Von Lykke Ibbeken, Jonas Schlie, Finja Jaquet 15.09.2012

Werbung
Forschungsarbeit im
Rahmen des Meereswettbewerb
Inwiefern wirkt sich ein sinkender pH-Wert
in der Nordsee negativ auf dort lebende
Meeresorganismen mit Kalkschalen aus?
Eine Untersuchung am Beispiel von Seepocken
und Miesmuscheln
Von Lykke Ibbeken, Jonas Schlie, Finja
Jaquet
15.09.2012
Inhalt
Seite
1. Einleitung
3
2. Material und Methoden
4
a. Untersuchungsgebiet Helgoländer Bucht
in der Nordsee
b. Der ph-Wert des Nordseewassers
c. Die Miesmuschel
5
d. Die Seepocke
6
e. Entnahme der Untersuchungstiere
f. Durchführung der Versuche
7
g. Methodenkritik
9
3. Ergebnisse
10
4. Diskussion
11
5. Abbildungsverzeichnis
14
6. Literaturverzeichnis & Buchquellen
14
7. Danksagung
16
2
1. Einleitung
„Der Klimawandel führt zur Meeresversauerung und bedroht das Leben im Meer!“
Diese Schlagzeile begegnete uns in den Medien in letzter Zeit öfter und löste in uns gemischte
Gefühle und eine gewisse Verwirrung aus. Über den Klimawandel hatten wir in der Schule
einiges erfahren. Aber wir fragten uns, warum auch das Leben im Meer vom Klimawandel
bedroht sein sollte. Immerhin ist das klimaschädliche Gas CO2 doch in der Luft,
und nicht im Meerwasser.
In der Schule lernten wir im Rahmen eines Enrichment-Projekts zum Thema Ökologie, was ein
pH-Wert ist und dass das CO2 aus der Luft im Meer in Form von Kohlensäure diesen pH-Wert
absenken kann.
Diese Erkenntnis faszinierte und erschreckte uns so, dass wir beschlossen uns weiter damit
auseinander zu setzten. Das Thema „Versauerung der Meere“ erscheint uns so wichtig, weil die
Meere das größte Ökosystem der Erde bilden. Sie bieten einer faszinierenden Tier- und
Pflanzenwelt Lebensraum und liefern uns Menschen wertvolle Nahrung.
Wenn das ökologische Gleichgewicht in den Meeren durch die Versauerung des Meerwassers
aus dem Gleichgewicht gerät, dann hat das also auch fatale Folgen für uns Menschen.
Aus diesen Überlegungen entstand unsere Leitfrage:
Inwiefern wirkt sich ein sinkender pH-Wert in der Nordsee negativ auf dort lebende
Meeresorganismen mit Kalkschalen aus?
Eine Untersuchung am Beispiel von Seepocken und Miesmuscheln.
In unserem Enrichment-Projekt an der Schule hatten wir gelernt, dass man zu seiner Frage
zuerst eine Hypothese aufstellt, die man dann mit Experimenten auf ihre Richtigkeit überprüft.
In Bezug auf unsere Leitfrage stellten wir folgende Hypothese auf:
Wir vermuten, dass die Seepocken und Miesmuscheln bei sinkendem pH-Wert ein verändertes
Verhalten zeigen.
Abb. 1 a/b: Das Forscherteam …
… und seine Helfer
3
2. Material und Methoden
2.1.
Das Untersuchungsgebiet Helgoländer Bucht in der Nordsee
Die Nordsee ist ein kleines Randmeer des Atlantischen Ozeans mit bis zu 95 m Tiefe. Das
Gesicht der Nordsee wird vor allem durch die starke Tide bestimmt, die an den Küsten gut zu
beobachten ist. Rund um unser Untersuchungsgebiet (siehe Karte 1) hat die Nordsee einen
Salzgehalt von etwa 35 Promille. Die Wassertemperatur um Helgoland schwankt zwischen etwa
4°C Winter und etwa 16°C im Sommer. Dabei ist seit 1962 eine Zunahme der
Oberflächenwassertemperatur um 1,6°C bei Helgoland zu beobachten.
Der pH-Wert liegt zurzeit bei 8,2, allerdings ist eine leichte Abnahme des pH-Werts seit Beginn
der Industrialisierung zu beobachten.
Karte1: Untersuchungsgebiet Helgoland
2.2.
Abb. 2: Die Lange Anna auf Helgoland
Der pH-Wert des Nordseewassers
Der pH-Wert gibt an, wie stark sauer oder basisch eine Lösung ist. Er beschreibt genauer, wie
viele positiv oder negativ geladene Teilchen eine Lösung enthält. Je saurer eine Lösung ist,
desto mehr positiv geladene H+-Ionen enthält sie.
Das Wasser der Nordsee hat einen pH-Wert von etwa 8. Es ist also leicht basisch, woran die in
der Nordsee lebenden Tiere und Pflanzen gut angepasst sind.
Der pH-Wert des Meerwassers wird von der CO2 – Konzentration in der Atmosphäre
beeinflusst. Das ist so, weil CO2 in Wasser löslich ist. Je höher die CO2 – Konzentration in der
Atmosphäre ist, desto mehr CO2 wird vom Meerwasser aufgenommen. Seit dem Beginn der
industriellen Revolution vor etwa 200 Jahren steigt die CO2 – Konzentration in der Atmosphäre
stetig an, was den anthropogenen Klimawandel verursacht. Etwa 48% des seit Beginn der
industriellen Revolution vom Menschen in die Atmosphäre abgegebenen CO2 wurde von den
Meeren aufgenommen. In der Folge ist der pH-Wert im Oberflächenwasser der Meere um etwa
0,1 Einheiten gesunken. Die Nordsee wird also „saurer“ bzw. das Wasser wird etwas weniger
alkalisch.
4
2.3.
Die Miesmuschel (Mytilus edulis)
Miesmuscheln sind bläulich bis lilafarben, fünf bis zehn Zentimeter lang und haben eine
längliche bis ovale Form. Mit so genannten Byssus-Fäden (siehe Abb 3) heften sie sich an
ihrem Untergrund fest, zum Beispiel an Steinen und Felsen, Holzpfählen oder an festem Sand.
Dort bilden sie kompakte Muschelbänke.
Die Miesmuscheln pflanzen sich fort indem die Weibchen Eier legen und die Männchen sie
befruchten. Die befruchteten Eier schwimmen dann im Meer herum und entwickeln sich zu
Larven. Für die Entwicklung ihrer Schale benötigen diese Calciumcarbonat aus dem Wasser.
Sie entwickeln sich weiter zu ca. fünf Millimeter großen Jungmuscheln und setzen sich dann
mit ihren Byssusfäden fest, am liebsten dorthin, wo schon viele Miesmuscheln sind. Dort
können die Männchen die Eier nämlich viel besser befruchten.
Miesmuscheln gehören zu den effektivsten Filtrierern im Wattenmeer. Sie filtern in den
Sommermonaten alle 10-30 Tage das gesamte Wasser des Wattenmeers1. Deshalb bezeichnet
man sie auch als die Klärwerke der Nordsee.
Mit Hilfe von Flimmerhärchen erzeugen sie einen Wasserstrom in ihre Mantelhöhle (siehe Abb.
3 unten Mitte). Im durch die Kiemen herein gespülten Wasser befinden sich Schwebepartikel
und Plankton sowie weitere Mikroorganismen, die in der Schleimschicht der Kiemen hängen
bleiben und von der Miesmuschel verdaut werden. Das, was sie nicht verwerten können,
scheiden die Muscheln durch die Ausströmöffnung wieder aus.
Abb. 3: Aktive Miesmuscheln bei der Nahrungsaufnahme
Bei Ebbe oder Gefahr kann sich die Muschel mit Hilfe des Schließmuskels fest verschließen
und so einige Zeit ohne Wasser überleben. Fressfeinde der Miesmuschel sind Seesterne,
Strandkrabben, Plattfische und viele Vögel.
1
Siehe: Meyer, H.U.; Twenhöven, F.L.; Kock,K. (1994): Lebensraum Wattenmeer. Wiesbaden: Quelle und Meyer
Verlag.
5
2.4.
Die Seepocke (B. balanoides)
Seepocken sind festsitzende Rankenfüßer, die zu den Krebsen gehören. Sie heißen deshalb
so, weil sich ihre Extremitäten zu Rankenfüßen entwickelt haben (Abb. 4).
Abb. 4: Seepocken bei der Nahrungsaufnahme
Die winzigen Krebslarven ernähren sich von Plankton bis sie groß genug sind, sich an einem
geeigneten Ort (z. B. Felsen. Schiffe, Muscheln) festzusetzen. Ab jetzt können sie sich nicht
mehr vom Fleck bewegen. Wenn sie sich festgesetzt haben, machen sie eine Metamorphose
zur erwachsenen Seepocke durch und bilden aus Calciumcarbonat ihre Schale aus fünf Platten.
Oben befindet sich eine Öffnung, die jedoch von zwei Plättchen verschlossen werden kann,
falls zum Beispiel gerade Ebbe ist. So können sie wochenlang ausharren, ohne auszutrocknen.
Im Wasser öffnen die Seepocken ihre Kalkschale, um ihre Fangärmchen, welche mit kleinen
Härchen besetzt sind, herauszustrecken und damit zu „winken“. An den Härchen bleiben
Plankton, Mikroorganismen und Schwebepartikel hängen, die den Krebsen als Nahrung dienen.
Außerdem versorgen sich die Tiere durch diese Bewegungen mit Sauerstoff.
Seepocken pflanzen sich fort, indem sie sich gegenseitig befruchten, sie sind also Zwitter.
Damit das funktioniert, müssen sich die Seepocken unmittelbar nebeneinander befinden, was
auch der Grund ist warum man sie meist in großen Ansammlungen findet. Die befruchteten Eier
bleiben erstmal im Kalkpanzer. Wenn die Larven geschlüpft sind schwimmen sie ins offene
Meer um sich dann wieder irgendwo festzusetzen.
Die Feinde der Seepocke sind hauptsächlich Seesterne und Seeigel, aber auch ein paar
Vogelarten gehören dazu.
2.5.
Entnahme der Untersuchungstiere
Auf der Insel Helgoland haben wir geeignete Miesmuschel- und Seepockenproben gesucht.
Die Miesmuscheln haben wir aus den Spalten der Kaimauer des Helgoländer Hafens gekratzt.
In einer kleinen Bucht im Felswatt vor der Biologischen Anstalt Helgoland haben wir geeignete
Steine mit Seepocken gefunden.
6
2.6.
Durchführung der Versuche
Um herauszufinden ob eine Abnahme des pH-Werts in der Nordsee die Fitness unserer
Untersuchungstiere Balanus spec. und Mytilus edulis herabsetzt, haben wir mit Tieren beider
Arten Experimente durchgeführt. Wir haben beobachtet, wie sich die Filtrierleistung der Tiere in
Bechergläsern mit Meerwasser mit verschieden pH-Werten verändert.
Miesmuscheln:
Eigentlich wollten wir die Filteraktivität der Miesmuscheln messen, indem wir Schlick ins
Wasser mischen und feststellen, wie lange die Muscheln brauchen um das Wasser zu reinigen.
Abb. 5: Experimente mit Schlick
Aber bei den Vorarbeiten haben wir festgestellt, dass sich der Schlick zu schnell am Boden
absetzt.Unsere Wissenschaftspatin Jennifer Schmitt gab uns den Rat, statt des Schlicks
Plankton zu nehmen da dieses länger im Wasser schwebt. Das Plankton gewannen wir mit
Hilfe eines Planktonnetzes, welches wir hinter dem Schiff herzogen. Daraus gewonnen wir das
Plankton für unsere Experimente (siehe Abb. 6).
Abb. 6: Gewinnung von Plankton mit dem Planktonnetz
7
Um einen Vergleichswert für die Filteraktivität der Muscheln zu haben, befüllten wir ein
Becherglas ohne Miesmuschel mit ¾ Pipette Plankton. Außerdem setzen wir Versuche mit
Meerwasser mit pH-Werten von 4, 5, 6, 7, 8 und 9 an. Die pH-Werte hatten wir vorher mit Hilfe
von Salzsäure bzw. Natronlauge und eines PH-Meters eingestellt.
Abb. 7: Einstellung des pH-Werts mit dem pH-Meter
Abb..8: Versuchsansätze mit verschiedenen pH-Werten
Mit diesen Versuchsansätzen verglichen wir die Filterleistung der Miesmuscheln.
Dafür haben wir möglichst gleich große Miesmuscheln in verschiedene Bechergläser gesetzt
und abgewartet, welche aktiv werden. Die aktiven Miesmuscheln haben wir auf die
Bechergläser mit den verschiedenen pH-Werten verteilt und jeweils eine 3/4 Pipettenfüllung
Plankton dazu gegeben. Eine Stunde haben wir beobachtet, wie die Miesmuscheln das
Plankton aus dem Wasser filtern.
Eigentlich wollten wir die Zeit protokollieren, die die Miesmuscheln benötigen um das Wasser
vollständig zu reinigen. Das funktionierte aber nicht, da ein Teil der Tiere die Filteraktivität
teilweise oder ganz einstellte. Deswegen legten wir eine Stunde als Untersuchungszeitraum
fest.
8
Leider hatte unsere Messmethode nun den Nachteil, dass wir keine richtigen Werte erhielten.
Wir konnten nur beobachten, dass einige Miesmuscheln nach einer Stunde mehr Plankton aus
dem Wasser gefiltert hatten als andere.
Seepocken:
Auch für die Seepocken bereiteten wir Bechergläser mit Meerwasser mit pH-Werten von 4-9 vor
Dann haben wir in jedes Becherglas einen Gegenstand mit Seepocken gesetzt und jeweils 30
Sekunden lang beobachtet, wie oft die Seepocken mit den Rankenfüßen winken um Plankton
aus dem Wasser zu fischen.
Unsere Versuchsergebnisse haben wir protokolliert und später mit Hilfe unserer unermüdlichen
Wissenschaftspatin Jennifer Schmitt in einer Excel-Datei verarbeitet.
Außerdem haben wir mit Hilfe des Binokulars und der Fotoausrüstung der Aldebaran Fotos von
unseren Versuchstieren gemacht.
Abb. 9: Aufnahme einer Seepocke unter dem Binokular
2.7.
Methodenkritik
Eine wichtige Voraussetzung für ein Experiment ist, dass man nur einen Parameter verändert
und alle anderen gleich lässt.
Wie in unserer Diskussion genauer erläutert, spielt die Wassertemperatur eine wichtige Rolle
für die Fitness von Miesmuscheln und Seepocken. Da wir dies nicht wussten, haben wir es
versäumt, die Wassertemperatur bei unseren Versuchsansätzen zu messen. Wir benötigten z.
T. längere Zeit um die pH-Werte in den Bechergläsern einzustellen und können nun nicht mehr
sagen, ob sich die Wassertemperatur in den verschiedenen Bechergläsern durch
unterschiedlich langes Stehen unter Deck geringfügig unterschied.
Möglicherweise hatten wir also noch einen zweiten Parameter, der verändert wurde, Das
könnte unsere Ergebnisse eventuell verfälscht haben. Allerdings glauben wir nicht, dass die
Temperaturabweichung groß gewesen ist. Deswegen gehen wir in unserer Diskussion nicht
weiter auf diesen Aspekt ein. Wir würden ihn aber bei weiteren Experimenten beachten.
9
3. Ergebnisse
Miesmuscheln:
Bei der Dokumentation der Miesmuschel-Ergebnisse hatten wir, wie schon erwähnt, das
Problem, dass man die Filtrationsrate nicht als Zahl ausdrücken konnte. Deswegen konnten wir
die Ergebnisse nur im Verhältnis zueinander beschreiben (siehe Tabelle 1).
Unsere Beobachtungen ergaben aber eindeutig, dass die Miesmuscheln nur bei pH-Werten von
7-8 normal aktiv waren. Bei pH-Werten von 4 und 5 war keine Aktivität zu erkennen. Bei pHWert 6 zeigten die Miesmuscheln eine geringe Filteraktivität. Bei pH-Wert 9 war eine leicht
abgeschwächte Filterleistung erkennbar.
Zusammenfassend kann man sagen, das eine Verringerung des pH-Werts im Wasser auf unter
pH 7 zu einer sofortigen Abnahme der Aktivität der Miesmuscheln führt.
pH-Wert
4
5
6
7
8
9
Beobachtete Filterleistung
Keine Filteraktivität erkennbar
Keine Filteraktivität erkennbar
Geringe Filteraktivität erkennbar
Normale Filteraktivität
Normale Filteraktivität
Leicht verringerte Filteraktivität
Tabelle 1: Ergebnisse der Versuche mit Miesmuscheln
Seepocken:
Bei den Seepocken zeigte sich, dass die Aktivität im Meerwasser mit einem pH-Wert von 8,2
am höchsten war (grüner Balken in Diagramm 1).
Auch bei einem pH-Wert von genau 8 waren die Seepocken mit über 50 Winkbewegungen in
30 Sekunden noch sehr aktiv.
Eine Verringerung des pH-Wertes um eine Einheit auf 7 führte zu einer deutlich sichtbaren
Dezimierung der Filteraktivität der Seepocken auf unter 40 Winkbewegungen in 30 Sekunden.
Auf eine noch stärkere Absenkung des pH-Wertes reagierten die Seepocken mit drastischer
Verringerung der Aktivität (unter 10 Winkbewegungen in 30 Sekunden).
Bei einer Erhöhung des pH-Wertes auf 9 verringerten die Tiere ihre Aktivität deutlich auf ca. 25
Winkbewegungen in 30 Sekunden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Seepocken schon auf kleine Änderungen des
pH-Werts mit einer Abnahme der Aktivität reagieren.
10
Diagramm 1: Ergebnisse der Versuche mit Seepocken
4. Diskussion
Wir hatten uns die Frage gestellt, inwieweit ein sinkender pH-Wert in der Nordsee negative
Auswirkungen auf die dort lebenden Meeresorganismen mit Kalkschalen hat. Dazu stellten
wir die Hypothese auf, dass die Tiere durch ein verändertes Verhalten ihren Stress bzw. ihre
verringerte Fitness anzeigen werden. Diese Hypothese wurde durch unsere Experimente
bestätigt. Sowohl die Miesmuscheln als auch die Seepocken reagierten auf veränderte pHWerte im Meerwasser mit einer verringerten Filtrieraktivität. Daraus schließen wir, dass die
Fitness der Tiere erheblich sinkt, wenn sich der pH-Wert verändert.
Das erklären wir uns folgendermaßen. Die Tiere haben ein bestimmtes pH-Wert-Fenster, an
Das sie angepasst sind. Innerhalb dieses Bereiches gibt es einen Wert, bei dem die Tiere
besonders Leistungsfähig sind. Diesen Bereich nennt man das Optimum. Er liegt bei der
Seepocke und bei der Miesmuschel bei einem pH-Wert von 8,2. Weicht der pH-Wert
von diesem Optimum ab, leidet die Fitness der Tiere.
Verändert sich der pH-Wert über den Toleranzbereich der Tiere hinaus, sind sie nicht mehr
lebensfähig.
Um unsere Untersuchungsergebnisse bewerten zu können, müssen wir wissen wie sich der pHWert in der Nordsee in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird. Dazu gibt es nur
Vermutungen. Der pH-Wert im Oberflächenwasser des Meeres wird von der CO2-Konzentration
in der Atmosphäre beeinflusst. Diese lag vor der Industrialisierung bei etwa 280 ppm. Bis heute
ist dieser Wert auf 387 ppm gestiegen, wobei das Meer als so genannte CO2-Senke wirkt. Das
heißt, dass seit der industriellen Revolution etwa 48 % des vom Menschen ausgestoßenen CO2´
im Meer gebunden wurde2. Dieser Anstieg der CO2- Konzentration fand in einer vergleichsweise
kurzen Zeit statt.
2
Siehe: Findlay et al 2010
11
Das ist ein Problem für die Meeresorganismen, weil CO2 in Wasser löslich ist. Es reagiert mit
dem Wasser zu Kohlensäure, wodurch das Meer „saurer“ wird. Durch die steigende CO2Konzentration in der Atmosphäre ist der pH-Wert in den Meeren seit der Industrialisierung um
durchschnittlich 0,1 Einheit gesunken3. Das entspricht einer Zunahme der WasserstoffionenKonzentration von fast 30%4. Je nachdem, wie viel CO2 die Menschen in den nächsten
Jahrhunderten ausstoßen, ist mit einer Abnahme des pH-Werts von 0,775 bis zu 1,4 Einheiten
in den nächsten 300 Jahren zu rechnen6. Das ist die größte pH-Wert Abnahme seit 300
Millionen Jahren7.
Eine solche Entwicklung bedeutet für die Seepocken und Miesmuscheln erheblichen Stress.
Zwar waren die von uns untersuchten Seepocken und Miesmuscheln bei einem pH-Wert von 7
noch lebensfähig und aktiv, allerdings bei eingeschränkter Fitness. Außerdem haben wir die
Tiere auch nur für eine begrenzte Zeitspanne diesen Bedingungen ausgesetzt. Darüber, wie die
Tiere langfristig auf größere pH-Wert-Schwankungen reagieren würden, können wir nur
Vermutungen anstellen.
Wir nehmen an, dass sich die die Konkurrenzfähigkeit der Tiere soweit verschlechtern würde,
dass die Tiere durch tolerantere Arten verdrängt werden würden.
Verschiedenen Untersuchungen über die Konsequenzen des Klimawandels zufolge8 ist aber
vor allem die steigende Oberflächenwassertemperatur ein Problem für die Fitness vieler
Meerestiere, z. B. der Seepocken. Messungen der Biologischen Anstalt Helgoland zeigen,
dass die Oberflächenwassertemperatur vor Helgoland seit 1962 um ca. 1,5°C gestiegen ist9.
Dadurch werden die Seepocken vor allem während ihrer Larvenzeit gestresst. Wenn nun eine
Stresskombination von sinkendem pH-Wert und steigender Oberflächenwassertemperatur
auftritt, addieren sich die Probleme und die Seepocken könnten möglicherweise aus diesem
Teil der Nordsee verschwinden.
Ein weiteres Problem für Miesmuscheln und Seepocken stellt ihre Kalkschale dar. Um diese
aufzubauen, benötigen sie Calciumcarbonat, das sie sich aus dem Meerwasser holen. Sinkt der
pH-Wert, ist auch das Kalkangebot im Wasser geringer und es ist für die Tiere schwieriger,
Kalkschalen aufzubauen. Denkbar wäre auch, dass die Kalkschalen erwachsener Tiere durch
den sinkenden pH-Wert angegriffen werden.
Was bedeutet das für das Ökosystem Nordsee?
Wenn der pH-Wert in der Nordsee weiterhin abnimmt und die Oberflächenwassertemperatur
weiter so schnell ansteigt, dann gerät das ganze Ökosystem der Nordsee durcheinander.
Insbesondere das schnelle Tempo der Erwärmung ist ein Problem, weil sich die Tiere und
Pflanzen nicht so schnell an die veränderten Bedingungen anpassen können.
Seepocken und Miesmuscheln spielen eine wichtige Rolle in diesem Ökosystem. Eine
Verringerung der Individuendichte oder ein Verschwinden dieser Organismen hätte negative
Konsequenzen für das Ökosystem Nordsee.
3
Siehe: Kai Schulz & Ulf Riebesell 2011<
Siehe: http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3805.pdf
5
Siehe: K. Caldeira & M. E. Wicket
6
Siehe: http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3805.pdf
7
Siehe: K. Caldeira & M. E. Wicket
8
Siehe: Findlay et al 2010
9
Siehe: http://www.awi.de/de/aktuelles_und_presse/hintergrund/klimawandel/wie_veraendert_sich_die_nordsee/
4
12
Wie schon in Kapitel 2.2 erläutert spielt die Miesmuschel eine wichtige Rolle als Kläranlage im
Meer. Sie filtert riesige Wassermengen und hält das Wasser so sauber. Weiterhin stellt die
Miesmuschel eine wichtige Nahrungsquelle für viele Tiere, zum Beispiel auch für Speisefische
wie die Scholle, dar. Auch wir nutzen die Miesmuschel als Nahrungsquelle. Jährlich werden in
Europa 550.000 Tonnen gezüchtet und vermarktet10. Ein Verlust dieser Art hätte also direkte
negative Auswirkungen auf den Menschen.
Auch Seepocken sind wichtige Bestandteile des Ökosystems Nordsee (siehe Kapitel 2.3).
Beispielsweise stellen sie eine bedeutsame Nahrungsgrundlage für andere Krebse, Seeigel,
Raubschnecken und Watvögel dar.
Unser Fazit:
Wenn wir mit der Verschmutzung der Atmosphäre durch unsere verschwenderische und
verantwortungslose Lebensweise so weiter machen wird das für das gesamte Leben auf
unserer Erde negative Konsequenzen haben, deren Ausmaß wir heute weder abschätzen noch
verantworten können.
10
Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Miesmuscheln#Miesmuscheln_als_Speise
13
5. Abbildungsverzeichnis
Karte1: Untersuchungsgebiet Helgoland
Autor: Jonas Schlie auf Basis von Google maps
Erstellungsdatum: 31.07.2012
Link: http://maps.google.com/
Abb. 4. Seepocken bei der Nahrungsaufnahme:
Titel: Seepocken bei der Nahrungsaufnahme
Fotograf: Unbekannt
Letztes Aufrufdatum: 01.08.2012
Link: http://www.uniduesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Wattenmeer/4_tiere/bilder/73-bewseepocke_kl.jpg
Abb. 1-3 und 5-9 sind im Rahmen der Forschungsfahrt an Bord der Aldebaran entstanden.
6. Literaturverzeichnis
Online-Quellen:
Titel: Klimawandel und marine Ökosysteme
Autor: Umweltbundesamt
Erscheinungsdatum: Juni 2009
Letztes Aufrufdatum: 27.07.2012
Link: http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3805.pdf
Titel: Klimawandel in der Nordsee
Autor: Alfred-Wegener-Institut für Polarforschung
Erscheinungsdatum: unbekannt
Letztes Aufrufdatum: 01.08.2012
Link:http://www.awi.de/fileadmin/user_upload/News/Print_Products/PDF/Poster/Poster_Klmawa
ndel_de.pdf
Titel: Mean yearly trend of temperature in surface water at Helgoland Roads
Autorin: Karen Wiltshire
Erscheinungsdatum: 2012
Letztes Aufrufdatum: 01.08.2012
Link:http://www.awi.de/de/institut/wissenschaftliche_beratung/nordseebuero/organisation/galeri
e_klimawandel/
Titel: Wie verändert sich die Nordsee?
Autoren: Prof. Dr. Karen Wiltshire
Erscheinungsdatum: unbekannt
Letztes Aufrufdatum: 10.08.2012
Link:http://www.awi.de/de/aktuelles_und_presse/hintergrund/klimawandel/wie_veraendert_sich_
die_nordsee/
14
Buchquellen:
Titel: Lebensraum Wattenmeer
Autoren: Meyer, H.U.; Twenhöven, F.L.; Kock,K.
Erscheinungsdatum: 1994
Verlag: Quelle und Meyer Verlag. Wiesbaden
Titel: Lexikon der Meeres- und Süßwassertiere
Autoren: A. Campbell & John Dawes
Erscheinungsdatum: 2005
Verlag: Delius Klasing Verlag
Titel: Versauerung des Meerwassers durch anthropogenes CO2. In: Warnsignal Klima. Die
Meere. Änderungen und Risiken
Autoren: K. Schulz & U. Riebesell
Erscheinungsdatum: 2011
Titel: Can ocean acidification affect population dynamics of the barnacle Semibalanus
balanoides at its southern range edge?
Autoren: H. Findlay, M. Burrows, M. A. Kendall, J. I. Spicer & S. Widdicombe
Erscheinungsdatum: 2010
Titel: Impacts of ocean acidification on marine fauna and ecosystem processes
Autoren: V. J. Fabry, B. A. Seibel, R. A. Feely & J. C. Orr
Erscheinungsdatum: 2008
Titel: Anthropogenic carbon and ocean pH
Autoren: K. Caldeira, M. E. Wickett
Erscheinungsdatum: 2003
Titel: Miesmuscheln
Autor: unbekannt
Erscheinungsdatum: 2012
Letztes Aufrufdatum: 01.08.2012
Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Miesmuschel
15
Danksagung
Zuallererst wollen wir dem danken, der diese Fahrt erst möglich
gemacht hat: Unserem Skipper und Besitzer des Schiffes ALDEBARAN
Frank Schweikert. Ohne ihn hätten wir das alles nicht erleben können.
Dann danken wir ganz herzlich Patrick Schibat, oder Herrn Schibat, der
uns bei stürmischer See und auch sonst zu Seite stand und wichtige
Dienste (den Eimerservice) geleistet hat.
Desweiteren wollen wir uns von ganzem Herzen bei Jennifer Schmitt,
unserer Wissenschaftspatin, dafür bedanken, dass sie freiwillig mit uns
diese Fahrt gemacht hat und uns das Watt einmal ganz persönlich
erklärt und gezeigt hat.
Außerdem danken wir unserem Kamera- und auch Steuermann
Christoph Landerer, der uns zwei Tage lang begleitet und auf der
stürmischen Fahrt nach Helgoland tapfer das Steuer gehalten hat um
uns sicher ans Ziel zu bringen.
Und zu guter Letzt danken wir natürlich auch unserer Lehrerin Frau
Ibbeken, die uns überhaupt erst auf den Wettbewerb vorbereitet hat
und ohne die wir nie so weit gekommen wären.
Danke!
Lykke Ibbeken
Finja Jaquet
Jonas Schlie
16
Herunterladen