www.Gewaltpraevention-mv.de Felix Giermann Grundsicherheitsregeln Sicherer Abstand – Sicherheitsdistanz Der Sicherheitsabstand ist kulturell und individuell bedingt. In Westeuropa beträgt er ungefähr eine Armeslänge. Jeglicher Einbruch in den Sicherheitsabstand des Gegenübers wird als unangenehm empfunden und könnte als Bedrohung aufgefasst werden, wodurch eine Eskalation begünstigt werden könnte. Ein Stopp und ein erhobener Arm können dazu dienen, die eigene Sicherheitszone aufzuzeigen und den eigenen benötigten Sicherheitsabstand zu gewährleisten. Dringt eine Person in die persönliche Sicherheitszone ein, ist es hilfreich, einen Schritt zurück zu treten und einen angemessenen Abstand einzufordern. Position im Raum - Rückzugsmöglichkeit Ziel: Wie halte ich mir eine Möglichkeit zum Zurückziehen offen, sollte eine Situation eskalieren? Eine sichere Position im Raum zu haben, bedeutet immer im Blick haben, wo sich die Tür bzw. ein geschützter Platz befindet. Die eigene Sicherheit über eine Rückzugsmöglichkeit bzw. Fluchtweg steht dabei im Vordergrund. Sicherer Stand Ein sicherer Stand ist in Gewalt-, Bedrohungs- und Konfliktsituationen aus zwei gründen wichtig. Erstens um selbst keine Bedrohung darzustellen und zweitens um die Erhaltung des eigenen Gleichgewichtes zu gewährleisten, falls der Konfliktpartner schubsen usw. sollte. Dabei ergänzen sich die zwei Kriterien der Sicherheit,die da wären: Stabilität Die Möglichkeit „Gegenzuhalten“, sowie FlexibilitätDie Möglichkeit „Nachzugeben“. Die Füße sind in dieser Standposition etwa schulterbreit auseinander, sie zeigen parallel zueinander nach vorn („Parallelstand“). Die Knie sind leicht gebeugt (maximal bis über die Zehen) und der Rücken ist aufrecht, während die Schultern und Arme locker hängen. Eine solche Stellung ist auch eine günstige Voraussetzung, um verbale Aussagen, z.B. der Grenzsetzung, deutlich zu vermitteln. www.Gewaltpraevention-mv.de Felix Giermann Begriffsbestimmung Konflikt Einen Konflikt kann man bezeichnen als das Aufeinandertreffen von Gegensätzlichkeiten, wobei eine Seite ihre Ansicht durchsetzt bzw. wegen bestehender Rechtspflichten durchsetzen muss. Strategien zur Konfliktlösung sind abhängig von den Personen und der Situation. Strategien zur Konfliktlösung können sein: hohes Durchsetzungsvermögen Zwang win-lose Zusammenarbeit win-win Kompromiss niedriges Durchsetzungsvermögen Vermeidung lose-lose Nachgeben lose-win Niedriger Wille zur Mitarbeit Hoher Wille zur Mitarbeit Zwang drückt den Wunsch aus, seine Position gegen den Widerstand anderer durchzusetzen. Es wird eine "Win-Lose" Strategie verfolgt. Vermeiden bedeutet, dass der Konflikt nicht ausgetragen wird und die Situation unverändert erhalten bleibt. In dieser Situation ist es wahrscheinlich, dass beide Seiten verlieren ("Lose-Lose") Nachgeben repräsentiert die Position, wo der Konflikt gelöst wird, aber die Position verloren ("Lose-Win"). Es handelt sich um eine häufige Paarung mit Zwangsstrategien. Zusammenarbeiten ist die beste Möglichkeit für "Win-Win" Ergebnisse, weil hier beide Seiten ihre Position voll einbringen und ein Ergebnis erarbeiten können. Im Schnittpunkt der vier Strategien findet sich der Kompromiss. Je nach Wahrnehmung werden Kompromisse daher oft unterschiedlich beurteilt oft mit dem Gefühl verbunden, nicht das bestmögliche Ergebnis erzielt zu haben. Ziel des therapeutischen Handelns sollte vorrangig das „Win-Win“Modell sein. Dabei besteht das Geschick, durch Kreativität und Erfahrung, eine „Win-Lose“ Situation durch Erweiterung der zu verhandelnden Werte, in eine „Win-Win“ Lösung zu verwandeln. Bsp.: Ein Betreuter möchte eine „außerplanmäßige“ Zigarette, es existiert jedoch eine klare Absprache mit Ihm und dem Team , das nur zur Vollen Stunde… Der Betreuer sagt klar „NEIN“, bis hierher eine WIN-LOSE Situation, aber er bietet dem Betreuten an, mit Ihm einen Tee zu trinken und gemeinsam Bilder der letzten gemeinsamen Urlaubsreise anzuschauenWIN-WIN. Dieses Modell bezieht sich natürlich nicht nur auf therapeutischen Bereich im Umgang mit „Klienten“, sondern ist universell. www.Gewaltpraevention-mv.de Felix Giermann Aggression Vom Wortursprung her hat das Wort „Aggression“ folgende Bedeutung: lat .: "ag-gredior" mit dem vielfältigen Bedeutungsinhalt, z.B. das freundliche "Sich an jemanden wenden", ein neutrales "Heranschreiten, Sich nähern", auch das feindliche "Angreifen, Überfallen". Unter aggressiven Verhaltensweisen werden hier solche verstanden, die Individuen oder Sachen aktiv und zielgerichtet schädigen oder in Angst versetzen. In diesem Zusammenhang hat Aggression mit Schädigung, Verletzung und Schmerzzufügung zu tun. Mögliche Funktionen der Aggression können z.B. sein: • Schutz, als Reaktion auf eine (evtl. verzerrt) wahrgenommene Bedrohung, • erlernte Verhaltensoption, als Erlangungs- oder Abwendungsstrategie, • Regie zu erlangen, in einer unsicheren, unvertrauten Situation, • Regie zu erleben, in Frage stellen oder sich vergewissern, dass eine Reaktion erfolgt, • Art, in Kontakt zu treten, als Kommunikationsmittel, • Umgang mit frustrierenden Situationen, • „Betäubung“ unangenehmer Wahrnehmung(Schmerzen, Enttäuschung…), • Form des Erregungsregulation, Abbau von Spannungen, • Körperliche Stimulation, Grenzerfahrung…, • ……. und natürlich die „Sinnfrage“. Die Basis für aggressives Verhalten bilden drei Ebenen, welche in unterschiedlichen Anteilen aktiv beteiligt sind. Körperliche Ebene, wie Schmerzen, Erregungszustände, innere Spannung, Missempfindungen… Geistige Ebene, zielgerichtetBedürfnis zu befrieden, etwas zu erlangen/abzuwenden, Vergeltung Emotionale Ebene, wie Wut, Trauer, Angst,…. Aus der Betrachtung der beteiligten oder dominierenden Ebenen lassen sich die entsprechende Interventionsmöglichkeiten herleiten. Gewalt Erste Definition: Laut einer Definition der Weltgesundheitsorganisation ist Gewalt „der absichtliche Gebrauch von angedrohtem oder tatsächlichem körperlichem Zwang oder physischer Macht gegen die eigene oder eine andere Person, gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft, der entweder konkret oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklungen oder Deprivation führt.“ Zweite Definition: • „Gewalt liegt immer dann vor, wenn Menschen gezielt oder fahrlässig physisch (körperlich) oder psychisch (seelisch) geschädigt werden. www.Gewaltpraevention-mv.de Felix Giermann Konflikt Konfliktverlaufsmodell Breakwell (1998) spricht von Angriffsphasen und meint damit, „dass ein Gewaltakt Teil einer Abfolge bestimmter Phasen ist“ (FC) Das Aggressionsereignis ist demzufolge die Abfolge von Auslösung, Eskalation, Krise, Erholung und der Depression nach der Krise Das Verhalten und die rationale Erreichbarkeit des Aggressors sind in jeder Phase unterschiedlich. Diese Tatsache sollte das Gegenüber berücksichtigen und seine Interventionen dem Verhalten anpassen. Auslösung Auslösephase ist der Punkt, an dem eine Person sich von ihrer sonst normalen, nicht-aggressiven Verhaltensweise wegbewegt zeigt sich in einer Veränderung des verbalen oder nonverbalen Verhaltens z.B. die Weigerung, zu warten, „ins Wort fallen“ bei Gesprächen, dem Augenkontakt ausweichen, etc.; Person ist unruhig und gereizt Eskalation Folge dieser Phase ist das gewaltsame Verhalten Wahrnehmung ist reduziert, nonverbale Sprache des Gegenübers wird fehlinterpretiert Person selbst spricht lauter und schneller, atmet schneller, ignoriert Fragen, fixiert sich auf ein bestimmtes Thema und ist nicht mehr sehr empfänglich für rationales Verhalten, geht unruhig hin und her Person neigt dazu, sich übermäßig auf einzelnes Thema zu fixieren sucht bewusst nach Hinweisen, die den Ausbruch des gewaltsamen Verhaltens rechtfertigen würden Krise • • • • Offenes aggressives Verhalten wird zunehmend wahrscheinlich. Verbale Kommunikation oder Konfrontation reizt noch mehr Aggressor tendiert zu schwerer körperlicher Gewalt und / oder einer zerstörerischen aggressiven Verhaltensweise. Gegenstände werden umgeworfen, Türen getreten, stoßen, schlagen www.Gewaltpraevention-mv.de Felix Giermann Erholung • • • • langsames Zurückkehren zum Normalverhalten physische und psychische Erregung ist jedoch noch nicht abgeklungen kann noch bis anderthalb Stunden anhalten deshalb könnte durch Interventionsversuche jederzeit ein Rückfall in die Krise ausgelöst werden Depression nach der Krise Krise ist vorbei Person ist geistig und körperlich erschöpft. Ihr wird klar, was geschehen ist. Sie kann in Tränen ausbrechen und von Verzweiflung, Reue, Schuld oder Scham überwältigt werden. Interventionsmöglichkeiten (siehe auch 3.2.1 Ebenen der Aggression) Auslösung • • • • • Persönlichen Kontakt herstellen, Gefühle reflektieren, Einbezug der Person, offene Fragen stellen, Vermeiden von Fachsprache, Belehrung, Zwang, Bewertung, Kritik und autoritärer Haltung Bedürfnisse erfragen, falls Erfüllung nicht möglich, Alternativen (gemeinsam) erarbeiten Freiräume schaffen, kreative Lösungen… Eskalation • • • • • • Absprachen treffen, Kooperation verlangen, Gefahrenquellen in der Umgebung minimieren, Person in eine andere Umgebung bringen, Akzeptables Verhalten benennen, Vermeiden von Drohungen, Ultimaten, Zwang und Widersprüchen und/oder Über Konsequenzen beraten und Grenzen benennen Krise • • alle Personen aus der Gefahrenzone entfernen, wenn nötig Abwehr- oder Teamtechniken einsetzen Erholung • • • • lassen. Erwartungen an das Verhalten formulieren, Problemlösungen anbieten, Sicheres Auftreten, den Aggressor noch nicht in die Gemeinschaft www.Gewaltpraevention-mv.de Depression nach der Krise Ziel der Intervention: Erneute Eskalation vermeiden • • sozial verträgliche Verhaltensweisen benennen, Wiedereingliederung Felix Giermann www.Gewaltpraevention-mv.de 5 Felix Giermann Aggressionen und Gewalt erkennen – eine Checkliste Um das Risiko von Aggressionen und Gewalt einer Situation abzuschätzen, kann man folgende Gefährlichkeitscheckliste nutzen. Sie verdeutlicht, dass bestimmte Anzeichen für die Vorhersage von Aggressionen einen großen Nutzen haben kann. Die Liste lässt sich als Barometer für das Gewaltrisiko verwenden. Je höher die Anzahl der „Ja- Antworten“, desto höher ist das Aggressionspotential und Gewaltrisiko. Individuelle Merkmale des möglich aggressiven, gewaltausübenden Menschen: Ist die Person, mit der ich es zu tun habe, großen Belastungen ja nein nicht ausgesetzt? bekannt Die Person verfügt offensichtlich über keine hilfreichen ja nein nicht Bewältigungsstrategien? bekannt Hat sie massive Probleme in verschiedenen Bereichen? ja nein nicht bekannt Zeigt sie wenig Kooperation in der Lösung des Konfliktes / ja nein nicht Problems? bekannt Hat sie mir mit Gewalt gedroht? ja nein nicht bekannt Sie besitzt wenig eigene Ressourcen? ja nein nicht bekannt Ist oder war sie in Behandlung wegen psychischen ja nein nicht Erkrankungen? bekannt Hat sie bei einem früheren Aufenthalt Gewalt angewandt? ja nein nicht bekannt Hat die Person zunehmend weniger Perspektiven? ja nein nicht bekannt Institutionelle Merkmale: Ich habe nicht die Möglichkeit, Alarm zu geben? nein nicht ja bekannt Ich bin alleine, ohne Unterstützung? nein nicht ja bekannt Persönliche Merkmale des Gegenüber: Habe ich Angst um meine Sicherheit in der Gegenwart dieser ja nein nicht Person? bekannt Bin ich gestresst? ja nein nicht bekannt Habe ich wenig Zeit für diese Person? ja nein nicht bekannt Ich weiß nicht, wie ich auf einen Angriff reagieren soll? ja nein nicht bekannt Situative Auslöser: Steckt die Person in einer Notsituation? nein nicht ja bekannt Hat sie unrealistische Erwartungen, was ich / wir für sie tun nein nicht ja können? bekannt Habe ich / wir schlechte Nachrichten zu überbringen? nein nicht ja bekannt Sind Gegenstände, die als Waffe eingesetzt werden können, ja nicht nein einfach erreichbar? bekannt Verhalten: Weist die Person Zeichen ungewöhnlicher Aufregung oder ja nein nicht Passivität auf? bekannt Weist sie Anzeichen schneller Stimmungsschwankungen auf? ja nein nicht bekannt Reagiert sie übersensibel in der Kommunikation? ja nein nicht bekannt www.Gewaltpraevention-mv.de Felix Giermann Nonverbale Kommunikation Verbal Paraverbal Nonverbal 7% 38% 55% „ Tür auf“ Sympathie Geduld Berührungen Selbe Ebene Empathie Positive Mimik und Gestik Authentizität u.a. „Tür zu“ Antipathie Zerren, ziehen Stress Unfreundlichkeit Drohungen Abwertung