Folien - Netzwerk AlternsfoRschung

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Der Demenz davonlaufen
- Prävention, Therapie und Rehabilitation
bei Alzheimer Krankheit –
NAR Seminar
„Schlaganfall – Parkinson – Demenz:
Gemeinsame Risikofaktoren, gemeinsam bekämpfen?“
12. Februar 2015; Neue Universität, Hörsaal 13
Konrad Beyreuther
Netzwerk AlternsfoRschung
Universität Heidelberg
Demenz:
Verlust erworbener
geistiger Fähigkeiten =
Verlust von
Nervenzellkontakten
und Nervenzellen
Das Absterben von
Nervenzellen und die
Alzheimer Pathologie
nehmen mit dem Alter
drastisch zu.
Nur noch 17 Prozent der
Gesunden 89-Jährigen sind
frei von Neurodegeneration
Jack Jr. CR et al. Age-specific population frequencies of cerebral β-amyloidosis and neurodegeneration among
people with normal cognitive function aged 50–89 years: a cross-sectional study. Lancet Neurol 2014; 13: 997–
Demenz Häufigkeiten
Alzheimer Krankheit: 60 – 85%
Lopez OL et al. Evaluation of Dementia in the Cardiovascular Health Cognition Study. Neuroepidemiology
2003;22:1–12; Thies W, Bleiler L. Alzheimer’s & Dementia 2013; 9:208–245
Alzheimer Krankheit
Klinisch stumme Phase: ~30 Jahre
Mittleres Erkrankungsalter 85 Jahre: Abnehmende
Merkfähigkeit (Kurzzeitgedächtnis), zeitliche und räumliche
Desorientierung
Klinische Phase: Dauer etwa 0,5-20 Jahre
Vorphase (MCI: Leichte Kognitive Beeinträchtigung)
(75% erkranken innerhalb von 5 Jahren)
leicht: 3 Jahre (ca. 60% Nervenzelluntergang) *
mittelschwer: 3 Jahre (60-90% Nervenzelluntergang) *
schwer : 3 Jahre
(ca. 90% Nervenzelluntergang) *
(*Riechhirn, 2. Schicht; B Hyman et al. 1996)
H
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I
L
U
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G
?
Scott Ziolko and the Pittsburgh Amyloid Imaging Group
Menschen, die mehr Amyloid (Aß42)
produzieren (FAD, Down Syndrom)
erkranken durchschnittlich 30-40 Jahre
früher. Diese präsenile Form der AD ist
pathologisch nicht zu unterscheiden von der
senilen Form der Alzheimer Erkrankung.
Menschen, die weniger Amyloid (Aß42)
produzieren (Isländische Mutation)
erkranken nicht innerhalb der Lebensspanne
und weisen keine kognitiven Einbussen bis
zum Tod auf*.
Alter bei Beginn der Erkrankung
Vererbung
Gen
AMYLOID IST DIE URSACHE DER
ALZHEIMER KRANKHEIT
*Jonsson et al. A mutation in APP protects against Alzheimer‘s disease and age related cognitive decline. Nature, 2012
Therapie
?
Bisher keine Erfolge!
Derzeit gibt es bei der Alzheimer
Krankheit die Schwierigkeit, dass
alle Therapieversuche mit
Medikamenten erst spät,
wahrscheinlich zu spät, beginnen.
Mit dem heutigen Kenntnisstand ist es möglich
vorherzusagen, ob eine Person in 4-5 Jahren an
„Alzheimer“ erkranken wird
Scott Ziolko and the Pittsburgh Amyloid Imaging Group
Vorbeugung
!
Bildquelle: www.bewegung-bei-demenz.de/
Die Hälfte aller Alzheimer Erkrankungen wird auf sieben
potentiell modifizierbare Risikofaktoren zurückgeführt
Depression (RR: 1,90)
Körperliche Inaktivität (RR: 1,82)
Bluthochdruck im mittleren Lebensalter (RR: 1,61)
Übergewicht im mittleren Lebensalter (RR: 1,60)
Rauchen (1,59)
Geistige Inaktivität oder Bildungsniveau (RR: 1,59)
Diabetes (RR: 1,39)
Deborah E Barnes, Kristine Yaffe, The projected effect of risk factor reduction on Alzheimer's disease prevalence. Lancet Neurol. 2011 Sep;10(9):819-28.
Bewegung
&
Gedächtnis
Eine Antwort auf die Frage wie Bewegung und
Gedächtnis zusammen hängen liefern
Seescheiden, eine erfolgreiche Gruppe von Tieren,
die die Weltmeere besiedeln.
Erwachsene Seescheiden kleben unbeweglich am
Untergrund – nicht zuletzt auch an Schiffen -, wo
sie unermüdlich Nahrungspartikel aus dem Wasser
filtrieren.
Seescheiden haben kein Gehirn.
Die Seescheidenlarve verfügt jedoch über ein
primitives Gehirn und primitive Sinnesorgane.
Das Gehirn braucht sie, um die Schwimmbewegungen zu
kontrollieren und zur Orientierung, um den Ort zu finden, wo
sie sesshaft werden kann.
Seescheiden legen somit nahe, dass es die
Mobilität, Bewegung, sein könnte, die
Gehirne erforderlich macht.
Bewegung, Zeit & Gedächtnis
Ortszellen, die gleichzeitig Zeitzellen
sind, werden bei Bewegung aktiviert.
Ortszellen/Zeitzellen im Hippokampus
schaffen Grundlage von Raumgedächtnis,
Raum- und Zeitwahrnehmung.
Zeit und Raum als Konstruktion des
Gedächtnisses
Erst die zeitliche Abfolge erlaubt kausale
Beziehungen zwischen Ereignissen und Fakten.
copywright by Stuart Layton (This work is licensed under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 License.)
Mit Hilfe der Ortszellen
schafft der Hippokampus die
Basis des deklarativen
Gedächtnisses:
Fähigkeit uns an Fakten über die
Welt, die eigene Biographie und die
alltäglichen und nicht alltäglichen
Ereignisse zu erinnern.
Das ist unser Erfahrungsschatz.
Alzheimer Krankheit:
früher Ortszelluntergang
im Hippokampus
Wortfindungsstörungen,
zeitliche wie räumliche
Desorientierung
„Alzheimer“
davonlaufen
Körperliche Aktivität in der
Freizeit & Risiko für Demenz
Bei Norwegern im Alter von 65 bis 80
Jahren war körperliche Aktivität in der
Freizeit mit einem um 26-50%
vermindertem Risiko verbunden an
Demenz zu sterben im Vergleich mit
inaktiven Personen.
Untersucht wurden 26 941 Personen über 27 Jahre.
Rosness TA et al. Associations between Physical Activity in Old Age and Dementia-Related Mortality: A
Population-Based Cohort Study Dement Geriatr Cogn Disord Extra 2014; 4.410-418
26 % Reduktion
des Risikos an Demenz zu
sterben bei leichter
körperlicher Aktivität, weniger
als drei Stunden pro Woche
(ohne Schwitzen oder schnelles Atmen).
50% Reduktion
des Risikos an Demenz zu
sterben bei starker
körperlicher Aktivität, weniger
als drei Stunden pro Woche
(Schwitzen oder schnelles Atmen)
Rosness TA et al. Dement Geriatr Cogn Disord Extra 2014; 4.410-418
Konsequenz von Bewegung:
Bessere Durchblutung des Gehirns ?
Gesamtlänge der
Kaplillaren des
menschlichen Gehirns
beträgt in etwa 650 km.
Deren Oberfläche
entspricht in etwa
20 Quadratmetern.
Zlokovic BV. Neuron 2008; 57, 178-201
www.the-scientist.com/?articles.view/articleNo/37957/title/Penetrating-the-Brain/
Konsequenz von Bewegung:
Erhöhte Produktion von BDNF
(Brain Derived Neurotropic Factor)
BDNF sichert das Überleben von
Nervenzellen und unterstützt ebenso
das Wachstum und den Umbau von
Nervenzellkontakten (Plastizität).
Sind unsere Muskeln aktiv, wird im Motorkortex des
Gehirns, aber auch in den Muskeln, BDNF gebildet.
Da Bewegung mit deklarativem Lernen assoziiert ist,
wird auch in anderen Regionen des Gehirns BDNF
gebildet.
S. M. Rothman* and M. P. Mattson. Activity-dependent, stress-responsive BDNF signaling and the quest for
optimal brain health and resilience throughout the lifespan. Neuroscience 239 (2013) 228–240
Aerobes Training auf einem
stationären Fahrradergometer
erhöht BDNF im Serum junger
Erwachsener
Blutentnahme
nach Ausübung
Gelegentliche Bewegung
Regelmäßige Bewegung
Griffin EA et al. Physiology & Behavior 104 (2011) 934–941
Bewegung und Alzheimer Pathologie
bei kognitiv normalen Testpersonen
Bewegung in Stunden/Woche
Kognitiv normale Testpersonen (55-88 Jahre alt), die sich pro
Tag 30 Minuten an 5 Tagen/Woche bewegen (Gehen, Laufen
und Joggen (GLJ)), haben signifikant erniedrigte AmyloidAblagerungen (PET) und Biomarkerprofile von Gesunden.
mindestens
1 Stunde/Tag
+ ApoE ε4 positive
AD Biomarker positive
(Aß42 ; tau)
weniger als
1 Stunde/Tag
Amyloid PET (PiB)
Scott Ziolko and the Pittsburgh Amyloid Imaging
Group
Liang KY et al. (2010) Ann Neurol 68, 311–318
Jeder zweite Alzheimer Patient
hat eine erbliche Belastung
(ApoEe4), die zu Bluthochdruck
und zu erhöhten Alzheimer
Amyloid Eiweißablagerung führt.
Die Krankheit beginnt früher als
bei Nichträgern.
Auch dieses Risiko ist durch
Bewegung reduzierbar.
Jones L et al. Genetic Evidence Implicates the Immune System and Cholesterol Metabolism in the Aetiology of Alzheimer’s
Disease. PLoS One 5, e13950 (2010); Naj AC et al. Common variants at MS4A4/MS4A6E, CD2AP, CD33 and EPHA1 are
associated with late-onset Alzheimer's disease. Nat. Genet. 43:436-441 (2011).
Weniger Alzheimer Amyloid Ablagerungen bei Trägern
von ApoE4 erst bei höherer körperlicher Aktivität
Brown BM et al. Physical activity and amyloid-ß plasma and brain levels: results from the Australian Imaging, Biomarkers
Lifestyle Study of Ageing. Mol Psychiatry 2013; 18,875-881
ApoE e4 negative
ApoE e4 positive
ApoE e4 negative
ApoE e4 positive
ApoE e4 negative
ApoE e4 positive
Amyloid PET (PiB) SUVR
Biomarker und Lebensstil Studie mit 546 kognitiv normalen
60-95 Jährigen Teilnehmer.
Scott Ziolko and the Pittsburgh Amyloid
Imaging Group
niedrig
mittel
hoch
Körperliche Aktivität
„Bewegen“ ohne sich zu
bewegen ?
Musik bewusst hören aktiviert das prämotorische(PMC) und das suplementär-motorische Areal (SMA)
des Gehirns. Beide Bereiche bereiten die Muskelbewegung durch das primär-motorische Areal vor.
SMA
PMC
PMC
Chen JL, Penhune VB, Zatorre RJ. Listening to musical rhythms recruits motor regions of the brain.
Cerebral Cortex 2008; 18: 2844-2854
Musik & Demenz
Gemeinsames Musizieren fördert
die kognitive Leistungsfähigkeit.
Untersucht wurden über fünf Jahre 469 Menschen, die älter
als 75 Jahre waren.
27 Prozent der Studienteilnehmer entwickelten eine
Demenz.
Von denen, die mehrfach wöchentlich Musik machten,
erkrankten ein Drittel weniger an einer Demenz.
Verghese J et al. Leisure Activities and the Risk of Dementia in the ElderlyN Engl J Med 2003; 348:2508-2516.
Besonders effektiv: Musik & Bewegung (RR 0,24)*
*Verghese J et al. Leisure Activities and the Risk of Dementia in the Elderly. N Engl J Med 2003;348:2508-2516
Alzheimer Krankheit
Die Anzahl der Neuerkrankungen sinkt
derzeit drastisch (minus 24-30%)!
Nicht die Zahl der Patienten, denn die
Krankheitsdauer hat zugenommen!
Deutschland: 570-620 anstatt 820
Neuerkrankungen pro Tag!
Schrijvers et al. (2013) Is dementia incidence declining? Neurology 78, 1456-1463; Matthews FE et al. A two-decade
comparison of prevalence of dementia in individuals aged 65 years and older from three geographical areas of England:
results of the Cognitive Function and Ageing Study I and II. www.thelancet.com Published online July 16, 2013
http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)61570-6
Alzheimer im Rückwärtsgang
• die Demenzinzidenz in der Rotterdam-Studie ist in
den vergangen zwei Jahrzehnten um ein Viertel
gesunken,
• in einer schwedischen Studie sogar um 30 Prozent,
• und nach einer aktuellen Untersuchung gab es 2011
in Großbritannien ein Viertel weniger
Demenzkranke als nach Berechnungen aus dem
Jahr 1991 zu erwarten gewesen wären.
Schrijvers et al. (2013) Is dementia incidence declining? Neurology 78, 1456-1463; Matthews FE et al. A two-decade
comparison of prevalence of dementia in individuals aged 65 years and older from three geographical areas of England:
results of the Cognitive Function and Ageing Study I and II. www.thelancet.com Published online July 16, 2013
http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)61570-6
Abnahme der
Neuerkrankungen bei AD
deutet darauf hin, dass
Prävention und Rehabilitation
bei AD möglich ist und wir
damit Erfolge selbst bei einer
der komplexesten
Erkrankungen haben könnten.
Schrijvers et al. (2013) Is dementia incidence declining? Neurology 78, 1456-1463; Matthews FE et al. A two-decade
comparison of prevalence of dementia in individuals aged 65 years and older from three geographical areas of England:
results of the Cognitive Function and Ageing Study I and II. www.thelancet.com Published online July 16, 2013
http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)61570-6
Es wird vermutet, dass der
Rückgang der
Neuerkrankungen bei
„Alzheimer“ auf einer
Erhöhung der kardiovaskulären
Fitness, d.h. einer vermutlich
besseren Durchblutung des
Gehirns beruht.
Qiu C et al. (2013). Neurology 80,1888-1894
650 km
Blutgefässe im
menschlichen
Gehirn !
www.bewegung-bei-demenz.de/
Rehabilitation ?
Verbesserung von Doppeltätigkeiten bei Patienten mit
leichter Alzheimer Demenz
www.bewegung-bei-demenz.de/
Doppeltätigkeits-Training (dual task):
Muskelaktivität/Kraft
(Gleichgewichts-Training/Ball werfen oder fangen aus dem Stand, vorwärts
oder rückwärts laufend/“tänzelnde” Fußbewegungen)
und
kognitive Aufgaben
(rückwärts Rechnen, Tiernamen wiederholen)
Verbesserung nach Doppeltätigkeits-Training:
20.6% in der Trainingsgruppe, 2.2% in der Kontrollgruppe.
Schwenk M, Zieschang T, Oster P, HauerK (2010). Dual-task performances can be improved in patients with
dementia: A randomized controlled trial. Neurology 74,1961-1968
Das emotionale Gedächtnis ist zumindest
teilweise bei Menschen mit Alzheimer
Demenz erhalten. Dies kann für
emotionales Lernen genutzt werden.
Blessing A, Forstmeier S, Eschen A. Emotionen als Wirkfaktoren psychosozialer Interventionen bei
Alzheimer-Demenz. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 62 (3), 2014, 191–199
Emotionales Lernen hilft beim Kennenlernen
neuer Bezugspersonen/Pfleger/innen, z.B. mit:
Fotos mit freundlichem Gesichtsausdruck
oder
Fotos einer emotional erregenden Aktivität
(Foto mit Haustier)
oder
der Schilderung eines aufregenden
Lebensereignisses dieser Person
(Hochzeitsfeier, Bootsfahrt).
Altern ohne „Alzheimer“
Alter/Lebensphase
Maßnahme
Kindergarten + Schule: Aufklärung & Kontakt
Ab 50 (aller 2 Jahre): Vorsorgeuntersuchung
Nach Diagnose:
Beratung/“Infozept“
(Risikofaktoren identifizieren)
Risikofaktoren reduzieren:
Illustration: Imago
Rhein-Neckar-Zeitung,
16./17.02. 2013; Nr. 40, p.21
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