Störungen des Sozialverhaltens: Psychosoziale und neurobiologische Ursachen Christina Stadler, 27.5.2011 Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Gliederung Was verbirgt sich hinter der Diagnose Störungen des Sozialverhaltens? Psychosoziale und biologische Risikofaktoren: Erklärungsmodell und Implikationen für die Behandlung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 2 Was verbirgt sich hinter der Diagnose SSV? Fallbeispiel 1: Deniz … Bereits im Kindergarten unruhig und impulsiv, in der Grundschule unkonzentriert, leicht ablenkbar Stört im Unterricht, oppositionell Zuhause extreme Auseinandersetzungen Häufig in Auseinandersetzungen verwickelt, massive verbale und körperliche Aggression, geringe Frustrationstoleranz (äußert nachträglich Bedauern) Geringes Selbstwertgefühl, ängstlich Unzufrieden, traurig Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 3 Fallbeispiel 2 Kevin… Häufige und massive verbale und körperliche Aggression, teilweise auch ohne vorausgehende Provokation Lügt, stiehlt Bereits als Kleinkind relativ unempfindsam, kein Schmerzempfinden Liebt gefährliche Aktivitäten Droht und schüchtert andere ein, quält andere Kein Schuldempfinden, keine Reue Scheint gleichgültig gegenüber den Gefühlen anderer Reagiert kaum auf negative Konsequenzen Störung des Sozialverhaltens (F.91) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 4 Störungen des Sozialverhaltens oppositionell-aggressiv Wird schnell wütend Streitet sich häufig mit Erwachsenen Widersetzt sich häufig Anweisungen und Regeln von Erwachsenen Verärgert andere häufig absichtlich Gibt anderen Schuld für eigene Fehler Häufig empfindlich leicht verärgert ... dissozial-aggressiv Heinrich Hofmann, 1845 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 I. Aggressives Verhalten gg. Personen und Tieren Bedroht und schüchtert andere ein Beginnt häufig Schlägereien Hat gefährliche Waffe benutzt* War körperlich grausam zu anderen Menschen* Quält Tiere, ... II. Zerstören von Eigentum Brandstiftung absichtliche Destruktivität gg. dem Eigentum anderer* III. Betrug und Diebstahl Einbruch in Wohnungen, Autos* Häufiges Lügen Diebstahl ohne Konfrontation IV. Schwerwiegende Missachtung von Regeln Bleibt über Nacht weg (<13. LJ) Lief mindestens 2x über Nacht von zu Hause weg Schwänzt die Schule | 5 Kevin und Deniz im 19. Jahrhundert Heinrich Hoffmann (1809-1894) Der Friederich, der Friederich Das war ein arger Wüterich Er fing die Fliegen in dem Haus Und riß ihnen die Flügel aus. Er schlug die Stühl' und Vögel tot, Die Katzen litten große Not. Und höre nur, wie bös er war: Er peitschte, ach, sein Gretchen gar! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 6 Diagnostische Leitlinien G1 Vorliegen eines wiederholten, persistierenden Verhaltensmusters, bei dem Grundrechte anderer oder die wichtigsten altersentsprechenden sozialen Normen oder Gesetze verletzt werden (mind. 6 Monate) G2 Kriterien für eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, eine Schizophrenie, eine manische Episode, eine tiefgreifende Entwicklungsstörung oder eine hyperkinetische Störung werden nicht erfüllt Cut-off: ≥3 Kriterien erfüllt länger als 6 Monate Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25. Mai 2011 | 7 Kategoriale Klassifikation ICD 10: Klassifikation nach dem vorwiegenden Ort des Auftretens, Beziehungsfähigkeit, Schweregrad F91.0 auf den familiären Rahmen beschränkte SSV F91.1 SSV bei fehlenden sozialen Bindungen F91.2 SSV bei vorhandenen sozialen Bindungen F91.3 SSV mit oppositionellem und aufsässigem Verhalten F90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens F92.x SSV kombiniert mit Störungen der Emotionen DSM-IV: Grundlegende Unterscheidung nach dem erstmaligen Auftreten der störungsspezifischen Symptomatik 312.8 Conduct disorder childhood-onset (312.81)/adolescent-onset (321.82) 313.81 Oppositional defiant disorder Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25. Mai 2011 | 8 Klassifizierungskriterium: Manifestationszeitpunkt Early starter Childhood-onset Early starter Life-time persistent: 50%, Dissoziale Persönlichkeitsstörung viele Risikofaktoren Childhood-limited Late starter Adolescent-onset Kindheit wenig Risikofaktoren Jugendalter 5% Dissoziale Persönlichkeitsstörungen Erwachsenenalter Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25. Mai 2011 | 9 Warum stellt die Behandlung von Kindern und Jugendlichen eine besondere Herausforderung dar? Kindheit Jugendalter Erwachsenenalter Biologische Risikofaktoren Psychosoziale Risikofaktoren Aggressives Verhalten 30% Störung des Sozialverhaltens Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 40% Dissoziale Persönlichkeitsstörung | 10 Individuelle psychosoziale Risikofaktoren Geburt Sozioökonomische Faktoren Misshandlung/Gewalt Vernachlässigung Kindheit Psychische Gesundheit der Eltern Frühe Bindungserfahrungen Erziehungsfaktoren Jugend Aggressive Modelle Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 11 Individuelle psychosoziale Risikofaktoren Geburt Sozioökonomische Faktoren Misshandlung/Gewalt Vernachlässigung Kindheit Psychische Gesundheit der Eltern broken home Situation der Eltern junge Mütter Frühe Bindungserfahrungen Erziehungsfaktoren Jugend Aggressive Modelle Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 12 Individuelle psychosoziale Risikofaktoren Geburt Sozioökonomische Faktoren Misshandlung/Gewalt Vernachlässigung Kindheit Psychische Gesundheit der Eltern Frühe Bindungserfahrungen Erziehungsfaktoren Jugend Elterliche Psychopathologie: Depression Delinquenz, Sucht-/Alkoholproblematik Alkoholabhängigkeit/Alkoholprobleme (Odgers et al., 2007) Prädiktive Validität: .70, Spezifität:.95 Aggressive Modelle Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 13 Individuelle psychosoziale Risikofaktoren Geburt Sozioökonomische Faktoren Misshandlung/Gewalt Vernachlässigung Kindheit Psychische Gesundheit der Eltern Frühe Bindungserfahrungen Funktion und Struktur des sich entwickelnden Gehirns positiv und negativ von sozial-emotionalen Bindungserfahrungen beeinflusst (Schore, 2001) Erziehungsfaktoren Jugend Aggressive Modelle Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 14 Individuelle psychosoziale Risikofaktoren Geburt Sozioökonomische Faktoren Misshandlung/Gewalt Vernachlässigung Kindheit Psychische Gesundheit der Eltern René A. Spitz (1887-1974): Waisenhausstudien Frühe Bindungserfahrungen Erziehungsfaktoren Jugend Aggressive Modelle Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 15 Individuelle psychosoziale Risikofaktoren Geburt Sozioökonomische Faktoren Misshandlung/Gewalt Vernachlässigung Stadler et al (2010). Peer-victimization and mental health problems in adolescents. Child Psychiatry and Human Development Kindheit Psychische Gesundheit der Eltern Frühe Bindungserfahrungen Erziehungsfaktoren Jugend Aggressive Modelle Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 16 Individuelle psychosoziale Risikofaktoren Geburt Sozioökonomische Faktoren Misshandlung/Gewalt Vernachlässigung Erziehungskompetenz Psychische Gesundheit der Eltern Aufsicht Konsequenz Wärme Interesse Kindheit Frühe Bindungserfahrungen Erziehungsfaktoren Jugend Aggressive Modelle Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 17 Individuelle psychosoziale Risikofaktoren Geburt Geburtskomplikationen Alkohol/Nikotin Alkohol-Embryopathie Sozioökonomische Faktoren Misshandlung/Gewalt Vernachlässigung Kindheit Psychische Gesundheit der Eltern Streissguth et al 2004 415 Patienten mit FAS 60% antisoziales, kriminelles Verhalten Frühe Bindungserfahrungen Erziehungsfaktoren Jugend Aggressive Modelle Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 18 Neurobiologische Aspekte Die Bedeutung neurobiologischer Aspekte für die Entwicklung aggressiven Verhaltens L´uomo delinquente (1876)) Lombroso (1835-1909) Wer wird aggressiv, delinquent oder ein Straftäter? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 19 Aggressives Verhalten als normales Verhalten in der Entwicklung Eibel-Eibesfeld 1984 Tremblay et al. 2002 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 20 Wie lernen Kinder, sich nicht aggressiv zu verhalten? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 21 Wie lernen Kinder, sich nicht aggressiv zu verhalten? physiologische Aktivierung Emotion Schuld, Empathie Lernen aus Bestrafung Moralische Entwicklung Violence inhibition mechanism (Blair 1999) | 22 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 Verhaltens- und persönlichkeitsspezifische Korrelate Verhalten: Erkennen emotionaler Reize beeinträchtigt (Blair et al., 2001; Stevens et al., 2001) Temperament: Emotionale callous unemotional traits Berücksichtigung psychopathischer Persönlichkeitszüge (Mangel an Empathie, Schuldgefühlen und Affekt) zur Spezifizierung der Diagnose Conduct Disorder im SDM-V (Scheepers et al., 2011) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 23 Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation Emotionaler Stimulus Amygdala Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 24 Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation Emotionaler Stimulus Amygdala Analphabeten der Angst Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 25 Gibt es bei Kindern mit einer Störung des Sozialverhaltens Auffälligkeiten in der neuronalen Verarbeitung emotionaler Reize? Design: „dummy“ task neutral → button press x 6.5 s x 500 ms 6.5 s fixation 39 s 500 ms negative 15 s Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 fixation 39 s 15 s | 26 Neuronale Korrelate bei Patienten mit Störungen des Sozialverhaltens Reduzierte Aktivierung in der Amygdala (L) im Vergleich zu alters- und geschlechtsgematschten gesunden Jugendlichen Nur bei Patienten mit geringen Angstwerten 0.2 0.1 0 -0.1 -0.2 aggressive behaviour Ergebnis der Regressionsanalyse: ß= - 0.45, p < 0.05 Sterzer Stadler Krebs, Kleinschmidt & Poustka 2007 Biol Psychiatry Stadler et al. 2007, Psych Research Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 27 HPA-System: Cortisol als Korrelat der emotionalen Reaktivität Emotionaler Stimulus Trierer Sozialer Stress Test: Buske-Kirschbaum (1993, 1997): Induktion von Stress -35 -15 -1 +1 FILM VORB. STRESS +10 +20 Amygdala +30 FEEDBACK FILM Niedrige Werte des Endprodukts der HPAAchse: Indikator für erhöhte Furchtlosigkeit Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 28 HPA-System: Cortisol als Korrelat der emotionalen Reaktivität 36 Patienten mit einer externalen Verhaltenssymptomatik Cortisol (nmol/l) 2,0 Verhaltensebene: ICD-10 Kriterien: Dissozial-aggressives Verhalten (stehlen, lügen, Tiere quälen, FBBSSV, Döpfner & Lehmkuhl) 1,5 1,0 Persönlichkeitsebene: Inventory of callous unemotional traits (Frick 2003; Essau, Sasagawa & Frick 2006) 0,5 0,0 1 FILM 2 3 VORB. STRESS 4 5 6 FEEDBACK FILM Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 29 HPA-System: Cortisol als Korrelat der emotionalen Reaktivität Cortisol (nmol/l) 2,0 1,5 Ergebnis der ANCOVA: 1,0 F (2,5)=3.83; p=.03; η2=.11. 0,5 Anmerkung: blaue Linie: geringe CU traits (N=12), rote Linie: hohe CU traits (N=24) 0,0 1 2 FILM VORB. STRESS 3 4 5 6 FEEDBACK FILM Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 Stadler et al. 2010 | 30 Neurobiologische Risikofaktoren Autonome Hyporeaktivität endokrinologische Auffälligkeiten Genetik neuronale funktionelle Auffälligkeiten (Amygdala, ACC) neuronale strukturelle Auffälligkeiten Empathiedefizit Soziales Lernen beeinträchtigt Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 31 Was steht am Anfang? Führen neurobiologische Auffälligkeiten zu antisozialem Verhalten oder sind neurobiologische Auffälligkeiten Folge abweichenden Verhaltens? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 32 Was steht am Anfang? Führen neurobiologische Auffälligkeiten zu antisozialem Verhalten oder sind neurobiologische Auffälligkeiten Folge abweichenden Verhaltens? Genetik (Viding et al, 2005, 2008): Twins Early Development Study aggressives Verhalten mit CU: h2=.81 aggressives Verhalten ohne CU: h2 =.30 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 33 Defizitäre Lernprozesse Gao et al. (2010): aversives Lernen im Alter von 3,4,5,6 und 8 Jahren (N=200) Rutter’s Children’s Behavior Questionnaire mit 8 Jahren Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 34 Welche Bedeutung haben CU traits für die Entwicklung aggressiven Verhaltens? physiologische Aktivierung Emotion Schuld, Empathie Lernen aus Bestrafung Moralische Entwicklung Die Bedeutung von Umweltfaktoren unklar Kroneman et al. (2011) J. of Child Psychology and Psychiatry Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 35 Subtypisierung früh beginnender Störungen des Sozialverhaltens Reaktive, impulsive Aggression Instrumentelle (proaktive) Aggression geringe CU-Werte Störung des Sozialverhaltens hohe CU-Werte Hohe Angstwerte Keine CU Merkmale Niedrige Angstwerte CU Merkmale Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 36 Phänotypen und neurobiologische Korrelate Instrumentelle Aggression Defizitäre Emotionswahrnehmung Hyposensitivität neuronaler Strukturen, die Qualität emotionaler Stimuli vermitteln (Sterzer & Stadler, 2005, Marsh et al., 2008; Jones et al., 2009) Störung des Sozialverhaltens Geringere Cortisolreaktivität bei SSV mit niedriger Ängstlichkeit oder erhöhten CU Merkmalen (van Goozen et al. 2000, Popma et al., 2006 al., Stadler et al., 2010) CU Merkmale Niedrige Angstwerte Strukturelle Volumenminderung im anterioren Inselcortex assoziiert mit mangelnder Empathie (Sterzer & Stadler, 2005) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 37 Die Bedeutung biologischer Risiken für den Verlauf und die Therapiewirksamkeit früher Störungsbeginn ausgeprägte Symptomatik stabiler, meist chronischer Verlauf furchtlos, sensationssuchend mehr Polizeikontakte höhere Rückfallquote Lernen aus Bestrafung beeinträchtigt prädiktiv für delinquentes Verhalten schlechte Therapiewirksamkeit Frick & Dickens 2006 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 38 Phänotypen und neurobiologische Korrelate Reaktive, impulsive Aggression: Defizitäre Emotionsregulation neuronaler Strukturen, die Hypersensitivität Qualität emotionaler Stimuli vermitteln (Herpertz- Dahlmann et al., 2008) Störung des Sozialverhaltens Hemmung durch neuronale Mangelnde Strukturen Geringe Aktivität des Monoaminooxidase-A-Gens (Buckholtz & Meyer-Lindenberg 2009). CU Merkmale Hohe Angstwerte Variante des Serotonin-Transporter-gens Kurze (5-HTTLPR) (Moffitt 2005, Beitchman et al. 2006). Umwelteinfluss: Gen x Umwelt (Kim-Cohen et al. 2006; Kochanska et al., 2009) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 39 Erklärungsmodell: Die Bedeutung von Gen x Umwelt Interaktionen Selbstregulation 1 0 Graue Linie: ll Variante desHTTLPR Schwarze Linie: ss/sl - 6.0 unsichere sichere Bindung im Alter von 15 Monaten Kochanska et al. (2009) Caspi et al 2002, Kim Cohen et al 2006 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 40 Probabilistisches Erklärungsmodell Aggression Psychopathologie Angst Systeme Entwicklung von Funktionen Zelle bottom-up subtile molekulare Unterschiede Gene mehrere Allele mit kleinen Effekten Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 41 Probabilistisches Erklärungsmodell Aggression Psychopathologie Angst UMWELT Systeme Entwicklung von Funktionen Zelle bottom-up subtile molekulare Unterschiede top-down Gene mehrere Allele mit kleinen Effekten Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 42 Die neurobiologische Perspektive 1876 und heute L´uomo delinquente (1876) 2011 " … in the dance of life, genes and environment are absolutely inextricable partners. On the one hand, genes supply the rough blueprint for the brain. Then stimulation from the environment, Lombroso (1835-1909) whether it’s light impinging on the retina or a mother’s voice on the auditory nerve, turns genes on and off, fine-tuning those brain structures both before and after birth." Hyman, S., States of Mind, New York: John Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 43 Der Einfluss früher sozialer Erfahrung auf molekularbiologische Prozesse Licking and grooming Experimente (Meaney et al., 2004) Geringes fürsorgliches mütterliches Verhalten Aggressive, ängstliche Junge, weniger stressresilient Epigenetische Veränderungen: Vermehrte Methylierung einzelner Abschnitte des GR-Promotergens im Hippocampus Verminderte Genexpression Transgenerationale Transmission des Phänotyps (Roth et al., 2009) Humanbereich: Epigenetische Veränderung nach Misshandlung (McGowan et al., 2009) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 44 Implikationen für die Behandlung I Umsetzung von Interventionsmaßnahmen im frühen Kindesalter …und bei älteren Kindern und Jugendlichen? Diagnostik unabdingbare Voraussetzung für die Ableitung von Behandlungsmaßnahmen: Behandlung komorbider Störungen Erfassung psychosozialer Risikofaktoren: Abschätzung der Modifizierbarkeit (ggf. Umsetzung langfristiger stationärer Jugendhilfemaßnahmen) Erfassung von Schutzfaktoren Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 45 Implikationen für die Behandlung II Berücksichtigung von Subtypen und Persönlichkeitsfaktoren (van der Wiel et al., 2004; Stadler et al., 2008) Entwicklung spezifischer Therapieangebote für Patienten mit hohen CU Persönlichkeitsmerkmalen: Kein Gießkannenprinzip Kombination verschiedener Behandlungsansätze bei schweren SSV Umsetzung multimodaler/multisystemischer Behandlungsansätze: Keine empirische Evidenz für unimodale Ansätze bei schweren SSV Realisierung eines wertschätzenden kontinuierlichen Beziehungsangebots: Enge Vernetzung pädagogischer Maßnahmen mit kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 46 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! E-Mail: Christina [email protected] www.upkbs.ch Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 25.05.2011 | 47