Praktikumsbericht Bildanalyse von radiologischen Datensätzen aus den ” Bereichen Rechtsmedizin und HNO-Heilkunde “ Jeanette Cordes Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Fakultät für Informatik, Institut für Simulation und Graphik Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Bernhard Preim Wintersemester 2003/2004 2 Inhaltsverzeichnis 1 Motivation 5 2 Medizinischer Hintergrund 6 2.1 2.2 2.3 3 Klinische Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1.1 Rechtsmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1.2 Halslymphknotenausräumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Anatomie des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2.1 Thorax-und-Abdominalraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2.2 Hals-Nacken-Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Radiologische Bildaufnahmetechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.3.1 Computertomographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.3.2 Magnetresonanztomographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Bildanalyse 14 3.1 Das DICOM-Format . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.2 Vorverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.3 3.4 3.5 3.2.1 Anonymisierung der Datensätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.2.2 Medianfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.2.3 Sigmafilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.2.4 Diffusionsfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Segmentierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3.3.1 Region Growing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.3.2 Wasserscheidentransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.3.3 Live Wire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Die Bildanalyse- und Visualisierungsbibliothek . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.4.1 HepaVision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.4.2 InterventionPlanner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Anwendung und Beurteilung der Bildanalyseverfahren für den Thorax-undAbdominalraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.5.1 Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.5.2 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.5.3 Nieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3 4 Mediastinum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.5.5 Entwurf in ILAB für das Organslicing . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.6 Anwendung und Beurteilung der Bildanalyseverfahren für die Hals-NackenRegion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3.7 Aufgetretene Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.8 Quantitative Analyse von medizinischen Bilddaten . . . . . . . . . . . . . . . 35 Fallbeispiele 4.1 4.2 5 3.5.4 38 Beispiele aus der Rechtsmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4.1.1 Fall 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4.1.2 Fall 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4.1.3 Fall 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 4.1.4 Fall 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Beispiele aus der HNO-Heilkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4.2.1 Fall 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4.2.2 Fall 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4.2.3 Fall 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4.2.4 Fall 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Zusammenfassung/Fazit 50 4 1 Motivation Heutzutage gewinnt die Bildanalyse, auch in der Medizin, immer mehr an Bedeutung. Die zu verarbeitenden Datenmengen werden aufgrund der fortschreitenden Technik ständig größer und dienen zur Verbesserung der Diagnostik und Therapieplanung. Es sollen, zum Beispiel, Strukturen über die Zeit verglichen, einzelne Strukturen visualisiert und quantitativ analysiert werden. Zu diesen Zwecken gibt es immer schnellere und bessere Algorithmen, mit denen sich die Objekte sehr realitätsnah, ohne großen Interaktionaufwand segmentieren und auch (halb-)automatisch vermessen lassen. In meinem Praktikum habe ich hierzu zwei Themen bearbeitet. Virtuelle Autopsie Leichen mit Verdacht auf einen unnatürlichen Tod oder mit ungeklärter Todesursache werden heutzutage in den meisten Fällen einer Autopsie unterzogen. Es muss geklärt werden, woran diese Menschen gestorben sind. Die Rechtsmediziner schneiden dazu den Leichnam auf und entnehmen die Organe. Diese werden dann in Scheiben geschnitten und genauer auf mögliche Ursachen, die zum Tod geführt haben könnten, untersucht. Zur Zeit gibt es ein System, mit dessen Hilfe die Autopsie virtuell durchgeführt werden r wurde vom Institut für Rechtsmedizin in Bern entwickelt. Es werden kann. Virtopsy Magnetresonanz-, Spektroskopie- oder Computertomographien-Aufnahmen vom Körper des Toten gemacht und mit deren Hilfe die Anatomie möglichst realistisch dreidimensional rekonstruiert. Diese Rekonstruktion dient den Rechtsmedizinern zur Bestimmung der Todesursache und soll helfen, Fehldiagnosen zu reduzieren. Im Rahmen meines Praktikums habe ich verschiedene Methoden zur Segmentierung der relevanten Organe, die Aufschluss über die Todesursache geben könnten, auf ihre Eignung getestet. Es soll eine neue Form der virtuellen Autopsie entstehen. Der Anwender soll nicht mehr nur die Organe anschauen können, er soll auch Informationen, wie Größe, Ausdehnung, Volumen und Masse erhalten. Ein ihn interessierendes Organ soll ausgewählt werden können und anschließend, unter Einbeziehung der originalen Daten, soll es eine Möglichkeit geben, wie bei einer realen Autopsie, das Organ aufzuschneiden“und sich die inneren Schichten ” anzuschauen. Planung von HNO-chirurgischen Eingriffen In Deutschland erkranken pro Jahr ca. 8000 Männer und 2100 Frauen an Tumoren in Mund, Nase und Kiefer 1 , wobei sich oft Metastasen in den Lymphknoten bilden, die in CT-Bildern schwer erkennbar sind. Es sollen in diesem Zusammenhang, die für eine Neck-Dissection (Halslymphknotenausräumung) wichtigsten Strukturen aus CT- oder MRTDatensätzen segmentiert werden. Bei einer Neck-Dissection gibt es mehrere Behandlungskonzepte. Es muss entschieden werden, ob alle Lymphknotengruppen entfernt werden und im schlimmsten Fall auch einige andere Strukturen (Vene, Muskeln, Nerven). Die dreidimensionalen Segmentierungsergebnisse sollen bei der Entscheidung helfen, ob eine Operation sinnvoll ist oder nicht, eventuelle Metastasen für den Arzt besser sichtbar zu machen und darzustellen, inwieweit das umliegende Gewebe oder andere Strukturen infiltriert sind. 1 Quelle: http://www.dkfz-heidelberg.de, 02.12.2003 5 2 2.1 2.1.1 Medizinischer Hintergrund Klinische Fragestellungen Rechtsmedizin Heute wird bei jeder zehnten Leiche eine Autopsie durchgeführt, um die genaue Todesursache zu klären. Dazu muss der Rechtsmediziner den Leichnam äußerlich auf Gewalteinwirkungen oder eventuelle Krankheitssymptome, die zum Tod geführt haben könnten, untersuchen. Anschließend wird, in den meisten Fällen, mit einem Skalpell der Körper geöffnet und es werden die inneren Organe untersucht. Dazu werden diese entnommen und es wird geprüft, ob das Gewebe in irgendeiner Art Veränderungen aufweist, die zum Beispiel auf Tumoren oder ähnliches deuten und zum Tode geführt haben könnten. Die Angehörigen haben das Recht, wenn es sich nicht um eine unklare Todesursache handelt, einer Autopsie, die die Ärzte in einigen Fällen aus wissenschaftlichem Interesse durchführen, zu widersprechen. In diesen Fällen kann eine Biopsie durchgeführt werden. Eine Biopsie ist ein minimal-invasiver Eingriff, bei dem mit einer kleinen Nadel Gewebeproben entnommen werden, die histologisch und zytotoxisch analysiert werden. Der Rechtsmediziner muss allerdings einen Verdacht haben, was den Tod verursacht haben könnte und welche Organe er deshalb genauer untersuchen sollte. Es besteht die Gefahr, dass er etwas Relevantes übersieht. Die Radiologen und Rechtsmediziner der Universitätsklinik Magdeburg fänden es hilfreich, eine virtuelle Autopsie als Ergänzung zur herkömmlichen Diagnose zur Verfügung zu haben. Ihre Vorstellung ist ein System, was auf der Grundlage von CT- oder MRT-Schichtbilddaten des gesamten Körpers, eine dreidimensionale Rekonstruktion der Leiche erstellt. Es sollen relevante Organe und pathologische Prozesse hervorgehoben werden können und Informationen, wie Größe, Ausdehnung, Volumen, Masse, über diese angegeben werden. Außerdem wünschen sie sich ein realitätsnahes, virtuelles Aufschneiden und Anschauen der entsprechenden Organe. Die Daten müssen in verschiedenen Eben angezeigt werden können. Dabei ist vor allem die Sicht der Daten von koronar wichtig, weil die Rechtsmediziner die Leichen hauptsächlich aus dieser Sicht untersuchen. Abbildung 1: Sichten auf die 2D-Daten: axial, sagittal, koronar Mit diesem System könnten, auch bei einer abgelehnten Autopsie, postmortale Befunde erstellt werden. Durch die Schnitte, die in verschiedenen Richtungen gelegt werden können, werden zum Beispiel auch kleine Frakturen der Wirbelsäule sichtbar, die kein Arzt bei einer Autopsie gesucht bzw. gefunden hätte. Verläufe von Stich- und Schussverletzungen, versteckte Knochenbrüche (länger zurückliegende oder verheilte, die keine äußeren Spuren mehr besitzen) und Verletzungen oder Veränderungen des Gehirns, auch nach längerer Liegezeit, sind erkennbar. Und eine Suche nach Fremdkörpern und Gasansammlungen im gesamten Körper ist möglich. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass die virtuelle Autopsie auf CT6 oder MRT-Schichtbildern basiert, die aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Kontrastmittelgabe, einen schlechten Kontrast aufweisen. Auch unterscheiden sich die Organe und Gewebestrukturen teilweise von denen von Lebenden. Ein positiver Aspekt ist die hohe Auflösung der Schichtbilddaten. Ihr sind nur technische Grenzen gesetzt, weil die Strahlendosis höher gewählt werden kann, es keine Bewegungsartefakte gibt und somit die Schichtdicke und der Schichtabstand sehr gering sind. 2.1.2 Halslymphknotenausräumung Die Metastasen in den Lymphknoten, die sich bei Tumoren der Hals- und Nackenregion oft bilden, sind auch mit Hilfe bildgebender Verfahren nur sehr schwer nachweisbar und diagnostizierbar. Nicht selten werden sie nicht einmal bei einem sagittalen Schnitt durch den Lymphknoten erkannt. Um die Überlebenschance eines Patienten zu erhöhen, müssen die Ärzte entscheiden, welche Lymphknotengruppen und einbezogenen Strukturen sie entfernen sollten, um eine fortschreitende Metastasierung aufzuhalten. Die Diagnose fällen sie anhand von CT- und MR-Daten und dann wird entschieden, welches Behandlungskonzept angewandt wird: • Wait-and-See“: Bei diesem Konzept, werden keine Lymphknoten entfernt. Der Arzt, ” der sehr erfahren sein sollte, beobachtet den Patienten und den Krankheitsverlauf. Dazu sind viele Kontrolluntersuchungen nötig. • Radikale Neck-Dissection“: Diese Art der Neck-Dissection wird selten angewandt. ” Zusätzlich werden zu den ipsilateralen Lymphknotengruppen der Halsregion auch einige andere Strukturen (Vene, Muskel, Nerv) entfernt bzw. unterbunden. Die Folgen für den Patienten sind Funktionsstörungen im Gesichts- und Schulterbereich. • Modifizierte Radikale Neck-Dissection“: Es werden dieselben Lymphknotengruppen ” wie bei der Radikalen Neck-Dissection ausgeräumt, allerdings wird eine von den nichtlymphatischen Strukturen erhalten, um die Spätfolgen zu reduzieren. • Selektive Neck-Dissection“: Bei der Selektiven Neck-Dissection, wird mindestens eine, ” der bei den anderen Dissections entfernten Lymphknotengruppen nicht entfernt. Es gibt keine festgelegten Richtlinien, wann welche Methode eingesetzt wird, aber viele Leitlinien aus Lehrbüchern [LWD]. Laut Dr. Gero Strauß (Oberarzt an der Universitätsklinik Leipzig) wird heute immer noch in den meisten Fällen erst am offenen Patienten ein Behandlungskonzept gewählt. Das bedeutet allerdings eine unnötige Belastung für den Patienten, wenn festgestellt wird, dass eine erfolgreiche Operation nicht möglich ist. Außerdem kann der Stoffwechsel des Tumors durch diesen Eingriff angeregt werden und er wächst. Der Patient wird einfach unnötigen Risiken ausgesetzt, die zu vermeiden wären, wenn präoperativ eine sicherere Diagnose gestellt werden könnte. Um die Ärzte bei der Diagnose zu unterstützen, sollen die für solch eine Operation relevanten Strukturen segmentiert (halbautomatisch, wenn möglich automatisch) und ihre dreidimensionale Beziehung zueinander dargestellt werden. So erhält der Mediziner einen Eindruck, von der patientenspezifischen Anatomie und kann besser beurteilen ob eine Operation machbar und sinnvoll ist. 7 2.2 Anatomie des Menschen In den folgenden beiden Abschnitten wird die Anatomie, der für die Arbeit wichtigen, Regionen des menschlichen Körpers beschrieben. 2.2.1 Thorax-und-Abdominalraum In den folgenden Abbildungen sind die wichtigsten Organe des menschlichen Körpers zu sehen, die für die Rechtsmediziner bei einer Untersuchung der Leiche interessant sind, um auf die Todesursache schließen zu können. Die Lunge, mit dem linken und dem rechten Lungenflügel, liegt im Brustraum und umschließt das Mediastinum, welches das Herz enthält. Die Leber grenzt von unten direkt an den rechten Lungenflügel und das Mediastinum. Ein weiteres paariges Organ, die Nieren, befinden sich im Bauchraum. Abbildung 2: Anatomie des Thorax-und Abdominalraumes (in Anlehnung an [RK88]) 8 Abbildung 3: Anatomie des Thorax-und Abdominalraumes (in Anlehnung an [RK88]) 9 2.2.2 Hals-Nacken-Region Der Hals ist das Verbindungsstück zwischen Kopf und Rumpf. Durch ihn verläuft die Wirbelsäule mit dem Rückenmark. Der Hautmuskel des Halses wird Platysma genannt. An der linken und der rechten Seite des Halses befindet sich je ein großer Muskel (m. sternocleidomastoideus), der dazu dient, den Kopf zur Seite und nach hinten zu neigen und zu drehen. An seinem Vorderrand verläuft die Halsschlagader (Aorta carotis communis), die sich dann in die Aorta carotis externa, die das Hals- und Kopfgebiet versorgt und in die Aorta carotis interna, die das Gehirn mit Blut versorgt, teilt. Um diese Gefäße verläuft eine Bindegewebsschicht, in der sich auch die Vena jugularis interna befindet. Dieses Gewebe wird durch einen Muskel ( M. omohyoideus) geformt, wodurch das Blut, was aus dem Gehirn kommt, auf seinem Weg zum Herzen besser die Vene passieren kann. Das ist nicht seine einzige Funktion, er ist auch für die Senkung des Zungenbeins zuständig. Gehoben und fixiert wird das Zungenbein durch den Muskel digastricus und der nervus hypoglossus (siehe Abb.4 (12))versorgt die Zungenbeinmuskulatur. Der XI-te Hirnnerv, der nervus accessorius (siehe Abb.4 (11)), ist der Schulter- und Nackennerv und ist für die Versorgung des Sternocleidomastoideus und des oberen Trapezius (ebenfalls ein Muskel) verantwortlich. Abbildung 4: Anatomie der Hals-Nacken-Region [WM87] 10 Die Speichendrüsen, die je paarig unterhalb der Ohren liegen, dienen dazu, den Mund zu befeuchten und die Nahrung aufzuweichen und vorzuverdauen. Die größten Drüsen sind die Ohrspeicheldrüse (Gl. parotidea, siehe Abb.5 (7)) und die Unterkieferspeicheldrüsen (Gl. submandibularis, siehe Abb.5 (10)). Abbildung 5: Gefäßsystem und Speicheldrüsen [McC00] Der Körper ist außer mit Blutgefäßen auch noch mit Lymphbahnen durchzogen. Die Aufgabe dieses Systems ist es, Fette aus dem Darm abzutransportieren und Zellzwischenräume von überschüssiger Flüssigkeit zu befreien. Die Lymphkapillaren verlaufen parallel zu den venösen Blutgefäßen und vereinigen sich immer weiter zu größeren Lymphbahnen, die sich schließlich in den Lymphknoten treffen und von dort gesammelt weitergeführt werden. Dabei fungieren die Lymphknoten als Filter, die die Lymphflüssigkeit (Lymphe) reinigen. In ihnen werden die Lymphozyten gebildet, die zusammen mit den Makrophagen (Fresszellen) Fremdkörper, abgestorbene Zellen und Krankheitserreger beseitigen. Die einzelnen Knoten sind etwa linsengroß und normalerweise von außen nicht zu ertasten. Bei Infektionskrankheiten, Leukämie oder bösartigen Tumoren können sie anschwellen. Abbildung 6: Nodi lymphatici cervicalis (Lymphknoten der Hals-Nackenregion)[McC00] 11 2.3 Radiologische Bildaufnahmetechniken Die Grundlage für die radiologisch bildgebenden Verfahren, war 1895 die Entdeckung der Röntgenstrahlung, deren physikalischen Eigenschaften genutzt werden können, um den menschlichen Körper und seine Funktion darzustellen. Zwei, auf dieser Grundlage, entwickelte moderne Verfahren sind die Computertomographie und die Magnetresonanztomographie. Beide Bildaufnahmetechniken sind Schnittbildverfahren und unterscheiden sich in den Eigenschaften der entstehenden Bilder. Darauf wird in den folgenden Abschnitten etwas näher eingegangen. 2.3.1 Computertomographie Der erste Schnittbildscanner (CT-Scanner) wurde 1971 von Geofrey N. Hounsfield entwickelt [GP98]. Er diente erst nur zur Untersuchung des Schädels, wurde aber rasch weiterentwickelt, so dass der gesamte menschliche Körper untersucht werden konnte. Damit war es möglich, viele Erkrankungen zu diagnostizieren, deren Diagnose vorher mit Schwierigkeiten oder mit einer erheblich größeren Strahlenbelastung für den Patienten verbunden waren. Bei einer Computertomographie wird der Körper des Patienten aus verschiedenen Richtungen (schichtweise) mit Röntgenstrahlung bestrahlt. Mit einem Detektor wird gemessen, wieviel Strahlung wieder aus dem Körper austritt, und daraus die lokale Röntgenschwächung für jeden Punkt des Körpers berechnet. Der berechneten Schwächung wird ein Dichtewert zugeordnet und anschließend grauwertkodiert als Bild dargestellt. Jeder Bildpunkt entspricht, je nach Schichtdicke und Auflösung, einem (meistens anisotropen) Voxel, mit einer bestimmten Größe. Die Einheit der Röntgenschwächung ist nach dem Erfinder des ersten CT-Scanners Hounsfield benannt. Bei der Zuordnung Dichtewert- Grauwert werden hohe Hounsfieldwerte auf helle und kleine bzw. negative Hounsfieldwerte auf dunkle bis schwarze Grauwerte abgebildet. Beispiele [Weg92]: Struktur/Organ: HE: Knochen 1000 Nieren 20- 40 Leber 50- 60 Wasser 0 Lunge -500- -800 Luft -1024 Mit einem CT lassen sich, ähnlich gut wie beim konventionellen Röntgen, Knochen, Thorax, Organe und große Gefäße darstellen. Ein Problem ist allerdings der geringe Weichteilkontrast, der auch durch elektronische Kontrastverstärkung nur unbefriedigend ausgeglichen werden kann. Ein weiterer Nachteil ist die Strahlenbelastung für den Patienten. Abbildung 8: Beispiel CT des Brustraumes Abbildung 7: Beispiel CT des Bauchraumes 12 2.3.2 Magnetresonanztomographie Im Gegensatz zur Computertomographie, wird bei der Magnetresonanztomographie keine schädigende Strahlung in den Körper eingebracht, und es sind keine Nebenwirkungen bekannt. Dadurch kann sie beliebig oft bei einem Patienten eingesetzt werden. Es entstehen hochaufgelöste Bilder, die je nach verwendeter MR-Sequenz, einen guten Weichteilkontrast besitzen. Mit dieser Art Tomographie lassen sich sehr gut Tumoren diagnostizieren und die Hirnfunktion oder andere Funktionen des Körpers untersuchen. Es ist ein sehr flexibles Verfahren, denn je nachdem welche Anforderungen der Mediziner an die entstehenden Bilder stellt, können eine Vielzahl von Parametern variiert werden. Bei dieser Untersuchungsmethode wird ausgenutzt, dass der menschliche Körper viele Wasserstoffatomkerne besitzt. Sie und andere Atomkerne mit ungerader Protonen- oder Neutronenanzahl besitzen einen Eigendrehimpuls und wenn sie einem Magnetfeld ausgesetzt werden, richten sie sich entlang der Feldlinien aus. Das Magnetfeld muss homogen und stufenweise regelbar sein und ist entweder horizontal oder vertikal ausgerichtet. Befindet sich ein Patient in solch einem Magnetresonanztomographen, richten sich die Protonen (Wasserstoffatomkerne) in seinem Körper entlang des Magnetfeldes aus. Dann werden Hochfrequenzwellen im Kurzwellenbereich ausgestrahlt, die die Protonen zum kreiseln anregen. Werden diese Wellen ausgeschaltet, kehren die Protonen wieder in die Ausgangslage zurück und entsenden dabei elektromagnetische Impulse, die durch die Spulen des Tomographen empfangen werden. Über einen Computer werden diese Signale mit komplexen mathematischen Berechnungen in Bilder umgewandelt. Jedes Organ besitzt eine unterschiedliche Dichte von Wasserstoffprotonen und kann dadurch differenziert werden. Je nach Einstellung der Parameter entstehen Bilder in denen Wasser hell und Fett dunkel (T2-Wichtung) oder umgekehrt (T1-Wichtung) erscheinen. Weil leider auch Implantate, wie Schrittmacher metallisch sind und auf Magnetstrahlung reagieren, ist es in diesen Fällen empfehlenswert, sich für ein anderes bildgebendes Verfahren zu entscheiden. Ein Herzschrittmacher kann in seiner Funktion gestört werden oder metallische Gegenstände können anfangen im Körper herumzuwandern. Zahnfüllungen führen zu Artefakten, eine Bildaufnahme ist aber trotzdem möglich. Durch die eingesetzten Spulen sind die Bilder, im Gegensatz zum CT, sehr inhomogen. In MRT-Bildern ist es wegen der Aufnahmesituation und -einstellungen unmöglich, für ein Organ oder Gewebe einen festen Grauwertbereich zu definieren. Abbildung 9: Beispiel MRT des Kopfes (axiale Sicht), T1-gewichtet Abbildung 10: Beispiel MRT des Kopfes (axiale Sicht), T2-gewichtet 13 3 Bildanalyse 3.1 Das DICOM-Format Seit 1995 ist DICOM ( Digital Imaging and Communications in Medicine“) der formale ” Standard in der medizinischen Bildverarbeitung zur herstellerunabhängigen Kommunikation von medizinischen Bildern und bildbezogenen Informationen. DICOM dient, unter anderem, zur Beschreibung von Datenformaten für medizinische Bilder und bildbezogene Daten. Eine DICOM-Datei besteht aus einem Header und den eigentlichen Bild-Daten. Im Header befinden sich DICOM-Tags, die die Informationen in Gruppen und Elemente unterteilen und diese verschlüsseln. Es gibt eine bestimmte Anzahl von Attributen, die Informationen über den untersuchten Patienten (Name, Geburtsdatum, Größe, Gewicht...), die Untersuchungsmethode (Datum der Untersuchung, Fragestellung, eingestellte Parameter, Kalibrierung, Strahlendosis, Kontrastmittel...) und die entstehenden Bilder (Auflösung, Fensterung) zusammensetzen. Für jede Modalität/Bildaufnahmetechnik gibt es Vorschriften, welche Attribute angegeben werden müssen und welche optional sind. Somit erhält der Mediziner neben den eigentlichen Bilddaten weitere Informationen zum Patienten, dem benutzten Bildaufnahmeverfahren und den Parametern, welche für die Interpretation der Bilder notwendig sind. Neben diesen Festlegungen zur Speicherung der Bilddaten, ist auch die Kommunikation dieser Daten (netzwerkorientierte Dienste) zwischen verschiedenen Applikationen und Geräten oder Abfrage eines Bilderarchivs definiert. 2 Abbildung 11: DICOM-Header (DicomTagViewer von ILAB) Abbildung 11 zeigt den ersten Teil von einem DICOM-Header eines CT-Datensatzes (zu erkennen an der Angabe hinter der Gruppe und dem Element: (00008,0060))mit einem Gerät von Siemens. Das 20. Element der 8. Gruppe gibt Auskunft über das Datum der Bildaufnahme. In diesem Format sind weiter unten die Angaben zum Patienten, weitere Informationen zur Bildaufnahme und zum Bild zu finden. 2 Quelle: http://dicom.offis.de/index.php.de, 11.02.2004 14 3.2 Vorverarbeitung In diesem Abschnitt werden einige Arbeitsschritte erläutert, die für eine Aufarbeitung der Daten nötig sind, zum Beispiel die Anonymisierung, damit kein Rückschluss auf den Patienten möglich ist. Der zweite Teil der Vorverarbeitung ist der Einsatz von Bildverarbeitungsfiltern, die die Qualität der Daten verbessern können. 3.2.1 Anonymisierung der Datensätze Da die Radiologen mit dem Weiterreichen von Patientendaten, auch die Schweigepflicht übertragen, müssen die DICOM-Bilder, die persönliche Angaben über den Patienten enthalten anonymisiert werden. Das heißt, es werden alle Informationen, die eine Zuordnung der Daten zu einer bestimmten Person ermöglichen entfernt. Dazu wurde ein Tool mit dem Namen anonDicom“verwendet, bei dem man mehrere Op” tionen zur Verfügung hat, Informationen aus den DICOM-Daten zu entfernen bzw. zu überschreiben. Es können optional der Patientenname, die Patienten-ID, das Geburtsdatum, die Aufnahmezeit und das -datum durch Pseudoangaben ersetzt und weitere patientenbezogene Daten (Gewicht, Größe...) gelöscht werden. Die vorliegenden Datensätze wurden alle jeweils auf diese Weise anonymisiert. 3.2.2 Medianfilter Der Medianfilter ist ein nichtlinearer Rangordnungsfilter. Diese Filter ordnen die Pixel unter der Filtermaske und der neue Grauwert für jeden Pixel ergibt sich aus dieser Sortierung. Der neue Wert berechnet sich aus dem Durchschnittsgrauwert seiner Umgebung, unter Einbeziehung seines ursprünglichen Wertes. fˆ(x, y) = median{g(s, t)}, (s, t)S(xy) (1) Dadurch werden die lokalen Unterschiede von Grauwerten verringert, die zum Beispiel durch Rauschen entstehen und keine relevanten Informationen enthalten. Aber die Kanten des Bildes bleiben erhalten.[GW02] Abbildung 12: Originalbild/ Medianfilter 3x3/ Medianfilter 9x9 3.2.3 Sigmafilter Der Sigmafilter arbeitet ähnlich wie ein Gauss-Glättungs-Filter. Der aktuelle Pixel wird durch den Mittelwert der Nachbarpixel ersetzt, wobei Nachbarpixel aus der Rechnung ausgeschlossen werden, deren Intensität stark von der des betrachteten Pixels abweicht. Diese 15 entscheidende Intensität muss vorher in einem Toleranzfeld definiert werden. Der Sigmafilter reduziert Rauschen und verstärkt bzw. verbessert Regionen, wobei Kanten und dünne Linien erhalten bleiben. Abbildung 13: Originalbild/ Sigmafilter mit Faktor 2/ Sigmafilter mit Faktor 5 3.2.4 Diffusionsfilter Wie in der Physik bedeutet auch in der Bildverarbeitung Diffusion Konzentrationsausgleich. Hier bezieht sich dieser Ausgleich auf die Grauwerte. Diffusion ist die Beziehung zwischen zeitlicher und räumlicher Ableitung der Konzentrationsverteilung der Grauwerte. Da die Berechnung sehr komplex ist, wird der Algorithmus nur angenähert und es wird die Diffusion als eine Folge von kleinen Zeitschritten berechnet. Dabei wird die Konzentration für jeden Punkt, aus der im vorherigen Schritt vorliegenden, Konzentration berechnet. Die Diffusionsformel für eine Dimension 3 : ∂u ∂u ∂ k (2) = ∂t ∂x ∂x Diffusionsfilter werden wegen ihrer Eigenschaften zum Glätten von Grauwertbildern verwendet, das Rauschen wird entfernt. Man unterscheidet zwischen linearen und nichtlinearen Diffusionsfiltern. Die linearen Filter haben den Nachteil, dass sie eine konstante Diffusität besitzen, wodurch auch Kanten zerstört werden. Dagegen besitzen die nichtlinearen Filter eine gehemmte Diffusion an Kanten, wodurch sie erhalten werden. 3.3 Segmentierungsverfahren Für die Segmentierung von Objekten aus Bilddaten gibt es verschiedene Ansätze. Es existieren Algorithmen die regionenbasiert arbeiten, zum Beispiel das Regionenwachstum, wobei Eigenschaften, wie Grauwerte oder Textur als Zusammengehörigkeitskriterium ausgenutzt und danach die Objekte bestimmt werden. Kantenbasierte Verfahren (Live Wire, Wasserscheidentransformation) nutzen das Vorhandensein von Objektgrenzen, die glatt, zusammenhängend und geschlossen sind, und ermitteln mit Hilfe der Gradienten ein Objekt. Eine andere Möglichkeit ein Objekt zu detektieren und zu extrahieren, ist die Suche nach Formen. Dabei werden entweder dynamische Form-Modelle benutzt (Aktive Konturen), die sich der gesuchten Struktur unter Einfluss bestimmter Bedingungen anpassen oder statistische Modelle erstellt, die Formvariationen der gesuchten Struktur enthalten (durch Trainingsdaten) und mittels Optimierung sich ihr annähern. Für die Segmentierung der genannten Fragestellungen wurden einige regionen- und kantenbasierte Ansätze getestet. 3 Quelle: http://www.st.cs.uni-sb.de/edu/perspektiven/weickert.pdf, 04.02.2004 16 3.3.1 Region Growing Das Region Growing ist ein Verfahren, welches benachbarte Pixel ähnlicher Intensität zu einer Region zusammenfasst. Zur Segmentierung wird nur ein Startpunkt und ein Schwellwert vom Benutzer gewählt. Der Schwellwert gibt ein Homogenitätskriterium für den Grauwertbereich an, in dem der Grauwert der betrachteten Pixel liegen muss, damit sie zur segmentierten Region gehören. Vom Startpunkt aus werden alle Nachbarpixel betrachtet, die, wenn sie innerhalb des gewählten Schwellwertes liegen, als zur Region zugehörig bestimmt werden. 1 : Istartpunkt − I(x, y) < Schwellwert erg(x, y) = (3) 0 : sonst Für alle Pixel, die diese Bedingung erfüllen, werden wiederum die angrenzenden Pixel untersucht. Das Verfahren stoppt, wenn alle Bildpunkte als zugehörig bestimmt wurden, oder keine mehr der Region zugeordnet werden können. 3.3.2 Wasserscheidentransformation Bei der Wasserscheidentransformation werden die Grauwerte eines Bildes als Erhebungen entsprechender Höhe aufgefasst. Man geht von einem Grauwertgebirge aus, bei dem ein Objekt durch zusammenhängende Becken repräsentiert wird. Ganz wie in der Natur, beginnt man nun dieses Gebirge zu fluten und das Wasser sammelt sich in den lokalen Minima. Zwischen diesen Minima werden Wasserscheiden errichtet, die ein überfluten, und somit verschmelzen von verschiedenen Objekten, verhindern. Zu Beginn der Transformation liegt eine starke Übersegmentierung vor, kleine und flache Becken sollten noch durch weiteres Fluten verschmelzen, weil sie keine eigenständigen Objekte darstellen. Abbildung 14: Schrittweises Verschmelzen von Regionen durch Flutung [SP] Die Verschmelzung findet zwischen aneinandergrenzenden Becken mit ähnlichen mittleren Grauwerten statt. Dazu wird ein Schwellwert (Mask Threshold) definiert. Die Wasserscheiden können auch mittels Include- bzw Excludepunkten gesetzt oder aufgehoben werden. Setzt der Nutzer einen weiteren Includepunkt, wird die Wasserscheide zu dieser Region aufgehoben. Definiert er einen Excludepunkt, wird eine neue Wasserscheide gesetzt, die ein überfluten angrenzender Regionen verhindert (siehe Abbildung 15). Abbildung 15: Prinzip nach Hahn et al.[HP] 17 Ein weiterer Parameter, auf den der Nutzer Einfluss hat, ist die Preflooding Height. Der Wert der Preflooding Height bestimmt die Höhe (den Grauwert), bei der zwei aneinandergrenzende Cluster verschmelzen. Die gefundenen Regionen werden größer, je höher dieser Wert gewählt wird. Eine Darstellung des mit der Wasserscheidentransformation segmentierten Bildes entsteht, wenn jedem Staubecken der mittlere Grauwert der zugehörigen Pixel zugeordnet wird. 3.3.3 Live Wire Live Wire ist ein semiautomatisches Verfahren zur Segmentierung, das Objektgrenzen in Bildern findet. Diese Objektgrenzen sind Kanten in den Bilddaten, die durch die Ableitung in x- und y-Richtung charakterisiert ist. Diese Ableitung nennt man Gradient, der die Richtung der stärksten Steigung und dessen Betrag die Stärke der Grauwertänderung angibt. Mittels Graphensuche wird in einem gewichteten Graphen, ausgehend vom Startpixel zu jedem Pixel den kostengünstigsten Weg, mit Hilfe von Annahmen über Grauwerte und Gradienten, berechnet. Die Knoten des Graphen sind die einzelnen Pixel, die Kanten beinhalten die Kosten von einem Pixel zum nächsten, wobei von einer Achternachbarschaft ausgegangen wird. Der Graph wird so aufgespannt, dass große Gradienten, die in einem definierten Grauwertbereich liegen, die geringsten Kosten verursachen. Damit soll erreicht werden, dass der günstigste Pfad entlang nahe liegender Objektkanten verläuft. Für die Pfadbestimmung werden folgende Berechnungen vorgenommen: Zuerst wird mit einem Laplace-Filter nach Kanten gesucht. Jedem Pixel wird eine 1 zugewiesen, wenn er ein Kantenpixel ist und eine 0, wenn er nicht zu einer Kante gehört. Damit existiert aber noch keine Information über die Stärke der vorliegenden Kanten. Um die Gradientenstärke zu berechnen, wird die erste Ableitung des Bildes, mittels eines Sobelfilters, in x- und y-Richtung gebildet. An Stellen mit einem hohen Wert befindet sich eine Kante. Da aber später nach einem Pfad minimaler Kosten gesucht werden soll, muss die Gradientenstärke umgekehrt werden. Um zu verhindern, dass der günstigste Pfad auf eine andere Kante überspringt, werden Richtungswechsel, zum Beispiel an Kreuzungen von zwei Kanten, mit hohen Kosten bestraft. Konstante Richtungen sind also kostengünstiger, weil sie mit größerer Wahrscheinlichkeit auch zu einem Objekt gehören. Live Wire ist ein Verfahren, das trainiert werden kann. Um die Lernfunktion des Systems zu nutzen, muss der Anwender ein Teilstück (3264 Pixel)der Kante manuell bestimmen. Anhand dieses manuell segmentierten Teilstücks wird ein Histogramm der Gradientenstärken berechnet und die dynamische Kostenmap so angepasst, dass in Gebieten, die der Lernkante am ähnlichsten sind, die geringsten Kosten vorliegen. Diese Anpassung wird im Verlauf der Segmentierung, mit der aktuellen Kontur, immer wieder vorgenommen. Der Anwender setzt einen Startpunkt und führt die sich aufbauende und an die Objektgrenze anschmiegende Konturlinie nahe der Objektgrenze entlang. Durch erneutes Setzen von Punkten, welches nötig ist wenn die Konturlinie merklich von der Objektgrenze abweicht, wird die bisher gezeichnete Konturlinie fixiert und ein neues Teilstück begonnen. Mit einem abschließenden Mausklick wird das letzte Konturstück mit dem Startpunkt verbunden und die Kontur geschlossen. Auch 3D-Objekte lassen sich mit diesem Verfahren segmentieren. Es werden die erste, die letzte und ca. jede 4. oder 5. Schicht des Datensatzes halbautomatisch mit Live Wire segmentiert und die restlichen Schichten werden, anhand der vorhandenen Pixelintensitäten, interpoliert. [SPPa] [SPPb] In der Abbildung 16 ist ein Arbeitsablauf mit Live Wire dargestellt. Für die Segmentierung der Leber in dieser Schicht sind, einschließlich des Startpunktes, drei Punkte durch Benutzerinteraktion einzugeben. 18 Abbildung 16: Beispiel für die Segmentierung mit Live Wire 3.4 Die Bildanalyse- und Visualisierungsbibliothek Bei der Segmentierung wurden hauptsächlich zwei Applikationen von ILAB4 benutzt, die in den folgenden Abschnitten noch etwas näher beschrieben werden. ILAB wird seit 1993 bei MeVis entwickelt und ist eine Softwareplattform, die zur schnellen Anwendungsentwicklung dient, in der alle bekannten Konzepte in einem einheitlichen System vereint sind [HLP]. ILAB bedeutet Image LABoratory“, bei dem mit Hilfe einer graphischen Oberfläche per Drag & ” Drop OpenInventor-Klassen und Bildverarbeitungsmodule zu einem Netzwerk verbunden werden können. Abbildung 17: ILAB-Netz zum Einlesen und Anzeigen eines Datensatzes Ein simples Beispiel ist in Abb.17 zu sehen. Die beiden Module imgLoad und SimpleView3D wurden mittels Drag & Drop in den Arbeitsbereich eingefügt und zu einem Netz verbunden. Mit dem imgLoad-Modul kann eine Datei ausgewählt werden, die anschließend im SimpleView3D volumengerendert zu sehen ist, gedreht, herangezoomt und mit ClippEbenen bearbeitet werden kann. 19 3.4.1 HepaVision HepaVision ist eine Anwendung zur präoperativen Planung, die für zwei Arten von Leberoperationen nötige Arbeitsschritte vereint. Zum einen können mit HepaVision mögliche Leber-Organspender, bei einer Lebendspende, auf ihre Eignung untersucht werden und zum anderen kann eine notwendige Resektion der Leber simuliert werden. Die Planung erfolgt an den jeweiligen Patientendaten, die in Form von CT-Schichtbildern im DICOM-Format vorliegen. Je nach klinischer Fragestellung werden schrittweise nacheinander erst die Leber, dann die Gefäße und zum Schluss eventuelle Tumore semiautomatisch mit Benutzerinteraktion segmentiert. Dafür wird für die Leber ein Live-Wire-Algorithmus verwendet, der mittels einer Kostenfunktion nach einem Pfad minimaler Kosten entlang von Kanten sucht und so die Organgrenzen recht zuverlässig findet. Der Benutzer muss nur einige Punkte setzen, um die Leber auf einer CT-Schicht zu segmentieren und das auch nur auf jeder 4. oder 5. Schicht. Die anderen Schichten können interpoliert werden, so dass man schnell und ohne großen Aufwand das gesamte Organ abgegrenzt hat. Mehr zu Live Wire ist im Abschnitt 3.3.3. zu lesen. Die Ergebnisse werden in einer XML-Datei abgespeichert, um dann die Planung in anderen Anwendungen ausführen und bearbeiten zu können [BSL+ ]. Abbildung 18: HepaVision: ein Schritt bei der Segmentierung, die Lebersegmentierung. In diesem Beispiel wurde allerdings ein Muskel des Halses segmentiert, da HepaVision auch für andere Bildanalyseaufgaben verwendet werden kann, die auf CT-Daten basieren. Die HepaVision-Anwendung besteht aus einem großen 2D-Viewer auf der linken Seite, der die Schichten der Originaldaten, auf denen die Segmentierung ausgeführt wird, darstellt. Die obere rechte Seite ist für die 2D-Darstellung der Kostenfunktion der aktuellen Schicht reserviert. Darunter befinden sich, die Bedienelemente für die Segmentierung mit Live Wire und am unteren Rand sind die einzelnen Arbeitsschritte als eine Kette von verbundenen Punkten dargestellt. Der größte Punkt kennzeichnet den aktuellen Arbeitsschritt, die hellen Punkte alle aktuell ausführbaren Teilschritte für die geladenen Daten. Wenn ein Schritt erfolgreich beendet und gespeichert wird, werden einer oder mehrere Punkte hell und damit ausführbar. 20 3.4.2 InterventionPlanner Der InterventionPlanner wurde zur Unterstützung der Operationsplanung bei Leberoperationen entwickelt und es wird das XML-File mit Segmentierungsergebnissen aus HepaVision geladen, um die Strukturen darzustellen und zu bearbeiten. Es werden die 2D-Schichtdaten präsentiert (siehe Abb.19 linke obere Ecke), durch die der Anwender blättern kann und in denen die Ergebnisse einer vorhergehenden Segmentierung farblich, je Schicht, eingeblendet werden. So hat der Chirurg die Möglichkeit, die Ergebnisse anhand der Originaldaten auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und ihnen so besser zu vertrauen. In der dreidimensionalen Darstellung (siehe Abb.19 linke Seite) können die vorher segmentierten Strukturen und Organe aus verschiedenen, frei wählbaren, Blickwinkeln betrachtet oder herangezoomt werden. Sie können auch im Zusammenhang mit den volumengerenderten Originaldaten betrachtet werden, um ihre Lage besser beurteilen zu können. Weiterhin ist es möglich Applikatoren und Schnittebenen zu platzieren, die Organe zu vermessen oder Resektionslinien einzuzeichnen. Es können Eingriffe zur thermischen Zerstörung von Tumoren mittels dieser Applikatoren oder zur Resektion eines Lebertumors simuliert werden. Der Arzt kann so an individuellen Patientendaten jede Operation gezielter planen und auch seine Ergebnisse mit den vorhandenen Dokumentationsmöglichkeiten (Screenshots und Movies) festhalten. Abbildung 19: InterventionPlanner, links oben: Ansicht der Original-2D-Daten mit Einblendung der Segmentierung, links unten: 3D-Ansicht des Segmentierungsergebnisses, rechts: Liste der segmentierten Strukturen 21 3.5 Anwendung und Beurteilung der Bildanalyseverfahren für den Thorax-und-Abdominalraum In den folgenden Abschnitten, werden die Verfahren des Region Growings, der Wasserscheidentransformation und des Live Wire auf ihre Eignung für die verschiedenen Problemstellungen getestet. Dabei wird auf jedes Organ in einem separaten Abschnitt eingegangen, weil die Güte der Ergebnisse sehr stark von den organspezifischen Grauwerten abhängt. Die Bildanalyse der Leichendatensätze gestaltet sich generell schwieriger, da die CT- Schichtbilddaten oft sehr verrauscht sind. Das ist der Grund, warum dieses Gebiet, im Gegensatz zur Analyse von CT-Daten von lebenden Patienten, noch nicht so ausführlich untersucht worden ist. Die im Kapitel 3.3 näher beschriebenen Filter, wurden auf ihre Eignung als Vorverarbeitung zur Verbesserung der Ergebnisse der Rechtsmedizindatensätze geprüft. Leider konnte der Diffusionsfilter nur bedingt getestet werden, weil er in ILAB noch nicht stabil läuft (siehe Kapitel 3.7. Aufgetretene Probleme). 3.5.1 Lunge Das schnellste Verfahren um bei den vorliegenden Datensätzen die Lunge zu segmentieren, ist das Region Growing. Die oberen und unteren Schwellwerte brauchen nur einmal gewählt, ein Startpunkt gesetzt werden und das Lungengewebe wird bestimmt. Dieses Ergebnis ist allerdings nicht ganz fehlerfrei, denn es entstehen einige Löcher in der Lunge, weil das Gewebe als nicht zugehörig gewählt wird. Zu einer groben Bestimmung der Form ist dieses Verfahren sicher geeignet, aber um ein genaues Volumen und eine realitätsnahe Darstellung zu erhalten, ist es ungeeignet. Abbildung 20: Segmentierung der Lunge mit Region Growing, rechts: Ergebnis der Segmentierung In der Abbildung ist zu erkennen, dass das Ergebnis an der rechten Seite unvollständig ist. Diese Löcher lassen sich auch mit der Wahl von anderen Schwellwerten, ohne große Ausläufe, nicht verhindern. Ein weiteres Verfahren, was getestet wurde, ist die Wasserscheidentransformation. Dort sind zwei Parameter einzustellen, ein Schwellwert und die Höhe der Überflutungsgrenze. Anschließend definiert der Benutzer Punkte, die geflutet werden sollen und Punkte, die 22 nicht zum Objekt gehören. Das setzen dieser Punkte geht recht schnell und somit ist auch dieses Verfahren nicht sehr zeitaufwändig. Das Lungengewebe wird vollständig erfasst und weist keine großen fehlenden Bereiche, wie beim Region Growing, auf. Allerdings ist es schwer, die Punkte so zu setzen, dass die Wirbelsäule komplett ausgeschlossen wird (siehe folgende Abbildung). Die genauen Organgrenzen werden also nicht immer korrekt erkannt. Deshalb ist die Darstellung schon realitätsnaher als beim Region Growing, aber noch nicht ausreichend. Abbildung 21: Segmentierung der Lunge mit Wasserscheidentransformation, rechts: Ergebnis der Segmentierung Wird nach der Anwendung eines Diffusionsfilters die Wasserscheidentransformation für die Lunge ausgeführt, wirkt das Segmentierungsergebnis in den 2D-Daten auf den ersten Blick viel besser. Die Grenzen sind regelmäßiger und glatter, kleine Löcher geschlossen und einige Objekte, die vorher als zugehörig bestimmt wurden, es aber nicht sind, werden nicht geflutet. Allerdings wird das Auslaufen in angrenzende Regionen nicht verhindert, sondern, trotz der kantenerhaltenden Eigenschaft des Filters, eher begünstigt. Diese Ausläufe sind häufig auch nicht durch das Setzen von Excludepunkte zu korrigieren, weil man dadurch auch einen Teil des zu segmentierenden Objekts löscht. Deshalb ist in diesem Fall eine Segmentierung ohne den Diffusionsfilter zu empfehlen. Abbildung 22: links: Segmentierung der Lunge ohne Filter, rechts: Segmentierung mit Diffusionsfilter Das Beispiel oben zeigt den Vergleich der beiden Ergebnisse, mit und ohne Diffusionsfilter als Vorverarbeitung. Beim Betrachten ist kein großer Unterschied der beiden entstandenen Volumina zu erkennen. 23 Dagegen sind bei der Anwendung eines Sigmafilters (9x9) schon Unterschiede auffällig. Ein großer Teil der fälschlicherweise segmentierten Wirbelsäule entfällt bei der Wasserscheidentransformation durch die Vorverarbeitung mit diesem Filter. Abbildung 23: links: Segmentierung der Lunge ohne Filter, rechts: Segmentierung mit Sigmafilter Ein Medianfilter bringt keine sichtbaren Vorteile oder Nachteile bei der Segmentierung. Er erhöht nur die Rechenzeit und wird darum auch nicht weiter beschrieben. Führt man die Segmentierung mit Live Wire durch, bedeutet das einen höheren Interaktionsaufwand. In jeder vierten Schicht muss halbautomatisch die Kontur der Lunge eingezeichnet werden, die restlichen Schichten werden interpoliert. Der Nutzer hat zusätzlich die Möglichkeit einer Korrektur der Linien, so dass die Grenzen des Organs genau bestimmt werden. Dieses Verfahren bedeutet für den Anwender einen höheren Aufwand als bei den anderen genannten Verfahren, aber am Ende erhält er ein korrekt segmentiertes Ergebnis, was nicht nur einen ungefähren Eindruck von der Form vermittelt, sondern ein sehr realitätsnahes Modell, mit dessen Hilfe sich auch das Volumen genau bestimmen lässt. Der Einsatz von Filtern bei Live Wire bringt keine merklichen Vorteile bei der Segmentierung, weil das Segmentierungsverfahren sehr gut die Kanten erkennt und auch variabel auf Änderungen in der Kantenstärke reagiert (lernfähig, siehe Kapitel 3.3.3. Live Wire ). Abbildung 24: Segmentierung der Lunge mit Live Wire auf zwei Schichten, rechts: Ergebnis der Segmentierung 24 3.5.2 Leber Das erste getestete Verfahren zur Segmentierung der Leber ist das Region Growing. Die Grauwerte der Umgebung der Leber sind allerdings denen der Leber so ähnlich, dass es keinen unteren und oberen Schwellwert gibt, der ausgehend vom Startpunkt innerhalb der Leber, diese korrekt segmentiert. Es kommt immer zu großen Ausläufen in die angrenzenden Organe. Diese schwerwiegenden Fehler lassen sich auch mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Vorverarbeitungsfilter nicht so eindämmen, dass ein zufriedenstellendes Ergebnis entsteht (siehe folgende Abbildung). Abbildung 25: Segmentierung der Lunge mit Region Growing auf zwei Schichten, rechts: Ergebnis der Segmentierung Ähnlich erfolglos wie das Region Growing, ist die Anwendung der Wasserscheidentransformation für die Leber. Versucht man auf einer der zweidimensionalen Schichten eine gute Segmentierung, durch Setzen von Include- und Excludepunkten, zu erreichen, ist das Ergebnis der angrenzenden Schichten komplett anders (siehe folgende Abbildung), weil große Teile des Lebergewebes nicht geflutet werden. Auch durch das Plazieren von sehr vielen dieser Punkte, wird nie ein Ergebnis erreicht, was der Form der Leber auch nur annähernd entspricht. Abbildung 26: Segmentierung der Lunge mit Wasserscheidentransformation, rechts: Ergebnis der Segmentierung 25 Dagegen liefert die Segmentierung mit Live Wire zufriedenstellende Ergebnisse. Der Aufwand ist zwar wieder etwas höher, liegt aber in einem annehmbaren Rahmen (5-10 Minuten pro Organ). Die unklaren Übergänge von zwei Strukturen erschweren dem Anwender die korrekte Bestimmung der Organgrenzen, machen es aber, dank der Adaptivität des Verfahrens, nicht unmöglich die Leber zu bestimmen. Abbildung 27: Segmentierung der Lunge mit Live Wire auf zwei Schichten, rechts: Ergebnis der Segmentierung 3.5.3 Nieren Das Region-Growing-Verfahren versagt bei den Nieren, genau wie bei der Segmentierung der Leber. Es gibt keine Einstellungen, bei denen das Ergebnis akzeptabel ist. Das Verfahren läuft in die gesamte Körperregion aus (siehe Ergebnisbeispielbild). Abbildung 28: Segmentierung der Niere mit Region Growing, rechts: Ergebnis der Segmentierung 26 Die Wasserscheidentransformation hingegen, liefert bei einem enormen Interaktionsaufwand (es müssen weit über 100 Punkte gesetzt werden) die grobe Form der Nieren als Ergebnis. Zu einer quantitativen Analyse der Organe ist es allerdings immer noch ungeeignet. Abbildung 29: Segmentierung der Niere mit Wasserscheidentransformation, rechts: Ergebnis der Segmentierung Das beste Segmentierungsergebnis, liefert wieder das Live-Wire-Verfahren in HepaVision von ILAB. Durch die Lernfunktion, wird die Kostenfunktion für die Kanten den Grauwerten angepasst und wenn das Ergebnis dann noch immer nicht gut genug ist, hat der Nutzer die Möglichkeit, die Konturen manuell zu verbessern. Abbildung 30: Segmentierung der Niere mit Live Wire auf zwei Schichten, rechts: Ergebnis der Segmentierung 3.5.4 Mediastinum Für das Mediastinum ist weder das Region Growing noch die Wasserscheidentransformation geeignet. Die Grenze zur Leber ist selbst für Ärzte nur schwer zu erkennen, weil die Grauwerte von Mediastinum und Leber im gleichen Bereich liegen. Beim Regionenwachstum läuft das Ergebnis immer in die gesamte Körperregion aus und bei der Wasserscheidentransformation wären nahezu unendlich viele Punkte, die durch den Benutzer gesetzt werden müssten nötig, um auch nur annähernd die Form des Mediastinums zu erreichen. Auch eine Vorverarbeitung durch Filter verbessert die Situation nicht. 27 Abbildung 31: Segmentierung des Mediastinums mit Region Growing, rechts: Ergebnis der Segmentierung Abbildung 32: Segmentierung des Mediastinums mit Wasserscheidentransformation, rechts: Ergebnis der Segmentierung Mit Live Wire besteht das Problem der unklaren Grenze zwischen Mediastinum und Leber selbstverständlich auch, aber hier hat der Anwender mehr Einfluss auf das Ergebnis und mit ein bisschen Erfahrung, ist das Erkennen nicht unmöglich. Es ist mehr Interaktion nötig als bei einigen anderen Organen, weil an dieser Stelle die Kontur fast manuell (nicht mehr halbautomatisch wegen der geringen Kantenstärke) eingezeichnet werden muss, aber das auch nicht auf jeder Schicht, da der Rest recht zuverlässig interpoliert wird. Abbildung 33: Segmentierung des Mediastinums mit Live Wire, rechts: Ergebnis der Segmentierung 28 3.5.5 Entwurf in ILAB für das Organslicing Wie in der Einführung schon erwähnt, soll es bei der virtuellen Autopsie die Möglichkeit geben, sich die inneren Schichten eines bestimmten Organs anzuschauen. Für diese Umsetzung, wurde in ILAB4 ein erster Entwurf eines Netzes erstellt. Dort ist es möglich, sich ein zuvor segmentiertes Organ in einem Viewer anzeigen zu lassen und eine beliebig orientierte Schicht anzuschauen. Dazu wird eine im Raum gelegene Clipebene benutzt, die in alle Richtungen rotiert und verschoben werden kann und jeweils auf einer Seite den Teil des Organs abschneidet bzw. ausblendet und somit die Sicht ins Innere freigibt. Der rechte Teilbaum des Netzes dient dazu, die Clipebene direkt im Organ zu platzieren und nicht willkürlich im Raum. Dazu wird der Mittelpunkt des Organs berechnet und die Plane dorthin verschoben. Abbildung 34: ILAB4-Netz zum Legen beliebiger Clipebenen durch ein Organ 29 3.6 Anwendung und Beurteilung der Bildanalyseverfahren für die Hals-Nacken-Region Die Grauwerte in den CT-Datensätzen der Hals-Nackenregion lassen sich auf den ersten Blick in zwei Bereiche teilen. Es sind sehr helle Strukturen zu erkennen, die Gefäße und die Knochen, die einen Grauwert von 1200-2600 besitzen und im Bild für den Betrachter einheitlich weiß erscheinen. Dann gibt es die Muskeln, die in einer großen Anzahl im Hals zu finden sind, die alle einheitlich grau sind und in dem Bereich 100-1200 GW liegen. Es gibt also zwischen den einzelnen Strukturen keine großen Kontraste, die bei einer Segmentierung hilfreich wären. Abbildung 35: links: die Muskeln besitzen alle einen gleichen Grauwert, rechts: die Gefäße und Knochen besitzen auch einen ähnlichen Grauwert Es lassen sich mit dem Region-Growing-Verfahren die Gefäße, die einen hellen Grauwert besitzen, gut segmentieren. Da aber die Knochen einen ähnlichen Grauwert haben, werden sie auch immer als zum Objekt gehörig ausgewählt. Auch ist es nicht möglich, eine bestimmte Vene oder Arterie zu selektieren, denn sobald sie eine Verbindung untereinander besitzen, werden sie durch das Regionenwachstum mit segmentiert. Ein ähnliches Problem tritt bei den Muskeln auf. Wird der Startpunkt für das Wachstumsverfahren im M. sternocleidomastoideus gewählt, erhält man als Ergebnis auch alle anderen Muskeln, weil sie in einem ähnlichen Grauwertbereich liegen und aneinandergrenzen. Um eine bestimmte Struktur zu segmentieren, ist das konventionelle Region Growing also nicht geeignet. Anwendbar wäre es, wenn man vorher die interessierende Struktur grob eingrenzt und dann dieses Verfahren anwendet. Das würde aber doppelten Aufwand bedeuten, denn wenn man die Objektgrenzen gleich korrekt mit Live Wire bestimmt, erhält man sofort ein gutes Ergebnis. In der Abbildung unten, ist links ein Segmentierungsversuch für die Gefäße zu sehen. Diese werden auch gut mit ihren Grenzen erkannt, allerdings werden auch Teile der Knochen segmentiert. In der Mitte sollte nur der M. sternocleidomastoideus segmentiert werden (dort ist der rote Startpunkt gesetzt), aber als Ergebnis sind alle Muskeln des Halses selektiert. Rechts ist der Segmentierungsversuche der Speicheldrüsen, die etwas heller sind als die Muskeln, trotzdem läuft das Verfahren in die angrenzenden Strukturen (Muskeln). Auch die Vorverarbeitung mit Filtern brachte keine Verbesserungen, weil sich durch sie das Hauptproblem des geringen Kontrasts auch nicht ändert. 30 Abbildung 36: Segmentierung der Halsstrukturen mit Region Growing Zur Segmentierung der umliegenden knöcherner Strukturen wurde in einigen der Fälle das Region Growing verwendet. Allerdings wurde vorher eine interessierende Region aus den Daten herausgeschnitten und nur dort das Regionenwachstum für die Knochen angewandt, so dass es keine Ausläufe gab. Bei den vorliegenden MRT-Datensätzen liefern das Regionenwachstum und die Wasserscheidentransformation, aufgrund der Inhomogenitäten der Bilddaten, noch schlechtere Ergebnisse. Dagegen lassen sich für die Segmentierung der Vena Jugularis bei der Wasserscheidentransformation sehr gute Parameter finden (preflooding height: 111, mask threshold: 1172), bei der nur 28 Marker gesetzt werden mussten und folgendes Ergebnis entstand: Abbildung 37: Segmentierung der v. jugularis mit Wasserscheidentransformation, rechts: Ergebnis Durch einige Exclude-Punkte ließen sich andere Blutgefäße und Strukturen gut ausschließen. Damit ist dieses Verfahren gut geeignet, in CT-Daten die größeren Blutgefäße zu segmentieren. 31 Für den M. sternocleidomastoideus, als Beispiel für die Muskeln, funktioniert das wiederum nur mit erhöhtem Aufwand. Die Überflutungsgrenze muss hoch gewählt werden, um Ausläufe zu verhindern. Deshalb sind viele Include-Punkte (im folgenden Beispiel waren es 130) und auch einige Exclude-Punkte bei unklaren Objektgrenzen notwendig. Abbildung 38: Segmentierung der v. jugularis mit Wasserscheidentransformation, rechts: Ergebnis Das Ergebnis gibt dem Betrachter einen guten Eindruck der groben Form des Muskels, es ist aber nicht realitätsnah genug. Außerdem sind die Grenzen zu unregelmäßig und für eine Operationsplanung somit gänzlich ungeeignet. Live Wire hat sich auch hier wieder als Verfahren erwiesen, welches die zuverlässigsten Ergebnisse erzeugt. Es eignet sich selbstverständlich nicht bei allen Strukturen gleich gut, weil die Grenzen bei den Muskeln zum Beispiel nicht immer klar sind. Aber es ist das einzige Verfahren, mit dem man gut fast alle Strukturen segmentieren kann. Selbst die nicht immer einfach erkennbaren, vergrößerten Lymphknoten lassen sich mit ausreichend Benutzerinteraktion selektieren. Abbildung 39: segmentierte Lymphknoten und Schädelknochen 32 Bei den dünnen Gefäßen treten Probleme auf, weil sie von Schicht zu Schicht ihre Lage stark verändern können und dadurch nicht immer als zusammenhängend erkannt werden (siehe 3.7. Aufgetretene Probleme). Abbildung 40: links: Segmentierung (Speicheldrüse, Vene, Muskel) mit Live Wire, mitte: Segmentierungsergebnis M. sternocleidomastoideus, rechts: Vena jugularis 3.7 Aufgetretene Probleme Bei der Bearbeitung der vorliegenden Datensätze mit Live Wire stellte sich heraus, dass MRT-Schichtbilder ungeeigneter sind als CT-Schichtbilder. Sie waren schwieriger zu segmentieren, weil sie, in den meisten Fällen, eine geringere Auflösung besaßen und einen relativ großen Schichtabstand. Diese Faktoren könnten die Radiologen sicher bei der Bildaufnahme berücksichtigen, allerdings sind die Grauwerte in den Bilddaten, bedingt durch die Aufnahmetechnik, nicht ideal. Sie sind inhomogen und erschweren das Segmentieren mit allen Verfahren zusätzlich. Im folgenden Beispiel sind diese Inhomogenitäten gut zu erkennen. Der untere Bereich des Nackens im Bild ist viel heller als der obere und das entspricht nicht der Realität, sondern ist bedingt durch das Bildaufnahmeverfahren. Abbildung 41: Beispiel für Inhomogenitäten bei MRT-Bildern (siehe Aufhellung im unteren Bereich) Eine weitere Beobachtung war, dass der Algorithmus, der in der Applikation HepaVision verwendet wird, Probleme hat, schmale längliche Strukturen korrekt zu segmentieren. Die Gefäße können in aufeinander folgenden Schichten stark hin-und-her springen“und ihre La” ge verändern. Sie werden deshalb oft nach der Interpolation nicht als eine zusammenhängende Struktur erkannt und unterbrochen dargestellt. Da HepaVision zur Segmentierung der 33 Leber entwickelt wurde und die Leber keine lange und schmale Struktur ist, ist diese Form dort sicher als unüblich festgelegt und wird deshalb nicht erkannt. Abbildung 42: Problemstelle der Arterie A. carotis Desweiteren konnte der Diffusionsfilter, der gute Ergebnisse zu versprechen schien, in ILAB nicht immer zur Vorverarbeitung der Halsdatensätze getestet werden, weil das entsprechende Modul nicht stabil läuft und oft zum Absturz des Systems führte. Zur Dokumentation der Grauwerte und Größen der segmentierten Strukturen wurde für jeden Datensatz eine Statistik erstellt. Deshalb ist bei der Auswertung dieser Ergebnisse allerdings zu beachten, dass nicht alle Datensätze den gleichen Grauwertbereich besitzen. 34 3.8 Quantitative Analyse von medizinischen Bilddaten Die quantitative Analyse der segmentierten Organe und Strukturen ist mit dem InterventionPlanner von ILAB möglich. Es wird zu jedem Segmentierungsergebnis das Volumen angegeben, welches durch Multiplikation der Voxelgröße mit der Anzahl der segmentierten Voxel berechnet wird. Weiterhin ist es möglich, die Ausdehnung, Winkel, Abstände und minimale Abstände zu messen. Vor allem für das Volumen und die Ausdehnung der Organe im Thorax-und-Abdominalraum gibt es festgelegte Normwerte für alle Alters-, Gewichts- und Körpergrößenklassen. Die Vermessung der Organe kann Aufschluss über mögliche Erkrankungen oder Abnormalitäten liefern. Die minimale Abstandsmessung spielt bei der Analyse der Hals-Nacken-Region eine große Rolle. Dort ist es wichtig, zum Beispiel den minimalen Abstand eines Tumors zu den Blutgefäßen zu bestimmen. Wenn es nicht möglich ist, ihn mit entsprechendem Sicherheitsrand zu entfernen, ohne die Vene oder Arterien zu verletzen, ist eine Operation nicht sinnvoll. Um bei der manuellen Messung von Abständen die gewünschten Punkte besser selektieren zu können, ist es hilfreich Clipplanes zu benutzen. Durch sie entfernt man Details, die beim Setzen der Punkte im dreidimensionalen Raum stören. Durch die Clipplanes an der entsprechenden Stelle, erhält man eine Ebene, auf der es leichter ist, einen Punkt zu festzulegen. Abbildung 43: Minimaler Abstand Pharynx(haut)-Tumor(weiß)/ Minimaler Abstand Tumor(weiß)- Gefäß(blau)/ Ausdehnung Tumor Das linke Bild der oberen Abbildung zeigt den minimalen Abstand des Tumors (weiß eingefärbt)und des Pharynx (hautfarben eingefärbt) von 0 mm. Das bedeutet, dass der Tumor in den Pharynx infiltriert ist, was auf den CT-Schichtbildaufnahmen schwierig zu erkennen ist. Im mittleren Bild ist er minimale Abstand zwischen dem Tumor (weiß eingefärbt) und dem Gefäß (blau eingefärbt) dargestellt. Er beträgt in diesem Fall nur 0,6 mm, ist damit dem Gefäß auch schon gefährlich nahe und eine Resektion des Tumors, dessen Ausdehnung im rechten Bild zu sehen ist, mit ausreichend Sicherheitsrand nicht mehr möglich. Die quantitative Analyse der segmentierten Organe der Rechtsmedizindatensätze erfolgt wie oben beschrieben. Vor allem für die Organe von Babys und Kleinkindern, existiert eine Vielzahl von Normwerten. Diese werden anhand der Körpergröße, des Gewichts oder des Alters bestimmt und in Tabellen oder Diagrammen festgehalten. 35 Für die ersten drei Datensätze, wurden anhand des jeweils bekannten Alters oder der Größe die entsprechenden Normwerte bestimmt und in einer Tabelle mit den Segmentierungsergebnissen verglichen: Tabelle 1: Gegenüberstellung der Normwerte und Ergebnisse der Segmentierung für die Organe Daten Kind1 5M Organ rechte Niere linke Niere Leber Milz rechte Lunge linke Lunge Herz/ Mediastinum Kind2 3M rechte Niere linke Niere Leber Milz rechte Lunge linke Lunge Herz/ Mediastinum Normwerte Ausdehnung & Volumen Länge: 5,9 +- 0,52cm Volumen: 13-30ml Länge: 6,1 +- 0,46cm Volumen: 13-30ml STL: 4,7 +- 1,14cm MCL: 6,2 +- 1,68cm Volumen: Länge: 3,71 +- 1,48cm Breite: 4,77 +- 1,94cm Volumen: 25ml Höhe: Volumen: Höhe: Volumen: Volumen Herz: 59-107ml Volumen Mediastinum: Länge: 5,0 +- 0,55cm Volumen: 13-30ml Länge: 5,0 +- 0,58cm Volumen: 13-30ml STL: 3,86 +- 1,7cm MCL: 5,54 +- 2,12cm Volumen: Länge: 3,46 +- 1,02cm Breite: 4,46 +- 1,1cm Volumen: 10-12ml Höhe: Volumen: Höhe: Volumen: Volumen Herz: 40-72ml Volumen Mediastinum: - 36 segm. Ausdehnung & Volumen Länge: 5,48cm, Breite: 2,77cm Volumen: 19,67 Länge: 5,36cm, Breite: 3,08cm Volumen: 19,01ml STL: 5,23cm MCL: 6,77cm Volumen: 227,69ml Länge: 3,79cm Breite: 5,29cm Volumen: 24,02ml Höhe: 7,8cm Volumen: 86,51ml Höhe: 8,0cm Volumen:83,88ml Volumen Herz: ca. 61,81ml Volumen Mediastinum: 96,85ml Länge: 5,73cm, Breite: 2,35cm Volumen: 19,74 Länge: 5,76cm, Breite: 2,50cm Volumen: 20,62ml STL: 3,0cm MCL: 6,12cm Volumen: 261,92ml Länge: 2,54cm Breite: 4,95cm Volumen: 15,66ml Höhe: 6,97cm Volumen: 141,64ml Höhe: 7,12cm Volumen:163,09ml Volumen Herz: ca. 59,79ml Volumen Mediastinum: 90,12ml Daten Kind3 5-8 M Organ rechte Niere linke Niere Leber Milz rechte Lunge linke Lunge Herz/ Mediastinum Normwerte Ausdehnung & Volumen Länge: 5,3 +- 0,53cm Volumen: 13-30ml Länge: 5,6 +- 0,55cm Volumen: 13-30ml STL: 3,86 +- 1,7cm MCL: 5,54 +- 2,12cm Volumen: Länge: 3,46 +- 1,02cm Breite: 4,46 +- 1,1cm Volumen: 10-12ml Höhe: Volumen: Höhe: Volumen: Volumen Herz: 59-107ml Volumen Mediastinum: - Quelle: [KS01], [PR91] 37 segm. Ausdehnung & Volumen Länge: 5,85cm, Breite: 2,95cm Volumen: 23,84 Länge: 6,45cm, Breite: 2,2,6cm Volumen: 23,34ml STL: 3,08cm MCL: 8,14cm Volumen: 300,06ml Länge: Breite: Volumen: Höhe: 7,14 Volumen: 97,96ml Höhe: 6,92cm Volumen:126,83ml Volumen Herz: ca. 77,12ml Volumen Mediastinum: 110,74ml 4 Fallbeispiele 4.1 Beispiele aus der Rechtsmedizin Auf den folgenden Seiten, werden die Ergebnisse der Datensätze aus der Rechtsmedizin, zu denen keine Diagnosen bekannt sind, vorgestellt. Die Segmentierung wurde mit HepaVision von ILAB und die Betrachtung der Strukturen in 3D mit dem InterventionPlanner von ILAB durchgeführt. Zu jedem Fall werden die bekannten Patientendaten und Eigenschaften der Schichtbilddaten genannt und die Ergebnisbilder präsentiert. 4.1.1 Fall 1 Ein 5 Monate altes Mädchen. Die Todesursache ist nicht bekannt. Die CT-Daten liegen vom gesamten Körper vor und besitzen eine Schichtdicke von 1 mm und einen Schichtabstand von 0,8 mm. Abbildung 44: Segmentierungsergebnisse: Lunge, Mediastinum, Nieren, Leber, Milz Abbildung 45: Segmentierungsergebnisse: alle Organe ohne und mit Einblendung des Volumenrenderings der Originaldaten 38 4.1.2 Fall 2 Dieser CT-Datensatz ist von einem 3 Monate alten Jungen. Er ist mit einem Schichtabstand von 0,4 mm und einer Schichtdicke von 0,5 mm sehr hoch aufgelöst. Abbildung 46: Segmentierungsergebnisse: Lunge, Mediastinum, Nieren, Leber, Milz Abbildung 47: Segmentierungsergebnisse: alle Organe ohne und mit Einblendung des Volumenrenderings der Originaldaten 39 4.1.3 Fall 3 Bei diesen Datensatz handelt es sich auch um CT-Schichtbildaufnahmen, mit einem Schichtabstand von 0,8 mm. Er ist von einem Mädchen, das ca. 60-70 cm groß ist und somit vermutlich zwischen 5-8 Monate alt. Abbildung 48: Segmentierungsergebnisse: Lunge, Mediastinum, Nieren, Leber, Milz Abbildung 49: Segmentierungsergebnisse: alle Organe ohne und mit Einblendung des Volumenrenderings der Originaldaten 40 4.1.4 Fall 4 Der vorliegende CT-Datensatz wurde von einem Mann aufgenommen, der durch Stichwunden im Brustraum zu Tode kam. Es sind auf den Bildern mehrere Stichkanäle zu sehen. Wichtig für die Rechtsmediziner ist, herauszufinden, welcher der Stiche zum Tod geführt hat. Das hat möglicherweise Einfluss auf das Strafmaß, wenn bekannt ist, wer von den Tätern welchen Stich ausgeführt hat. Segmentiert wurde das Messer, welches noch im Brustkorb steckt, die Lunge, das Mediastinum und das Blut im Brustraum. Abbildung 50: Segmentierungsergebnisse in den 2D-Schichtdaten; rot: Blut, blau: Lunge, gelb: Mediastinum Abbildung 51: Segmentierungsergebnisse in 3D; rot: Blut, blau: Lunge, gelb: Mediastinum, schwarz: Messer 41 Abbildung 52: Segmentierungsergebnisse in 3D, links Darstellung mit Knochen, rechts Darstellung mit Volumenrendering; rot: Blut, blau: Lunge, gelb: Mediastinum, schwarz: Messer Durch die Einstiche, wurde die linke Lunge durch das austretende Blut verdrängt, ebenso wie das Mediastinum etwas nach rechts gerückt ist. Ein Ziel für die Zukunft bei diesem Datensatz ist, die Lage der Organe zu rekonstruieren, die sie vor den Verletzungen hatten. 42 4.2 Beispiele aus der HNO-Heilkunde In den folgenden Abschnitten wird ein kurzer Überblick über die Ergebnisse der verschiedenen HNO-Schichtbilddaten gegeben. Die Segmentierung von Strukturen und Organen erfolgte, auch hier, ausschließlich mit HepaVision von ILAB und die Betrachtung der Strukturen in 3D mit dem InterventionPlanner von ILAB. Knöcherne Strukturen wurden mit dem Region-Growing-Verfahren oder mit der Wasserscheidentransformation extrahiert. Bei der dreidimensionalen Darstellung der Strukturen, wurde die Farbgebung, nach Absprache mit Dr. Gero Strauß und Frau Dr. Ilka Hertel, an die in anatomischen Lehrbüchern angelehnt. Die Mediziner sind diese Farben gewohnt und erkennen so die abgebildeten Strukturen leichter. Bis zur Fertigstellung der Studienarbeit wurden 9 Datensätze analysiert. Im Folgenden wird an 4 ausgewählten Beispielen die Bildanalyse veranschaulicht. Tabelle 2: Überblick über die segmentierten Strukturen je HNO-Datensatz: Strukturen: a. carotis a. thyreoidea superior a. lingualis a. facialis v. jugularis v. facialis n. accessorius n. hypoglossus n. vagus m. sternocleidomastoideus m. digastricus m. omohyoideus gl. submandibularis gl. parotidea platysmas nodi lymphatici cervicalis oropharynx Tumor/ Malignom Knöcherne Strukturen CT- Daten 1 x MRT-Daten 2 x x x x x x x x x x x x 43 CT-Daten 3 CT-Daten 4 x x x x Tabelle 3: Überblick über segmentierte Strukturen und benutztes Verfahren: HNO-Datensatz Nr. 1 (hals-ct) Nr. 2 (hals2) Nr. 3 (gerhard3) Nr. 4 (nnh) 4.2.1 Segmentierte Strukturen a. carotis, v. jugularis,m. sternocleidomastoideus m. digastricus, gl. parotis, gl. submandibularis [alles mit Live Wire] oropharynx, -tumor, Gefäße, gl. parotis, m. sternocleidomastoideus [alles mit Live Wire] Malignom [ mit Live Wire], umliegende Knochen einschließlich sella turcica [mit Region Growing] Tumor [mit Live Wire] Siebbein [Wasserscheidentransformation] Fall 1 Ein CT-Datensatz mit der Auflösung 512x512x65 , wobei der Schichtabstand 3 mm beträgt. Eine krankhafte Veränderung der Strukturen im Hals-Nackenbereich ist nicht bekannt. Es scheint aber eine Veränderung in der Region des Mundbodens und Zungengrunds zu geben. Auch sind viele Lymphknoten größer als normal. Es sollten Strukturen segmentiert werden, die für eine Neck-Dissection relevant sind. Abbildung 53: Segmentierungsergebnis: einzelne Strukturen des ersten Halsdatensatzes Bild links: Bild rechts: Bild mitte: Muskeln: m. sternocleidomastoideus, m. digastricus, m. omohyoideus Gefäße: a. carotis, v. jugularis; Lymphknoten: nodi lymphatici cervicalis Speicheldrüsen: gl. submandibularis, gl. parotis 44 Abbildung 54: Segmentierungsergebnis: alle Strukturen des ersten Halsdatensatzes, rechts: segmentierte Strukturen mit einem Volumenrendering, wobei durch das Setzen einer Clipebene das Volumenrendering nur auf der linke Seite zu sehen ist Abbildung 55: Alle segmentierten Objekte, einschließlich Lymphknoten 45 Für diesen Fall, wurde außerdem ein Diagramm ausgearbeitet, was die Lagebeziehungen der Hals-Strukturen zueinander wiedergibt. Dies soll eine Grundlage für eine zukünftige modellbasierte Segmentierung sein. Die Baumstruktur beschreibt, aus welchen Teilen ein Schichtbild besteht und zeigt die hierarchischen Zusammenhänge auf. Es wird die Lage der einzelnen Strukturen zueinander beschrieben (umschließt, befindet sich oberhalb von, befindet sich weiter hinten als..., befindet sich weiter innen als...) und deren Grauwert (minimaler, maximaler und mittlerer Grauwert). Abbildung 56: Die Lagebeziehungen der Strukturen zueinander 46 4.2.2 Fall 2 Ein MRT-Datensatz mit der Auflösung 384x512x24 und einem Schichtabstand von 6,5mm. Der Befund ist eine Metastase eines Oropharynxkarzinoms auf der rechten Seite. Der Tumor schien präoperativ operabel zu sein, aber während der Operation wurde festgestellt, dass er zu weit Richtung Schädelbasis gewachsen ist und eine metastasenbedingte Thrombosierung der Vene (v. jugularis) vorliegt. Der Tumor konnte deswegen nicht mit ausreichend Sicherheitsrand entfernt werden, es wurden nur die vorhandenen Metastasen reduziert. Die Frage des operierenden Arztes war, ob die große Metastase durch eine Segmentierung darstellbar ist und ob dies ein anderes Herangehen an den Tumor bewirkt hätte. Nachdem der Arzt die Segmentierungsergebnisse gesehen hatte, bestätigte er, dass er mit diesen Bildern die Situation vorher hätte besser einschätzen können. Abbildung 57: Segmentierungsergebnis: Oropharynxtumor Bild links: Bild rechts: Oropharynxtumor in einem sagittalen Schichtbild (grün umrandet) Volumenrendering der Originaldaten mit Pharynx (haut) und Tumor (weiß) Abbildung 58: Segmentierungsergebnis: Übersicht über die segmentierten Strukturen 47 Abbildung 59: Segmentierungsergebnis: Unterschied bei Segmentierung aus zwei Sichten In der letzten Abbildung ist der Tumor, der aus zwei Ansichten segmentiert wurde, dargestellt. Der rote wurde aus axialer Sicht und der blaue aus sagitallen Schichtdaten segmentiert. Das Volumen vom roten Tumor beträgt 18,84 ml und vom Blauen 15,09 ml. Den Unterschied kann man sich aus den unterschiedlichen Auflösungen der verschiedenen Richtungen erklären. 4.2.3 Fall 3 Ein CT-Datensatz mit einer Auflösung von 512x512x47 und einem Schichtabstand von 2,5 mm. Die Daten stammen von einem 70-jährigen Patienten mit einer chronischen Nasennebenhöhlenentzündung, gefolgt von einer Polyposis nasi (Polypen). Im Bereich der Hypophyse und Sella wird der Knochen nicht mehr respektiert, deshalb besteht der Verdacht auf ein Malignom. Die Daten sollten mit möglichst hoher Genauigkeit segmentiert und die knöchernen Erosionen dargestellt werden. Abbildung 60: Segmentierungsergebnis: Malignom Bild links: Bild rechts: Blick von hinten in den Schädel mit dem Malignom (rot) Volumenrendering der Originaldaten mit Malignom (blau) und umliegenden knöchernen Strukturen (rot) 48 4.2.4 Fall 4 Dieser CT-Datensatz hat eine Auflösung von 512x512x56 und einen Schichtabstand von 2 mm. Er stammt von einem jungen Patienten, welchen an einer zunächst isolierten Entzündung der rechten Stirnhöhle gelitten hat. Die Entzündung hat dann die Stirnhöhlenvorderwand durchbrochen und zu einem Abszess unterhalb der Stirnhaut geführt. Der Patient wurde operiert und dabei festgestellt, dass die Siebbeinzellen auf der rechten Seite mitbeteiligt sind und deshalb eine Operation von außen (endonasal) und von innen (extranasal) nötig wurde. Dargestellt werden sollte bei diesem Fall die Ausbreitung der entzündlichen Flüssigkeit (Eiter). Abbildung 61: Segmentierungsergebnis: Eiter (ocker) und Siebbeinzellen (grau) Abbildung 62: Segmentierungsergebnis: mit Volumenrendering und rechts mit Clipping der linken Seite 49 5 Zusammenfassung/Fazit In der Arbeit wurden einige Verfahren und Filter auf deren Eignung für die Anwendung zur Segmentierung der relevanten Strukturen bei einer Neck-Dissection und der interessierenden Organe bei einer virtuellen Autopsie getestet. Die Eigenschaften der segmentierten Strukturen (Form, Ausdehnung, Lage, Grauwert...) wurden statistisch festgehalten, um von dieser Testdatenmenge auf Möglichkeiten zur automatischen Segmentierung zu schließen. Wünschenswert für die HNO-Ärzte und Chirurgen einer Neck-Dissection, wäre eine vollständige Automatisierung, der bis jetzt noch manuellen oder halbautomatischen Segmentierungsverfahren. Das eigentliche Ziel dabei sollte die automatische Extraktion der Lymphknoten, deren Darstellung und anschließend eventuell sogar eine automatische Klassifikation sein. Als Grundlage zur automatischen Segmentierung der Lymphknoten könnte man ihre, in den meisten Fällen, runde Form benutzen (bei Wucherungen durch Metastasen besteht die Möglichkeit, dass sie nicht mehr diese Form besitzen). Im Hals-Nacken-Bereich besitzen, bis auf die Speicheldrüsen, deren Lage bekannt ist, die im Normalfall selten kleiner sind als Lymphknoten und unregelmäßiger geformt sind, sonst keine Strukturen eine ähnliche Form, so dass man auf dieser Tatsache gut aufbauen kann. Wichtig ist es auch noch, eine Benutzeroberfläche zu schaffen, die es den Ärzten und Chirurgen ermöglicht, schnell, übersichtlich und mit geringem Aufwand, anhand der segmentierten Daten, die Operation zu planen. Das Ziel bei der virtuellen Autopsie sollte es sein, eine Applikation zu entwickeln, die alle gewünschten Funktionen vereint. Für das Slicing durch die Originaldaten in einem dreidimensional dargestelltem Organ, wurde schon ein Entwurf (siehe 3.5.5) in ILAB4 gemacht, welcher allerdings noch erweitert, verbessert und in eine benutzerfreundliche Anwenderoberfläche integriert werden muss. Das Netz sollte so erweitert werden, dass nach einmaligem Einladen der Daten, eine Liste der segmentierten Organe vorliegt, aus der der Nutzer ein ihn interessierendes Organ auswählen und bearbeiten kann. 50 Literatur [BSL+ ] H. Bourquain, A. Schenk, F. Link, B. Preim, G. Prause, and H.O. Peitgen. HepaVision2- A software assistant for preoperative planning in living-related liver transplantation and oncologic liver surgery. [GP98] Michael Galanski and Mathias Prokop. Ganzkörper-Computertomographie. Georg Thieme Verlag Stuttgart, 1998. [GW02] Rafael C. Gonzales and Richard E. Woods. Digital Image Processing. second edition. Prentice-Hall, Inc., 2002. [HLP] H.K. Hahn, F. Link, and H.O. Peitgen. Concepts for Rapid Application Prototyping in Medical Image Analysis and Visualization. Proc SimVis-Simulation und Visualisierung SCS, Erlangen, 2003, pages 283–298. [HP] H.K. Hahn and H.O. Peitgen. The Skull Stripping Problem In MRI Solved By A Single 3D Watershed Transform. 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