzeichen Bemerke, dass mir schnell alles zu viel, zu laut, zu hektisch, wird (insbesondere im Pausenhof, Einkaufzentren, Bahnhöfen). Ich merke, dass ich mich nicht gut entspannen kann. Ich fühle mich sehr aufgedreht angespannt. Bekomme öfters Streit wegen Kleinigkeiten mit meinen Eltern, Partnern, Freunden, Kollegen. Wie oben a) Ich reduziere die beruflichen und schulischen Anforderungen. b) Ich überprüfe genau, ob es konkrete Ereignisse oder Situationen gibt, die mich belasten, ärgern etc. – und löse diese, wenn möglich alleine oder bespreche sie in der nächsten Therapiestunde. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 130 Notfallplan Teil 2 Stufe des Notfallplans Was verändert sich, wie kann ich es bemerken? Was kann ich tun? Späte Warnzeichen Ich kann schlechter schlafen. Es fällt mir schwerer sitzen zu bleiben. Ich esse kaum noch etwas, nehme an Mahlzeiten nicht teil. Ich bekomme das Gefühl, dass andere über mich reden. Ich verliere die Lust an meinen Hobbys (Gehe nicht mehr zum Sport, zum Treff….). Ich nehme meine vereinbarte Bedarfsmedikation. Ich spreche mit Vertrauenspersonen, ob Sie Veränderungen an mir wahrnehmen (1. Name: … 2: Name: … ) Symptome Ich habe das starke Gefühl, dass andere über mich reden. Ich führe Selbstgespräche. Gehe nicht zur Arbeit/Schule. Ich kann nachts nicht mehr schlafen. Ich höre wieder Stimmen. Ich ziehe mich wieder zurück und meide den Kontakt zu guten Freunden. Ich vernachlässige meine Körperhygiene. Ich nehme mit meinem Therapeuten ( …) Kontakt auf und bespreche, wie es weiter geht. Ernste Symptome Die Stimmen werden wieder lauter, aggressiver und machen mir Angst. Ich nehme mit Herrn/Frau in der Klinik Kontakt ( …) oder zu Herrn/Frau ( …) auf und bitte um Einweisung. Ich lasse mich von einer dieser drei Personen (1…, 2…, 3…) in die Klinik fahren. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 131 2. Praktische Übung Psychoedukation Bilden Sie bitte Gruppen von vier Personen › Eine/r übernimmt Therapeutenrolle › Eine/r die Patientenrolle › Eine/r die Elternrolle › Eine/r die Beobachterrolle › Führen Sie eine ressourcenorientierte Psychoedukation durch. › Erklären Sie dem Patienten und seinem Elternteil seine Symptome und was dies für die Behandlung bedeutet. Gehen Sie auch darauf ein, wie die Eltern die Entwicklung ihres Kindes unterstützen können. › Analysieren Sie, welche Aussagen und welches Therapeutenverhalten den Eltern und dem betroffenen Jugendlichen gut getan haben und als hilfreich empfunden wurden. › Wählen Sie einen Gruppensprecher, der die Ergebnisse der Diskussion und offene Fragen ins Plenum einbringt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 132 Gliederung 1. Einleitung – Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 2. Was sagt die Wissenschaft? 3. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 4. Familienzentrierte Intervention und der Expressed Emotion-Ansatz 5. VT – Therapieansätze IPT 6. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende PositivSymptomatik 7. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die NegativSymptomatik 8. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 9. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 10. Bedeutung der Rehabilitation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 133 Familien- und systemtherapeutische Aspekte › Double Bind-Theory: Wichtige Grundlage der systemischen Therapie – Gregory Bateston begründet damit viele schwierige Kommunikationsmuster. › Kein ernsthafter empirischer Anhalt für die Bedeutung der Double Bind-Theory für die Entstehung von schizophrenen Störungen - aber gewisse Ähnlichkeit zwischen HEE und Double Bind-Kommunikation. › Interessant sind oft systemische Fragen der Ablösung, Individuation und familiären Zukunftsplanung. › Verbesserung der innerfamiliären Kommunikation, Behandlungsfortschritt › Jegliche Form der Dekonstruktion von diagnostischen Befunden, Realitäten, Nicht-Aufklärung sowie paradoxe Verschreibung etc. sind kontraindiziert und obsolet. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 134 Familienbezogener Ansatz Hahlweg et al. (2006) Phasen der Familienbetreuung: 1. Diagnostik (Einzelgespräche und Fragebögen) 2. Information über Schizophrenie und Neuroleptika (1-2 Sitzungen) 3. Kommunikationstraining (ca. 3-6 Sitzung) Zuhören, Paraphrasieren, Lob, Zuneigung, Wünsche und Kritik äussern VW-Regel: Vorwurf soll als Wunsch formuliert werden 4. Problemlösetraining (ca. ab der 7. Sitzung) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 135 Kommunikationstraining 1. Aktives Zuhören 2. Wünsche äussern 3. Positive Gefühle äussern Aktives Zuhören: › Blickkontakt mit Sprecher › Zuhören durch nonverbale Signale Interesse zeigen › Bei Unklarheiten nachfragen › Das Gehörte regelmässig paraphrasieren Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 136 Kommunikationsregeln - Lob „Lob ist wie Champagner, es schmeckt am besten solange es noch perlt.“ Richtiges Lob: › Ich-Form, ohne Einschränkungen (ziemlich, endlich, ganz gut) › Keine negativen Nachsätze (Ja super, aber gestern etc.) › Detaillierte Beschreibung des positiven Verhaltens › Mimik und Gestik im Einklang mit dem Gesagten › Sollte sofort auf das positive Verhalten erfolgen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 137 Kommunikationsregeln - Kritik Richtige Kritik: › Ich-Form › Exakte Beschreibung des zu verändernden Verhaltens › Keinerlei Verallgemeinerungen (nie, immer, ständig, Du……) › Begründung › Genauer Wunsch (detailliert formulieren) für zukünftiges Verhalten. › Kritik sollte nicht im höchsten Erregungszustand geäußert werden. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 138 Familienzentrierte VT-Interventionen Soziales Problemlösen › Jeden zwischenmenschlichen Konflikt kann man als soziales Problem im „Hier und Jetzt“ definieren. Bedürfnis A – Bedürfnis B gemeinsame Lösung. › Vorgehen, wichtig ist Übung und Umsetzung: 1. Beschreibung des sozialen Problems 2. „Wildes“ Sammeln von möglichst vielen Lösungsvorschlägen 3. Analyse der Vorschläge - Antizipation der Folgen 4. Auswahl der besten Lösungsvorschläge 5. Umsetzung mit anschließender Analyse › Für jedes soziale Problem gibt es mehr als eine Lösung. › Mit einer guten sozialen Problemlösung können alle Beteiligten leben. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 139 Genauer Nachlesen? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 140 Behandlungsalgorithmus für die Einbeziehung der Angehörigen (Seite 1) Patient verfügt über Angehörige oder enge Bezugspersonen Haben die Angehörigen der Patienten ausreichend Informationen zu bzw. ein angemessenes Verständnis von der Erkrankung? Psychoedukative Intervention, nein z.B. im Rahmen von Angehörigengruppen ja Können die Angehörigen individuelle Frühwarnzeichen des Patienten erkennen und angemessene Handlungsschritte zur Familiengespräche im nein Anwendung von Rückfällen durchführen? Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie mit Schwerpunkt auf Frühsymptomerkennung und ja Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Krisenbewältigung 14.11.2011 141 Behandlungsalgorithmus für die Einbeziehung der Angehörigen (Seite 2) Kommt es zu interaktionellen Konflikten ja Familiengespräche im Rahmen einer kognitiven in der Familie aufgrund der Erkrankung des Patienten? Verhaltenstherapie nein Sind die Angehörigen durch die Betreuung des Patienten ja emotional sehr belastet? Teilnahme an einer kontinuierlich stattfindenden Angehörigengruppe nein Aufrechterhaltung einer regelmässigen Kontaktmöglichkeit Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 142 Gliederung 1. Einleitung – Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 2. Was sagt die Wissenschaft? 3. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 4. Familienzentrierte Intervention und der Expressed Emotion-Ansatz 5. VT – Therapieansätze IPT 6. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende PositivSymptomatik 7. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die NegativSymptomatik 8. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 9. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 10. Bedeutung der Rehabilitation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 143 IPT Die integrierte psychologische Therapie der Schizophrenie (Brenner et al. 1986, 2006): › Kognitive Differenzierung › Soziale Wahrnehmung › Verbale Kommunikation › Soziale Fertigkeiten › Interpersonelles Problemlösen Ging auch in die Entwicklung von PC-gestützten Trainingsprogrammen (z.B. cogpac®) ein Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 144 Gliederung 1. Einleitung – Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 2. Was sagt die Wissenschaft? 3. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 4. Familienzentrierte Intervention und der Expressed Emotion-Ansatz 5. VT – Therapieansätze IPT 6. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende Positiv-Symptomatik 7. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die NegativSymptomatik 8. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 9. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 10. Bedeutung der Rehabilitation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 145 Psychotherapie der Positiv-Symptomatik Coping von persistierenden Positiv-Symptomen › 25-50% der rezidivierenden schizophrenen Patienten leiden trotz leitlinienkonformer Medikation unter einer persistierenden Positiv-Symptomatik. › Diese Positiv-Symptomatik betrifft sehr oft Stimmen oder Töne hören, aber auch Wahninhalte, insbesondere Misstrauen gegenüber anderen Menschen. › Diese Symptome sind sehr belastend für die Patienten, weshalb diese Unterstützung benötigen, um diese zu bewältigen. › Wichtig sind gerade hier gute Verhaltensanalysen und die gemeinsame Erarbeitung von konkreten Bewältigungsstrategien („Notfallkoffer“). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 146 Bewältigungsorientierte Therapie (1) (Kienzle et al., 2004) Therapie bei persistierender Positiv-Symptomatik › Ablenkungstechniken › Beruhigende Selbstkommentare › Realitätsprüfung › Thematisierung erlebnisveränderungsnaher, aber weniger fixierter Überzeugungen › „Challenging“ › Psychoedukative Alternativerklärungen › Biographisch-hermeneutisches Vorgehen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 147 Umgang mit persistierender PositivSymptomatik (I) Etablierte therapeutische Beziehung, erfolgreiche Psychoedukation und Kontrakt › Bereitschaft darüber zu sprechen als Voraussetzung. › Experimentelle Grundhaltung › Ablenkung › Strategien zum Umgang entwickeln − − − − − Musikhören, lautes Lesen etc. Dialog mit Stimmen, inhaltliche Bearbeitung Abwägen von Inhalten Verhaltenstests Exposition (Haddock et al. 1993) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 148 Umgang mit persistierender PositivSymptomatik Umgang mit persistierendem Stimmenhören-I Ablenkung bzw. Aufmerksamkeitsverlagerung: › I-Pod über Kopfhörer (Musik und insbesondere Hörbücher) hören › Einen Ohrstöpsel tragen › Summen oder laut singen › Sport machen › Mit anderen Leuten ein Gespräch anfangen › Konzentriert einen Film schauen oder Radio hören › Schlafen › Die Umgebung laut beschreiben › Ignorieren › Den Stimmen sagen, dass sie einen in Ruhe lassen sollen. Herrmann-Doig et al., (2003) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 149 Umgang mit persistierender PositivSymptomatik Umgang mit persistierendem Stimmenhören-II Fokussierungsmethoden › Beobachten und Beschreiben der Stimmen bezüglich Ton, Inhalt, Geschlecht, Lautstärke usw. › Beweise von den Stimmen verlangen und Gegenbeweise vorbringen und im Alltag sammeln. › Erarbeiten der lebens-/lerngeschichtlichen Bedeutung der Stimmeninhalte: z.B. Zusammenhang mit vergangenen Lebens- und Krankheitsepisoden usw. › Beziehung des Patienten zu den Stimmen klären: positiv, negativ, Überordnung, Unterordnung. › Exposition/graduierte Selbstkonfrontation: Die Stimmen auch in der Therapiesitzung oder anderen bekannten und gefürchteten Auslösesituationen in Therapeutenbegleitung hervorrufen. Herrmann-Doig et al., (2003) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 150 Umgang mir persistierender positiv Symptomatik Steigerung der Selbstwirksamkeit und Selbstfürsorge › Was kann ich konkret tun, wenn ich Stimmen höre? › Je nach Ausprägungsgrad, verschiedene Fertigkeiten definieren. › Skillskette etablieren: Verschiedene Dinge nacheinander tun, um Stimmen erträglicher zu machen. http://starkeschule.ukrlp.de/image/image_gallery?uuid=6875d aee-15ff-4bdc-826adab927429512&groupId=10161&t=1288955258124 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 151 Umgang mit Positiv-Symptomatik ABC des Stimmenhörens ( Coleman & Smith, 2003) › Akzeptieren Sie, dass Sie Ihre Stimmen wirklich hören. › Brechen Sie aus, hören Sie auf, Opfer Ihrer Stimmen zu sein. › Checken Sie, ob Sie nicht andere Möglichkeiten zum Umgang mit Ihren Stimmen haben. › Denken Sie über Bewältigungsstrategien nach, die gut zu Ihnen passen. › Entwickeln Sie einen Dialog mit Ihren Stimmen. › Führen Sie Tagebuch über das Stimmenhören. › Gehen Sie in eine Selbsthilfegruppe (möglichst in eine für Stimmen hörende Menschen). › Helfen Sie anderen, indem Sie Ihre Erfahrungen mit ihnen teilen. › Identifizieren Sie die Erfahrungen Ihres Lebens, die Sie besser begreifen möchten. › Ja sagen zu Aktivitäten, die nicht im Zusammenhang mit der Psychiatrie stehen. › Konzentrieren Sie sich auf die positiven Anteile Ihrer Stimmen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 152 Umgang mit Positiv-Symptomatik ABC des Stimmenhörens ( Coleman & Smith, 2003) › Leben Sie Ihr Leben so, wie Sie es wollen, und nicht so, wie andere Sie haben wollen. › Machen Sie in Ihrem Leben Platz für sich selbst. › Nehmen Sie Ihre Stimmen an, akzeptieren Sie, dass sie zu Ihnen gehören. › Organisieren Sie den Umgang mit Ihren Stimmen. › Prüfen Sie die Aussagen Ihrer Stimmen. › Quälen Sie sich nicht mit Riesenschritten, kleine Schritte sind angesagt. › Resultate sollten belohnt werden. › Schwächen wollen bearbeitet werden. › Treffen Sie die für Sie wichtigen Entscheidungen, überlassen Sie das nicht Ihren Stimmen. › Üben Sie sich in Beharrlichkeit. › Verhandeln Sie mit Ihren Stimmen. › Wirkliche Siege müssen erkämpft werden, die kriegt man nicht geschenkt. › Xperimentieren Sie mit unterschiedlichen Bewältigungsstrategien. › Zappen Sie Ihre negativen Stimmen weg, indem Sie Kontrolle über sie entwickeln. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 153 Umgang mit Positiv-Symptomatik (II) Kognitive Techniken › Sichtweise des Patienten nie grundsätzlich in Frage stellen. › Erarbeiten von alternativen Erklärungen. › Suchen von Informationen pro/contra. › Wider dem Schwarz-Weiss-Denken - arbeiten Sie mit Wahrscheinlichkeitsfragen. › Verhaltensexperimente: z.B. was können andere/die Stimmen wirklich wissen – können diese wirklich auch Inhalte wiedergeben, an die sich der Patient nicht mehr erinnert, zum Beispiel aus der Zeit lange vor der Behandlung? › Erste Zweifel nähren, alternative Erklärungen und Informationen suchen und genau explorieren. › Dem Patienten viel Zeit geben durch Fragen über andere Erklärungen nachzudenken und alternative Erklärungen wahrnehmen und beobachten zu können. › ……… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 154 Kognitive Umstrukturierung Sokratischer Dialog › Sokratischer Dialog kann zur Destabilisierung der eingefahrenen Wahnmuster erfasst werden und helfen, alternative Überzeugungen zuzulassen. › Man kann nicht die Erwartung wie bei anderen Störungen haben, dass es sofort einen deutlichen Erkenntnisgewinn und emotionale Entlastung gibt. Es ist aber sinnvoll, die Wahrnehmung des Patienten kontinuierlich zu hinterfragen und therapeutisch aufzuweichen nach dem Motto: „Steter Tropfen höhlt den Stein“. › Wichtig ist es, sich wirklich ein Ja zu zwei einander widersprechenden Aussagen einzuholen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 155 Kognitive Umstrukturierung Sokratischer Dialog - Beispiel › Sie sind sich also zu 80% sicher, dass Mäuse in Ihrem Kopf leben. Was lässt Sie da so sicher sein? › Wie gross sind diese Mäuse, sagten Sie? Und die Mäuse sollten sich in Ihrem Kopf bewegen können? Wie viel Platz in Ihrem Kopf müssten die Mäuse einnehmen? › Wie viel Platz ist in einem Schädel, wie viel Prozent davon füllt das Gehirn? Könnte man mit einem nicht vollständigen Gehirn leben? Sie sind sich also sicher, dass ein Gehirn…. ? › Was brauchen Mäuse zu leben? Sie sind sich also sicher, dass Mäuse Sauerstoff und Nahrung zum Überleben brauchen? › Wie ist es möglich, dass ein Mensch der lebenden Mäuse im Kopf haben kann, spricht, isst, Fussballspiele anschaut? Diese könnten doch gar nicht genug Platz haben und ohne Sauerstoff nur wenige Minuten überleben? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 156 Struktur Sokratischer Gesprächsführung Explikative Diskurse zur Klärung von Begriffen 1. Auswahl des Themas oder eines dysfunktionalen Denkmusters Bsp.: „Ich bin eine schlechte Mutter.“ 2. „Was ist das?“ Erster Definitionsversuch des Patienten Bsp.: „Was ist das, eine schlechte Mutter ?“ 3. Konkretisierung der Fragestellung und Herstellung des Alltagsbezuges Bsp.: „Wie kommen Sie darauf, dass Sie eine schlechte Mutter sind?“ 4. Ggf. weitere Konkretisierung oder Umformulierungen des Themas/ dysfunktionalen Denkmusters Bsp.: „Mütter von stehlenden Kindern sind schlechte Mütter!“ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 157 Struktur Sokratischer Gesprächsführung Explikative Diskurse zur Klärung von Begriffen 5. Widerlegung: Funktionale und inhaltlich- logische Disputation der aufgestellten Behauptung/ dysfunktionalen Denkmusters. Zustand der inneren Verwirrung Bsp.: „Sie meinen, Ihr Kind konnte gar nicht anders? Es musste einfach klauen, weil Sie so sind, wie Sie sind? Falls ja, wer ist schuld daran, dass Sie so sind, wie Sie sind?“ 6. Hinführung: Gemeinsame Suche nach Alternativen, zielführenden Denkmustern und einem adäquaten, widerspruchsfreien Modell Bsp.: Objektiv „gute“ und „schlechte“ Mütter gibt es nicht Pauschales Urteil ist unsinnig (Patient soll diese Aussage herausfinden) 7. Ergebnis des Dialogs Bsp.: „Jeder kann nur verantwortlich sein für das, was in seiner Macht steht. Was mein Kind entscheidet zu tun, steht nicht in meiner Macht (…)“ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 158 Struktur Sokratischer Gesprächsführung Normative Diskurse bei Moral- und Zielkonflikten 1. Auswahl des Themas, der Entscheidung oder Handlung Bsp.: „ Darf man sich von seiner schwer erkrankten Partnerin scheiden lassen?“ 2. Ggf. Konkretisierung der Fragestellung und Herstellung des Alltagsbezuges Bsp.: „Wie kommen Sie darauf?“ 3. Sammeln der Gründe oder der positiven und negativen Aspekte einer Entscheidung oder Handlung Bsp.: „Welche konkreten Konsequenzen brächte eine Scheidung mit sich, welche ein weiteres Zusammenleben?“ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 159 Praktische Hinweise zur Durchführung eigener Sokratischer Dialoge (1) Prüfe, ob die Voraussetzung für eine sokratische Gesprächsführung gegeben ist. (2) Prüfe, ob der Patient zur sokratischen Gesprächsführung fähig ist. (3) Prüfe, ob genügend Zeit für einen Sokratischen Dialog zur Verfügung steht. (4) Prüfe, ob die Therapeut- Patient- Beziehung stimmt. (5) Prüfe die Veränderungsmotivation des Patienten. (6) Sei mit der Dialogform, ihrem Wesen, ihrer Methodik und ihrem Ablauf vertraut. (7) Entscheide, ob ein explikativer oder normativer Diskurs angezeigt ist. (8) Halte dich an die Struktur des gewählten Diskurstyps . Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 160 Praktische Hinweise zur Durchführung eigener Sokratischer Dialoge (9) Bleibe beim Thema. (10) Vermeide abstrakte Themen ohne Alltags- oder Realitätsbezug für den Patienten. (11) Stelle kurze, präzise Fragen. (12) Bewahre eine naive, fragende Haltung. (13) Sei offen und verstehe das Modell des Patienten. (14) Vermeide belehrende Aussagen. (15) Sei geduldig. (16) Vermeide jegliches Sendungsbewusstsein. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 161 Praktische Hinweise zur Durchführung eigener Sokratischer Dialoge (17) Vermeide den Eindruck des allwissenden Fachmanns. (18) Agiere nicht als Punktrichter. (19) Fahre die Ernte ein: Wiederhole und präzisiere die herausgearbeiteten Erkenntnisse des Patienten und lasse sie durch ihn bestätigen, um es dann als dessen Ergebnis festzuhalten. (20) Die Erfolge des Dialogs gehören dem Patienten. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 162 Umgang mit Positiv-Symptomatik Pro- und Contralisten Was spricht dafür, dass Sie verfolgt werden? › Ich sehe sie vor dem Haus stehen und reden. › Ich habe Angst. › Alles hat mit einem Konflikt angefangen. Was spricht dagegen? › Andere sehen sie nicht. › Sie haben mir noch nie etwas getan. › Wenn sie so eine Macht hätten, würden sie sicher Möglichkeiten haben an viel Geld zu kommen, und nicht in einer Sozialwohnung wohnen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 163 Umgang mit Positiv-Symptomatik Auswirkungen des Gedankens «ich werde abgehört» Realität: Ich werde abgehört Realität: Ich werde nicht abgehört Pro: Sie hatten immer recht. Pro: Kann mich meinen Problemen zuwenden. Haben Informationen von mir…… Weniger Anspannung, mehr Aktivitäten. Angst kann anderen Leuten gegenüber neutral reagieren. Contra: Contra: Muss eingestehen, dass ich falsch lag. Vertraue Menschen fälschlicher Weise Habe viele Menschen zu unrecht beschuldigt. Immer auf der Hut - Angespannt Mein Leben wird zerstört, muss andere retten. Konsequenzen: Ich muss wie bisher damit rechnen, dass Sie jeder Zeit zuschlagen könnten. Benötige Medikamente nicht. Konsequenzen: Könnte wieder mehr Kontakte aufbauen. Müsste ein Risiko eingehen. Benötige Medikamente und kinder- und jugendpsychiatrische/-psychotherapeutische Unterstützung. Momentan vermeide ich Kontakte und kann keine alternative Erfahrung machen! Ich müsste ein Risiko eingehen, um die Realität zu testen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 164 Umgang mit persistierender PositivSymptomatik Verhaltenstests Wenn die Anderen und die Stimmen alles über Sie wissen, fragen wir Sie doch mal einige Dinge. Wie Sie wissen gehe ich davon aus, dass die Stimmen nur Dinge wissen, die auch noch in Ihrem Gedächtnis sind? › Welche T-Shirt hatten Sie beim Klinikfest letztes Jahr an? › Welche Kinder waren bei Ihrem Kindergeburtstag eingeladen? Welche Farbe hatte Ihre Mütze bei Ihrem achten Kindergeburtstag? Lassen Sie uns die Angaben überprüfen. › Wenn so viele Leute auf der Straße ihre Gedanken lesen können, machen wir mal einen Versuch. „Hier sind 100 Euro. Wir gehen jetzt auf die Straße und Sie denken sich eine Zahl, z.B. 333, aus und denken Sie, dass jeder 10€ bekommt, der Sie anspricht und die Zahl sagen kann. Wir werden jedem 10 € schenken der Sie anspricht und Ihnen die Zahl nennt. Wie viele Personen werden Sie ansprechen und die Zahl nennen? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 165 Umgang mit persistierender Positiv-Symptomatik CAVE: Verhaltenstests sehr gut vorbereiten › Das Zielverhalten des Verhaltenstests muss gut definiert sein, das Verhalten der anderen Person muss genau beschrieben werden, die Person muss zuverlässig zu identifizieren sein. › Sonst kann es passieren, dass ein erfolgreicher Verhaltenstest geleugnet und das Wahnsystem entsprechend ausgeweitet wird. › Es ist empfehlenswert, Verhaltenstests mit Skalierungsfragen vorzubereiten und erst einzusetzen, wenn bereits erste Zweifel über einen sokratischen Dialog aufgebaut werden konnten und die Sicherheit der Wahnideen deutlich unter 80% ist. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 166 Umgang mit persistierender Positiv-Symptomatik Kognitive Umstrukturierung http://www.cartoonstock.com/newscartoons/cartoonists/tcr/lowres/tcrn243l.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 167 Teufelskreis der Angst und mögliche Angriffspunkte Gedanken Gedanken überprüfen Selbstinstruktion Fertigkeitentraining Körper Entspannung Effizientere Medikation Selbstinstruktion Gefühle Selbstbeobachtung (Verbesserung von Selbstwahrnehmung) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 Verhalten 168 Skillsfolgen zum Umgang mit Stimmenhören Intensität Was bemerke ich Was tue ich (Skillskette) 90-100 Stimme macht mir Angst, befiehlt mir Dinge die mir Schaden können, z.B. ……. Melde mich in der Klinik 70-80 Ich werde nervöser, angepannter, die Stimmen kommen auch nachts. Achte darauf, nicht mehr allein zu sein. 60-70 Stimme wird langsam aggressiver und beleidigender. Ich nehme meine Bedarfsmedikation. 50-60 Die Stimme “meldet” sich wieder mehrmals am Tag. Ich informiere Sie und Dr. König. Wir überprüfen die Medikation. 40-50 Stimmen melden sich bei der Arbeit. Trage einen Ohrstöpsel, reduziere die Arbeit, unternehme dafür erholsame Dinge. Frage andere Personen, ob sie Veränderungen an mir bemerken. 20-30 Mehrere Stimme melden sich mit Kommentaren und haltlosen Beleidigungen. Mache Sport und höre Musik etc., Gehe unter Leute, achte auf Entspannungsphasen. 10-20 Hauptstimme meldet sich sehr vereinzelt in ruhigen Phasen. Ich sage ihr “halts Maul” und ignoriere sie. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 169 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 170 Gliederung 1. Einleitung – Phasen der Psychotherapie bei schizophrenen Störungen 2. Was sagt die Wissenschaft? 3. Psychoedukation und Rückfallprophylaxe 4. Familienzentrierte Intervention und der Expressed Emotion-Ansatz 5. VT – Therapieansätze IPT 6. Verhaltenstherapeutische Interventionen für persistierende PositivSymptomatik 7. Verhaltenstherapeutische Interventionen für die NegativSymptomatik 8. Problematische Therapiesituationen und Besonderheiten in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung 9. Lücke zwischen Evidenz & Praxis 10. Bedeutung der Rehabilitation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 171 Umgang mit Negativ-Symptomatik › Reflektion des Tagesablaufs › Aufbauen einer Alltagsstruktur › Balance der optimalen Förderung › Teufelskreis - Aktivierung - Stimmung › Aktivitätenaufbau › Feste Tagestruktur etablieren › Interessante Aktivitäten morgens planen- Therapietermine möglichst am Vormittag › Selbstbeobachtungsprotokolle (Skalierung) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 172 Umgang mit Negativ-Symptomatik (I) › Verstärkerprogramme › Beachten, im therapeutischen Prozess und Fortschritte verstärken. › Sehr detaillierte Problemanalysen – Hindernisse abbauen › Kognitive Umstrukturierung von aktivitätsmindernden, demotivierenden Gedanken. › Nur Pflichten? › Tokenprogramme und Selbstverstärkung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 173 Umgang mit persistierender Negativ-Symptomatik Verstärkerverlust schlägt auf Stimmung = Stimmung = Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Summe von angenehmen Erlebnissen und positiven zwischenmenschlichen Interaktionen 14.11.2011 | 174 Teufelskreis zwischen Verstärkerverlust und Stimmung Negativere Stimmung Verstärkerverlust Antriebsminderung Weniger Aktivität Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 175 Umgang mit Negativ-Symptomatik Aktivierung – trotzdem tun Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 176 Liste positiver Aktivitäten Stellen sie sich Ihr individuelles «Menü» zusammen! 1. Wandern 2. Einkaufsbummel machen 3. Musik hören 4. Freunde besuchen 5. Tanzen 6. Kreuzworträtsel lösen 7. Gymnastik machen 8. Ins Kino gehen 9. Radfahren 10. Auf dem Balkon liegen 11. Zeitung lesen 12. Kegeln gehen 13. Auf eine Party gehen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14. Jemandem etwas schenken 15. Basteln 16. Für jemanden Kochen 17. Sauna 18. Malen 19. Massiert werden 20.Reiten 21. Briefmarken sammeln 22. Fotografieren 23. Backen 24. Mit einer Freundin/einem Freund essen gehen 25. In der Sonne sitzen 14.11.2011 177 Liste positiver Aktivitäten Stellen sie sich Ihr individuelles «Menü» zusammen! 26. Zu einem Vortrag gehen 27. Mit anderen lachen 28.Einen Brief schreiben 29. Einen Roman lesen 30.Mit anderen diskutieren 31. Telefonieren 32. Zum Friseur gehen 33. Sterne am Nachthimmel betrachten 34. Espresso trinken 35. Bilder vom letzten Urlaub oder einem interessanten Land in einem Bildband aus der Stadtbücherei betrachten Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 36. Attraktives Gericht aus einem entliehenen Kochbuch kochen 37. Entliehene DVD anschauen 38.Entliehenes Hörbuch hören 39. Computerspiel machen 40.____________________ 41. ____________________ 42. ____________________ 43. ____________________ 44.____________________ 14.11.2011 178 Meine Tagesstruktur 21-23 Uhr 09-10 Uhr 10-11 Uhr 19-21 Uhr 11-12 Uhr 18-19 Uhr 12-13 Uhr 17-18 Uhr 13-14 Uhr 16-17 Uhr 15-16 Uhr Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14-15 Uhr 14.11.2011 179 Mein Wochenplan Skalierungsgrad: Anstrengung von 1-10: Anspannung/Irritation bei plus Symptomatik Zeit Montag Dienstag 6.00-8.00 Uhr 4 Aufstehen / Anziehen /Frühstück/ Arbeitsweg 5 Aufstehen/ Anziehen /Frühstück/ Arbeitsweg 8.00-10.-00 Uhr 4 Arbeit 5 Arbeit 10.00-12.00 Uhr 4 Arbeit 3 Arbeit Lob vom Chef 12.00-14.00 Uhr 2 Mittagspause mit Tom 2 Mittagspause mit Tim 14.00-16.00 Uhr 4 Arbeit – Stress mit Chef 3 Stadt -Shoppen 16.00-18.00 Uhr Therapie Termin bei DOC 18.00-20.00 Uhr Abendessen Freizeit Training 20.00-22.00 Uhr TV Training /Essen 22.00-6 Uhr 0 Durchgeschlafen 0 Durchgeschlafen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 180 Pflichten: Nur lästig? Überlegen Sie einmal, was zu Ihren täglichen Pflichten gehört und schätzen Sie ein, wie viel Spass Ihnen die jeweilige Tätigkeit macht? -1 = kein Spass (unangenehm) 0 = weder kein Spass noch Spass (neutral) 1 = Spass (angenehm) Was muss ich tun? Warum könnte diese Tätigkeit wichtig sein? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 Wie viel Spass macht mir die Tätigkeit? 181 Operante Methoden (Kienzle et al., 2004) Ziel: Das Lernverhalten von langfristig stationär behandelten Patienten zu verbessern. › Konkrete Anleitung (coaching) › Verhaltensformung (shaping) und -rückmeldung (feedback) › Wiederholtes Üben (rehearsal) › Motivierung über positive Verstärkung (token economy) › Verzicht auf „Aversionstherapie“ ⇒ Bessere praktische Lebensbewältigungskompetenz und Lebensqualität ⇒ Wegen Nähe zu pädagogischen Vorgehensweisen sinnvolle Massnahme im Umgang mit erkrankten Jugendlichen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 182 Tokenprogramme › Klassische Verstärkerprogramme zum Aufbau gewünschten Verhaltens. Eventuell auch in kleinen Schritten langsam bis zum erwünschten Verhalten aufbauen (shaping). › Response Cost - Verstärker Entzug - zum Abbau von genau definierten, kontrollierbaren unerwünschten Verhaltensweisen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 183 Grundlagen von Tokenprogrammen › Das gewünschte Verhalten muss ganz detailliert zu beschreiben und zu beobachten sein. › Die Belohnung muss unmittelbar auf das Zielverhalten erfolgen. › Das Ziel muss für das Kind attraktiv sein. › Die Anwender müssen auch soziale Verstärker einsetzen können. › Eltern/Sozial-Pädagogen müssen es durchhalten und auch soziale Verstärker einsetzen können. › Das Tokenprogramm muss von den anderen Kindern in der Klasse/ Station akzeptiert werden. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 184 Prinzipien von Tokenprogrammen › Tokenprogramme sind bei jüngeren Kindern die wirksamsten Interventionen, die wir haben, man muss sie aber mit Bedacht einsetzen. › Tokenprogramme sind gewöhnlich ein Vertrag zwischen den Eltern / Sozial-Pädagogen und ihren Kindern und uns kommt die Rolle des Notars zu. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 185 Tokenprogramme Unabdingbare Voraussetzungen › Der Patient muss in der Lage sein, das Zielverhalten bereits ohne Intervention in 50% der Fälle zu zeigen. › Die Machtsituation in der Familie muss prinzipiell geklärt sein. › Der Patient muss mitmachen und das Ziel auch erreichen wollen (intrinsische Motivation). › Die Belohnung muss attraktiv und in realistischer Weise umsetzbar sein (cave: Ausflüge etc.). › Eltern-Kind-Beziehung darf belastet, aber nicht maligne sein. › Niemand in der Familie/im Team darf das Belohnungssystem ablehnen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 186 Haltung bei Tokenprogramme › Vertrag – Eltern gegenüber eher Skepsis - quasi paradoxe Intervention. › Nie die Verantwortung für das Gelingen der Intervention übernehmen. › Auf ganz klare Verhaltensbeschreibungen und realistische Ziele achten. › Oft ist es wichtig, zuerst generell die Beziehung zu verbessern (Positivliste etc.). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 187 3. Praktische Übung Umgang mit persistierender Positiv-Symptomatik › Bilden Sie wieder Vierergruppen (zwei Therapeuten, ein Patient und ein Beobachter) und wählen Sie zu Beginn einen Sprecher, der die Ergebnisse ins Plenum trägt. › Führen Sie als Therapeut (Sie können sich gerne abwechseln und ausprobieren) ein Gespräch mit einem Jugendlichen, der eine paranoide Wahnproblematik aufweist und glaubt, dass ihn andere Menschen (Islamisten, KGB, BND) schon immer beschatten und ihm nachspionieren. Explorieren Sie die Problematik mit Hilfe eines Vier-Felder-Schemas und dyadischem Fragen und bereiten im sokratischen Dialog einen Verhaltenstest vor. › Probieren Sie verschiedene Formulierungen aus. › Besprechen Sie nach was Ihnen als Therapeut schwer fiel! Welche Interventionen und Aussagen der Patient als hilfreich und weniger hilfreich erlebte! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 188 Wie evidenzbasiert ist die Praxis? (Puschner et al., 2006) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 189 Wie evidenzbasiert ist die Praxis? (Puschner et al., 2006) Basisdokumentation (BADO), Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Günzburg, 2005-2006 ⇒ Nur 13% der Patienten erhielten Verfahren mit nachgewiesen guter Evidenz (VT, kogn. T., IPT). Versicherte der „Deutschen Krankenversicherung“ (DKV), die ambulante Psychotherapie beantragt hatten › Nur 4 von 722 Teilnehmern (0.55%) mit F 2- Hauptdiagnose Fazit: Die gute empirische Befundlage erreicht die klinische Praxis nicht. Schizophrene Patienten sind vor allem im ambulanten psychotherapeutischen Bereich unterversorgt. Es gelingt häufig nicht, Behandlungsketten zu implementieren. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 190 Zusammenfassung: Schizophrenie (Teil 1) › Ergänzende Psychotherapie bei Psychosen, so erfolgreich wie bei anderen Störungsbildern › Erstmanifestation bedeutet grossen Einschnitt in den Lebensentwurf. › Diathese-Stress-Modell als Grundlage für Psychoedukation und Behandlungsplanung. › Balance zwischen Hoffnung und Vorsicht aufgrund der Vulnerabilität waren. › Früher Beginn → schlechtere Prognose. › Diagnostik von Prodromalsymptomen im Jugendalter schwierig aber wichtig; je kürzer die Dauer der unbehandelten Psychose, desto besser die Prognose. › Häufig unklare Symptomatik im Jugendalter, mit vorherrschender Negativ-Symptomatik. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 191 Zusammenfassung: Schizophrenie (Teil 1) › Starke Positiv-Symptomatik zu Beginn der Erstmanifestation eher günstig. › Gute tragfähige Medikation ist die Grundlage jeder Behandlung → Compliance ist wichtiges Therapieziel. › Langfristige, multimodale Behandlung, personelle Kontinuität → Rückfallprophylaxe als Ziel. › Familien möglichst intensiv mit einbeziehen und üben › Nutzung von psychosozialen Hilfssystemen und beruflicher Rehabilitationsmassnahmen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 192 Bewältigungsorientierte Therapie (Kienzle et al., 2004) Therapie bei persistierender Negativ-Symptomatik › Bearbeitung der verbliebenen Einschränkungen › Diskussion schulischer oder beruflicher Folgen › Perspektivenbildung im Rahmen der Familientherapie › Organisation rehabilitativer Hilfen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 193 Ziele der Rehabilitation › Möglichst eigenständiges Realitätsangepasstes Lebensführung ermöglichen. › Integration in festes adäquates Arbeitsverhältnis. › Adäquate Forderung – Schutz vor Über- und Unterforderung › Spezifische Förderung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 194 Wichtige Entwicklungsaufgaben in der Adoleszenz › Schulausbildung und Berufsausbildung. › Ablösung aus dem Elternhaus. › Aufbau eigener Peerkontakte › Aufbau von Liebesbeziehungen. › Weitgehend selbständiger Lebensunterhalt (finanziell, organisatorisch). › Adäquater Umgang mit Suchtmitteln, Konsumangeboten, Medien, Sexualität › ………………………………… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 195 Anforderungen an Reha-Institutionen › Klare berechenbare Alltagsstruktur › Betreuer Erfahrung mit Psychosen - Rückfallprophylaxe › Low- Expressed-Emotions-Atmosphäre › Breite Palette an Berufsbildenden Angeboten- Abstufungen müssen möglich sein. › Vernetzung mit Firmen in der Region › Gezielte Nutzung von Rückzugsräumen › Breite Struktur an Betreuungs- Freizeitangeboten › Therapeutische Angebote - spezifische kognitive Trainings; Soziale Kompetenztraining, Angehörigenarbeit - unspezifische Ergotherapie, Motopädagogik, Musiktherapie, Hypotherapie › Enge Kooperation mit Psychiatern (möglichst integriert) und psychiatrischen Kliniken › Ausreichende Personaldecke - Angebote mit unterschiedlicher Betreuungsintensität Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 196 Patienten vor neuer Lebenssituation › Bruch der Schul- und Berufslaufbahn › Evtl. Aufgabe früherer Berufsziele › Konfrontation mit großer Unsicherheit bezüglich seiner Gesundheit und persönlichen und beruflichen Plänen › Einschränkungen in der Lebensführung › Krankheitsbedingte Veränderungen müssen in das Selbstkonzept integriert werden. › Reaktion der Umwelt auf die Erkrankung wird registriert › Immenses Informationsbedürfnis über Erkrankung. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 197 Sozialpsychiatrische Konzepte zur Arbeitsintegration › Berufliche Integration ist eine grosse Herausforderung in einer sich durch die Globalisierung verändernden Arbeitswelt, in der personalintensive Routineaufgaben unter grossem Kostendruck stehen. › Klassische Train & Place Programme › Moderne Place & Train (z.B. Becker & Drake 1999) › Place und Train Programme sind wesentlich wirkungsvoller (z.B. Burns et al. 2008). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 198 Wichtige Hilfsangebote im Internet › http://www.fepsy.ch/ › http://www.stimmenhoeren.de/ › http://www.zi-mannheim.de/checkliste.html › http://www.psychose.de/interaktives-therapieportal00.html › http://www.psychiatrie-aktuell.de (Janssen-Cilag) › http://www.apk-ev.de › http://www.schizophrenie-netz.info/news.php › www.voicesforum.org.uk › http://www.fetz.org/ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 199 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ausdauer „Eine gute Rede hat einen Anfang und ein Ende und dazwischen ist sie ziemlich kurz.“ Seneca Was ich erzählt habe ist nachzulesen: › Schmid M.(2008). Schizophrene Erkrankungen in der Adoleszenz. In Lauth G., Linderkamp F., Schneider S.& Brack U. (Hrsg.): Verhaltenstherapie mit Kindern und Jugendlichen, 2. Auflage. Weinheim Beltz. S.514-532. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 200 Kontakt und Literatur Schmid M. (2011). Psychotherapie von Traumafolgestörungen im Kontext der stationären Jugendhilfe. In: Landolt M. & Hensel T. Handbuch Traumatherapie mit Kindern und Jugendlichen. Göttingen. Hogrefe. S. 404-440. Marc Schmid Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Schanzenstrasse 13, CH-4056 Basel 0041 61 265 89 74 [email protected] www.Equals.ch www.upkbs.ch Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 14.11.2011 | 201