Post Conflict Reconstruction als falsche Strategie des nation

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Eva Palka/Martina Schlögel
Die US-amerikanische Strategie: Post Conflict Reconstruction als falsche
Strategie des nation-building?
Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges haben die Vereinigten Staaten von Amerika (USA)
mehrmals versucht, geschwächte und zerfallene Staaten wieder aufzubauen. Bis auf vier
Erfolge in Westdeutschland, Japan, Grenada und Panama sind sie jedes Mal in
unterschiedlichem Ausmaß gescheitert. Dieser Aufsatz beschäftigt sich mit den Gründen, die
dafür ausschlaggebend sind, dass die USA immer wieder an ihrer Aufgabe des nationbuilding scheitern und eine Demokratisierung nicht erfolgreich durchgeführt werden kann
sowie mit möglichen Verbesserungsperspektiven. Bevor wir zum Verständnis des nationbuilding der USA kommen, wird kurz der allgemeine Begriff erklärt und die Geschichte des
amerikanischen nation-building ab 1945 erläutert. Hierbei soll auf die erfolgreichen
Interventionen des US-amerikanischen nation-building eingegangen werden. Anschließend
betrachten wir die US-amerikanischen Interventionen unter der Clinton-Administration sowie
der Bush-Administration und untersuchen die Veränderung des Konzepts des nation-building
nach den Terroranschlägen des 11. September 2001. Sodann werden wir versuchen, anhand
einer Fallstudie zum nation-building im Irak aufzuzeigen, inwiefern die USA hier falschen
Lösungsansätzen gefolgt sind. Abschließend erläutern wir mögliche Lösungsansätze, mit
denen gescheiterten Staaten erfolgreicher und effizienter geholfen werden könnte.
1. Begriff des nation-building
Der Begriff des nation-building lässt sich durch drei Aspekte charakterisieren: „Eine
gemeinschaftsbildende, überzeugungskräftige Ideologie, die Integration der Gesellschaft und
ein funktionsfähiger Staatsapparat.“ (Grünholz 2005: 5). Diese drei Elemente stellen die
Grundlagen des nation-building dar. Durch den ersten Punkt der gemeinschaftsbildenden
Ideologie wird die im Rahmen des nation-building erfolgte Umstrukturierung der Gesellschaft
legitimiert. Damit die geschaffene Gesellschaft in der Praxis erfolgreich bestehen kann, bedarf
es zudem des Elements der Integration. Zusätzlich wird eine politisch-institutionelle
Grundlage benötigt, die durch den dritten Aspekt des funktionsfähigen Staatsapparates
geschaffen wird (ebda.).
2. Entwicklung des US-amerikanischen nation-building seit 1945
Die Motivation der USA, in zerfallende bzw. zerfallene Staaten einzugreifen, hat sich seit
1945 grundlegend geändert. „Herausgefordert durch die Diktaturen Hitlers und Stalins gaben
die USA ihre isolationistische Grundhaltung auf und engagierten sich auf bisher nie da
gewesene Weise in der Weltpolitik!“ (Schweigler 2004: 410). So bestand ab 1945 und
während des gesamten Kalten Krieges die Absicht, Staaten aufzubauen und zu unterstützen,
um sie vor dem Kommunismus zu schützen wie z.B. Westdeutschland (Pei/Kasper 2003: 6).
In der weiteren Phase des Kalten Krieges konzentrierten sich die USA jedoch zum größten
Teil darauf, den Expansionswillen der Sowjetunion einzudämmen und den Status Quo zu
erhalten. Nach dem Ende des Kalten Krieges sahen sich die USA allerdings mit einer
dramatisch zunehmenden Zahl zerfallener Staaten konfrontiert und mussten immer wieder aus
humanitären Gründen eingreifen, um schwerste Menschenrechtsverletzungen abzuwenden
und Genozide zu beenden (Dobbins et al. 2003: xiv). Dabei veränderten sich auch die
Interventionsabsichten. Während es im Kalten Krieg noch um deterrence, also um
Abschreckung einer zwischenstaatlichen Aggression ging, verlagerte sich seit 1990 der
Schwerpunkt auf compellence, also Zwang. Die USA wollten eine Verhaltensänderung der
Staaten erzwingen und dabei Einfluss auf interne Prozesse ausüben sowie politische
Veränderungen durchsetzen (Rudolf 2000: 298). Nach dem 11. September 2001 wurden
gescheiterte Staaten plötzlich zum Sicherheitsproblem (Fukuyama 2006: 133), die den
eigenen Staat bedrohten, da sie aus US-amerikanischer Sicht vor allem einen perfekten
Rückzugsort für Terrorgruppen bildeten. Den Vereinigten Staaten wurde klar, dass es für sie
von großer Bedeutung war, wie sich andere Staaten entwickelten und dass man nicht in
„friedlich-fröhlicher Isolation“ (Wagner 2005) leben konnte. Bis heute bestimmen die
Anschläge vom 11. September den außenpolitischen Kurs der Vereinigten Staaten (Fröhlich
2006: 69).
2.1 Definition des US-amerikanischen nation-building
Bevor wir zu den einzelnen Interventionen der Vereinigten Staaten nach 1945 kommen,
müssen wir kurz den Unterschied zwischen einer normalen militärischen Operation und einer
Operation mit dem Ziel des nation-building der USA untersuchen. Das US-amerikanische
nation-building lässt sich laut Studie des Carnegie Endowment for International Peace (CEIP
zitiert bei Pei/Kasper 2003: 1) durch drei Kategorien von normalen militärischen Einsätzen
abgrenzen. Zum einen ist das erklärte Ziel des nation-building die Ablösung eines feindlichen
Regimes bzw. die Erhaltung eines Regimes, das sonst zu zerfallen drohen würde (ebda.). Als
zweites Kriterium wird die Stationierung einer beträchtlichen Zahl amerikanischer Truppen in
den Zielstaaten genannt. Laut Pei und Kasper setzt nation-building normalerweise einen
längerfristigen Einsatz der militärischen Einsatzkräfte voraus. Zum einen sollen sie das
feindliche Regime absetzen bzw. das zerfallende Regime unterstützen, zum anderen werden
diese Einsatzkräfte aber auch zur Wahrnehmung einfachster Verwaltungsfunktionen benötigt
(Pei/Kasper 2003: 1). Der Einsatz US-amerikanischer Militär- und Zivilpersonen in der
politischen Administration des Einsatzlandes stellt das dritte wichtige Kriterium dar. Damit
wird der Einfluss der USA auf die Auswahl der politischen Führer garantiert (Pei/Kasper
2003: 1). Washington beteiligt sich auch an der Überarbeitung der Verfassung und einfacher
Gesetze und nimmt an der politischen Verwaltung des Ziellandes teil.
Die folgende Tabelle der US-Interventionen stellt 16 von insgesamt 200 US-amerikanischen
Militärinterventionen seit 1900 dar, die aufgrund der zuvor aufgestellten Kriterien als nationbuilding bezeichnet werden (Pei/Kasper 2003: 1). Da sich die Auffassung der einzelnen
Studien darüber unterscheidet, welche Interventionen der USA als nation-building gewertet
werden können, werden wir zudem auf weitere Fälle von US-amerikanischen Interventionen
eingehen, die zwar in dieser Auflistung der CEIP-Studie nicht enthalten sind, von anderen
Studien jedoch als Versuche des US-amerikanischen nation-building gewertet werden. Dazu
zählen unter anderem die Interventionen in Somalia, Bosnien und im Kosovo.
Tabelle 1: US-amerikanische Interventionen
Quelle: Pei/Kasper 2003
Wie der Tabelle zu entnehmen ist, erfolgten neun der untersuchten Interventionen nach 1945.
Auffällig ist, dass nur vier US-Einsätze erfolgreich verlaufen sind und nach zehn Jahren eine
Demokratie vorweisen konnten. Alle übrigen US-amerikanischen Versuche des nationbuilding sind weitgehend gescheitert. Zu den vier erfolgreich abgeschlossenen Interventionen
gehören auch die Okkupationen des besiegten Westdeutschlands und Japans nach dem
Zweiten Weltkrieg (Pei/Kasper: 2). Diese Besatzungen gehörten auch zu den ersten
Erfahrungen der USA im Bereich des nation-building (Dobbins et al. 2003: xiii). In beiden
Ländern setzten sich die USA den Neuaufbau des Staates sowie die Etablierung der
Demokratie als Ziel (Fukuyama 2006: 124).
2.2 Verlauf seit 1945
Die multilaterale Besatzung Westdeutschlands durch die USA, Großbritannien und
Frankreich begann 1945 mit dem Ziel eine Demokratie aufzubauen. Durch den Zweiten
Weltkrieg zerstört, erfolgte das nation-building in Westdeutschland mit der Demobilisierung
der deutschen Streitkräfte und Einrichtung von Militärtribunalen zur Verurteilung deutscher
Kriegsverbrecher. Außerdem schufen die Alliierten demokratische Institutionen und leisteten
humanitäre sowie wirtschaftliche Hilfe beim Wiederaufbau des Landes (Dobbins et al. 2003:
8). Der multilaterale Einsatz in Westdeutschland dauerte von 1945 bis 1952 und wurde von
Seiten der Vereinigten Staaten mit 1,6 Millionen Soldaten unterstützt (Dobbins et al. 2003:
xx). Das nation-building in Westdeutschland war zwar langwierig, endete jedoch mit dem
Erfolg der Demokratisierung des einstigen Feindes.
In Japan gelang mit dem US-amerikanischen nation-building die Einführung von westlichen
Institutionen und die Schaffung einer neuen Verfassung. Die Intervention des nation-building
erfolgte von 1945 bis 1953 unter der unilateralen Kontrolle der USA und wurde mit dem
Einsatz von 300.000 US-Soldaten durchgeführt (Dobbins et al. 2003: 30). Nach dem Abwurf
der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki sowie dem Einmarsch der Sowjets in
die Mandschurei (Dobbins et al. 2003: 25) war es zur schnellen Kapitulation Japans
gekommen. Die USA machten sich sofort daran, das Land zu besetzen und aufzubauen. Dabei
übernahmen die Streitkräfte unter Führung von General Douglas MacArthur bereits
vorhandene japanische Institutionen und nutzten den vorhandenen Verwaltungsapparat, um
die Demokratisierung durchzuführen (Dobbins et al. 2003: 52). Die Erfolge in
Westdeutschland und Japan waren für die Vereinigten Staaten der Beweis dafür, dass
Demokratie übertragbar war (Dobbins et al. 2003: xiii).
In zwei weiteren Interventionseinsätzen konnten die Vereinigten Staaten in Grenada und
Panama innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne die Demokratie wieder einführen. So kam es
1983 zur „Sanierungsaktion“ in Panama und 1989 zur „Rettungsaktion“ in Grenada
(Schweigler 2004: 427), in denen die USA „unfreundliche“ Regierungen durch „freundliche“
ersetzten und die Macht wieder an demokratisch gewählte Führer übergaben (Dobbins et al.
2003: xiv).
3. Das US-amerikanische Strategie seit 1990
3.1 Nation-building unter der Clinton-Administration
Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und das Ende des Kalten Krieges 1990 fanden
sich die Vereinigten Staaten plötzlich in der Rolle der letzten verbliebenen Weltmacht wieder
(Fröhlich 2006: 56). Zwar verschwand mit dem Kalten Krieg auch die Bedrohung durch die
Sowjetunion und der Zwang, Länder durch Intervention vor dem Kommunismus und dem
Einfluss der Sowjetunion zu bewahren, gleichzeitig nahm jedoch die Zahl der zerfallenen
Staaten drastisch zu (Dobbins et al. 2003: xiv). Clintons Regierungszeit war dadurch
gekennzeichnet, dass er „immer wieder – im Schnitt alle zwei Jahre, wie Statistiker
ausgerechnet haben – den Versuch unternahm, einer Nation auf die Beine zu helfen“ (Wagner
2005).
Bereits bei seiner ersten Intervention in Somalia musste Clinton einen herben Rückschlag
hinnehmen, der sich auf die weiteren Einsätze der USA auswirken und die USamerikanischen Aktivitäten in internationalen Krisen einschränken sollte (Grünholz 2005:
39). Schon unter Clintons Vorgänger George Bush senior hatten sich die Vereinten Nationen
unter Führung der USA 1992 zu einer humanitären Intervention in Somalia entschieden
(Dobbins et al. 2003: 58), nachdem das Land nach dem Sturz des Staatschefs Muhammad
Siad Barre 1991 im Chaos versunken war. Die erbitterten Kämpfe verfeindeter clans sowie
die Hungersnot, die Hunderttausende von Opfern forderten, waren Auslöser für den
Entschluss zur humanitären Intervention (Dobbins et al. 2003: 55). Die von den USA
angeführte UNITAF (Unified Task Force) sollte neben humanitärer Hilfe auch den Bau von
Straßen und Brücken und das Graben von Brunnen übernehmen sowie Schulen und
Krankenhäuser errichten (Grünholz 2005: 38). Die unter Clinton fortgeführte Intervention
entwickelte sich jedoch zum Desaster (ebda.), nachdem im Oktober 1993 18 US-Soldaten in
Mogadishu ums Leben gekommen waren. Der Tod der eigenen Soldaten war der Auslöser für
den US-amerikanischen Rückzug aus Somalia, der schließlich zum Misserfolg der UNMission führte (Dobbins et al. 2003: 60). „Der Rückzug der amerikanischen Truppen im Jahr
1994 war nicht mehr und nicht weniger als das Eingeständnis des Scheiterns.“ (ebd.).
Das Scheitern in Somalia war schließlich auch der Grund, warum die USA trotz des
Völkermordes in Ruanda nicht intervenierten (Schmidt 2000: 236, Schweigler 2004: 431).
Trotzdem gelang es den USA nicht, sich der Verantwortung zur Intervention im Falle
schwerster Menschenrechtsverletzungen in Ländern wie Zaire (später Kongo) oder Liberia zu
entziehen.
„Eigene Interessen, das identitätsstiftende idealistische Selbstverständnis, das Bewusstsein,
die einzige wirkliche Supermacht zu sein, die Bemühungen der UN und verschiedener
Staaten, die USA zu einem Engagement zu überzeugen, und nicht zuletzt die Öffentlichkeit
und der Kongress zwangen die Clinton-Administration zum Handeln.“ (Schmidt 2000: 236).
Seit 1994/95 reagierten die Vereinigten Staaten auf Krisen auf dem afrikanischen Kontinent
mit dem Versuch, humanitäre Katastrophen durch militärische Interventionen afrikanischer
Staaten und damit afrikanischer Streitkräfte zu verhindern (Schmidt 2000: 236), um keine
eigenen Soldaten einsetzen zu müssen.
Auch die nachfolgenden Interventionen unter der Clinton-Administration erfolgten mit
unterschiedlichen Erfolgen und aus unterschiedlichen Gründen. So führte der Militärputsch in
Haiti 1991 zu einer Intervention, um die Militärdiktatur abzusetzen und damit den
rechtmäßigen Präsidenten wieder einzusetzen (Dobbins et al. 2003: 70). Dadurch sollte die
Demokratisierung des Landes, die durch den Militärputsch ins Stocken gekommen war,
wieder vorangetrieben werden. Dabei entsandten die USA 21.000 Soldaten, die den
Präsidenten wieder in sein Amt bringen und zudem die Sicherheitskräfte reformieren sollten
(Grünholz 2005: 38). Zwar kam Präsident Jean-Bertran Aristide 1994 zurück an die Macht; es
gelang den Vereinigten Staaten jedoch nicht, die demokratischen Institutionen in Haiti in der
kurzen Zeitspanne der Intervention ausreichend zu stärken. So ließen die US-Truppen bei
ihrem Rückzug 1996 ein Land mit geschwächten demokratischen Strukturen zurück (Dobbins
et al. 2003: 83; Grünholz 2005: 102).
Im Fall Bosniens entschlossen sich die USA erst zu intervenieren, als die bisherige
Bosnienpolitik der Vereinten Nationen zu versagen drohte (Rudolf 2000: 307). Zuvor hatten
die Vereinigten Staaten den Bosnienkonflikt eher als ein europäisches Problem gesehen. Als
sich jedoch die Situation im ehemaligen Jugoslawien änderte, die UN-Schutzzone in
Srebrenica fiel und 7.000 Menschen ermordet wurden, entschloss sich Washington zu einer
militärischen Intervention (Rudolf 2000: 307; Schweigler 2004: 432). Die ClintonAdministration erwog einen Einsatz jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Aktion im
Rahmen der NATO (North Atlantic Treaty Organisation) erfolgte, die man für diesen Einsatz
als geeigneter als die Vereinten Nationen hielt (Schweigler 2004: 432). Zur entscheidenden
Wendung kam es im Sommer 1995, als die kroatischen Streitkräfte mit Unterstützung des
Westens das serbische Militär aus der kroatischen Region Krajina vertreiben konnten. Der
darauf folgende Einsatz amerikanischer Luftstreitkräfte gegen serbische Ziele und die
Ankündigung der Beteiligung der Vereinigten Staaten an einer NATO-Truppe zur Einhaltung
eines Friedensabkommen brachten schließlich die Kriegsparteien im Herbst 1995 dazu, in
Dayton (Ohio) eine Friedensvereinbarung zu unterzeichnen (Dobbins et al. 2003: 88;
Schweigler 2004: 432). Obwohl das Mandat der NATO-Friedenstruppe (IFOR) mit der
Beteiligung der USA zunächst auf ein Jahr beschränkt war, wurde die NATO-Operation erst
2004 beendet. Damit erfolgte auch der Abzug der US-Truppen aus Bosnien (Grünholz 2005:
40). Zwar konnte die militärische Operation durch die multilaterale Zusammenarbeit
erfolgreich durchgeführt werden. Der Aufbau des Staates sollte aber den USA zufolge durch
einen größeren Einfluss der Vereinigten Staaten auf Kosten der Europäischen Union (EU)
vollzogen werden (Dobbins et al. 2003: 107). Der Versuch des nation-building in Bosnien
hatte jedoch für die Vereinigten Staaten nur mäßigen Erfolg. Die NATO konnte den
Bürgerkrieg beenden und eine Friedensvereinbarung in die Wege leiten, doch die staatlichen
Institutionen sind nach wie vor geschwächt, so dass Bosnien weder politisch noch
wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen kann (Dobbins et al. 2003: 107).
Auch im Kosovokonflikt zögerten die Vereinigten Staaten lange, bevor sie sich entschlossen,
mit Hilfe der NATO einzugreifen (Schweigler 2004: 432). Im Fall des Kosovo wurde den
USA wieder bewusst, wie schwierig es ist, mit der militärischen Überlegenheit zu drohen,
ohne anschließend tatsächlich eingreifen zu müssen (Rudolf 2000: 309). So stimmte die
Clinton-Administration im Frühjahr 1999 einem Einsatz der NATO unter amerikanischer
Führung zu, einigte sich jedoch darauf, den Einsatz von Bodentruppen auszuschließen
(Schweigler 2004: 432). Auch diese Intervention konnte nur mit mäßigem Erfolg
durchgeführt werden. Zwar wurden bereits zwei Jahre nach der Intervention Wahlen
abgehalten, der Status des Kosovo blieb jedoch ungeklärt (Dobbins et al. 2003: 126).
3.2 Nation-building unter der Bush-Administration
In dem Jahr der Regierungsübernahme von Präsident Bush junior änderte sich die USamerikanische Sicht des Problems gescheiterter Staaten nach den Terroranschlägen vom 11.
September 2001. Was bisher als vorwiegend humanitäres Problem galt, stellte nun ein
Sicherheitsproblem für die Vereinigten Staaten dar (Fukuyama 2006: 132-133). Gescheiterte
Staaten wie Afghanistan erwiesen sich als perfektes Umfeld für Terrororganisationen wie alQaida und mussten aus Sicht der USA demokratisiert werden, um den Schutz der westlichen
Welt zu garantieren.
Dies wird auch in der National Security Strategy (NSS) der Bush-Administration von 2002
(White House 2002) deutlich. So finden sich in der Sicherheitsstrategie neben militärischen
Elementen auch Elemente zur Steigerung von Entwicklungshilfe (Grünholz 2005; 49), um die
Gefahr, die laut den USA von gescheiterten Staaten ausgeht, abzuwenden. In Kapitel VII ist
die Einführung ziviler Mechanismen vorgesehen, die den Aufbau demokratischer Struktur
beschleunigen sollen. Dazu gehören unter anderem die Erhöhung der Entwicklungshilfe, eine
verbesserte Leistungsfähigkeit der Weltbank sowie die Alphabetisierung als Grundlage der
Demokratie (Fitschen 2003: 4).
Als Antwort auf die Terroranschläge in den USA griffen diese im Oktober 2001 Afghanistan
an. Der Angriff verfolgte das Ziel, den al-Qaida-Chef Osama bin-Laden aufzuspüren und das
Taliban-Regime zu stürzen (Wagner 2005).
Mit der uneingeschränkten Unterstützung der NATO-Partner gegen den Terrorkampf und
einer internationalen Antiterrorkoalition kam es zum Sturz des Taliban-Regimes. Es gelang
den USA jedoch nicht, den Al-Qaida-Chef Osama bin-Laden zu finden. Zwar erfolgten am 9.
Oktober 2004 die ersten direkten Präsidentschaftswahlen, durch die Afghanistan eine
demokratisch legitimierte Regierung erhalten konnte (Fischer Weltalmanach 2007), doch
bisher konnte das Land aufgrund des steigenden Opiumanbaus, der verschlechterten
Sicherheitslage sowie Anschlägen der Taliban auf Schulen noch nicht stabilisiert werden
(Graw 2006). 1
Unter der Bush-Administration wurde auch das Büro für Wiederaufbau und Stabilität (Office
of the Coordinator for Reconstruction and Stabilization) geschaffen (US Department of State
1
Siehe dazu auch den Beitrag von Adorf/Kruska in diesem Band.
o.J.), welches sofort aktiv werden soll, wenn ein Staat zu scheitern droht. Hierbei soll in den
USA die Kooperation mit dem Verteidigungsministerium und anderen Regierungsbehörden
gefördert werden. Außerdem soll eine multilaterale Zusammenarbeit mit Alliierten anvisiert
werden (Yoneoka 2005: 6). Auch die United States Agency for International Development
(USAID) ist an der Förderung von Good Governance und der Demokratisierung von Ländern
beteiligt (Yoneoka 2005: 7). So versuchen die USA, den demokratischen Prozess mit
Partnerschaften vor Ort stärker voranzutreiben. Dabei werden vor allem die Aspekte
Rechtsstaatlichkeit,
Institutionen
mit
demokratischer
und
verantwortlicher
Regierungsführung, politische Freiheit und Wettbewerb sowie Bürgerbeteiligung und
Zusammenarbeit mit Hilfsprogrammen gefördert und aufgebaut (Yoneoka 2005: 7).
3.3 Nation-building versus state-building
Im Folgenden werden wir kurz auf den Begriff des nation-building eingehen, der sich in den
USA eingebürgert hat. Hierbei spielt der Unterschied zwischen Staat und Nation eine
wichtige Rolle. Da die Gründung der USA auf einer politischen Idee basierte (Fukuyama
2006: 159), werden sowohl die Unabhängigkeitserklärung als auch die eigene Verfassung
nicht nur als politische Grundlagen gesehen. Vielmehr sind sie die Quellen universeller
Werte, die für die ganze Menschheit von Bedeutung sein sollten (ebda.). Daher setzen die
USA im Zuge des nation-building auf die Demokratisierung der zerfallenen Staaten und den
Austausch der bestehenden Institutionen. Dadurch erhoffen sie sich, den Krisenherd zu
beseitigen und den Staat neu wiederaufzubauen, so dass er schließlich Stabilität aufweist. So
müsste eigentlich eher von einem state-building als von einem nation-building gesprochen
werden (Heller 2003).
Auffällig ist, dass viele der US-amerikanischen Interventionen unilateral durchgeführt worden
sind. Wenn die USA jedoch an militärischen Interventionen der Vereinigten Nationen
teilnehmen, so hängt es von der Größe des US-amerikanischen Einsatzes ab, ob die Kontrolle
über amerikanische Truppen einem UN-Kommandeur übertragen wird. Je höher die Zahl der
teilnehmenden US-amerikanischen Truppen ist, desto unwahrscheinlicher wird diese
Übertragung der militärischen Kontrolle (Rudolf 2000: 305).
Die Zustimmung der USA zu einer neuen, friedensbewahrenden oder friedensdurchsetzenden
Operation hängt von einigen Aspekten ab, die sich hauptsächlich auf die amerikanischen
Interessen und die Erfolgsaussichten eines multilateralen Eingriffs beziehen. Vor allem wird
eine Bedrohung des internationalen Friedens oder der Sicherheit vorausgesetzt (Rudolf 2000:
305). Dabei müssen Menschenrechtsverletzungen, der Sturz einer Demokratie oder eine
humanitäre Katastrophe als Grund zum Eingreifen vorliegen. Es muss offensichtlich sein,
dass die Friedensoperation ohne amerikanische Beteiligung nicht erfolgreich durchgeführt
werden kann. Dabei verlangen die USA ein klares Ziel sowie ein festgesetztes Ende der
Beteiligung des US-amerikanischen Einsatzes (Rudolf 2000: 305-306).
3.4 Die Kategorisierung der nationalen Interessen unter der Clinton-Administration
Für eine Interventionsentscheidung wurden die nationalen Interessen von der ClintonAdministration in drei Kategorien eingeordnet. Dabei erfolgte die Unterscheidung in vitale,
wichtige
und
humanitäre
Interessen
(Rudolf
2000:
306-312).
US-amerikanische
Interventionseinsätze erfolgen aufgrund der Gefährdung von vitalen Interessen, wenn das
nationale Überleben bedroht ist. Gemeint sind damit der Schutz der amerikanischen Bürger,
des amerikanischen Territoriums und der Verbündeten sowie die Prosperität der USA (Rudolf
2000: 306-312). So erfolgten US-Interventionen zum Beispiel im Irak, wo die USA ihre
vitalen Interessen gefährdet sahen.
Beim Eingriff aus wichtigen Interessen sind zwar keine vitalen Interessen gefährdet, dennoch
sind die USA am Ausgang des Konfliktes interessiert, weil dadurch ihr nationales
Wohlergehen sowie die internationale Umwelt der Vereinigten Staaten beeinflusst werden
(Rudolf 2000: 307). Einsätze aus wichtigen Interessen erfolgten zum Beispiel in Haiti und
Bosnien. In beiden Fällen sahen die USA im Falle eines Nichteingriffs das internationale
Ansehen gefährdet (Rudolf 2000: 307). So stand in Haiti die amerikanische Glaubwürdigkeit
auf dem Spiel, nachdem die Wiederherstellung der Ordnung durch Wirtschaftssanktionen
nicht herbeigeführt werden konnte.
In die dritte Kategorie fallen Konflikte, die „lediglich“ das moralisch-humanitäre Interesse der
USA berühren. Hierbei handelt es sich vor allem um schwere Menschenrechtsverletzungen,
die ein Wegsehen praktisch unmöglich machen und die USA aufgrund des humanitären
Interesses zum Eingreifen zwingen. Hierbei sind die USA jedoch möglichst darauf bedacht,
keine militärischen Mittel einzusetzen, um die eigenen Streitkräfte nur einem minimalen
Risiko auszusetzen (Rudolf 2000: 312). Als Beispiel lässt sich hier Ruanda nennen. Hier hätte
der Einsatz aus humanitärem Interesse erfolgen können, wurde jedoch von der ClintonAdministration abgelehnt. Da von der Kategorie der vitalen Interessen bis zur Kategorie der
humanitären
Interessen
die
Bedrohung
für
die
USA
sinkt,
erfolgt
auch
der
Interventionseinsatz selektiver und begrenzter. Dabei werden stets die anfallenden Kosten und
Risiken gegen die bedrohten Interessen abgewogen. Auch die Zustimmung der USamerikanischen Bevölkerung sowie des Kongresses ist für Einsätze wegen der Gefährdung
der vitalen Interessen am größten und diese können daher am leichtesten gerechtfertigt
werden (Rudolf 2000: 317-318). So liegt bei Konflikten, die das humanitäre Interesse der
USA berühren, kein reales nationales Interesse vor, so dass die Entscheidung zur Intervention
von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen kann.
Bevor wir nun zu der Fallstudie „Irak“ kommen, lässt sich laut Martin Wagner zu den
bisherigen Versuchen des nation-building durch die USA feststellen, dass der Einsatz von
Truppen, Geld und Zeit entscheidend dafür ist, ob die Intervention erfolgreich durchgeführt
werden kann oder ob sie scheitert. Zudem ist offensichtlich, dass kurze Einsätze kaum zu
Erfolg geführt haben, da man sich über einen längeren Zeitraum engagieren muss, um das
nation-building eines Staates erfolgreich abzuschließen. Unilateral lässt sich eine Intervention
zwar schneller und einfacher durchführen, im multilateralen Rahmen jedoch lässt sich durch
die Beteiligung vieler Staaten viel Geld sparen (Wagner 2005).
4. Motivation der USA für ein Eingreifen im Irak und dessen Ziele
Das Vorhaben der USA, ohne UN-Mandat gegen den Irak einen Krieg zu führen, stieß
weltweit auf massive Kritik. Paris, Berlin und Moskau schlossen sich als selbst ernanntes
Gegengewicht zu einer Achse zusammen, um den USA – die im Wechsel als Hegemon,
„Unilateralist“ und „Imperialist“ bezeichnet wurden – die Stirn zu bieten und sich als
„Sprachrohr“ der Invasionsgegner zu etablieren. Dass gerade die Deutschen unter
Bundeskanzler Schröder die Gefolgschaft verweigerten, brüskierte die USA und beförderte
eine „transatlantische Eiszeit“ (Richter 2003).
Die Idee zu dieser Invasion hat ihren Ursprung zu Beginn der 1990er Jahre, als George Bush
senior, allerdings auf einer breiten internationalen Zustimmung basierend und durch ein UNMandat legitimiert, auf den Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait mit den Operationen
Desert Shield und Desert Storm antwortete. Im Jahre 1998 verabschiedete der US-Kongress
den „Iraq Liberation Act“, in dem sich die USA dazu verpflichteten, auf einen
Regimewechsel in Bagdad hinzuwirken und irakische Oppositionsgruppen finanziell zu
unterstützen (Bierling 2004: 246).
Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hielten die USA unter Präsident George W.
Bush ihre bisherige Irakstrategie der Abschreckung und Eindämmung für nicht mehr
ausreichend zum Schutz der amerikanischen Nation, obwohl zwischen Saddam Hussein und
den Attentätern des 11. September keine Verbindung nachgewiesen werden konnte. Die
Motivation der US-Regierung bzw. die von ihr ins Feld geführten Gründe waren
mehrdimensional; man kann wohl am ehesten von einer „Interessen-Triade“ (Denison 2003:
18) sprechen. Die Invasion war durch sicherheitspolitische, wirtschaftspolitische und
idealistische Interessen motiviert. Als Gründe wurden der angebliche Besitz von
Massenvernichtungswaffen, Husseins Verstoß gegen die Menschenrechte, eine potenzielle
Verbindung zu al-Quaida und vor allem die Vision der Schaffung eines demokratischen Irak
als erster Schritt zu einer Befriedung des Nahen Ostens genannt.
Bushs Kritiker bemängelten gerade diesen Wechsel seiner Motive, je nach politischer Lage
und Adressat der Begründung. Der Grund für dieses Motivbündel ist im klassischen
amerikanischen Problem der Inlandsmobilisierung zu sehen, denn die amerikanische
Öffentlichkeit zeigt ausgeprägtes Interesse an wirtschaftlichen und innenpolitischen Themen;
erfahrungsgemäß
ermüdet
jedoch
das
öffentliche
Interesse
an
außenpolitischen,
internationalen Fragestellungen rasch (Shapiro 2007: 5). Das hätte Bush in Nöte bringen
können, eine längerfristige Zustimmung zu seinem kostspieligen und verlustreichen Plan zu
erlangen.
5. Vorgehensweise
Die USA und die „Koalition der Willigen“ 2 als Verbündete der USA hatten folgenden Ablauf
des Vorgehens im Irak und die Verwirklichung folgender Ziele geplant: die Entmachtung des
Regimes, vor allem Saddam Husseins, die Entwaffnung der irakischen Armee, die Erhaltung
der territorialen Integrität des Irak (hier sei insbesondere auf die unten näher erläuterte
2
Die von Bush und dem damaligen Außenminister Colin Powell vereinigte Koalition der Willigen umfasst etwa
30 Staaten und hat Mitglieder im Feldzug für mehr Demokratie im Nahen Osten wie Afghanistan, Albanien,
Armenien, Aserbaidschan, Äthiopien, Bahrain, Eritrea, Estland, Katar, Kolumbien, Kuwait, Lettland, Litauen,
Mazedonien, Mikronesien oder Nicaragua.
Kurden-Problematik verwiesen) und die Vermeidung eines Bürgerkriegs. Lokale Kräfte
sollten an der Macht beteiligt werden, die Verbesserung des Ansehens und der Akzeptanz der
USA im Nahen Osten durch ihr Auftreten als Befreier und Verluste und Kosten der
Intervenierenden so gering wie möglich gehalten werden.
6. Die National Strategy for Victory im Irak
Die National Strategy for Victory in Iraq (National Security Council 2005) des Präsidenten
der Vereinigten Staaten wurde im Jahre 2003 vom National Security Council herausgegeben.
Diese Strategie wurde den Fortschritten und der sich ändernden Situation immer wieder
angepasst und ist nun auf dem Stand vom 30. November 2005. Das bedeutet nicht, dass es
nicht weitere Kurskorrekturen gegeben hätte, allerdings nicht im Rahmen dieser
übergeordneten „großen Strategie“. Die neueste Veröffentlichung zum Vorgehen im Irak am
20. April 2007 in Form eines „Face Sheets“ erschienen mit dem Namen „Update on the New
Iraq Strategy – Helping Iraq’s Leaders Secure Their Population“ (Whitehouse 2007).
Im Folgenden soll nur auf die wesentlichen Eckpfeiler der National Strategy for Victory in
Iraq (NSVI) eingegangen werden unter besonderer Berücksichtigung des Aspekts „Post
Conflict Reconstruction“. Den Kampfhandlungen der Koalition, die im März 2003 begannen,
wurde erwartungsgemäß kein großer Widerstand entgegengesetzt. So konnte Präsident Bush
auf dem Flugzeugträger USS Lincoln am 1. Mai 2003 mit dem Ausspruch „Mission
accomplished“ die Kampfhandlungen für beendet erklären. Damit begannen aber erst die
eigentlichen Herausforderungen im Irak, nämlich die Stabilisierung und der Wiederaufbau.
Die US-Strategie sieht den Sieg im Irak aus drei Perspektiven: In der kurzfristigen
Perspektive soll der Irak stetige Fortschritte bei der Bekämpfung von Terroristen machen,
demokratische Institutionen ausbilden und wieder eine eigene Armee gründen, die der
Sicherung der Bürger und des öffentlichen Lebens dienen soll. Mittelfristig sehen die USA
den Irak in der Rolle, erfolgreich Terroristen zu bekämpfen, die eigene Sicherheit
gewährleisten zu können, über eine verfasste und frei gewählte Regierung zu verfügen und
auf dem Weg, sein wirtschaftliches Potenzial zu verwirklichen. Das langfristige Ziel
schließlich ist ein Irak, der friedlich, vereint, stabil und sicher in die Weltgemeinschaft
integriert ist und dort als vollwertiger Partner den globalen Kampf gegen den Terrorismus
unterstützt.
Die Strategie für den Sieg im Irak umreißt Präsident George W. Bush mit den folgenden
Worten:
”We will help the Iraqi people to build a new Iraq with a constitutional, representative
government that respects civil rights and has security forces sufficient to maintain domestic
order and keep Iraq from becoming a save haven for terrorists. To achieve this end, we are
pursuing an integrated strategy along three broad tracks, which together incorporate the
efforts of the Iraqi government, the Coalition, cooperative countries in the region, the
international community, and the United Nations.“ (National Security Council 2005).
In dieser Aufzählung nennen die USA die beteiligten Akteure. Neben den Irakern und den
USA werden kooperationsbereite Nachbarstaaten miteinbezogen. Auch die internationale
Gemeinschaft und die Vereinten Nationen sollen nach dem Zerwürfnis über die US-Invasion
wieder beteiligt werden. Die genannten drei Gleise, die in der Strategie aufgebaut werden,
umfassen den politischen Bereich, die Sicherheit und die Wirtschaft des Irak.
Unter den Schlagwörtern „Isolieren – Einbeziehen – Aufbauen“ sollen international die
Feinde eines demokratischen Irak in der Gesellschaft isoliert, diejenigen, die bereit sind, der
Gewalt abzuschwören und sich am Wiederaufbau zu beteiligen, einbezogen werden und
schließlich stabile, pluralistische und effiziente staatliche Institutionen aufgebaut werden, die
die volle Integration des Irak in die internationale Gemeinschaft befördern.
Im Bereich der öffentlichen Sicherheit werden die bevorstehenden Aufgaben mit „frei machen
– halten – aufbauen“ umrissen. Gebiete, die noch von feindlichen Kräften kontrolliert werden,
sollen von diesen befreit werden, wobei das Töten dieser Personen explizit in der Strategie
genannt wird. Die von Aufständischen befreiten Gebiete sollen von irakischen
Friedenstruppen frei von feindlichem Einfluss gehalten werden. Weiterhin sollen die
Wachtruppen des Irak aufgebaut werden ebenso wie kommunale Einrichtungen, die
Dienstleistungen erbringen, die die Rechtsstaatlichkeit verbessern und eine Zivilgesellschaft
entstehen lassen.
Auf dem dritten Gleis, dem wirtschaftlichen Aufbau, findet sich die Devise „wiederherstellen
– reformieren – aufbauen“. Die Wiederherstellung einer funktionierenden Infrastruktur soll
der Befriedigung der steigenden Nachfrage in einer wachsenden Wirtschaft dienen; die
Wirtschaft soll nach Jahren der Diktatur und der Sanktionen reformiert werden. Schließlich
werden die Kapazitäten irakischer Institutionen weiter aufgebaut, um einen Wohlstand im
Irak zu ermöglichen, an dem alle Bürger partizipieren werden.
Die gesamte Strategie gründet auf acht Säulen (The 8 Strategic Pillars), die sich teilweise mit
den oben genannten Zielen und Vorhaben überschneidet. Nicht enthalten ist lediglich die
Idee, mehr internationale Hilfe für den Wiederaufbau im Irak anzuwerben.
7. Die US-Strategie zum Wiederaufbau des Irak:
Von der Diskrepanz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit
7.1 Politische Kräfte im Inland
Der Erfolg der amerikanischen Intervention wird maßgeblich davon abhängen, ob die USamerikanische Außenpolitik und die Koalition einen Weg finden werden, die verschiedenen,
teilweise auch rivalisierenden Gruppen im Irak zu einen oder wenigsten zu einer friedlichen
Koexistenz zu führen (Dobbins 2003: 174).
Die momentanen Kämpfe zwischen Sunniten und Schiiten lassen das aktuelle Geschehen im
Irak bürgerkriegsähnliche Formen annehmen. Die Zahl der Opfer in der irakischen
Zivilbevölkerung, die politisch oder religiös motivierter Gewalt zum Opfer fielen, wird vom
irakischen Innenministerium auf 12.320 Personen geschätzt, von den Vereinten Nationen auf
34.452 Personen (Perthes 2007: 116).
Die Sunniten stellen innerhalb des Islam die größte Glaubensrichtung. Dem sunnitischen
Islam gehören über 85 Prozent aller Muslime weltweit an (Elger 2003: 292). Sie
unterscheiden sich von den Schiiten primär in ihrer Vorstellung, wer die Gemeinschaft der
Muslime leiten solle. Während sich bei den Sunniten die Idee des Kalifats etablierte,
entschieden sich die Schiiten für das Imamat. Im Irak sind die Sunniten mit einem Anteil von
etwa 35 Prozent eigentlich in der Minderheit. Zu Zeiten Saddam Husseins, der selbst Sunnit
war, herrschten jedoch die Sunniten über die ca. 65 Prozent Schiiten in der Bevölkerung
(Elger 2003: 134). Alle wichtigen öffentlichen Ämter wurden zu Zeiten Husseins mit
Sunniten besetzt, was einen Teil der Schiiten dazu bewog, ins iranische Exil zu gehen.
Nach dem Sturz des Hussein-Regimes hofften die Schiiten auf eine ihrer Zahl angemessene
politische Repräsentation und Partizipation im Irak, was ein enormes Konfliktpotential mit
den irakischen Sunniten in sich barg. Der Bombenanschlag im Februar 2006 auf den AlAskari-Schrein in der schiitischen Moschee in Samarra brachte eine Welle von Gewalt- und
Racheakten gegen die sunnitische Bevölkerung hervor, die alles bisher da Gewesene an
Gewalt überbot. Während in den ersten drei Jahren der amerikanischen Besatzung die Gewalt
noch Widerstand gegen die Besatzung mit zeitweilig religiös motivierten Untertönen war,
muss man seit 2006 erkennen, dass mit der gezielten Gewalt gegen die Angehörigen der
jeweils anderen Glaubensrichtung ein Bürgerkrieg entfesselt werden soll (Steinberg 2006: 5).
Die jüngste Idee der USA, die Sunniten und ihre Milizen weiter zu bewaffnen, damit sie die
amerikanischen Truppen im Kampf gegen al-Quaeda unterstützen, scheint angesichts der sich
stetig
verschlimmernden
religiös
motivierten
Gewalt
zwischen
den
beiden
Glaubensrichtungen kein Erfolg versprechender Plan zu sein. Es ist doch zu befürchten, dass
damit der schwelende Bürgerkrieg weiter angefacht wird oder diese Waffen gegen
amerikanische Soldaten eingesetzt werden (Der Spiegel 2007).
In den Jahren zwischen 1975 und 1991 wurden die Kurden im Irak durch das Hussein-Regime
unterdrückt und verfolgt. Dennoch war es den Kurden, die im Norden des Irak mit einem
Bevölkerungsanteil von 20 Prozent eine große Minderheit stellen (Elger 2003: 134), möglich,
im Irak eine Schutzzone mit eigener Verwaltung und eigenen politischen Institutionen zu
errichten. Differenzen innerhalb der kurdischen Bevölkerung führten zu einer Spaltung
innerhalb dieser Schutzzone, wodurch es auch zu einer Spaltung von Regierung und
Institutionen kam. Erst kurz vor der US-Invasion einigten sich die irakischen Kurden auf eine
gemeinsame militärische Führung (Ibrahim 2003: 48). Bei Ausbruch des Krieges verfügten
die Kurden über militärische Verbände und kontrollierten 20 Prozent des irakischen
Territoriums, was sie zu einem bedeutsamen Faktor im Irak machte. Wichtig zum Erhalt
dieser Bedeutung ist es, eine Zersplitterung der kurdischen Gruppen zu vermeiden, deren
Spektrum von den kurdischen Islamisten bis zu den kurdischen Kommunisten reicht. Nach
der Invasion hofften die Kurden auf die Abspaltung und die Gründung eines eigenen
Kurdenstaates (Elger 2003: 176). Diesen Plan will die Türkei mit allen Mitteln verhindern
und ist dafür notfalls auch zu einem Militärschlag bereit. An der türkisch-irakischen Grenze
sind seit 2007 tausende türkischer Soldaten mit schweren Waffen stationiert, die auf den
Befehl zum Einmarsch in den Norden des Irak warten. Die USA wehren sich gegen die
türkische Vorstellung, eine Pufferzone im Nordirak unter türkischer Militärkontrolle zu
errichten.
7.2 Einflüsse aus dem Ausland
Der Iran kann als „Gewinner ohne eigenes Zutun“ (Perthes 2007: 114) des Irakkriegs
bezeichnet werden. Zum einen ist mit dem Sturz Husseins der jahrzehntelange Konkurrent um
die Vormachtstellung am Golf eliminiert worden. Zum anderen wächst der Einfluss der
Schiiten in Bagdad und im Süden des Irak beständig. Die nun aus dem iranischen Exil
heimkehrenden schiitischen Politiker wachen aus Loyalität über die Wahrung iranischer
Interessen im Irak.
Wie oben schon erwähnt, hat die Türkei ein lebhaftes Interesse daran, eine Abspaltung der
irakischen Kurden und die Entstehung eines Kurdenstaates zu verhindern. Obwohl in der
Türkei 11,5 Millionen Kurden leben, erkennt die Türkei diese nicht als Minderheit an,
sondern betreibt seit 1991 eine Politik der Assimilierung, indem sie die kurdische Sprache
verbot und Türkisch als Muttersprache aller türkischen Staatsbürger gesetzlich festlegte.
Durch das bisherige Scheitern der amerikanischen Versuche, den Irak zu befrieden und zu
demokratisieren ist der anfängliche Modernisierungsdruck auf die autoritären Nachbarstaaten
gewichen. Da gerade in der irakischen Bevölkerung der Wunsch nach einem „starken Staat“
wächst, der in der Lage ist Sicherheit herzustellen, können autoritäre Staaten wie Syrien oder
Saudi-Arabien Forderungen nach Demokratisierung oder zumindest Liberalisierung unter
Verweis auf die Zustände im Irak ablehnen (Perthes 2007: 120).
In Teheran, Damaskus und Riad wünschen Teile der politischen Elite und weite Teile der
Bevölkerung den US-Amerikanern, im Irak eine Niederlage zu erleiden (Perthes 2007: 120).
Legt man den von den USA selbst entwickelten Maßstab an, so befindet sich der Irak auch
vier Jahre nach dem Sturz seines Diktators auf der ersten Stufe der Zielsetzung, nämlich der
kurzfristigen Perspektive, denn weder die Terrorismusbekämpfung im eigenen Land noch die
Sicherung der Bürger und des öffentlichen Lebens sind bislang gelungen.
Nach ihrer Invasion bemühten sich die Amerikaner, den Aufbau politischer Institutionen im
Irak zu initiieren. So kam es bereits kurz nach dem Einmarsch zur Einsetzung eines
Governing Council, der Teile der Regierungsgeschäfte führte. Im Sommer 2004 wurde aus
dem Governing Council die provisorische Regierung; der Irak wurde für formal souverän
erklärt. Am 30. Januar 2005 fanden die ersten freien Wahlen im Irak statt und am 15. Oktober
2005 erfolgte ein Volksentscheid über die irakische Verfassung. Doch untergraben die
Amerikaner selbst den politischen Wiederaufbau im Irak, weil die Bush-Regierung an die
neue Administration zu umfassende Kontrollansprüche stellte, als dass eine souveräne
Demokratie wachsen könnte (Perthes 2007: 115).
Bisher fehlen dem Irak noch wesentliche Elemente von Staatlichkeit: die Sicherheitsfunktion
wird nicht erfüllt, die Wohlfahrtsfunktion stark eingeschränkt und eine staatliche
Infrastruktur, die staatliche Dienstleistungen bereitzustellen vermöchte, existiert nicht. Das
Hauptproblem im Irak – das völlige Sicherheitsvakuum – ist wohl mit verursacht worden
durch die umgehende Auflösung der Armee nach dem Einmarsch. Zum Erstaunen aller
Beobachter wurde die irakische Armee von den Besatzern ersatzlos aufgelöst, aber nicht
nachhaltig entwaffnet. Die entlassenen Soldaten und Offiziere hatten nach der Auflösung
keine Möglichkeit mehr, eine wirtschaftliche Basis zu erhalten. Anstatt die irakischen
Streitkräfte zumindest in Teilen zur Vermeidung von Plünderungen oder zur Sicherung von
Straßen einzusetzen, wurden sie nach Hause geschickt. So schuf die Koalition einen großen
pool bewaffneter, gut ausgebildeter und „zorniger junger Männer“, die ein gewaltiges
Rekrutierungspotential für die Aufstandsbewegung bildeten (Steinberg 2006: 25). Nicht
zuletzt in der militärischen Professionalität vieler Anschläge ist die Handschrift des
ehemaligen irakischen Militärs zu erkennen.
Zur Bewegung der Aufständischen hat sich nun seit 2006 eine stark anwachsende religiös
motivierte Gewalt gesellt. Das zu kleine Kontingent der Truppen der Koalition wird diesen
beiden Unruheherden nicht mehr Herr. Statt eines autonomen, effizienten Staates herrschen
Korruption und Selbstbereicherung vor. Und der junge Staat versteckt sich Schutz suchend in
der für den irakischen Bürger unerreichbaren „grünen Zone“ der US-Amerikaner.
Ein einendes Element gibt es in dem gezeichneten Szenario: Alle Nachbarstaaten des Irak
sind sich darüber einig, dass die territoriale Integrität des Irak unbedingt beibehalten werden
muss, um grenzübergreifende Unruhen zu vermeiden.
8. Kritik am Vorgehen der USA –
Die Kluft zwischen der amerikanischen Idee und dem tatsächlichen Verlauf
Bei einer kritischen Betrachtung des Zeitraums von 2003 bis 2007 lässt sich
zusammenfassend feststellen, dass die Operation Iraqi Freedom im Rahmen des
amerikanischen War on Terror mangels völkerrechtlicher Legitimation an einem
Geburtsfehler litt. Bereits der Truppenaufmarsch an den Grenzen des Irak verstieß gegen das
völkerrechtliche Gewaltverbot nach Artikel 2 Nr. 4 der UN-Charta und gegen das
Interventionsverbot nach Art. 2 Nr. 1 der UN-Charta (Dörr/ Bosch 2003: 482).
Das Argument, den Nahen Osten von einem die Menschenrechte missachtenden Diktator
befreit zu haben, verlor für die anfangs zuversichtliche irakische Bevölkerung mit dem
Zunehmen der Gewalt in ihrem Alltag an Kraft. Dass die Amerikaner lange Schwierigkeiten
hatten, die Stromversorgung in Gang zu bringen, erstaunte die Iraker. Dass die
Besatzungssoldaten den Plünderungen der ersten Wochen tatenlos zusahen, erzürnte sie. Dass
die Sicherheitslage im eigenen Land vier Jahre nach dem Einmarsch Tag für Tag schlimmer
wird, bringt die Iraker gegen die Besatzer auf (Perthes 2007: 119). Die Koalitionstruppen
haben das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung nicht ausreichend ernst genommen und so
versäumt, angemessen zu handeln. Mittlerweile fordern 66 Prozent einen unmittelbar
beginnenden Abzug der Koalitionstruppen (Perthes 2007: 119).
Antiamerikanische
Strömungen
wurden
durch
die
mangelnde
Sensibilität
der
Besatzungstruppen gegenüber den kulturellen Gepflogenheiten der Zivilbevölkerung
befördert. Die Idee, dass Soldaten irakische Frauen nach eventuellen Waffen abtasten, war nur
eine dieser Fehlentscheidungen. Als schließlich der Skandal um die Misshandlung und
Demütigung irakischer Gefangener von amerikanischen Soldaten und Soldatinnen an die
Öffentlichkeit gelangte, schlug die Stimmung im Land endgültig um.
9. Ausblick
Generell ist für alle Akteure ein Umdenken wichtig, denn die Post Conflict Reconstruction ist
noch ein Stiefkind des Kalten Krieges (CSIS/ AUSA 2003: 2). Damals ging die größte
Bedrohung von Konflikten zwischen Staaten aus – heute sind es die Konflikte innerhalb von
Staaten, die nicht mehr nur aus moralischen oder humanitären Erwägungen ein Eingreifen
fordern.
Die Frage, die sich nun stellt, lautet: Ist die Demokratisierung eines Landes durch
unterstützenden Eingriff von außen generell möglich? Ist die Demokratisierung auch immer
ein probates Mittel bzw. das richtige Ziel?
Die Frage, ob Institutionen unverändert von einem Land in ein anderes „verpflanzt“ werden
können, ist nicht neu. Wie das Beispiel Irak zeigt, kann der Versuch, Institutionen, die sich in
einem Land bewährt haben, in einem anderen Land zu etablieren, in der Umsetzung große
Schwierigkeiten in sich bergen. Genauso wie viele Handlungen der Besatzer bei der
irakischen Bevölkerung auf Unverständnis oder Ablehnung stießen, konnten die
Koalitionstruppen viele irakische Reaktionen nicht nachvollziehen. Deutlich wird das an einer
Stellungnahme des konservativen Massenblatts „USA Today“: „Wir haben den Irakern eine
einmalige Chance gegeben eine rechtsstaatliche Demokratie aufzubauen. Sie haben es
vorgezogen, altem Hass, konfessioneller Gewalt, ethischer Bigotterie und einer Kultur der
Korruption zu frönen. Es scheint, dass die Zyniker recht hatten: Arabische Gesellschaften
können Demokratie nicht ertragen. Und die Leute erhalten die Regierung, die sie verdienen“
(Peters, USA Today, 2.11. 2006).
Um sich derartige Frustration – und die hohen Opferzahlen auf beiden Seiten – zu ersparen,
ist es unabdingbar, neue Kriterien für Interventionen in schwachen, zerfallenden oder
zerfallenen Staaten zu erarbeiten sowie neue Lösungsansätze und neue Konstellationen der
Akteure. In amerikanischen wie europäischen Denkfabriken wird an neuen Konzepten
gearbeitet.
Andrew B. Denison bezeichnet das bisherige Vorgehen als einen „Multilateralismus
American Style“. Damit meint er, dass sich Amerika seiner Einzigartigkeit, seines Einflusses
und seiner Macht sehr wohl bewusst ist und deshalb zwar vor Interventionen nach Partnern
sucht, aber nicht unter jeder Bedingung (Denison 2003: 18). Denison argumentiert, die USAmerikaner wünschten sich eine multipolare Welt zur Korrektur der eigenen Übermacht. Ein
Lösungsansatz, der hier hilfreich sein könnte, ist das Konzept des Global Governance. Das
Anwachsen globaler Problemlagen verlangt nach Regelungschancen und entsprechenden
Institutionen auf der Ebene der Weltpolitik. Ad-hoc-Absprachen in Krisensituationen werden
mittels Global Governance durch internationale Regime ersetzt, die auf Übereinkommen und
Verträgen basieren und zu Ergebnissen kommen, die von allen Beteiligten mitgetragen
werden können. Besonders im Bereich der Sicherheitspolitik sind diese Kooperationen von
herausragender Bedeutung (Müller 2003: 28).
Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice gab im Januar 2006 eine Reform der
Grundsätze des US-amerikanischen diplomatischen Dienstes bekannt. Neue Aufgabe sei die
Realisierung des Konzepts der Transformatorial Diplomacy, was bedeutet, dass die
Vereinigten Staaten daran arbeiten, die Welt zum Guten zu verändern und demokratische
Bewegungen und Institutionen in jeder Nation und Kultur partnerschaftlich zu unterstützen
mit dem ultimativen Ziel, Tyrannei ein Ende zu bereiten. Ziel der transformierenden
Diplomatie sei es zudem, weltweit mit zahlreichen Partnern zusammenzuarbeiten, um eine
möglichst große Zahl an Staaten aufzubauen, die nach den Kriterien von Good Governance
arbeiten (Yoneoka 2006:5). Die Haupteigenschaften von guter Regierungsführung sind u.a.,
dass Partizipationsmöglichkeiten geboten werden, eine Orientierung am Konsens stattfindet,
die Regierung transparent, verantwortlich und rechenschaftspflichtig ist, effektiv und effizient
arbeitet, alle Bevölkerungsgruppen mit einbezieht und rechtsstaatliche Grundsätze achtet.
Es stellt sich nun die Frage nach weiteren Alternativen. Ein Konzept wäre sicher die Idee
einer stufenweisen Demokratisierung, die sich bezüglich des Anwachsens des Freiheitsgrads
an der Entwicklung der Bevölkerung im jeweiligen Land anpasst. Eine wichtige Lehre muss
aus dem momentanen Chaos im Irak gezogen werden. Jenseits der Frage, welche Strategie
angewandt wird, muss sie immer auf das jeweilige Land mit seinen besondern Gegebenheiten,
seiner spezifischen Geschichte und seinen kulturellen Gepflogenheiten angepasst werden. Es
gibt keine Patentlösung, die alle schwachen, zerfallenden oder zerfallenen Staaten vor dem
Aus retten wird.
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