rbb PRAXIS sucht Ihre Krankengeschichte! Sie haben gesundheitliche Beschwerden? Sie sind schon bei verschiedenen Ärzten gewesen und haben immer noch keine klare Diagnose? Sie wären bereit, sich einer Live-Diagnose im Studio zu unterziehen? Sie wohnen in Berlin oder Brandenburg? Wir können Ihnen vielleicht helfen. Dann bitten wir Sie, uns kurz Ihre Krankengeschichte zu schildern und Kopien Ihrer Arztbefunde zu schicken. Wenn möglich, legen Sie bitte ein Foto von sich bei. Wir arbeiten mit einer Reihe von Ärzten zusammen, die zur Live-Diagnose zu uns ins Studio kommen. Vielleicht finden wir Ärzte, die Ihnen helfen könnten. Schreiben Sie uns eine E-Mail und schicken Sie Arztbefunde als Anhang an: [email protected] oder schicken Sie uns alles per Post an: Redaktion rbb PRAXIS Masurenallee 8-14, 14057 Berlin rbb Praxis – Das Gesundheitsmagazin am 02.11.2016, 20.15 - 21.00 Uhr Themen: Werner Forßmann – „Erfinder“ des Herzkatheters und Nobelpreisträger aus Brandenburg Selbstauflösender Magnesium-Stent Saathafer - Arzneipflanze des Jahres 2017 Menstruelle Migräne Reha auf dem Golfplatz Werner Forßmann – Nobelpreisträger aus Brandenburg Per Schlauch bis ins Herz: Unzählige Patienten wurden in den vergangenen Jahrzehnten mit dem Herzkatheter-Verfahren untersucht, vielen das Leben gerettet oder aufwendige Bypass-Operationen erspart. Der Wegbereiter dieser Methode ist ein Deutscher: Werner Forßmann erhielt dafür vor 60 Jahren den Nobelpreis. Doch wer weiß schon, dass der Mediziner ein in Brandenburg tätiger Urologe war? Wie passend, dass die rbb Praxis im Werner-Forßmann-Klinikum in Eberswalde live eine Herzkatheter-Untersuchung verfolgt. Der erste diffizile Schritt: Der Herzkatheter muss bis zum Herzen vorgeschoben werden. Dr. Hoffmann im Werner-Forßmann-Klinikum macht das über ein Blutgefäß an der Hand. Dieser Weg ist eher ungewöhnlich; häufiger wird der Plastikschlauch über ein Gefäß in der Leiste oder der Ellenbeuge eingeführt. Das Verfahren über die Hand ist schonender für den Patienten, aber schwieriger für den Operateur. 1 So wird’s gemacht Für die Untersuchung wird zunächst die Einstichstelle betäubt. Eventuell erhält der Patient Beruhigungsmittel; während der Untersuchung ist er wach. Dann wird der metallene Führungsdraht bis ins Zielgebiet geschoben. Seine Spitze ist weich und flexibel, um Gefäßverletzungen zu vermeiden. Sitzt der Draht richtig (Kontrolle per Röntgendurchleuchtung), wird der eigentliche Katheter nachgeschoben. Nun können Kontrastmittel zur Darstellung von Gefäßen gespritzt, Druckmessungen vorgenommen oder therapeutische Eingriffe gemacht werden. Dazu gehören das Aufdehnen von Engstellen im Gefäßsystem einschließlich der Herzkranzgefäße per Ballon oder das Legen eines Stents. Nach der Untersuchung werden alle Instrumentarien und Hilfsmittel entfernt. Der Kardiologe verschließt die Einstichstelle durch einen Druckverband oder mit einem Gefäßverschlusssystem. Unterschieden werden die Rechtsherzkatheter- und die LinksherzkatheterUntersuchung. Letztere wird häufiger durchgeführt; sie dient vor allem dazu, die Herzkranzgefäße sichtbar zu machen und sie mit Hilfe eines Ballons aufzudehnen. Entwicklung der Herzkatheter-Untersuchung Entwickelt wurde das Verfahren von zwei Franzosen zwischen 18561 und 1863. Werner Forßmann zeigte erstmals am Menschen mittels Selbstversuch, dass man mit einem Schlauch bis zum Herzen vordingen kann. Dafür wurde ihm 1956 einer von drei Medizinnobelpreisen verliehen. Bevor er an die Charité wechselte, war der Arzt in der heutigen Werner-Forßmann-Klinik tätig. Für seinen Selbstversuch im Jahr 1929 verwendete der Urologe das, was er täglich bei seiner Arbeit nutzte – einen Blasenkatheter. Er machte einen Schnitt in der Armbeuge, suchte sich das Blutgefäß und schob dann den Blasenkatheter bis zum Herzen vor. Häufig Selbstversuche in der Medizin Für Medizinhistoriker ist das Vorgehen Forßmanns nicht ungewöhnlich: Der Selbstversuch hat in der Medizin eine lange Tradition. Er trägt dem Umstand Rechnung trägt, dass man unbekannte Therapien und Eingriffe nicht einfach an Patienten durchführen kann. In Eberswalde hatte Richard Schneider, Forßmanns Chef, ihm verboten, seine Idee an Patienten auszuprobieren. Forßmann entschied sich deshalb, das Verfahren an sich selbst zu testen. Auch große Mediziner irren Kurze Zeit später wechselt Forßmann an die Charité zu Prof. Sauerbruch. Der berühmte Chirurg wusste vorab nichts vom „Katheterversuch“. Als er öffentlich wurde, war Sauerbruch empört: Er war durch und durch Chirurg, Operationen war sein Metier. Und hier kam ein Kollege, der einfach einen Katheter ins Herz schob und aus einer hochkomplizierten Herz-OP einen internistischen Eingriff machte. Sauerbruch setzte Forßmann vor die Tür. Die Begründung des selbstsicheren Chirurgen: Mit so einer Arbeit könne man sich vielleicht beim Zirkus oder auf der Kirmes habilitieren, aber nicht in einer angesehenen deutschen Klinik. Methode der Zukunft – für viele Patienten Sauerbruch irrte damals erheblich: Heute ist der Herzkatheter unersetzlich bei vielen Herzproblemen, zur Diagnostik und zur Therapie. Er kann Leben retten und oftmals eine Operation ersetzen. Bis heute wird die Herzkatheter-Methode immer weiter entwickelt. 2 Per Katheter können mittlerweile lebensgefährliche Rhythmusstörungen direkt am Herz therapiert oder Herzklappen ersetzt werden. Ohne Forßmann wären diese mittlerweile routinemäßig eingesetzten Hightech-Verfahren vermutlich erst viel später entwickelt worden. Experten im Beitrag Prof. Dr. med. Dietrich Andresen Facharzt für Kardiologie Evangelisches Krankenhaus Hubertus Spanische Allee 10 -14 14129 Berlin Tel.: +49(0)30 8100 8500 Fax.: +49(0)30 8100 8164 E-Mail: [email protected] Internet: www.herzmedizin.berlin Dr. med. Stefan Hoffmann Chefarzt Kardiologie Medizinische Klinik III Kardiologie, Angiologie, Pneumologie Klinikum Barnim GmbH, Werner Forßmann Krankenhaus Rudolf-Breitscheid-Straße 100 16225 Eberswalde Tel.: (0 33 34) 69-23 51 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.klinikum-barnim.de/index.php?id=48#c2661 Prof. Dr. Thomas Schnalke Direktor Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité Charitéplatz 1 10117 Berlin Tel. +49 30 450-536077 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.bmm-charite.de Dr. med. Alexandra Röttgen Kardiologin Oberärztin der Klinik für Innere Medizin/Kardiologie Unfallkrankenhaus Berlin Warener Str. 7 12683 Berlin E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ukb.de/behandlungsspektrum/klinik-fuer-inneremedizinkardiologie/ 3 Selbstauflösender Magnesium-Stent Wenn wichtige Gefäße im Herzen verstopft sind, droht ein Herzinfarkt. Abwenden kann den oft nur der Einsatz eines Stents – ein kleines rundes Gitterröhrchen, das die verstopfte Stelle offen hält. Weil die Stents aber selbst das Gefäß reizen und so zum erneuten Verschluss führen können, hat man selbstauflösende Stents entwickelt. Wie gut funktionieren sie wirklich, und welche Vorteile haben sie im Vergleich zu den herkömmlichen Gefäßöffnern? Enge in der Brust, Schmerzen, Atemnot – Grund für diese Symptome können verengte Gefäße am Herzen sein. Wenn wesentliche Bereiche des Herzens nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, droht ein Herzinfarkt. Schnelle Hilfe bei verstopften Herzkranzgefäßen Vor rund 20 Jahren kamen die ersten Stents auf den Markt: Die metallenen Gefäßstützen sollen die Engstellen in Blutgefäßen offenhalten. Der Stent wird mit Hilfe eines Katheters zumeist über die Leiste bis in das verstopfte Gefäß vorgeschoben. Das Problem mit den Gefäßstützen: Auch sie können sich mit Gewebe zusetzen und bilden dann sogenannte Restenosen. Das Phänomen tritt in 20 bis 30 Prozent der Patienten auf. Medikamentenbeschichtete Stents Deshalb wurden medikamentenbeschichtete Versionen entwickelt. Sie sind mit aktiven Substanzen wie Glukokortikoiden, Zytostatika, Immunmodulatoren oder Antiproliferativa beschichtet. Die Stents setzen kleine Mengen dieser Arzneistoffe frei, welche die Zellneubildung und so das erneute Zuwachsen hemmen. Die aktuelle Empfehlung lautet, medikamentenfreisetzende Stents bevorzugt bei erhöhtem Risiko einer Restenose einzusetzen. Aber: Auch diese Stents können dauerhaft die Gefäßbeweglichkeit wie auch die Gewebedurchblutung behindern und Thrombosen auslösen, insbesondere wenn die Anti-Thrombosetherapie zu früh abgesetzt wird. Selbstauflösende Stents Da lag die Idee nahe, Stents aus sich auflösenden Materialien zu entwickeln. Sobald sich das Gefäß stabilisiert hat und keine Stütze mehr braucht, würde sich der Stent verflüchtigen. Bisher verwendete Materialien sind Kunststoff, der aus Milchsäurepolymeren aufgebaut ist und Magnesium. Der Magnesium-Stent beispielsweise löst sich nach etwa einem Jahr selbst auf. Erst im Sommer 2016 hatte die deutsche Herstellerfirma Biotronik nach fast zwanzigjähriger Entwicklungsarbeit für ihre Magnesium-Stents das gesetzlich vorgeschriebene CE-Zeichen erhalten und darf nun bei Patienten eingesetzt werden. Zuvor waren die Magnesium-Stents im Rahmen von streng kontrollierten klinischen Studien bei 160 ausgesuchten Patienten getestet worden. Selbstauflösender Kunststoff-Stent medikamentenbeschichtetem Stent nicht überlegen Schon 2011 und 2013 hatten zwei Firmen CE-Zulassungen in Europa für ihre abbaubaren Stents aus Kunststoff erhalten. Für die CE-Zulassung ist kein Nachweis eines klinischen Nutzens erforderlich – ein Kritikpunkt vieler Experten. In den USA werden Studien gefordert, die zeigen, dass die neuen Stents zumindest nicht schlechter 4 als die alten sind. In einer im Jahr 2015 veröffentlichten Vergleichsstudie mit einem medikamentenbeschichteten Metall-Stent hatte der Kunststoff-Stent der Firma Abbott nicht überzeugen können. Er schnitt in allen Bereichen des primären Endpunktes tendenziell schlechter ab. Warum die Ergebnisse im ersten Jahr schlechter ausfielen, ist nicht klar. Ein Grund könnte die technisch schwierigere Implantation sein. Immerhin 14 der 20 StentThrombosen traten in den ersten 30 Tagen nach Implantation des Absorb-Stents auf. Weiterführende Links http://www.herzstiftung.de/ Interview mit Prof. Dr. med. Sigmund Silber, ob medikamentenbeschichtete Stents Vorteile gegenüber herkömmlichen Stents haben: http://www.herzstiftung.de/pdf/zeitschriften/HH2_07_Stents.pdf Weiterführende Adressen Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) German Cardiac Society Achenbachstr. 43 40237 Düsseldorf Tel.: 0211 600 692 - 0 E-Mail: [email protected] http://www.dgk.org Saathafer - Arzneipflanze des Jahres 2017 Hoher Eiweißgehalt, gesunde Fettsäuren und Vitamine – Hafer ist das hochwertigste Getreide, das in Mitteleuropa angebaut wird. Die Pflanze wurde jetzt zur Arzneipflanze des Jahres 2017 gewählt, weil aus ihr gewonnene Produkte auch bei der Behandlung von Hautleiden, Gewichtsproblemen und Diabetes Typ 2 (Altersdiabetes) erfolgreich eingesetzt werden können. Hafer bildet seine Körner - im Gegensatz zu anderen Getreiden - in verzweigten Rispen und nicht in Ähren. Die Folge: Er liefert weniger Ertrag und lässt sich schwerer ernten. Aber Hafer gedeiht auch auf kärgeren Böden und in Regionen, in denen es viel regnet. Und er ist anderen Getreidearten vor allem bei Geschmack und Nährwert überlegen. Hafer liefert außerdem verschiedene Heilmittel. Haferkraut für Allergiker Um Haferkraut zu nutzen, muss der Hafer geerntet werden, bevor er blüht. Das Kraut enthält zahlreiche Flavonoide (sekundäre Pflanzenstoffe wie Farbstoffe) und Saponine, die beim Schütteln mit Wasser einen stabilen seifenartigen Schaum entwickeln. Zudem ist es sehr mineralstoffreich und enthält besonders viel Kalium, Kalzium und Magnesium. Flavonoide sollen eine entzündungshemmende Wirkung haben; die Saponine sollen immunmodulierend wirken. Extrakte des Haferkrautes kommen deshalb bei trockener Haut und bei Hautveränderungen zum Einsatz, die dem atopischen Formenkreis zugeschrieben werden. Zu diesen allergischen Hauterscheinungen gehört beispielsweise 5 die Neurodermitis. Weißer Hafer besonders hautverträglich Seit etwa 20 Jahren gibt es einen weißen Hafer. Er wurde in Frankreich gezüchtet und enthält besonders viele Flavonoide und Saponine. Dank eines speziellen Extraktionsverfahrens birgt er keine Eiweiße (Proteine), auch kein Gluten oder Klebereiweiß. Einige Studien konnten zeigen, dass diese Sorte herkömmlichem Hafer bei Hautanwendungen überlegen ist. Hautpflegemittel, die weißen Hafer enthalten, sollen deshalb besonders hautfreundlich sein und auch von Allergikern vertragen werden. Haferkrautextrakte können neben atopischen Hauterscheinungen auch zur Behandlung von Wunden und bei empfindlicher Haut wie Babyhaut, Altershaut, Rosazea und Psoriasis verwendet werden. Positive Wirkung auf Cholesterin- und Blutzuckerspiegel Reife Haferkörner enthalten viel Vitamin B1 (Thiamin) und B6 (Pyridoxin). Vitamin B1 benötigt der Körper, um insbesondere Kohlenhydrate in Energie umzuwandeln. Zudem unterstützt es die Nervenfunktion. Das vielseitige Vitamin B6 stärkt Nerven und Abwehrkräfte. Außerdem sind Haferkörner reich an Ballaststoffen. Etwa die Hälfte davon sind sogenannte Beta-Glucane. Haferkleie enthält besonders viel davon. Die löslichen Vielfachzucker regulieren nachweislich den Cholesterinspiegel, indem sie die Gallensäureproduktion aus Cholesterin in der Leber anregen. Dadurch verbleibt weniger Cholesterin im Blut – der Cholesterinspiegel sinkt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat im Jahr 2011 bestätigt, dass Beta-Glucan aus Hafer hilft, den Cholesterinspiegel zu senken. Hafereigenes Beta-Glucan wirkt bei Typ-2-Diabetikern blutzuckersenkend, indem es die Insulinantwort verbessert. Offenbar erhöhen die Beta-Glucane die Zähigkeit des Nahrungsbreis im Magen. Dadurch entleert sich der Magen langsamer, Glukose wird langsamer gespalten und verzögert ins Blut aufgenommen. Eine neuere Studie am Diabetologikum in Berlin konnte zeigen, dass Patienten mit einem hohen Insulinbedarf nach zwei Hafertagen bis zu 30 Prozent weniger Insulin benötigen. Der positive Effekt hielt bis zu vier Wochen an. Durch die verzögerte Magenpassage wirkt Hafer länger sättigend und spielt eine wichtige Rolle beim Gewichtsmanagement. Beta-Glucane sollen außerdem beruhigend und regulierend auf die Verdauungsorgane wirken. Experten im Beitrag Dr. Roland Zerm Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe Klinik für Anthroposophische Medizin Kladower Damm 221 14089 Berlin Tel. 030/365 01-0 E-Mail [email protected] Vera Spellerberg Ökotrophologin E-Mail: [email protected] 6 Jan Möller Café „Haferkater“ Boxhagener Str. 76 - 78 10245 Berlin Weiterführende Links Hinweise zum Nährwert von Hafer der Ernährungsberatung Rheinland-Pfalz einschließlich Rezepte http://www.ernaehrungsberatung.rlp.de/Internet/global/themen.nsf/0/AE7162441ADB 9FAEC125712B003C92B6?OpenDocument Infos zum Nährwert von Hafer vom Verein für Unabhängige Gesundheitsberatung e. V. https://www.ugb.de/lebensmittel-zubereitung/warenkunde-hafer/ Menstruelle Migräne Migräne ist eine komplexe Kopfschmerzerkrankung, die den Alltag von vielen Betroffenen bestimmt. Neben Schmerzen treten Schwindel, Übelkeit und andere belastende Symptome auf. Nicht immer wird eine Migräne ausreichend therapiert, auch weil individuelle Auslöser nicht erkannt werden. Die rbb Praxis hat eine Patientin mit einer ganz speziellen Form der Migräne getroffen. In Deutschland leiden schätzungsweise 18 Millionen Menschen an Migräne. Typisch bei Migräne sind einseitige pulsierende Schmerzen. Migräneschmerzen entstehen im sogenannten trigeminovaskulären System der Hirnhäute. Dabei wird dem Neuropeptid CGRP (Calcitonin gene-related peptide) eine entscheidende Rolle zugeschrieben. CGRP wirkt unter anderem stark gefäßerweiternd. Das Neuropeptid ist auch der Ansatzpunkt einer Gruppe neuer Medikamente, die sich derzeit in der klinischen Entwicklung befinden. Komplexes entzündliches Geschehen Bei einem Migräneanfall wird einerseits der schmerzhemmende Botenstoff Serotonin verstärkt abgebaut. Andererseits führt die erhöhte Nervenaktivität unter dem Einfluss der Trigger-Faktoren zu einer Entzündung der Gefäßwände. Gewebewasser tritt aus den Gefäßen aus; der Entzündungsreiz aktiviert Schmerzrezeptoren. Die Entzündung hält für zwei bis drei Tage an; dann sind die vermehrten Botenstoffe abgebaut – und der Anfall ist vorüber. Während des Anfalls erweitern sich die Gefäße der Gehirnhaut, was wohl das pulsierende Gefühl im Kopf erklärt. Zahlreiche Auslöser Viele verschiedene Nahrungsmittel gelten als Auslöser oder Trigger für Migräneattacke. Dazu zählen in erster Linie Rotwein und andere alkoholische Getränke, Natriumglutamat, Nitrate, Süßigkeiten, vor allem Schokolade, Käse und andere Milchprodukte, Eier und Getreide. Aber auch Wetterumschwünge, Menstruation oder Stress gehören dazu. 7 Hormonabhängigkeit der Migräne Der Zusammenhang zwischen Migräne und weiblichen Geschlechtshormonen wird illustriert durch das Überwiegen der Migräne bei Frauen im Verhältnis 2,5:1, den Einfluss von oralen Kontrazeptiva, eben die Gebundenheit an den weiblichen Zyklus und den überwiegend positiven Verlauf der Migräne während der Schwangerschaft, während der der Östrogenspiegel stabil hoch ist. In manchen Fällen treten die Attacken immer ein paar Tage vor der Regelblutung auf. In diesem Fall spricht man von einer menstruellen Migräne. Sieben Prozent der MigränePatienten in Deutschland sollen von dieser Form der Migräne betroffen sein. Auslöser der menstruellen Migräne sind die weiblichen Hormone, insbesondere der starke Östrogenabfall nach dem Eisprung. Therapie der Migräne Eine Möglichkeit der Therapie bei menstrueller Migräne sind Östrogenpflaster, die den Östrogenabfall verhindern sollen. Das Problem: Wenn man das Pflaster entfernt, fällt der Östrogenspiegel wieder ab und die Attacke tritt verzögert trotzdem auf. Zudem ist nur in wenigen Fällen die Migräne rein hormonbedingt. Meist ist die Genese multifaktoriell bedingt. Eine Alternative in der Therapie sind die sogenannten Triptane. Es gibt sie als Tabletten, Spritze, per Pen verabreicht oder als Nasenspray. Triptane blockieren die Freisetzung von Nervenbotenstoffen, die eine lokale Entzündung der Blutgefäße des Gehirns auslösen können. Zudem normalisieren Triptane während der Migräneattacke die erhöhte Nervenaktivität in verschiedenen Gehirnzentren. Sie verengen erweiterte Kurzschlüsse zwischen den Arterien und Venen des Gehirns, so dass sich die Sauerstoffversorgung des Gehirns wieder normalisiert. Und es gibt noch einen Trost für Frauen, die von einer menstruellen Migräne betroffen sind: Mit den Wechseljahren könnten die Attacken aufhören. Auch der Hausarzt kann eine Migräne behandeln. Zum Neurologen sollte man dann gehen, wenn eine Aura auftritt oder wenn sich die Symptome verschlimmern. Dann sollten auch andere neurologische Erkrankungen ausgeschlossen werden, wie ein Schlaganfall oder Epilepsie. Aktuelle Auswertungen von Studien zur nicht-medikamentöser Therapie der Migräne haben ergeben, dass der Beratung von Migräne-Patienten ein besonderer Stellenwert zukommt. Damit kann effektiv die Anfalls-Häufigkeit reduziert werden. Hocheffektiv zur Prophylaxe von Anfällen ist die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Ein altbewährtes Verfahren, das auch aufgrund dessen, dass es leicht erlernt werden kann, anderen Entspannungsverfahren überlegen ist. Nicht zuletzt wird auch anaerober Ausdauersport empfohlen. Neue Wirkstoffe im Anmarsch In den nächsten Jahren sollen die sogenannten CGRP (Calcitonin gene-related peptide)Antagonisten auf den Markt kommen. Sie verfolgen im Vergleich zu den bisher erhältlichen Medikamenten einen völlig neuen Wirkansatz: monoklonale Antikörper, die CGRP abfangen und so dessen entzündungsvermittelnde und gefäßerweiternde Wirkung bei der Migräne verhindern. Diese neuen Präparate könnten eine Revolution in der 8 Migräne-Therapie bedeuten. Offenbar ist die Medikation jedoch nur für eine bestimmte Gruppe von Patienten relevant, da nicht alle darauf reagieren. Möglicherweise ließe sich zukünftig mit Bio-Markern herausfinden, wer davon besonders profitiert. Experte im Studio PD Dr. med. Uwe Reuter Facharzt für Neurologie Kopfschmerzzentrum am Campus Mitte (CCM) Charité Universitätsmedizin Berlin Chariteplatz 1 10117 Berlin https://neurologie.charite.de/patienten/hochschulambulanzen/kopfschmerzzentrum_cc m/ Experte im Beitrag Dr. med. Lars Neeb Facharzt für Neurologie Kopfschmerzzentrum am Campus Mitte (CCM) Charité Universitätsmedizin Berlin Chariteplatz 1 10117 Berlin Internet: https://neurologie.charite.de/patienten/hochschulambulanzen/kopfschmerzzentrum_cc m/ Terminvergabe Kopfschmerzambulanz Tel.: +49 30 450 660 168 Mo bis Frei von 09:00 – 14:00 E-Mail: [email protected] Weiterführende Links Informationen für Patienten über Migräne http://www.medizin.de/ratgeber/migraene.html www.schmerzklinik.de/service-fuer-patienten/migraene-wissen/ Spezielle Infos zur zyklusabhängigen Migräne der Frau http://www.schmerzklinik.de/service-fuer-patienten/migraene-wissen/frau-hormone/ Spezielle Infos zur zyklusabhängigen Migräne der Frau http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/schmerz/kopfschmerzen/article/529 995/migraene-menstruation-oft-fallende-oestrogenspiegel-ursache.html Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Behandlung der Migräne http://www.dgn.org/leitlinien/2298-ll-55-2012-therapie-der-migraene Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMGK) www.dmkg.de 9 Hilfe zur Selbsthilfe für Migränekranke www.migraeneliga.de Reha auf dem Golfplatz Die Fachklinik am Wolletzsee in Brandenburg bietet u.a. Herzpatienten als Rehabilitationsmaßahme Golfsport an. Wie effektiv ist dieses Training? Und für welche Patienten ist es geeignet? Die rbb Praxis war beim Training auf dem Golfplatz dabei. Golfplatz Prenden bei Wandlitz – ein Golf-Kurs. Hier lernen Patienten der ca. 45 km entfernt liegenden Reha-Klinik am Wolletzsee den Ball zu schlagen und ins Loch zu putten. Sie sind in der Reha, weil sie z. B. gerade einen Herzinfarkt oder eine BypassOperation hatten. Golf als Reha-Sport bei Herzpatienten anzubieten, hat zahlreiche Gründe: Golfen ist ein Ausdauersport, es finden keine Spitzenbelastungen statt. In Wandlitz ist die Bahn zwischen zwei Löchern knapp 370 Meter lang; während einer Neuner-Runde laufen die Patienten also immerhin fünf bis sieben Kilometer. Und auch die Seele kann sich beim Gang durch die Natur erholen. Entscheidende Voraussetzung, um Golf als Reha-Sport anbieten zu können, ist die Ausbildung des Golflehrers. Er sollte neben seiner Befähigung als Golflehrer qualifiziert sein, die Patienten auch medizinisch zu betreuen. So ist u. a. ein Defibrillator auf dem Golfplatz griffbereit; das Personal weiß damit umzugehen. Dabei reicht es nicht, dass der Trainer im Notfall seinen Patienten zur Seite springt – er muss auch die Grenzen der Leistungsfähigkeit eines jeden Patienten einschätzen können. Ob die Patienten während ihres Reha-Aufenthaltes golfen dürfen, entscheidet sich zu Beginn der Reha und ist abhängig von den aktuellen Befunden. Es dürfen nur Patienten zum Golf-Training, die klinisch stabil sind, eine Leistungsfähigkeit von 100 Watt haben und bei denen das Herz-Echo (Ultraschall des Herzens) keine hochgradige eingeschränkte Pumpfunktion zeigt. Viele Rehabilitanden sind Feuer und Flamme für den neu entdeckten Sport. Einige sind so glücklich darüber, dass sie sogar nachts noch Theorie büffeln. Ein erster Schritt – denn eine Reha hat nicht nur zum Ziel die Leistung des Herzens wiederherzustellen, sondern vor allem dauerhaft den Lebensstil zu verändern – und dies mit Freude und nicht mit Zwang. Und wie sieht es mit harten medizinischen Daten aus? Wirkt sich der Sport tatsächlich messbar auf die Gesundheit aus? Die Reha-Klinik am Wolletzsee bietet seit 5 Jahren ihren Patienten Golf als Reha-Maßnahme an. Erfolge und Feedback sind bislang ausschließlich positiv. In einer Untersuchung über drei Jahre hat die Klinik festgestellt, dass die Golf-Gruppe im Vergleich zur Nordic walking-Gruppe – der sonstige Bewegungsstandard für Herzpatienten – nach drei Wochen deutlich fitter war. 10 Golf als Rehasport wird übrigens mittlerweile nicht nur bei kardiologischen Erkrankungen eingesetzt. Bundesweit können auch Patienten mit Schlaganfall, Multipler Sklerose und Krebs in vereinzelten Kliniken dieses Angebot wahrnehmen. Experten im Beitrag Günter Janz Verwaltungsdirektor GLG Fachklinik Wolletzsee GmbH Zur Welse 2 16278 Angermünde Tel.: (03 33 37) 49-605 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.glg-fachklinik-wolletzsee.de Dr. med. Erdal Bayindir Chefarzt Abteilung Kardiologie/Angiologie GLG Fachklinik Wolletzsee GmbH Tel.: (03 33 37) 49-412 E-Mail: [email protected] Michael Lins Golflehrer Golfplatz Prenden AG Waldweg 3 16348 Wandlitz OT Prenden Tel.: 0 333 96 - 77 90 E-Mail: [email protected] Internet: https://www.golfplatz-prenden.de/ Weiterführende Links Golf als Präventions- und Rehasport – Infos des Golfverbandes Schleswig-Holstein e.V. http://www.gvsh.de/golf-als-rehasport.html Allgemeine Infos zur Reha in Deutschland www.deutsche-rentenversicherung.de Beratungsstellen, die bei der Antragstellung und der Suche nach der geeigneten RehaEinrichtung behilflich sind www.reha-servicestellen.de Verzeichnis der Reha-Kliniken in Deutschland, nach Indikation www.rehakliniken.de RBB „rbb Praxis“ Masurenallee 8 –14 14057 Berlin www.rbb-praxis.de Redaktion: Redaktionsassistenz: Moderation: Infotext: Stand der Information: Susanne Fass Gabriele Enderlein Raiko Thal Constanze Löffler 02.11.2016 11