Perspektivenwechsel - Transkulturelles Portal

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Perspektivenwechsel - Transkulturelles Portal
Es ist in der Natur eines Menschen, Situationen und Individuen als erstes aus einer
ethnozentrischen Sichtweise zu beurteilen und zu bewerten. 1 Dass dies jedoch nur eine
mögliche Perspektive, eine Facette der Realität und Wahrheit ist, scheint offensichtlich zu sein.
Und doch handeln und argumentieren Individuen oft aus dieser Position und sind erstaunt,
wieso sie auf Widerstand stossen und Missverständnisse entstehen. Es lohnt sich zu fragen:
Wie sieht die Welt aus der Sicht des Gegenüber aus und mit welcher persönlichen, kulturellen
Brille nimmt er diese wahr? Sind Eigen- und Fremdwahrnehmung kongruent? Welche
Differenzen und Gemeinsamkeiten sind vorhanden? Der Perspektivenwechsel hilft dem
Individuum seine eigene Wahrnehmung zu überprüfen. Was sehen Sie bei dieser Zeichnung aus dem Buch
"Der kleine Prinz" von Antoine de Saint Exupéry?
Quelle: PROFI-L, Magazin für das Lehren und Lernen, http://profi-l.net/files/complete/2006-03.
pdf
, 14.05.2009
Beim Perspektivenwechsel versetzt man sich in die Rolle und Position eines anderen hinein
und versucht einen Sachverhalt aus dessen Sicht und Standpunkt zu sehen. Diese Technik und
Fähigkeit stammt aus der Sozialpsychologie. 2 Kognitive Voraussetzung dafür ist die
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Dezentrierung.
3 Jean Piaget meint damit das
Verlassen des eigenen Zentrums und das sich hineinversetzen in jenes des Gegenübers. In
dem man
„in die Haut des
anderen schlüpft“,
spürt man den Gefühlszustand des Gegenübers als eigene affektive Verfassung und kann
dadurch dessen Emotionen und anderen Reaktionen besser begreifen. Eine indianische
Redensart trifft dies auf den Punkt:
„Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins
gegangen bist“ . 4 Für Gabriel Layes ist Perspektivenübernahme mehrdimensional und orientiert sich an drei
Ebenen, die bei jeder zwischenmenschlichen Interaktion beteiligt sind: 5
- Die gegenständliche Perspektivenübernahme konzentriert sich auf den
Interaktionsgegenstand – das Thema der Interaktion
(objektiver Bereich der Aufgaben)
- Die emotionale Perspektivenübernahme versucht die interpersonale Beziehung der
Akteure zu verstehen
(sozialer Bereich der gegenseitigen Beziehungen und Empfindungen)
- Die konzeptionelle Perspektivenübernahme fokussiert den soziokulturellen Kontext, in der
die Interaktion stattfindet.
(subjektiver Bereich der verschiedenen Denkkonzepte)
Gerade in interkulturellen Begegnungen hilft die Kompetenz des Perspektivenwechsels bewusst
zu vermeiden, sich vorschnell auf das vermeintlich sichere Ufer des Eigenen zurückzuziehen
und das Fremde (ab)zuwerten und zu (ver)urteilen. Es wird möglich, das Denken und Verhalten
des Gegenübers zu verstehen und neu einzuordnen. In unserer globalisierten Zeit hat diese
Fähigkeit an Bedeutung gewonnen. Die geistige Beweglichkeit des Individuums, durch
Perspektivenwechsel das Fremde als Chance zu sehen, ermöglicht einen adäquaten Umgang
damit und ist eine wichtige Voraussetzung, die Probleme der Welt zu lösen. Dies darf jedoch
nicht zur kompletten Übernahme der fremden Perspektive und somit zur Selbstaufgabe führen.
Eine kritische Distanz gegenüber fremden Sichtweisen gehört ebenso zum Umgang mit
Fremdem wie die Offenheit für Anschlussmöglichkeiten und dadurch das Überwinden der
eigenen, ethnozentrischen Sichtweise.
Perspektivenwechsel ist hier als ethisch-soziale Fähigkeit beschrieben, enthält jedoch noch r
äumliche
und
zeitliche
Aspekte:
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Durch das Verändern des Standortes in einem Raum oder in einer Situation, wird sich auch
das Blickfeld verändern. Wer über den anderen steht, hat den Überblick, wer tiefer steht, sieht
die Einzelheiten. Je nach Stellung sind Dinge gut, schlecht oder überhaupt nicht sichtbar. Ein
räumliches Vorstellungsvermögen erlaubt dem Individuum, eine Situation oder einen Raum aus
verschiedenen Perspektiven zu betrachten und sich dadurch ein umfassenderes Bild zu
machen.
Sich in eine andere Zeit hineindenken und einen historischen Zeitabschnitt (Bibelgeschichten,
Legenden, Märchen, Erzählungen etc.) aus seinen spezifischen Bedingungen zu begreifen ist
eine weitere Form des Perspektivenwechsels, welche die Erkenntnis über die heutige Zeit
erleichtern kann. Mit dem Verstehen der Vergangenheit wie auch dem Blick in die Zukunft
lassen sich die Herausforderungen der Gegenwart besser interpretieren und nachhaltigere
Lösungen finden.
Die Fähigkeit des Perspektivenwechsel ist Voraussetzung für die Entwicklung von Empathie. Antoine de Saint Exupéry zeigt mit seiner Zeichnung weder einen alten Hut noch eine Schnecke, die ger
Quelle: PROFI-L, Magazin für das Lehren und Lernen, http://profi-l.net/files/complete/2006-03.
pdf
, 14.05.2009
Quellen: 1 Vgl. Kapitel Wahrnehmung, Kulturspezifisch, http://www.transkulturelles-portal.com/index.p
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hp?option=com_content&view=article&id=120&Itemid=127
2 Die Sozialpsychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie und der Sozialwissenschaften. Die
Sozialpsychologie erforscht Prozesse innerhalb und zwischen sozialen Gruppen, sowie die
Auswirkungen solcher Prozesse auf das Erleben und Verhalten des Individuums. (Wikipedia,
Sozialpsychologie,
http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialpsychologie , 2.07.2009)
3 „Fähigkeit, mehrere Aspekte eines Sachverhalts gleichzeitig im Denken zu berücksichtigen.“
(Dorsch 1998:179)
4 Wikipedia, Empathie, http://de.wikipedia.org/wiki/Empathie , 15.06.2009
5 Layes 2003:135, 136
6 Vgl. Profi-L 2006:4, profi-l.net/files/complete/2006-03.pdf , 14.05.2009
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