Chemie - hep Verlag

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Für die Berufsmaturität Typ Gesundheit wird dieser Band ergänzt durch einen weiteren,
der die Themen der organischen Chemie behandelt.
Franz Heini
Studium der Biologie mit Nebenfach Biochemie. Höheres Lehramt für das Fach
Biologie. Unterrichtstätigkeit an der KDMS
und an Gymnasien in Fribourg. Lehrer für
Chemie, Biologie sowie Technik und Umwelt
an der Berufsmaturitätsschule Bern.
Dr. Doris Kohler-Staub
Ausbildung zur Primarlehrerin. Studium der
Biochemie an der ETH Zürich, Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der mikrobiellen
Enzymologie an der ETHZ und an der
University of California, Riverside. Höheres
Lehramt für das Fach Chemie. Lehrerin
für Chemie und Naturwissenschaften an
der Berufsmaturitätsschule Zürich.
Markus Isenschmid
Textillaborant. Studium der Chemie und
Biologie. Privatwirtschaftliche Tätigkeit als
Umwelttechniker und in verschiedenen
chemischen Betrieben. Lehrtätigkeit in der
Berufsausbildung, an höheren Fachschulen,
Technikerschulen, in der Weiterbildung von
Lehrpersonen und an der pädagogischen
Hochschule. Lehrer für Chemie, Biologie
sowie Technik und Umwelt an der Berufsmaturitätsschule Bern.
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Lernen, trainieren, nachschlagen:
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Chemie für die Berufsmaturität
Dieser leicht verständliche Lehrgang vermittelt das Grundwissen der Chemie anschaulich
und praxisnah. Er basiert auf dem Rahmenlehrplan 2012 für die Berufsmaturität der
Ausrichtungen Technik, Architektur und Life Sciences sowie Gesundheit und Soziales, Typ
Gesundheit. Die einzelnen Kapitel bauen aufeinander auf und vermitteln Inhalte so,
dass Zusammenhänge erkennbar sind. Merksätze, zahlreiche Aufgaben mit detaillierten
Lösungen sowie ein umfangreiches Glossar helfen, den Überblick zu behalten und Gelerntes zielgerichtet zu repetieren.
Unter Mitarbeit
von Franz Heini,
Markus Isenschmid
und Doris Kohler
Chemie
für die Berufsmaturität
Suspension
Rückstand
Rückstand
Filtrat
zur Vakuumpumpe
Baars
Prof. Dr. Günter Baars
Studium der Chemie, Geografie und Geologie. Gymnasiallehrer und Chemiedidaktiker,
Flad-Preisträger der Gesellschaft Deutscher
Chemiker sowie Balmer-Preisträger der
Schweizerischen Chemischen Gesellschaft.
Autor mehrerer Chemiebücher. Publikationen
zur Chemiedidaktik.
Günter Baars
Waschflasche
Filtrat
Rückstand
zur Vakuumpumpe
Waschflasche
Filtrat
09.06.15 12:40
Die Gesamtheit der Ursachen von Phänomenen
ist dem menschlichen Verstand unzugänglich.
Doch das Bedürfnis, Ursachen ausfindig zu
machen, ist dem Menschen in die Seele gelegt.
Tolstoi, Lew: Krieg und Frieden. Carl Hanser Verlag. München.
2010. Zweiter Band, drittes Buch, Teil III. S. 389
Liebe Schülerinnen und Schüler
Tag für Tag nehmen wir mit unseren Sinnen vielfältige und oft auch überraschende
Eindrücke auf. Dass dabei immer wieder Fragen nach den Ursachen dieser
Erscheinungen auftauchen, die nach einer Antwort verlangen, scheint «dem
Menschen in die Seele gelegt zu sein», wie Tolstoi es in seinem Roman so
treffend ausgedrückt hat. Nützen wir die Erklärungen von Fachleuten oder die
Informationen, die uns mit den modernen Medien in reicher Zahl zur Verfügung
stehen, so wird bald deutlich, dass gerade die Chemie viele der uns umgebenden
Phänomene verständlich machen kann.
Es ist anspruchsvoll und erfordert Ausdauer und Neugier, sich mit den Grundlagen
der Chemie vertraut zu machen. Das Eintauchen in die Details versperrt
ausserdem oft den Blick auf die grossen Zusammenhänge. Mit fortschreitendem
Wissensstand lassen sich die übergreifenden Gesetzmässigkeiten jedoch immer
deutlicher erkennen.
Das vorliegende Lehrbuch möchte Sie auf dem Weg zu diesem Wissen leiten und
unterstützen. Es bietet Ihnen nicht nur fachliche Grundlagen, sondern versucht
an ausgewählten Beispielen aufzuzeigen, wie die Wissenschaft im Verlauf der
Jahrhunderte viele Rätsel gelöst hat. Die Kapitel 1 bis 13 enthalten die verbindlichen
Inhalte für das Schwerpunktfach Naturwissenschaften gemäss dem Eidgenössischen Rahmenlehrplan für die Berufsmaturität der Ausrichtungen Technik,
Architektur und Life Sciences sowie Gesundheit und Soziales, Typ Gesundheit.
Der Zusatzband umfasst in den Kapiteln 14 bis 16 die notwendigen Ergänzungen
in organischer Chemie für den Typ Gesundheit.
Wenn Sie Anregungen und Wünsche bezüglich dieses Lehrmittels haben oder
Fehler bzw. unverständliche Textabschnitte entdecken, so bitte ich um eine
Nachricht. Nun wünsche ich Ihnen viel Freude und Erfolg beim Eintauchen in
die faszinierende Welt der Chemie.
Bern, im April 2015
Günter Baars
[email protected]
BM_Chemie_Baars.indb 5
09.06.2015 10:32:12
Inhaltsverzeichnis
I Betrachtung von Stoffen
1 Ordnung in der Vielfalt der Stoffe14
1.1
Stoffe im Alltag.........................................................................................15
1.2
Chemische Reaktionen auf Stoff­ebene:
Stoffeigenschaften, Energieumsatz, Reaktions­gleichungen I................18
1.3
Stoffe bestehen aus kleinsten Teilchen:
das allgemeine Teilchen­modell und die Aggregatzustände...................25
1.4
Gemische sind aus mindestens zwei Reinstoffen aufgebaut ................28
1.5
Gemische lassen sich in ihre Reinstoffe zerlegen: Trennmethoden......30
1.6
Reinstoffe sind entweder Verbindungen oder Elemente........................36
Zentrale Begriffe Kapitel 1..................................................................................38
Aufgaben zum Kapitel 1.....................................................................................39
2Die chemischen ­Elemente und
ihre ­Atome41
2.1
Das Universum besteht aus Protonen, Elektronen und
Neutronen, den Bausteinen der Atome..................................................42
2.2
Die Atome der Elemente sind durch ihre Protonenzahl
­charakterisiert; das Periodensystem .......................................................44
2.3
Atome desselben Elements unterscheiden sich: Isotope ......................44
2.4
Wie schwer sind eigentlich Atome? Atommasse und molare Masse....46
6
BM_Chemie_Baars.indb 6
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Inhaltsverzeichnis
2.5
Elektrisch geladene Teilchen üben aufeinander Kräfte aus;
das Coulomb-Gesetz ...............................................................................51
Zentrale Begriffe Kapitel 2 .................................................................................53
Aufgaben zum Kapitel 2.....................................................................................54
3Modellvorstellungen über Atome –
die Atomstruktur56
3.1
Atome sind fast leer; das Kern-Hülle-Modell .........................................57
3.2
Das Schalenmodell der ­Elektronenhülle.................................................60
3.3
Wie werden die Schalen der verschiedenen Elemente mit
­Elektronen besetzt? Die Elektronenkonfiguration ..................................65
3.4
Modellhafte Darstellung der Valenzelektronen ......................................68
3.5
Metall- bzw. Nichtmetallatome binden ihre Valenzelektronen
unterschiedlich stark ...............................................................................72
3.6
Energie aus Atomkernen: ­Kernverschmelzung und ­Kernspaltung .......73
3.7
Atomkerne können sich auch spontan verändern;
die Radioaktivität .....................................................................................77
Zentrale Begriffe Kapitel 3 .................................................................................82
Aufgaben zum Kapitel 3.....................................................................................83
4 Atome verbinden sich: Ein Überblick85
4.1
Elemente – ihre kleinsten Teilchen und deren Beschreibung mit
chemischen Symbolen und Formeln ......................................................86
4.2
Nichtmetallatome bilden Moleküle; Molekülverbindungen;
­Reaktionsgleichungen II ..........................................................................89
4.3
Bei der Reaktion von Metall- mit Nichtmetallatomen entstehen
Ionen; Ionenverbindungen (Salze) .........................................................94
4.4
Metallatome bilden Gitter; die Bindung zwischen Metallatomen.........98
4.5
Die Benennung binärer Verbindungen ...................................................99
7
BM_Chemie_Baars.indb 7
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Inhaltsverzeichnis
Zentrale Begriffe Kapitel 4................................................................................101
Aufgaben zum Kapitel 4...................................................................................102
5Massen, Reaktions­gleichungen und
­Konzentrationsangaben104
5.1
Die Masse von Atomen, Molekülen und Formeleinheiten;
molares Volumen ..................................................................................105
5.2
Reaktionsgleichungen erlauben Aussagen über Massen-,
Volumen- und Teilchenverhältnisse ......................................................106
5.3
Stoffmengen und Massen charakterisieren Lösungen.........................108
Zentrale Begriffe Kapitel 5................................................................................109
Aufgaben zum Kapitel 5...................................................................................110
6 Stoffe aus Nichtmetallen112
6.1
Atombindungen und Energieumsatz; die Bindungs- und
R­eaktionsenthalpie ................................................................................113
6.2
Die räumliche Gestalt (Struktur) von Molekülen .................................115
6.3
Aggregatzustände und zwischenmolekulare Kräfte .............................119
6.4
Die Mischbarkeit molekularer Stoffe ....................................................131
Zentrale Begriffe Kapitel 6 ...............................................................................133
Aufgaben zum Kapitel 6...................................................................................134
7 Salze und ihre Eigenschaften135
7.1
Ionenverbindungen (Salze) sind fest und spröde................................136
7.2
Salzlösungen und Hydrationsenthalpie................................................139
7.3
Elektrischer Strom zersetzt Salzschmelzen und Salzlösungen............142
Zentrale Begriffe Kapitel 7................................................................................143
Aufgaben zum Kapitel 7...................................................................................144
8
BM_Chemie_Baars.indb 8
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Inhaltsverzeichnis
8Metalle145
8.1
Metalle leiten den elektrischen Strom und Wärme und sind
mit einer Ausnahme fest .......................................................................146
8.2Legierungen ...........................................................................................149
Zentrale Begriffe Kapitel 8 ...............................................................................150
Aufgaben zum Kapitel 8...................................................................................151
II Chemische Reaktionen
9Redoxreaktionen: Elektronen werden
verschoben154
9.1
Oxidation und Reduktion; Reduktor und Oxidator...............................155
9.2
Oxidationszahlen als Erkennungsmerkmal von
Redoxreaktionen ....................................................................................159
9.3
Redoxreaktionen lassen sich vorhersagen:
die Redoxreihe .......................................................................................162
9.4
Strom durch Redoxreaktionen: Batterien und Akkumulatoren............165
9.5
Metalle korrodieren ...............................................................................174
Zentrale Begriffe Kapitel 9 ...............................................................................176
Aufgaben zum Kapitel 9...................................................................................177
10Säure-Base-­Reaktionen:
Protonen werden ­ausgetauscht178
10.1 Säuren und Basen, saure und basische Lösungen
– ein Gegensatz .....................................................................................179
10.2 Saure und basische Lösungen neutralisieren sich ...............................187
10.3 Der pH-Wert charakterisiert wässrige Lösungen .................................189
10.4 Säuren und Basen im Alltag..................................................................193
9
BM_Chemie_Baars.indb 9
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Inhaltsverzeichnis
Zentrale Begriffe Kapitel 10 .............................................................................196
Aufgaben zum Kapitel 10.................................................................................197
11 Chemische Reaktionen­laufen oft nicht
voll­ständig ab; das chemische Gleichgewicht198
11.1 Chemische Reaktionen kommen nicht zum Stillstand:
dynamische Gleichgewichte..................................................................199
11.2 Chemische Gleichgewichte lassen sich beeinflussen...........................201
11.3 Säure-Base-Gleichgewichte ...................................................................205
Zentrale Begriffe Kapitel 11..............................................................................208
Aufgaben zum Kapitel 11.................................................................................209
12Warum laufen ­chemische
Reaktionen ab?210
12.1 Die Reaktionsenthalpie..........................................................................211
12.2 Die Reaktionsentropie ...........................................................................212
12.3 Freiwillig ablaufende Reaktionen...........................................................214
Zentrale Begriffe Kapitel 12 .............................................................................217
Aufgaben zum Kapitel 12.................................................................................218
III Kohlenstoff-Verbindungen
13Kohlenstoff-Verbindungen
(organische Stoffe), ein Überblick220
13.1 Kohlenstoff als Grundelement des Lebens...........................................221
13.2 Funktionelle Gruppen bestimmen die Stoffklassen;
ein Überblick ..........................................................................................222
10
BM_Chemie_Baars.indb 10
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Inhaltsverzeichnis
13.3 Wichtige Stoffklassen: Alkane, Alkene, Alkohole,
Carbonsäuren und Amine .....................................................................225
13.4 Die Verbrennung organischer Stoffe liefert Energie;
der Kohlenstoffkreislauf ........................................................................229
Zentrale Begriffe Kapitel 13 .............................................................................233
Aufgaben zum Kapitel 13.................................................................................234
Lösungen zu den Aufgaben.............................................................................235
Anhang249
GHS: Das neue Kennzeichnungssystem für Chemikalien;
­Gefahren­piktogramme (Gefahrensymbole) mit Signalwort und
Erklärungen ......................................................................................................250
Drei Bindungsarten, ihre Stoffe und Eigenschaften;
eine Gegen­überstellung...................................................................................252
Glossar .............................................................................................................253
Sachregister......................................................................................................271
Bildnachweis ....................................................................................................276
11
BM_Chemie_Baars.indb 11
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Inhaltsverzeichnis
Ergänzungen in organischer Chemie für Gesundheit
und Soziales, Typ Gesundheit
14Kohlenwasserstoffe
15 Organische Moleküle mit
Sauerstoff- und Stickstoff-Atomen
16 Fette, Kohlenhydrate, Proteine
und Nukleinsäuren
12
BM_Chemie_Baars.indb 12
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Hauptgruppen
I Betrachtung
von Stoffen
5
10.81 6
B
Bor
2075 2.34
4000 2.0 0
13 26.98
IB
93 28
58.69 29
Ni
Nickel
1455
8.9
2913
1.9
VI A
12.01 7
14.01 8
C
N
Si
P
Ge
As
16.00 9
O
F
S
Cl
Se
Br
Phosphor
Aluminium
Silicium
44
1.82
660 2.70 1414 2.33
281
2.1 0
2519 1.5 0 3265 1.8
65.41 31 69.72 32 72.64 33 74.92
Chlor
Schwefel
3.2 –
115
2.07 –102
3.0 –
445
2.5 0 – 34
34 78.96 35
79.90 3
Zn
Ga
.91 46 106.42 47 107.87 48 112.41 49 114.82 50 118.71
Pd
Ag
Cd
In
Sn
Pt
Au
Hg
Tl
Ds*
Rg*
Cn*
Uut*
Arsen
Subl. 5.72
– 2.0
Selen
221
4.79
685
2.4 0
m
Brom
–7
3.12 –
59
2.8 0 –
51 121.76 52 127.60 53
Sb
Te
Pb
Bi
Po*
Fl*
Uup*
Lv*
m
Silber
Palladium
Cadmium
Indium
Zinn
Antimon
Tellur
962 10.50 321
8.69
232 7.29
631 6.68 450
157 7.31
2.4 1555 12.02
6.23
2.2 2162
1.9 767
1.7 0 2072 1.7 0 2602 1.8 0 1587 1.9
2.2 2963
988
2.1
.22 78 195.08 79 196.97 80 200.59 81 204.38 82 207.02 83 208.98 84 [208.98]
*
–
–
19.00 1
Sauerstoff
Fluor
–219 1.43 –220
1.7 –
–183 3.5 0 –188
4.0 –
16 32.07 17
35.45 1
Gallium
Germanium
Kupfer
Zink
938 5.32
30 5.90
1085 8.96 420
7.13
2562 1.9 0 907
1.6 0 2204 1.6 0 2833 1.8
Platin
Gold
56 1768 21.45 1064 19.3
2.2 3825 2.2
2856
2.4
.14] 110 [271] 111 [272.15]
VII A
2
II B
63.55 30
Cu
VA
Kohlenstoff
Stickstoff
(3550) 2.2 –210 1.25
4830
2.5 –196 3.0 0
14 28.09 15 30.97
Al
I
.9
.9
IV A
III A
126.90 5
I
Iod
114
4.93 –
184
2.4 0 –
85 [209.99] 8
At*
Quecksilber
Blei
Polonium
Thallium
Bismut
Astat
–39 13.54
304 11.85
328 11.35
271 9.79 254
9.2 302
– –
357
1.9 1473 1.8 0 1749 1.9
1564 1.9
962
2.0 337
2.2 –
112 [285] 113 [284] 114 [289] 115 [288] 116 [289] 117 [293] 1
Uus*
Darmstadtium Roentgenium
Copernicum
Ununtrium
Flerovium Ununpentium Livermorium Ununseptium U
– –
– –
– –
– –
– –
––
––
– –
––
– –
– –
– –
– –
– –
––
––
– –
––
BM_Chemie_Baars.indb 13
09.06.2015 10:32:14
1
Ordnung in der
Vielfalt der Stoffe
››Worum geht es?
Das gesamte Universum, einschliesslich unserer Erde, ist aus einer erstaunlich geringen Anzahl unterschiedlicher chemischer Elemente aufgebaut. Sie begegnen
uns im Alltag jedoch nur sehr selten in reiner Form. Die meisten Stoffe, mit denen
der Mensch in Berührung kommt, sind Verbindungen aus mehreren Elementen.
Das einleitende Kapitel dieses Buches zeigt mithilfe von Experimenten, wie sich
die grosse Vielfalt der Stoffe in eine Ordnung bringen lässt.
Kräfte und Energie steuern die unzähligen in der Natur ablaufenden Prozesse.
Ein Mensch beispielsweise gibt wie eine 100-Watt-Glühbirne dauernd Wärme ab,
gewonnen aus komplexen chemischen Vorgängen. In den folgenden Abschnitten
wird deshalb immer wieder von Kräften, Energien und Energiedifferenzen die
Rede sein.
1.1 Stoffe im Alltag
15
1.2 Chemische Reaktionen auf Stoff­ebene: Stoffeigenschaften,
Energieumsatz, Reaktions­gleichungen I
18
1.3 Stoffe bestehen aus kleinsten Teilchen: das allgemeine
Teilchen­modell und die Aggregatzustände
25
1.4 Gemische sind aus mindestens zwei Reinstoffen aufgebaut
28
1.5 Gemische lassen sich in ihre Reinstoffe zerlegen:
Trennmethoden30
1.6 Reinstoffe sind entweder Verbindungen oder Elemente
36
Zentrale Begriffe Kapitel 1
38
Aufgaben zum Kapitel 1
39
14
BM_Chemie_Baars.indb 14
09.06.2015 10:32:14
Stoffe im Alltag
1.1 Stoffe im Alltag
Wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen, sehen wir faszinierende und
rätselhafte Alltagserscheinungen. So überrascht der Nebel an einem Herbstmorgen, obwohl sich der vorhergehende Abend mit einem prächtigen Sonnenuntergang bei klarer Luft zeigte. Noch schlaftrunken übersieht der Frühaufsteher meistens die feinen Gasblasen, die beim Kochen des Wassers vom Boden der Pfanne
aufsteigen, bevor die Siedetemperatur erreicht ist. Aus dem mit einer feinen Kalkschicht bedeckten Gefäss ergiesst sich das klare, durchsichtige, sprudelnde Wasser
über die Teeblätter in die Kanne, wobei sich die Flüssigkeit allmählich hellgelb bis
dunkelbraun färbt. Die dazugegebenen Würfelzuckerstücke sind nach wenigen
Rührbewegungen mit dem Löffel in der Tasse aufgelöst und auch die Milch hat
sich gleichmässig verteilt.
Verschiedene Klingeltöne zahlreicher Mobiltelefone, mehr oder weniger leise geführte Telefonate wie auch der dumpfe Rhythmus der Musik aus einem Smartphone im überfüllten Vorortzug zeugen von den raschen Fortschritten der modernen Elektronik. Diese benötigt eine grosse Anzahl von Rohstoffen, wie edle
und halbedle Metalle (Gold, Silber, Kupfer), seltene Erden (Lanthan, Neodym
usw., hauptsächlich in China abgebaut) und weitere Metalle wie Silicium, Palladium, Tantal usw. Einige von ihnen sind nur in sehr geringen Mengen auf der Erde
vorhanden. Ein Artikel in der Wochenzeitschrift DIE ZEIT über den «verlorenen
Schatz»1 listet die Stoffe detailliert auf, die in den rund 60 Millionen nicht mehr
gebrauchten und in deutschen Schubladen liegenden Handys verbaut sind: 3 Tonnen Gold, 30 Tonnen Silber, 1900 Tonnen Kupfer, 1151 Tonnen Aluminium und
105 Tonnen Zinn.
Beim Überqueren des Münsterplatzes in Bern fällt der Blick auf ein mächtiges
Gerüst am hoch aufragenden Kirchturm. Seit Jahrzehnten müssen immer wieder
Steine des Münsters ausgewechselt oder mit Mörtel neu aufgebaut werden. Die
Sandsteinblöcke, hauptsächlich verwendetes Baumaterial des Münsters, bestehen
aus Quarzkörnern, die eine Grundmasse von Kalk zusammenhält. Abgase aus
Verkehr, Haushalten und Industrie sowie der damit im Zusammenhang stehende
Abb. 1.1 Smartphone
1 Kunze, A.: Der verlorene Schatz; Deutschland gehen die Rohstoffe aus. DIE ZEIT. Nr. 20;
10. Mai 2012
15
BM_Chemie_Baars.indb 15
09.06.2015 10:32:15
1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
Abb. 1.2 Berner Münster
mit Gerüst
«saure Regen» lösen den Kalk des Sandsteins auf, der dadurch allmählich zerfällt. Gebäude aus diesem Material müssen deshalb immer wieder saniert werden.
Karsterscheinungen wie Dolinen, Schratten oder die oft riesigen Höhlensysteme
(«Tropfsteinhöhlen») sind ebenfalls das Produkt von Lösevorgängen. Der Saft einer Zitrone, eine saure Lösung, kann die Oberfläche von Kalk- oder Marmorplatten schädigen (Marmor = während einer Gebirgsbildung unter hohem Druck
umkristallisierter Kalk).
Zuhause gelingt das Entfachen eines Feuers im offenen Kamin erst, nachdem einige
Stücke Holz zu feinen Spänen gespalten worden sind. Eine kleine Unaufmerksamkeit beim Grillen auf dem offenen Feuer führt zur Verkohlung der Fleischstücke.
Beim Nachtessen schliesslich faszinieren die Farbe eines einfachen purpurroten
Landweins und das sprudelnde Mineralwasser. Der silberne Kerzenständer zeigt
nach erfolgter Reinigung schon bald wieder Spuren eines grauschwarzen Belags.
Was aber passiert genau beim Auflösen von Kalk durch saure Lösungen, beim
Zersetzen von Sandstein aufgrund der zunehmenden Luftverschmutzung? Woher
stammt die Wärme, die die Verbrennung von Holz, Heizöl­oder Benzin liefert,
und welche Abgase entstehen dabei? Wie gewinnt man das für die Elektronik benötigte Silizium und wie funktioniert z. B. ein Lithium-Ionen-Akkumulator, die
Stromquelle der meisten Elektronikgeräte? Wie laufen die Prozesse bei der Produktion von alkoholischen Getränken ab?
Die Chemie versucht, derartige Veränderungen von Stoffen zu erklären. Sie beschäftigt sich aber auch mit den Eigenschaften von Stoffen. Warum sind viele von
ihnen farbig? Wieso löst das heisse Wasser nur ganz bestimmte Anteile aus den
Teeblättern und weshalb verteilen sich Zucker und Milch ohne Probleme im Tee,
während Öl und Essig sich bei der Zubereitung von Salatsauce nicht mischen?
16
BM_Chemie_Baars.indb 16
09.06.2015 10:32:16
Stoffe im Alltag
Weshalb leitet Kupfer den elektrischen Strom, viele andere Stoffe jedoch nicht?
Woher stammt der Kohlenstoff, wenn Nahrungsmittel beim zu starken Erhitzen
verkohlen?
Um all diese Fragen beantworten zu können, ist es nötig, sich mit den Denk- und
Arbeitsweisen der Wissenschaft Chemie vertraut zu machen. Dies erfordert eine
solide Basis an Grundkenntnissen.
Die Chemie beschäftigt sich mit den Eigenschaften von Stoffen der belebten und der unbelebten Natur, ihren Veränderungen und den dabei herrschenden Gesetzmässigkeiten.
Abb. 1.3 Höhle im Kalkgestein; Dröhenlandschlot
F1, Hohgant
17
BM_Chemie_Baars.indb 17
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1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
1.2 Chemische Reaktionen auf Stoff­ebene:
Stoffeigenschaften, Energieumsatz,
Reaktions­gleichungen I
Änderung der Stoffeigenschaften
Chemische Reaktionen beherrschen den Alltag. Beim Menschen etwa sorgen sie u. a.
für die Körpertemperatur und ermöglichen Muskelarbeit, sie steuern Prozesse in
der Tier- und Pflanzenwelt und liefern Stoffe wie Metalllegierungen, Medikamente,
Farben, Kunststoffe, Fasern jeglicher Art usw. Was aber sind chemische Reaktionen,
wodurch zeichnen sie sich aus und woran erkennt man sie? An frisch gereinigten
Silbergegenständen ist nach einiger Zeit ein schwarzgrauer Belag zu beobachten.
Bei zu grosser Hitze «verkohlt» ein Stück Fleisch. Salzsäure greift die Oberfläche
von Kalkstein an, wobei ein farb- und geruchloses Gas gebildet wird, Kohlenstoffdioxid, das sich durch Aufschäumen bemerkbar macht. Beim Verbrennen von Holz
bleibt «Asche» zurück, die ganz anders aussieht und ein viel geringeres Volumen
besitzt. Schliesslich kann der aufgeladene Akku wieder zum Betrieb eines Smartphones, eines Tablets usw. benützt werden. All diesen Vorgängen ist gemeinsam,
dass aus Stoffen andere Stoffe gebildet werden. Die typischen (spezifischen) Eigenschaften der Edukte (Ausgangsstoffe) und Produkte (Endstoffe) unterscheiden sich.
Bei einer chemischen Reaktion entstehen Stoffe mit neuen Eigenschaften.
•
•
•
•
•
•
•
Druck
Zeichen: p
Einheit: Pa (Pascal)
DichteZeichen: ρ (rho) Einheit: g/cm3Verknüpfungen: ρ = _
​ m ​ 
V
Volumen
Zeichen: V
Einheit: cm3, l (Liter)
Masse
Zeichen: m
Einheit: g, kg, t
Celsius-Temperatur Zeichen: t
Einheit: °C (Grad Celsius)
Schmelztemperatur Zeichen: tm (engl. to melt = schmelzen) Einheit: °C
Siedetemperatur
Zeichen: tb (engl. to boil = sieden)
Einheit: °C
Abb. 1.4 Verschiedene Metalle zeigen den
charakteristischen Metallglanz
Abb. 1.5 Gold auf Quarz
18
BM_Chemie_Baars.indb 18
09.06.2015 10:32:17
Chemische Reaktionen auf Stoff­ebene: Stoffeigenschaften, Energieumsatz, Reaktions­gleichungen I
Tabelle 1.1: Stoffeigenschaften
Eigenschaft
Beispiele
Aggregatzustand bei Raumtemperatur
Sauerstoff: gasförmig; Wasser: flüssig; PVC (Polyvinylchlorid): fest
Schmelztemperatur tm
Schwefel: tm = 119 °C
Siedetemperatur tb
Wasser: tb = 100 °C bei Normaldruck (p = 101 325 Pa)
Dichte ρ
Gold: ρ = 19.3 g/cm3 (Masse pro Volumeneinheit)
Löslichkeit
Kochsalz: 36 g lösen sich in 100 cm3 Wasser bei Raumtemperatur
elektrische Leitfähigkeit
Kupfer: sehr gut leitend
PVC: nicht leitend
Wärmeleitfähigkeit
Metalle: sehr gut leitend
Brennbarkeit
z. B. Alkohol
Farbe
Gold: gelb; Brom flüssig und gasförmig: braun; Schwefel: gelb
Härte
Diamant: härtester Naturstoff
Aussehen
Metallglanz
Kristallform*
Kochsalz: Würfel
Verformbarkeit
Gold: gute Verformbarkeit (Blattgold)
Geruch
Dihydrogensulfid (Schwefelwasserstoff): nach faulen Eiern
* In einem Kristall sind die Atome (Atomgitter; Abschnitt 4.1) oder Ionen (Ionengitter; Abschnitt 7.1) nach bestimmten, für
den jeweiligen Stoff charakteristischen Gesetzmässigkeiten angeordnet.
Abb. 1.6 Brom ist braun im flüssigen und im gasförmigen Zustand
Abb. 1.7 Diamanten
Abb. 1.8 Kristalle
von Pyrit
19
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1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
Abb. 1.9 Reaktion von
Silber mit Schwefel;
links: Versuchsanordnung; rechts Aufglühen
des Silbers während der
Reaktion
Abb. 1.10 Silberblech und
Silbersulfid
Energieumsatz
Dass neben der Stoffumwandlung weitere Kriterien eine chemische Reaktion
kennzeichnen, lässt sich an folgendem Beispiel zeigen2:
Entsprechend der Versuchsanordnung in Abb. 1.9 reagiert Silber mit Schwefel zu
Silbersulfid, nachdem das Metall erwärmt und der Schwefel gasförmig gemacht
wurde (Aktivierungsenergie), wobei das Metall für kurze Zeit hell aufglüht.
Dies weist darauf hin, dass insgesamt Wärme frei wird. Das erhaltene Produkt
(Abb. 1.10) ist grauschwarz und lässt sich nicht mehr verbiegen, es ist spröde und
bricht bei der geringsten Krafteinwirkung auseinander, ganz im Gegensatz zum
verwendeten Silberblech.
Das Silbersulfid wird nun in einem mit zwei Siliconstopfen verschlossenen Quarzrohr (Abb. 1.11) kräftig mit einem Brenner erhitzt. Nach einiger Zeit beobachtet
man fein verteilten gelben Schwefel in der Glasröhre und ein Stück glänzendes
Metall, Silber: Das Silbersulfid wurde unter Energieaufwand (Wärmezufuhr) wieder in die Ausgangsstoffe zerlegt.
Charakteristisch für chemische Reaktionen ist, neben der Bildung von Stoffen mit
neuen Eigenschaften, auch ein Energieumsatz: Energieabgabe, wenn Silber mit
Schwefel reagiert bzw. Energieaufnahme bei der Umkehrung der Reaktion, der
Zersetzung von Silbersulfid.
• Bei chemischen Reaktionen wird Energie umgesetzt.
• Chemische Reaktionen lassen sich umkehren.
2 Die Versuchsbeschreibung sowie die dazu nötigen Materialien sind erhältlich bei: Zitt-Thoma
GMBH, Laborbedarf, Glasbläserei, D-79115 Freiburg.
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Chemische Reaktionen auf Stoff­ebene: Stoffeigenschaften, Energieumsatz, Reaktions­gleichungen I
Abb. 1.11 Zersetzung von
Silbersulfid in Schwefel
und Silber. Das Silber
zeigt noch Spuren von
Silbersulfid, das bei
weiterem Erhitzen unter
Luftzufuhr leicht entfernt
werden kann
Reaktionsgleichungen
Um chemische Reaktionen einfach darstellen zu können, verwendet man Reaktionsgleichungen. Die links vom Pfeil stehenden Stoffe heissen Ausgangsstoffe oder
Edukte, die rechts stehenden Endstoffe oder Produkte. Der Pfeil bedeutet «reagieren zu». Oft wird auch noch der Aggregatzustand der Stoffe in Klammern angegeben. Für die Bildung bzw. Zersetzung von Silbersulfid lauten die Gleichungen:
Silber(s)
Silbersulfid(s)
+
Schwefel(s)
Silber(s)
+
Silbersulfid(s)
(Energie wird frei)
Schwefel(s)
(Energie wird zugeführt)
• Chemische Reaktionen lassen sich mit Reaktionsgleichungen beschreiben. Ausgangsstoffe (Edukte) reagieren zu ( ) den Endstoffen (Produkten).
• Symbolische Darstellung der Aggregatzustände:
• s: fest (engl. solid = fest)
• l: flüssig (engl. liquid = flüssig)
• g: gasförmig (engl. gaseous = gasförmig)
Prinzip vom Energieminimum
Wird bei einem chemischen Vorgang Energie frei, so sind die Produkte energieärmer als die Ausgangsstoffe. Dies ist bei der Bildung von Silbersulfid aus Silber
und Schwefel der Fall. Um die energiereicheren Stoffe Silber und Schwefel wieder
herzustellen, den Vorgang also umzukehren, ist ein Energieaufwand erforderlich.
Im ersten Fall, bei der Bildung eines energieärmeren Stoffes, verläuft die Reaktion freiwillig, nachdem sie in Gang gesetzt worden ist (Aktivierungsenergie).
Im zweiten Fall muss die Reaktion bis zu ihrem Ende erzwungen werden, wobei
wieder energiereichere Stoffe entstehen. Die Beobachtung, dass viele Reaktionen
freiwillig ablaufen, wenn dabei Energie frei wird, lässt sich an zahlreichen anderen
Beispielen zeigen.
In der Natur herrscht das Prinzip vom Energieminimum (Erreichen einer minimalen
potenziellen Energie).
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1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
E
Silber(s)/Schwefel(s)
Abb. 1.12 Energieumsatz bei der Bildung bzw.
Zersetzung von Silber­
sulfid (E: Energie)
Silbersulfid(s)
Energie- Energie wird
aufwand freigesetzt
Bildung und Zersetzung von Silbersulfid lassen sich unter Verwendung eines
Doppelpfeils in einer einzigen Reaktionsgleichung beschreiben:
Silber(s)
+
Schwefel(s)
Silbersulfid(s)
+
Energie
[Der Energiegewinn bezieht sich auf den von links nach rechts ablaufenden Vorgang; betrachtet man die Reaktion von rechts nach links, so kehrt sich die Energiebilanz um: Bei der Zersetzung von Silbersulfid muss Energie (Wärme) zugeführt werden.]
Drei Charakteristika kennzeichnen eine chemische Reaktion:
Chemische Reaktionen erkennt man
• daran, dass aus den Ausgangsstoffen (Edukten) Endstoffe (Produkte) mit anderen
Eigenschaften gebildet werden (= Stoffveränderung),
• am Energieumsatz,
• an der Umkehrbarkeit.3
Reaktionsenthalpie (Reaktionswärme)
Die Energiebilanz einer chemischen Reaktion entspricht dem Unterschied der
Energie von Edukten und Produkten und wird mit dem Symbol ∆H für die Reaktionswärme (Reaktionsenthalpie4) gekennzeichnet. ∆ (Delta) steht für den
Unterschied der Energieinhalte und H für heat (engl. = Hitze). Reaktionen, bei
denen Energie z. B. als Wärme, Licht oder Luftdruckwelle bei Explosionen frei
wird, heissen exotherme Reaktionen (gr. exo = aussen; gr. therme = Wärme, Hitze) und werden mit ∆H < 0 gekennzeichnet. Das Vorzeichen der an die Umwelt
abgegebenen Energie erhält in diesem Fall ein Minus, da die Produkte gegenüber
3 Eine Änderung des Aggregatzustandes wird nicht als chemische Reaktion bezeichnet, weil dabei
keine Stoffveränderung erfolgt.
4 Energien, die sich auf Messungen unter konstantem Druck beziehen, werden Enthalpien genannt (gr. thalpos = Wärme, Hitze; gr. en = innen, drin). Die Reaktionswärme bezeichnet man
deshalb als Reaktionsenthalpie. Chemische Reaktionen finden oft bei konstantem Luftdruck
statt.
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09.06.2015 10:32:29
Chemische Reaktionen auf Stoff­ebene: Stoffeigenschaften, Energieumsatz, Reaktions­gleichungen I
den Edukten energieärmer sind (Abb. 1.13). Wenn für den Ablauf chemischer
Reaktionen kontinuierlich Energie benötigt wird, spricht man von endothermen
Reaktionen (gr. endo = innen); ∆H ist grösser als null (∆H > 0). Das Vorzeichen
der gemessenen aufzuwendenden Energie erhält ein Plus, da die Produkte gegenüber den Edukten energiereicher sind (Abb. 1.14).
Aktivierungsenergie
Reaktionsenthalpie < 0
Produkte
Energie
Aktivierungsenergie
Viele Reaktionen können erst dann ablaufen, wenn man den Ausgangsstoffen zuerst, wie in Abb. 1.13 und 1.14 ersichtlich, Energie zuführt, die Aktivierungsenergie (Anzünden von Holz, einer Kerze, von Benzin usw.). Bei der Reaktion Silber +
Schwefel musste z. B. das Metall erwärmt und der Schwefel gasförmig gemacht
werden.
Edukte
Man kann sich vorstellen, dass die Aktivierungsenergie dem Energieaufwand entspricht, der nötig ist, um ein Auto auf eine Bergkuppe zu schieben, damit es von
selber den Berg hinunterrollt (Abb. 1.15).
Reaktionsweg
Aktivierungsenergie
Edukte
Produkte
Aktivierungsenergie
Reaktionsenthalpie < 0
Reaktionsenthalpie > 0
Energie
Energie
Produkte
Edukte
Reaktionsweg
Reaktionsweg
Abb. 1.13 Energieschema einer exothermen Reaktion
Abb. 1.14 Energieschema einer endothermen Reaktion
E
ohne Katalysator
Energie
Edukte
Reaktionsweg
Produkte
AktivierungsReaktionsenthalpie > 0
energie
Energie
Aktivierungsenergie
mit Katalysator
Edukte
Produkte
Reaktionsenthalpie
Reaktionsprodukt
Abb. 1.15 Die Aktivierungsenergie versetzt die Ausgangsstoffe in einen reaktionsfähigen Zustand
Reaktionsweg
Abb. 1.16 Energieschema einer exothermen Reaktion unter
Verwendung eines Katalysators (vgl. Abb. 1.13)
23
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09.06.2015 10:32:29
1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
• Reaktionsenthalpie (Reaktionswärme): Energieumsatz bei einer chemischen ReaktionZeichen: ∆H Einheit: J (Joule) oder kJ (Kilojoule)
• Bei einer exothermen Reaktion wird Energie frei, die Produkte sind energieärmer als die
Edukte; ∆H < 0.
• Bei einem endothermen Vorgang muss kontinuierlich Energie zugeführt werden. Sie
wird von den reagierenden Stoffen aufgenommen. Die Produkte sind energiereicher als
die Edukte; ∆H > 0.
• Die Aktivierungsenergie ist die minimal benötigte Energie, damit eine Reaktion überhaupt in Gang kommen kann.
Die Gleichungen für die Reaktionen mit Silbersulfid lassen sich jetzt mit der Energiebilanz ergänzen:
Silber(s)
+
Silber(s)
Silbersulfid(s)
Silbersulfid(s) ∆H < 0 exotherm
Schwefel(s)
+
Schwefel(s)
∆H > 0 endotherm
Als eine Reaktionsgleichung geschrieben:
Silber(s)
+
Schwefel(s)
Silbersulfid(s)
∆H < 0
Katalysatoren
Die Aktivierungsenergie hat oft zur Folge, dass auch bei erhöhter Temperatur Reaktionen nur sehr langsam oder überhaupt nicht ablaufen. Nun gibt es Stoffe, die
zwar an einem chemischen Vorgang teilnehmen, aber am Schluss wieder unverändert vorhanden sind. Solche Stoffe wirken als Katalysatoren: Sie erniedrigen die
Aktivierungsenergie, indem sie reaktionsfähigere Zwischenprodukte bilden, die
sofort weiterreagieren und dabei das Produkt und den wieder einsatzfähigen Katalysator liefern (Abb. 1.16). Dadurch wird die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht.
Die in Lebewesen wirksamen Katalysatoren, die Enzyme, sorgen zum Beispiel dafür, dass im menschlichen Organismus Reaktionen bereits bei der relativ niedrigen Temperatur von 37 °C ablaufen können. Bekannt ist das Enzym Amylase, das,
von den Speicheldrüsen abgesondert, im Mund seine Wirkung entfaltet. Beim
langen Kauen wird die im Brot enthaltene Stärke in ihre Zuckerbausteine zerlegt, die einen süsslichen Geschmack hervorrufen. Auch bei der Herstellung vieler
Stoffe in der Industrie kann auf geeignete Katalysatoren nicht verzichtet werden.
Katalysatoren führen zu reaktionsfähigen Zwischenprodukten, zu deren Bildung eine geringere Aktivierungsenergie erforderlich ist als für die nicht-katalysierte Reaktion.
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09.06.2015 10:32:29
Stoffe bestehen aus kleinsten Teilchen: das allgemeine Teilchen­modell und die Aggregatzustände
Beispiel
Die für das Leben auf der Erde wichtigste chemische Reaktion, erkennbar an den
drei oben aufgeführten Kriterien, ist die Fotosynthese und im Zusammenhang
damit ihre Umkehrung, die Zellatmung.
Aus Wasser, Kohlenstoffdioxid und Sonnenenergie können Pflanzen (= Produzenten) in einem endothermen Vorgang Sauerstoff und Glucose (Traubenzucker)
bilden, die in Pflanzen- und Tierzellen zu Kohlenhydraten (Cellulose, Stärke, Glykogen usw.), Fetten (Lipide) und Eiweissen (Proteinen) weiterreagieren. Mit dem
Luftsauerstoff, der durch die Atmung von Organismen aufgenommen wird, entstehen in den Zellen exotherm aus diesen Naturstoffen (symbolisch mit Glucose
wiedergegeben) erneut die Ausgangsstoffe der Fotosynthese:
Wasser(l)+ Kohlenstoffdioxid(g)
Fotosynthese
Zellatmung
Sauerstoff(g)+ Glucose(s) ∆H > 0
1.3 Stoffe bestehen aus kleinsten
Teilchen: das allgemeine Teilchen­
modell und die Aggregatzustände
Gibt man einige Tropfen Brom in einen Glaszylinder, so füllt sich dieser nach
kurzer Zeit vollständig mit braunem Bromgas; die Flüssigkeit ist verdunstet, d. h.
in den gasförmigen Zustand übergegangen.5 Da sowohl das flüssige wie auch das
gasförmige Brom eine braune Farbe besitzt, lässt sich dieser Vorgang sehr gut beobachten.
Abb. 1.17 Flüssiges Brom
geht spontan in den gasförmigen Zustand über,
es verdunstet
5 Verdunsten bezieht sich auf den Übergang flüssig – gasförmig unterhalb der Siedetemperatur
der Flüssigkeit.
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09.06.2015 10:32:34
1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
Wie lässt sich diese Beobachtung verstehen? Man stellt sich vor, dass alle Stoffe aus kleinsten Teilchen bestehen (allgemeines Teilchenmodell6). Da die BromTeilchen den flüssigen Verband spontan verlassen (Brom verdunstet) und sich
gleichmässig in dem zur Verfügung stehenden Raum ausbreiten können, müssen
sie eine Eigenbewegung besitzen. Neben dem Prinzip vom Energieminimum (Abschnitt 1.2) herrscht in der Natur auch das Prinzip der grösseren Wahrscheinlichkeit. Der gasförmige Zustand ist bei Raumtemperatur wahrscheinlicher als der
flüssige, deshalb verdunstet eine Flüssigkeit spontan aus einem offenen Gefäss.
Brom(l)
Brom(g)
Diese Schreibweise stellt den Übergang vom flüssigen zum gasförmigen Aggregatzustand dar.
Für jedes chemische und physikalische System gelten sowohl das Energieminimum wie
auch das Wahrscheinlichkeitsmaximum.
Da das Volumen des Glaszylinders deutlich grösser ist als das der Flüssigkeit, haben die Abstände zwischen den Brom-Teilchen beim Übergang flüssig – gasförmig zugenommen.
Steckt man die Spitze eines Thermometers in einen mit Ether getränkten Wattebausch, so stellt man ein rasches Absinken der Temperatur fest und nimmt den
Geruch der Flüssigkeit wahr. Ether geht, wie das Brom, spontan in den gasförmigen Zustand über. Es zeigt sich also auch an diesem Experiment, dass die EtherTeilchen eine Eigenbewegung besitzen. Um aber gasförmig zu werden, d. h. den
Abstand zwischen den Teilchen zu vergrössern, ist Energie (Wärme) nötig, die in
diesem Fall der Umgebung und damit auch dem Wattebausch sowie dem Thermometer entzogen wird. Eine entsprechende Erscheinung ist beim Wasser zu beobachten. Ein offenes Glas Wasser ist nach einer gewissen Zeit leer, die Flüssigkeit
ist verdunstet. Beim Schwitzen scheidet der Körper an der Hautoberfläche Wassertropfen ab, die ebenfalls verdunsten und die dabei benötigte Energie (Wärme)
von der Umgebung (Haut) aufnehmen, wodurch sich der Körper abkühlt.
∆H > 0 endothermer Vorgang
Ether(l)
Ether(g)
Wasser(l)
Wasser(g) ∆H > 0 endothermer Vorgang
Da ein Energieaufwand (Wärme) nötig ist, um den Abstand zwischen den kleinsten Teilchen eines Stoffes zu vergrössern, müssen zwischen ihnen anziehende
Kräfte wirken.
Gibt man in eine Uhrschale etwas Iod und legt darüber eine zweite Schale mit einer dünnen Kartoffelscheibe, so färbt sich diese schon nach kurzer Zeit blauviolett
6 Ein Modell gibt nur einzelne Aspekte der Natur wieder und dient dem Verständnis bestimmter,
beobachtbarer Phänomene.
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09.06.2015 10:32:34
Stoffe bestehen aus kleinsten Teilchen: das allgemeine Teilchen­modell und die Aggregatzustände
Tabelle 1.2 Stoffe, ihre Aggregatzustände und Merkmale
Aggregatzustand
Teilchenabstand
Teilchenbewegung
anziehende
Kräfte
Form und
Volumen
fest (s)
sehr klein
sehr gering
stark
fest flüssig: tm konstant, bis
beide konstant der Körper vollständig geschmolzen ist
flüssig (l)
klein
gering
schwach
Volumen konstant,
Form variabel
gasförmig (g)
gross
gross
sehr
schwach
beide variabel
Aggregatzustands­änderung
flüssig gasförmig: tb konstant, bis die gesamte Flüssigkeit
gasförmig geworden ist
(Abb. 1.18). Das feste Iod ändert bei Raumtemperatur spontan den Aggregatzustand, es wird gasförmig, ohne dazwischen flüssig geworden zu sein. Iod sublimiert, wie der Fachausdruck dazu heisst. Einige der Iod-Teilchen gelangen zur
Kartoffelscheibe und bilden mit der darin enthaltenen Stärke die blauviolette Farbe (Nachweis von Iod bzw. von Stärke). Die kleinsten Iod-Teilchen besitzen also,
wie die Teilchen einer Flüssigkeit oder eines Gases, eine Eigenbewegung, um den
festen Verband verlassen zu können. Genaue Messungen würden zeigen, dass sich
dabei das feste Iod abkühlt. Es ist also Energie (Wärme) nötig, um die herrschenden anziehenden Kräfte zwischen den Iod-Teilchen zu überwinden. Eine ähnliche
Erscheinung ist im Winter zu beobachten: Eisreste auf den Strassen verschwinden
allmählich, ohne dass das Eis flüssig wird. Auch hier findet eine Sublimation, ein
direkter Übergang fest – gasförmig, statt.
Abb. 1.18 Nachweis von
Stärke einer Kartoffelscheibe mit Iod (links);
festes Iod sublimiert und
wird durch die blauviolette Farbe nachgewiesen
(rechts)
Allgemeines Teilchenmodell:
• Alle Stoffe bestehen aus kleinsten Teilchen.
• Die kleinsten Teilchen haben in allen Aggregatzuständen eine Eigenbewegung.
• Zwischen den kleinsten Teilchen herrschen anziehende Kräfte.
• Die Abstände zwischen den kleinsten Teilchen nehmen in Richtung fest flüssig
gasförmig zu (Ausnahme: Wasser).
• Für den Übergang fest flüssig gasförmig sowie fest gasförmig ist Zufuhr von
Energie (Wärme) nötig (Überwindung der anziehenden Kräfte; endotherme Vorgänge).
• Beim Übergang gasförmig flüssig fest sowie gasförmig fest wird Wärme frei
(exotherme Vorgänge).
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09.06.2015 10:32:37
1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
Gas (Dampf )
Verdampfen, Verdunsten
endotherm
Sublimieren
endotherm
Kondensieren
exotherm
Resublimieren
exotherm
Flüssigkeit
Feststoff
Erstarren
exotherm
Schmelzen
endotherm
Abb. 1.19 Modellvorstellung
zu den Aggregatzuständen
Mit dem Teilchenmodell lässt sich verstehen, dass zwischen den kleinsten Teilchen eines Stoffs anziehende Kräfte herrschen. Über die Art dieser Kräfte kann
damit jedoch keine Aussage gemacht werden. Dazu sind genauere Modelle der
kleinsten Teilchen nötig, die in den folgenden Kapiteln vorgestellt werden.
1.4 Gemische sind aus mindestens zwei
Reinstoffen aufgebaut
Wird in einer Pfanne mehrmals Hahnenwasser abgekocht, so setzt sich am Boden
und an der Seitenwand des Gefässes allmählich ein weisser Belag ab. Dieser lässt
sich mit Putzessig entfernen, wobei eine schwache Gasentwicklung zu beobachten ist. Das im Haushalt verwendete Wasser enthält den im nahen Gebirge vom
Regen gelösten Kalk. Je nach Zusammensetzung der Gesteine ist das Wasser mehr
oder weniger hart.7 Wasser mit gelöstem Kalk ist ein Gemisch oder, genauer ausgedrückt, ein homogenes Gemisch, eine Lösung. Homogen deswegen, weil der
gelöste Kalk mit blossem Auge oder einem Lichtmikroskop nicht zu erkennen ist.
Damit lässt sich schon eine erste, grobe Einteilung der Stoffe vornehmen: Man
unterscheidet Gemische von den Reinstoffen.
7 Hartes Wasser enthält im Gegensatz zu weichem Wasser sehr viel gelösten Kalk.
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09.06.2015 10:32:37
Gemische sind aus mindestens zwei Reinstoffen aufgebaut
Tabelle 1.3 Beispiele von Gemischen
Aggregatzustände der Bezeichbeteiligten Stoffe
nung
Beispiele
heterogen
fest-fest
Gemenge
Granit, Rohsalz, Erde, Nagelfluh
fest-flüssig
Suspension
Lehmwasser
fest-gasförmig
Rauch
Tabakrauch, Staubluft, Rauch eines Feuers
flüssig-flüssig
Emulsion
Milch (Fetttröpfchen in Wasser)
flüssig-gasförmig
Schaum
Seifenschaum (Gasblasen in einer Flüssigkeit)
Nebel
Wolken (Flüssigkeitstropfen in einem Gas)
fest-fest
Legierung
(Lösung)
Bronze (Kupfer/Zinn), Messing (Kupfer/Zink),
Stahl (Eisen/Kohlenstoff)
flüssig-flüssig
Lösung
Wein, Benzin
flüssig-fest
Lösung
Salzwasser, Zuckerwasser
flüssig-gasförmig
Lösung
Mineralwasser
gasförmig-gasförmig
Gasgemisch
Luft, Erdgas
homogen
Abb. 1.20 Oben: Granit
ist ein heterogenes
Gemisch, ein Gemenge,
aus den Mineralien
Feldspat, Quarz und
Glimmer und besteht
somit aus drei Phasen.
Unten: Die Bestandteile von Granit (von
links): Feldspat, Quarz
sowie dunkler und heller
Glimmer
Abb. 1.21 Schaum (links)
und Rauch (rechts)
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09.06.2015 10:32:41
1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
Gemische bestehen aus mindestens zwei Stoffen und haben aufgrund ihrer variablen Zusammensetzung keine klar definierten Eigenschaften wie Schmelz- oder
Siedetemperaturen. Lassen sich die Bestandteile eines Gemischs als verschiedene
Phasen mit dem Auge oder dem Lichtmikroskop unterscheiden (z. B. Salatsauce),
so handelt es sich um heterogene Gemische (gr. heteros = verschieden, anders).
Sind sie hingegen homogen, dann kann nur eine Phase (z. B. Luft, Salzwasser)
beobachtet werden (gr. homos = gleich). Reinstoffe hingegen haben eindeutige
Eigenschaften. Unsere Umwelt besteht fast ausschliesslich aus Gemischen, wobei
diese homogen oder heterogen sein können.
• Reinstoffe bestehen aus einer Stoffart und haben eindeutige (spezifische) Eigenschaften.
• Gemische enthalten mindestens zwei verschiedene Stoffarten (Reinstoffe), deren Mischungsverhältnis in gewissen Grenzen variabel ist. Die Eigenschaften sind deshalb von
der Zusammensetzung abhängig.
• Die verschiedenen Bestandteile (Phasen) eines heterogenen Gemischs, z. B. Granit
(Abb. 1.20), lassen sich an ihren unterschiedlichen spezifischen Eigenschaften wie
Glanz, Farbe, Härte, elektrische und Wärmeleitfähigkeit usw. erkennen.
• Bei homogenen Gemischen, wie z. B. Salzwasser, kann man die einzelnen darin enthaltenen Reinstoffe weder von blossem Auge noch mit einem Lichtmikroskop unterscheiden. Solche Gemische verhalten sich rein optisch wie Reinstoffe.
• Phase: Homogener, in allen Bereichen optisch gleichartig erscheinender Bereich eines
Stoffs.
1.5 Gemische lassen sich in ihre
Reinstoffe zerlegen: Trennmethoden
Oft ist es wichtig, Reinstoffe zur Verfügung zu haben. In der Pharmaindustrie
z. B. sind viele aufwendige Verfahren nötig, um reine Produkte zu erhalten. Auch
bei der Gewinnung von Benzin, Diesel, Heizöl, Schmierölen usw., die im Erdöl
enthalten sind, werden die zahlreichen Komponenten voneinander getrennt. Die
beiden Beispiele zeigen die grosse Bedeutung der Trennmethoden, die in vielen
Bereichen der Industrie und der Forschung zur Anwendung gelangen. Da die einzelnen Komponenten in Gemischen unterschiedliche spezifische Eigenschaften
aufweisen, lassen sich diese zur Auftrennung in die verschiedenen Bestandteile
nutzbar machen.
Filtration
Zur Trennung einer Suspension in ihre Bestandteile nützt man die unterschiedliche Grösse der Partikel gegenüber den Teilchen der flüssigen Phase des Gemischs
aus, der entsprechende Vorgang heisst Filtration. Im Laboratorium werden dafür
meistens Filter aus ungeleimtem Papier, das Poren einer Grösse von 2 bis 5 µm
(1 µm = 10–6 m) besitzt, aber auch Watte, Glaswolle oder feinporiges Sinterglas
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Gemische lassen sich in ihre Reinstoffe zerlegen: Trennmethoden
Rückstand
Suspension
Rückstand
zur Vakuumpumpe
Waschflasche
Filtrat
Filtrat
Abb. 1.22 Filtration einer Suspension mit
einem Faltenfilter
Abb. 1.23 Vakuum­filtration
Filtertuch
Filterrahmen
Rückstand
zu filternde Flüssigkeit
Filtrat
Abb. 1.24 In der Industrie verwendet man zur Filtration oft Filterpressen, in denen die zu
filternde Suspension durch Tücher gepresst wird (rechts schematisch)
(Fritten) verwendet. Für technische Zwecke kommen auch Filterpressen mit
Tuch- oder Sandfiltern in Frage, Letzteres z. B. bei der Filtration von Seewasser
zur Bereitstellung von Trinkwasser. Durch Vakuumfiltration erhöht man den
Druckunterschied und steigert damit die Filtrationsgeschwindigkeit.
Adsorption
Bei der Adsorption (lat. adsorbere = anziehen, anlagern) werden Gase oder in
Flüssigkeiten gelöste Stoffe an der Oberfläche eines Festkörpers festgehalten (adsorbiert). Dieses Verfahren verwendet man z. B. bei der Trinkwasserreinigung mit
Aktivkohle oder in Gasmasken, um sich vor giftigen Gasen zu schützen.
Extraktion
Die Extraktion (lat. extrahere = herausziehen) nützt die unterschiedliche Löslichkeit von Stoffen aus. Dabei werden bestimmte Bestandteile aus flüssigen oder
festen Substanzgemischen mithilfe geeigneter Lösemittel (Extraktionsmittel) entfernt. Beispiele dafür sind die Teezubereitung, das Entfernen von Koffein aus Kaffeebohnen, die Gewinnung von Zucker aus Zuckerrüben oder von Kochsalz aus
Gesteinsschichten.
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1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
Pillen
Abb. 1.25 Extraktion eines
roten Farbstoffs aus Pillen
Destillation
Die Destillation dient zur Trennung bzw. Reinigung von Lösungen (flüssig-flüssig
bzw. flüssig-fest) oder leicht schmelzbaren, festen Stoffgemischen. Bei dieser Trennungsmethode müssen die einzelnen Komponenten unterschiedliche Siedetemperaturen aufweisen. Einer der Bestandteile sollte hinreichend flüchtig sein, d. h.
eine niedrige Siedetemperatur besitzen, und sie dürfen sich bei erhöhter Temperatur nicht zersetzen. Um dies zu verhindern, führt man die Destillation oft unter
vermindertem Druck aus, wodurch die Siedetemperatur um bis zu 70 °C herabgesetzt werden kann. Wasser siedet zum Beispiel im Vakuum bereits bei Raumtemperatur. Beim Erhitzen einer Salzlösung geht das Wasser in den gasförmigen
Zustand über und der Feststoff (Kochsalz) bleibt zurück. Im Kühler wird das Gas
wieder flüssig und kann als Destillat zurückgewonnen werden (Abb. 1.26).
Die Destillation eignet sich sehr gut zur Trennung von zwei Flüssigkeiten, wenn
ihre Siedetemperaturen einen grossen Unterschied aufweisen. Ist dieser jedoch
gering, enthält der Dampf bei der Siedetemperatur des Gemischs beide Kompo-
Abb. 1.26 Destillations­
apparatur
Thermometer
Liebigkühler
kondensierende Flüssigkeit
Vorstoss
Thermometer
Abfluss
Liebigkühler
kondensierende Flüssigkeit
Fraktionierkolonne
Vorstoss
Kühlwasserzufluss
Destillat
Abfluss
Lösung
Kühlwasserzufluss
Destillat
Lösung
32
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09.06.2015 10:32:43
Gemische lassen sich in ihre Reinstoffe zerlegen: Trennmethoden
Benzindämpfe
Kondensator
Chem. Grundstoffe
Fraktionierturm
Leichtöle
Benzin
Petroleum
Petrolether
Treibstoff
Testbenzin
Raffin. Petroleum
Mittelöle
Absorptionsöl
Gasöl
Benzin- + Benzolrückgewinnung Reinigungs- + Färbemittel, Seifen
Dieselkraftstoffe - Heizöle Heizöle
Schweröle
Schmieröle
Bodenprodukte
Heizöle
Gasöl
Gase
Röhrenofen
Rohöldämpfe
Dampf
Rohöl
Wasserstoff
Glasbläserei, Schweisstechnik
Alkohole, Ester, Wachse, Harze
Farben, Lacke, Lösemittel
Heiz- + Leuchtgas
Gummi
Petrolkoks
Techn. + med. Weissöle
Emulgierende Öle
Paraffinwachs, Fettsäuren
Vaseline
Schmiermittel
Bitumen (Asphalte)
Frostschutzmittel
Flug- + Autokraftstoffe
Sprengstoffe, Lampenöle
Pestizide, Motoren- +Getriebeöle
Feine Öle, Kaugummi
Kerzen, Wachse, Pflanzenschutzmittel
Salben
Imprägnier- + Isoliermittel,
Feuerungskoks, Rostschutzmittel,
Dachpappe, Strassenbau
Abb. 1.27 Fraktionierte Destillation von Erdöl. Der Turm ist durch Zwischenböden abgeteilt, auf denen sich Destillat
ansammelt. Jeder Boden hat durch Glocken überdeckte Durchlässe. Die aufsteigenden Dämpfe erhitzen die Flüssigkeit auf
den Böden, sodass auf jeder Stufe eine Destillation stattfindet. Die höher siedenden Anteile des Erdöls werden von den
unteren, die niedrig siedenden von den höheren Böden abgezogen. Oben entweicht nicht kondensiertes Gas
Boden 2
Boden 1
Heizschlangen
Abb. 1.28 Detaildarstellung
von Glockenböden
nenten, da von derjenigen mit der höheren Siedetemperatur auch ein Teil in den
gasförmigen Zustand übergeht. Obwohl das Destillat stark mit der flüchtigeren
Substanz (derjenigen mit der tieferen Siedetemperatur) angereichert ist, lässt sich
auf diese Weise keine vollständige Trennung erreichen. Andere Verfahren sind
deshalb nötig. Eines der wichtigsten ist in diesem Zusammenhang die fraktionierte Destillation von Erdöl in die verschiedenen Komponenten wie Autobenzin,
Kerosin (Treibstoff für Düsenflugzeuge), Heizöle oder Paraffin zur Kerzenherstellung (Abb. 1.27 und 1.28).
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Startlinie
Startlinie
Startlinie
1
Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
Startlinie
Trägermit
mit Pufferlösung
Träger
Träger mitPufferlösung
Pufferlösung
eilchen positiv geladen; bewegen sich zum negativen Pol
T
Teilchen elektrisch neutral; werden von keinem Pol angezogen
Teilchen negativ geladen; bewegen sich zum positiven Pol
Träger mit Pufferlösung
Abb. 1.29 Wirkungs­weise
der Elektropho­rese (schematisch)
Elektrophorese
Elektrisch geladene Teilchen (Abschnitt 2.5) werden vom Plus- oder Minuspol einer Stromquelle gemäss Abb. 1.29 angezogen. Je kleiner die Teilchen und je höher
ihre Ladung, desto schneller wandern sie auf den entsprechenden Pol zu. Dadurch
lässt sich eine gute Trennung erreichen. Heute benutzt man bei dieser Methode
als Trägermaterial oft gelartige ­Stoffe8 (Gelelektrophorese), die wie ein Sieb wirken, das die grösseren Teilchen stärker zurückhält als die kleineren. Besonders gut
lassen sich auf diese Weise Gemische von DNA-Bruchstücken, kleinen Proteinen
(Eiweissen) oder Aminosäuren (Abschnitt 16.3) auftrennen. In der Medizin, der
Biologie, der Umweltchemie sowie bei der Reinheitsprüfung von Medikamenten
ist die Elektrophorese eine oft eingesetzte Trenn- resp. Analysemethode.
Chromatografische Verfahren
Diese Trennverfahren beruhen auf der unterschiedlichen Verteilung der Bestandteile eines Gemischs auf eine bewegliche und eine stationäre Phase. Als bewegliche
Phase dient ein Lösemittel wie Wasser, ein Gemisch aus verschiedenen Flüssigkeiten oder ein Gas, und als stationäre Phase Papier, Aluminiumoxid, Siliciumdioxid usw. Grundlage des Verfahrens sind die unterschiedlichen Löslichkeiten der
einzelnen Gemischbestandteile in der beweglichen und ihre verschieden starke
Adsorption an der stationären Phase.
Dünnschichtchromatografie
Papier, Aluminiumoxid bzw. Siliciumdioxid auf Glas, Kunststoff oder Aluminiumblech bilden bei der Dünnschichtchromatografie die stationäre Phase. Ihre Kapillarwirkung9 ermöglicht, dass eine Lösung des Stoffgemischs wandert. Je besser
nun die Löslichkeit der Gemischbestandteile im Lösemittel, je kleiner die Teilchen
und je geringer die Adsorption, d. h., je weniger stark ein Stoff von der stationären
Phase gebunden wird, desto weiter wandert er. Auf diese Weise lassen sich kleinste Stoffmengen in ihre Bestandteile auftrennen.
Abb. 1.30 Beispiel eines
Gels nach der Stofftrennung; ganz unten:
bekannte Vergleichssubstanzen, darüber:
gespaltene DNA einiger
Petunien-Arten. Die
verschiedenen Fragmente
wandern unterschiedlich
weit von links nach rechts
8 Gel (von Gelatine: lat. gelatum = Gefrorenes): Ein formbeständiges, aber leicht deformierbares
System, das aus mindestens zwei Komponenten besteht: eine Flüssigkeit, in der ein fester Stoff
so verteilt ist, dass das ganze System fest ist.
9 Kapillarwirkung: Erscheinung, dass Flüssigkeiten in engen Hohlräumen fester Körper nach
oben steigen.
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Gemische lassen sich in ihre Reinstoffe zerlegen: Trennmethoden
Chromatografiepapier
Fliessmittelfront
Getrenntes
Stoffgemisch
Stoffgemisch
Startlinie
Fliessmittel
Abb. 1.31 Dünnschicht­
chromatografie
Gaschromatografie
Bei der Gaschromatografie muss das Substanzgemisch verdampft werden. Zusammen mit einem reaktionsträgen (inerten) Trägergas (Helium oder Stickstoff)
bildet es die bewegliche Phase, die man mittels einer Pumpe oder Druckflasche
durch ein langes, dünnes Rohr (Trennsäule) leitet. Als stationäre Phase dienen ein
Festkörpergranulat oder eine nicht flüchtige Flüssigkeit, mit welcher das Granulat
getränkt ist. Die einzelnen Komponenten des Gemischs werden je nach ihren Eigenschaften verschieden stark von der stationären Phase festgehalten (adsorbiert).
Am Ende des Rohrs können sie somit nach längerer oder kürzerer Strömungszeit
des Trägergases in einem Detektor nachgewiesen werden. Diese Methode eignet
sich zur Untersuchung gasförmiger oder vollständig verdampfbarer Stoffe.
A+B
Trägergas
Detektor
t0
A
Trägergas
Detektor
t1
B
A
Trägergas
Detektor
t2
B
A
Trägergas
Detektor
t3
B
Abb. 1.32 Trennprinzip
bei der Gaschromatografie. Zur Zeit t0 sind
die Stoffe A und B noch
gemischt. Da B von der
stationären Phase weniger
stark absorbiert wird als
A, wird es vom Trägergas
schneller weitertransportiert. Zur Zeit t3 ist B von
A praktisch getrennt und
erreicht den Detektor
früher als A
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Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
1.6 Reinstoffe sind entweder
Verbindungen oder Elemente
Bei Normdruck10 (1013 hPa) sind Schmelz- und Siedetemperatur von Wasser immer
gleich: tm = 0 °C und tb = 100 °C; somit ist Wasser ein Reinstoff (vgl. Abschnitt 1.5).
Mithilfe von elektrischem Strom lässt sich Wasser in zwei neue Stoffe zerlegen.
Das dabei am negativen Pol (Kathode) der Stromquelle entstehende Gas, Wasserstoff, verbrennt nach dem Zumischen von Luft, Sauerstoff, mit «heulendem» Ton
(Knallgasprobe). Am positiven Pol (Anode) bildet sich Sauerstoff, der einen glimmenden Span entzündet (Glimmspanprobe; Abb. 1.33). Das Volumenverhältnis
Wasserstoff zu Sauerstoff beträgt bei einem derartigen Versuch immer 2 : 1.
Wasser(l)
Wasserstoff(g) + Sauerstoff(g) ∆H > 0 (elektrischer Strom; Elektrolyse)
2V
1V
V: Volumen
Wasser lässt sich also mithilfe des elektrischen Stroms (Elektrolyse; gr. elektro =
Strom, gr. lysis = Auflösung) in Wasserstoff und Sauerstoff im Volumenverhältnis
2 : 1 zerlegen. Reinstoffe, die sich wie Wasser in weitere Stoffe auftrennen lassen,
heissen Verbindungen, Reinstoffe wie Wasserstoff und Sauerstoff, die nicht weiter
zerlegbar sind, Elemente. Da bei der Elektrolyse von Wasser das Volumenverhältnis der beiden dabei entstehenden Gase immer 2 : 1 ist, muss man annehmen, dass
die kleinsten Wasser-Teilchen eine ganz bestimmte Zusammensetzung aufweisen.
• Verbindungen sind Reinstoffe mit konstanter Zusammensetzung, die sich in Elemente
auftrennen lassen. Einen derartigen Vorgang nennt man Analyse.11
• Elemente können durch chemische Reaktionen nicht weiter zerlegt werden.
• Elektrolyse: Zersetzung einer Verbindung in die Elemente mithilfe von elektrischem
Strom. Bei einer Elektrolyse heisst der positive Pol der Versuchsapparatur Anode, der
negative Pol Kathode. Anode und Kathode fasst man unter der Bezeichnung Elektroden
zusammen.12
Was geschieht nun eigentlich bei der Knallgasprobe? Man kann Wasserstoff durch
vorsichtiges Ausströmen aus einem Vorratsgefäss kontrolliert verbrennen, d. h.
mit dem Sauerstoff der Luft reagieren lassen. Wird die Flamme13 dabei in einen
grossen Erlenmeyerkolben gehalten (Abb. 1.34), so beschlägt die kalte Innenseite des Gefässes mit kleinen Wassertröpfchen. Die Reaktion von Wasserstoff mit
10 Normbedingungen (Normzustand): tn = 0 °C; pn = 101 325 Pa = 1013 hPa
11 Der Begriff Analyse wird heute auch dann verwendet, wenn die Zusammensetzung eines Gemischs untersucht wird.
12 Die Namen der Elektroden, Kathode und Anode, richten sich nicht nach ihrer Ladung, wie man
vermuten könnte. Wie noch gezeigt wird, sind die Ladungsverhältnisse bei Batterien und Akkumulatoren gerade umgekehrt: Die Anode ist dann der negative und die Kathode der positive Pol.
13 Flammen sind nichts anderes als glühende Gase (Gase, die Licht aussenden).
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Reinstoffe sind entweder Verbindungen oder Elemente
a)
b)
10V
c)
Abb. 1.33 a) Knallgasprobe
b) Zerlegung von Wasser im Hofmann-Apparat (Elektrolyse)
c) Glimmspanprobe: Sauerstoff entflammt einen glimmenden
Span
Abb. 1.34 Wasserstoffflamme in einem Erlenmeyer­kolben
S­ auerstoff liefert also gasförmiges Wasser, das sich beim Abkühlen an der Innenwand des Erlenmeyerkolbens verflüssigt. Bei der Knallgasprobe läuft die Reaktion so schnell ab, dass es zu einer kleinen Explosion kommt. Die Zerlegung von
Wasser in die beiden Elemente Wasserstoff und Sauerstoff lässt sich also wieder
umkehren. Die Bildung einer Verbindung aus den Elementen nennt man Synthese (gr. syn = zusammen, gr. thesis = setzen, legen).
Reaktionsgleichung:
Wasserstoff(g) + Sauerstoff(g)
Synthese
Analyse
Wasser(l)
∆H < 0
Synthese: Bildung einer Verbindung aus den Elementen.14
Mit der Unterscheidung der Reinstoffe in Elemente und Verbindungen ist die Einteilung der Stoffe abgeschlossen (Abb. 1.35).
14 Der Begriff Synthese wird ebenfalls ganz allgemein gebraucht und gilt für jede Herstellung einer
neuen Verbindung, unabhängig davon, ob die Ausgangsstoffe Elemente oder andere Verbindungen sind.
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Ordnung in der Vielfalt der Stoffe
Stoffe
Gemische
homogen
heterogen
Lösung
Legierung
Gasgemisch
Abb. 1.35 Einteilung der
Stoffe
Reinstoffe
Verbindungen
Elemente
Gemenge
Wasser
Kupfer
Emulsion
Kohlenstoffdioxid
Eisen
Suspension
Methan
Sauerstoff
Rauch
Glucose
Wasserstoff
Nebel
Zentrale Begriffe Kapitel 1
›› Celsius-Temperatur
›› Schmelztemperatur
›› Siedetemperatur
›› Aggregatzustände
›› Reaktionsgleichung
›› Ausgangsstoffe, Edukte
›› Endstoffe, Produkte
›› Reaktionsenthalpie,
Reaktionswärme
›› exotherme Reaktion
›› endotherme Reaktion
›› Aktivierungsenergie
›› Gemische
›› Reinstoffe
›› Phasen
›› Gemenge
›› Suspension
›› Schaum
›› Nebel
›› Lösung
›› Bronze
›› Messing
›› Elektrolyse
›› Emulsion
›› Legierung
›› Filtration
›› Destillation
›› Elektrophorese
›› Analyse
›› Synthese
›› Verbindung
›› Elemente
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Aufgaben zum Kapitel 1
Aufgaben zum Kapitel 1
1.1 Ergänzen Sie die Tabelle 1 durch Kreuze in
1.5 Über die kleinsten Teilchen von Stoffen
den zutreffenden Spalten.
lassen sich folgende Aussagen machen:
a) Die kleinsten Teilchen üben untereinander anziehende Kräfte aus.
b) Die kleinsten Teilchen besitzen in allen
Aggregatzuständen eines Stoffs eine
Eigenbewegung.
c) Die Abstände zwischen den Teilchen
nehmen normalerweise in Richtung
fest – flüssig – gasförmig zu.
Mit welchen Experimenten lassen sich
die Aussagen a), b) und c) überprüfen?
1.2 Nennen Sie zwei Beispiele für Stoffe, die
direkt vom festen in den gasförmigen Zustand übergehen.
1.3 Gegeben sind die Schmelz- und Siede­
temperaturen folgender Stoffe:
Stoff
tm in °C
tb in °C
Butan
–138.5
– 0.5
Octadecan
Hexan
28
317
–95.4
69
1.6 Stoffe bestehen aus kleinsten Teilchen und
besitzen bestimmte Eigenschaften. Erklären Sie folgende Aussagen, indem Sie von
dieser Teilchenvorstellung ausgehen:
a) Eine Flüssigkeit passt sich jeder Gefässform an, ein fester Stoff hingegen nicht.
b) Wasser verdunstet, wenn man es in
einem offenen Gefäss stehen lässt.
Welche Aggregatzustände besitzen diese
Stoffe bei Raumtemperatur (22 °C)? Bei
welchem Stoff sind die Kräfte zwischen den
kleinsten Teilchen am grössten?
1.4 Zur Änderung des Aggregatzustands eines
Stoffs muss man in Richtung fest – flüssig – gasförmig Energie aufwenden. Was
bedeutet dies für die kleinsten Teilchen des
betrachteten Stoffs?
1.7 Ein gasförmiger Stoff kann ohne viel Kraft-
aufwand zusammengedrückt werden, ein
fester Stoff hingegen nicht. Wie lässt sich
diese Erscheinung erklären?
Tabelle 1 zu Aufgabe 1.1
Chemische Reaktion
Vorgang
endotherm
ja
exotherm
nein
Rosten von Eisen (∆H < 0)
Kondensation von Wasserdampf
Verbrennen von Benzin
Erstarren von Wasser zu Eis
Sublimation von Iod
Reaktion von Wasserstoff- und Sauerstoffgas zu Wasser
Verdampfen von Wasser
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Aufgaben zum Kapitel 1
1.8 Bildet sich im Herbst nachts Nebel, so fällt
die Lufttemperatur meistens nicht unter
0 °C. Worauf ist dieses Phänomen zurückzuführen?
1.9 Destilliert man Petroleum und misst dabei
die Siedetemperatur, so beobachtet man,
dass sie während des Destillierens langsam,
aber ständig ansteigt. Welcher Schluss lässt
sich daraus ziehen?
1.10Gegeben sei ein homogener Stoff (Flüssig-
keit), von dem man vermutet, dass es sich
um ein Gemisch handelt. Wie lässt sich
diese Vermutung experimentell bestätigen?
1.11Worin unterscheiden sich Reinstoffe von
Gemischen?
1.13Definieren Sie:
– Verbindung
– Element
– Gemisch
– homogener Stoff
1.14Worin besteht der Unterschied zwischen
dem Verdampfen von Wasser und der
Zersetzung von Wasser in Wasserstoff und
Sauerstoff? Begründen Sie auf Teilchen­
ebene.
1.15Von einer Flüssigkeit nimmt man an, dass
es sich um einen reinen Stoff handelt. Wie
lässt sich diese Vermutung experimentell
beweisen? Falls es ein reiner Stoff ist, wie
könnte man nachweisen, ob es sich um eine
Verbindung oder ein Element handelt?
1.12Ein Gemisch von Eisenpulver, feinem Sand
und Kochsalz soll in die einzelnen Bestandteile zerlegt werden. Wie gehen Sie vor und
welche spezifischen Eigenschaften der einzelnen Stoffe benützen Sie zur Trennung?
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