Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Naturräume Lateinamerikas vom Feuerland bis in die Karibik 1 Biodiversität in Lateinamerika Lateinamerika ist durch seine Ausdehnung von den tropischen bis zu den subantarktischen Zonen von Meeresküsten zu gletscherbedeckten Gebirgen von fast 7000 m Höhe ein äußerst vielfältiger Lebensraum. Hinzu kommt die Sonderstellung Mittelamerikas als Zwischenglied des holarktischen Pflanzenreiches und der mittel- und südamerikanischen Neotropis bis hin zur Antarktis. Lateinamerikas Vegetationsspektrum reicht von den extrem artenreichen tropischen Regenwäldern, bis zur extrem ariden Wüste praktisch ohne Vegetationsbedeckung, von den einzigartigen Küstenvegetation der Mangrovenküste oder Korallenriffe, bis zu Überlebenskünstlern der Hochgebirge. 1.1 Die Phytomasse in Lateinamerika (Überblick) Die Phytomasse bezeichnet die Gesamtmasse aller lebenden Pflanzen. Zusammen mit der Gesamtmasse aller Tiere, der Zoomasse, bildet sie die Biomasse. Die Phytomasse bildet in der Regel etwa 99% der Biomasse. 1 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.2 Die Primärproduktion Lateinamerikas (Überblick) Pflanzliches Leben entsteht, wenn die Energie der Sonne über Photosynthese den Pflanzen zugeführt wird. Dabei wird Kohlendioxid (CO2) aufgenommen und in Kohlehydrate umgewandelt, die Grundstoffe für das Leben sind. Sauerstoff (O2) dagegen wird an die Luft abgegeben. Weil die Pflanzen atmen, geht ein Teil der Photosyntheseprodukte, also vor allem des Kohlendioxides, wieder verloren. Der verbleibende Teil wird als „Nettoprimärproduktion“ bezeichnet. Legt man diese auf die Fläche um und berücksichtigt dabei auch die Zeit, erhält man einen guten Indikator für die pflanzliche Produktivität und stellt fest, das die Produktionsleistungen der Vegetation auf der Welt sehr große Unterschiede aufweisen. Dies kann natürlich nur teilweise aus dem Photosynthesevermögen der Pflanzen erklärt werden, weil auch Boden, Wasser und Klima, aber auch das Relief eine Rolle spielen. Es ist daher nicht befriedigend, die Vegetation eines Standortes oder einer Region isoliert zu beschreiben, viel aufschlussreicher ist es, sie in ihren ökosystemaren Zusammenhängen zu sehen. Dies gilt insbesondere für einen klimatisch, pedologogisch, hydrographisch so vielfältigen Kontinent wie Lateinamerika mit seinem vielgestaltigen Relief. 2 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.3 Allgemeines zu den Überlebensstrategien der Pflanzen Um die Verteilung, das Aussehen, sowie die verschiedenen Überlebensstrategien der Pflanzen in den so kontrastreichen Klimazonen Lateinamerikas besser verstehen zu können, sind einige Informationen zu den verschiedenen Lebensformen und Umweltfaktoren notwendig. Es sollen daher die grundlegenden Begriffe zur Erscheinungsform der Pflanzen geklärt, und Standortfaktoren, die den Wuchs der Pflanzen begünstigen oder hemmen, kurz erläutert werden. 1.3.1 Grundlegendes zur Systematik der Pflanzen und Vegetationsformationen Um einen Überblick über die mannigfaltige Ausbildung der Vegetation zu bekommen, ist es wenig hilfreich sich mit einzelnen Pflanzenarten und -gattungen auseinander zu setzen. Bei weit über 360.000 Pflanzenarten weltweit (im Amazonasbecken zählte man auf einer Fläche von 2000 km² allein 500 Baumarten und über 93.000 einzelne Pflanzen!) ist es auch den größten Spezialisten nicht möglich, alle im Kopf zu haben. Im Laufe der Evolution haben sich jedoch die Arten an bestimmte Lebens- und Standortbedingungen angepasst, deren Hauptfaktoren Licht, Temperatur, Wasserangebot und Bodenchemismus sind. Daher haben Pflanzenarten oder Pflanzenvergesellschaftungen große Einfluss auf die Physiognomie der Landschaften der Erde. Auf der Grundlage der Vegetation lassen sich einzelne Naturräume relativ einfach voneinander unterscheiden und abgrenzen, wie auch einzelne Klimazonen oder etwa Höhenstufen. Viele Pflanzenarten und –gesellschaften tragen Lokalnamen. Daher verwendet die Wissenschaft lateinische Namen. Ein Ordnungsmittel, das auch dem Laien geläufig ist, ist die Wuchsform. Nach bestimmten Wuchsformen lassen sich folgende Formationen unterscheiden (nach Schmithüsen 1968): 1. Wälder 2. Offene Baumgehölze 3. Strauchformationen 4. Offenes Grasland (Savannen, Steppen, Wiesen) 3 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 5. Stauden- und Kräuterfluren 6. Zwergstrauch- Halbstrauchformationen 7. Wüsten und andere pfanzenarme Formationen 8. Pflanzenformationen der Binnengewässer 9. Pflanzenformationen des Meeres Folgende Unterscheidungen kann man treffen (nach Schmidthüsen et.al.): 4 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.3.1.1 Bäume und Baumähnliche Immergrüne Regenwaldbäume Große Blätter, 20-80m, z.B. Gummibaum Regengrüne Tropenbäume Hoch und großblättrig, mesomorph, in tropischsubtropischen Gebieten mit Sommerregen Sommergrüne Bäume der gemäßigten Breiten Breitlaubbäume der ozeanisch beeinflussten Kilmagebiete (Buche, Eiche, Linde, Esche, Ahorn) Kleinlaubbäume (Birke, Espe, Weide) können bis ins kontinentale Klima vordringen Lärche: sommergrüner Nadelbaum Immergrüne lorbeerblättrige Bäume Meist niedrig bis mittelgroße mit mesomorphen, lederartigen kleinen bis mittelgroßen Blättern. Kronenbäume Humiden Tropengebieten bis warmgemäßigten Hohe aufrecht wechselfeuchten Klimatypen stehende Holzgewächse mit Immergrüne Hartlaubbäume Bäume sekundärem Meist niedrig, hartlaubig (sklerophyll), z.B. In Stamm und Krone gegliedert. Bis über 130 Dickenwachstum. Ölbaum; z.B. in Winterregengebieten m hohe Holzpflanzen in Nach Laubstruktur- Mangrovebäume und -rhythmus zu Immergrün, oft mit Stelz- und Atemwurzeln, großer Vielfalt. unterscheiden Mindestwuchshöhe kein tropisch-litoral Definitionsmerkmal. Immergrüne Nadelbäume Bestimmte Niedrig (Pinie) bis sehr hoch (Mammutbaum), Wuchsformen gute mesomorph (Araukarie, bis xeromorph (Kiefer, Klimazonenzeiger Wacholder). In kühlen Lorbeerwäldern, borealmontanen Zone, tw. in ariden Gebieten Dornbäume Niedrig, horizontal ausgebreitete Krone (Schirmakazien), geteilte Blätter, regengrüne oder reduzierte Belaubung. (Sub-) Tropische Trockenwald- und Savannengebiete Tonnen- oder Flaschenbäume Wasserspeichernde, wenig verholzte Stämme. Periodisch trockene, tropische offene Waldstrukturen Unverzweigt, ohne sekundäres Dickenwachstum, mit Blattwedelkrone. In extrem maritimen oder tropisch montanen Klima 18m hohe hygromorphe Baumfarne, in Schopfbäume semihumiden bis semiariden Klima xeromorphe brandresistente Palmen. In lateinamerikanischen Hochgebirgen niedrige Kerzenbäume 5 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 6 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.3.1.2 Sträucher, Halbsträucher und Stauden immergrüne Sträucher (Rhododendron) Regengrüne Sträucher Nicht in Stamm und Krone gegliedert. Von Sommergrüne Sträucher Grund weg verzweigt. Bis etwa 8 m hohe Hartlaubsträucher (Oleander) Holzgewächse. Können durch basales Dornsträucher Wiederaustreibenden durch Witterungsungunst zerstörten Strauchkörper Nadelsträucher erneuern und so episodische Kälte und Blattlose Rutensträucher Trockenheit überdauern. Kommen daher Zwergsträucher (Hochgebirge) jenseits der verschiedenen Waldgrenzen Dornpolstersträucher (windexpon., sommertr.) (Trockengr., Schneegr.) vor. Hartpolstersträucher (südl. Anden) Niedrige Zwischenform zwischen Kräutern und Sträuchern. Oberirdische Triebe verholzt. Triebenden sterben in ungünstiger Jahreszeit ab. Meist xeromorph. In period. trockenen, subtropisch bis Halbsträucher tropischen Gebieten, vorw. auf steinigem Substrat (Halbstrauchsteppe). Lavendel, Salbei, Wermut Über 1 m, fast ausschließlich tropisch (z.B. Hohe immergrüne Begonien), bis 20 m hohe Stauden der BananenKräuter und Ingwergewächse Immergrün, oft xeromorph, in Baumkronen wachsend. Trop.-semihumid, besonders in Epiphytische montanem Nebelwald, Regenwald. Farne, Stauden knollenbildende Orchideen. Nur von Staub und Regen- oder Nebelwasser lebende Tillandsien Basale Schirmblätter, oder nur am aufrechten Spross Laubblätter tragend. In gemäßigten bis Sommergrüne borealen Breiten, alpinen Stufen, auch für Hochstauden monsunbeeiflusstes, sommerfeuchtes Klima charakteristisch. Mannigfaltige Ausprägung Stauden Krautige, ausdauernde, Niedrige Unter 1 m, können in kleinen Horsten höchstens basal vorkommen, mannigfaltig. Einzelstauden schwach verholzte Niedrige bodenbedeckende Stauden mit Pflanzen Ausläufern. In humiden Gebieten und in Rasenstauden unterschiedlicher Gebirgen (z.B. Moosfarn, Erdbeere) Verzweigungsart und Dicht verzweigte, meist niedrige, selten bis 1 m Wuchshöhe hohe kugelige Polster bildende Kräuter. An der Wind-, Kälte- oder Trockengrenze des Waldes, Polsterstauden auf skelettreichen Böden oder Fels. Angepasst an Windschliff, Beweidung und starken Temperaturschwankungen. Immergrüne, in Blättern oder Sprossen wasserspeichernde Pflanzen unter 50 cm. In wintermilden Trockengebieten mit kurzer Regenzeit oder mit Tau- oder Sukkulente Nebelniederschlag, auf Stein- und Kiesböden, Stauden vorw. Subtropisch (Agaven, sproßsukkulente Kakteen, fast im Boden vergrabene Sukkulenten) Sträucher 7 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 8 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.3.1.3 Gräser und sonstige Pflanzen Gräser Schmal- und langblättrige krautige Pflanzen, in der trockenen oder kalten Jahreszeit bis zur Basis absterbende Halmpflanzen. Regenerationsfähig. Bilden natürlichen Vegetationsteppich in allen klimatischen Extremgebieten zwischen Trocken- und Kältegrenze Hochgräser Xeromorphe Horstgräser Rasengräser Ephemeroide und Ephemeren. Kurzzeitig vegetierende, Geophyten niedrige Pflanzen mit unterirdischen Überdauerungsorganen. In periodisch trockenem Klima, Therophyten Winterregenklima, Steppen, Halbwüsten, Wüsten, Gebirgen Chamaephytische Thallophyten Hydrophyten Wasserpflanzen Über 1 m. Hygromorphe Röhrichtgräser (Schilf, Teichsimse). Mesomorphe Savannengräser (z.B. Pampasgras) Unter 1 m. besiedeln Extremstandorte. In extratropischen Steppen und Wüsten (Federgras, Schillergr., Halfagr.). In subarktischen Klima Tussockgräser mit halbmeterhohen Rundpolstern und schmalen steifborstigen Blättern. Mesomorphe, immergrüne, unter 1 m hohe Gräser der gemäßigten und kalten Zone, in litoralen und sub-alpinen Wiesen. Kulturrasen. Überdauern ungünstige Jahreszeit als Knollen, Zwiebeln, Rhizomen Einjahrespflanzen. Überdauern ungünstige Jahreszeit als Samen Strauch-, Laubflechten und Moose. In Tundrengebieten, Wäldern, Gebirgswälder, auch epiphytisch Schwimmblatthydrophyten Submerse Hydrophyten Wurzelnd im Flachwasser oder frei schwimmend Untergetauchte Wasserpflanzen (Blasentang, Seegras) 1.3.1.4 Lebensformen nach Raunkiaer Aus den verschiedenen Strategien, die Pflanzen entwickelt haben, um die ungünstige Jahreszeit (z.B. Trockenheit oder Kälte) zu überdauern, werden folgende Lebensformen unterschieden 1. Phanerophyten: Bäume und Sträucher, deren Erneuerungsknospen mehr oder weniger hoch über dem Boden an den in die Luft herausragenden Trieben sitzen und daher Frost und Trockenheit ungeschützt ausgesetzt sind. 2. Chamaephyten: Sie halten ihre Knospen knapp über dem Boden (20-50 cm) und sind bei regelmäßiger Schneedecke im Winter geschützt. Hierzu zählen auch die immergrünen und sommergrünen Zwergsträucher. 9 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 3. Hemikryptophyten: Stauden, bei denen die Erneuerungsknospen direkt an der Bodenoberfläche sitzen. Oberirdische Sprossen sterben gänzlich ab, oder bleiben nur zum Teil erhalten 4. Kryptophyten: Ziehen während der ungünstigen Jahreszeit ein. Die Erneuerungsknospen liegen entweder in einer bestimmten Tiefe im Boden (Geophyten) oder im Wasser (Hydrophyten). Die unterirdischen Organe dienen zur Speicherung der Reservestoffe. Kryptophyten sind daher besonders geeignet, um längere Trockenphysen zu überdauern und sind in allen ariden Gebieten verbreitet. 5. Therophyten oder anuelle Arten. Sie sterben während der ungünstigen Jahreszeit ganz ab und überdauern diese als Samen. Sie starten jedes Jahr mit dem Nachteil ihre Entwicklung immer von neuem beginnen zu müssen und brauchen daher lange um vegetative Sprosssysteme aufzubauen um zur Blüte und zur Frucht zu gelangen. In kalten Gebieten, wo das Pflanzenwachstum sowieso schon gehemmt ist, geht dieser Vorgang zu langsam. Diese Strategie bewährt sich daher vor allem in Trockengebieten, wo sie auch meist ohne Konkurrenz dastehen. Durch die verschiedenen Überlebensstrategien kommt es dazu, dass bestimmte Klimazonen für bestimmte Lebensformen am geeignetsten sind. In den feuchten Tropen sind daher 61% aller Pflanzen Phanerophyten, in der Wüste hingegen 42 %, ja bis zu 92 % Therophyten. In subtropisch-tropischen Gebieten ohne ganz kalte Winterzeit müssen andere Anpassungstypen hinzugefügt werden, z.B. das Auftreten von sukkulenten (wasserspeichernde) Pflanzen. In feuchten Tropen steigt auch die Zahl der Epiphyten und Lianen. 1.3.2 Pflanze und Umwelt Die Gesamtheit aller biotischen und abiotischen Umweltbedingungen, die auf die Pflanze einwirken, heißt Standort oder Biotop. Einzelne Faktorenkomplexe wie die orographische Situation (Relief), edapische (den Boden betreffende), klimatische Faktoren, oder 10 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at biotische Vorgänge kann man als sekundäre Faktorenkomplexe zusammen fassen, die sich in die sogenannten primären Standortfaktoren auflösen lassen: Licht, Wasser, chemische Vorgänge, Wärme und mechanische Vorgänge. 1.3.2.1 Das Licht Für die Photosynthese der organischen Substanz sind außer dem Protoplasma der Pflanze und dem Assimilationspigmet Chlorophyll zusätzlich Kohlendioxid, Wasser und Licht notwendig. Nach einer komplizierten Formel wird Strahlungsenergie in chemische Energie umgewandelt, die für Wachstum und Stoffwechsel verwendet und teilweise gespeichert wird. Von der für die Photosynthese verwendbaren Strahlung können nur wenige Prozent ausgenutzt werden. Der Grad der Ausnützung hängt vom Blattflächenindex ab, der das Verhältnis der gesamten Blattfläche einer Vegetationseinheit zu der von ihr eingenommenen Erdoberfläche beschreibt. In den tropischen Gebieten Lateinamerikas kann dieser Index bei 16 liegen (die Erdoberfläche wird theoretisch 16-fach von Blättern überdeckt), in ariden Gebieten unter 1. Viel hängt von der Beleuchtungsintensität der Pflanzen ab. Bei einer Beleuchtungsintensität von 1 % des vollen Tageslichts wachsen keine Blütenpflanzen mehr. Farne, Moose und Flechten hingegen, besonders aber Algen dringen tief in den Schatten ein. Spezialisten sind Meeresalgen, die in 260 m Tiefe mit nur 0,001 % des Tageslichtes überleben können. Viele Pflanzen nutzen die Tageslänge um ihre Entwicklung den Jahreszeiten anzupassen. 1.3.2.2 Das Wasser Wasser ist für die Pflanzen unentbehrlich. Es wird als Ausgangsmaterial für die Kohlehydrat-Photosynthese, zur Aufrechterhaltung des Quellungszustandes des Protoplasmas und als Beförderungsmittel für Nährsalze und Nährstoffe benötigt. Der Übergang von Wasser zum Landleben war für Pflanzen nur durch ein paar Tricks der Evolution zur Regulierung des Wasserhaushaltes möglich: Adsoptionsgewebe (die Wurzelhaut der Wurzelspitze, die mit den Wurzelhaaren das Wasser aufnimmt) Leitgewebe (sogenannte Tracheiden bringen Förderleistungen von bis zu 150 m/h) Abschlussgewebe (bestehend aus einer Oberhaut mit der fast wasserundurchlässigen Kutikula und den regulierbaren Spaltenöffnungen, den Stomata). Besonders in Trockenzeiten und Trockengebieten haben Pflanzen spezielle Strategien zur Verringerung der Evapotranspiration entwickelt. Reduzieren der Blattfläche, Behaarung, Wachsauflage oder eine besonders dicke Kutikula, Einrollen der Blätter (Steppengräser), Wasserspeicherung (Blatt-, Spross und Stammsukkulenten) und Vergrößerung des Verhältnisses Wurzel zu Spross (bei Tamarisken Wurzeltiefe bis 30 m) wirken existenzgefährdenden Transpirationsraten entgegen. Bei übermäßigem Wasserangebot werden ebenfalls Vorkehrungen getroffen: Unbenetzbarkeit der Blattoberfläche, emporgehobene Spaltenöffnungen, Fähigkeit zur aktiven Wasserabscheidung. Pflanzen die hoher Feuchtigkeit angepasst sind, nennt man Hygrophyten, Trockenspezialisten bezeichnet man als Xerophyten (wobei hier auch die Frosttrockenheit gemeint ist). Dazwischen steht die Gruppe der Mesophyten, zu der wohl die meiste Pflanzen zählen. Wenige Pflanzen können zeitweise austrocknen – sie sind poikilohydrisch. 11 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.3.2.3 Chemische Faktoren Von den vielen Substanzen die eine Pflanzen zum Aufbau benötigt sind Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Phosphor die wichtigsten. Stickstoff- und phosphorreiche Böden und Gewässer nennt man eutroph, arme nennt man oligotroph. Für die Vegetationsverteilung von Bedeutung ist weiters der Kalkgehalt der Böden, der die Bodenreaktion (pH-Wert) beeinflusst. Eine starke Auslese der Pflanzen bewirkt eine stärkere Konzentration an Alkalisalzen (Kochsalz, Soda) in Senken arider Gebiete oder an Küsten. Für die meisten Arten wirkten sie toxisch, angepasst haben sich Halophyten. Sie haben es geschafft, eine zu hohe Konzentration an Salzen im Zellsaft zu vermeiden, z.B., indem Wurzeln nur begrenzte Mengen gelöster Salze durchlassen. Andere machen Salze in ihren Zellen unschädlich oder scheiden sie wieder aus. Obligate Halophyten sind an hohen Salzgehalt im Boden gebunden, fakultative Halophyten dagegen sind salzverträglich, würden aber auch lieber auf nicht versalzten Böden wachsen. Salze von Schwermetallen vertragen nur wenige Pflanzen, manche zeigen sie spezifisch an. 1.3.2.4 Der Wärmefaktor Wärme bestimmt die Geschwindigkeit des Wachstums und der Entwicklung. Der thermische Einfluss ist hauptverantwortlich für die Zonierung der Vegetation und die Unterscheidung einzelner Höhenstufen in den Gebirgen. Besondere Merkmale sind die Dauer der thermischen Vegetationsperiode und das Vorkommen von Frost. Dieser entscheidet für viele Pflanzen über Leben und Tod. Das Vorkommen tropischer Gewächse ist auf frostfreie Gebiete beschränkt. Schon ein kurzes Absinken der Temperatur unter den Gefrierpunkt hat für manche Pflanzen katastrophale Folgen und zwingt sie zum Absterben. Auch frostverträgliche Pflanzen können nicht immer den Kampf gegen die Kälte gewinnen, da ihre Frostresistenz oft einem jahreszeitlichen Rhythmus unterworfen ist. Tropische Gebirgspflanzen sind hingegen extremen Temperaturgegensätzen im Tageszeitenklima ausgesetzt. Sie versuchen sich durch weiße Behaarung, oder Profilstellung der Blätter zu schützen. Rosettenpflanzen der Wüsten verbarrikadieren sich hinter einer Art Strohtunika aus abgestorbenen Blättern. 1.4 Biodiversität Lateinamerikas - eine ungeheure Artenvielfalt Es sind bereits viele Versuche unternommen worden, die Biodiversität Lateinamerikas zu dokumentieren. Aufgrund der ausgesprochenen Artenvielfalt ist es jedoch kaum möglich, diesem Reichtum Rechnung zu tragen. In Anlehnung an das Klima können für Lateinamerika eine Reihe von Vegetationszonen unterschieden werden. 12 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.1 Die tropischen Regenwälder Lateinamerikas Der tropische Regenwald ist die feuchteste Vegetationszone der Erde. Kein Monat bleibt unter 100 mm Regen, die Jahressumme der Niederschläge beträgt zwischen 2000 und 6000 mm. Der echte Regenwald reicht nicht über 1000 m Seehöhe hinaus. Manche Arten sind sogar noch „höhenempfindlicher“. So wird der kostbare Mahagoni nicht mehr über 200 m über dem Meer angetroffen. Nach oben hin geht die Hyläa in den etwas artenärmeren, kühleren, aber mindestens ebenso feuchten tropischen Bergwald über. Er ist, wie der Regenwald, in Stockwerke gegliedert, weder das geschlossene Kronendach, noch die darüber hinaus ragenden Einzelwipfel erreichen freilich die Rekordmarken des Tieflandwaldes. Den oberen Bergwaldsaum bildet der Nebelwald , die Augenbraue des Waldes (ceja de la montaña). 13 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Tropische Regenwälder bedecken zur Zeit knapp über 10,4 Millionen km², etwa 7,4 % der Erdoberfläche, dabei werden in der Regel die Bergwälder eingerechnet. Allein sechs Millionen Quadratkilometer entfallen auf das Gebiet des Amazonasbeckens (Hyläa). Während die meisten Wälder sich nach der quartären Eiszeit entwickelten, hat der äquatoriale Regenwald seinen Ursprung bereits im Tertiär und überstand die Klimaschwankungen des Eiszeitalters im klimastabilen Raum der inneren Tropen unbeschadet – bis der Mensch kam. Die tropischen Regenwälder schrumpfen unter der Hand des Menschen sehr schnell. Allein in historischer Zeit wurden 37 % (!) des einstigen Bestandes der südamerikanischen Regenwälder vernichtet. Der Tieflandregenwald setzt sich aus einem dreistufigen Baumstockwerk zusammen, mit einer zusätzlichen Strauch- und Bodenvegetationsschicht. Meistens sind aber einzelne Stockwerke nicht klar ausgebildet, für den Laien entsteht von außen der Eindruck einer grünen Mauer. Die standortökologischen Unterschiede zwischen den Stockwerken sind jedoch erheblich. Pflanzen des untersten Stockwerkes müssen mit extrem wenig Licht auskommen (nur etwa 2-3% des Tageslichtes erreichen den Urwaldboden), dort herrscht das ganze Jahr über die gleiche Luftfeuchte (100 %), die gleiche Temperatur (je nach Lage zwischen 23° und 27°C) und immer Windstille, während im obersten Stockwerk beachtliche Tagesschwankungen in Temperatur und Feuchte auftreten können und noch dazu ziemlich kräftiger Wind wehen kann. Die Artenzahl der tropischen Bäume ist gewaltig. Allein im Amazonasgebiet schätzt man 3000 Baumarten (in Mitteleuropas Wäldern sind etwa 50 Baumarten heimisch), vermutlich sind manche bisher noch unentdeckt. Wegen der gleichbleibenden Klimabedingungen entwickeln tropische Bäume keine Jahresringe. Die Wipfel der höchsten Urwaldriesen erreichen 40-60 m. Gerade diese haben oft 2-3 m dicke „Brettwurzeln“, die für für die Standfestigkeit von tropischen Stürmen und Gewittern umtosten Kronen sorgen. Dies ist auch deshalb nötig, weil der Boden zwar tiefgründig ist, in ihm aber keine Nährstoffe gespeichert sind. Alle lebensnotwendigen Minerale befinden sich in der allerobersten Rohhumusschicht und werden von den Wurzelpilzen der Pflanze aufgeschlossen. Deswegen haben auch die höchsten Baumriesen nur flache Wurzeln und müssen, statt sich tief im Boden festzukrallen, sich mit Brettwurzeln abstützen. Derartige Gebilde sind aber nicht die einzigen Strategien, im Kampf um Standfestigkeit einerseits und um Nährstoffe andererseits zu überleben. Andere Bäume bilden Stelzwurzeln aus, weitere verankern sich mit den Ausläufern der Luftwurzeln im Boden, wobei sie teilweise große Areale der für sie wichtigen Humusschicht „abgrasen“ können. 1.4.1.1 Der Stockwerkbau des tropischen Regenwaldes Der Etagenbau ist wesentlich deutlicher ausgeprägt, als in Wäldern der gemäßigten Breiten. Die höchsten Bäume, die sogenannten Überständer, überragen den Wald und bilden keine geschlossene Schicht. Sie sind hohen Temperaturen, starkem Wind und verhältnismäßig niedriger Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Die zweite Baumschicht besitzt ein geschlossenes Kronendach und setzt sich aus einer großen Zahl verschiedener Baumarten zusammen. Viele Arten sind heute noch nicht bekannt. Die Stämme sind bis in eine Höhe von etwa 20 m astfrei, bilden dann aber breite, dicht ineinander gefügte Kronen, die oft mit Lianen verbunden sind. Zu dieser Baumschicht gehören die Urwaldpalmen, die in ihren Ansprüchen hervorragend an die herrschenden Standortbedingungen angepasst sind. 14 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Das Untergeschoss der niedrigen Bäume, Sträucher und Kräuter ist hingegen keineswegs so undurchdringlich, wie es oft beschrieben wird. Ein ungestörter Regenwald ist relativ leicht begehbar, wenn man eine Machete dabei hat, um die Schlinggewächse zu durchtrennen. Der Lichtbedarf der hier lebenden Pflanzen muss gezwungenermaßen gering sein: Nur 0,1 bis max. 2 % des Tageslichtes erreichen den Waldboden. Der Waldboden wird überraschenderweise nur von einer dünnen Schicht von Blattstreu überdeckt – ständig arbeiten pflanzliche und tierische Organismen (Termiten, Ameisen Regenwürmer, aber vor allem die unsichtbaren Wurzelpilze) daran, herabfallende Blätter, Blüten und Zweige abzubauen. Die Bedeutung der Pilze (Mykorrhizeen) ist dabei groß. Sie leben in symbiotischer Verbindung mit den Wurzeln der Pflanzen und binden die durch die Zersetzung des Blattstreues gewonnen Mineralsalze.Dafür erhalten sie als Dank Zucker und stickstoffhaltige Stoffe von den Bäumen zurück. Diese Arbeitsgemeinschaft ist für das Bestehen des Waldes von enormer Bedeutung, da tropische Böden an sich nährstoffarm sind .Die Nährstoffe des tropischen Biomülls werden durch die Pilze im Kreislauf gehalten. Auch die Blüten zeigen eine erfreuliche Anpassung an die Gegebenheiten. Damit man sie überhaupt in der ständigen Dämmerung innerhalb des Regenwaldes finden kann, fallen sie durch leuchtende Farben stark auf – oder aber durch starken Geruch. Durch die ständige Windstille können Samen nicht durch den Wind vertragen werden, also spielen Tiere bei der Verbreitung eine große Rolle – etwa Affen, Papageien, Tukane, andere Vögel und Fledermäuse. Nur die Überständer bilden Flugsamen. Am Boden lebende Tiere (Tapire, Wildschweine) fressen die abgefallenen Früchte. Bei den Überschwemmungswäldern werden manche Samen über Fische verbreitet. 1.4.1.2 Einige Überlebensstratiegien Priorität in allen Pflanzenleben hat der Kampf ums Licht, weshalb hier, bildlich gesprochen, wirklich mit allen Mitteln gekämpft wird. Der Stockwerkbau, also das Nebeneinander von Bäumen verschiedener Größenordnung, gestattet schon eine differenzierte Lichtversorgung, wobei die „Überständer“ Mahagoni und Ceibo die Gewinner sind, aber auch das geschlossene Kronendach der mittelwüchsigen Bäume ausreichend Licht erhält. Andere Pflanzen schaffen es aus eigener Kraft nicht, ans lebensspendende Licht zu gelangen. Sie bedienen sich der Stämme ihrer Nachbarn, an denen sie emporranken, von deren Kronen sie hinabwachsen oder auf denen Ästen sie aufsitzen. Es sind dies die Epiphyten, Lianen und Baumwürger. Lianen etwa kommen in verschiedenen Ausprägungen vor und beginnen ihr Wachstum entweder als kleine Bodenpflanze oder im Kronenbereich, winden sich an ihren „Wirtsbäumen“ hinauf zum lebenbringenden Licht. Die undankbarsten Gäste der Wirtsbäume sind die Baumwürger (z.B. die Würgefeige). Sie beginnen als unscheinbarer Epiphyt (d.h. Pflanzen die auf anderen Pflanzen wachsen), schlingen sich mit ihren Luftwurzeln zu Boden, bekommen hier üppige Nahrung. Schließlich verwandeln sie das anfangs dünne Wurzelsystem in ein Hüllgeflecht und erwürgen regelrecht den Wirten. 15 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Jeder Besucher des Regenwaldes ist aber vermutlich am meisten von den Aufsitzern beeindruckt. Da sind es die strahlenden Blüten der Bromelien, die im Lichte des Sonnenstrahles leuchten, dort die kleineren Tillandsien oder gar die Königinnen des Urwaldes, die Orchideen mit wunderschönen Farben und Formen, die jeden verzaubern, der den Fuß in dieses Wunderreich setzt. Schließlich müssen auch die Pflanzen erwähnt werden, die mit dem wenigsten Licht auskommen müssen. Es sind dies die Arten der Krautschicht, oft Farne, aber auch viele schattenliebenden Pflanzen, die unsere heimischen Blumenfenster zieren. Die ökologischen Bedingungen dort unten, sozusagen im Keller des Regenwaldgebäudes, zwingen viele Blüher, besonders leuchtkräftige Blüten auszubringen, um die für die Vermehrung nötigen Insekten anzuziehen. 1.4.1.3 Das Amazonasbecken Das Amazonasbecken ist das größte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Erde. Nur an sehr wenigen Stellen ist der Wald von Gras- und Strauchsavannen unterbrochen. Das Gebiet ist fast eben, wenn auch durch eine Terrassenkante zwischen Várzea (Aue) und Terra Firme gegliedert, an seinen Rändern steigt es bis auf 200 m an. Immer noch ist die Erforschung des Regenwaldes nicht abgeschlossen. Erst seit etwa 30 Jahren wurden die bis dahin undurchdringlichen und nur über die Flüsse zu erreichenden Wälder durch Straßen erschlossen. Wenn man auch thermisch in den Tropen von einem Tageszeitenklima spricht, so gibt es in Amazonien dennoch Jahreszeiten, nur sind diese hygrisch definiert: Die Hochwasser- und die Nicht-Hochwasserjahreszeiten. Die Wasserspiegelschwankungen des Amazonas betragen bis zu 15 m. Das bedeutet, dass viele Bäume bis zu den Baumkronen unter Wasser stehen. In einzelnen Flussabschnitten bleiben weite Flächen ein halbes Jahr lang überschwemmt – die Bäume müssen sich notwendigerweise an das Leben mit dem Hochwasser anpassen. Sie wachsen schnell, um nicht schon in ihrer Jugend zu ertrinken und reduzieren während der Überschwemmungsperiode den Stoffwechsel. 16 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.1.3.1 Die Regenwaldtypen (des Amazonas) im Überblick 17 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Tropischer immergrüner Regenwald der terra firme 25-27°C 1800-3500 (bis 10.000) mm keine Trockenphase Böden extrem Nährstoffarm Campina-Wald 25-27°C 2000-3000mm keine Trockenphase Klima mit Trockenperioden Tropischer immergrüner Saisonregenwald 1600-2000 mm Trockenphase 2-4 Monate Böden naß durch zeitweilig oder dauernd hohe Wasserstände Tropischer teilimmergrüner Tieflandregenwald 1200-1800 mm Trockenphase 3-5 Monate Varéza-Wald Tropischer Überschwemmungswald mit Sedimentation durch Flüsse Tropischer regengrüner Trockenwald 500-1200 mm Trockenphase 4-8 Monate Igapó-Wald Tropischer Überschwemmungswald mit Erosion druch die Flüsse Tropischer Sumpfwald ständig unter Wasser Tropischer immergrüner Regenwald Grundwasserbeeinflusst 1.4.1.3.2 Regenwald der Terra firme Die dominierende Vegetationsformation ist der „klassische“ tropische immergrüne Tieflandregenwald des festen nicht überschwemmten Landes, der Terra firme. Der Amazonasregenwald gilt als der artenreichste Wald der Erde. Auf einer Fläche von 2000 m² fand man nicht weniger als 500 verschieden Baumarten und die unvorstellbare Gesamtindividuenzahl von 93780 Pflanzen (Klinge, 1973). Man deutet diese hohe Biodiversität als Anpassung an die kontinuierliche Begrenzung von Nährstoffen unter sonst günstigen Lebensbedingungen. Bei Niederschlägen unter 2000 mm im Osten und Südwesten des Amazonasbeckens geht der tropisch immergrüne Regenwald in den tropischen immergrünen Saisonregenwald über. Der sonst gleichmäßig über das Jahr verstreute Blattwechsel ist hier auf eine kurze Trockenphase beschränkt. Die immergrünen Bäum verlieren jedoch nie alle Blätter, zumal die jungen Blätter rasch nachwachsen. Der Laie wird den immergrünen Regenwald vom Saisonregenwald kaum unterscheiden, nur die Wuchsleistung ist geringer. 1.4.1.3.3 Campina-Wald Besonders nährstoffarme Böden tragen den sogenannten Campina-Wald. Hat der Boden des Regenwaldes, bei genereller Nährstoffarmut, sonst einen recht humusreichen Oberboden, ja sogar eine mehr oder weniger mächtige Schicht an Rohhumus, so gibt es in den zentralen Teilen des Amazonasbeckens völlig ausgewaschene Sandböden. Die Wälder dieser Standorte sind immergrün und haben hartes, lederiges Laub. Im Stockwerksbau unterscheidet man hier die 20-30 m hohen Bäume der Gattungen Eperua und Micrana und die 7-8 m hohen Carrasco-Bäume. 1.4.1.3.4 Váreza und Igapó Eine weitere Variante des tropischen Regenwaldes sind die tropischen immergrünen Überschwemmungswälder, die entlang der Flüsse ausgedehnte Flächen einnehmen. Es ist dabei ein großer Unterschied ob es sich um Weißwasser- oder Schwarzwasserflüsse handelt. In Weißwasser-Auen sind die Várzea-Wälder typisch. Sie sind echte Auenwälder und 18 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at können sich natürlich entlang des Amazonas am ausgedehntesten entwickeln. Die bedecken das 20 bis 100 km breite Überschwemmungsgebiete des Flusses. Im Unterschied zu Wäldern der Terra Firme sind Várzea-Wälder bei weitem nicht so artenreich, niedriger (max. 40 bis 45 m) und sind in sich relativ homogen. Die SchwarzwasserAuen, vor allem aber die Wälder im Mündungsbereich der Amazonasarme bedeckt der Igapó-Wald . Er unterscheidet sich deutlich von den VárzeaWäldern und den Wäldern der Terra Firme. Er ist rein äußerlich weniger üppig und etwas niedriger. Vor allem gibt es einen Unterschied: wenn nicht sowieso Wasser das halbe Jahr den Boden bedeckt, so gibt nur eine schlecht ausgebildete Kraut- und Grasschicht. Wer in Belém ein Boot besteigt und sich durch die Igapós (das sind die Wasserkanäle zwischen den Inseln) fahren lässt, verfällt schnell dem Zauber dieser fantastischen Pflanzenwelt....Einen großen Teil der Igapó-Wälder könnte man auch als Sumpfwälder bezeichnen. Echte, ständig nasse Sumpfgebiete findet man aber auch außerhalb der Flussgebiete. Die extrem sauren Standorte sind reich an Palmen und leiten häufig zu den Palmensavannen über und kommen in Kombination mit Röhrichten und Wasserpflanzen-Gesellschaften vor. 1.4.1.4 Regenwald der pazifischen Küste Zwischen dem Isthmus von Panama und der Guayabucht in Ecuador erstreckt sich eine der regenreichsten Zonen der Erde. Die Niederschlagsmengen betragen hier zwischen 6000 und 10.000 mm im Jahr. Es gibt keine Trockenperiode, was auch hier zum Wachstum eines üppigen tropischen Regenwaldes führt. Das Verbreitungsgebiet ist natürlich wesentlich kleiner als Amazonien, dafür ist es wesentlich abwechslungsreicher, da es von mehreren Bergketten durchzogen wird. Dort sind die Böden gut dräniert und nährstoffreicher als entlang des Amazonas. Die Arten unterscheiden sich etwas von denen Brasiliens, es gibt aber auch Baumarten die da wie dort vorkommen. Die Waldbestände werden bis zu 30 m hoch, die Überständer noch etwas höher und sind reich von Lianen durchflochten. In den Tälern sind dagegen umso schlechter entwässerte Sumpfwälder ausgebildet, deren Landschaftsbild von 5-12 m hohen Palmen geprägt wird, über sonst baumfreien, Röhricht und Schwimmrasengesellschaften. An der Küste geht die Süßwasservegetation in Mangrove-Wälder über, gegen Süden wird er allmählich von regengrünen Feuchtsavannenwäldern abgelöst. Die peruanisch-chilenische Küstenwüste ist nicht mehr weit. 1.4.1.5 Regenwald der brasilianischen Küste Der Regenwald der brasilianischen Küste erstreckt sich von der Nordostsporn des Landes über Rio de Janeiro bis Porto Alegre und wird zwischen 25° und 28° südl. Breite von einem trockenerem Bereich unterbrochen. Das Küstengebirge erreicht immerhin Höhen bis zu 2500 m, weshalb es zu einer ausgeprägten Höhenstufung kommt. Über dem immergrünen Saisonregenwald erstreckt sich ein schmales Band Bergregenwald, darüber folgen baumfreie Gras- und Gesteinsfluren. Der südliche Teil ist zudem von tiefen Schluchten und steil nach Osten abfallenden Hängen gekennzeichnet. Auf den Dünenebenen der Küstenebenen gedeiht eine Sonderform des Waldes, die Restinga genant wird. Im Brackwasser (schwach salziges Wasser im Mündungsbereich von Flüssen, oder zeitweise in Verbindung mit dem Meer stehende Strandseen) der Flussmündungen gedeiht der Mangrovenwald. 1.4.1.5.1 Brasilianischer Küstenregenwald Dass entlang der brasilianischen Küste der Regenwald so weit nach Süden reicht, hat klimatische Gründe. Die Jahresdurchschnittstemperaturen nehmen zwar von Nord nach Süd 19 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at von 24°C auf 18°C ab, sind aber durch Küstennähe sehr ausgeglichen. Mitverantwortlich ist der warme Brasilstrom, der am Nordostsporn nach Süden abbiegt und die gesamte Küste bis weit nach Süden mit warmen Wasser versorgt. Die Seewinde bringen feuchte Luftmassen, die dem nördlichen Bereich 1800 bis 2000 mm Niederschläge/Jahr bringen, dem südlichen Teil sogar 4000 mm, ohne ausgeprägter Trockenperiode. So kann der brasilianische Küstenregenwald zum immergrünen tropischen Regenwald gerechnet werden. Der trockenere Nordabschnitt geht in einen immergrünen Saisonregenwald über. Ganz im Süden macht sich der Einfluss der Subtropen bemerkbar: deutlich weniger Niederschläge in der kühleren Zeit. Die Wälder gleichen im Artenreichtum denen des Amazonastieflandes, allerdings in anderer Artenzusammensetzung. So treten hier gegenüber dem Amazonaswald Brettwurzeln weniger in Erscheinung, dafür enthält er mehr Baumfarne, Palmfarne und unterständige Palmen. Charakteristisch sind die helle Rinde der Bäume und ihr dunkelgrünes Laub, so wie der ungeheure Reichtum an Epiphyten, besonders der Orchideenarten und Lianen. Die Böden sind tief verwittert, gut durchlüftet und humusreich. 1.4.1.5.2 Bergregenwälder Die Bergregenwälder zeigen nach oben und unten deutliche Abgrenzungen: Gegen höhere Lagen werden sie von der Waldgrenze begrenzt, die etwa in einer Höhe zwischen 2000 m und 2400 m liegt. Die Grenze zu den Tieflandregenwäldern fällt mit der oberen Verbreitungshöhe der Cecropien und Palmen zusammen. Eine weitere Besonderheit hat dieser Bergregenwald zu bieten: subantarktische Pflanzengattungen sind hier vertreten, wie Weinmannia und Drimys. Oberhalb der Waldgrenze breiten sich Gras- und Steinfluren aus, Höhenkamps genannt. 1.4.1.5.3 Restinga An den Regenwald der Küsteneben schließt bis zur Küste ein nur wenige Kilometer breiter Streifen weißer Sandstrände und recht hoher Dünen an. Die Brasilianer nennen diese Küstenformation „Restinga“. Die klimatischen Voraussetzungen sind denen des Regenwaldes ähnlich. Die Niederschläge sind aber geringer, da sie hier nicht zum Aufsteigen gezwungen werden und die feuchten Luftmassen sich erst gegen das Bergland abregnen müssen. Das Erscheinungsbild auf den Dünen der Restinga zeigt lockeren Bewuchs von ausläuferbildenden Pionierpflanzen. Gegen das Landesinnere bedecken dichte Rasengesellschaften den sandigen Untergrund, z.T. mit xerophytischen Gebüschen durchsetzt. Mit der Entwicklung von Böden gedeiht auch der 10-15 m hohe Restingawald, wo auch eine baumförmige Palmenart (Arecastrum romanzoffianum) vorkommen kann. Kennzeichnend sind allerdings auch die Wanderdünen, die jedes Überleben von Pflanzen praktisch unmöglich machen und jeden Bewuchs überdecken und zerstören. 1.4.1.6 Mangrove-Wälder - ein sensibles Ökosystem Das Hauptverbreitungsgebiet der Mangroven in Lateinamerika sind die Innertropen (N-Küste Kolumbiens, Mündung des Amazonas, Teile der brasilianische SO-Küste). Bevorzugte Verbreitungsgebiete sind vor kräftiger Wasserbewegung geschützte Buchten oder Lagunen, hinter Sandbänken und Landzungen, entlang sedimentreicher Ströme, in Ästuaren und Deltas sowie an Küsten. Die Mangrove verträgt keinen Frost und ist an warmes Wasser gebunden. Ihr Verbreitungsgebiet sind daher die warmen Küsten Lateinamerikas , in Südamerika die Atlantischen Küste bis etwa 28° südl. Breite, die Pazifikküste hingegen nur bis 4° südl. Breite – der kalte Humboldtstrom verhindert dort eine weitere Ausbreitung nach Süden. 20 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Die Mangrove verlangt Brackwasser (teils salziges, teils süßes Wasser). Entlang der großen Flussläufe (z.B. Amazonas) dringen Mangrovenwälder nur soweit ins Landesinnere vor, wie der Unterstrom an salzigem oder brackigem Wasser reicht. Sie sind daher obligate Halophyten. Die Mangrove besiedelt zwar bereits festes Land, beschleunigt allerdings den Prozess des Landzuwachses beträchtlich. Diese Eigenschaft kann dazu führen, dass sich ein neuer Küstenstreifen bildet und parallele Mangrovengürtel sich kilometerweit ins Land hinein erstrecken. Gezeitenmäßig schwankt der Wasserspiegel stark. Bei Flut ragen nur die Baumkronen aus dem Wasser, bei Niedrigwasser ist der Boden frei zugänglich. Mangrovenküsten sind also tropische Marschenküsten und entsprechen dem Küstentyp der vorrückenden, aufgebauten Küste.Als Pioniervegetation verankern sich ihre stelzartigen, undurchdringlichen Wurzelsysteme im weichen Schlick. Bei auf- und ablaufenden Gezeiten verfängt sich der Schlick in den Wurzelsystemen. Bei Ebbe bezeichnet eine horizontale Linie aus grünem Blattwerk den Wasserhöchststand. Die Bäume und Sträucher bilden Atemwurzeln aus, die entweder als Stelzwurzeln, oder als spargelförmig herausragende Luftwurzeln ausgebildet sind. Die Leitarten gehören den Gattungen Rhizophora, Avicennia, Laguncularia und Sonneratia an. Sie können bis zu 12 m hoch werden. Neben dem Mangrovenwald gibt es auch Gebüsche mit einer Höhe von 2-3 m. Eine Bodenvegetation fehlt zur Gänze, auch Epiphyten sind kaum zu finden. Durch die Standortgebundenheit an brackischem, seichtem Wasser sind Mangrovenwälder extrem sensible Ökosysteme. Durch den Eingriff des Menschen wurde vielerorts ein einmaliger Lebensraum, Grundlage für zahlreiche endemische Arten, für immer zerstört. Es sind insbesondere die großen Landgewinnungsprojekte der Holländer in Surinam, in historischer Zeit auch in Guyane, die die größen zusammenhängenden Mangrovenwälder Südamerikas für immer vernichtet und die ehemaligen Wattflächen nach Eindeichung außerordentlich furchtbare Reis- und Zuckerrohrplantagen verwandelt haben. Für Mangroven ist zwar warmes Wasser lebensnotwendig, sie können aber unterschiedliche Salzgehalte ertragen. Sie tragen essbare Früchte, deren Samen die ungewöhnliche Eigenschaft haben, schon Wurzeln zu schlagen, wenn die Frucht noch am Baum hängt (sie sind vivipar). Wenn diese Wurzeln den Boden erreichen, können die Früchte austreiben, bevor sie von der Mutterpflanze getrennt werden. Die Kronen der Mangroven bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren. Der Vogelreichtum ist vielfach überwältigend. Ein Teil der Tierwelt ist entweder nur bei Flut oder bei Ebbe aktiv. Viele jedoch dauernd. Alles in allem ist es eine reiche und bunte amphibische Lebensgemeinschaft. 21 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Mangroven können nur in brackischen Wasser überleben, da sie im Zellsaft viel Kochsalz aufnehmen und speichern – sie sind also blattsukkulent. Das Salz wird wieder ausgeschieden und vom Regenwasser abgespült, oder erst mit altem Laub abgeworfen. Die verschiedenen Mangrovenarten sind in bestimmter Weise zoniert, in Abhängigkeit von der Höhe der Überschwemmung, des Salzgehaltes des Wassers und der Klimazone (in regenärmeren Randtropen ist der Salzgehalt im Wasser höher, im Äquatorialbereich hingegen nicht). 1.4.1.7 Korallenriffküsten Korallenriffe gehören zu den sensiblesten, wertvollsten Lebenräumen der Welt und verfügen über eine noch größere Artenvielfalt als tropische Regenwälder. Durch die fortschreitende Erderwärmung ist die Temperatur in einigen tropischen Meeren bereits zu hoch für Korallen. Aufgrund der Überhitzung, der zunehmenden Verschmutzung und anderer Probleme, für die der Mensch verantwortlich ist, sind bereits zehn Prozent aller Korallenriffe weltweit im Absterben begriffen, weitere 30 Prozent gelten als ernsthaft gefährdet. Genauso wie Mangrovenküsten gehören auch Korallenriffe zu organogen gestalteten, tropischen Küsten. Ihr Lebensraum ist auf warme, tropische Meere beschränkt - die für ihr Wachstum optimale Wassertemperatur liegt zwischen 25 und 30°C; Werte über 34°C und unter 18°C machen ein Bestehen von Korallen unmöglich. Korallen sind zudem an sauerstoff- und nährstoffreiches klares Salzwasser gebunden. Da Symbionten der Korallen zur Photosynthese Licht benötigen ist ihr Wachstum im Weiteren auch an seichtes Wasser gebunden. Obergrenze des Wachstums ist das Niveau des normalen Niedrigwassers. Mehr als zwei Stunden an der Luft würden Korallen nicht überleben. Durch Meeresspiegelschwankungen oder Krustenbewegungen trockengefallene Riffsysteme verfallen unter intensiver Verkarstung relativ schnell. Korallen gehören dem Tierstamm der Nesseltiere an und kommen in den unterschiedlichsten Variationen vor. Ein Riff besteht in der Regel aus vielen verschiedenen Arten, wobei die Gruppe der Steinkorallen die schnell wachsen und ein Riff aufbauen. Die äußere Wand jedes Einzeltieres besteht aus kohlensaurem Kalk, der in gelöster Form aus dem Meer entnommen wird. In tropischen Meeresbereichen ist Kalziumkarbonat im Überschuss vorhanden. Der Korallenstock wächst unter dauernder Kalkablageurng weiter in die Höhe, bis das Ebbeniveau erreicht ist. Kalkalgen scheiden dicke, steinharte Kalkkrusten ab, die das Riffdach verfestigen und längs des Riffrandes ein Algenrücken aufbauen. 1.4.1.8 Die Gebirgsregenwälder Am steilen Ostabfall der Anden wird das Einzugsgebiet des Amazonas von einem immergrünen und teilimmergrünen Gebirgsregenwald überragt, das sich als schmales Band von Venezuela bis Santa Cruz (Bolivien) zieht. Im Gegensatz zum Tiefland ist das Klima hier relativ kühl, da im Kondensationsniveau eine ständig vorhandene Wolkendecke die Sonneneinstrahlung reduziert. Mit zunehmender Höhe wird die Wolkendecke noch dichter. Dort, wo nahezu ganzjährig das obere Kondensationsniveau sehr stabil ist, bildet sich der berühmte Nebelwald, die „ceja de la montaña“. Baumfarne erreichen dort Höhen von bis zu 20 Metern, Tillandsien sind nirgends schöner zu finden, die Pflanzendichte kann kaum größer sein. Floristisch bemerkenswert ist der hohe Anteil an holarktischen Florenelementen (Alnus, Prunus, Ilex u.a.) sowie subantarktische Formationen (Weinmannia, Drimys, Podocarpus). 22 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Das Bergwaldgebiet ist von Norden nach Süden nicht einheitlich. Der feuchte Nordabschnitt zwischen Venezuela und Ecuador erhält 3000 bis 4000 mm Niederschlag im Jahr. Der Nebelwald beginnt hier etwa bei 2000 m. Die untere Stufe (bis etwa 1800 – 2000 m) ist dem Wald der tieferen Lagen ähnlich. Die Bäume erreichen Höhen bis zu 30 m, reich an Lianen und Epiphyten. Der untere Nebelwald (bis etwa 2600 m) ist immergrün und erreicht knapp 30 m Höhe, obwohl die Jahrestemperatur nur mehr 12 – 15 °C beträgt. Eine Besonderheit in dieser Höhe ist der den Wissenschaftlern unter dem unaussprechlichen Namen bekannten Podocarpus rospigliosii-Wald, einem Nadelwald mit Baumhöhen über 40 m, dem die in dieser Höhe üblichen Baumarten beigemischt sind. Seine geraden, astreinen Stämme sind für die Forstwirtschaft besonders interessant. Entlang der Flüsse dominiert hier, wie auch im südlichen Bereich die Andenerle (Alnus acuminata). Der obere Nebelwald, bis etwa 3200 m, setzt sich aus anderen Podocarpus-Arten zusammen, die nur mehr 12-15 m erreichen. In Küstengebieten liegt diese Höhengrenze etwas tiefer. Eine Besonderheit zeigen die sogenannten Polylepis-Wälder zwischen 3000 und 4200 m. Sie stehen in keinem Kontakt zu anderen Waldgebieten, sondern sind in die sonst baumfreie Gesellschaft der Páramos eingebettet. Niederschläge zwischen 500 und 700 mm im Jahr und Jahrestemperaturen zwischen 3 bis 6°C lassen nur mehr Baumhöhen bis etwa 6 m zu und das auch nur entlang von Flüssen, Seen oder feuchten Karmulden. Der höher aufragende südliche Abschnitt der tropischen Anden erstreckt sich vom Äquator bis Santa Cruz de la Sierra in Bolivien und reicht somit von den zentralen Tropen bis in die Randtropen. Einheitliche klimatische Verhältnisse (Jahreswerte: 24°-28°C, 2000-4000 mm) sind hier also nicht zu erwarten, zumal auch mit zunehmender Höhe das Klima einen deutlichen Wandel zeigt. Die Böden sind im Gegensatz zum Amazonasgebiet nährstoffreich, nur im hochgelegenen Nebelwald sind sie ausgewaschen. Die steilen Hänge erhöhen jedoch die Erosionsgefahr beträchtlich. Auch ist der untere Gebirgswald jenem des Tieflandes sehr ähnlich: hoher Artenreichtum, zahlreiche Lianen und Epiphyten prägen das Erscheinungsbild der Yungas, die oberste Baumschicht erreicht eine Höhe von 30 m. Im Gebirgsnebelwald begünstigt die hohe Luftfeuchtigkeit das Wachstum von Moosen und Baumfarnen, Palmen fehlen allerdings. In diesem südlichen Abschnitt ist der Ceja-Wald, also der Nebelwald, mit einer maximalen Wuchshöhe von 10-15 m wesentlich niedriger und gleicht manchmal eher einer Gebüschformation. Die Äste der knorrigen Bäume sind von dicken Polstern und Moosen eingehüllt. Auch im südlichen Teil der tropischen Anden gibt es Polylepis-Gehölze, etwa zwischen 3700 und 4600 m. Die kaum größer als 5 m werdenden immergrünen Bäume steigt mancherorts weit über die 4600 m-Marke und ist somit die höchst-reichende Baumart der Erde. Man ist sich nicht sicher, ob es früher einen geschlossenen Polylepis-Bestand gegeben haben soll, als geschlossene Waldstufe, die heute von der Hochgebirgssteppe der Puna eingenommen wird. So bieten die heutigen Polylepis-Bestände den Wissenschaftlern heute noch ein reiches Betätigungsfeld. Viele Fragen zur historischen Ausbreitung sind noch offen. 1.4.2 Tropische teilimmergrüne Regenwälder Diese Pflanzenformation ist in vieler Hinsicht eine Übergangsgesellschaft. Der tropische teilimmergrüne Regenwald löst bei zunehmender Trockenheit den immergrünen Regenwald ab, meist im Regenschatten der nördlichen Anden, wo sie zu den Llanos von Kolumbien und Venezuela überleiten. Auf der Westseite der Gebirge bildet der tropische teilimmergrüne 23 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Regenwald einen schmalen Streifen. Der nächste größere Bestand findet man erst im Raum Minas Gerais, wo größere Flächen in den subtropisch teilimmergrünen Regenwald überleiten. Kleinere Bestände findet man auch dort, wo die innerhalb des Trockengebietes der Caatinga an den Ostseiten mehr Niederschlag fällt. 1.4.2.1 Kolumbianisch-venezolanischer Alisiowald Das Klima im Bereich des Alisio-Waldes ist passatisch beeinflusst. Stark wehende Winde, 1200-2000 m Niederschlag mit Juli/August-Maximum und einer Jahresmitteltemperatur von 26-28°C prägen das Wettergeschehen. Alisio-Wälder sind keineswegs so homogen wie immergrüne tropische Wälder, der Übergang von den immergrünen Wäldern ist fließend. Die westlich gelegenen Wälder sind reicher an immergrünen Gehölzen, im östlichen Bereich herrschen laubabwerfende Arten vor. Auf der anderen Seite sind sie reich an mesophytischen Arten und leiten im trockensten Fällen sogar zu Dornbuschwäldern über. Das Unterholz wird von diversen Sträuchern und verschieden Fächer- und Fiederpalmen geprägt. Der Boden ist von Kräutern und Gräsern bedeckt. Der Epiphytenbewuchs tritt hier deutlich zurück. Die Flussniederungen sind hingegen überschwemmungsbedingte üppige Auwälder, wo einige Arten aus dem Amazonasgebiet stammen. Der Alisio-Wald wird immer wieder von Gras- und Baumsavannen unterbrochen, den sog. Chapparales. 1.4.2.2 Teilimmergrüne Regenwälder NO-Brasiliens Über die genaue Verbreitung und Abgrenzung einerseits zum subtropischen teilimmergrünen Regenwald, andererseits zu den immergrünen Wäldern ist noch wenig bekannt. Sie dürfte im brasilianischen Staat Minas Gerais nordöstliche von Belo Horizonte verlaufen. Innerhalb der trockenen Caatinga-Formation belegen sie kleine Areale an den Osthängen der Bergrücken, die durch Steigungsregen etwas mehr Niederschlag erhalten, trotz der geringen orographischen Unterschiede zwischen Ebene und den geringen Höhen. Die Abwechslung zum Caatinga-Trockenwald ist dennoch deutlich erkennbar. Die Wälder weichen von ihrer Struktur kaum vom Alisio-Wald ab, sehr wohl aber von ihrer Artenzusammensetzung. 1.4.3 Subtropische Wälder In der Zone der subtropischen Hochdruckgebiete dominieren im wesentlichen zwei Vegetationsformen: Trockenwälder und Wüsten, bzw. Halbwüsten. Durch das orographische Bild Südamerikas wird dieses Schema deutlich modifiziert. Durch die Passatwinde des Atlantiks sind die östlichen Bereiche noch feucht. Erst allmählich vollzieht sich der Übergang zum Trockenwald des Chaco. Die Anden stören ein weiteres Mal das Schema der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation. Wo in anderen Teilen der Erde die Passatwinde auslaufen und Trockenheit bringen, zwingt sie der Andenrand zum Aufsteigen, so dass hier erneut, wenn auch entlang eines relativ schmalen Streifens erneut subtropische Wälder auftreten. 24 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.3.1 Subtropisch teilimmergrüne Wälder Südostbrasiliens Das vom Küstengebirge nach Westen abfallende Ostbrasilianische Bergland zeigt deutliche subtropische klimatische Strukturen: auf Höhen zwischen 400 und 800 m fallen zwischen 1000 und 1600 mm Niederschlag, diese hauptsächlich im Sommer, die Jahresmitteltemperatur liegt zwischen 16 und 19°C, zudem sind hier bereits frostbringende Kaltlufteinbrüche aus dem Süden möglich. Die Wälder breiten sich in den brasilianischen Staaten São Paulo, Rio Grande do Sul, in Ost-Paraguay und in der argentinischen Provinz Misiones aus. Die Ostgrenze wird durch die Serra do Mar scharf gezogen, der Übergang zum westlichen Chaco ist unscharf. Reinbestände des ursprünglich weitflächig vorhandenen Laubwaldes sind nur mehr wenige vorhanden – kein Gebiet ist so intensiv abgeholzt worden wie die subtropischen Wälder Südost-Brasiliens. Noch vorhandene Reinbestände zeichnen sich durch 25-30 m hohe Bäume aus, mit viel Unterholz, Lianen und Epiphyten. Baumfarne und Palmen prägen das Erscheinungsbild eines Waldes, der in seinen Reinbeständen nur mehr in den argentischbrasilianisch Nationalparken um die Iguazu-Wasserfälle vorkommt, obschon auch dieser einer intensiven forstlichen Nutzung unterliegt. Die Entwaldung war jedoch so groß wie in keinem anderen. Der Staat São Paulo war ursprünglich mit 95 % Wald bedeckt, heute sind es nur mehr 8 %. Seit einigen Jahren werden Aufforstungen mit den nicht endemischen Eukalyptus und Pinus-Arten betrieben. Grund für die Ausbeutung war auf der einen Seite die Nutzung der Araukarie als Nadelholz, auf der anderen Seite eroberte der Kaffeeanbau seit 1834 das gesamte Areal des Staates São Paulo. Zum Problem wurde die rasche Ausbeutung des Bodens, sodass immer neue Flächen gesucht werden mussten. Heute hat der Kaffeeanbau den Rio Paraná erreicht, etwa ab 1960 müssen auch Teile des Urwaldes für die Landwirtschaft herhalten, um Felder mit Mais, Soja und Weizen zu bestellen. Die aufgegebenen Kaffeeanbaugebiete wurden zu Rinderweiden, Pferdeoder Schafweiden umfunktioniert, oder verödeten als sekundäre Grassavannen. 1.4.3.1.1 Subtropischer Araukarienwald Das südbrasilianische Bergland kann zwischen 500 und 1300 m mit einer Besonderheit aufwarten: mit dem subtropischen Araukarienwald aus Araucaria angustifolia. In der Serra da Mantiquera erreichen die Wälder sogar 1800 m. Voraussetzung sind vor allem die im Bergland etwas höheren Niederschläge (zwischen 1400 und 2500 mm), die noch dazu gleichmäßiger über das Jahr verteilt sind. Von den Jahresmitteltemperaturen zwischen 13 und 18°C soll man sich nicht täuschen lassen – hier kann sogar Schnee fallen! Für Brasilianer ist dies ein recht außergewöhnliches Ereignis. Die 25-30 m hohen Wälder sind denen des subtropischen Waldes in ihrer Struktur und Artenzusammensetzung ähnlich, in den höheren Lagen kommen allerdings vermehrt Berg- und Nebelwälder vor. Diese Feinheiten sind beim Anblick der Wälder allerdings zweitrangig – es dominiert die für subtropische und tropische Regionen recht ungewöhnliche und auffällige breite Krone der Araukarie. Die Obergrenze des Waldes gegenüber den offenen Kamp-Flächen ist ungewöhnlich deutlich, was womöglich nicht nur natürliche Ursachen hat – zur Diskussion stehen natürliche Brände, anthropogener Einfluss, oder aber ein edaphisch begründete Übergang zwischen den Lateriten unterhalb der Waldgrenze und den gelben Böden der Kamp-Bestände. 25 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Araukarienwälder haben florengeschichtlich eine große Bedeutung, da sie eine Reliktform aus Gattungen eines südhemisphärischen Florenreiches darstellen. Neben der Araukarie konnte man etwa 30 Arten des antarktischen Florenreiches feststellen und somit den Beweis erbringen dass es eine Verbindung zwischen diesem und dem Brasilianischen Araukariengebiet gegeben haben muss. 1.4.3.2 Subtropisch teilimmergrüne Wälder des Andenrandes Am Andenostabfall erstreckt sich ein 1500 km langes Band, im Anschluss an die tropischen Gebirgswälder. Es reicht vom bolivianischen Santa Cruz bis in die argentinische Provinz Catamarca. Die einzelnen Stufen der Höhengliederung steigen von Süden nach Norden mit Zunahme der Jahresdurchschnittstemperaturen an. Man kann hier eine charakteristische Höhenabfolge beobachten: 26 Niederschlag 1000-2000 mm 800-2000 mm Laurel-Wald 1500-2000 mm 12-18°C 15-20°C 18-20°C Temp. 1200-1400 m MyrtaceenWald < 12°C 1400-2200 m Nogal-PinoWald 500-1000 m Aliso (Erlen-) Wald 1000-1200 m Höhenstufe Höhe Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Charakteristik Der Aliso-Wald erhält hier im Sommer gelegentlich auch Schnee, der Winter ist hingegen Trocken – immer noch wirkt der Passatische Einfluss. Während sie in den tropischen Bergwäldern nur entlang Fließgewässern zu finden ist, so bildet sie hier eine eigene Waldstufe. Wie auch in der Nogal-Pino-Stufe sind hier einige Gattungen des holarktischen Florenreiches verbreitet, wie sie auch in Mitteleuropa vorkommen. Ab etwa 1200 m beginnt die Zone der laubabwerfenden sommergrünen Wälder. Erinnert in der Artenzusammensetzung stark an mitteleuropäische Wälder. Lianen und Epiphyten treten hier stark zurück, die Krautschicht ist hingegen üppig ausgebildet Baumschicht wird hauptsächlich von der Gattung der Eugenia zusammengesetzt und erreicht Höhen zwischen 12 und 15 m. Typisch sind die epiphytischen Moose, die als dichter Bewuchs die Äste umkleiden und so dem Myrtaceen.Wald einen Touch von tropischen Regenwald geben. Unter kühlerem Klima kann sich hier mehr Auflagehumus bilden als in unteren Waldstufen. In der Artenzusammensetzung gibt es hier, wie auch im LaurelWald einen großen expositions- und reliefbedingten Unterschied in der Artenzusammensetzung. In unmittelbaren Vorland der Anden. Bis 30 m hoher Wald, auch die 2. Baumschicht ist gut ausgebildet, hinzu kommt ein dichter Unterwuchs an Sträuchern. Das Bild wird geprägt von zahlreichen Lianen und Epiphyten, Farne und im Norden auch zahlreiche Orchideenarten. 1.4.3.3 Subtropisch-wechselgrüner Chacorandes Übergangswald des westlichen Der subtropisch wechselgrüne Übergangswald ist die Verbindung zwischen den unteren Höhenstufen der subtropisch teilimmergrünen Wälder und den Trockenwäldern des Chaco. Gegenüber den subtropischen Laurel-Wäldern fehlen hier allerdings Palmen, gegenüber dem östlich gelegenen Trockenwald fehlen die Kakteen. Strauch- und Bodenvegetation sind reichlich vorhanden. Das Gebiet unterliegt intensiver Landnutzung, besonders in Argentinien. Auf den sanften Hügeln des Andenvorlandes gedeiht fast alles, was angebaut wird, vor allem verschieden 27 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Gemüse- und Obstarten, die bis nach Buenos Aires exportiert wird. In den großen Plantagen werden Zuckerrohr (in Tucumán) und Tabak (Salta) angebaut. 1.4.4 Trockenwälder Trockenwälder sind vor allem für subtropische Klimabereiche typisch, doch auch in den Tropen wachsen durch austrocknende Passatwinde Trockenwälder. In Südamerika unterscheidet man die Trockenwälder des Chaco,die Wäldern und Gebüschen der innerandinen Trockentäler, die Karibischen Trockenwälder und die Trockenwälder der Caatinga. Das Klima als Rahmenbedingung der Vegetation zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten: • Die Niederschläge liegen im allgemeinen zwischen 500 und 1200 mm • In den Subtropen liegen die Jahresmitteltemperaturen zwischen 19 und 23°C, bei Jahresschwankungen von 10-13°C • In den Tropen herrschen das ganze Jahr über 27°C. • In beiden Klimaregionen fallen die Niederschläge im Sommer. In den Tropen ist dieser nur durch Niederschläge gekennzeichnet, sie bringen humides Klima, in den Subtropen sind natürlich auch die Temperaturen höher als im Winter, in dem im allgemeinen extrem aride Bedingungen herrschen. Die flachgründigen, steinigen Böden auf oft felsigem Untergrund haben kaum Möglichkeit, das Wasser zu speichern und unterstützen daher die Trockenheit der Standorte. Beim flachwelligem Relief des Chaco sind die Hangbereiche durch den Wasserabfluss benachteiligt, während in den Tälern ein üppigeres Pflanzenwachstum möglich ist. Gleichzeitig bildet sich durch die teilweise ariden Klimabedingungen in den ebenen, tiefen Lagen in den Böden ein hoher Salzgehalt und wasserundurchlässige Tonschichten. Dadurch fließt das Wasser in der Regenzeit ab und kann nicht im Boden gespeichert werden. Katastrophenartige Überschwemmungen sind beinahe jährlich die Folge. Äolische Sandanhäufungen um die Gehölzpflanzen begünstigen bis zu einem gewissen Grad das Wachstum, bei zu starker Akkumulation kann dieser Effekt aber auch ins Gegenteil kippen (Desertifikation). Die Pflanzen müssen daher Strategien entwickeln, um sich den äußeren Bedingungen anzupassen, insbesondere an den Wassermangel während der Trockenzeit. 28 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Xerophyten haben verschiedene solche „Tricks“ entwickelt und sich dem Wassermangel angepasst. Die oberirdischen Organe weigern sich vehement, Wasser abzugeben, dafür versuchen sie durch lange, tiefreichende Wurzeln soviel Feuchte wie möglich aufzunehmen. Die Blätter können durch Vertikalstellung der Blattspreize und durch eine Reduzierung der transpirierenden Oberfläche der Austrocknung entgegenwirken. Die Blätter sind klein, schuppen- oder dornenförmig, oder fehlen zu Gänze. Viele Gebüsche und Bäume besitzen imposante Dornen um sich vor Tierfraß zu schützen. Andere Pflanzen wiederum haben die Strategie das Wasser in ihren Blättern und Stämmen zu speichern – sie sind sukkulent, wie viele verschieden Kakteenarten. Viele Gehölze werfen zudem ihre Blätter während der Trockenzeit ab – und das kann durchaus für bis zu neun Monate der Fall sein. Das hat den Vorteil, dass sie für die Erstellung ihrer Blätter nur halb so viel Baustoff benötigen, wie ihre immergrünen Kollegen. Sie haben während der Regenzeit größere, dünne Blätter. Auch ihre Assimilationstätigkeit (Photosynthese) ist in der Regenzeit höher, dafür fällt sie in der Trockenzeit praktisch aus. Die Blütezeit legen viele Pflanzen kurz vor Beginn der Regenzeit wenn Luftfeuchtigkeit und Temperaturen ansteigen. Die Strauchschicht ist dicht und dornig – das begreift jeder, der versucht hat, durch einen Trockenwald zu wandern. Ein Durchkommen ist fast unmöglich. Die Krautschicht wird von vielen Chamaephyten gebildet, weniger aber von Hemikryptophyten und Geophyten. 1.4.4.1 Der Chaco Das große Gebiet des Chaco reicht von Bolivien bis Santa Fé am Río Paraná und von den Anden bis zu den Flüssen Paraguay und Paraná. Die weit verbreitete Untergliederung in einen nördlichen, mittleren und südlichen Chaco ist irreführend, der wesentliche Übergang vollzieht sich von Ost nach West. Das Klima des Chaco ist extrem. Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von 18°C (im Süden) und 25°C (im Norden) steigen die sommerlichen Maximalwerte über 50°C! Im Winter hingegen können Fröste bis –6°C auftreten, auch der kalte „Pampero“ mit kalter Luft aus der Antarktis kann binnen kurzer Zeit einen Temperatursturz von 10-20°C bewirken, verbunden mit heftigen Gewitterregen. Warum sich der Chaco-Wald sich von West nach Ost verändert, liegt an den Niederschlägen, die im Osten unter maritimen Einfluss noch bei 1000 mm liegen nach Osten bis unter 500 mm abnehmen. 80% der Niederschläge fallen im Sommer, die extreme Trockenzeit dauert bis zu acht Monaten an. Ein Grossteil des Niederschlags fällt in Form von sommerlichen Sturzregen, die häufig weite Landstriche überschwemmen. Das Gebiet ist vollkommen eben, ausgenommen einzelner tektonisch gehobener Horste, bei etwa 100 m ü. d. M. und steigt am Andenrand bis etwa 500 m an. Die Böden bestehen aus praktisch humusfreien tertiären und quartären Sanden. Die obersten Bodenschichten werden häufig aus Feinsand und Löss aufgebaut. Eigentlich wären die Böden bei pH-Werten zwischen 6,8 bis 7,2 nährstoffreich. Die Pflanzen können allerdings die Minerale wegen des hohen Salzgehalts der Böden nur schwer aufnehmen. Die äolische Tätigkeit ist von großer Bedeutung. Im Winter befallen regelmäßig Staubstürme das Gebiet, sodass sich an manchen Stellen sogar Wanderdünen bilden. Der Landesnatur von Trockengebieten entsprechend, entspringen dem Gebiet keine Flüsse. Die einzigen Wasserläufe, die den Río Paraná erreichen sind Fremdlingsflüsse aus den Anden: der Río Bermejo und der Río Pilcomayo. Sie fließen am Andenrand noch in tief eingeschnittenen Rinnen, später aber der klimageomorphologischen Zone entsprechend in 29 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at flachen Mulden. Das Grundwasser besteht in weiten Teilen aus zwei Stockwerken, einem oberen in unmittelbarer Nähe der Oberfläche ist oft unterbrochen und wird in der Regenzeit schwach aufgefüllt und einem unteren Stockwerk in 30 bis 500 m Tiefe. Dieses Wasser ist stark salzig und wird nur langsam aufgefüllt, häufig entlang von tektonischen Bruchstufen im Untergrund. Das Wesen der Vegetation ist recht einförmig. Die Wälder erreichen eine Höhe von 10 bis 15 m, auf günstigeren Standorten bis 20 oder 25 m bei lichtem Kronendach. Der Hauptteil der Biomasse wird von der undurchdringlichen, dornigen Strauchschicht gebildet, die bis 6 m Höhe erreichen kann. Die Bodenschicht wird entweder von niedrigen Kakteenarten oder von zahlreichen Gräsern und Kräutern gebildet, die sich in der Regenzeit rasch ausbilden. Es gibt keine Lianen, jedoch treten Tillandsien und Flechten auf. Zur näheren Charakterisierung des im Detail doch vielseitigem Chaco bedient man sich der dominierenden Baumarten, die sich durch die Ausprägung der Trockenheit begründet. Die trockensten Standorte findet man im Westen am Andenrand, die feuchteren im Osten tritt nur Buschwald auf, so wird er als „Monte“ bezeichnet. Vereinzelt sind Palmenhaine zu finden. 1.4.4.1.1 Die Arten des Chaco Bezeichnung Typische Baumart Quebracho colorado-Wald Aspidocperma quebrachoblanco Chorisia insignis (Flaschenbaum) Schinopsis quebrachocolorado/blanco Berg-Quebracho-Wald Schinopsis haenkeana Quebracho chaqueño-Wald Schinopsis balansae Palo santo-Wald Bulnesia sarmientoi Grassavannen Vereinzelter Baum: Astronium urundewa Quebracho-Wald Trockengebüsch auf Binnendünen Trithinax campestris Sträuchern und einzelne Bäume (Jacaranda cuspidifolia) Dorngebüsch Prosopis ruscifolia Algarrobo-Wald Prosopis alba Quebracho blanco-Wald Halophyten- und Überschwemmungsgebüsche, Galeriewälder Charakteristik Zentraler Waldtyp, am weitesten verbreitet Kommt in den westlichen trockenen Regionen vor Verbreitungsschwerpunkt im argetinischen Chaco Trockene Vorberge der andennahen Lagen bis 1200 m Östlicher Chaco bei 1000 mm Niederschlag. Mit Palmenhainen nicht überschwemmter Gebiete In flachen Mulden und Abflussrinnen auf humusreicheren Böden. Palo santo-Holz wird zum schnitzen benützt In stärker eingeschnittenen Flusstälern, fossilen Flussmäandern, lehmigen Sandböden Trockene Variante mit zahlreichen Kakteen Von offenen Sandflächen unterbrochen An feuchteren, salzhaltigen Standorten, oft als Sekundärgebüsch nach Holzentnahme. Höhen bis zu 12 m, wächst an ungünstigen, trockenen Standorten, salzertragend. Als Primärwald im westlichen Chaco im Übergang zu Salzpfannen. Als Sekundärwald bei Siedlungen wegen essbarer Früchte. Entlang der Tiefenbereiche des Chaco 30 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.4.2 Innerandine Trockenwälder Von Nordwest-Argentinien bis Venezuela sind die tief eingeschnittenen Täler der Anden im Gesamtverlauf trocken. Ihre charakteristische Vegetation sind Trockenwälder und Gebüsche. Nach Süden wird das Klima trockener, hier vermischen sich die Trockenwälder mit den Tieflandformationen der Monte und des Chacos. Die Trockenheit der Täler entsteht durch ein ausgeprägtes Talwindsystem. Im Laufe des Tages wird die Luft erwärmt und fließt talaufwärts. Verstärkt wird dieser Effekt durch die Erwärmung des Altiplanos und der Puna, die in größerem Maße erwärmt werden als die Bergwälder, wodurch eine Art Sogwirkung entsteht. Der Vorgang setzt zeitig in der Früh ein und nimmt auch rasch an Intensität zu. Durch das Aufsteigen führen sie in Höhen von etwa 3200 bis 3600 m zu Nebelbildung. Am Talboden würde ein Vakuum entstehen, dies wird aber von Luftmassen, die über dem Tal liegen aufgefüllt. Diese müssen ja absteigen, dabei werden sie auch trockener (ähnlich dem Föhn), womit sich ein gewisser Kreislauf mit stark trocknender Wirkung einstellt. Die allgemeinen Klimabedingungen sind natürlich von Breite und Höhe abhängig. Die Werte schwanken zwischen 1214 mm Jahresniederschlag bzw. 26,9°C Jahresdurchschnittstemperatur im Chama-Tal/Venezuela und 184 mm bzw. 16,5°C in Santa Maria/NW-Argentinien. Die Artenzusammensetzung ist recht unterschiedlich, so dominieren im Norden Arten des karibischen Trockenwaldes, im Süden hingegen Arten des Chaco und der Monte. Meist bestehen sie jedoch aus Prosopis-Arten und sind niedrig und licht. Oft handelt es sich auch um ein Dornstrauch-Kakteengebüsch. Vor allem Säulenkakteen spielen im Landschaftsbild eine große Rolle. 1.4.4.3 Karibische Trockenwälder Die Karibischen Trockenwälder erhalten wegen des aus Ostnordost wehenden Passats extrem geringe Niederschläge, acht bis neun Monate sind als arid einzustufen. Nach der Artenzusammensetzung kann man den Dornstrauch- von dem Sukkulenten-Trockenwald unterscheiden. Der Dornstrauch-Trockenwald ist durch Baumarten verschiedener Gattungen geprägt (Prosopis, Poponax, Mimosa, Bulnesia, etc.), der Sukkulenten-Wald hingegen durch große Kandelaberkakteen, das unterständige Dorngebüsch enthält weitere niedrigere Kakteenarten. 1.4.4.4 Trockenwälder der Caatinga Die Caatinga ist ein offener lichter Wald, der die weiten ebenen und hügeligen Landschaften im Nordosten Brasiliens bedeckt. Sie erstreckt sich 1400 km in N-S Ausdehung und 600 km in W-O-Richtung und ist in vielerlei Hinsicht dem Chaco ähnlich, etwa im Klima, Landschaft und im äußeren Erscheinungsbild der Vegetation, jedoch dominieren andere Pflanzenarten, auch die Bevölkerungsdichte ist wesentlich höher, was das Landschaftsbild zusätzlich wesentlich beeinflusst. Die Caatinga unterscheidet sich deutlich von den umliegenden Vegetationstypen, etwa von den Campos Cerrados. Die Trockenheit ist für die Entstehung des Landschaftsbildes der wichtigste Faktor. Durch die Nähe zum Äquator ist das Klima gleichmäßig warm (24-26°C), die Niederschläge liegen bei etwa 500 bis 700 mm bei acht trockenen Monaten. In den Wintermonaten ist wieder der Passat Schuld an dem Feuchtigkeitsmangel. 31 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Die Böden zeigen verschiedene Escheinungsformen, tiefgründig verwitterte Böden wechseln mit sandigen Standorten und Rohböden ab. In vielen Abflusslosen Mulden ist die Salzanreicherung hoch. Das Erscheinungsbild der Caatinga kann von offenen Trockenwäldern in Form von Dornwäldern, Trockenwäldern mit Kakteen, regengrünen Wäldern mit Flaschenbäumen, Bergwäldern, Galeriewäldern bis teilimmergrünen Trockenwäldern reichen. Die Strauchschicht ist meist mit Kakteen durchsetzt. Die Baumschicht ist immer offen und licht bei einer Höhe von 5 bis 15 m, auf feuchteren Standorten bis 20 m. Wie im Chaco ist die Strauchschicht dicht und undurchdringlich. Die imposanteste Art des Caatinga-Waldes ist ein charakteristisches Savannengewächs, der Flaschenbaum Cavanillesia arborea, der eine Höhe von 30 m mit Durchmessern bis zu 3 m erreicht. Daneben kommt noch die Wachspalmensavanne vor (Carnauba). Die für die Caatinga typische Baumart ist der immergrüne Zyziphus joazeiro. Der sonst eher unwirtlich erscheinende Wald ist bei Beginn der Trockenheit mit zahlreichen Blüten geschmückt. Eine Variante vom Caatinga-Trockenwald ist der Agreste-Wald im Übergang zum brasilianischen Küstenregenwald. Ihr Bestand ist geschlossener - kein Wunder erhält er auch wesentlich mehr Niederschläge. Er zeichnet sich durch großblättrige Bäume aus, die allesamt laubabwerfend sind. Im Unterschied zum Chaco wurde das Gebiet der Caatinga schon früh besiedelt und wurde zum wichtigsten Zuckerrohranbaugebiet Brasiliens. Die Landnutzung heute ist allerdings durch unregelmäßiges Auftreten von Dürre, katastrophaler Trockenheit gekennzeichnet. Diese Bedingungen führen dazu, dass Menschen von der Trockenheit vertrieben werden. Fallen endlich Niederschläge, sind sie oft verheerend. 1.4.4.5 Galeriewälder Als Galeriewälder werden flussbegleitende Überschwemmungswälder bezeichnet, die nicht in geschlossenen Feuchtwäldern verbreitet sind, sondern als mehr oder weniger schmales Band in Trockenwäldern, Savannen, Steppen, sogar Halbwüsten und Wüsten die Gewässer begleiten. Durch die Sedimentation der Flüsse auf den Überschwemmungsebenen ist die Nährstoffversorgung ausgezeichnet. Bestehen die Ablagerungen aus feineren Sedimenten kann sich ein 30 m hoher Wald ausbilden, bei groben Geröll bilden sich verschieden Buschformationen. Die Baum- und Straucharten entsprechen den benachbarten Wäldern. 1.4.5 Savannen Savannen sind in Südamerika vor allem auf dem Hochplateau Brasiliens weit verbreitet, hinzu kommen noch kleinere Gebiete im östlichen Chaco und im Beni-Madeira-Gebiet. Savannen sind tropische Grasfluren, die einen gewissen Anteil an Bäumen und Sträuchern haben können. Es sind mit Gräsern und Gehölzen zwei Lebensformen vergesellschaftet, die sich normalerweise ausschließen. Unterschiede in den Wurzelsystemen im Zusammenhang mit dem Wasserhaushalt ermöglichen aber ein Zusammenleben. Eigentlich haben Gräser eine starke Transpiration, die sie auch in Trockenzeiten nicht einschränkten. Die Blätter sterben von den Spitzen her ab, nur die Vegetationskegel, ganz im Zentrum eines Grasbüschels werden durch die bereits ausgetrockneten Grasbüschel vor dem völligen Austrocknen geschützt. Auch die absterbende Wurzelrinde schützt den zentralen Wurzelteil vor dem Austrocknen. So können die Gräser den Wasserverbrauch minimieren und 32 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at eine längere Dürrezeit überdauern. Diese Art von Gräsern gedeihen am besten in tropischen Sommerregengebieten. Die Gehölze der Savannen verfolgen eine ganz andere Strategie: sie reduzieren durch sehr feine Spaltenöffnungen ihre Transpiration, die sie bei Wasserdefizit komplett verschließen können. Sie besitzen ein extensives Wurzelsystem, das weit ausstreicht und in die Tiefe geht. Sie bevorzugen aber aufgelockerte Böden. Neben der bereits bekannten klimatologischen Klassifikation der Savanne in Feucht-, Trocken- und Dornsavanne unterscheidet man unter stärker phänomenologisch-botanischen Gesichtspunkten zwischen offenen Baumsavannen, Palmensavannen, Parklandschaften und Grassavannen. Solche Savannen sind klimatisch bedingte Savannen, im Unterschied zu sekundären Savannen, die durch Brände, großflächige Rodungen und aufgegebene Bewirtschaftung entstehen. Würde man diese Gebiete wieder beweiden, würde sie verbuschen: die Transpiration des Wassers wird durch die fehlenden Gräser herabgesetzt, das frei werdende Wasser steht den Gehölzen zu Verfügung. 1.4.5.1 Offene Baumsavannen Brasiliens Auf dem brasilianischen Hochplateau breiten sich die Campos Cerrados aus. Die höchsten Erhebungen in Form von Tafelbergen werden hier bis zu 1600 m hoch, im Mittel hat sie 300 bis 600 m. Die Campos Cerrados erstrecken sich 1200 km in West-Ost-Richtung und 1000 km in Nord-Süd-Richtung. Es herrscht ein tropisch-halbfeuchtes Klima (Trockenzeit zwischen Mai und September) mit Jahresmitteltemperaturen zwischen 20 und 27°C und Niederschlägen von 1100 bis 2000 mm. Es liegt zwischen den trockeneren Bereichen des Chaco und der Caatinga und ist ausgesprochen dünn besiedelt. Die Campos Cerrados setzten sich aus einer Decke von Gräsern zusammen, die bei Trockenheit verschwinden, und einem lichten Bestand an 3 bis 5 m hohen Bäumen. Diese sind meist immergrün und haben eine dicke Rinde und tragen häufig Spuren von Bränden. Die neuen Blätter bilden sich zeitgleich mit der Bodenvegetation unmittelbar nach den ersten Regenfällen und sind auffällig rot gefärbt. Trotz des geringen Baumbestandes schätz man ungefähr 400 verschieden Baumarten. Epiphyten und Lianen kommen praktisch nicht vor. 1.4.5.1.1 Die Arten des Campo Cerrado Innerhalb der Campos Cerrados gibt es auf ihrem riesigen Verbreitungsareal natürlich Unterschiede im Erscheinungsbild, man unterscheidet • Cerrardão – gekennzeichnet durch eine recht geschlossene Baumschicht, die 18 m Höhe erreichen kann. Der Hauptbestand der Arten geht aus den Arten der Campos Cerrado hervor. • Cerrado und Campo Cerrado nennt man die eigentlichen Savannen und unterscheiden sich nur durch die unterschiedliche Dichte des Baumbestandes. Im Cerrado liegt dieser bei etwa 60 bis 30 %, im Campo Cerrado unter 30 %. • Die Campos sind im wesentlichen Gehölz frei. Man unterscheidetdie Campos sujo, mit niederen Gebüsch, von den Campos limpos, den reinen Grassavannen. • Die Campos Cerrados der höheren Bergregionen. Aufgrund des kühleren Klima und dre steinigeren Böden unterscheiden sie sich von den übrigen Formationen durch generell niedrigeren Bewuchs. 33 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at • Zeitweilig überschwemmte Campos Cerrados. Hier stehen die Gehölze nur auf kleinen Inseln, die aus Termitenhaufen entstanden sind, da diese etwas höher liegen und die Standorte edaphisch durch die Termiten aufgelockertwurden. 1.4.5.1.2 Das Rätsel des Campo Cerrado Die Campos Cerrados haben der Wissenschaft lange Zeit Rätsel aufgegeben, denn immer hat die Tatsache überrascht, dass auf den viel trockeneren Standorten der Caatinga sich ein Trockenwald mit Bäumen bis 30 m ausbilden kann, in der Caatinga jedoch nur 5 m hohe Stämmchen gedeihen können, die geradezu kümmerlich wirken. Das Klima lässt eine weitaus üppigere Vegetation erwarten. Die anfängliche Vermutung, dass Brände Ursache der Baumfreiheit sein könnten, wurde im Laufe der Erforschung ausgeschlossen. Neuere Untersuchungen sehen einen Zusammenhang mit den Bodeneigenschaften. Viele der hier vorkommenden Arten sind endemisch (d.h. sind hier zu Hause). Analysen haben gezeigt, dass der gesamte Bereich von sehr sauren Böden mit hohen, toxisch wirkenden Aluminiumgehalten bedeckt wird. Viele der Arten der Campos Cerrados sind gegen hohe Aluminiumgehalte im Boden immun. Weiters fand man heraus, dass der Nährstoffgehalt der Böden von den Campos sujo zum Cerrardão zunimmt, der Aluminiumgehalt hingegen abnimmt. 1.4.5.2 Chapparales und Kamps Die offenen Baumsavannen von Kolumbien und Venezuela nennt man Chapparales und sind von ähnlicher Zusammensetzung wie die Campos Cerrados Brasiliens. In den weiten Ebenen der Llanos im westlichen Einzugsgebietes des Orinocco kommen sie im flach welligen Gelände der Grassavannen vor. Das Klima ist dem der Campos Cerados ebenfalls ähnlich: 2628°C Jahresmitteltemperatur, 1200 bis 2400 mm Niederschlag. In den Llanos kann man zwischen Trockensavannen und Überschwemmungssavannen unterscheiden, wobei ein erheblicher Teil auf durch den Menschen angelegtes Feuer zurückzuführen ist. Ähnlich den Chapparales und den Campos Cerrados sind die Kamps, die verstreut im Amazonaswald vorkommen. Auffällig ist einerseits die Ähnlichkeit der Campos Cerrados, Chapparales und der Kamps nach Erscheinungsbild und Artenzusammensetzung. Man nimmt an, dass bereits im Laufe der Entwicklungsgeschichte, zumindest während des Quartärs, Savannen und tropischer Regenwald mehrmals wechselnde Ausdehnung hatten, was dazu führte, dass beide Vegetationstypen in Teilareale aufgesplittert wurden. 34 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.5.3 Palmensavannen Palmensavannen wachsen im Übergangsgebiet zwischen der Caatinga und dem Amazonaswald an der brasilianischen Nordostküste. Angesichts des Niederschlagsreichtums (zwischen 1500 und 2200 mm) handelt es sich um hygrophile Palmenwälder auf recht ausgedehnten Flächen. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei etwa 26°C, die Regenzeit fällt auf die Monate Januar bis Juni. Die hier in hoher Stammzahl vorkommenden Palmenhaine nennt man Babaçú-Palmenhaine. An den wasserführenden Flüssen vom Babaçú-Gebiet bis Bahia und in Teilen des Río São Francisco-Beckens und dessen Nebenflüssen sind die CarnaubaPalmensavannen verbreitet, benannt nach einer Fächerpalme, deren Stamm mit seinen spiralig gestellten Blattstielen sehr auffällig ist. Die Caranday-Palmensavannen besiedeln den östlichen Chaco. Ihre Verbreitung reicht aber vom Rio Bermejo über den östlichen Teil des paraguayanischen Chaco bis an den bolivianischen Andenrand und kommt an den frischen, feuchten, oft auch leicht salzigen Standorten vor, die im Sommer regelmäßig überschwemmt sind. Der Grundwasserspiegel sinkt hier auch in der Trockenzeit nie unter 1 m Tiefe. Die Bestände sind fast ausschließlich aus Copernicia alba zusammengesetzt. Die Palmensavannen von Santa Cruz und Trinidad auf trockenen Standorten sind mit Sicherheit anthropogen beeinflusste Sekundärsavannen. Weiter nordwestlich im Gebiet zwischen Beni und Madeira findet man ausgedehnte feuchte Savannenbereiche, die regelmäßig überschwemmt werden. 1.4.5.4 Grassavannen des Orinocco-Gebietes Die Llanos des Orinoco sind im Bereich seiner westlichen Zuflüsse verbreitet. Das Klima ist durch eine fünfmonatige Trockenperiode gekennzeichnet, bei Jahresniederschlägen bis 1400 mm und einer Jahresmitteltemperatur von 26-28°C. Die während der Regenzeit regelmäßig überschwemmten, weitläufigen Ebenen werden von Hügeln und höheren Flächen unterbrochen, wodurch eine Reihe verschiedener Standorte entstehen. In die Grassavanne sind auf nährstoffarmen Standorten Chapparales-Gesellschaften zwischengeschaltet. Demenstsprechend unterschiedlich ist das Bild der Vegetation. Man kann zwischen Trockensavannen, Feucht- oder reinen Grassavannen unterscheiden. In den tiefer gelegenen Regionen spricht man von Überschwemmungssavannen. 1.4.5.5 Andere Grassavannen des Tieflandes und des Hochlandes Im tropischen Tiefland von Guyane, Surinam, Humaitá am Rio Madeira und im BeníGebiet in Bolivien findet man Grassavannen von beträchticher Ausdehnung, immer wieder von Gehölzen durchsetzt. Überraschend ist ihre floristische Ähnlichkeit. Grassavannen bedecken auch die Hochländer der Tafelberge von Guayana, das Hochland in Nordost-Brasilien und das Hochland Süd-Brasiliens. Die Tafelberge Guayanas, Tepui genannt, ragen weit aus dem Regenwald heraus und erreichen Höhen bis 3000 m. Die quarzitischen Sandsteine bilden nährstoffarme, saure Standorte. Dennoch nimmt man heute an, dass die ursprüngliche Vegetation nicht nur aus Gräsern bestanden haben könnte. Hinweise darauf geben die verschiedenartigen Pflanzenbestände an den Felswänden, auf Schwemmsanden, in Moorgebieten, flachen Felswannen und Flussniederungen, die insgesamt ein buntes Mosaik an Standorte bilden. 35 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Deren Erforschung hat erst begonnen – die östlichen Berge des Guayana-Schildes wurden 1976 zum ersten Mal überhaupt betreten. Die Grasfluren Süd-Brasiliens werden als Campos limpos bezeichnet. 1.4.5.6 Galeriewälder der Savannen Analog zu den Trockenwäldern begleiten auch in den Savannen Galeriewälder die Flussniederungen in einer Breite von 100 m bis 1 km. Besonders im Bereich der sonst sehr nährstoffarmen Standorte der Campos Cerrados bringen die Flussniederungen mehr Nährstoffe, wodurch üppige Wälder entstehen können, zum Teil mit immergrünen Baumarten die 25 m erreichen können. Kartographisch in kleinerem Maßstab sonst kaum darstellbar, nehmen sie in den Llanos von Kolumbien und Venezuela größere Flächen ein, wo sie eigentlich auch als tropischer teilimmergrüner Regenwald bezeichnet werden könnten. 1.4.5.7 Vegetation der Parklandschaften Die Parklandschaften sind kein einheitlicher Vegetationstyp, sondern vielmehr ein Mosaik aus abwechslungsreichen Landschaftsbildern, zusammengesetzt aus Palmensavannen, Grassavannen, kleinen Wäldern und Baumsavannen. 1.4.5.7.1 Der Pantanal von Mato Grosso Als Pantanal von Mato Grosso bezeichnet man das 140.000 km² große Gebiet des nördlichen Einzugsbereiches des Rio Paraguay. Dieses Gebiet besitzt praktisch kein Gefälle und wird während der Regenzeit bis zu fünf Monate land überschwemmt. 1988 standen hier 100.000 km² sechs Meter unter Wasser. Durch die geringe Neigung erfolgt der Abfluss über den Rio Paraguay entsprechend langsam, oft dauert der Abfluss über drei Monate. Also charakterisieren zahlreiche Seen, alte Flussarme, Umlaufseen, kleine Inseln, Inseln aus Termitenhügeln das Gebiet, deren Reliefenergie aber selten ein Meter übersteigt. Die durch die Überschwemmungen schlecht durchlüfteten Böden lassen keinen Baumbewuchs zu, daher ist der vorherrschende Vegetationstyp eine ÜberschwemmungsGrassavanne. Auf den Inseln kommt im Norden z.T. eine Campos Cerrados-Vegetation auf, weiter im Süden kommen Arten des subtropischen Regenwaldes vor, im Südwesten immer mehr Arten des Chaco. An den Flussufern wächst Galeriewald, der einige Arten der Várzea und Igapó-Wälder enthält. Auf besonders nassen Standorten wachsen verschiedene Schwimmpflanzen. 1.4.5.7.2 Die Parklandschaft Entre Rios Zwischen den Flüssen Paraná und Uruguay liegt die Parklandschaft von Entre Rios in der gleichnamigen Provinz Argentiniens. Im Norden floss hier der Paraná eine kürzere Strecke – einige Altwasserseen sind heute noch zu erkennen. Das Klima ist als subtropisches Sommerregengebiet zu charakterisieren (1000-1400 mm Niederschlag bei 17 bis 21°C Jahresdurchschnitt). Wie auch im Pantanal kann es infolge von heftigen Regenfällen zu weiten Überschwemmungen kommen. Dadurch entstehen zahlreiche wechselfeuchte Standorte, die in der Dürrezeit extrem Austrocknen können. Aufgrund dieser Ambivalenz ergibt sich ein Vegetationsmosaik aus wechselfeuchten Grassavannen und Palmensavannen, sowie Halbtrocken-, Trockenwäldern des Chaco und sogar aus Einheiten des subtropischen Regenwaldes auf höher gelegenen Standorten. 36 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.6 Die Vegetation Mexikos In Mexiko und Mittelamerika erfahren Klima und Vegetation eine starke Abwandlung mit der Höhe. Die orographischen Unterschiede fallen daher viel mehr auf, als die zonale Abwandlung der Vegetationsformationen. Im Unterschied zum südamerikanischen Kontinent, der dem Florenreich der Neotropis angehört, kommen hier mehr als in Südamerika Arten der Holarktis vor, besonders in höheren Regionen. Die Regenwälder des Tieflandes ähneln in ihren Anpassungen hingegen den tropischen Regenwäldern weiter südlich. Insgesamt ist die Pflanzenwelt Mittelamerikas und Mexikos sehr vielgestaltig und artenreich, da sich dort die zwei großen Florenreiche der Neotropis und Holarktis berühren. Sie sind in N-S-Richtung durch keine Quergebirge getrennt und seit dem Quartär behindert auch kein Meer das Eindringen der beiden Formationen bis in die Höhenregionen, die hier Teilweise eigene Arten ausbilden konnten. Analog zu den Temperaturregionen der tropischen Anden kann man auch die Vegetation charakterisieren: Die tropischen Tieflandwälder und Savannen gehören der tierra caliente an. Hier dominiert im tropischen Bereich ein undurchdringlicher tropischer Urwald, der an den sumpfigen Küsten von Mangrovewäldern abgelöst wird. Zwischen einzelnen Gebirgsketten eingeschlossene Becken sowie die Gebiete weiter im Norden stellen trockenere Standorte dar, genauso wie die trockeneren Westflanken der Sierren, die von laubabwerfenden Trockenwäldern mit Schirmakazien und Kakteen bewachsen wird. Diese Höhenzone reicht bis etwa 700 m. 1.4.6.1 Die Höhenstufen in Mexiko Auf die tiefer gelegenen Bereiche der tierra caliente folgen die tropischen Bergwälder der tierra templada. Diese Zone erstreckt sich in Mexiko zwischen 700 und etwa 1700 m, reicht aber im Süden höher hinauf als im Norden. An den regenfeuchten Berghängen der Luvseiten gedeihen immergrüne Laubwälder mit dichtem Unterholz, Moospolstern und Flechten, an den viel trockeneren Leeseiten hingegen xerophile Waldgesellschaften mit Kiefern und laubabwerfenden Wäldern. Mit zunehmender Höhe bestehen die Wälder immer mehr aus Laubbaumarten des Nordens, wie Eichen, Linden, Ulmen, Ahorn, Erlen, Magnolien und Erikaceen, sowie Tannen und Kiefern. Nicht selten erinnern solche Landschaften an die Kiefernwälder gemäßigter Breiten. Innerhalb der tierra fría, etwa von 1700 m/2000 m bis zur Vegetationsgrenze dominieren Tannen (Abies religiosa), Wacholder und Zypressenarten und treten mit Kiefern und Laubgehölzen auf. In größeren Höhen werden sie von Grasfluren und Matten abgelöst, zum Teil in Form von Steppen mit schmalblättrigen Gräsern. In höheren Lagen zeigt die Pflanzenformationen viel mehr Ähnlichkeiten mit den südhemisphärischen Hochanden (Puna- und Páramo-Gesellschaften) auf, als mit den Kordilleren der USA im nordhemisphärischen Pflanzenreich, wozu ja auch Mittelamerika, das erst im Jungtertiär über die sich damals bildende zentralamerikanische Landbrücke eine terrestrische Verbindung nach Südamerika besitzt. In den Gebirgsregionen Mexikos treffen boreale Pflanzengattungen mit tropisch-montanen bis subantarktischen Arten zusammen. Im nördlichen Bereich des Mexikanischen Hochlandes ist die natürliche Vegetation äußerst lückenhaft und besteht aus Agavenhainen und blaugrünen Kreososteppen (mit Larrea mexicana), die sich mit Baumstämmen mit Yucca-Gewächsen abwechseln. 37 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Im südlichen Plateaubereich wird intensiver Anbau betrieben. Die ursprüngliche natürliche Vegetationsbestand aus weiten Gras- und Buschsteppen. Im Norden und Osten gehen diese Bereiche in die Wüstenvegetationen Niederkaliforniens und der Prov. Sonora über. 1.4.7 Die Vegetation Zentralamerikas Die Vegetation Mittelamerikas umfasst alle tropischen Formen. Die Küsten werden in den Bereichen der feuchten Lagunen von Mangrovendickichten geprägt, Kokospalmenhaine bewachsen die Koralleninseln der Bahama- oder Barbadosinseln. An den Luvseiten der atlantischen Gebirgsabdachung gedeihen bei tropischen Klimabedingungen auch immergrüne tropische Regenwälder. Diese sind reich an Epiphyten und dichtem Unterwuchs, was die atlantischen Regenwälder zu einem der undurchdringlichsten Bereiche macht, weshalb hier noch immer nur dünne Besiedlung zu finden ist. Nördlich der Hochländer erstreckt sich die Fortsetzung der niederen Kalktafel Yukatáns, „El Petén" ein feucht-tropisches Regenwaldgebiet mit vereinzelten Grassavannen und Piniensavannen im Niederungsland unter 500 m. An der nördlichen pazifischen Abdachung zieht sich in Höhen von 1500 bis 1800 m ein Streifen tropischer und subtropischer Regenwälder von Südmexiko, durch das südliche Guatemala bis nach El Salvador. Trockenwälder, Chaparral und Savannen treten im flachen Küstenvorland von Guatemala bis Panama auf. Hier ist allerdings die natürliche Vegetation durch den Menschen stark beeinflusst, mehr als auf der undurchdringlichen atlantischen Seite. Immergrüne Laubwälder, Tannen und Kiefernwälder dominieren die Höhenregionen. Die inneren Hochebenen Guatemalas, Nicaraguas und Panamas werden von Dornstrauchsavannen und laubabwerfenden Trockenwäldern geprägt, dazu kommen die verkarsteten Kahlböden der Halbinsel Yucatan und Kubas auf den Leeseiten der Gebirge und auf den flachen Inseln. Hier befindet sich auch die Trennung der Florenreiche Nordamerikas (Holarktis) und Südamerikas (Neotropis), und zwar auf der Höhe des Nicaragua Sees, der bis zum Pliozän als Meeresstraße eine wichtige trennende Funktion innehatte. 1.4.7.1 Die Westindischen Inseln Die Westindischen Inseln tragen durch die gebirgigen Regionen eine sehr unterschiedliche Vegetation. Der ursprünglich palmenreiche Regenwald ist stark zurückgedrängt und wurde zum Teil in eine sekundäre Palmensavannenlandschaft umgewandelt. Auf den trockeneren Bereichen findet man laubabwerfende Trockenwälder, die in Laub- und Grassavannen übergehen, vornehmlich in den inneren Teilen der Inseln und an der trockeneren Südseite. Hier findet man auch Chaparral und entlang der Flüsse kleinere Galeriewälder, die in auf der feuchteren Seite der Inseln in tropische Regenwälder übergehen. Vielfach ist durch die intensive Nutzung die natürliche Vegetation komplett vernichtet und kaum mehr zu rekonstruieren. Die Bahama-Inseln bestehen zum Teil aus lichtem Kiefernwald und tropischen Urwald. An geschützten flachen Buchten finden sich Salzwiesen und Mangrovewälder. Die küstenfernen Gebiete werden durch oft sekundäre Savannenlandschaften besiedelt. Den Inseln sind unzählige Korallenriffe vorgelagert. 38 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.8 Subtropische Gras- und Strauchvegetation Grassteppen sind gehölzfreie Grasfluren im außertropischen Bereich, im Unterschied zu den manchmal ähnlich aussehenden Savannen gehören sie also nicht den Tropen, sondern den Ektropen an. Der für den Pflanzenwuchs entscheidende Unterschied liegt im Auftreten von Frost, der in den Tropen natürlich ausbleibt. Strauchsteppen sind offene Trockengebüsche mit Unterwuchs von Gräsern und Sträuchern. 39 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.8.1 Die Pampa Das größte „Steppen“-Gebiet im subtropisch-warmgemäßigten Klima ist die Pampa Argentiniens und Uruguays und umfasst etwa 500.000 km². In Uruguay bedeckt sie hügeliges Relief in Argentinien ist die dafür bretteben. Einen entsprechenden Baumbewuchs, wie in den Savannen gibt es hier nicht, da es keine Baumarten gibt, die Brände ertragen würden. Das Klima hat eine Jahresdurchschnittstemperatur von 14 bis 17°C bei Niederschlägen zwischen 600 und 1000 mm. Während der maritime Einfluss dem Osten die Niederschläge über das ganze Jahr halbwegs gleichmäßig verteilt, ist der westliche Teil sommertrocken. Mit dem Wort "Pampa" wird in der Quechua-Sprache ganz allgemein eine baumlose Ebene bezeichnet, im pflanzengeographischen Sinn ist das Grasland Ostargentiniens gemeint. Die Graslandpampa ist eines der landwirtschaftlich wertvollsten Gebiete Argentiniens und Lateinamerikas. 60% des Viehbestandes, 80% des Ackerlandes sind in der Pampa konzentriert. Sogar 95% der Weizenernte werden dort erzeugt und etwa zwei Drittel der argentinischen Bevölkerung wohnen in diesem Gebiet. Daher sind von dem ursprünglichen Grasland nur mehr sehr wenige Teile übrig geblieben - es handelt sich großteils um Kulturland mit stark beeweideten Flächen und europäischen Pflanzen- und Getreidearten (Luzerne-Äcker). Die Böden bestehen aus Löß, die jedoch schlecht drainiert sind, wodurch große Abflusslose Gebiete mit Seen und Tümpeln entstehen. Die Grassteppe der Pampa wird aus Gräsern gebildet, die über einen Meter hoch werden können. Kräuter sind nur sporadisch vertreten. Besonders verbreitet sind Stipa-, Piptochaetium-, Panicum-, und andere Gräser, bei denen die abgestorbenen Halme lange erhalten bleiben. Die Artenzusammensetzung schwankt mit der Eigenschaft des Bodens. Bei sodareichen Böden dominiert Districh-Rasen, bei größerem Süßwassereinfluss bilden sich hohe Grasfluren aus Cortaderia selloana. 1.4.8.1.1 Das Problem der Pampa Die Pampa gibt seit langem der Wissenschaft Rätsel auf. Angesichts der Klimadaten ist es verwunderlich, warum keine natürlichen Baumbestände hier zu finden sind. Die Geschichtsbücher berichten, dass selbst die ersten Europäer baumlose Grasfluren hier angetroffen haben. Kurioserweise kommt es erst an den Trockengrenzen zur Ausbildung von Trockenwald und Gebüschen. So wird seit gut einem Jahrhundert über das „PampaProblem“ diskutiert. Eine mögliche Erklärung könnte die trotz der relativ hohen Niederschläge die negative Wasserbilanz, immer wiederkehrende lange Jahre der Dürre, ungünstige Bodeneigenschaften, fehlender Wasserabfluss oder Sodaverbrackung sein. Auf steinigen Lagen, oder Hängen kommen vereinzelt Gehölze vor. Trotz allem sollte man sich vor 40 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Augen halte, dass ein großer Teil von dem, was man heute unter Pampa versteht, sekundär angelegt ist und sehr wohl Gehölzbestand hatte. Die natürliche Grassteppe der eigentlichen Pampa bedeckte weit geringer Gebiete, als der heutige Kulturraum der mundartlichen Pampa. 1.4.8.2 Monte-Strauchsteppe Die Monte-Strauchsteppe bedeckt eine große Fläche, die sich südlich der argentinischen Provinz Tucumán bis zur Mündung des Río Chubut erstreckt. Ihre N-S-Ausdehung beträgt somit etwa 1200 km. Das Klima ist sehr trocken; die 150 bis 350 mm Niederschlag jährlich fallen vor allem im Sommer bei Jahresdurchschnittstemperaturen zwischen 14 und 20 °C. Die Vegetation ist einheitlich, und zwar sowohl vom Aussehen, als auch in der Artenzusammensetzung. Dornsträucher oder blattlose Rutensträucher verleihen der Strauchsteppe besonders in der Trockenzeit ein eintöniges Aussehen. Erst zur Blütezeit kurz vor der spärlichen Regenperiode blühen die Sträucher, Kakteen, diverse Opuntien und Kräuter. Verschiedene Standorte sind zuunterscheiden: •An den trockenen Standorten der Berghänge dominieren Larrea cuneifolia-Gebüsche. •Die fast ebenen Fußflächen und Tiefenbereiche sind mit Larrea divaricata übersät. •Die salzreichen Senken besiedeln Atriplex-Arten und Salzsträucher des Chaco. •Der Übergang von Pampa und Monte wird von Trockenwäldern eingenommen. Hier sind sowohl Arten des Chaco, der Pampa und der Monte vertreten. •Stehen die Bäume dichter so spricht man vom Caldén-Trockenwald, der auch als Espinales bezeichnet wird. Prosopis-Arten (-caldenia, -flexuosa) dominieren. Im Übergang zu patagonischen Grasteppe werden die Sträucher der Monte niedriger. Die Vegetation bedeckt den Untergrund zu weniger als 40%. 1.4.9 Mittelchilenische subtropische Hartlaubwälder Dem nördlichen Teil der Monte liegt auf der westlichen Seite der Anden der mittelchilenische subtropische Laubwald. Wie überall auf der Westseite der Kontinente herrscht zwischen dem Cf und dem BS-Klima, so also auch in Mittelchile, das Mittelmeerklima – trockene Sommer und feuchte Winter (bei etwa 13-15°C und 350 bis 1500 mm Jahresmittelwerten) lassen Hartlaubbäume und immergrüne Gehölze wachsen, daneben existieren lorbeerartige, laubabwerfende und dornige Baum- und Straucharten. Die Böden werden meist von einem dunklen humosen Horizont über hellen Lehm gekennzeichnet. Verschieden Laubwaldtypen sind zu unterscheiden: Der Belloto-Wald ist ein sehr feuchter Waldtyp und wird nur aus immergrünen Bäumen zusammengesetzt und wächst in den niederschlagsreichen, nebligen der Küste zugewandten Lagen. Hier gedeihen Lianen und Tillandsien. Der Peumo-Wald gehört im Südteil der Region zur dominierenden Waldgesellschaft. Seinen Namen erhält er vom etwa 12 m hohen immergrünen Peumo-Baum. Im südlichen Bereich treten bereits Nothofagus-Arten (Südbuchen) auf. Der Boldo-Wald und Quillai-Wald bevorzugt trockenere Standorte als der Peumo-Wald. Beide sind nach ihren Leitbäumen benannt, und bilden etwa 12-15 m hohe Bestände. Die Strauchschicht wird auch von xerophytischen Dornsträuchern besiedelt. Der Quillai-Wald wird stärker genutzt, da seine Rinde zur Seifenherstellung verwendet wird. 41 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Häufig ersetzt ein immergrünes Hartlaubgebüsch mit dornigen Sträuchern die Wälder. In den niederschlagsärmeren Bereichen der Längstalsenke und im Regenschatten der Küstenkordillere kommen Schirmkaziengewächse häufig vor, die oft in Reinbeständen zu finden sind. In wenigen Tälern der Küstenkordillere ist auch noch ein Palmenwald erhalten, mit 25 m hohen, und 1 bis 2 m dicken Chile-Palmen. Durch die zunehmende Beweidung nimmt der Palmenbestand immer mehr ab. Im Norden werden die Hartlaubwälder nach oben gegen die Anden hin von DornstrauchSukkulenten abgelöst, immer öfters als Sekundärgebüsch in folge übermäßiger Beweidung, im Süden hingegen von Südbuchenwäldern. 1.4.9.1 Subtropische Dornstrauch-Sukkulentengehölze Der mittelchilenische Hartlaubwald wird nach Norden von subtropische DornstrauchSukkulentengehölzen abgelöst, im Übergang zur Zwergstrauch-Sukkulenten Halbwüste. Prosopis- und Akazien-Arten dominieren und werden ständig von Kakteen begleitet. Auf trockenen Standorten reichen sie weit in das Gebiet der Hartlaubgehölze hinein. 1.4.10 Wüsten und Halbwüsten der pazifischen Küste An der pazifischen Küsten breiten sich tropisch-subtropische Wüsten aus – und zwar die trockensten der Erde. Die Anden verhindern Niederschläge aus dem Osten, der HumboldtStrom fängt Feuchtigkeit des Pazifik ab, bedingt aber den Nebel der Garua genannt wird. Dieser wird durch die landerwärmten Luftmassen angezogen. Einen feuchtigkeitsbringende Wirkung hat er allerdings nur an den Hängen der Vorberge zwischen 400 und 800 m ü. d. M. Das Klima ist, verglichen mit den Regionen auf gleicher Breite an der Ostküste Südamerikas, mit 17-21°C im Jahresschnitt verhältnismäßig kühl. Die Niederschlagswerte liegen generell unter 10 mm, den Extremwert bildet Lima mit spärlichen 48 mm. Es gibt Bereiche in denen seit Jahrzehnten kein Tropfen Regen gefallen ist. In größerer Tiefe ist es dem Wasser aber möglich, sich über mehrere Jahre als Haftwasser zu halten. Die unteren Bereiche sind meist vegetationslos, nur in der Nebelstufe gedeihen die wurzellosen Tillandsien – die einzig echten Nebelpflanzen. Die nehmen Feuchtigkeit nur durch ihre Blätter auf und wachsen dem Seewind entgegen. Hinter den Vorbergen wachsen nur Flechten und Erdkakteen. 42 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at In Peru kann sich auf den Vorbergen ab 450 m bis 600 m mit zunehmender Nebelfeuchte entwickelt sich die Loma-Vegetation, aus Kräutern bestehend, im günstigsten Fall sogar aus kleinen Wäldchen mit Acacia, Carica und Caesalpinia, die Äste mit epiphytischen Moosen behangen. Wo es, wie z.T. im äußersten Norden Chiles keine Vorberge vorhanden sind, gibt es auch keinen Nebel und noch weniger Feuchtigkeit. Viele Jahre vergehen ohne einen Tropfen Regen. Die Atacama-Wüste ist das scheinbar vegetationsloseste Gebiet der Erde. Die weiten Sandflächen tragen nur Flechten , bestenfalls Erdkakteen. Wenn es aber regnet, entstehen wie aus dem Nichts ephemere Kräuterfluren und verwandeln die staubige Erde in eine blühende Wüste mit einem oft über 100 km geschlossenem Blütenmeer aus allen Farben. Ab etwa 1000 m, oft aber erst ab 2000 m können Pflanzen ganzjährig existieren, zunächst entlang den sehr sporadisch durchflossenen Flusstälchen, mit zunehmender Höhe aber auch auf den Hängen und Hochflächen. Auf der Breite von Arica erscheint erst ab etwa 2000 m eine Kakteen-Wüste. Nach Süden schließt die Zwergstrauch-Sukkulenten-Halbwüste an. Sie setzt sich aus Zwergsträuchern mit nicht mehr als 10 cm Höhe, Kugelkakteen und Opuntienrasen zusammen, die im Süden an die subtropischen Dornstrauch-Sukkulentengehölze grenzt. Eine üppigere Vegetation kann sich nur entlang der Flüsse, die von den Anden herabfließen bilden. In den von Grundwasser versorgten Oasen bilden sich Bestände von Salix humboldtiana und Schinus-Arten. Hier findet man auch die Intensivste Landnutzung, wo durch Bewässerung der Anbau von Mais, Weizen, in tieferen Lagen auch von tropischen Früchten möglich ist. 1.4.11 Waldfreie Gebiete des südlichen Südamerikas Das waldfreie Gebiet ganz im Süden Südamerikas besteht aus zwei Vegetationstypen: der Steppe und Halbwüste des patagonischen Tafellandes und der subantarktischen Vegetation der Südküste des Kontinents. 1.4.11.1 Patagonische Steppen und Halbwüsten Die patagonische Landschaft ist von weiten Ebenen und Tafelbergen, den „Mesetas“ gekennzeichnet, erst gegen den Andenrand wird das Relief abwechslungsreicher. Dem Gebirge sind Moränenlandschaften vorgelagert. Beträgt die Jahresmitteltemperatur im Norden noch etwa 13°C, so geht sie im Süden bis 6°C zurück. Niederschläge fallen im Gegenschatten der Anden selten, von 300 mm im Westen und 120 mm an der Atlantikküste. Die Steppen und Halbwüsten breiten sich von der Monte-Strauchsteppe bis Feuerland aus, wo sie von der subantarktischen Vegetation abgelöst werden. Subandines Patagonisches Grasland: neben verschiedenen Grasarten gedeihen Zwergsträucher. Im Hintergrund bereits in Sichtweite das Fitz-Roy-Massiv. In den Tälern der Anden wächst bereits dichter Wald. Vier Vegetationseinheiten können unterschieden werden: Steppen des subandien und westlichen Sektors werden von Stipa-Gewächsen geprägt. Auch Festuca und Mulinum sind Grasarten, die weit verbreitet sind. Es gibt große Standortunterschiede, je nach Feuchtigkeitsangebot. Der Deckungsgrad dieser Steppe liegt etwa bei 60 bis 80 %. 43 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Die zentralen Steppen und Halbwüsten sind die trockensten Einheiten und reichen bis zur Peninsula Valdés an der Atlantikküste. Ihr Deckungsgrad beträgt nur mehr 30-40% und wird von Horstgräsern der Gattung Stipa dominiert. In abflusslosen Bereichen bilden sich Salzebenen mit halophytischer Vegetation. Das Foto zeigt das eintönige zentralpatagonische Grasland mit Stipa Die Steppen von San Jorge bilden nur ein kleines Gebiet um den Golf von San Jorge. Hier überwiegen Festuca und Poa-Arten. Durch das bewegtere Relief ergeben sich unterschiedliche Standorte. In den Schluchten ist dichtes Gebüsch aus Monte-Sträuchern zu finden, auch feuchtere Standorte sind für Strauchwuchs geeignet. Die Steppen des feuerländischen und magellanischen Sektors erhalten bis zu 500 mm Niederschlag. Im feuchteren westlichen Bereich auf den Moränen der pleistozänen Andengletscher können sich expositionsbedingt Zwergsträucher bilden. In den etwas feuchteren Bereichen sind Wildfrüchte der Johannisbeere, Erdbeere und des sehr beliebten Calafate-Strauches verbreitet. 44 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.11.2 Subarktische Vegetation Das subantarktische Klima zeichnet sich durch kühle Sommer, aber nicht allzu kalte Winter aus. Die Küstenbereiche sind gleichmäßig feucht. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei etwa 16°C, im Schnitt fallen 700-1000 mm im Jahr. Der wohl limitierendste Faktor für die Vegetation ist der ständig wehende stürmische Wind. Dies fällt mehr auf als in der mindestens ebenso stürmischen patagonischen Steppe. Aufgrund der Windexponiertheit ergeben sich verschiedene Standorte. Windschattenbereiche sind bevorzugte Wuchsorte, ebenso strahlungs- und windbegünstigte Felsen- und Hänge. Die Böden sind durch sind durch Dauerfrost geprägt, und es entstehen Polygonböden (Böden mit frostbedingter polygonartigen Steinringen), bei etwas geneigteren Standorten kommt es zu Bodenfließen und der Bildung von Streifenböden und Steinströmen. Die wichtigsten Pflanzen sind Moose (an den feuchteren, günstigeren Stellen) und Flechten an trockeneren Standorten. Ferner treten Farne, und besonders auf den Falklandinseln steppenartige Graslandschaften mit den charakteristischen hohen und büschelartig wachsenden Tussock-Gräsern und Heidegewächsen auf. Auf ebenen Flächen der Inseln sind auch Moorlandschaften weit verbreitet. 1.4.12 Die Südlichen Wälder Die Wälder des südlichen Südamerikas sind durch die südamerikanische Trockendiagonale von den Wäldern der subtropischen und tropischen Bereichen getrennt. Erst mit zunehmenden Niederschlägen südlich 37° südl. Breite treten Baumarten des subarktischen Florengebietes auf. 45 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Nach und nach beginnen üppige Feuchtwälder, die bis Feuerland reichen und die vor allem durch die laubabwerfenden und immergrünen Laubbaumarten der Gattung Nothofagus bestimmt wird. Auch Nadelwälder mit Araukarien und lokal verbreiteten Baumarten des Fitzroya und Austrocedrus kommen häufig vor. Man kann verschieden Ausprägungen unterscheiden. 46 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Am Ostrand der Anden ist der rasche Übergang zwischen üppigen Waldgebiet und Patagonische Steppe bemerkenswert. Die hygrischen Verhältnisse ändern sich innerhalb weniger Zehnern von Kilometern. 1.4.12.1 Sommergrüne Wälder Die sommergrünen Wälder reichen von der trockenen immergrünen Zone der Hartlaubgehölze bis zum immergrünen Valdivianischen Regenwald. Das Klima ist gekennzeichnet durch 12°C und 1000 bis 200mm Jahresmittelwerte. Zu den Anden hin steigen die Niederschläge bis zu 3000 mm an. Es dominieren laubabwerfende Nothofagus-Arten: N. Obliqua, Roble genannt, und, freilich nur im Wuchs, nicht in Gattung, Holzart oder Laub, der Eiche vergleichbar, und N. procera, 47 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Raulí genannt, und – wiederum im Wuchs - der Buche ähnlich. Das Blatt jedoch ist wesentlich kleiner als das der Nordbuche (fagus) und eher dem Birkenblatt vergleichbar. Diese Kleinblättrigkeit kann auch als Anpassung an die ökologischen Bedingungen (starke Westwinde) verstanden werden. Der Roble-Wald hat von allen Arten das größte Wärmebedürfnis, die Bestände können Höhen bis 40 m erreichen. Er ist an tiefere und edaphisch nicht zu feuchte Standorte gebunden und wird ab etwa 1000 m von den Araukarienwäldern, aber auch anderen Nothofagusarten abgelöst. Roble und Raulí stellen gutes Furnierholz zur Verfügung. Der niedrigere Raulíwald dominiert weiter südlich und ist in einer Seehöhe von 200 bis 1200 m verbreitet. 1.4.12.2 Araukarienwald Der Araukarienwald ist in den Südanden von 600 bis 1600 m verbreitet und bildet auf der Westseite eine eigene Höhenstufe. Darüber befindet sich die Stufe des Nothofagus antarcticaKnieholzes (Ñirre). An der Ostseite bildet sie keine eigene Höhenstufe und bildet gemeinsam mit der Lenga, einer weiteren Nothofagusart, den Übergang zur patagonischen Steppe. Die Bestände werden 30 bis 35 m hoch. Araukania auracana liefert kein gutes Bau- oder Möbelholz. Dennoch werden die Bestände rücksichtslos eingeschlagen, um aus Holzmehl (Chips) Zellulose für den gierigen japanischen Markt zu erzeugen. Glücklicherweise liegen einige Bestände in Nationalparks und werden dort erhalten, eines dieser Schutzgebiete, Los Paraguas, ist sogar der schönen Waldformation gewidmet und trägt auch ihren Namen: Wie aufgespannte Regenschirme (paraguas) sehen nämlich die erwachsenen Exemplare der chilenischen Araukarie aus. Sie erlebt als Zierpflanze übrigens derzeit einen regelrechten Boom in Europa, wo sie in frostarmen Regionen ganzjährig im Garten gedeiht oder sonst als „Zimmertanne“ im Haus oder Wintergarten gehalten wird. siehe auch subtropischer Araukarienwald. 1.4.12.3 Valdivianischer immergrüner Regenwald Der Wald schließt südlich an die sommergrünen Wälder an und reicht bis etwa 47 bis 49° südl. Breite. Auf der Ostseite der Kordillere ist dieser Waldtyp nur inselartig zu finden, z.B. am Westende des Lago Nahuel Huapi. In der Regel reicht er bis 500 m Seehöhe. Er wächst bei einer Jahresmitteltemperatur zwischen 11 und 12°C und Niederschlagsmengen von über 2400 mm jährlich, bei ständig hoher Luftfeuchtigkeit und einer hohen Zahl an Regentagen. Der Wald kommt in verschiedenen Ausprägungen vor. Der eigentliche Valdivianische Regenwald wird als Tique-Wald bezeichnet und besteht aus 30-40 m hohen, vorwiegend immergrünen Bäumen. Er ist ähnlich artenreich wie tropische Regenwälder, und kommt auch in der Bestandstruktur ihnen gleich: ein unerhört dichter Wald, immergrüne Blätter, Lorbeer- und Magnolienarten, tropische Blütenformen und – farben, Kolibribestäubung, Bäume mit Brettwurzeln, zahlreiche Epiphyten, Lianen – ein nicht-tropischer tropischer Regenwald. Genauso wie die Wälder des Amazonas hält man den Tique-Wald für ein Relikt des Tertiärs. Durch das ozeanisch-milde Klima konnten einige endemische (hier heimische) Arten das Eiszeitalter überdauern. Eine Besonderheit bildet der Bestand in Frai Jorge: in Chile existiert ein 20 km² großes Areal auf einem Küstenfelsen. Bei wesentlich geringeren Niederschlägen bringt der dichte Nebel ausreichend Feuchtigkeit – das besondere ist die Entfernung zum eigentlichen Verbreitungsgebiet: 1000 km nördlich auf 30° südl. Br. 48 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Der Alerce-Wald mit Fitzroya cupressoides löst den Tique-Wald auf ungünstigeren Standorten ab, vor allem in Moorbereichen und Berghängen an der oberen Waldgrenze. Dieauch als Mammutbaum bezeichnete Fitzroya ist erwähnenswert, wird sie doch 50-60 m hoch, 3 m dick und bis zu 2000 Jahre alt. Sie wächst jedoch sehr langsam – in den ersten 300 Jahren 17 m. In der chilenischen Längssenke ist sie allerdings aufgrund ihres leicht spaltbaren und nicht faulenden Holzes, das zur Herstellung von Dachschindeln dient, fast ausgerottet und hält sich nur noch in einigen Nationalparks. Auch im argentinischen Nationalpark „Los Alerces“ stehen die herrlichen Alerce-Riesenbäume unter Schutz. 1.4.12.4 Immergrüne Wälder mit Nothofagus Roble und Raulí sind laubwerfende Arten. Es gibt aber auch eine immergrüne Südbuchenart, Coihue (nothofagus dombeyi) genannt. Wälder mit diesem immergrünen Nothofagus erstrecken sich vom Küstengebirge südlich von Concepción bis nach Feuerland. Das weite Vordringen der Wälder nach Süden wird durch ein sehr ausgeglichenes Klima ermöglicht, mit Durchschnittwerten zwischen 8°C im Norden und 5,4°C im Süden, sowie 4000 mm Niederschlag im Norden und 2000 mm im Süden. Selbst im Sommer kann hier Schnee bis an die Küste fallen, der allerdings bald wegtaut. Die Evaporationsraten (Verdunstungs-) sind gering bei ständigem Westwind, der nach Süden an Heftigkeit zunimmt. Man unterscheidet zwei Waldtypen: Der Coihue-Wald wird aus der Südbuchenart Nothofagus dombeyi aufgebaut und bedeckt den nördlichen Bereich bis etwa 48°südl. Breite, zunächst noch im Übergang zum Valdivianischen Regenwald. An der oberen Waldgrenze wird er vom Lenga-Wald abgelöst, auf den schließlich die Krummholzstufe mit Ñirre folgt. Im Osten endet die Verbreitung der Coihue bei 1500 mm Niederschlag. Dre Coihue-Wald ist eine anspruchsvolle Baumgesellschaft. Er verzahnt sich mit dem östlich anschließenden Zypressenwald (Ciprés), wo er linienförmig die Schluchten an rasch fließendem Wasser besiedelt. Die Bäume erreichen eine Höhe von 30-35 m und besitzen einen starken Unterwuchs aus dünnstengeligem Bambus (quila), der eine allzu reichliche Baumverjüngung verhindert. Auffällig ist die hohe Stammzahl der dicken Stämme der Coihue, die bis über 8,2 m Umfang erreichen können, bei Höhen bis 50 m. Möglicherweise durch die Bindung an ausreichend Bodenfeuchte bildet die Coihue ein nicht faulendes Holz, das für die Unterfütterung von Strassen und Wegen im anmoorigen Gelände, für Eisenbahnschwellen oder als Bauholz mannigfaltige Einsatzmöglichkeiten findet. Der Guindo-Wald aus Nothofagus betuloides löst den Coihue-Wald nach Süden hin ab. Der Guindo kommt auch als Einzelbaum in höheren Lagen vor und geht bis an die Waldgrenze. Die Bestandshöhen betragen max. 18 m und gehen bis Feuerland bis auf 6 m zurück und sind von den ständig wehenden Stürmen geprägt. Hohe und dichte Moospolster erschweren zusätzlich das Vordringen in die Wälder. Die Höhengrenze dieses Waldes liegt zwischen 600 und 400 m und wird nach oben hin vom Lenga-Wald abgelöst. In den Mulden und Tälern sind Moorwälder verbreitet, die nach Süden immer mehrin baumfreie Standorte übergehen, die den mitteleuropäischen Hochmooren ähnlich sind. 1.4.12.5 Ciprés-Wald Die Ciprés-Wälder haben keine besonders große Ausdehnung. Ciprés-Bestände sind resistenter gegen Trockenheit als bespielsweise Araukarien und kommen daher zwischen Coihue-Wäldern und Steppengebieten vor. Die Ciprés ist eine Zypresse des niedrigen 49 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Berglandes, die bis max. 1400 m Seehöhe ansteigt und ihren Verbreitungsschwerpunkt zwischen Bariloche und El Bolson in Argentinien hat. Aufgrund der Trockenheit werden sie von Westen nach Osten lichter. Sie erreichen eine Höhe von 20-25 m. 1.4.12.6 Sommergrüne Wälder mit Nothofagus pumilio Sommergrüne Wälder sind auf der trockeneren Ostseite der südlichen Anden von den Araukarienwäldern bei 40° südl. Breite bis Feuerland verbreitet. Das Klima ist kühl und hat keine ausgeprägte Trockenzeit. Man unterscheidet zwei Arten: Der Ñirre-Wald (Nothofagus antarctica) reicht von feuchten Mooren bis zu trockenen Schottern, Lavaströmen und Felsen und gilt als anspruchloseste unter den patagonischen Baumarten, vergleichbar mit der Birke, oder Kiefer. Die setzte sich als erste Baumart auf den Flächen der zurückweichenden Gletschern fest. Ihr Aufbau reicht von 12 m hohen Bäumen bis zum niedrigen Knieholz. Die Artenzusammensetzung schwankt von Standort zu Standort sehr stark. Die Ñirre bildet den oberen Saum des Waldes. Wie alle laubwerfenden Nothofagusarten hat sie eine herrliche Herbstfärbung, die vor Einbruch des Winters die Kordillerengipfel in einem herrlichen Rot einrahmt. Eine wirtschaftliche Bedeutung kommt der Ñirre nicht zu, wodurch ihre Bestände kaum gefährdet sind. Der Lenga-Wald (Nothofagus pumilio) erstreckt sich von 38° südl. Breite bis Feuerland und hat somit eine extreme N-S-Ausdehnung. Auch in den Höhenstufen kommt er von Meereshöhe (im Süden) bis 1800 m vor (im Norden). Er bildet meist die Waldgrenze, im Norden bei etwa 1700 m, bei Ushuaia bei 500 m. Im Verlauf der Höhenstufen vermischt er sich mit Coihue, Ciprés, Araukarie und Raulí und auch mit Ñirre-Wäldern, bevorzugt aber die besseren Standorte. Lenga erreicht eine Höhe von 12 m (im Süden) und 30 m (im Norden) und kommt meist in dichten Beständen vor ohne besonders viel Unterholz. Von allen Nothofagusarten liefert die Lenga das wertvollste Furnierholz. Es ist in Farbe und Maserung dem europäischen Kirschholz vergleichbar und kommt daher auch als „patagonische Kirsche“ auf den Weltmarkt. 1.4.13 Andine Höhenstufen Die Anpassungen von Pflanzen an das Gebirge sind vielfältig. Sie bewirken bei den Pflanzen eine möglichst geringe Erhebung über die Erdoberfläche durch Unterdrückung oberirdischer Achsen (Stämme, Stängel). Die unterirdischen Teile sind hingegen lang. Der unterirdische Spross dient oft als Speichermedium für Wasser und Fortpflanzung. Der größte Teil ist krautig, nur in ariden Gebieten spielen niedrigwachsende Dornsträucher eine größere Rolle. Andere Anpassungen erreichen die Pflanzen durch spezielle Wuchs- und Lebensformen. Schopfrosettenstauden tragen einen Schopf infolge extremer Internodienstauchung (Internodien = Bereich zwischen zwei Blattknotenpunkten). Sie können stammlos sein, oder geringmächtige Stämme ausbilden. Als Beispiel seien hier die Espeletien genannt, die ein dichtes Haarkleid als Schutz gegen den raschen Temperaturwechsel und gegen den Wind tragen. Zusätzlich vermindern sie so die Transpiration. Sie sind die Leitpflanzen des Páramo und werden wegen ihres Aussehens, das – insbesondere bei den häufigen Nebellagen – dem von Mönchen auf der Pilgerreise ähnelt, „frailejones“ genannt. Rosettenkräuter haben einen einfachen Stamm und sind nur spärlich verzweigt. Sie besitzen ebenfalls unterirdische Speicherorgane. Polstergewächse haben eine intensive Verzweigung bei dichtem Stand an den Sprossenden. Die Polster sind entweder flach ausgebreitet oder gewölbt und hart wie Holz, was man von 50 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at außen nicht annehmen würde. Die Wölbung schützt die Knospen vor Wind, Schnee und Kälte, noch dazu wirken die Polster wie Schwämme, und sie speichern unter ihrem Schild Feuchtigkeit. Lange Trockenzeiten überstehen sie durch überlange Pfahlwurzeln, die Grundwasser auch in der Tiefe erreichen können. Horstgräser sind 0,5 bis 1 m hohe Chamaephyten mit dicht gestellten Blättern. Auch die abgestorbenen Blätter dienen dem Horst als Schutz. Innerhalb des Horstes ist die Temperatur um 5-7°C höher als die Lufttemperatur. Man bezeichnet sie auch als Tussock-Gräser vor, wie auch in anderen Teilen Lateinamerikas mit ähnlichen Bedingungen. Man versteht darunter große Horste, bei denen die Blätter mehrere Jahre erhalten bleiben. Die toten Bestandteile verwesen nicht, zwischen ihnen kommen im Frühjahr die neuen Blätter heraus – es hat dadurch den Anschein, dass diese Gräser nie grün erscheinen. Auch die Blätter zeigen Anpassungen, damit das Wasser nicht gleich abrinnen kann, sondern ins Gewebe aufgenommen wird. Manche Gräser haben Spaltenöffnungen, die bei Trockenheit geschlossen werden. Andere Pflanzen haben nur kahle Blätter, andere tragen ein dichtes Haarkleid. Meist sind die Blätter dick, zart und mehr fleischig als lederartig. In den ariden Lagen der Anden verbindenen sich diese Merkmale mit denen der Wüstenpflanzen. Die Hochanden werden geobotanisch vom Äquator polwärts in vier klassische Bereiche untergliedert: Páramo, Puna, Salare und Hochgebirgsvegetation gemäßigter Klimate. 1.4.13.1 Páramo Die Páramos sind im nördlichen, feuchteren Abschnitt der Anden verbreitet. Sowohl auf der Westseite, als auch auf der Ostseite werden sie unten von Bergregenwäldern gesäumt. Der allgemeine Wärmemangel und häufige Fröste, besonders in der Nacht, sind für das Ausbleiben einer geschlossenen Walddecke verantwortlich. Trotz der Fröste befinden wir uns nach der Tropendefinition von Troll immer noch in den Tageszeitenklimaten. In Mucubají auf 3600 m Höhe liegen die Mittelwerte der Monatstemperatur zwischen 4,4 und 6,7°C, die Tagesschwankungen betragen regelmäßig zwischen –2 und 14°C, bei stärkerer Bewölkung weniger. Bei einem Niederschlag von 800 mm im Jahr und einer siebenmonatigen Regenzeit ist das Klima bei diesen Temperaturen als humid einzustufen. Zwischen November und Mai 51 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at herrscht Trockenheit. In diese Periode fällt auch das Wachstum der Pflanzen, da nun die Temperaturen etwas höher liegen, als in der Regenzeit. Es tritt als neues Element tropischer Höhenstufung eine immergrüne Vegetationsformation aus geschlossenem Grasland mit prägnanten Schopf- und Wollkerzenpflanzen in Erscheinung. Die wichtigste Vegetationsformation sind Arten der Gattung Espeletia (der Andenaster). In den Mulden bilden sich Moore und Mooslandschaften aus. Kleine PolylepisWälder reichen bis weit über 4200 m bei 2°C Jahresdurchschnittstemperatur. Hier bevorzugen sie meist Blockhalden, die bei Westexposition etwa um 7°C wärmer sind, als ihre Umgebung. Über 4600 bis 4900 m findet man keine Vegetation aus Gefäßpflanzen mehr. Nach oben hin wird diese Zone von Schnee abgelöst. 1.4.13.2 Puna Die Puna prägt den Bereich der zentralen Anden zwischen 3000 und 5000 m Höhe. Im Gegensatz zum zur feuchteren Páramo-Vegetation stellt die Puna einen trockenen Hochgebirgsvegetationstyp dar. Die Tagesschwankungen sind hier noch ausgeprägter als in den Páramos und können das ganze Jahr wischen 19 und 20°C liegen, bei einer mittleren Jahrestemperatur von knapp unter 2°C. Nach Süden werden auch die Jahresschwankungen höher, die Temperaturen im Winter tiefer, im Sommer höher. 52 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.13.2.1 Feuchtpuna oder Grassteppenpuna Die Feucht-Puna oder Grassteppenpuna reicht von Mittel-Peru bis zum bolivianischen Altiplano. Sie lösen die Páramos teilweise ab, wenn diese aus Reliefgründen trockener werden, etwa zwischen den Hauptketten der Anden im Altiplano auf 3500 bis 3800 m Höhe. Die Vegetationsformen setzten sich aus Büschel- und Horstgräsern zusammen, die umso weiter auseinanderrücken, je trockener die Vegetation wird. Charaktersitisch ist eine dichte Pflanzendecke mit den büscheligen „Ichú“-Gräsern . Hinzu kommen niedrigere Gräser, Kräuter, Rosettenpflanzen und auffällig große Polstergewächse. Seltener sind Kakteen. An feuchten Standorten treten kleine Moore auf, die bei älteren Seeverlandungen auch größere Areale einnehmen können. DieMooroberfläche ist hart und begehbar. Über 4500 m sind Frostschuttfluren weit verbreitet und infolge von Bodenfließen girlandenförmig angeordnet. Als Übergangsformation zum Bergwald leiten subhumide Hochgebirgsgrasfluren und Gebüsche über. 1.4.13.2.2 Trockenpuna oder Tolaheiden-Puna 53 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Die Trocken-Puna, oder Tolaheide-Puna reicht von der peruanischen West-Kordillere über den mittleren Altiplano bis weit nach Süden, wo sie im Osten an die Trockenwälder angrenzt. Die Tolaheide bilden Gebüschfluren mit etwa 1 m hohen Sträuchern und Asteraceen, an feuchten Standorte vergesellschaftet mit Festuca-Gräsern. Weit verbreitet ist die sogenannte Llareta, eine große verholzende Polster bildende Pflanze, die hier als wichtiges Brennmaterial verwendet wird. In Nordwest-Argentinien wird die Puna immer trockener. Es fallen nur mehr 100 bis 300 mm Niederschlag, in jedem Monat kann Frost auftreten. An den Westseiten der Kordillere und in den innerandinen Trockentälern schließen Kakteen-Wüsten an. 1.4.13.2.3 Salz- und Dornstrauch-Sukkulenten-Puna Eine logische Folge des trockenen Klimas des südlichen Altiplanos und NW-Argentiniens ist die extreme Versalzung mit der Ausbildung von Salaren. Als Vegetationstypus bildet sich hier die Salz- oder Dornstrauch-Sukkulenten-Puna. Die Pflanzendecke wird immer offener und zeigt Anpassungen an die zunehmende Trockenheit und Versalzung der Böden. Es dominieren Dornsträucher und Kakteen. Am Rand der Salare treten kurzrasige Salzfluren auf, sie sich durch die weißen Salzkrusten herausmühen. 1.4.13.2.4 Hochgebirgswüste der Puna Der trockenste Bereichen der Hochkordillere, etwa bis 38° südl. Breite, liegt zur Gänze im Bereich der ariden Diagonale und ist daher vollkommen vegetationslos. Im nördlichen Teil wachsen zwischen 2300 und 4500 m noch niedriges Adesmia-Gestrüpp, darüber herrscht totale Vegetationslosigkeit. Im südlichen Bereich nimmt die Kältewüste an Höhe ab. Talwärts beginnt wieder niedrige Sträucher zu wachsen, gemeinsam mit Grassteppen. An feuchteren Standorten bilden sich saftig grüne Wiesen, entlang von Flussläufen in den Schluchten sogar niedrige Baumgruppen. 1.4.13.3 Südliche Anden Weiternach Süden wird das Klima kühler und feuchter . Auf 41° südl Breite wurden in der Nähe des Vulkans Antillanca auf einer Höhe von 1100 m Niederschläge von mehr als 5600 mm/Jahr gemessen. Im Winter fallen diese Niederschläge natürlich als Schnee. Auf der Ostseite der Cordillere wurden am Cerro Catedral bei Bariloche auf 2388 m etwa 2,5°Jahrestemperatur und 1500 bis 2000 mm Niederschlag gemessen. Vulkanaschen bieten den Pflanzen einen nährstoffreichen Untergrund. Die Hochgebirgsvegetation beginnt in den Südanden etwa ab 1800 m und wird immer mehr von subarktischen Gattungen bestimmt. Neben Zwergstrauchheiden treten zudem Wiesen und Matten aus dem holarktischen Raum auf. Der östliche Bereich der südlichen Anden wird immer mehr von Arten der patagonischen Steppe geprägt. Dieser Vegetationstyp setzt sich bis Feuerland fort. 1.4.13.4 Höhenabfolge in Zentralamerika - klimatische Vegetationsgürtel Das Klima hat in Zentralamerika, wie auch in anderen Teilen Lateinamerikas, klimaökologisch einheitliche Formationsgürtel der Vegetation geprägt, die in das klassische System der Tierra caliente, Tierra templada, Tierra fria und Tierra helada untergliedert werden können. Lokal weisen die Vegetationsgürtel eine Reihe von Varianten auf. 54 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.13.4.1 Tierra caliente Im heißen Tiefland gedeihen auf der ganzjährig feuchten karibischen Seite immergrüne Regenwälder, die sich durch großen Artenreichtum, den typischen Stockwerkbau auszeichnen, reichhaltigen Epiphytenbewuchs und dichtes Lianengewirr auszeichnen. Ursprünglich wuchsen hier Mahagoni, Zedernbäume und Cecrophien in reicher Zahl. Auf der pazifischen Seite wird das Vegetationsbild durch eine ausgeprägte Trockenzeit bestimmt. Es bilden sich regengrüne laubabwerfende Hochwälder. Je nach Feuchtegrad wächst ein regengrüner Feuchtwald (an der Westküste Mexikos bis Panamá. Er ist arm an Unterwuchs, Lianen und Epiphyten. Je nach Regen- und Trockenzeit wechselt sein äußeres Erscheinungsbild. In der humiden Jahreszeit wächst er in üppigen grün, gegen Ende der Trockenzeit (Februar bis April) steht er vollkommen kahl. Der regengrüne Trockenwald wächst in den semiariden Teilen der pazifischen Küste. Dornengewächse nehmen an Anzahl zu. Das Landschaftsbild bestimmen die ausladenden Schirmkronen der Pöppigea procera oder Piptadeina constricta und der früher als schattenbaum für Kaffeeplantagen verwendete Gliricidia sepium. Dorn- und Sukkulenten-Formationen sind in der Tierra caliente selten und nur im Río Motagua und an ungünstigen Standorten ist Chapparales verbreitet. Die meisten laubabwerfenden Formationen sind stark anthropogen beeinflusst und zu Savannenformationen aller Zerstörungsgrade umgewandelt. Nach Lauer (1959) sind natürliche Savannen nur auf pedologisch extreme Standorte beschränkt. 1.4.13.4.2 Tierra templada In der gemäßigten Bergstufen der Tropen (zwischen 800 und 2000 m) wächst auf den ständig feuchten, der Karibik zugewandten Seite immergrüne Bergwälder. Auf der pazifischen Seite ist er nur auf einen schmalen Streifen in der Stufe der höchsten Regenmengen (besonders in Costa Rica und Guatemala) verbreitet. Zusätzlich zu tropischen Baumarten sind Eichen verbreitet, die als boreales Element bis Kolumbien zu beobachten sind. Auf der trockeneren Westseite gedeiht ein wechselfeuchter Bergwald. Im Gegensatz zu den echten tropischen laubwerfenden Wäldern im Süden, bestimmt im Norden KiefernEichenwälder das Aussehen. 1.4.13.4.3 Tierra fria 55 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Zwischen 1800 und 2000 m bildet sich ein Höhen- und Bergwald aus. Er umschließt die Gebirge Guatemalas und Costa Ricas und umschließt die Gipfel, die in anderen Bereichen Zentralamerikas nur selten in die Nebelregionen hinaufragen. Der immergrüne Höhen- oder Nebelwald ist im unteren Bereiche der Stufe ein hoch aufragender Wald (bis zu 30 m), deren Bäume dicht mit Moosen und Farnen bewachsen sind. Hinzu kommen, zahlreiche Orchideen, Bärlappe und baumsitzende Kakteen. Der nördliche Bereich wird von vielen Arten der borealen Zone (Tanne, Kiefer, Wachholder) bestimmt. In Guatemala ist auch eine wechselfeuchte Höhenstufe verbreitet, die dem Habitus der wechselfeuchten Bergwälder gleicht. 1.4.13.4.4 Tierra helada Über der Waldgrenze folgt zunächst ein Ericaceen-Gürtel, der mit zunehmender Höhe bald in der Páramo-Stufe aufgeht. Dort gibt es in den einzelnen Bereichen große floristische Unterschiede. Während der Páramo in Costa Rica tropischen Charakter trägt, weist sie in Guatemala einen großen Anteil borealer Arten auf. Dort bezeichnet man diese Höhenstufe als „zacatal“. Einzelne Tannen und Kiefern überschreiten die Waldgrenze bis 3800 m und bereichern die in den inneren Tropen durch Baumlosigkeit sich auszeichnenden Gras- und Strauchfluren. 1.4.13.5 Andenprofile im Vergleich 1.4.14 Karten zur Vegetation Diveres Karten zur Vegetation 56 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.14.1 Klimatische Vegetationstypen nach Lauer 57 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.14.2 Vegetationszonen Südamerikas 58 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.14.3 Vegetationskarte Mexikos und Mittelamerikas 59 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.4.14.4 Vegetation Nord- und Mittelamerikas 1.5 Kulturpflanzen in Lateinamerika Trotz der Vielfalt natürlicher Pflanzengesellschaften in Lateinamerika gehen die autochthonen Bestände kontinuierlich zurück. Sie wurden und werden durch Kulturpflanzen ersetzt, die z.T. endemisch sind, z. T. aber auch von weither eingeführt wurden. Viele dieser Zuwanderer sind inzwischen so heimisch geworden, dass sie von unkundigen Besuchern als typische Florenelemente lateinameirkanischer Landschaften angesehen werden können. Man unterscheidet also im Unterschied zur Naturlandschaft, die außerhalb der Wüsten selbstverständlich über die natürliche Vegetation charakterisiert werden kann, die Kulturlandschaft, die der Mensch geschaffen hat und in der er die natürliche Vegetation durch Kulturpflanzen ersetzt hat. Die ältesten Kulturpflanzen der Welt sind altweltlich Gerste und Reis, in der Neuen Welt dagegen der Mais. Heute sind die wichtigsten Kulturpflanzen Nahrungspflanzen wie Getreide-, Gemüse-, Zucker- Obst- und Ölsorten, Futter- sowie Gewürzpflanzen, Arznei- und Faserpflanzen sowie Pflanzen für die industrielle Nutzung.. In Lateinamerika sind heute 60 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at auchGartenpflanzen von großer Bedeutung. Schließlich gehören auch vom Menschen gestaltete Forste zu den Kulturlandschaften, wenngleich ihr Bestand nur selten durch Zucht verändert wurde. Von Haus aus ist Lateinamerika reich an autochthonen Kulturpflanzen (autochthon: die dort „zu Hause sind“). Dem gegenüber stehen die eingeführten Kulturpflanzen, oder allochthone Kulturpflanzen, die ursprünglich aus einem anderen Erdteil in die Neue Welt gebracht wurden. Es ist natürlich nur möglich, einen kleinen Teil der (wichtigsten) Kulturpflanzen Lateinamerikas zu erläutern. 1.5.1 Endemische oder autochtone Kulturpflanzen Lateinamerika ist besonders reich an endemischen Kulturpflanzen, wie etwa Kakao, Maniok, Baumwolle, Bananen und Kartoffeln, um nur wenige zu nennen. In den Anden sind spezielle Arten von Bedeutung, etwa verschiedene Knollenfrüchte, die auch noch in großer Höhe gedeihen. In der Tiefebene sind dagegen Dauerpflanzen (Kakao), Stauden (Banane, Zuckerrohr) oder einjährige Nährpflanzen (Mais, Maniok) wichtig. Vielerorts bereitet aber nicht standortgerechter und daher nicht nachhaltiger Landbau große Probleme (Bodenerosion, Desertifikation). Damit ist das Spannungsfeld zwischen ökonomischen Nutzen und ökologischen Folgen angesprochen. 1.5.1.1 Gewürze Gewürzpflanzen und die aus ihren Blättern, Blüten, Früchten, Samen, Wurzeln, Rinden oder Sprossen gewonnenen Stoffe und Mischungen sind die Krönung jeder Speise. Man fand heraus, dass mit zunehmenden Heißwerden des Klimas auch die Würzung der Speisen zunimmt. Nicht nur zum würzen von Speisen, sondern vor allem schärfere Gewürze zur Bekämpfung von Krankheiten werden verwendet. Auch die Vielfalt der Gewürze nimmt zum Äquator hin zu. Kein Wunder also, dass man auf fast allen Märkten Lateinamerikas einen großen Reichtum an Gewürzen vorfindet. Viele Gewürzpflanzen dienen in den heißen Regionen auch dazu Nahrungsmittel keimfrei zu halten um sie länger haltbar zu machen. Viele Gewürze sind in Lateinamerika heimisch. Die Gewürzvanille, eine Gattung epiphytischer kletternder Orchideee, stammt ursprünglich aus den mexianischen Regenwäldern. Auch der Chilipfeffer, der eigentlich zur Gattung der Paprika gehört, stammt aus Lateinamerika. Die Muskatnussgewächse sind vor allem auf den Westindischen Inseln und Brasilien weit verbreitet. Auch an den nicht heimischen Gewürz- und Kräuterpflanzen findet man in Lateinamerika eine reiche Auswahl. 1.5.1.2 Nahrungsmittel 1.5.1.2.1 Kakao Der Echte Kakaobaum (theobroma cacao) stammt aus Südamerika und wurde von dort aus bereits im 16.Jh. in andere Erdteile exportiert. Die harte Kakaobohne ist der Same der Pflanze. Sie reift in einer fleischigen Frucht, die direkt am Stamm aufsitzt. Der acht bis zehn Meter hohe Kakaobaum gehört daher zu den Caulifloren (Stammblütlern). Er blüht und fruchtet zur selben Zeit und weist sich somit als Baum der Tropen aus. Dort allerdings hat er hohe Standortansprüche. Er gedeiht nur im Tiefland und benötigt mindestens 20°C, am liebsten aber 25°C Monatsdurchschnittstemperatur, Jahresniederschläge von mehr als 2000 mm und vor allem auch Schatten. Eine Kakaoplantage ist dementsprechend eine Kopie des 61 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Regenwaldes mit seiner Artenvielfalt und dem Stockwerkbau: Unter den Schattenbäumen, der „madre del cacao“ gedeiht der niedrige Kakaobaum, oft vergesellschaftet mit anderen Bäumen, Büschen und Stauden. Die Frucht der Bäume ist etwa 15-30 cm lang und enthalten 30-60 weiße Samenkerne, die gewaschen, getrocknet, fermentiert, geröstet und gemahlen erst den typischen Geschmack erhalten. Kakao ist ein wichtiges Exportprodukt vor allem für Brasilien und Ekuador, wo 1995 809.000 bzw. 78.000 t produziert wurden. Chocolatl (aztekisch: Kakaowasser) hieß das aus den Kakaobohnen hergestellte Getränk der Azteken. Es mundete den Europäern überhaupt nicht, selbst wenn es mit Vanille gewürzt wurde. Dies lag wohl auch an der unappetitlich aufgeschäumten fetten Brühe, die noch dazu bitter schmeckte. Erst als die Spanier nach Jahrzehnten das Zuckerrohr von den Kanarischen Inseln in die Neue Welt einführten, änderte sich ihr Verhältnis zum Kakao, und Trinkschokolade und Tafelschokolade konnten ihren Siegeszug um die Welt beginnen. 1.5.1.2.2 Papaya Der bis zu 10 m hohe Baum der Papaya gehört zu den Melonenbaumgewächsen und zu den typischen Pflanzen der frostfreien Höhenstufen der lateinamerikanischen Tropen. Dort wird er entweder in Plantagen gezüchtet, oder kommt als Obstbaum innerhalb der tropischen und subtropischen Subsistenzwirtschaft vor. Die weichschaligen, melonenartigen Früchte können bis zu mehreren Kilogramm schwer werden (auf Kuba: fruta bomba!) und wachsen unter einem palmenartig wirkenden Blattschopf auf einem nicht verzweigtem weichholzigen Stamm (Cauliflorie). In Amazonien wird er als Baum des Lebens bezeichnet, da seine Früchte nicht nur sehr vitaminreich und wohlschmeckend sind, sondern auch für die Medizin wertvolle Stoffe beinhaltet und wird etwa bei der Behandlung von Bandscheibenvorfällen eingesetzt. 1.5.1.2.3 Grundnahrungsmittel 1.5.1.2.3.1 Mais Mais gehört zu den bedeutendsten Getreidearten der Welt und ist das einzige wichtige Getreide, das aus Lateinamerika stammt, sieht man einmal von Quinoa und Almaranth ab, die erst in jüngster Zeit auch in europäischen Küchen Verbreitung finden. Der Mais war vermutlich in Mittelamerika beheimatet, wo er schon früh, etwa 4000 v. Chr. von den Indianern genutzt und kultiviert wurde. Man geht sogar davon aus, dass der Wildmais vor ungefähr 7000 Jahren im Tehuacán-Tal in Südmexiko erstmals aus Wildsorten gezüchtet wurde. Der Name kommt von der Bezeichnung „mahiz“, die Bezeichnung karibischer Indianerstämme für diese Pflanze. Die natürlich gewachsene Maispflanze brauchte viel Sonne, Jahresdurchschnittstemperaturen von 20-24°C und war noch dazu frostempfindlich. Die besten Erträge bringt sie heute auch noch bei ausreichenden Niederschlägen während der Wachstumsperiode. In vielen Zuchtsorten hat sie jedoch auch kühlere Regionen erobert. Zu den wichtigsten maisproduzierenden Ländern zählen nach wie vor Brasilien, Argentinien und Mexiko. Ein Großteil des Maises wird als Futterpflanze verwendet, wird neben der Verwendung als Grundnahrungsmittel zur Herstellung von Alkohol und Branntwein, Sirup, Zucker und Maismehl verwendet. Bekannt sind natürlich auch die Tortillas, die kleinen, flachen Maisfladen. Mais wird aber auch zur Herstellung von Nylonfasern, zur Produktion von Schmieröl, Salatöl, Margarine, Seifen, Farben, Brennstoff, u.v.m. genutzt. Im Unterschied zu vielen anderen Nahrungsmitteln des Tieflandes sind Maiskörner lagerfähig. Nicht wenige Kulturanthropologen sehen daher der Verfügbarkeit dieser Kulturpflanze die Ursache für die Entstehung von Hochkulturen wie die der Olmeken oder Mayas im Tiefland, mit deren Hilfe Abgabensysteme und die Ernährung einer 62 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at nichtproduktiven Herrscherkaste erst möglich wurde. Der Maisgott dementsprechend in den mesoamerikanischen Hochkulturen eine wichtige Rolle. spielt 1.5.1.2.3.2 Maniok Maniok ist ein bis zu drei Meter hoher Strauch mit tief zerteilten, lanzenförmige Teilflächenblättern, aus dessen Wurzeln sich durch ein sekundäres Dickenwachstum 20 cm dicke und bis zu 5 kg schwere Wurzelknollen bilden. Diese zu den Wolfsmilchgewächsen gehörende Pflanze ist in den feuchten Tropen Südamerikas, wahrscheinlich auch Zentralamerikas beheimatet und wird selten über 1400 m angebaut. Maniok findet zwischen 30° nördl. und südl. Breite und erreicht bei 2000 mm Regen im Jahr optimales Wachstum, gedeiht aber auch schon bei 750 mm. Maniok ist einer der wichtigsten Kohlehydratlieferanten – wenn vorher der giftige Milchsaft durch Auswaschen unschädlich gemacht wird. Die Verarbeitung zu Stärke muss rasch erfolgen, da sich nach 3 Tagen Blausäure bildet oder die Knollen zu faulen beginnen. Maniok wird durch Brandrodungsbau und durch Züchtung neuer Sorten zu einem extrem ertragsreichen Gewächs und gilt als eines der Futtermittel der Zukunft – der Regenwald ist in Gefahr. 1.5.1.2.3.3 Quinoa Quinoa ist eine weit verbreitete Kulturpflanze aus der Familie der Gänsefußgewächse. Die ein bis zwei Millimeter großen Samen sind sehr proteinreich und sind in Bolivien, Peru und Ecuador zu Hause. Quinoa wird in den Andenregionen über 3500 m angebaut, wo keine anderen Getreidearten mehr gedeihen. Sie wird auf sandigen Böden angebaut und ist frostresistent und unempfindlich gegen Dürre. Quinoa außerdem eignet sich zur Herstellung von Teigwaren und zur Brotherstellung. 1.5.1.3 Genussmittel 1.5.1.3.1 Tabak Tabak ist auf dem amerikanischen Kontinent heimisch. Schon bei den Maya-Völkern gibt es erste Hinweise auf die Tabakpflanze, die sie vor allem für medizinische Zwecke einsetzten. Auch das karibische Volk der Arawak rauchte Tabak, wie es Christoph Kolumbus berichtete, und zwar aus einer Röhre die Tobago genannt wurde, die der Pflanze schließlich den Namen gab. Bereits 1556 wurde Tabak von Santo Domingo nach Spanien exportiert, noch im gleichen Jahr führte der Diplomat Jean Nicot (wissenschaftlicher Namensgeber) den Tabak in Frankreich ein. Zwar können Tabakpflanzen heute in vielen Klimabereichen gezüchtet werden, besonders hochwertige Tabakprodukte erfordern allerdings viel Zeit und Arbeit. Die wichtigsten Erzeugerländer des Tabaks in Lateinamerika sind Brasilien mit 542.000 t (1996) und Argentinien mit rund 100.000 t (1995). Weniger auf Quantität, als auf Qualität setzt die berühmte Zigarrenproduktion auf Kuba. 1.5.1.3.2 Mate Betrachtet man eine Statistik der FAO über den Teeverbrauch in Kilogramm pro Kopf, so erscheint sie einigermaßen überraschend. Nicht die großen Teenationen China, Indien oder Russland führen die Statistik an, sondern Paraguay, Uruguay und Argentinien. Ganz verwunderlich ist es jedoch nicht, ist doch der Mate-Tee in diesen Ländern das Nationalgetränk Nummer Eins. 63 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Der Tee wird aus den Blättern und Triebspitzen einer Stechpalme, meist Ilex paraguariensis, hergestellt, die getrocknet und zerkleinert werden. Die anregende Wirkung ist auf den Gehalt an Thein zurückzuführen. Thein ist die gleiche Substanz wie Koffein, hat jedoch aufgrund der Gerbsäureverbindung eine mildere Wirkung. Mate-Tee ist allerdings mehr, als nur ein Getränk – es ist ein Lebensgefühl. Getrunken wird Mate-Tee auch nicht aus einer Tasse sondern aus einem Mate, einem kleinen Gefäß aus Holz (Algarrobo, Palo Santo), Bambus, meistens aber aus einem ausgehöhlten und präparierten Kürbis, der etwa zu einem Drittel mit Yerba de Mate (Mate-Tee) gefüllt und immer wieder mit heißem Wasser aufgegossen wird. Eigentlich wird er auch nicht getrunken, sondern mit einer Art Strohhalm („bombilla“) aus Blech oder Bambus geschlürft. Der Strohhalm verhindert, dass bei jedem Schluck die Mate-Teeblätter eingenommen werden. Einen Mate-Tee zu trinken, hat einen wichtigen gesellschaftlichen Aspekt. Selten wird der Tee allein getrunken, man setzt sich zusammen, nimmt sich Zeit und redet. Der Mate macht dabei die Runde, alle trinken aus dem selben Mate und ziehen an dem selben „Strohhalm“. Der Genuss ist keiner besonderen Bevölkerungsschichte zugeordnet. Auf einer Baustelle trinken Planer, Bauherr und Hilfsarbeiter zusammen Mate-Tee. Die beeindruchende Führung in der Tee-Statistik überrascht noch weniger, wenn man weiß, wie viel Mate-Tee verbraucht wird, um einen guten Mate zuzubereiten und wie viel Mate in diesen Ländern getrunken wird. Land Teeverbrauch pro Einwohner in kg/Jahr (FAO, 2001) Land Teeproduktion in t/Jahr (FAO, 2001) 1. Paraguay 12,0 1. Indien 870.400 2. Uruguay 7,8 2. China 688.505 3. Argentinien 7,5 3. Sri Lanka 280.056 11. Großbritannien 2,5 10. Argentinien 29. Russland 1,1 21. Brasilien 7.000 44. Indien 0,6 28. Bolivien 3.320 64. China 0,3 30. Ecuador 1.866 57.148 1.5.1.3.3 Koka Häufig sind Koka und Bolivien zwei Wörter, die sofort Assoziationen zum Thema Drogen hervorrufen – gemeint ist in diesem Zusammenhang immer das Kokain, oft genug verwechselt oder gleichgesetzt mit Koka. Wenig Beachtung findet allerdings die vielfältige Bedeutung und ihre komplexe kulturelle Funktion. Die aktuelle Kokainwelle ist dagegen nur als Ausschnitt zu betrachten. Der Koka-Strauch trägt looberartige Blätter mit kleinen weiß-gelben Blüten. Von den rund 250 verschiedenen Arten werden in Lateinamerika im wesentlichen zwei kultiviert (Erythroxylum novogratenese und E. cocalam). Zwar kommt dem E. cocalam (auch Coca Boliviana) wirtschaftlich die größte Bedeutung zu, die E. novogratenese steht aufgrund ihres höheren Kokaingehaltes im tropischen Tiefland des Chapare an erster Stelle. 64 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Ein Koka-Strauch kann etwa 15-30 Jahre alt werden und seine Blätter können drei bis fünf mal geerntet werden. Verwendent werden sie freilich wegen ihres bekanntesten Alkaloids, dem Kokain, das zu 0,36 bis 2,4% in den Blättern enthalten ist. Weniger bekannt ist der Gehalt von 13 weiteren Alkaloiden, aromatischen Stoffen, ätherischen Ölen, Mineralien und Vitaminen. Angeblich deckt der Konsum von nur 60 g Koka-Blättern zwei Drittel des Tagesbedarfes an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen. Der natürliche Standort der Anbaugebiete liegt zwischen 500 und 2000 m Seehöhe mit feuchtwarmen Klima, regelmäßig verteilten Niederschlägen und ausgeglichenen Temperaturen zwischen 15 und 20 °C im Jahresschnitt. Diese Bedingungen finden sich vor allem an den Osthängen der Anden, wie zum Beispiel den Yungas in Bolivien und Teilen des Randes des Amazonasbeckens. Die häufigste Form des Koka-Gebrauches ist das Kauen. Die Blätter werden zusammen mit einem alkalischen Reagenz (Kalk oder Gemüseasche) gekaut. Ist der picchú, der Kokaklumpen der beim Kauen entsteht, groß genug, wird er nur mehr im Mund hin und her geschoben. Auch Mate de Coca (Koka-Tee) wird in Bolivien überall angeboten. Die Frage, warum die Indios Koka kauen, hatte schon die Spanier bei ihrer Ankunft in Bolivien beschäftigt, hätten sie doch kaum Hunger, aber großen Mut und Kraft gehabt. Erst duch die chemische Isolierung des Alkaloids Kokain konnte 1859 der anästhesierende und stimulierende Charakter der Pflanze erklärt werden. Neben der einsetztenden körperlichen Beeinflussung, ist vielmehr die Symbolik, auch in magisch-religiösen Assoziationen, des Kauens von Bedeutung und wird in vielerlei Hinsicht als Stärkungsmittel verwendet. Koka soll nicht nur hunger- durst- und schmerzstillende Wirkung haben, sondern auch eine gewisse Resistenz gegen Kälte und Müdigkeit bewirken. Zumindest scheint es die harten Arbeitsbedingungen der Camesinos und Mineros etwas zu mildern. Jedem durch die Andenländer Reisenden sind Koka-Blätter ein Begriff, werden sie doch an jeder Ecke angeboten. 1.5.1.4 Faser- und Textilfpflanzen 1.5.1.4.1 Agave Von allen Agavenarten ist die Sisal-Agave (Agave sisalana, auch Henequén Agave) die weltweit wirtschaftlich bedeutendste. Ursprünglich stammt sie von den Westindischen Inseln und ist heute in Mittelamerika und vor allem in Mexiko beheimatet. Sie benötigt als Tropenpflanze eine Jahrestemperatur von mindestens 15°C und ist mit nährstoffarmen relativ unfruchtbaren Trockenböden zufrieden. Die sukkulente Pflanze besteht aus einer mächtigen Blattrosette (bis zu 150 Stück pro Pflanze) mit bis zu zwei Metern langen lanzenförmigen blaugrünen Blättern, die in einer grasharten Stachelspitze enden. Sie entwickelt einmal in ihrem bis 20jährigem Leben einen ein Meter hohen Blütenschaft. Die Sisal-Agave dient als Faserpflanze zur Herstellung von Seilen, Netzen und verschiedenen Stoffen und Teppichen. Pro Jahr können etwa 15 Blätter pro Pflanze geerntet werden. Bereits 6000 v. Chr. Wurde in Mexiko der Gebrauch von Sisal als zur Herstellung von Netzen und Schnüren nachgewiesen. Aus anderen Agavenarten wird in Mexiko wird der Saft gewonnen und zum alkoholhältigen, milchigen Pulque vergorgen. Eine Pflanze kann immerhin 5 l Saft/Tag liefern. Aus einer anderen Agavenart (Agave tequilana) wird der unter Tequila bekannte AgavenSchnaps gewonnen. Eine weitere Köstlichkeit ist der Saft der sogenannten Schnaps-Agaven, 65 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at aus denen der hochprozentige Mezcal gewonnen wird. Nicht nur der der Saft wird genutzt, auch der auf der Agave lebende Mezcal-Wurm, der zur Fermentierung verwendet wird. 1.5.1.4.2 Baumwolle Die eigentliche Herkunft der verschiedenen Baumwollarten sind fast nicht mehr nachvollziehbar. Das Alter von Faserfragmenten im mexikanischen Tehuacán-Tal wurde mit 7000 Jahren bestimmt. Mit der Erfindung der Spinnmaschine und des Webstuhles wurde Baumwolle zur bedeutendsten Weltwirtschaftspflanze und löste Flachs und Schafswolle als Kleindungsrohstoff ab. Für Baumwollanbau ist eine lange Vegetationsperiode und Sonnenschein, sowie Wasser während der Wachstumsphase und trockenes Wetter während der Ernte notwendig. Während die natürliche gewachsene Baumwollpflanze als äußerst Wärmeliebende Pflanze sich entwickelt hat, züchtete man Arten, die auch in außertropischen Klimaten gedeihen können. Da sie keinen besonderen Anspruch an den Boden stellt hat sie in vielen Länder den Siegeszug angetreten. Der Anbau ist also auf subtropisch-tropische Breiten beschränkt. Aus den Blüten entspringen die Fruchtkapseln mit bis zu zehn Samenkörnern, aus denen die Samenhaare entstehen, die schließlich geerntet werden. Die Ernte und der Wachstum der Pflanze ist sehr stark nutzungsorientiert angepasst wurden und durch die moderne Wissenschaft optimiert worden. Baumwollplantagen haben mit dem Begriff Naturraum nur mehr wenig zu tun. Die größten Baumwollproduzierenden Länder Lateinamerikas sind Brasilien und Mexiko. 1.5.1.4.3 Kapokbaum Der etwa 70 m hohe Baum wächst in den tropischen Gebieten Südamerikas und ist wie der Affenbrotbaum in die Familie der Bombacaceae einzuordnet. Er gehört aber auch zur Gattung Ceiba (ceiba pentandra) und ist daher in vielen Kulturen Mesoamerikas ein heiliger Baum. Nicaragua trägt den „Ceibo“ sogar im Staatswappen. Diese Bedeutung rührt nicht so sehr von seinem wirtschaftlichen Wert her, vielmehr hat er als einer der „Überständer“, also der Baumriesen im Regen- und Savannenwald eine symbolische Bedeutung als König der Bäume. Überdies zeigte er schon den frühen Kulturen fruchtbare Böden an, ernährte sie mit jungen Samen, die zu Mehl verarbeitet werden konnten und half den Menschen, sich weicher zu betten. Die Ceiba besitzt handförmig gefingerte Blätter und große glockenförmige Blüten, die genauso wie Baumwolle aus den Samen Fasern wachsen lassen. Die Fasern werden als Kapok bezeichnet. Zur Gewinnung der Fasern wird der Kapokbaum in vielen tropischen Regionen angebaut. Sie werden allerdings weniger zur Kleidungsherstellung verwendet, da ihre Fasern elastisch, brüchig und kürzer als die der Baumwolle, sondern vielmehr als Füllmaterial. Durch ihre wasserabweisende Eigenschaft und ihr geringes Gewicht und ihre große Tragfähigkeit werden Kapokfasern für Rettungswesten und Isoliermaterial verwendet. 1.5.1.4.4 Tomate und Kartoffel Die Tomate, heute überall heimisch und einer der am häufigsten angepflanzten Gemüsepflanzen, stammt ursprünglich aus den südamerikanischen Anden. In Lateinamerika sind heute Mexiko und Argentinien die wichtigsten Länder in denen die Tomate angebaut wird. Die Kartoffel, Grundnahrungsmittel der meisten Länder, stammt ebenfalls aus den peruanischen Anden, wo sie den Indianern als Hauptnahrungsmittel diente. Dies wird zumindest von peruanischen Botaniker behauptet, während chilenischer Forscher die 66 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Urheimat auf der Insel Chiloe gefunden zu haben glauben. Zu Beginn des 16. Jh. wurde sie in Europa eingeführt, wo man sie zunächst als Zierpflanze hielt, bis Friedrich der Große und die waldenischen und hugenottischen Exulanten ihre Funktion als Grundnahrungsmittel begründeten. Nach wie vor werden in der tierra fría der Anden, in der kalten Zone ab etwa 2000 m, Kartoffeln angebaut. 1.5.1.5 Industriepflanzen 1.5.1.5.1 Hevea Brasiliensis - der Kautschukbaum Hevea Brasiliensis, zu den Wolfsmilchgewächsen zählend, ist die botanische Bezeichnung für den Kautschukbaum und stammt ursprünglich aus dem Amazonasgebiet. Schon in präkolumbianischer Zeit stellte man in Mittel- und Südamerika aus dem milchigweißen Saft, dem Latex, Bälle und andere Gegenstände her. Sie brachten den aufgefangenen Saft druch Räuchern über offenem Feuer zum Gerinnen. Die Pflanze selbst ist ein 30 m hoher Baum, der hohe Durchschnittstemperaturen und 2000 – 4000 mm Niederschlag für sein optimales Wachstum verlangt. Er wird heute außerhalb Lateinamerikas in modernen Plantagenbetrieben in großer Zahl angepflanzt, in der Heimat selbst ist nach wie vor die – nicht so intensive – Sammelwirtschaft der Serengueiros (Gummisammler) üblich. Es werden Rillen in die Rinde geschnitten, damit der Milchsaft, das Latex, aus den produzierenden Milchröhren hervorquillt. Die Latexmilch wird in einem Napf gefangen. Nach einer etwa zweiwöchigen Erholungspause werden die Bäume erneut geritzt, bis sie nach 30-35 Jahren ausgelaugt sind. Rohkautschuk war nie lange haltbar und wurde bald klebrig und weich. Erst als 1844 die Methode der Vulkanisation (Überfuhr von Naturkautschuk in haltbares Gummi durch Schwefelzusatz) erfunden wurde, erlangte der Kautschuk weltwirtschaftliche Bedeutung. Brasilien besaß lange Zeit das Weltmonopol, bis der englische Biologe Wickham 1876 70.000 Same nach England schmuggelte und dort etwa 2000 Setzlinge großzog. Seit dem breitete Kautschukproduktion auf die ganze Welt aus. Nur mehr der Name erinnert an die eigentliche Heimat, die dort weltwirtschaftlich nur mehr eine untergeordnete Rolle spielt. 1.5.1.5.2 Kokospalmen Die Königin der Palmen, die Kokospalme, benötigt zum Überleben mittlere Jahrestemperaturen von 27°C und mindestens 1200 mm Niederschlag, ist salztolerant und vertragt tägliche Temperaturschwankungen. Der Lebensraum ist auf tropische Küsten beschränkt und reicht nur entlang von Flussläufen ins Landesinnere. Wegen mangelnder Wärme kann sie auch am Äquators nicht über 750 m angebaut werden. Sie liebt das Licht und braucht die salzige Seeluft. Ihre bis zu 30 m langen Stämme sehen vielleicht zerbrechlich aus, halten aber jedem Hurrican stand. Zur Fortpflanzung nützt sie das Meer, indem sie ihre schwimmfähigen Samen dort hineinwirft, um sie Tausende von Kilometern transportieren zu lassen. Kokospalmen werden über 100 Jahre alt und bringen die besten Ernten zwischen dem 10. und 40. Lebensjahr. Das Ernten der Kokosnüsse ist nur per Hand möglich, weshalb kultivierte Kokospalmen nach ihrem 30. Lebensjahr gefällt werden, da sie sinst zu groß werden. Die halsbrecherische Ernte erledigen entweder Palmenkletterer, oder dressierte Affen. Seit jeher hat die Kokospalme der Bevölkerung alles gegeben, was sie zum Leben braucht. Stämme und Palmwedel dienen als Baumaterial für Wände und Dach, das Fruchtfleisch und der Saft dienen als Speis und Trank, die Basthülle der Nüsse als Rohmaterial von Stricken, Matten und Kleidungsstücken. Selbst aus den harten Schalen lassen sich 67 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Schmuckgegenstände, Gefäße oder Musikinstrumente formen. Bei allem Lob der Kokospalme: Auch die anderen Palmen bieten derart vielfältigen Nutzen. Es ist also nicht die hübsche Gestalt, sondern der wirtschaftliche Wert, der die Palmen in den Tropen und Subtropen so populär macht. Weltwirtschaftlich bedeutend ist das getrocknete, ölige weiße Fleisch des Inneren. Aus ihm wird das Kopra hergestellt, ein Öl, das bei der Produktion von Speisefetten, Seifen und Kerzen Verwendung findet. Das Fleisch ist in den Tropen sowohl roh, als auch in zubereiteter Form ein wichtiges Nahrungsmittel. Die Endknospe jeder Palme, die Palmherzen, sind eine echte Delikatesse. Oft werden Bäume nur ihretwegen gefällt. Sehr saftig ist ebenfalls das Zentrum des jungen Stammes. Der Blutungssaft der Blütenstände ist ein beliebtes Getränk, sowohl in natürlichem Zustand, als auch als alkoholisches Getränk: der Arrak, oder Palmwein, wird durch Destillation des gegorenen Saftes gewonnen. Die Baumwurzel besitzt leicht narkotische Eigenschaften und wird manchmal gekaut. Es wird einfach alles verwertet. 1.5.1.5.3 Nutzhölzer Die Bandbreite der Nutzhölzer in Lateinamerika ist natürlich groß. Die wichtigsten Vertreter der Edelgehölze, die zur Möbelherstellung genutzt werden sind sicher Mahagoni, Rosenholz, und der Balsabaum. Die wirtschaftliche Nutzung tropischer Bäume hat einen erheblichen Anteil an der Zerstörung von Tropenwäldern. Mahagoni Die Familie der Mahagoni-Gehölze ist vor allem wegen ihres wertvollen Holzes bedeutend und sind in den lateinamerikanischen tropischen Wäldern beheimatet. Mahagoniholz ist schwer, widerstandsfähig, aber leicht zu bearbeiten. Es ist beständig gegen Fäulnis und Termiten und dient der Möbelerzeugung und als Furnierholz, früher, als es noch mehr Bäum gab, sogar als Konstruktionsholz. Mahagoni liefert aber auch Öle, Insektizide und essbare Früchte. Rosenholz Rosenholz ist der Handelsname verschiedener Hölzer tropischer Baumarten. Rosenholz hat eine charakteristische, oft mit schwarzen Streifen durchzogene rötlichpurpurne Färbung und wird in der Holzindustrie für Möbel, Musikinstrumente und Griffe verwendet. Das wichtigste Rosenholz ist das brasilianische Rio-, oder Bahia-Rosenholz. Balsaholz Der Balsabaum ist ein charakteristischer Baum für die tropischen Wälder ganz Lateinamerikas. Er liefert besonders leichtes und elastisches Holz. Das Holz ist leichter und fester als das von der Korkeiche gewonnene Kork. In der Farbe ähnelt es eher der Kiefer oder Linde. In Südamerika wird Balsaholz seit langem für den Bau von Flößen und Schiffen verwendet, bezeichnet man doch als Balsa auch einen bestimmten Floßtyp. Die Nutzungsmöglichkeiten von Balsaholz sind vielfältig: für Schwimmwesten, Rettungsboote, Surfbretter, Modellflugzeuge, in der Innenausstattung von Flugzeugen dämpft es den Schall und die Vibration und ist zudem ein guter Wärmeisolator. Immer beliebter ist die Aufzucht von Blumenpflanzen für den Export nach Europa, sowie Anpflanzungen des schnell wachsenden, allerdings auch viel Wasser verbrauchenden Eukalyptus. Seine Anpflanzung ist nicht immer frei von ökologischen Auswirkungen, ist es für andere, natürliche gewachsene, Vegetationsformationen praktisch unmöglich neben einer dermaßen nach Wasser verlangenden Pflanzen zu bestehen. 68 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.5.2 Eingeführte oder allochtone Kulturpflanzen Nicht alle weit verbreiteten Kulturpflanzen Lateinamerikas stammen auch aus Lateinamerika. Natürlich wurden zahlreiche Nutzpflanzen mit der Eroberung und Erschließung eingeführt und intensiv kultiviert. 1.5.2.1 Zuckerrohr Das Zuckerrohr stammt wahrscheinlich ursprünglich aus Neuguinea und breitete sich durch die Spanier und Portugiesen nach Mittel- und Südamerika aus. Zuckerrohr hat seine optimalen Wachstumsbedingungen bei 20°C und 1500 und 1800 mm, wobei es in den Subtropen auch kälteresistentere Arten gibt. Den Zucker findet man im weißen Mark der 2 bis 7 cm dicken Halme, das 10-20% Zuckergehalt hat. Im Vergleich zur Zuckerrübe ist der Zuckerertrag pro Flächeneinheit dreimal so hoch wie der der Zuckerrübe. Auch der berühmte Rum wird aus dem Zuckerohrsaft gewonnen. Für die Ernte werden die Zuckerrohrfelder gebrannt um auf diese Weise das störende Blattwerk zu entfernen. Teilweise wird das eigentlicher Rohr immer noch per Hand geschlägert um den zuckerreichen unteren Teil des Rohrs so gut wie möglich abernten zu können. Die nach der Zuckerherstellung angefallene Restmasse, die noch stark zuckerhaltige Melasse, wird als Futtermittel oder zur Alkoholgewinnung genützt (meist für technische Zwecke). Der Treibstoff-Alkohol für Kraftfahrzeuge wird aus Zuckerrohr hauptsächlich aus Brasilien produziert. In Brasilien werden auch jährlich etwa 13 Mrd. Liter Zuckerrohr-Sprit verbraucht, der zwar ökologisch als verträglicher einzustufen ist, als Treibstoff aus fossilen Reserven, nur ist der Anbau von Zuckerrohr in riesigen Monokulturen agrarökologisch sehr bedenklich. Einerseits wird durch die Monokultur der Boden stark in Mitleidenschaft gezogen, andererseits kommt es durch das Brennen zu starken Luftverschmutzungen. Die Bedeutung des Zuckerrohrs für Lateinamerika unterstreicht die Statistik: Von den 30 Ländern, die das meiste Zuckerrohr produzieren, sind 14 aus Lateinamerika. Brasilien ist bei weitem das größte zuckerrohrproduzierende Land der Erde mit über 338 Mio. t. im Jahr (1999). Mexiko, Kuba, Kolumbien, Argentinien und Guatemala gehören den Top 15 an. 1.5.2.2 Kaffee Aus dem afrikanischen und arabischen Raum stammend, ist Rohkaffee ein überlebenswichtiges Exportgut vieler Länder Lateinamerikas, z.B. für Brasilien, Kolumbien, El Salvador, Mexiko, Guatemala und Costa Rica. Brasilien und Kolumbien sind weltweit die größten Kaffeeproduzenten. Brasilien produzierte 1999 1,6 Mio. t. Kaffee. Die Kaffeepflanze ist ein 3-8 m hoher tropischer Baum, der zur leichteren Bearbeitung als Strauch gezüchtet wird. Insgesamt gibt es etwa 60 Arten, von denen allerdings nur zwei Arten für den Weltmarkt interessant sind: Die Arabica-Bohnen stammen aus dem Hochland von Äthiopien und halten bei einem Marktanteil von 75%. Dieser Kaffeebusch gedeiht in Höhenlagen zwischen 600 und 1200 m bei mittleren Jahresniederschläge zwischen 600 und 1200 mm und ist durch seine tiefen Wurzeln recht trockenresistent. Heute wird leider in Lateinamerika nahezu kein reiner Arabica mehr angeboten, an seine Stelle sind produktivere, aber minderwertigere Hybridsorten getreten. 69 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Der Robusta-Kaffee benötigt höhere Niederschläge und bevorzugt tiefere Lagen und wird in Brasilien angebaut. Obwohl in verschiedene Qualitätsstufen klassifiziert (Santos 1-7) erreicht Robusta niemals die Qualität von Arabica. Lösliche Kaffees und solche, die über Hochdruckmaschinen italienischer Bauart aufgebrüht werden, verwenden größere Anteile von Robusta, den meisten Kaffeefreunden ist er ein Gräuel. Hochwertiger Kaffee gedeiht am besten in den Höhenlagen der tierra templada und bei mittleren Jahrestemperaturen zwischen 18 und 22°C. ArabicaKaffeebüsche bevorzugen Halbschatten, weshalb sich ursprünglich West- und Osthänge am besten eigneten. Die neuen Caturrasorten dagegen gedeihen in voller Sonne, so dass Exposition und Beschattung durch Schirmakazien und andere Schattenbäume keine Rolle mehr spielen. Arabica-Kaffeebüsche sind zudem heikel, was den Standort anbelangt: Tiefgründigkeit der Böden, Feuchtigkeit und Humusreichtum lassen den Kaffee am besten wachsen. Mäßig saure Urwaldböden ertragen sie, vulkanische Verwitterungsböden ist optimal. Die heute verbreiteten Caturraarten sind weniger anspruchsvoll, was die Böden nicht haben, wird an Mineraldünger zugesetzt, und den auf Grenzstandorten zahlreichen Schädlingen wird mit Bioziden zu Leibe gerückt. Ärzte haben nie behauptet, dass Kaffee ein gesundes Getränk sei, was heute durch die SaecoMaschinen gepresst wird, gefährdet mehr durch die Chemie als die Kreislaufbelastung. 1.5.2.3 Banane Die Banane (musa) ist ursprünglich eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von tropischen Pflanzen der Familie der Bananengewächse, von denen es etwa 200 Arten gibt. Einige sind schon in prähistorischer Zeit kultiviert worden und werden in vielen Ländern Lateinamerikas angebaut. Obwohl die Länder Mittelamerikas zu den weltweit führenden Bananenexportländern (Bananenrepubliken) gehören, stmmt die Pflanze ursprünglich wahrscheinlich aus dem indomalaiischen Raum. Zu Beginn des 16. Jh. Wurde sie nach Südamerika gebracht. Die meisten Bananenarten benötigen ein warmes Klima mit Durchschnittestemperaturen über 10°C und Niederschläge an die 2500 mm im Jahr. Tropische Regenwaldgebiete bilden also die günstigsten Standorte. Bananen sind große Staudengewächse mit einer Höhe von 5-9 Metern, ihre Blätter sind meist vom Wind zerschlitzt. Nachdem die Früchte reif sind, stirbt der Scheinstamm ab und neue Stängel entwickeln sich aus den Knospen. Sie wachsen so schnell,dass bereits nach zehn Monaten geerntet werden kann. In modernen Bananenplantagen stehen etwa 2000 Stauden je Hektar. Jede Staude trägt etwa bis zu 300 Früchte. Sie wachsen übrigens der Sonne entgegen. Nach der Ernte sterben die oberirdischen Teile ab. Aus dem Wurzelstock schlagen neue Seitensprosse aus, aus denen sich die neuen Bananenstauden entwickeln. Für viele Länder Lateinamerikas ist der Weizenanbau wichtig, wobei in den einzelnen Ländern auch andere Getreide angebaut werden. Lokal sind eine Vielzahl von Früchten, vor allem Zitrusfrüchte, verbreitet, Ölbäume und natürlich auch Wein. Der Rebbau (Wein und Tafeltrauben) ist besonders für Chile und Argentinien von Bedeutung. Immerhin gehörten beide Länder zu den Top 10 der traubenproduzierenden Länder. 1.5.2.4 Andere Produkte Für viele Länder Lateinamerikas ist der Weizenanbau wichtig, wobei in den einzelnen Ländern auch andere Getreide angebaut werden. Lokal sind eine Vielzahl von Früchten, vor allem Zitrusfrüchte, verbreitet, Ölbäume und natürlich auch Wein. Der Rebbau (Wein und 70 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at Tafeltrauben) ist besonders für Chile und Argentinien von Bedeutung. Immerhin gehörten beide Länder zu den Top 10 der traubenproduzierenden Länder. 1.5.3 Die Vegetationsstufen der Kulturpflanzen In den Andenländer ist der Einfluss der Höhenlagen von besonders großer Bedeutung. Schon lange bevor Wissenschafter zu dieser Erkenntnis kamen, war dies den Bewohnern der Bergländer geläufig. Sie passten sich durch die vertikale Ausrichtung der Urproduktion den vielfältigen Möglichkeiten an, die der Höhengradient des Klimas ihnen bot. Das Klima der Tierra caliente, der heißen Zone, ist am besten für den Anbau von Bananen, Kakao, Zuckerrohr, Baumwolle, Kokospalmen, Reis, Tee und Tabak geeignet. Der tropische Regenwald dient zur Gewinnung von Kautschuk, Balata, Chicle und diverese Edelhölzer von Mahagoni bis Balsa. Die Tierra templada, die gemäßigte Zone, ist Hauptanbaugebiet für Kaffee und Koka. Mit Ausnahme des Kakaos, Tees und der Kokospalme wachsen hier aufgrund des Idealklimas des „ewigen Frühlings“ alle anderen Produkte. Hier liegen die besten landwirtschaftlichen Produktionsgebiete, besonders auf den bewässerten Alluvialböden der Täler mit einer gut ausgebildeten Humusschicht. (Valle de Caracas, Valle de Aragua in Venezuela; Caucatal Kolumbiens und die Yungas und der unteren Bereiche der Valles in Bolivien). In der Tierra fría, der kalten Zone, ist der ursprüngliche Bestand an feuchtem Bergwald zum Großteil gerodet worden und wird heute zur intensiven Landwirtschaft genutzt. Besonders werden Kartoffeln gepflanzt, deren Ursprung möglicherweise in dieser Zone liegt, aber auch Weizen, Hafer, Gerste, Gemüse werden hier kultiviert. Zum Teil werden von Venezuela bis Chile die zerstörten Wälder mit Eukalyptus wieder aufgeforstet. Eukalyptus ist sehr schnellwüchsig, und benötigt nur wenig Wasser und ist zudem ein wertvolles Nutzholz. Er hat von Australien aus seinen Siegeszug über ganz Lateinamerika angetreten, vor allem als Pionierpflanze in Trockengebieten. Weltweit gibt es derzeit eine Zuwachsrate von 175.000 ha/Jahr. Der Baum hat nur einen Haken: die überall im Baum vorhandenen ätherischen Öle lassen keine anderen Pflanzen um den Eukalyptus zu, auch der Boden ist für Folgepflanzungen nicht mehr geeignet. In der Tierra helada wird Ackerbau nur noch sehr begrenzt betrieben, wobei die indigenen Völker sehr ausgefeilte Bodennutzungstechniken (z.B. Hochäcker) entwickelt haben. Zum Großteil überwiegen in der Tierra helada aber die Weideflächen für Alpacas, Llamas, Guanacos und Vicuñas. Es ist dies die Zone der sog. Andenhirse (Quinoa) und des Almaranths, aber auch die Vielfalt der Knollenfrüchte, die auf den Märkten bewundert werden kann, kann mit besonderen Methoden des Landbaus noch so erzeugt werden, dass Subsistenz möglich wird. 71 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 72 Naturräume Lateinamerikas – Axel Borsdorf und Hannes Hoffert http://www.lateinamerika-studien.at 1.6 Literaturhinweise zu Biodiversität weiterführende Literatur: siehe Literatur zu Ökologische Probleme in Lateinamerika • BÄRTELS, A., 1990: Farbatlas Tropenpflanzen. Zier- und Nutzpflanzen. Stuttgart. • BÖKER, H., 1932: Tiere in Brasilien. Stuttgart. • CZAJKA, W., 1968 : Los perfiles vegetales de las cordilleras entre Alasca y Tierra del Fuego. Coll. Geogr., 9, 117-121. • ELLENBERG, H., 1975: Vegetationsstufen in perhumiden bis perariden Bereichen der tropischen Anden. Phytocoenologica 2, S. 368-387. • HENNING, I., 1978: Nebelklimate und Nebelwälder. Erdwiss. 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