Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen Katharina Brazda 8. März 2007 Inhaltsverzeichnis 1 Notation 2 2 Potenzen und Wurzeln 2.1 Definition von Potenzen (mit ganzzahligen Exponenten) . . . . 2.2 Rechenregeln für Potenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Definition von Wurzeln (Potenzen mit rationalen Exponenten) 2.4 Rechenregeln für Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Potenz- und Wurzelfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 3 3 4 5 3 Exponentialfunktion und Logarithmus 3.1 Definition der Exponentiation bzw. der Exponentialfunktion 3.2 Definition des Logarithmus bzw. der Logarithmusfunktion . 3.3 Rechenregeln für Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Logarithmen mit besonderen Basen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 8 9 9 4 Winkel- und Arkusfunktionen 4.1 Winkelfunktionen im rechtwinkeligen Dreieck . . . . . . . . . . 4.2 Anwendung der Winkelfunktionen im schiefwinkeligen Dreieck . 4.3 Einheitskreis und Bogenmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Winkelfunktionen als periodische Funktionen auf R . . . . . . . 4.5 Definition der Arkusfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 12 13 14 15 18 1 . . . . Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 1 Notation In diesem Text steht N für die natürlichen Zahlen N = {1, 2, 3, . . . }. Mit N0 wird N inklusive der Null bezeichnet, d.h. es ist N0 := N ∪ {0} = {0, 1, 2, 3, . . . } Um Missverständnisse zu vermeiden, wird hier anstatt N auch N \ {0} geschrieben. Wie gewohnt bezeichnet Z die Menge der ganzen, Q die Menge der rationalen und R die Menge der reellen Zahlen. Der positive reelle Halbstrahl ohne bzw. mit Nullpunkt wird mit R+ := {x ∈ R | x > 0} = (0, ∞) R+ 0 := {x ∈ R | x ≥ 0} = [0, ∞) bzw. notiert. 2 2.1 Potenzen und Wurzeln Definition von Potenzen (mit ganzzahligen Exponenten) Möchte man eine reelle Zahl x öfters mit sich selbst multiplizieren, so schreibt man abkürzend xn := |x · x · x{z· . . . · x} ∀ x ∈ R, ∀ n ∈ N \ {0} n-mal wobei n-mal” als n-mal kommt x vor” gelesen werden soll, sodass auch x1 := x mit inbegriffen ” ” ist. Die so erhaltene reelle Zahl xn heißt n-te Potenz von x. Dabei nennt man n den Exponenten (oder Hochzahl) und x die Basis (oder Grundzahl) der Potenz xn . Die Berechnung von Potenzen wird als Potenzieren bezeichnet. Weiters wird für alle x ∈ R definiert: x0 := 1 Damit ist insbesondere die Vereinbarung 00 := 1 getrofffen worden, was etwa dem Wunsch Rechnung trägt, dass die Zuordnung x 7→ x0 = 1 eine auf ganz R stetige Funktion mit sich bringt. Als einfaches Beispiel sei die n-te Potenz von −1 angeführt: ½ 1 . . . n gerade (−1)n = −1 . . . n ungerade Der Begriff der Potenz kann auch auf ganzzahlige Exponenten n ∈ Z erweitert werden indem man setzt: 1 x−n := n ∀ x ∈ R \ {0}, ∀ n ∈ N0 x Um sehr große oder sehr kleine reelle Zahlen x ∈ R (letztere im Sinne von Zahlen, die nahe bei 0 liegen) übersichtlich darzustellen, verwendet man häufig Potenzen von 10 bzw. die sogenannte Gleitkommadarstellung”: ” x = a · 10n Hierbei ist n ∈ Z und a ∈ R wird Mantisse genannt, welche üblicherweise eine Zahl zwischen 1 und 10 ist. So wird etwa die Lichtgeschwindigkeit, welche ungefähr gleich 299 790 000 m/s ist, häufig in der Form 2.9979 · 108 m/s angegeben oder die Newtonsche Gravitationskonstante anstatt unhandlich 0.000 000 000 066 7 m3 /(s2 kg) in Gleitkommadarstellung als 6.67 · 10−11 m3 /(s2 kg) geschrieben. Katharina Brazda 2 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 2.2 Rechenregeln für Potenzen Falls Klammern nicht eine andere Reihenfolge erzwingen, hat das Potenzieren Vorrang gegenüber den Grundrechenoperationen Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren reeller Zahlen. Eine Addition bzw. Subtraktion von Potenzen ist nur dann möglich, wenn sowohl Exponenten als auch Basen aller beteiligten Terme übereinstimmen. Es gilt z.B. x3 + 7x3 = 8x3 , aber Ausdrücke wie x3 + 2x4 oder x3 + y 3 (x 6= y) können nicht weiter detrartig zusammengefasst werden. Für die Multiplikation von Potenzen zur gleichen Basis gilt: xm · xn = xm+n ∀ x ∈ R \ {0}, ∀ n, m ∈ Z Die Potenz eines Produktes ist gleich dem Produkt der jeweiligen Potenzen: (x · y)n = xn · y n ∀ x, y ∈ R \ {0}, ∀ n ∈ Z Allgemeiner ist die n-te Potenz einer m-ten Potenz gleich der (m · n)-ten Potenz: (xm )n = xm·n ∀ x ∈ R \ {0}, ∀ n, m ∈ Z Die Rechenregel für die Division zweier Potenzen zur gleichen Basis xm = xm−n xn ∀ x ∈ R \ {0}, ∀ n, m ∈ Z ist Konsequenz der Regel für das Produkt zweier Potenzen. Ebenso gilt für die Potenz eines Quotienten: ³ x ´n xn = n ∀ x, y ∈ R \ {0}, ∀ n ∈ Z y y Beispiele: • 17−3 · 175 · 17−2 = 170 = 1 • (x2 − y 2 )2 · (x − y)−2 = • ¡¡ = 2.3 5ax − 3b 2y oder (x+y)2 (x−y)2 (x−y)2 ¢4 ¡ 5ax ¢−3 ¢ ¡ by ¢4 · 12b3 y2 · 2ax = 5·22 ·b5 y 6 3a3 x3 = ¡ 2 −1 ¢3 ¡ 3 ¢3 (− 3 ) = − 2 = (−1)3 · = (x + y)2 33 23 =− 27 8 für x, y ∈ R, x 6= y (−5ax)4 ·(12b3 y 2 )3 ·(by)4 (3b2 y)4 ·(5ax)3 ·(2ax)4 = (5ax)·(123 b9 y 6 )·(b4 y 4 ) (34 b8 y 4 )·(24 a4 x4 ) = 5·33 ·26 ·b13 y 10 34 ·24 ·a3 b8 x3 y 4 20·b5 y 6 3·a3 x3 Definition von Wurzeln (Potenzen mit rationalen Exponenten) √ Die n-te Wurzel n y (für n ∈ N, n 6= 0) einer reellen, nichtnegativen Zahl y ≥ 0 ist als diejenige √ nichtnegative Zahl definiert, deren n-te Potenz y ergibt. Damit ist n y die reelle, nichtnegative n Lösung x der Gleichung x = y. Es gilt also √ ∀ y ∈ R+ x = n y :⇐⇒ xn = y 0 , ∀ n ∈ N \ {0} √ Im Symbol n y heißt n der Wurzelexponent und y der Ziehen der n-ten Wurzel √ Radikand. Das √ wird als Radizieren bezeichnet. Wegen x1 = x ist 1 x = x, weshalb 1 keine neue Operation liefert und daher auch nicht geschrieben wird. Für die Quadratwurzel ist es hingegen üblich, statt √ √ 2 gleich zu schreiben und sie zudem nur als Wurzel zu bezeichnen. Per Definition ist Radizieren die Umkehroperation zum Potenzieren - aber nur für nichtnegative Radikanden bzw. Basen! Die (reelle) Wurzel einer reellen, nichtnegativen p Zahl ist nie√negativ! Ignoriert man dies, so stösst man leicht auf falsche Aussagen wie etwa −1 = (−1)2 = 1 = 1. Katharina Brazda 3 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 1 1 Motiviert durch den Vergleich von (x n )n = x n ·n = x (wobei die Rechenregel zur Potenzierung von Potenzen√auf den Fall des rationalen Exponenten 1/n hier zunächst rein formal übertragen wurde) mit ( n x)n = x für x ≥ 0 und n ∈ N \ {0} setzt man √ 1 x n := n x ∀ x ∈ R+ 0 , ∀ n ∈ N \ {0} Den Potenzen nichtnegativer Zahlen mit rationalen Exponenten der Form des Stammbruches 1/n für n ∈ N \ {0} wird also√genau als die n-ten Wurzeln Sinn gegeben. Betrachtet man analog m m (x n )n = x n ·n = xm und ( n xm )n = xm veranlasst dies zur Definition von: √ m x n := n xm ∀ x ∈ R+ 0 , ∀ m ∈ Z, ∀ n ∈ N \ {0} So wurde der Potenzbegriff im Fall nichtnegativer reeller Basen auf Potenzen mit rationalen Exponenten q = m n ∈ Q ausgedehnt. Wie im Fall ganzzahliger Exponenten gilt auch 1 xq x−q = ∀ x ∈ R+ , ∀ q ∈ Q, q > 0 Der Ausdruck xq ist nun für x > 0 (bzw. x ∈ R+ ) für alle q ∈ Q definiert. Möchte man auch negative reelle Zahlen x als Basen und insbesondere als Radikanden zulassen, verlangt dies nach dem Grundkörper der komplexen Zahlen C. 2.4 Rechenregeln für Wurzeln Die für Potenzen mit ganzzahligen Exponenten gültigen Rechengesetze (siehe Teil 2.2) sollen auch im Fall rationaler Exponenten gelten (sofern die Basis nicht negativ ist, da Wurzeln im Reellen ansonsten nicht definiert sind). So können Wurzeln auch nur dann zueinander addiert bzw. voneinander abgezogen werden, wenn sowohl Wurzelexponent als auch Radikand übereinstimmen. Es zeigt sich, dass die Potenzrechenregeln angewandt auf Potenzen mit Stammbrüchen als Exponenten genau den Rechengesetzen für Wurzeln entsprechen. Für x, y ∈ R+ 0 und m, n ∈ N \ {0} gilt: √ √ 1 1 1 √ n ⇐⇒ x·y = nx· ny (x · y) n = x n · y n √ √ √ m mk 1 1 nk n ⇐⇒ (xm ) n = x n = x nk = (x n )m xm = ( n x)m = xmk √ r 1 1 ³x´n n xn x x n = 1 ⇐⇒ = √ n y y y yn q q ¡ 1¢1 ¡ 1 ¢ n1 √ √ 1 n m m √ n xm = x m·n = x n m ⇐⇒ x = m·n x = x Bei Umformungen ist oft auch ein teilweises Wurzelziehen nützlich bzw. umgekehrt Faktoren unter die Wurzel zu bringen. Beispiele hierfür sind von der Form: r √ n y √ y √ n n n n x ·y = x· y oder = n x x Ob in konkreten Rechnungen (im Fall nichtnegativer Basen) die Wurzel- oder die Potenzschreibweise mit rationalen Exponenten vorgezogen wird, ist reine Geschmackssache. Bei komplizierteren Ausdrücken erweist sich die Potenzschreibweise jedoch meist als übersichtlicher, wie man an nachfolgendem Beispiel für x ∈ R+ sieht: q 10√ q√ p p√ √ √ 3 10 10 3 5 x 3 √x = = x5−2 = x3 = 10 x oder alternativ • 3 √ 10 5 x 2 x ³ • 1 x2 ´ 1 x5 1 3 1 1 1 = x( 2 − 5 )· 3 = x 5−2 1 10 · 3 3 1 = x 30 = x 10 Weiteres Beispiel: √ 3 a)2 −1 √ a 2· x 1 • (x− 3 · Katharina Brazda 1 = 1 (x− 3 ·a 3 )2 1 1 a− 2 ·x 2 = 2 2 1 1 x− 3 ·a 3 a− 2 ·x 2 = 2 1 1 2 a3+2 x2+3 = 4 4+3 6 3+4 x 6 a = ¡ a ¢ 76 x = q¡ ¢ 6 a 7 x 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 2.5 Potenz- und Wurzelfunktionen Eine Funktion pn : R → R bzw. pn : R \ {0} → R mit der Zuordnungsvorschrift pn (x) = xn für n ∈ N0 bzw. n∈Z heißt Potenzfunktion mit natürlichem bzw. ganzzahligem Exponenten. Im Fall negativer Exponenten (d.h. für n ∈ Z \ N0 ) muss 0 aus dem Definitionsbereich von pn ausgeschlossen werden. Potenzfunktionen pn zu geraden Exponenten n sind gerade, d.h. für alle x aus dem Definitionsbereich gilt pn (−x) = pn (x). Potenzfunktionen pn zu ungeraden Exponenten n sind ungerade, d.h. für alle x aus dem Definitionsbereich gilt pn (−x) = − pn (x). Dieses Verhalten begründet sich leicht aus folgender Tatsache: ½ xn = pn (x) . . . n gerade n n n pn (−x) = (−x) = (−1) · x = für n ∈ Z, x 6= 0 − xn = − pn (x) . . . n ungerade Die Graphen von geraden Funktionen sind symmetrisch bezüglich der Ordinatenachse (y-Achse). Ungerade Funktionen weisen antisymmetrische Graphen auf. 3 x3 x2 2 x1=x 1 y x1/2 x1/3 0 x0=1 −1 −2 −3 −3 −2 −1 0 x 1 2 3 Abbildung 1: Graphen verschiedener Potenz- und Wurzelfunktionen (positive Exponenten, inklusive 0). √ n y genau eine Lösung in R+ Da die Gleichung y = xn für y ∈ R+ 0 und n ∈ N \ {0} mit x = 0 + hat, ist die Einschränkung der Potenzfunktion auf R0 bijektiv, d.h. invertierbar bzw. umkehrbar. + Die zur (bijektven) Potenzfunktion pn : R+ 0 → R0 mit n ∈ N \ {0} inverse Funktion ist die + Wurzelfunktion. Die Wurzelfunktion ist gegeben durch die Abbildung p n1 : R+ 0 → R0 mit der Zuordnung: √ 1 für n ∈ N \ {0} p n1 (x) = x n = n x Katharina Brazda 5 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 3 3 1/x 2 1/x 1/x 2 1/2 1/x 1/x1/3 y 1 0 −1 −2 −3 −3 −2 −1 0 x 1 2 3 Abbildung 2: Graphen verschiedener Potenz- und Wurzelfunktionen (negative Exponenten). Wie immer erhält man die Funktionsgraphen inverser Funktionen durch die Spiegelung an der ersten Mediane (das ist jene Gerade, die durch den Ursprung gehend den ersten und dritten Quadranten halbiert). Es ist zu beachten, dass Potenzfunktionen mit natürlichen Exponenten ungleich 0 nur auf R+ 0 invertiert werden können (Wurzeln können auf R nie negativ sein). Potenzfunktionen mit ganzzahligen Exponenten ungleich 0 sind auf R+ bijektiv. Zum einen sind sie für negative Exponenten in 0 nicht definiert und zum anderen im Fall gerader Exponenten auf ganz R nicht injektiv. Die Funktion p0 (Potenzfunktion mit Exponenten 0) stellt einen Sonderfall dar. Als konstante Funktion mit p0 (x) = x0 = 1 ∀ x ∈ R ist p0 nirgends injektiv (völlig beliebige verschiedene Punkte x, y ∈ R haben stets denselben Funktionswert 1 = p0 (x) = p0 (y)). Erlaubt man mit x−q := 1/xq auch negative rationale Zahlen q als Exponenten, so sind sowohl Potenz- als auch Wurzelfunktionen Funktionen von der allgemeinen Form pq : R+ → R+ mit pq (x) = xq für q ∈ Q Wegen 1q = 1 für beliebiges q ∈ Q gehen die Graphen sämtlicher Potenz- und damit auch Wurzelfunktionen durch den Punkt (1, 1) ∈ R2 . Katharina Brazda 6 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 3 3.1 Exponentialfunktion und Logarithmus Definition der Exponentiation bzw. der Exponentialfunktion Im vorigen Kapitel wurden Potenzen mit natürlichen, ganzzahligen und bis hin zu rationalen Exponenten (für positive reelle Basen) definiert. Potenzieren kann auch auf reelle Exponenten stetig erweitert werden. Der Begriff der Potenz ax existiert damit für beliebige reelle und insbesondere auch irrationale Zahlen x als Exponenten. Dabei behalten die Rechengesetze für Potenzen aus Teil 2.2 ihre Gültigkeit! Wiederum wird festgelegt: a−x := 1 ax ∀ a ∈ R+ , ∀ x ∈ R+ 0 Die Zuordnung x 7→ ax für x ∈ R und a ∈ R+ als Basis heißt Exponentialfunktion expa : R → R+ mit expa (x) = ax für a ∈ R+ In der Exponentialfunktion kommt dem Exponenten die Rolle der unabhängigen Variablen x zu. Die Funktion expa ist daher nicht zu verwechseln mit der Potenz- bzw. Wurzelfunktion pq : R+ → R+ mit pq (x) = xq (q ∈ Q), in der die Basis als unabhängige Variable betrachtet wird. Mit expa (0) = a0 = 1 geht der Graph einer jeden Exponentialfunktion durch den Punkt (0, 1) ∈ R2 und wegen der Voraussetzung a > 0 sind sämtliche Exponentialfunktionen positiv, d.h ihr Graph verläuft zur Gänze oberhalb der x-Achse. Für a > 1 ist expa streng monoton wachsend bzw. für 0 < a < 1 streng monoton fallend, wobei sich der Funktionsgraph der negativen bzw. der positiven x-Achse asymptotisch nähert. Des Weiteren liegen die Graphen von expa und exp a1 wegen ax = (1/a)−x symmetrisch zur Ordinatenachse (y-Achse). Im Spezialfall a = 1 ist die Exponentialfunktion wegen exp1 (x) = 1x = 1 konstant gleich 1. Als die Exponentialfunktion schlechthin” wird expe mit der (irrationalen) Eulerschen Zahl ” e ≈ 2.718281828459045 als Basis bezeichnet. Die Eulersche Zahl tritt in bestimmten Wachstums- bzw. Zerfallsprozessen auf (z.B. beim radioaktiven Zerfall in der Natur oder bei der Augenblicksverzinsung von Bankguthaben). Sie lässt sich etwa als der folgende Grenzwert definieren: ³ ´n 1 e := lim 1 + n n→∞ Man schreibt exp := expe und somit ist exp : R → R+ mit exp(x) = ex Unter Verwendung der Identität ax = e(ln a)·x (ln a bezeichnet hier den natürlichen Logarithmus von a; siehe die Teile 3.2 bzw. 3.4) können alle Exponentialfunktionen zu beliebigen Basen a > 0 auf die Exponentialfunktion zur Basis e zurückgeführt werden. Die Exponentialfunktion exp besitzt vielerlei mathematisch bemerkenswerte und äußerst nützliche Eigenschaften. So ist sie beispielsweise ihre eigene Ableitung bzw. Stammfunktion Z x (ex )0 = ex bzw. ey dy = ex −∞ und ist damit unendlich oft differenzierbar. Des Weiteren ist ihre Darstellung als Potenzreihe (Taylorreihe) besonders einprägsam: ∞ X xk ex = k! k=0 Katharina Brazda 7 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 8 7 6 5 y 4 3 2 ex 5x −x 5−x 1 e 0 −1 −2 −1.5 −1 −0.5 0 x 0.5 1 1.5 2 Abbildung 3: Graphen der Exponentialfunktionen x 7→ exp(x) = ex und 1/ exp(x) = exp(−x) = e−x sowie x 7→ exp5 (x) = 5x und exp1/5 (x) = exp5 (−x) = 5−x . 3.2 Definition des Logarithmus bzw. der Logarithmusfunktion Der Logarithmus von y zur Basis a (a, y > 0 und a 6= 1), der mit a log y notiert wird, ist diejenige reelle Zahl, mit welcher a potenziert werden muss um y zu erhalten. Der Logarithmus a log y ist damit Lösung der Exponentialgleichung ax = y in x ∈ R und es gilt: x = a log y :⇐⇒ ax = y ∀ a, y ∈ R+ , a 6= 1 Im Logarithmus a log y heißt die Zahl y Logarithmand oder Numerus. Andere gebräuchliche Schreibweisen für a log y sind etwa a log y oder loga y. Für x 6= 0, y, a > 0 und a 6= 1 gilt: x = a log y ⇐⇒ y = ax 1 ⇐⇒ a = yx = √ x y. Beispiele: • Berechnung von Logarithmen: 3 log 27 = x ⇐⇒ • Berechnung von Logarithmanden: 2 log x = 8 • Berechnung von Basen: x log 3 = 5 3x = 27 ⇐⇒ x5 = 3 ⇐⇒ ⇐⇒ 28 = x ⇐⇒ x=3 ⇐⇒ √ x= 53 x = 256 Nach Definition ist Logarithmieren, d.h. das Bilden des Logarithmus (einer positiven reellen Zahl), die Umkehroperation zur Exponentiation. Anders ausgedrückt sind Exponentialfunktion expa : R → R+ , expa (x) = ax (a ∈ R+ ) und Logarithmusfunktion a log : R+ → R mit a log(x) =a log x für a ∈ R+ zueinander invers. Katharina Brazda 8 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen Dieser Sachverhalt lässt sich auch als ¡ ¢ a log expa (x) = x für x ∈ R bzw. als a log ◦ expa = idR ¡a ¢ log(y) = y und expa und expa ◦ a log = idR+ für y ∈ R+ ausdrücken, wobei ◦ die Zusammensetzung (oder Nacheinanderausführung) von Funktionen anzeigt und idC für die identische Abbildung idC : C → C, x 7→ x steht. 3.3 Rechenregeln für Logarithmen Die Rechenregeln für Logarithmen lassen sich aus den Rechenregeln für Potenzen (siehe Teil 2.2) ableiten. In folgender Herleitung bezeichne a 6= 1 stets eine positive Basis. Mit Hilfe der für z > 0 a gültigen Identität z = a log z kann die Gleichung x · y = x · y mit x, y > 0 in der Form a a log(x·y) = a a log x ·a a log y a = a log x + a log y geschrieben werden, woraus sich nach Logarithmieren zur Basis a die Funktionalgleichung der Logarithmusfunktion ergibt: a log(x · y) = a log x + a log y ∀ x, y ∈ R+ Auf analoge Weise erhält man die Rechenregeln: ³x´ a log = a log x − a log y y a log(xq ) = q · a log x √ 1 a log( q x) = q · a log x ∀ x, y ∈ R+ ∀ x, y ∈ R+ , ∀ q ∈ R ∀ x, y ∈ R+ , ∀ q ∈ R+ Man sieht: Die Rechenoperationen im Logarithmanden auf der linken Seite sind jeweils um eine Rechenstufe höher als die Rechenoperationen außerhalb der Logarithmen auf der rechten Seite obiger Gleichungen. Beispiele (stets ist a, x, y ∈ R+ und a 6= 1 vorausgesetzt): • a log(x3 y) = a log x3 + a log y = 3 a log x + a log y ³ 5´ √ √ • a log 8x = a log(8x5 ) − a log( 3 y) = a log 8 + 5 a log x − 3 y 3.4 1 a 3 log y Logarithmen mit besonderen Basen Um Logarithmen der Form a log x für beliebige Argumente x ∈ R+ konkret zu berechnen, muss man eine bestimmte Basis a festlegen. Besondere Relevanz kommt hierbei den Zahlen 10 und e (Eulersche Zahl, siehe Teil 3.1) als Basis zu. Der Logarithmus zur Basis a = 10 heißt dekadischer Logarithmus 10 log. Weit verbreitet ist die Schreibweise: 10 log = lg Beispiele: • 10 log 10 = 1 • 10 log 1000 = 3 • 10 log 0.01 = −2 Katharina Brazda 9 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 5 10x 4 ex 3 y 2 ln x 10 log x 1 0 −1 −1 0 1 2 x 3 4 5 Abbildung 4: Graphen der Exponentialfunktionen zur Basis e und zur Basis 10 sowie die zugehörigen Logarithmen ln x und 10 log x. Der Logarithmus zur Basis e ist der sogenannte natürliche Logarithmus, welcher anstatt e log gewöhnlich mit ln notiert wird: e log = ln So wie die Exponentialfunktion zur Basis e mit exp abgekürzt wird, findet man mitunter auch log als Bezeichnung für den natürlichen Logarithmus. Beispiele: • ln e = 1 • ln(e6 ) = 6 ln e = 6 ³q ´ • ln 4 1e = 14 ln 1e = − 14 ln e = − 41 Achtung: Auf den meisten Taschenrechnern ist die mit der Funktion 10 log bzw. lg belegte Taste als LOG ausgewiesen, wohingegen sich der natürliche Logarithmus hinter der Taste LN verbirgt! Allgemein gilt, dass Logarithmen zu zwei verschiedenen Basen a und b wie folgt zusammenhängen: b log x = 1 a log b · a log x ∀ x ∈ R+ , ∀ a, b ∈ R+ , a, b 6= 1 Diese Identität ersieht man für gegebenes a, b und x ausgehend von der Gleichung x = by , wobei y = b log x ist. Wendet man a log auf x = by an, so ergibt sich: a log x = a log(by ) ⇐⇒ a ⇐⇒ a ⇐⇒ Katharina Brazda 10 log x = y ·a log b log x = b log x ·a log b 1 b · a log x log x = a log b 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen Insbesondere ist: a log x = 1 · ln x = ln a 1 10 log a · 10 log x ∀ x ∈ R+ , ∀ a ∈ R+ , a 6= 1 Somit können auch Logarithmen zu beliebigen Basen mit Hilfe des Taschenrechners bestimmt werden. Um beispielsweise 5 log x zu erhalten, dividiert man einfach nur ln x durch ln 5 oder entsprechend 10 log x durch 10 log 5. Katharina Brazda 11 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 4 4.1 Winkel- und Arkusfunktionen Winkelfunktionen im rechtwinkeligen Dreieck Ein rechtwinkeliges Dreieck ist ein Dreieck, welches einen rechten Winkel von 90◦ besizt. Diejenige Dreiecksseite, welche dem rechten Winkel gegenüberliegt, heißt Hypotenuse des rechtwinkeligen Dreiecks. Für einen Winkel, der nicht der rechte ist, nennt man die dem Winkel gegenüberliegende Dreiecksseite Gegenkathete des Winkels. Jene Seite, die mit der Hypotenuse des Dreiecks den nämlichen Winkel einschließt, heißt Ankathete. Sofern nicht anders angegeben, sollen hier - wie in der Schule üblich - die (Längen der) Seiten eines rechtwinkeligen Dreiecks mit den Buchstaben a, b, c bezeichnet werden, wobei die Seite c die Hypotenuse ist, also dem rechten Winkel gegenüber liegt (a, b, c > 0 sei immer vorausgesetzt). Mit den Symbolen α und β werden jene Winkeln versehen, zu denen die Dreiecksseiten a und b die jeweiligen Gegenkatheten sind. Da die Winkelsumme in allen Dreiecken immer gleich 180◦ ist, sind α und β in einem rechtwinkeligen Dreieck stets zueinander komplementäre spitze Winkel, denn es ist α + β = 180◦ − 90◦ = 90◦ , was 0 < α, β < 90◦ impliziert (die Fälle α = 0◦ bzw. β = 0◦ und damit α = 90◦ bzw. β = 90◦ werden ausgeschlossen, da dann kein Dreieck mehr vorliegt). β c a α b Abbildung 5: Seiten- und Winkelbezeichnungen im rechtwinkeligen Dreieck. Für ein beliebiges rechtwinkeliges Dreieck sind die sogenannten Winkelfunktionen (bzw. die trigonometrischen Funktionen) Sinus sin, Cosinus cos, Tangens tan und Cotangens cot als reellwertige Funktionen auf dem Winkelbereich zwischen 0◦ und 90◦ folgendermaßen definiert (die Wertebereiche von Sinus uns Cosinus beruhen darauf, dass keine Dreiecksseite verschwinden darf sowie, dass die Hypotenuse eines rechtwinkeligen Dreiecks stets länger als eine Kathete ist): µ ¶ Länge der Gegenkathete a ◦ ◦ = sin : (0 , 90 ) → (0, 1), sin(α) = c Länge der Hypotenuse µ ¶ b Länge der Ankathete ◦ ◦ cos : (0 , 90 ) → (0, 1), cos(α) = = c Länge der Hypotenuse µ ¶ a Länge der Gegenkathete ◦ ◦ + tan : (0 , 90 ) → R , tan(α) = = b Länge der Ankathete µ ¶ b Länge der Ankathete ◦ ◦ + cot : (0 , 90 ) → R , cot(α) = = a Länge der Gegenkathete Unmittelbar aus dieser Definition ersichtlich ist, dass für α ∈ (0◦ , 90◦ ) gilt: tan(α) = Katharina Brazda sin(α) 1 = cos(α) cot(α) 12 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen Aus dem Satz von Pythagoras (nach dem bekanntlich in jedem rechtwinkeligen Dreieck die Formel a2 + b2 = c2 und damit (a/c)2 + (b/c)2 = 1 gilt) folgt die fundamental wichtige Relation cos2 (α) + sin2 (α) = 1 Zu beachten ist, dass das Quadrat von Winkelfunktionen anstatt wie etwa im Fall des Sinus (sin(α))2 generell kurz zu sin2 (α) notiert wird, wodurch Klammern eingespart werden können. Besteht das Argument von Winkelfunktionen nur aus einem Zeichen, so werden auch häufig die Argumentklammern selbst weggelassen und man findet statt etwa sin(α) Schreibweisen wie sin α. Kompelementärwinkelsätze: Überträgt man die Definition der Winkelfunktionen auf den Winkel β (vertausche die Rollen der Dreiecksseiten a und b), erkennt man wegen sin(α) = a/c = cos(β) bzw. sin(β) = b/c = cos(α) und β = 90◦ − α die Zusammenhänge sin(α) = cos(90◦ − α) cos(α) = sin(90◦ − α) bzw. Der Cosinus eines Winkels ist also gleich dem Sinus des Komplementärwinkels, was auch die Namensgebung für cos als lateinisch sinus complementi” erklärt. Mit tan(α) = sin(α)/ cos(α) = ” 1/ cot(α) ergibt sich analog für Tangens und Cotangens: tan(α) = cot(90◦ − α) 4.2 cot(α) = tan(90◦ − α) bzw. Anwendung der Winkelfunktionen im schiefwinkeligen Dreieck Im Folgenden seien einige grundlegende trigonometrische Formeln angeführt, welche in ganz allgemeinen schiefwinkeligen Dreiecken Gültigkeit haben. Im Prinzip ließe sich jedes schiefwinkelige Dreieck durch geschickte Zerlegung oder Ergänzung in rechtwinkelige Dreiecke auflösen (Bestimmung aller Winkel und Seitenlängen), nachstehende Formeln erlauben im Allgemeinen jedoch wesentlich kürzere Rechnungen. Stets seien den Dreiecksseiten a, b und c jeweils die Winkel α, β und γ gegenübergestellt. Neben der Bedingung, dass alle Seiten(längen) reell und positiv sein müssen und kein Winkel gleich 0◦ sein darf, hat als Winkelsumme des Dreiecks auch α + β + γ = 180◦ gewährleistet zu sein. β c a α γ b Abbildung 6: Seiten- und Winkelbezeichnungen im schiefwinkeligen Dreieck. Obwohl die Funktionen Sinus und Cosinus bis jetzt erst für spitze Winkel aus dem Intervall (0◦ , 90◦ ) definiert wurden, sind sämtliche nachfolgende Aussagen auch in stumpfwinkeligen Dreiecken richtig. Dazu ist noch die Ausweitung des Definitionsbereiches der Winkelfunktionen auf zumindest das Intervall (0◦ , 180◦ ) nötig (siehe Teil 4.4). Die im rechtwinkeligen Dreieck bekannten Formeln werden somit zu Spezialfällen mit γ = 90◦ . Katharina Brazda 13 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen Nach der trigonometrischen Flächenformel errechnet sich der Flächeninhalt A eines allgemeinen Dreiecks zu 1 1 1 A = b c sin(α) = a c sin(β) = a b sin(γ) 2 2 2 Der Sinussatz besagt, dass das Verhältnis einer Seite zum Sinus des ihr gegenüberliedenden Winkels konstant ist. Formal gilt also: sin(β) sin(γ) sin(α) = = a b c Der Kosinussatz verallgemeinert den im rechtwinkeligen Dreieck gültigen Satz von Pythagoras und besteht aus den drei Formeln: a2 b2 c2 4.3 = b2 + c2 − 2 b c cos(α) = a2 + c2 − 2 a c cos(β) = a2 + b2 − 2 a b cos(γ) Einheitskreis und Bogenmaß Der Definitionsbereich der Winkelfunktionen Sinus, Cosinus und Tangens soll nun von (0◦ , 90◦ ) auf das halb abgeschlossene Intervall [0◦ , 360◦ ) ausgedehnt werden. Zuvor wird mit dem Bogenmaß noch ein zum (Alt-)Gradmaß ◦ alternatives Winkelmaß eingeführt. Der Einheitskreis ist als der Kreis in der Ebene R2 definiert, dessen Radius gleich 1 ist und dessen Mittelpunkt im Ursprung (0, 0) ∈ R2 liegt (mit Kreis” ist nur die Randkurve und nicht ” die gesamte Kreisscheibe gemeint!). Der vom Ursprung zu einem Punkt auf dem Einheitskreis zeigende Vektor wird Radiusvektor des Punktes genannt (siehe auch Abbildung 7, S. 15). Mit ϕ soll nun derjenige Winkel mit Scheitel in (0, 0) bezeichnet werden, welchen der Radiusvektor eines Punktes P am Einheitskreis mit der positiven x-Achse eines kartesischen Koordinatensystems im R2 einschließt, wobei ausgehend von der x-Achse entgegen des Uhrzeigersinns gezählt wird. Die Länge des Kreisbogenstückes zwischen dem Punkt (1, 0) ∈ R2 (auf der positiven x-Achse) und P definiert das Bogenmaß des zu P gehörenden Winkels ϕ. Das Bogenmaß wir auch oft in der Einheit Radiant oder kurz rad angegeben. Wohingegen ein (Alt-)Grad 1◦ (bzw. ein Neugrad 1 gon) als ein neunzigstel (bzw. ein hundertstel) des rechten Winkels definiert werden kann, gibt 1 rad den Zentriwinkel jenes Kreissektors des Einheitskreises an, dessen Kreisbogen die Länge 1 hat. Es gilt also: 2π rad = 360◦ bzw. 1 rad = 360◦ ≈ 57.3◦ 2π Schreibt man zur Unterscheidung ϕ◦ ϕrad ... ... Zahlenwert des Winkels ϕ in (Alt-)Grad Zahlenwert des Winkels ϕ im Bogenmaß bzw. in rad so errechnet sich das Bogenmaß ϕrad des Winkels ϕ aus seinem (Alt-)Gradmaß ϕ◦ mittels (vgl. Tabelle 1, S. 15): 2π ◦ π ϕrad = ϕ = ϕ◦ 360◦ 180◦ Wenn bei Winkelangaben keine Einheit angeführt ist, ist üblicherweise das Bogenmaß gemeint. Auf den meisten Taschenrechnern ist der Rechenmodus im (Alt-)Gradmaß mit DEG und der Modus im Bogenmaß mit RAD abgekürzt (Achtung, verwirrend: der mit GRAD bezeichnete Modus ◦ ◦ steht gewöhnlich fr Neugrad, also die Einheit 1 gon = 360 400 = 0.9 ). Katharina Brazda 14 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen ϕ◦ ϕrad 0 0 1 π/180 45 π/4 90 π/2 180 π 360 2π Tabelle 1: Zahlenwerte verschiedender Winkel im Grad- und Bogenmaß (Radiant). y P tan(φ) 1 sin(φ) φ x cos(φ) Abbildung 7: Definition der Winkelfunktionen am Einheitskreis. 4.4 Winkelfunktionen als periodische Funktionen auf R Mit Hilfe des Einheitskreises können die Definitionsbereiche der Winkelfunktionen von (0◦ , 90◦ ) bzw. (0, π/2) zunächst auf den Winkelbereich [0◦ , 360◦ ) bzw. [0, 2π) ausgedehnt werden. Durch periodische Fortsetzung mit Periode 2π werden sie schließlich als Funktionen auf ganz R definiert. Sei ϕ ∈ [0, 2π) und P wie in Abbildung 7 (Beachte: der Winkel ϕ wird ausgehend von der positiven x-Achse im Gegenuhrzeigersinn geöffnet; ϕ im Text entspricht φ in der Abbildung). Dann werden die Werte von Sinus, Cosinus und Tangens für ebendiesen Winkel ϕ wie folgt festgelegt: sin(ϕ) := y-Koordinate von P cos(ϕ) tan(ϕ) := := x-Koordinate von P y-Koordinate des Schnittpunktes der den Radiusvektor von P verlängernden Geraden mit der durch den Punkt (1, 0) gehenden Parallelen zur y-Achse (falls P nicht auf der y-Achse liegt, d.h. für Winkel ϕ ungleich π/2 oder 3π/2) cot(ϕ) := x-Koordinate des Schnittpunktes der den Radiusvektor von P verlängernden Geraden mit der durch den Punkt (0, 1) gehenden Parallelen zur x-Achse (falls P nicht auf der x-Achse liegt, d.h. für Winkel ϕ ungleich 0 oder π) Katharina Brazda 15 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen Aus dem Stahlensatz folgt: tan(ϕ) = sin(ϕ) cos(ϕ) und cot(ϕ) = cos(ϕ) sin(ϕ) und damit ist wieder cot(ϕ) = 1/ tan(ϕ). Der Tangens ist bei π/2 und 3π/2 (Nullstellen des Cosinus) bzw. der Cotangens bei 0 und π (Nullstellen des Sinus) nicht definiert. Sinus und Cosinus nehmen nur Werte im Intervall [−1, 1] an - die Werte von Tangens und Cotangens liegen hingegen in ganz R. Zusammenfassend gilt also: sin : [0, 2π) → [−1, 1] π 3π tan : [0, 2π) \ { , } → R 2 2 cot : [0, 2π) \ {0, π} → R und cos : [0, 2π) → [−1, 1] Für spitze, nichtverschwindende Winkel stimmen diese Definitionen der Winkelfunktionen am Einheitskreis mit jenen im rechtwinkeligen Dreieck (siehe Teil 4.1) überein. In diesem Fall entspricht der Radiusvektor von P der Hypotenuse welche damit die Länge 1 besitzt. Die x- bzw. y-Koordinate kommt der An- bzw. Gegenkathete von ϕ gleich. In Tabelle 2 sind einige interessante Werte der Winkelfunktionen angeführt. ϕ 0 sin(ϕ) cos(ϕ) tan(ϕ) cot(ϕ) 0 1 0 ∓∞ π/4 √ 1/√2 1/ 2 1 1 π/2 3π/4 √ 1/ √2 −1/ 2 −1 −1 1 0 ±∞ 0 π 0 −1 0 ∓∞ 5π/4 √ −1/√2 −1/ 2 1 1 3π/2 7π/4 √ −1/√ 2 1/ 2 −1 −1 −1 0 ±∞ 0 2π 0 1 0 ∓∞ Tabelle 2: Besondere Werte von Sinus-, Cosinus-, Tangens- und Cotangensfunktion (Winkel sind im Bogenmaß gegeben). Um Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens auf ganz R fortzusetzen und sie damit als reelle Funktionen anzusehen, wird nun als Argument x ∈ R anstatt dem ϕ verwendet (ist ϕ in Radiant gegeben, so handelt es sich bei diesem Winkelmaß ohnedies um eine reelle Zahl). Den Definitionsbereich der (am Einheitskreis definierten) Winkelfunktionen erweitert man durch folgende Periodizitäts-Bedingungen” ” sin(x + k 2π) = sin(x) cos(x + k 2π) = cos(x) für für k ∈ Z, x ∈ R k ∈ Z, x ∈ R tan(x + k 2π) = tan(x) für k ∈ Z, x ∈ R, x 6= cot(x + k 2π) = cot(x) für k ∈ Z, x ∈ R, x 6= m π π 2 +mπ (m ∈ Z) (m ∈ Z) Dieser Vorgang wird periodische Fortsetzung vom Intervall [0, 2π) auf ganz R mit der Periode 2π genannt. Eigenschaften der Winkelfunktionen auf R: Als periodische Funktionen auf R zur Periode 2π weisen die Winkelfunktionen letztendlich folgende Definitions- und Wertebereiche auf: sin : R → [−1, 1] cos : R → [−1, 1] Katharina Brazda und tan : R \ {x ∈ R | x = π 2 + m π, m ∈ Z} → R cot : R \ {x ∈ R | x = m π, m ∈ Z} → R 16 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen Die Graphen von Sinus- und Cosinus bzw. Tangens- und Cotangens in den Abbildungen 8 bzw. 9 auf Seite 19 dargestellt. Man erkennt, dass es sich bei Tangens- und Cotangensfunktion um periodische Funktionen mit Periode π handelt. Winkelfunktionen sind (auf ihrem Definitionsbereich) stetige und sogar glatte (d.h. unendlich oft differenzierbare) Funktionen. Die Eigenschaften Monotonie, Extremstellen, Positivität bzw. Negativität und Symmetrieverhalten lassen sich leicht aus den Graphen ablesen. Die Cosinusfunktion ist symmetrisch bezüglich der y-Achse (d.h. gerade), die Sinus-, Tangensund Cotangensfunktion sind allesamt antisymmetrisch bezüglich der y-Achse (d.h. ungerade): sin(−x) = − sin(x) cos(−x) = cos(x) und tan(−x) = − tan(x) cot(−x) = − cot(x) Für die Nullstellen von Sinus- bzw. Cosinusfunktion gilt: sin(x) = 0 cos(x) = 0 ⇐⇒ ⇐⇒ x = m π (m ∈ Z) π x = 2 + m π (m ∈ Z) Wegen tan(x) = sin(x)/ cos(x) und cot(x) = cos(x)/ sin(x) sind dies auch die Nullstellen von Tangens- bzw. Cotangensfunktion: tan(x) = 0 cot(x) = 0 ⇐⇒ ⇐⇒ x = m π (m ∈ Z) π x = 2 + m π (m ∈ Z) Summensätze (Additionstheoreme) für Sinus und Cosinus: Für alle x, y ∈ R gelten folgende bedeutsame Identitäten, mit deren Hilfe sich die Werte von Sinus und Cosinus an den Stellen x ± y durch die entsprechenden Werte bei x und y ausdrücken lassen: sin(x ± y) = cos(x ± y) = sin(x) cos(y) ± cos(x) sin(y) cos(x) cos(y) ∓ sin(x) sin(y) Insbesondere ergibt sich für y = x: sin(2x) = cos(2x) = und wieder gilt: 2 sin(x) cos(x) cos2 (x) − sin2 (x) cos2 (x) + sin2 (x) = 1 Nützlich sind auch Formeln für halbe Winkel: r ³ ´ ³x´ 1 = 1 − cos(x) und sin 2 2 cos ³x´ 2 r ³ ´ 1 = 1 + cos(x) 2 Da Wurzeln stets positiv sind, sind diese Formeln nur für x/2 im ersten Quadranten, d.h. für x ∈ [0, π] gültig. Sonst ist das entsprechende Vorzeichen von Sinus und Cosinus noch vor die Wurzel zu schreiben. Katharina Brazda 17 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen 4.5 Definition der Arkusfunktionen Werden Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens auf jeweils passende Intervalle eingeschränkt, sind sie dort bijektiv und daher invertierbar. Die Arkusfunktionen (bzw. zyklometrischen Funktionen) Arkussinus arcsin, Arkuscosinus arccos, Arkustangens arctan, und Arkuscotangens arccot sind als Umkehrfunktionen der entsprechenden (eingeschränkten) Winkelfunktionen Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens, definiert. Man setzt also für zulässige Werte von x bzw. y: x = arcsin(y) x = arccos(y) x = arctan(y) x = arccot(y) :⇐⇒ :⇐⇒ :⇐⇒ :⇐⇒ sin(x) = y cos(x) = y tan(x) = y cot(x) = y Aufgrund der Periodizität der Winkelfunktionen ist ihr Invertierbarkeits-Bereich” und damit der ” Wertebereich der Arkusfunktionen allerdings keineswegs eindeutig bestimmt! Eine mögliche (und übliche) Wahl ist etwa (vgl. die Abbildungen 10 und 11, S. 20) arcsin : [−1, 1] → [− π π , 2] 2 und π π , 2) 2 π π → [− 2 , 2 ] arctan : R → (− arccos : [−1, 1] → [0, π] arccot : R \ {0} \ {0} Mit der alternativen Konvention arccot : R → [0, π] wodurch auch der Arkuscotangens stetig wird, gelten folgende Zusammenhänge: ³ ´ π x arcsin(x) = − arccos(x) = arctan √ 2 1 − x2 ³ ´ π x arccos(x) = − arcsin(x) = arccot √ 2 1 − x2 ³ ´ π x arctan(x) = − arccot(x) = arcsin √ 2 1 + x2 ³ ´ π x arccot(x) = − arctan(x) = arccos √ 2 1 + x2 Die jeweils ersten Identitäten sind durch Spiegelung bzw. Verschiebung der Graphen der Arkusfunktionen an bzw. entlang der y-Achse nachvollziehbar. Die Skizze zum Beweis der zweiten √ Gleichheit lautet etwa im Fall arcsin(x) = arctan(x/ 1 − x2 ): ³ ´ x x y = arctan √ ⇐⇒ tan(y) = √ Substitution: x = sin(z) 1 − x2 1 − x2 sin(z) ⇐⇒ tan(y) = = tan(z) ⇐⇒ y = z = arcsin(x) cos(z) Des Weiteren ist mit x, y ∈ (−1, 1) y = √ x 1 + x2 ⇐⇒ y x = p 1 − y2 zu verwenden. Katharina Brazda 18 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen y = sin(x) 1 0 −1 −4π −3π −2π −π 0 x π 2π 3π 4π −3π −2π −π 0 x π 2π 3π 4π y = cos(x) 1 0 −1 −4π Abbildung 8: Sinus- und Cosinusfunktion. 4 y = tan(x) 2 0 −2 −4 −4π −3π −2π −π 0 x π 2π 3π 4π −3π −2π −π 0 x π 2π 3π 4π 4 y = cot(x) 2 0 −2 −4 −4π Abbildung 9: Tangens- und Cotangensfunktion. Katharina Brazda 19 8. März 2007 Potenzen und Wurzeln, Exponentialfunktion und Logarithmus sowie Winkel- und Arkusfunktionen π y = arccos(x) y = arcsin(x) π/2 0 −π/2 π/2 0 −1 −0.5 0 x 0.5 1 −1 −0.5 0 x 0.5 1 Abbildung 10: Arkussinus- und Arkuscosinusfunktion. π/2 y = arccot(x) y = arctan(x) π/2 0 −π/2 −10 0 −π/2 −5 0 x 5 10 −10 −5 0 x 5 10 Abbildung 11: Arkustangens- und Arkuscotangensfunktion. Katharina Brazda 20 8. März 2007