DEUTSCHER FUNDRAISING VERBAND Die Halbjahresschrift Fundraising professionell 1/2008 4. Jahrgang/D 25988 F – ISSN 1861-0218 des Deutschen Fundraising Verbandes Ethik Ethik und Transparenz: Basis für Vertrauen und Spenderschutz Burkhard Wilke, DZI Eine Dauerbaustelle: Ethik Dr. Klaus Neuhoff, Universität Witten/Herdecke Ethische Fragen im internationalen Vergleich – Unterschiede und Gemeinsamkeiten Dr. Marita Haibach Heiligt der gute Zweck alle Mittel? Ingrid Alken, Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers Provisionen – der Fluch im Fundraising Kai Fischer, Spendwerk Freiwillige und Ehrenamt Bürgerschaftliches Engagement gestern, heute und morgen Ansgar Klein, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Die Deutschen und das Ehrenamt – Empirische Befunde aus der Marktforschung Erik Lämmerzahl, GfK Panel Services Freiwilliges Engagement im Vereinssport: eine „Spende“ der besonderen Art André Testrut und Markus Böcker, Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) Weil Nähe zählt – Auf der Suche nach Ehrenamtlichen Anja Remmert, Malteser Hilfsdienst e.V. 9.15: Bankdaten von gestern verarbeitet 11.30: Spendern gedankt 14.30: Zuwendungsbescheinigungen verschickt 16.00: Neueste Kennzahlen an Vorstand geliefert 18.15: Pünktlich mit Max beim Aufstiegswunder Haben Sie die Verwaltung Ihrer NPO optimal im Griff? EnterBrain macht Ihre Arbeit in allen datengestützten Bereichen effektiver, sicherer, flexibler und kreativer. 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Die verschiedenen Aspekte des Gegenstandes Ethik sind brisant und aktuell, vielschichtig und komplex – nicht alle ethischen Fragen in unserem Berufsfeld sind so selbstverständlich und einfach zu beantworten, wie mancher ver- Rüdiger Sornek Vorstandsvorsitzender mutet. Umso wichtiger ist es, gemeinsame Leitlinien zu entwickeln, an denen sich die Fundraiserinnen und Fundraiser orientieren und auf die sie sich berufen können. Der Deutsche Fundraising Verband ergreift dazu verschiedene Initiativen, zu denen auch der Ausschuss „Standards für eine gute, ehtische Fundraising-Praxis“ gehört. Über dessen Ziele und Aufgaben berichtet Ingrid Alken in ihrem Artikel „Heiligt der gute Zweck alle Mittel?“ Die Schlagzeilen über Unicef und seine Beraterhonorare zum Jahreswechsel haben gezeigt, dass es noch viel Klärungsbedarf gibt – und zwar nicht nur bei den Organisationen selbst, sondern auch bei der nicht immer fundierten ethischen Beurteilung ihrer Arbeit durch die Öffentlichkeit. Wie sind solche Schlagzeilen also Becky Ann Gilbert Beisitzerin zu bewerten? Inwiefern können allgemeingültige Regeln davor bewahren, eine möglicherweise unberechtigte Stimmung des Misstrauens in der Öffentlichkeit hervorzurufen? Wie gehen Fundraiserinnen und Fundraiser in anderen Ländern mit ehtischen Fragestellungen um? Diesen Fragen gehen unsere Autorinnen und Autoren nach – zum Beispiel Dr. Marita Haibach, die uns Einblick in den Entwicklungsstand internationaler Ethikprinzipien gibt. Ein viel diskutiertes Thema, nämlich die erfolgsabhängigen Provisionen im Fundraisingbereich, greift Kai Fischer auf und beleuchtet es von unterschiedlichen Seiten. Dass er bei der Beurteilung zu einem klaren Ergebnis kommt, zeigt schon der Titel seines Artikels: „Provisionen – der Fluch im Fundraising.“ Beim Deutschen Fundraising Kongress wird es am Freitag, den 18. April, eine Veranstaltung zum Thema Ethik geben mit dem Titel: „Der gute Zweck heiligt die Mittel? Ethische Fragen im Fundraising.“ Nähere Informationen erhalten Sie unter www.fundraisingkongress.de. Im zweiten Teil der Fundraising professionell greifen wir ein Instrument auf, das in Zeiten schwindender öffentlicher Mittel und leerer Kassen immer wichtiger wird: das Ehrenamt und das Engagement von Freiwilligen. Einen Überblick über diesen Bereich liefert Ansgar Klein, der davor warnt, das bürgerschaftliche Engagement zur „Ersatzkasse“ für nicht mehr finanzierbare staatliche Leistungen zu erklären. Erik Lämmerzahl von GfK Panel Services lässt Zahlen sprechen und zeigt uns die „Hitliste der Ehrenämter.“ Aus der Praxis berichten André Testrut und Markus Böcker für den Deuschen Olympischen Sportbund sowie Anja Remmert von den Maltesern, die mit der Initiative „2008 Malteser gewinnen“ bereits erste Erfolge verbuchen kann. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und freuen uns auf Ihre Rückmeldungen, Anmerkungen und Anregungen! Rüdiger Sornek Becky Ann Gilbert Ethik Ethik und Transparenz: Basis für Vertrauen und Spenderschutz 5 Burkhard Wilke, DZI Eine Dauerbaustelle: Ethik 14 Dr. Klaus Neuhoff, Universität Witten/Herdecke Ethische Fragen im internationalen Vergleich – Unterschiede und Gemeinsamkeiten 18 Dr. Marita Haibach Heiligt der gute Zweck alle Mittel? 30 Ingrid Alken, Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers Provisionen – der Fluch im Fundraising 34 Kai Fischer, Spendwerk F re i w i ll i ge und E h renam t Bürgerschaftliches Engagement gestern, heute und morgen 44 Ansgar Klein, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Die Deutschen und das Ehrenamt – Empirische Befunde aus der Marktforschung 52 Erik Lämmerzahl, GfK Panel Services Freiwilliges Engagement im Vereinssport: eine „Spende“ der besonderen Art 56 André Testrut und Markus Böcker, Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) Weil Nähe zählt – Auf der Suche nach Ehrenamtlichen 62 Anja Remmert, Malteser Hilfsdienst e.V. impressum FUNDRAISING professionell erscheint zweimal jährlich in den Monaten April und Oktober. Sie können die Zeitschrift über den Herausgeber für 28,- Euro pro Jahr inkl. Porto und Versand im Abonnement beziehen. Der Einzelpreis des Heftes liegt bei 14,- Euro zuzügl. Porto. Für Mitglieder des Deutschen Fundraising Verbandes ist das Abonnement im Mitgliedsbeitrag enthalten. Vertriebskennzeichen: D 25988 F Herausgeber Deutscher Fundraising Verband e.V. Besuchsanschrift: Emil-von-Behring-Straße 3, 60439 Frankfurt am Main Postanschrift: Postfach 50 05 50, 60394 Frankfurt am Main • Tel.: 069 / 133 89 48-0 • Fax: 069 / 133 89 48-10 E-Mail: [email protected] • Internet: www.fundraisingverband.de Redaktion Rüdiger Sornek • Becky Ann Gilbert • Pia Preuß Redaktionsbüro: Bergmoser + Höller Agentur • Karl-Friedrich-Str. 64, 52072 Aachen, Jacqueline Souren-Siemons, Friederike Hofmann Tel.: 0241 /93 888 325 • Fax: 0241/ 93 888 333 • E-Mail: [email protected] Vertrieb und Anzeigenverwaltung Sandy Krapohl • Deutscher Fundraising Verband e.V. • Anschrift: s.o. Anzeigenschluss 15. August 2008 Druck DRUCK SPEKTRUM Hirche - Kurth GbR Bildnachweis: S. 5, 14, 16, 18, 36, 37, 38, 41, 44, 46, 52, 53, 54, 56, 60: panthermedia; S. 12: Burkhard Wilke, S. 21, 28: Lutgart Goevarts, S. 30, 31: Hannes Schmid, S. 32: Dr. C. Müllerleile, S. 34: panthermedia/Andreas Kuchem, S. 62, 64, 68, 69: Malteser. Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe: 16. Juni 2008 – Themen: 1. Gesundheitswesen, 2. Sponsoring Wir freuen uns über Anregungen und Vorschläge zu Themen oder Artikeln! Ethik 5 Ethik und Transparenz: B asis für Ver trauen und Spenderschutz v o n B u r k h a r d W i l k e Die „Zauberworte“ Ethik, Transparenz und Ver­ trauen markieren das „magische Dreieck“ seriösen und nachhaltig erfolgreichen Fundraisings. Sie gelten zu Recht als entscheidende Erfolgsfaktoren für die Mittelbeschaffung gemeinnütziger Orga­ nisationen. Zugleich aber werden sie mit sehr unterschiedlichen, oft wenig reflektierten und manchmal unrealistischen Erwartungen befrachtet, ja zum Mythos hochstilisiert. Wem es ernst ist mit Ethik, Transparenz und Vertrauen, der buchstabiert konkret und nachprüfbar aus, mit welchen Maßnahmen er die „Zauberworte“ in seinem Ver­ antwortungsbereich einlöst. Ethik, Transparenz und Vertrauen sind im Spen­ den­wesen auf vielfältige Weise miteinander verbunden. Ethisch einwandfreies Fundraising sollte schon für sich genommen ein Primärziel jeder seriösen Spendenorganisation sein, ist zugleich aber auch ein Instrument für die Schaffung von Vertrauen. Transparenz wiederum ist einerseits ein zentraler Bestandteil ethischer Anforderungen an das Fundraising und trägt gleichfalls zur Vertrauensbildung bei. Umgekehrt lassen sich auch ethische Anforderungen an Transparenz formulieren, etwa die, irreführende Formen von Schein-Transparenz zu meiden. Wie sich diese Zusammenhänge im Einzelnen gestalten und welche Relevanz sie für den Schutz der Spender besitzen, wird in diesem Artikel näher erörtert. Ethik und Transparenz gehen alle an Ethik, Transparenz und Vertrauen sind keine Ein­ bahnstraße, sind nicht allein eine Bringschuld der Spendenorganisationen. Auch viele der übrigen Stakeholder des Spendenwesens stehen vor der Herausforderung, ihren Anteil zur Erreichung dieser Ziele beizutragen: Dachverbände, FundraisingAgenturen, Medien, Behörden, Beratungs- und Prüfstellen – und nicht zuletzt auch die Spenderinnen und Spender. Ist es beispielsweise ethisch vertretbar, wenn Spender immer häufiger auf das Angebot zweckgebundener Spendenprojekte drängen, obwohl solche nach ihren persönlichen Interessen „maßgeschneiderten“ Angebote deutlich aufwändigere Vorbereitungen auf Seiten der Organisationen erfordern als die Spende in den „großen Topf“? Und ist es nicht so, dass viele Menschen sich einerseits über die Häufigkeit von Spendenwerbung beklagen, andererseits aber ohne solche „Erinnerungen“ eben nicht daran denken, etwas von ihrem Wohlstand abzugeben? Nur ein Drittel der Deutschen spendet für gemeinnützige Zwecke – ist nicht allein das eine Ethik 6 ethische Herausforderung für alle Beteiligten? Ein anderes Beispiel: Fundraising-Agenturen unterstützen als Dienstleister die Mittelbeschaffung zahlreicher und sehr unterschiedlicher Spen­den­ organisationen. Welche Grenzen müssen Agen­tu­ren und/oder ihre seriösen Kunden ziehen, wenn sich andere Kunden unethisch oder nicht transparent verhalten oder die Agentur sie sogar zu einem solchen Verhalten ermutigt? Diese Komplexität der Inhalte und der Stakeholder ethischer Fragen im Fundraising beschäftigt derzeit sicher auch den Ethik-Ausschuss des Deutschen Fundraising Verbandes, der sich das begrüßenswerte Ziel gesetzt hat, die ethischen Grundregeln des Verbandes neuen Erfordernissen anzupassen. Ethik im Fundraising – ein „weiches Feld“ Ethik ist die Lehre vom sittlichen Verhalten. Das griechische Stammwort ethos bedeutet hingegen nicht mehr als Sitte oder Brauch – schon ein feiner Unterschied. Sitten und Bräuche wandeln sich schneller als sittliche Lehrsätze oder gar moralische Grundsätze. Was genau soll nun für das Fundraising von Bedeutung sein? Sollte es nur die jeweiligen Landessitten respektieren, muss es „unsittliche“ Methoden meiden oder hat es stets moralisch einwandfrei zu sein? Ethik im Fundraising ist wichtig, schafft aber einen weiten Spannungsbogen. Ethische Aspekte sind „weiche“ Kriterien, schwierig festzulegen und schlecht überprüfbar. Das zeigen schon allein die drei Grundbestandteile, die in fast keinem Kodex ethischen Fundraisings fehlen (vgl. Ingrid Guet: Monitoring Fundraising. A comparative survey of ICFO members and their countries, herausgegeben vom International Committee on Fundraising Organizations (ICFO), Berlin 2002, Seite 72). Danach soll Spendenwerbung • wahrhaftig und • eindeutig (nicht irreführend) sein •sowie keinen Druck auf die Spenderinnen und Spender ausüben. Auch die Leitlinien des vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) seit 1992 vergebenen Spenden-Siegels spiegeln diese ethischen Standards wider (vgl. www.dzi.de/leitlinien.pdf). Auf dieser Grundlage sind beispielsweise folgende FundraisingElemente nach der Beurteilungspraxis des DZI und vieler vergleichbarer Spendenprüfstellen in anderen Staaten ethisch bedenklich: • Vorgebliche Personalisierung Spendenwerbung, etwa für Kinder, die die unmittelbare und ausschließliche Förderung der beschriebenen Person oder des beworbenen Projekts suggeriert, deren Ertrag aber tatsächlich einer viel größeren und unspezifischeren Zielgruppe zugute kommt, ist nicht wahrhaftig. • Planungs- und Kompetenzdefizite Einige Hilfsorganisationen haben dem DZI berichtet, dass sie bereits wenige Stunden nach der Tsunami-Flutkatastrophe am 26. De­zem­ber 2004 von ihrer Fundraising-Agentur bedrängt wurden, wegen des zu erwartenden Medieninteresses umgehend einen Spendenauf­­­ ruf zu veröffentlichen, obwohl sie den Beratern gleich vermittelten, dass sie bisher über keine Erfahrungen in der betroffenen Region ver­ fügen und deshalb fachliche Bedenken haben, einen Aufruf ohne ausreichende inhaltliche Vorbereitung zu veröffentlichen. Spendenaufrufe ohne fundierte Projektplanung widersprechen dem Grundsatz der Wahrhaftigkeit. • Übertriebene Selbstdarstellung Schreibt ein Hilfswerk mit internationalen Partnerorganisationen sich die internationale Projektarbeit in seinem eigenen Werbematerial ohne Hinweis auf die Beteiligung der Partner uneingeschränkt selbst zu, so informiert es nicht eindeutig, sondern irreführend. • Unangemessener Druck auf die Spender Bringt die Spendenwerbung Angesprochene unter Zeitdruck („Die Zeit drängt … spenden Sie jetzt!“), unter moralischen Druck („Sie haben uns schon so großzügig unterstützt. Bitte lassen Sie die Kinder jetzt nicht im Stich!“) oder unter emotionalen Druck („Die kleinen Händchen des schwer kranken Mädchens klammern sich an mich und ihre großen Augen flehen stumm um Hilfe“), so wird die unabhängige, sachbezogene Entscheidungsfindung unangemessen einschränkt. Überzeugen, nicht überrumpeln! Ethisch einwandfreies Fundraising muss nicht frei von jeder Emotion sein und kann sehr wohl den Angesprochenen von der Wichtigkeit und Ethik 7 Notwendigkeit seiner Unterstützung überzeugen. Entscheidend ist aber im Sinne der oben genannten Standards, dass ethisches Fundraising die Angesprochenen durch überwiegend sachliche, zurückhaltende Ansprache überzeugt, und nicht überrumpelt, drängt oder nötigt. Gegen diese Auffassung wird mitunter das Argument gestellt, dass die Dramatik weltweiter Notlagen doch Realität sei und das in solchen Briefen detailliert beschriebene menschliche (oder analog auch tierische) Leid authentisch sei. Dem ist entgegen zu halten, dass sich selbst der der wirklichkeitsgetreuen Dokumentation verpflichtete Journalismus Grenzen der bildlichen und textlichen Darstellung von Leid auferlegt. Umso mehr muss das für Organisationen gelten, bei denen solche Darstellungen zur unmittelbaren Mittelbeschaffung und damit ihrem finanziellen Eigeninteresse dienen. Zurückhaltung und Sachbezogenheit im Fundraising gebieten darüber hinaus nicht nur der Anstand und der Respekt gegenüber den Spendern, sondern auch das langfristige Eigeninteresse der Spendenorganisationen, denn: • Druckvolles, emotionsgeprägtes Fundraising mag kurzfristig erfolgreich sein, „stumpft“ die Adressaten langfristig aber ab und erfordert deshalb – wie in einem Abhängigkeitsverhältnis – immer stärkere „Dosen“, um weiter die ge­wünsch­ten Wirkungen zu erzielen. Eine solche Dynamik liegt vielleicht im Interesse einzelner auf Umsatzmaximierung bedachter FundraisingFirmen, aber sicher nicht im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung der Spendenbereitschaft und der Reputation des Spendenwesens. • Überwiegend sachbezogene, auch informative Spendenwerbung können nur Organisationen überzeugend leisten, die tatsächlich umfassende, positive Resultate vorzuweisen haben. Druck und Emotion hingegen kann jeder erzeugen, unabhängig von seiner wirklichen Kompetenz und Leistungsfähigkeit. Informative, sachbezogene Spendenwerbung ist der „Unique Selling Point“ seriöser Organisationen! Weitere Ethikregeln Neben den oben beschriebenen Grundbausteinen einer Fundraising-Ethik finden sich in Verhaltens­ kodizes vor allem von Dachverbänden vielfältige weitere Regeln, die häufig einen besonderen Bezug zur jeweiligen Klientel haben. Die im Folgenden aufgeführten Beispiele erstrecken sich über den engeren Bereich des Fundraisings hinaus auch auf andere Tätigkeitsbereiche gemeinnütziger Organisationen, die aber für die Ethik des Fundraisings eine mittelbare Bedeutung haben: • Verzicht auf die (kommerzielle) Weitergabe von Spenderdaten, • keine vergleichende Werbung, unlautere Allein­stellung oder Diffamierung von Mit­be­ werbern, • Vermeidung von Verwechslungsgefahr mit Na­men und Logo anderer Organisationen, • Achtung der Menschenwürde und Toleranz, • sorgfältige, kompetente und effiziente Mittel­ verwendung, • Verzicht auf Provisionen bei der Vermittlung von Spenden etc., • Verpflichtung zur Transparenz in Form von Jahresberichten etc., • Offenlegung von Mitarbeitervergütungen, • Vermeidung politischer oder finanzieller Ab­­ hängigkeiten, • Vermeidung von Interessenkonflikten, • offenes Informations- und Antwortverhalten gegenüber Spendern und anderen. Die genannten Regeln wurden beispielhaft den folgenden Kodizes entnommen: • Leitlinien und Ausführungsbestimmungen des DZI Spenden-Siegels, • VENRO-Kodex „Entwicklungsbezogene Öffent­ lich­keitsarbeit“, • EFA International Statement of Ethical Principles, • Grundregeln des Deutschen Fundraising Ver­ bandes, • INGO Accountability Charter. Der oben erwähnte Klientelbezug einzelner Stan­ dards lässt sich recht gut an der Beurteilung von Provisionen ablesen. Fundraising-Dachverbände schließen die Zahlung von Provisionen für die Vermittlung von Spenden in der Regel kategorisch aus. Das ist aus Sicht der Spender und der seriösen Organisationen in den Fällen nachvollziehbar, bei denen erfolgsabhängige Vergütungen Ethik 8 unangemessen starke Leistungsanreize erzeugen und die Angesprochenen von dieser besonderen Vergütungsform außerdem nichts wissen. Es gibt aber auch Provisionsmodelle, die aus Sicht der Organisationen und der angesprochenen Personen in dieser Hinsicht völlig unproblematisch sind und eine aus ihrer Sicht wünschenswerte Risikoteilung zwischen der Organisation und ihrem Dienstleister bewirken. Ist diese Risikoteilung angemessen und fair ausbalanciert und wissen die direkt Angesprochenen um den Bezahlungsmodus, so spricht eigentlich nichts gegen eine solche Variante. Schließen Fundraising-Verbände ergebnisbezogene Bezahlung auch in diesen Fällen aus, so liegen dem wohl eher berufsständische Interessen als grundlegende ethische Erwägungen zu Grunde. Überprüfbarkeit ethischer Grundsätze Die meisten der genannten Standards versperren sich dem in vielen Non-Profit-Organisationen inzwischen so beliebten Benchmarking und lassen sich nicht in betriebswirtschaftliche Kennzahlen pressen. Bei der Beurteilung ethischer Aspekte im Fundraising ist deshalb in besonderem Maße Augenmaß und Sachverstand gefordert. Spender, Journalisten, Branchenkollegen, externe Prüfer und andere Interessierte müssen eine Balance finden zwischen vorschneller, unausgereifter Kritik auf der einen und beliebiger Indifferenz auf der anderen Seite. Es gibt in einer modernen, säkularen Gesellschaft – im Gegensatz zu Kirchen und Religionen – eben keine ethische oder moralische Zentralinstanz. Ethische Maßstäbe werden in der offenen Gesellschaft überliefert und im öffentlichen Disput weiterentwickelt. Werden ethische Positionen zur Unzeit ausgehärtet oder wird der erforderliche Disput von vornherein mit unangemessener Rigorosität geführt, so entstehen „Totschlagargumente“: Man wirft anderen unethisches Verhalten vor und an diesen haftet solch ein Vorwurf gleich wie Makel. Je angesehener und gesellschaftlich exponierter eine Person oder Institution, umso umsichtiger sollte sie deshalb mit ethischen Bewertungen umgehen – was klare Urteile nach sorgfältiger Prüfung ja nicht ausschließt. Bei aller berechtigten und notwendigen Diskussion um eine möglichst ausgereifte Ethik im Fundraising darf nicht in Vergessenheit geraten, dass auch Spendenorganisationen und den in ihnen und mit ihnen arbeitenden Fundraisern ein Recht auf Irrtum eingeräumt werden muss. Ethische Dispute tendieren an sich schon dazu, Einschätzungen mit Absolutheitsanspruch geltend zu machen. Im Spendensektor kommt erschwerend noch hinzu, dass die Erwartungen der Öffentlichkeit an die gemeinnützigen Organisationen und die in ihnen tätigen Menschen zumeist viel höher sind als die Erwartungen, die sich an andere Institutionen des täglichen Lebens knüpfen. Schon bei vergleichsweise kleinen Fehlern oder diskussionswürdigen Handlungen neigen viele Außenstehende – und im Übrigen auch nicht wenige „Insider“ – dazu, den Stab über eine Organisation und deren Verantwortliche zu brechen. Fazit: Bei der Beurteilung ethischer Aspekte ist Augenmaß geboten und kein blinder Rigorismus. Transparenz schafft informiertes Vertrauen Wohl unbestritten ist heute die Tatsache, dass Non-Profit-Organisationen im Allgemeinen und Spendenorganisationen im Besonderen seit Jahren einen zunehmenden Informationsbedarf und sogar Skeptizismus der Öffentlichkeit in Bezug auf ihre Leistungen feststellen. Dies ist sowohl Ausdruck einer insgesamt abnehmenden Bindungsbereitschaft der Menschen an Institutionen als auch Ergebnis spezifischer Mängel und einzelner Skandale im Spendenwesen. Von den Spendern kommt die Botschaft: Blindes Vertrauen ist „out“ – informiertes Vertrauen ist „in“. Als Mittel zur Rückgewinnung von öffentlichem Vertrauen ist Transparenz deshalb unverzichtbar – durch verbesserte eigene Informationen der Organisationen an ihre „Stakeholder“ (direkte Transparenz), durch Selbstverpflichtungen im Rahmen der Verhaltenskodizes von Dachverbänden (Selbstregulierung), durch „geprüfte Transparenz“ in Form testierter Jahresabschlüsse und insbesondere durch die Spenderberatung und das Spenden-Siegel des DZI. Transparenz bedeutet nicht nur Durchschaubarkeit, sondern auch Sichtbarkeit. Die Offenlegung nach der Devise „useful to know“ anstelle des Schokolade ist lila. Mobilfunk ist blau. Strom ist gelb. Fundraising ist orange! • Frische Konzepte • Spritziger Service • Gereiftes Know-how • Bekömmliche Rechnungen • Saftige ROI s Tel. 0511 / 52 48 73 - 0 · [email protected] Besuchen Sie unsere neue Website: www.adfinitas.de Ethik 10 ängstlichen „need to know“ birgt für die einzelne Organisation wie auch den gemeinnützigen Sektor als Ganzes die Chance, in der allgemeinen Öffentlichkeit viel stärker als bisher mit Leistungen und Besonderheiten wahrgenommen zu werden. Wenn etwa im Rahmen der kritischen Berichterstattung über UNICEF Deutschland Ende 2007 ernstlich in Zweifel gestellt wurde, dass Spendenorganisationen externe Berater beschäftigen dürfen, so ist das auch darauf zurückzuführen, dass diese Organisationen hinsichtlich ihrer Arbeitsweisen und Strukturen bisher in der Öffentlichkeit immer noch zu wenig sichtbar und bekannt sind. Es „fremdelt“ eben noch viel zu sehr zwischen unserer Gesellschaft und ihren gemeinnützigen Protagonisten. Direkte Transparenz Zwei entscheidende Vorteile von direkter Trans­ parenz aus der Sicht der Organisationen sind diese: Wenn sie sich proaktiv transparent machen, reduzieren sie den Druck der externen Rechenschaftspflichten. Und wie sie sich transparent machen, bestimmen sie weitgehend selbst. Dies führt zu einer mitunter irritierenden Bandbreite von Informationen, von tatsächlicher bis hin zu nur scheinbarer Transparenz. Genau hier beginnt das Informationsproblem vieler Spender, vor allem aber der Nicht-Spender: Sie sind einerseits nicht „mächtig“ genug, um verbindliche und detaillierte Rechenschaft zu verlangen, und sind andererseits nicht kompetent genug – oder nicht willens – die von den Organisationen offerierte Transparenz auf Verlässlichkeit hin zu prüfen. Die asymmetrische Informationsverteilung ist ausschlaggebend dafür, dass sich Transparenz-Intermediäre wie Selbstverpflichtungen von Dachverbänden und Spendensiegel unabhängiger „Watchdogs“ in vielen Ländern mit einem ausgeprägten Spen­ denwesen entwickelt haben (vgl. www.icfo.de). Direkte Transparenz kann eine Non-Profit-Orga­ nisation insbesondere durch einen aussagekräftigen Jahresbericht praktizieren. Mit den Möglichkeiten des Internet können auch umfangreichere Informationsmaterialien heute zu geringen Kosten einer beliebig großen Zahl von Interessenten zur Verfügung gestellt werden. Ein Jahresbericht sollte umfassend und leicht ver- ständlich informieren über die Ziele und das besondere Profil der Organisation, ihre Leitungs-, Aufsichts- und Mitarbeiterstruktur (einschließlich Gremienbesetzung und Vergütungsstruktur), die wichtigsten Projekte sowie deren Erfolge aber auch Misserfolge, und nicht zuletzt die Finanzlage (Einnahmen, Ausgaben, Vermögenslage) vollständig und nachvollziehbar dokumentieren. Zur direkten Transparenz gehören neben dem Jahresbericht aber auch das allgemeine Informations- und Auskunftsverhalten, eine ansprechende (nicht zuviel versprechende) Website, Informationen über einzelne Projekte sowie insgesamt eine klar formulierte, informative, überwiegend sachlich gestaltete Spendenwerbung. Ein zusätzliches, wichtiges Instrument direkter Trans­p arenz wird die vom DZI-Projekt GuideStar Deutschland geplante allgemeine Informationsdatenbank des gemeinnützigen Sektors sein (www.guidestar-deutschland.de). Auf freiwilliger Basis können sich hier voraussichtlich schon ab Ende 2008 gemeinnützige Organisationen mit ihren Grunddaten (unter anderem zur Finanzsituation) eintragen und Interessierten damit einen bequemen ersten Informationszugang bieten. Selbstregulierung Instrumente der Selbstregulierung sind in Deutsch­ land vor allem die Selbstverpflichtungen, die die Mitglieder des Deutschen Fundraising Verbandes (Ethikkodex), des Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen – VENRO (Kodex „Entwickungsbezogene Öffentlich­keits­ arbeit“) und des Deutschen Spendenrats freiwillig eingehen. Analog zur Arbeitsweise des Deutschen Presserats (als „klassischem“ Selbstkontrollorgan) wird die Einhaltung dieser Verhaltenskodizes von den jeweiligen Dach­verbänden nicht im Einzelnen überprüft, aber es gibt Beschwerdemechanismen, die von Interessierten angerufen werden können. Zur Selbstregulierung im weiteren Sinne sind aber auch Angebote zu zählen, die der Qualitätsentwicklung wichtiger Teilbereiche des gemeinnützigen Sektors dienen oder der Verbesserung der allgemeinen Informationslage. Da wären zu nennen die Ausbildungsangebote der Fundraising Akademie in Frankfurt am Main Ethik 11 und das von ihr jüngst entwickelte Fundraising Management System („Total Quality Excellence“) sowie viele Weiterbildungen von Spitzen- und Dachverbänden in punkto Governance, betriebswirtschaftlicher Steuerung etc. Geprüfte Transparenz Für geprüfte Transparenz im Spendenwesen sorgt in Deutschland insbesondere die Arbeit des 1893 gegründeten DZI. Seit 1906 betreibt das DZI Spenderberatung, das heißt es stellt auf Anfrage Auskünfte und Einschätzungen zu allgemeinen Themen und einzelnen Organisationen auf der Grundlage eigener Recherchen zur Verfügung. Seit 1992 wird diese Spenderberatung ergänzt durch das DZI Spenden-Siegel, ein Angebot an überregional sammelnde, gemeinnützige Spendenorganisationen, sich freiwillig der besonders intensiven, jährlichen Prüfung durch das DZI zu unterziehen, um im positiven Fall mit diesem Siegel öffentlich werben zu können. Geprüfte Transparenz erfordert die Unabhängigkeit des Prüfers vom Geprüften. Beim DZI ist diese Unabhängigkeit gegeben, da es von allen drei Sektoren (Staat, Wirtschaft, Gemeinnütziger Sektor) gleichermaßen getragen wird. Eine Nebenform geprüfter Transparenz ist der 2005 erstmals vergebene Transparenzpreis der Wirt­­schaftsprüfungsgesellschaft Pricewater­house­ Coopers (PWC), bei dem besonders aussage­ kräftige Jahresberichte humanitär-karitativer Spen­ den­organisationen prämiert werden. Nach starker Kritik aus dem gemeinnützigen Sektor und von Seiten des DZI hat PWC von seinem ursprünglichen Vorhaben abgesehen, als Ergebnis des Wettbewerbs ein komplettes Ranking aller beteiligten Hilfswerke zu veröffentlichen. Selbstverpflichtungen ohne unabhängige Über­ prüfung in der Öffentlichkeit sollten nicht durch missverständliche Darstellungsweisen den Eindruck erwecken, als erfüllten sie die Bedingungen einer unabhängigen Akkreditierung. Das gilt in ähnlicher Weise auch für Methoden des Qualitätsmanagements, die primär eine organisationsinterne Beobachtungs- und Steuerungsfunktion haben und somit nicht mit Synonymen externer Aussagewirkung wie „Siegel“ in Verbindung gebracht werden sollten. „Zertifizierung“ wäre hier der angemessene Begriff. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in Spen­ denorganisationen kann letztlich durch keine der drei Transparenz-Intermediäre allein erreicht werden. Direkte Transparenz, Selbstregulierung und geprüfte Transparenz sollten innerhalb des Spendenwesens als Ganzes und auch von Seiten der einzelnen Organisationen optimal miteinander kombiniert – das heißt auch: erkennbar voneinander abgegrenzt – werden. Spenderschutz Ethisch einwandfreies Fundraising und Trans­ parenz sind Grundbedingungen für die Schaffung einer Vertrauensbasis zwischen gemeinnützigen Orga­nisationen und ihren Stakeholdern. Sie allein aber reichen nicht aus, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Spendenwesen als Ganzes nachhaltig zu stärken. Denn leider gibt es schon immer eine zwar sehr kleine aber prekäre Minder­ heit von Spendensammlern, die nur den eigenen­ persönlichen Vorteil und nicht ihre vorgebliche gemeinnützige Aufgabe im Blick haben und mit Appellen und Selbstverpflichtungen zu einer Fund­ raising-Ethik nicht zu erreichen sind. So beschreibt etwa die 1912 erschienene Veröffentlichung „Beschaffung der Geldmittel für die Bestrebungen der freien Liebestätigkeit“ ganz ähnliche Spen­ denmissbräuche wie sie noch heute existieren. Autoren sind der damalige Leiter der Zentrale für private Fürsorge (Vorgängereinrichtung des DZI) Dr. Albert Levy und Hedwig Götze. Im „Handwörterbuch der Wohlfahrtspflege“ von 1924 heißt es unter dem Stichwort „Wohlfahrtsschwindel“ unter anderem: „Unter W. wird im allgemeinen jedes Unter­ nehmen verstanden, das unter dem Deckmantel der Hilfeleistung für Notleidende ausschließlich oder wesentlich der Bereicherung der Unternehmer oder ihrer Hinterleute dient. (…) muß gefordert werden, daß die Art der Aufbringung von Wohlfahrtsmitteln und deren Quelle ebenso lauter und rein zu sein hat wie die Auffassung und Handlungsweise des Wohlfahrtspflegers. Insoweit aber besteht kein Unterschied zwischen einer Art der Mittelaufbringung, die mit den Strafgesetzen oder denen der Ethik kollidiert. (…) Der Unternehmer bot der Wohlfahrts­ Ethik 12 einrichtung an, Postkarten, Bücher, u.ä. mit der Verpflichtung zu vertreiben, daß gegen Zulassung eines entsprechenden Vermerks auf dem Gegenstand ein bestimmter Betrag aus dem Erlös für jedes Stück, der durchweg sehr gering war, der Wohlfahrtseinrichtung zufloß. Damit war dem Unternehmer fast risikolos ein durchweg sehr großer Gewinn gesichert; denn die laufende Öffentlichkeit war, veranlaßt durch den Vermerk ‚Zugunsten des Hilfsvereins X.’, geneigt, anzunehmen, daß der ganze Erlös aus dem Verkauf dem Wohlfahrtzweck zufloß und bezahlte deshalb die häufig recht minderwertige Ware erheblich über Wert (…) Die Bekämpfung des W.s (…) ist zunächst erheblich durch die Gleichgültigkeit und Oberflächlichkeit der Öffentlichkeit erschwert worden. Aber auch die Behörden haben auf diesem Gebiet leider völlig versagt, zumal der Nachweis des Dolus häufig mit Schwierigkeiten verknüpft war und die Gerichte dem W. gegenüber eine gewisse Milde zu üben geneigt waren.“ Wie aktuell gerade die beiden letzten Absätze des über achtzig Jahre alten Zitats sind, verrät ein Blick auf die Website des DZI (www.dzi.de/spetips.htm), konkret die Spenden-Tipps zu den Themen „Verkauf von Blinden- und Behindertenwaren“ und „Sammlungsgesetze“. Spenderschutz ist vor diesem Hintergrund als Ergänzung von Fundraising-Ethik und Transparenz unerlässlich – auch im Sinne eines langfristigen Spendenschutzes. In Deutschland tragen folgende Einrichtungen zum Spenderschutz bei: • Finanzämter (Überprüfung der Gemeinnützigkeit), • Stiftungsaufsichten der Bundesländer (Kontrolle der Erhaltung des Stiftungsvermögens und der satzungskonformen Tätigkeit), • Amtsgerichte (formale vereinsrechtliche Über­ prüfung der Satzung und der Besetzung des Lei­tungs­organs), • Sammlungsaufsichten in zehn Bundesländern, • Dachverbände mit Verhaltenskodizes und Be-­ schwerdewesen, • journalistische Recherchen und Berichte über unseriöse Organisationen sowie Servicebeiträge mit Spendentipps, • Beratungsstellen der Verbraucher­zentralen (Rechts­beratung, Auskünfte zum Mischbereich gemeinnützig/kommerziell; Weitervermittlung an das DZI), • Spenderberatung und Spenden-Siegel des DZI Die Bundesregierung hat 2003 in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion die Struktur des Spenderschutzes wie folgt beschrieben: „(…) In diesem Sinne wird in Deutschland eine Kombination staatlicher Kontrollen (Finanz­ behörden, Amtsgerichte, Stiftungs­aufsicht) und privater Selbstregulierung (BSM, Deutscher Spendenrat) bzw. unabhängiger Überprüfung (DZI) praktiziert. Sie beinhaltet auch eine Ver­ zahnung der staatlichen und der privaten­ Kontrolle (z.B. finanzamtlich anerkannte Ge­­mein­nützigkeit als Voraussetzung für die Beantragung des DZI Spenden-Siegels, sowie Einbeziehung des Spenden-Siegels in die Vergabekriterien des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent­ wicklung und des Auswärtigen Amtes). Diese Verfahren haben sich im Wesentlichen bewährt und sollten weiterhin Geltung behalten.“ (Quelle: Bundestags-Drucksache 15/335 vom 16.01.2003, Seite 5) Die positive Bewertung der Bundesregierung von 2003 müsste aus heutiger Sicht in zwei wichtigen Punkten eingeschränkt werden: 1.Die 1997 begonnene Erosion der Sammlungs­ gesetze hat sich in den letzten Jahren fortgesetzt. Inzwischen gibt es in Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt keine Sammlungsgesetze mehr, in Schleswig-Holstein fällt das Gesetz ab 2009 weg. Demgegenüber zeigt Rheinland-Pfalz, dass mit einer zentralisierten Sammlungsaufsicht Ethik 13 und gezielten Sammlungsverboten ein sehr wirksamer Spenderschutz betrieben werden kann, der die Auskunftsarbeit insbesondere des DZI in sehr sinnvoller Weise ergänzt. 2.Das DZI Spenden-Siegel steht nach einer Satzungsänderung beim DZI seit 2004 allen gemeinnützigen Organisationen offen, die überregional Spenden sammeln. Demgegenüber beschränken sich die DZI-Auskünfte zu Organi­ sationen ohne Spenden-Siegel unverändert auf die humanitär-karitativen und auf wenige Natur- und Umweltschutzorganisationen. Eine Einbeziehung auch der übrigen Bereiche, vor allem Tierschutz, Kultur und Bildung, ist erst möglich, wenn die öffentliche Finanzierung des DZI entsprechend erhöht wird. Darum bemüht sich das Institut gegenwärtig. Die Zukunft von Ethik und Transparenz Unter Bezug auf aktuelle Diskussionen im deutschen Spendenwesen und auch mit Blick über die nationalen Grenzen hinaus sind eine Reihe interessanter Entwicklungen bei der Ethik und der Transparenz des Fundraisings erkennbar, aus denen ich abschließend fünf Thesen ableite: • Die Beziehungen zwischen gemeinnützigen Organisationen und ihren gewerblichen Dienst­ leistern (z.B. Fundraising-Agenturen) werden zunehmend in ethische Fragestellungen einbezogen (Vergütung, Verträge, Qualität, etc.). • Ranking und Rating von Organisationen nach bestimmten ethischen oder anderen qualitativen und quantitativen Kriterien werden – bei allen methodischen Schwierigkeiten – vermehrt diskutiert werden. • Die Transparenz der Finanzen (einschließlich u.a. der Leitungsgehälter) wird zunehmen. • Die Projektqualität (Erfolg, Wirksamkeit, Nachhaltigkeit) wird vermehrt in den Blickpunkt von Ethik- und Transparenzbemühungen geraten. • Die Internationalisierung der Spendenmärkte und der Anforderungen an Ethik und Trans­ parenz wird weiter, und möglicherweise sehr beschleunigt fortschreiten. Der Autor B ur k h ard W i l k e Burkhard Wilke ist 1964 in Hamm/Westfalen geboren, er ist verheiratet und hat fünf Kinder. Von 1984 bis 1991 studierte er in Münster und Berlin Volkswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Entwicklungsökonomie, Wirtschaft der USA, Wirtschaftssysteme osteuropäischer Gesellschaften. Es folgte ein Volontariat bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung 1992/93, seit April 1993 ist er Mitarbeiter des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen: • als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Spenderberatung/DZI Spenden-Siegel (bis März 2000) • ab Oktober 1993 Mitglied der Geschäftsleitung • ab November 1998 stellvertretender Geschäftsführer • seit April 2000 Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des DZI • seit Mai 2000 zusätzlich Generalsekretär des International Committee on Fundraising Organizations (ICFO), des internationalen Dachverbands der dem DZI vergleichbaren Spendenauskunftsstellen E-Mail: [email protected] Ethik 14 Eine Dauerbaustelle: Ethik v o n D r . K l a u s N e u h o f f Der für eine entwickelte Zivilgesellschaft unabdingbare Dritte Sektor unseres Landes steht seit einiger Zeit unter Druck von mehreren Seiten. Da ist einmal der anhaltende Rückzug des Staates aus seiner traditionellen Aufgabenbewältigungs- und Finan­ zierungsverantwortung. Dann wird vermehrt nach der demokratischen Legitimation des Engagements von (privaten) Non-Profit-Organisationen zur Bewältigung öffentlicher Aufgaben gefragt, aber auch nach der Qualität ihres Outputs. Schließlich tragen Spendenskandale, Veruntreuung gemein­ nütziger Mittel, Korruption und ähnliche Schlag­ zeilen immer wieder zur Verunsicherung der allgemeinen Öffentlichkeit und der Mitarbeiter in den Organisationen bei. Und bei der Suche nach Alternativen zur bisherigen dominanten öffentlichen Finanzierung bauen die Gemeinnützigen mehr und mehr auf die Unterstützung von potenten Partnern aus dem Markt-Sektor, wozu sie unter dem Begriff der public-private-partnership von der Politik auch ermuntert werden. Das trägt ihnen dann den Vorwurf der Abhängigkeit von wirt- schaftlichen Interessen und der Vernachlässigung ihres eigentlichen Auftrags der Hilfe am Nächsten oder der Besserung des Laufs der Welt ein. Praktisch in jedem der hier genannten Punkte steckt ein Ethik-Problem, lugt ein potenzieller Konflikt um die Ecke. Die NP-Organisationen sind also gut beraten, allein schon um des jeweiligen ‚Überlebens’ willen, ein Sensorium zu entwickeln, das Konflikte tunlichst gar nicht erst entstehen lässt bzw., wenn denn schon das Kind in den Brunnen gefallen, also der Konflikt virulent geworden ist, schnell und mit Bedacht zu reagieren. Solches Krisenpotenzial kann man antizipieren und mit entsprechenden Vorkehrungen auch gegensteuern. Selbst ernannte Treuhänder? Warum klappt das nicht immer? Wo liegt das eigentliche Problem? Vernunftgesteuerte Konstrukte wie NP-Organisationen mit vielfältigem Fachwissen der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter sollten doch eher in der Lage sein, mit Krisen fertig Ethik 15 zu werden als der Normalmensch oder der Mitarbeiter in gewinngetriebenen Organisationen. So die Erwartungshaltung ‚draußen’. Andererseits, gemeinnützige Organisationen, also – untechnisch gesprochen – alle Arten von Vereinen und Stiftungen, Gesellschaften und Anstalten etc. sind an ihrem Anfang zunächst einmal auf dem Prinzip der Spontaneität gegründete Bürgerinitiativen, die wegen einer erwünschten – und notwendigen – Dauerwirkung als Institutionen der Rechts- und Gesellschaftsordnung verfasst sind. Vernunft und kühle Rechenhaftigkeit gehören somit nicht zu deren Grundausstattung. Verant­ wortungsbewusste und engagierte Bürger (so genannte Gut-Menschen) haben sich zusammengeschlossen bzw. haben (über eine Stiftung) Mittel bereitgestellt, um eine ihnen als defizitär erscheinende Situation im gesellschaftlichen Leben anzugehen und zu bewältigen. Sie haben sich, prak­tisch ungefragt, selbst einen öffentlichen Auftrag erteilt. Geborene Fachleute der jeweiligen Problembewältigung sind sie aber nicht. Das wächst ihnen mit der Zeit zu. Solches Problembewusstsein und Begründen von Mechanismen zur Problembewältigung ist einerseits löblich und wird allseits gut geheißen; andererseits ist das in einem historisch staatsorientierten Gemeinwesen nicht selbstverständlich und wirft Fragen auf. Ohne die zahlreichen Organisationen des Dritten Sektors und die in ihnen wirkenden Millionen von Mitbürgern geht es aber nicht; der Staat könnte dicht machen. Das freiwillige Engagement der Bürger wird also gebraucht, ist staatsentlastend, dient dem sozialen Frieden und stabilisiert unser Gemeinwesen. In diesem Zusammenhang gilt besonders: Ohne Moos nix los! Daher muss man sich in diesem Sektor der Freiwilligkeit erst einmal um finanzielle Mittel bemühen, muss in der allgemeinen Öffentlichkeit Spenden einwerben, öffentliche Gelder (als „verlorene“ Zuschüsse, also Zahlungen aus dem öffentlichen Haushalt, für die es keine konkrete Gegenleistung gibt) oder Aufträge (gegen Entgelt) akquirieren, von großen oder kleinen Sündern Geldauflagen (Bußgelder) hereinholen, Stiftungen für die Projektarbeit begeistern, bei Unternehmen antichambrieren, um Sponsoring-Mittel zu gewinnen etc. Am Ende wird dort weitestgehend mit fremdem Geld gearbeitet. Zudem: Diese Mittel sind überwiegend steuerlich privilegiert (zumeist auf der Geber-Seite), beruhen auf einem Einnahmenverzicht der öffentlichen Hand, fehlen also in deren Haushalten, was den Politik-Sektor wiederum unter einen besonderen Legitimationsdruck setzt. Insbesondere fremdes Geld, steuerliche Privi­ legie­rung und tendenziell dauerdefizitäre Finanz­ verhältnisse lassen alle Akteure im Dritten Sektor in einem besonderen Gefährdungsumfeld leben und wirken. Einerseits ist man als nur Treuhänder zu besonderer Vorsicht im Umgang mit diesen Mitteln verpflichtet, andererseits auch zu einer gewissen Transparenz sowohl hinsichtlich der Rechenschaftslegung wie auch bezüglich des Ergebnisses gemeinnützigen Wirkens als eigentliche Aufgabe (raison d’être). Schließlich muss sich die Organisation, der Non-Profit, in der Öffentlichkeit sichtbar aufstellen, um überhaupt wahrgenommen zu werden, um als aktiver Partner im Gemeinwesen akzeptiert, überhaupt ernst genommen zu werden. Auch hier, bei der so genannten PR-Arbeit, lauern Konflikte. Stetiges Bemühen um good governance Wenn denn Geld und seine Beibringung (als Quasi-Einlage/Bereitstellung von Arbeitskapital) eine so herausragende Rolle spielen, sind dann die Gemeinnützigen nicht auch so etwas wie Geldhändler, gar Banker – aber solche ohne entsprechende Ausbildung? Die Szene selbst versteht sich allerdings eher als sozialer Dienst­leister mit einer besonderen Motivationsstruktur (gar mit Vision und Mission) – vielleicht aber mit zweifelhafter Professionalität. Also hohe Anforderungen angesichts solcher Zweifel, die an die Mit­arbeiter von Non-Profit-Organisationen, ehrenamtliche wie hauptamtliche, gestellt werden. Sind sie darauf vorbereitet, ihnen zu entsprechen? – Es darf vermutet werden: Nein, so recht wohl nicht. Es besteht also Handlungsbedarf auf etlichen Baustellen. Das Problem ist jedoch nicht neu und diesbezügliche Diskurse laufen schon seit langem. Allerdings, ein Ende solchen Überlegens und Strebens ist nicht in Sicht; es kann auch kein Ende geben. Es muss in der Szene vielmehr prozesshaft Ethik 16 gedacht und gehandelt werden. Wir haben eine Daueraufgabe vor uns, sehen uns immer wieder ob neuer gesellschaftlicher Entwicklungen und neu zu uns stoßender, hoch motivierter Mitbürger vor neue Fragen und Probleme gestellt. Das Bemühen um good governance höret nimmer auf! Denn das Vertrauen unserer Freunde und Förderer, der vielen Spender und Stifter ‚da draußen’, ebenso das unserer selbst definierten Zielgruppen will immer wieder neu erworben werden. Zum Schluss muss noch eine be-­ ­son­dere Hürde erwähnt werden: Was immer hinsichtlich ethischer Konfliktbewältigung unternommen wird, es fordert von uns allen eine Verhaltensänderung ein. Wir müssen uns ändern, müssen an unserem Wertesystem und an den diesem folgenden Verhaltensweisen Korrekturen vornehmen. Das ist schwer und tut manchmal weh. Deshalb wollen wir es eigentlich nicht. Und wenn es denn gar nicht mehr anders geht, so müssen wir uns halt fügen, fallen aber, wenn nicht entsprechend angehalten und geleitet (durch wen?), zu gern wieder in unseren alten Trott zurück. Daher ist in den Prozess der Formulierung von ethischen Normen und Anleitungen zu ordnungsmäßigem Handeln, sowohl im Fundraising wie insbesondere beim eigentlichen ‚Geschäft’ der selbst gestellten Aufgabenerledigung, bei der von unserer ‚Klientel’ Professionalität erwartet wird, von Anfang an einzubeziehen, dass wir damit wahrscheinlich scheitern werden. Die Organisationssoziologen lehren uns, dass sehr viele Veränderungsprozesse scheitern. Das ist keine pessimistische Weltsicht; es ist die Realität, die da beschrieben wird. Der Bremer Hirnforscher Gerhard Roth hat in seinem Buch ‚Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten – Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern – Wer entscheidet, wenn ich entscheide?’ (2. Aufl. – 2006) festgehalten, warum das so ist, was da in uns abläuft, wenn wir ‚vernünftig’ werden wollen – und es meistens nicht schaffen. Er hat zunächst einmal erkannt, dass das Bewusstsein nur eine kleine – und recht junge – Aktivitätsinsel in unserem Denkapparat ist. Verstand und Vernunft sind deswegen nur so etwas wie Berater bei der geistigen Bewältigung des Alltags. Das Unbewusste hingegen ist wesentlich älter als das Bewusstsein. Es dominiert und steuert unser Verhalten weitgehend. Insbesondere ist es in der Lage, schnelle und zur Bewältigung von Alltagssituationen zumeist richtige Entscheidungen zu treffen. Es sind da überwiegend Routinen und Vorurteile am Werke, die uns die Lebensführung erleichtern. Hinzu kommen Emotionen, die als wichtige Antriebskräfte wirken und dabei stärker als die Vernunft sind. So macht das Leben Spaß, ist lustvoll. Dagegen Nachdenken, Grübeln, Abwägen, das gelegentliche Anwerfen des logischen Apparats, das ist anstrengend, tut vielleicht sogar weh. Und dann die Konsequenzen aus einem so komplizierten Prozess ziehen, das tut erst richtig weh, weil wir uns ändern müssen. Also sind wir geneigt, damit erst gar nicht anzufangen, wozu uns eine angeborene Disposition hilft, die komplizierten Dinge dieser Welt schönzudenken. Deswegen sind Reformen oder vergleichbare Veränderungsprozesse so mühsam in Gang zu bringen, gelingen meistens nur in Krisensituationen. Compliance und Enforcement Abhilfe verspricht hier etwas, das die Wissenschaft Konstitutionen-Ökonomie nennt, was eine Weiterentwicklung der Institutionen-Ökonomie ist. Zielen Institutionen auf eine Verfestigung und Verstetigung menschlicher Verhaltensweisen, so sollen Konstitutionen (Verfassungen, Satzungen, Regeln, Leitlinien etc.) mit Sanktionsmechanismen aufgeladene Wegweiser sein, die das Ausbrechen aus dem jeweils relevanten Regelkreis verhindern. In einem demokratischen und offenen Gemeinwesen kommen solche Leitlinien nun nicht von oben, können nicht seitens der Obrigkeit wie ein Gesetz verfügt werden. Hier handelt es sich um ausgehandelte Selbstbindungen der Beteiligten. Sie tasten dabei in einem zunächst internen Diskurs ab, wie weit sie bereit sind, jeweils von ihren ganz persönlichen Präferenzen zurückzustecken. Ethik 17 Will sagen: Ein Kodex von Verhaltensregeln für Non-Profits will nicht nur im Konsens erarbeitet und implementiert werden, er muss auch verbindlich gemacht werden (Compliance-Problematik). Und dazu gehört dann auch ein Art Follow-up, ein nachlaufender Prozess der Überprüfung, ob die Regel eingehalten wird – und auch ein Sanktionsmechanismus (Enforcement-Problematik). Sünder dürfen nicht einfach mit Ausgrenzung entre nous oder mit nur einer Verwarnung davonkommen. Das gilt dann gleichermaßen für Organisationen wie für ihre Mitarbeiter. Will man dazu gehören, sich in einer bestimmten community bewegen, was ja auch innere und berufliche Sicherheit gibt, dann muss man sich selbst einschwören auf das, was in ‚unseren Kreisen’ so Sitte ist, was man tut und besser nicht tut. Ein Kodex sachgerechten Verhaltens oder guter Aufgabenerfüllung ist da ganz hilfreich. Dann lebt man mit sich selbst, mit seinen Kollegen und mit dem Publikum in Frieden, auch in einem manchmal harten Konkurrenzumfeld. Und damit das nicht eine leere Hülle ist, bedarf es schon einer Institution, die mich einbindet und verpflichtet. Ein Verband von Berufsausübern ist die Instanz, die solche Aufgaben schultern muss (berufsverbandliche Ordnungspolitik). Innerhalb seiner Strukturen müssen Instanzen oder Organe gebildet werden, die frei und weisungsunabhängig auf die Einhaltung der gemeinsam gefundenen Spielregeln achten und Verstöße gegen sie öffentlich machen sowie über zu verhängende Sanktionen beraten. Das ist dann für den zuständigen Verband die Dauerbaustelle, die mit Ernst und Nachdruck unter Dampf gehalten werden will. Wir wollen schließlich in unserer Disziplin nicht, dass der russische Erzähler Maxim Gorki (1868 bis 1936) als aufmerksamer Beobachter menschlichen Verhaltens letztendlich Recht behält, wenn er sagt: „Gewöhnlich findet sich das Geld erst ein, wenn das Gewissen zu verdorren beginnt. Je mehr Geld, desto weniger Gewissen.“ Der Autor D r . Klaus N eu h off Dr. Klaus Neuhoff ist seit 14 Jahren Leiter des Instituts Stiftung und Gemeinwohl an der Privaten Universität Witten/Herdecke gGmbH in Witten. Zuvor war er über 25 Jahre für den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. in Essen tätig, wo er das Stiftungszentrum aufbaute. Zu den Stiftungen als Inhalt seines Berufslebens ist er durch eine Kölner betriebswirtschaftliche Dissertation (1964) gekommen, in der das Verhältnis von Unternehmen (als gewinnorientierte Institution der Rechtsordnung) und Stiftung (als auf das Gemeinwohl hin orientierte Non-Profit-Institution) untersucht wurde. Danach hat Dr. Neuhoff mit einem post doc-Stipendium der Deutschen Forschungsgmeinschaft das Stiftungswesen der USA für ein deutsches Publikum erschlossen (1968). Er ist literarisch zum Thema ‚Stiftungen’ vielfältig tätig, u.a. als Kommentator des Stiftungsrechts im BGB-Großkommentar SOERGEL. E-Mail: [email protected] Ethik 18 E t h i sc h e F ragen i m i n t erna t i o nalen V ergle i c h – U n t ersc h i ede und G eme i nsam k e i t en von Dr. Marita Haibach Philanthropie ist eine universale Tugend. Auf der ganzen Welt gibt es Menschen, die sich freiwillig und ohne Profitorientierung für das Gemein­ wohl engagieren und Geld (und andere Wert­ gegenstände) bzw. Zeit spenden. Das Fundraising, dem bei der Stimulierung philanthropischer Ga­ben eine bedeutsame Rolle zukommt, entwickelt sich in immer mehr Ländern und Teilen der Erde zu einem Berufsfeld. Ein Indikator hierfür ist die Ent­wicklung von Berufsverbänden von Fundraisern und Fundraiserinnen sowie Dachverbänden Spen­ den sammelnder Organisationen. Inzwischen gibt es in über 30 Ländern derartige Zusammenschlüsse – und die Zahl nimmt stetig zu. Die Thematik ethischer Prinzipien und Verhaltensregeln gehört meist zu den ersten Punkten auf der Agenda der jeweiligen Verbände. Viele haben inzwischen eigene Ethik-Kodizes. Am 15. Oktober 2006 gab es einen historischen Augenblick zu vermelden: Anlässlich eines International Fundraising Summit, einer internationalen Gipfelkonferenz von FundraisingVerbänden weltweit, wurde das International Statement of Ethical Principles in Fundraising, die Internationale Erklärung zu ethischen Prinzipien im Fundraising, verabschiedet. Mittlerweile haben zahlreiche Fundraising-Verbände auf der ganzen Welt sowie erste global agierende Non-ProfitOrganisationen, wie die Resource Alliance und Alzheimer’s Disease International, diese EthikPrinzipien ratifiziert. Bedeutet dies nun, dass weltweit Einhelligkeit besteht in Sachen FundraisingEthik? Im Prozess der Entwicklung der internationalen Ethikprinzipien, bei dem ich den Deutschen Fundraising Verband als Delegierte vertrat, zeigte sich in der Tat, dass es mehr Gemeinsamkeiten denn Unterschiede gibt. Nichtsdestotrotz bestehen einige wesentliche Besonderheiten, auf die ich in meinem Beitrag ebenso eingehe, wie auf die richtungsweisende Bedeutung der internationalen Ethikprinzipien für das Fundraising auf der ganzen Welt. Zudem erfolgt ein Überblick über den Prozess der Entwicklung sowie über die Inhalte der Ethik-Grundsätze. Die Entwicklung der internationalen Ethikprinzipien für das Fundraising Die Internationale Erklärung zu Ethischen Prin­ zipien im Fundraising entstand im Kontext der International Fundraising Summits. Bei der Ein­- VERLAGSDIENSTLEISTUNGEN DIRECT-MARKETING MERCHANDISING Mehr Infos unter www.houseoftheraisingfunds.de Sozialmarketing FUNDRAISING BERATUNG SERVICE Fink Medien AG · Verlags- und Direct-Marketing Kontakt: Deutschland: Zeppelinstraße 29-32 · D –73760 Ostfildern · Telefon +49 711 450 64 46 · [email protected] Schweiz: Unterdorfstraße 12 · CH–8808 Pfäffikon/SZ · Telefon +41 79 444 75 56 · [email protected] Ethik 20 berufung der bislang vier Gipfelkonferenzen spiel­ten sowohl die Association of Fundraising Professionals (AFP) als auch die European Fundraising Association (EFA) eine tragende Rolle. Bei der in Arlington im US-Bundesstaat Virginia ansässigen AFP handelt es sich um den mit über 28.000 Mitgliedern weltweit größten FundraisingVerband. Die EFA ist der Dachverband der Fundraising-Verbände in Europa. Sie hat gegenwärtig Mitgliedsverbände in 14 europäischen Län­ dern und vertritt so rund 800 Spenden sammeln­ de Organisationen sowie gut 6.500 Fundraiser und Fundraiserinnen. Im Jahr 2008 werden voraussichtlich mindestens sechs weitere Länder Europas folgen, wo es Gründungsinitiativen für Fundraising-Verbände gibt (darunter Portugal, die Ukraine und Ungarn). Der erste International Fundraising Summit fand auf Einladung der AFP im März 2003 in Toronto statt. Am Rande der Jahreskonferenz der AFP kamen 25 Vertreter und Vertreterinnen von Fundraising-Verbänden aus der ganzen Welt zusammen, die sich dort erstmals auf internationaler Verbandsebene über das Thema Ethik im Fundraising austauschten. Neben den Delegierten der Fundraising-Verbände aus Europa und Nordamerika waren auch solche aus Brasilien und Argentinien dabei; außerdem aus Australien und Neuseeland. Zudem nahmen auch einige wenige Verbände aus Asien (Südkorea und Hongkong) sowie aus Afrika (Kenia und Südafrika) teil. Es gab angesichts der heterogenen Zusammensetzung zunächst lediglich einen Austausch darüber, was es in den einzelnen Ländern an Regelungen gibt und den Beschluss, internationale Ethikprinzipien entwickeln zu wollen. Im Oktober 2004 gab es dann den zweiten Fundraising-Gipfel am Rande des International Fundraising Congress (IFC) im niederländischen Noordwijkerhout. Im Sommer 2005 fand der dritte International Fundraising Summit in London statt. Auf dem vierten Fundraising-Gipfel im Oktober 2006, der wiederum in Noordwijkerhout durchgeführt wurde, konnte schließlich die Verabschiedung der internationalen Ethikprinzipien erfolgen. Ein Meilenstein des Prozesses war die 2004 vom englischen Fundraising-Verband, dem Institute of Fundraising, erstellte Auswertung der bis dato vorliegenden Fundraising-Kodizes weltweit. Auf der Basis von Rückläufen aus 17 Ländern legte das Institute of Fundraising eine Zusammenstellung darüber vor, was es überhaupt an Regelungen gibt. Auf die Verabschiedung des International State­ ment of Ethical Principles in Fundraising im Herbst 2006 erfolgte zeitversetzt in unterschiedlichen Ländern die Ratifizierung der Prinzipien durch die nationalen Fundraising-Verbände sowie international agierende NGOs. Die Prinzipien, die im Original in Englisch formuliert sind, wurden von den jeweiligen nationalen Verbänden in die Landessprache übersetzt. Dies hat gelegentlich – auch wenn es oft lediglich um Nuancen ging – anregende Zwischenfragen und Überlegungen zutage gefördert. Im Übrigen hat man sich auf dem Fundraising-Gipfel in Noordwijkerhout im Oktober 2006 darauf verständigt, dass in Zweifelsfragen der englische Wortlaut maßgeblich ist (falls es Missverständnisse zu klären gilt). Mittlerweile haben 25 Verbände die EthikPrinzipien anerkannt. Weitere Verbände (und somit Länder) werden folgen. Der nächste International Fundraising Summit ist für Ende März 2008 in San Diego geplant. Auch dort wird der Punkt „Internationale Ethik-Prinzipien“ eine Fortsetzung erfahren. Ein wichtiger Blickwinkel, dessen Diskussion dort begonnen werden soll, ist die Frage der Durchsetzung der Prinzipien, anders ausgedrückt: Macht es Sinn, auch auf internationaler Ebene ein Enforcement-Verfahren zu entwickeln? Die internationalen Fundraising-Ethik­­­ prin­zipien: Inhalte und Diskussions­ punkte Das International Statement of Ethical Principles in Fundraising ist einschließlich des Vorwortes knapp drei Seiten lang. Es ist in seinem vollständigen englischen Wortlaut und in der durch Paul Dalby erfolgten deutschen Übersetzung auf der Website des Deutschen Fundraising Verbands dokumentiert. Im Folgenden erwähne ich lediglich die Hauptstichworte und gehe dann auf diejenigen Bereiche ein, die intensivere Diskussionspunkte während der Entwicklung der Prinzipien darstellten. Ethik 21 Die Delegierten der International Fundraising Summits verständigen sich auf fünf universale Prinzipien für das Handeln eines Fund­ raisers: • • • • • Honesty – Ehrlichkeit Respect – Respekt/Würde Integrity – Integrität Empathy – Empathie Transparency – Transparenz Internationale Erklärung zu Ethischen Prinzipien im Fundraising – Fünf universale Prinzipien Fünf wichtige Prinzipien für das Handeln eines Fundraisers: Ehrlichkeit: Fundraiser handeln zu allen Zeiten ehrlich und wahrhaftig, so dass öffentliches Vertrauen geschützt und Unterstützer wie Unterstützte nicht irregeführt werden. Respekt/Würde: Fundraiser gehen zu allen Zeiten respektvoll mit ihrer Profession, ihrer eigenen Organisation und der Würde von Unterstützern und Unterstützten um. Integrität: Fundraiser handeln offen und sind sich ihrer Verantwortung für öffentliches Vertrauen bewusst. Sie decken aktuelle oder potenzielle Interessenskonflikte auf und vermeiden persönliche oder professionelle Verfehlungen. Empathie: Fundraiser arbeiten ihren Zielen entsprechend und ermutigen andere, dieselben professionellen Standards und entsprechendes Engagement zu übernehmen. Sie respektieren die Privatsphäre des Einzelnen, die Freiheit der Wahl und Unterschiedlichkeit. Transparenz: Fundraiser fördern die Erstellung klarer, genauer und verständlicher Berichte über ihre Arbeit und den Weg, den Spenden bis zur Verwendung nehmen sowie über Kosten und Ausgaben. Zudem formuliert das Statement Standards für die Praxis zu den folgenden sechs Bereichen: • Verantwortlicher Umgang mit den Gaben • Beziehungen zu Interessierten • Verantwortung für Kommunikation, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit • Management von Berichten, Finanzmittel und Kosten • Zahlungen und finanzielle Leistungen • Befolgung nationaler Gesetze Die genannten Themenbereiche mögen alltäglich oder gar selbstverständlich klingen, doch alleine die Länge des vollständigen Textes veranschaulicht, dass die Formulierungen der internationalen Ethikprinzipien weit detaillierter und differenzierter sind als beispielsweise die jeweiligen Grundregeln des Deutschen Fundraising Verbands, des Schweizerischen Fundraising Verbands und des Fundraising Verbands Austria. Ade? Wenn Ihre Mailings Mal für Mal ungelesen im Altpapier oder sonstwo landen, heisst das noch lange nicht, dass diese SpenderInnen verloren sind. Denn bis zu dreiviertel der Verlorengeglaubten spenden bei einem Telefonkontakt erneut, dies zeigt unsere Erfahrung mit vielen Organisationen. Und es kommt noch besser: Telefonisch kontaktierte SpenderInnen erweisen sich als überdurchschnittlich treu. Bevor Sie endgültig „ade“ sagen, holen Sie die SpenderInnen mit einer Telefonkampagne wieder an Bord. Deutscher Spendenhilfsdienst – DSH GmbH Tel: 0221 990 1000 – [email protected] – Fax: 0221 99 010 99 Wir sind für Sie da: Spender- und Mitglieder-Begrüßung, -Bindung, -Betreuung und -Reaktivierung; Durchführung Ihrer Service-Line und Telefonseminare Ethik 23 Bereits bei der vom Institute of Fundraising erstellten Synopse der Fundraising-Kodizes hatte sich eines gezeigt: Auf der Ebene der Inhalte gibt es große Übereinstimmung. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern liegen in erster Linie in den Details einzelner Formulierungen und im Umfang der Ausführungen, doch die markanteste Differenz liegt auf der Ebene der praktischen Anwendung. Dazu nähere Informationen im nächsten Abschnitt. Bei der Entwicklung des International Statement of Ethical Principles in Fundraising gab es meist eher Nachfragen, denn Kontroversen. Im Fol­ genden werden einige der Diskussionspunkte und Praxisbeispiele dargelegt, die es bei der Formulierung der fünf universalen Prinzipien gab: • Unter dem Punkt Ehrlichkeit ist ausgeführt, dass Fundraiser zu allen Zeiten ehrlich und wahrhaftig handeln. Hier kam die Frage auf, ob es denn als unehrlich zu werten sei, wenn damit geworben werde, dass die Organisation schließen müsse, wenn die gegenwärtige Grundregeln des Deutschen Fundraising Verbandes – Ethik im Spendenwesen: Fundraising ist Mittelbeschaffung für gemeinnütziges Gestalten. Als treuhänderisches Handeln der Geberin, dem Geber und der Öffentlichkeit gegenüber setzt es bei allen Beteiligten eine besondere Hingabe zur Sache und ein offenes und ehrliches Verhalten zueinander voraus. Dies zu fördern, ist Ziel der folgenden Grundregeln, die wir, die Mitglieder des Deutschen Fundraising Verbandes e.V., als Maßstab unseres Wirkens anerkennen, und zu deren Durchsetzung wir uns der Schiedsgerichtsbarkeit des Verbandes unterwerfen. Grundregeln unserer Arbeit als Fundraiserinnen und Fundraiser 1. Wir erachten die Unantastbarkeit der Würde des Menschen als Richtlinie für unser Handeln. 2. Wir lassen uns von Buchstaben und Geist des geltenden Rechts leiten. 3. Wir üben unsere Tätigkeiten in Übereinstimmung mit anerkannten Regeln unserer Branche aus. 4. Wir unterlassen jedes beleidigende oder anderweitig herabsetzende Verhalten, insbesondere in der Werbung. 5. Wir treten ein für Transparenz in unserem Wirken und sind jederzeit zur Rechenschaft über unser berufliches Tun bereit. Dazu gehört eine, den Tatsachen entsprechende, sachgerechte und ausreichende Information über unsere Arbeit und ihre Ziele ebenso wie eine vollständige und nachvollziehbare Rechnungslegung. 6. Wir geben uns anvertraute Informationen oder Daten ohne ausdrückliches Einverständnis der Berechtigten nicht an Dritte weiter. 7. Wir respektieren uneingeschränkt die freie Entscheidung Dritter, insbesondere potenzieller und bestehender Förderinnen und Förderer, und unterlassen jeden Anschein von Druck auf ihre Entscheidungen. 8. Wir setzen uns ein für die ordnungsgemäße und effiziente Verwendung der im Rahmen unserer Tätigkeit eingeworbenen Mittel. Dazu gehört insbesondere die Achtung jeder Zweckbindung. 9. Wir sichern die Qualität unserer Arbeit, indem wir uns fortwährend weiterbilden und neue Erkenntnisse zügig umsetzen. 10. Wir suchen die offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten unserer Branche in Deutschland und in aller Welt. Beschlossen auf der Mitgliederversammlung der BSM am 26. Januar 2001 in Frankfurt/Main. Ethik 24 • • • • Fundraising-Kampagne nicht von Erfolg gekrönt sei, während zugleich klar ist, dass maximal ein Teil der Dienstleistungen eingestellt werden müsste. Bei dem Punkt Respekt/Würde heißt es unter anderem, dass Fundraiser zu allen Zeiten respektvoll mit ihrer Profession umgehen. Diskutiert wurde hier das Dilemma, dass Spenden sammelnde Organisationen, die Fundraiser einstellen bzw. Berater beauftragen, Menschen mit langjährigen Erfahrungen suchen, die es vielerorts nicht gibt. Bewerber bzw. Anbieter von Dienstleistungen hingegen stellen oft ihre Erfahrungen in einem zu günstigen Licht dar. In den Ausführungen zu dem Punkt Integrität steht, dass Fundraiser aktuelle oder potenzielle Interessenskonflikte aufdecken und persönliche oder professionelle Verfehlungen vermeiden. Ein Aspekt, der hier betrachtet wurde, war, dass offen gelegt werden müsse, wenn beispielsweise ein Fundraising Management Consultant, der eine Organisation bei dem Aus­ wahlprozess einer Fundraising-Software berät, Unternehmensanteile in einem Unternehmen hält, das Fundraising-Software vertreibt. Ein interessanter Dialog entspann sich auch bei dem Punkt Empathie. Ursprünglich war das englische Wort compassion vorgesehen, das sowohl die Bedeutung Mitgefühl als auch Mitleid hat. In der Endfassung der Ethikprinzipien wurde stattdessen empathy aufgenommen, weil die wörtliche Übersetzung im Spanischen missverstanden worden wäre. Während compasión den Touch von Mitleid hat, bedeutet empatía Einfühlungsvermögen und Mitgefühl. Beim dem Prinzip Transparenz heißt es, dass Fundraiser die Erstellung klarer, genauer und verständlicher Berichte über ihre Arbeit fördern. Erwähnt wird hier die Transparenz über die Verwendung von Spenden sowie über Kosten und Ausgaben. Hier betrachtete man es als nicht den ethischen Prinzipien entsprechend, wenn Organisationen mehr einnehmen als für einen bestimmten Spendenzweck notwendig ist und die Mittel ohne Zustimmung der Spender für einen anderen Zweck einsetzen. Auch bei der Entstehung der Ausführungen zu den Standards in der Praxis kamen viele Nachfragen und Diskussionen auf. • Im Bereich Verantwortlicher Umgang mit Gaben lautet ein Unterpunkt: „Mittel werden entgegengenommen, wenn sie freiwillig erfolgen, mit den Zielen der Organisation übereinstimmen und ihre Verwendung im Verhältnis zu ihrem Wert nicht mehr als vertretbare Kosten erzeugt.“ Hier begann eine Debatte um den Begriff „vertretbare Kosten“ (englisch: reasonable costs) und die Tatsache, dass es hierbei unterschiedliche Faktoren zu berücksichtigen gilt. Wo also ist die Grenze? Ein anderer Unterpunkt, der einige Diskussionen entfachte, war: „Mittel werden sorgsam und im Respekt vor der freien Wahl des Gebers eingeworben ohne Druck, Belästigung, Einschüchterung oder Zwang.“ Besonders die Mitgliederwerbung an der Haustür wird allerdings, wie sich zeigte, unterschiedlich bewertet. • Ein Gesichtspunkt in dem Bereich Beziehungen zu den Interessierten, dessen praktische Umsetzung erörtert wurde, war die Formulierung: „Fundraiser respektieren die Rechte der Unterstützten und wahren ihre Würde und Selbstachtung. Sie verwenden im Fundraising keine Materialien oder Methoden, welche diese Würde untergraben.“ Hier wurde deutlich, dass die verschiedenartigen Kulturen Fotos und Darstellungen, wie etwa bei der Gewinnung von Patenschaften für Kinder, unterschiedlich empfinden. Bei einem anderen Unterpunkt, wo formuliert ist: „Fundraiser stellen sicher, dass Zulieferer keinen unverhältnismäßigen Gewinn aus der Zusammenarbeit mit der Organisation erzielen können“, wurde nachgefragt, auf welche Weise es Fundraisern möglich sei, die Gewinne ihrer Zulieferer zu kontrollieren. • Auch im Bereich Verantwortung für Kommu­ nikation, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit gab es einen Punkt, bei dem Übereinstimmung herrschte, doch zugleich klar wurde, dass diese Maßgabe vielerorts nicht gängige Praxis ist: „Fundraiser äußern sich weder öffentlich dahingehend, dass Fundraising ohne Verwaltungs- oder Sachkosten erfolgt noch deuten sie Entsprechendes an, damit nicht der Ethik 25 falsche Eindruck entsteht, dass Fundraising ohne Kostenaufwand möglich ist. Sie widersprechen, wenn ihre Organisation behauptet oder andeutet, dass Mittelbeschaffung keine Kosten verursacht.“ • In dem Bereich Management von Berichten, Finanzmitteln und Kosten ist unter anderem formuliert, dass Fundraiser allen Interessierten innerhalb angemessener Fristen zutreffende Jahresberichte zur Verfügung stellen. Auf­ grund des Einwandes, dass die Erstellung und Publikation von Jahresberichten eine Ver­pflich­ tung der Organisation sei, bei deren Er­ledigung Fundraiser nur bedingt Einfluss ha­ben, wurde der Teilsatz ergänzt, dass Fund­raiser ihre Organisation dazu ermutigen sollten. • Die größten Kontroversen entwickelten sich im Bezug auf die Details des Bereichs Zahlungen und finanzielle Leistungen. Dabei ging es insbesondere um die Frage der Zahlung von prozentualen Kommissionen bzw. Provisionen. Zwar war man sich einig, dass es sachdienlicher sei, wenn Fundraiser nicht auf Prozentbasis tätig würden, doch zugleich wurde klar, dass dies in Ländern, in denen Fundraising als Profession noch am Anfang steht, regelmäßig praktiziert wird und dass dies zudem von Arbeitgebern bzw. – im Falle von Beratern – von Auftraggebern des Öfteren verlangt wird. In den USA gilt das Arbeiten von Fundraisern auf Provisionsbasis als grober Ethikverstoß. Daher machte sich insbesondere die AFP in den Diskussionen dafür stark, dass hierzu eine strikte Formulierung aufgenommen werden sollte. Letztlich einigte man sich nach intensiven Diskussionen darauf, dass statt eines absoluten Verbots Soll-Regelungen aufgenommen wurden, insbesondere: „Fundraiser stellen ihre Dienste entweder ehrenamtlich, auf der Basis eines Gehalts oder eines festgelegten Honorars zur Verfügung. Fundraiser sollten keine Kommission oder Provision in einem prozentualen Verhältnis zu eingeworbenen Mitteln vereinbaren.“ Die AFP stellte ihren Mitgliedern gegenüber allerdings klar, dass für diese die strengeren US-Regeln gelten. • Im Bereich Befolgung nationaler Gesetze war zunächst formuliert worden, dass sich Fundraiser dafür einsetzen, dass ihre Organisation nicht gegen für sie anwendbare rechtliche Regelungen jeglicher Art verstoßen. Nach der Diskussion wurde die Formulierung verschärft. Nunmehr heißt es: „Fundraiser werden widersprechen, …“ Weitere Fragen, die das Plenum bei der Entwicklung des International Statement of Ethical Principles in Fundraising diskutierte, waren: • Haben die Prinzipien lediglich für einzelne Fundraiser Gültigkeit oder für FundraisingOrganisationen insgesamt? Bei der Diskussion dieser Frage wurde deutlich, dass dies in der Praxis eng miteinander verkoppelt ist und es daher nicht sinnvoll ist, separate Regeln für einzelne Fundraiser und für Organisationen, die Fundraising betreiben, aufzustellen. • Eine weitere Frage war, ob die Ethikprinzipien lediglich für den Bereich des Non-ProfitFundraisings Gültigkeit besitzen oder auch für den besonders in den USA sehr großen Bereich Ethik 26 des politischen Fundraisings (besonders für die Wahlkampffinanzierung) Anwendung finden sollten. Dabei wurde deutlich, dass eine explizite Konzentration auf das Non-ProfitFundraising nicht sinnvoll ist, weil es letztlich darum geht, das öffentliche Vertrauen in Fundraising zu sichern. Der Branche steht es nicht gut zu Gesicht, wenn in dem einen Segment andere Regeln gelten als in dem anderen. Es kommt hinzu, dass die Übergänge zwischen diesen beiden Bereichen oft fließend sind, d.h. handelnde Personen wechseln die Bereiche oder Berater sind in beiden Bereichen tätig. • Ähnliche Argumente spielten auch bei der Frage eine Rolle, ob die Regeln denn lediglich für Menschen gelten sollten, die berufsmäßig mit Fundraising zu tun haben, oder aber auch für Volunteers, also Freiwillige. Auch hier wurde klar, dass es weder vertretbar noch öffentlich kommunizierbar wäre, wenn für ehrenamtliche Fundraiser andere Regeln gelten würden als für hauptberufliche. • Schließlich fiel auch die Entscheidung, dass die Prinzipien auf den Blickwinkel des Fundraisings fokussiert sein sollen – wenn auch mit der Wirkung auf die Spender im Visier – und dass gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt eine gesonderte Charta für Spenderrechte, A Donor Bill of Rights bzw. A Donors’ Charter, wie es sie in den USA und Großbritannien gibt, entwickelt werden soll. Fundraising-Ethikregeln – Lippen­bekennt­ nisse oder lebendige Alltagspraxis? Die verschiedenen Stationen der Diskussion, Rückkoppelung und schließlich die Verabschiedung des International Statement of Ethical Principles in Fundraising weisen darauf hin, dass das zentrale Anliegen von Ethikprinzipien nicht wohl formulierte Regeln sind. Vielmehr ist hier der bekannte Satz, dass der Weg das Ziel ist, von besonderer Relevanz. Wenn man Ethikregeln starr als Gesetz sieht, brauchte man sie lediglich von einem professionellen Schreiber formulieren zu lassen und sie mit der Mitteilung zu verabschieden: „Das sind die Regeln!“ Aber wenn darüber diskutiert wird, was bedeutet dies und das in den USA und was bedeutet es in der Ukraine und in Deutschland, dann hat dies eine andere Tiefe und weiterführende Dimensionen. Insofern hat der lange Diskussionsprozess der internationalen Fundraising-Ethikprinzipien und nun auch das Hineintragen in die einzelnen Länder eine besondere Qualität. Grundsätzlich zeigte sich im internationalen Vergleich: Je differenzierter die Formulierungen in den jeweiligen Ländern, desto ausgeprägter ist die Relevanz der Regeln für den Alltag von Fundraisern und desto mehr wird auf diese rekurriert. Der Vergleich der Ethikprinzipien machte deutlich, dass insbesondere in den USA, Kanada und Großbritannien, also in Ländern, in denen das Berufsfeld des Fundraisings auf eine längere Geschichte als anderswo zurückblicken kann, die Ethikprinzipien sehr viel präziser ausgeführt sind und zugleich strikter gehandhabt werden. Die AFP hat zum einen kurze und prägnante einleitende Prinzipien, aber ähnlich wie beim Institute of Fundraising folgen ausführliche Erläuterungen darüber, was mit den einzelnen Punkten gemeint ist. Bei der AFP werden zudem praktische Beispiele sowohl für ethisch korrektes als auch für inkorrektes Verhalten gegeben. Die Mitglieder der AFP müssen Jahr für Jahr bei der Fortschreibung ihrer Mitgliedschaft unterschreiben, dass sie sich an den „AFP Code of Ethical Principles and Standards of Professional Practice“ halten. Dieser wurde 1964 in Kraft gesetzt und hat mittlerweile viele Konkretisierungen erfahren. Aus einer Umfrage unter den Mitgliedern der AFP im Jahr 2004 ging hervor, dass als wichtigster Benefit das Vorhandensein dieser Richtlinien gesehen wird. Als Begründung gaben die Mitglieder dabei an, dass die Einzelnen in Situationen, in denen sie Bedenken haben – sei es innerhalb einer Organisation oder gegenüber einem Spender – aus dem AFP-Code Orientierung erhalten und diesen zugleich verwenden können, um andere über ethische Standards zu informieren. Hilfreich ist dabei auch die Art und Weise des Umgangs mit Beschwerden und Verstößen. Dabei gibt es drei Schienen: • Konsultation, bevor sich eine problematische Situation verhärtet, Für Ihren Brief geben wir täglich alles. www.deutschepost.de Die Post ist da! 6 Tage die Woche, bei Wind und Wetter. Dafür sorgen unsere vertrauenswürdigen und hilfsbereiten Mitarbeiter, ein einzigartiges Logistik-Netzwerk und, an vorderster Stelle, 80.000 freundliche und zuverlässige Postboten. Wir geben eben alles, damit Ihre Post bei uns auch in Zukunft immer in besten Händen ist. Ethik 28 Von links nach rechts: Obere Reihe: Simon Collings, Großbritannien; Jane Harris, Großbritannien; Lindsay Boswell, Großbritannien; Balazs Sator, Ungarn; Aki Temiseva, Finnland; David Ford, Großbritannien; Beatrice Lentati, Italien; Marc Wortmann, Niederlande; Andrew Watt, USA; Gosse Bosma, Niederlande Mittlere Reihe: Denise Dawes, Großbritannien; Jane Ryder, Schottland; Norma Galafassi, Argentinien; Michael Naholi Muchilwa, Kenia; Erik Zachrison, Schweden; Robert Kawalko, Polen; F.A. Hilenski, USA; Sue-Anne Wallace, Australien • formale Anfragen, die schriftlich festgehalten werden, ohne dass sie zu einer förmlichen Beschwerde führen, • Ethikbeschwerden, wenn ein Verhalten eindeutig falsch ist. Insbesondere die AFP-Präsidentin und ihr Büro sind für die Umsetzung des AFP Code zuständig. Zudem gibt es ein Ethics Committee, das die Beschwerden behandelt. Wird das Verhalten eines AFP-Mitglieds als unethisch beurteilt, so gibt es eine Reihe von Handlungsformen, die bis zum Ausschluss aus dem Verband reicht. Oberstes Ziel ist allerdings nicht die Bestrafung, sondern der Prozess der Bewusstseinsbildung in ethischen Fragen und das miteinander Lernen. Jedes lokale und regionale AFP-Büro muss zumindest einmal jährlich eine Art Aufklärungsveranstaltung zur Ethik-Thematik durchführen. Am häufigsten machen die Fundraiser und Organisationen in den USA von der Konsultation in Ethikfragen Gebrauch. Die AFP erhält etwa 100 Nachfragen pro Monat, meist in Form von Anrufen. 80 dieser Fragen können in der Regel sofort beantwortet werden, während die AFP die weiteren 20 Prozent meist innerhalb weniger Tage klärt. Lediglich in seltenen Fällen ist es notwendig, das Ethics Committee zu konsultieren. Die häufigste Anfrage betrifft den Bereich der Bezahlung von Untere Reihe: Ricard Valls, Spanien; Marita Haibach, Deutschland; Barbara Crole-Rees, Schweiz; Svitana Kuts, Ukraine; Paulette Maehara, USA Fundraisern auf Prozentbasis. Etwa ein Viertel der Anrufe kommt von Vorstandsmitgliedern gemeinnütziger Einrichtungen, die wissen wollen, warum sich ein Fundraiser gegen eine solche Regelung sperrt. Meist reagieren die Anrufer sehr positiv, wenn sie die Hintergründe, die gegen die Honorierung auf Prozentbasis sprechen, erfahren. Oder aber ein AFP-Mitglied ruft an und berichtet darüber, dass sein Arbeitgeber entsprechende Neuregelungen bei der Bezahlung einführen will. Die AFP-Generalverwaltung stellt daraufhin ein Infopaket zusammen, das das Mitglied seinem Arbeitgeber aushändigen kann. Auch das Beispiel der folgenden formalen Ethikanfrage belegt die Wirkung der Praxis: Ein Vorstandsmitglied einer gemeinnützigen Organisation legt dem Leiter des Fundraisings einen Entwurf für eine Broschüre über eine neue Fundraising-Gelegenheit vor, die dieser als einen Verstoß gegen eine der Ethikregeln wertet. Das AFP-Ethikkomitee, dem die Information vorgelegt wurde, sieht dies auch so und bietet an, Änderungsvorschläge für die Broschüre zu entwickeln, damit diese den Richtlinien entspricht. Die Tatsache, dass die Ethikregeln im FundraisingAlltag in den USA offenkundig eine weitaus größere Rolle spielen als hierzulande, hat nichts da­mit zu tun, dass Fundraiser und Fundraiserinnen in den USA von sich aus ein größeres Ethik- Ethik 29 Bewusstsein haben. Vielmehr haben die Größe des Berufsfelds und der Umfang der Mittel, die eingeworben werden, dazu geführt, dass auch staatliche Stellen mitreden und einem Wildwuchs vorbeugen wollen. Regeln, die von der Branche selbst aufgestellt und kontrolliert werden, sind nicht nur eine Form der Selbstregulierung, sondern sie leisten zugleich einen wesentlichen Beitrag zur Wahrung und Stärkung des öffentlichen An­sehens des Fundraisings. Im Übrigen zeichnen sich in Großbritannien, was den Bereich der staatlichen Regulierung und zugleich die ausgeprägtere Selbstregulierung angeht, bereits ähnliche Entwicklungen ab wie in den USA. fasst, bilden die internationalen Fundraising-Ethik­ regeln einen wichtigen Orientierungsrahmen. Doch auch in Regionen und Staaten, in denen die Profession mittlerweile den Kinderschuhen entwachsen ist, wie dies beispielsweise in den deutschsprachigen Ländern der Fall ist, gilt es der wachsenden Bedeutung des Fundraisings Rechnung zu tragen statt nur bei Fällen, in denen Skandale oder Verstöße öffentlich werden, kritische Worte zu äußern und auf das Vorhandensein von Verhaltensregeln zu verweisen. Vielmehr geht es um die Entwicklung einer lebendigen Kultur der Auseinandersetzung mit Zweifeln, Nachfragen und Fehlverhalten. Das International Statement of Ethical Principles in Fundraising bietet einen guten Ausblick Anlass, das Thema Ethik im Fundraising erneut Das Fundraising ist als Beruf und Berufsfeld nicht nur in die Diskussion der Fundraising-Verbände und in Europa, sondern weltweit auf Wachstumskurs. der Spenden sammelnden Organisationen zu In Ländern, in denen die Profession erst neu Fuß­ bringen. Die Autorin D r . M A r i t a Ha i bac h Dr. Marita Haibach ist seit 1991 als unabhängige Beraterin für Fundraising- und Non-Profit-Management tätig. Der Schwerpunkt ihrer Beratungstätigkeit liegt auf dem Bereich Hochschule und Wissenschaft. Von 1998 bis 2007 arbeitete sie mit dem in London ansässigen internationalen Fundraising-Beratungsunternehmen Brakeley Ltd. zusammen (zuletzt als Gesellschafterin und Managing Director) und leitete in diesem Kontext zahlreiche Kundenprojekte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die frühere hessische Landtagsabgeordnete und Staatssekretärin für Frauenangelegenheiten war von 1996 bis 2002 als stellvertretende Vorsitzende maßgeblich am Aufbau des Deutschen Fundraising Verbands beteiligt. Sie ist Vorsitzende der Prüfungskommission der Fundraising Akademie und Präsidentin der European Fundraising Association (EFA). Dr. Marita Haibach ist Autorin von mehreren Büchern: Fundraising: Spenden, Sponsoring, Stiftungen (Campus Verlag, 1996), Frauenbewegung in der Philanthropie: Frauen verändern die Stiftungswelt in den USA (Maecenata 1997), Handbuch Fundraising (Campus 1998/2002/2006), Frauen erben anders: Mutig mit Vermögen umgehen (Ulrike Helmer Verlag 2001). Im Frühjahr 2008 erscheint ihr neues Buch, Hochschul-Fundraising – Ein Handbuch für die Praxis, im Campus Verlag. E-Mail: [email protected] Ethik He i l i g t der gu t e Z wec k alle M i t t el ? von Ingrid Alken Wir haben es alle gelesen: Ende November vergangenen Jahres – zur Spendensaison – wurde Unicef Verschwendung von Spendengeldern vorgeworfen. Die Kritik an der Transparenz der Mittel­ verwendung stellte für manchen der Spendenden einen Vertrauensverlust dar. Ob sich das auch auf andere Organisationen auswirkte, werden die Statistiken zeigen. Affären wie diese hat es immer wieder gegeben und sie führen stets zu einer verstärkten Diskussion ethischer Fragen sowohl bei NGOs als auch bei Spenderinnen und Spendern. Was bedeutet Ethik im Fundraising? Es gibt unterschiedliche Gesetze (Abgaben­ord­ nung, Datenschutzgesetz, Gemeinnützigkeitsrecht, Vereins- und Stiftungsrecht, UWG etc.), denen das Handeln der Fundraiser unterliegt. Sie geben Antwort auf die Frage: Was darf (muss) ich tun und was nicht? Gesetze sind Vorschriften, Verstöße werden dementsprechend geahndet. Brauchen wir darüber hinaus besondere ethische Regelungen? Ja, denn ethisch/moralische Fragen werden nicht in Gesetzen geregelt. Was ist gutes oder schlechtes Handeln? Was kann ich tun, damit Leben gelingt? Das sind Fragen, die Menschen bewegen und das sind auch Fragen, die unser Handeln im Fundraising beeinflussen. Wenn wir uns im Fundraising mit ethischen Fragen beschäftigen, so verstehen wir darunter die Lehre vom sittlichen oder moralischen Verhalten der Menschen. Der Wettbewerb auf dem Spendenmarkt nimmt zu, dennoch wird ständiges Wachstum erwartet. Das kann eine Vernachlässigung von moralischen Ansprüchen an die eigene Arbeit zur Folge haben. Eine Organisation ist nicht verpflichtet, die Herkunft von Spendengeldern zu überprüfen, selbst wenn sie ahnt, dass sie aus einer moralisch bedenklichen Quelle stammen. Ist es moralisch vertretbar für eine Kinderhilfsorganisation, von einer Edelprostituierten mehrere Tageseinnahmen in beträchtlicher Höhe anlässlich einer Spendengala anzunehmen? Nehmen wir als Fundraiser also Geld von jedem, wenn es der guten Sache dient? Heiligt der „gute Zweck“ jedes Mittel? Wir haben ethische Fragen an unsere Arbeit und eine dreifache Verantwortung nach außen: • gegenüber den Menschen, die uns unterstützen und uns Vertrauen schenken, • gegenüber denen, die unsere Hilfe erfahren und • gegenüber der Öffentlichkeit. Die Kampagne „Wir lassen uns nicht behindern“ der Schweizer Organisation Pro Infirmis hat wegen der deutlichen Darstellung von Behinderungen für Diskussionen gesorgt. Fotos Kampagne: Hannes Schmid für Pro Infirmis 30 Ethik 31 Aber wir haben auch eine Verantwortung gegenüber der eigenen Organisation, die uns bezahlt und für die wir die Mittelbeschaffung verantworten. Daraus ergibt sich indirekt auch eine Verantwortung für die Mitarbeitenden. Als Vorgesetzte und als Auftraggeber sind wir ethisch verantwortlich für die Bedingungen, unter denen Menschen arbeiten. Gesetzeskonformes Verhalten reicht also nicht aus. Es geht darum, dass Fundraiserinnen und Fundraiser aus Überzeugung ethisch einwandfrei handeln. Dafür müssen Orientierungshilfen entwickelt und Begründungen geliefert werden. Diese Aufgabe hat der neue Ausschuss „Standards für eine gute, ethische Fundraising-Praxis“ des Deutschen Fundraising Verbandes (DFRV) übernommen. Entwicklung Das Thema ist nicht neu. Im Januar 2001 wurden auf der Mitgliederversammlung der Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmarketing (BSM) zehn Grundregeln für die Arbeit von Fundraiserinnen und Fundraisern sowie eine Schiedsordnung be­schlossen. Sie stellen Mindestanforderungen dar, die niemand in Frage stellt. Die unterschiedlichen Arbeitsfelder und ökonomischen Interessen der Mitglieder verhinderten allerdings, dass – der Empfehlung des damaligen Ethikausschusses entsprechend – ein weiter gehender Verhaltenskodex entwickelt wurde. Andere Länder, andere Sitten? Im Oktober 2006 verabschiedeten Vertreter aus 24 Ländern bei einem Summit am Rande des Internationalen Fundraising-Kongresses in Noordwijkerhout das International Statement of Ethical Principles. Es zeigte: Fundraiser aus verschiedenen Bereichen, Arbeitsfeldern und Ländern teilen doch grundlegende Werte und sehen Grenzen für ihre Vorgehensweisen. Die fünf universalen Prinzipien Ehrlichkeit, Respekt/ Würde, Integrität, Empathie und Transparenz fordern Fundraiser und Fundraiserinnen dazu auf, nicht nur die Prinzipien zu achten, sondern selbst aktiv zu handeln. Zweck der Internationalen Erklärung ist das Wach­ sen einer weltweiten Gemeinschaft im Fundraising und die Einigung auf fundamentale Prinzipien. Sie sind als Signale zu verstehen, national die weitestgehenden Standards anzuwenden und die engsten Grenzen einzuhalten. Dabei gibt es durchaus Unterschiede: In Amerika sind beispielsweise Provisionen in einem prozentualen Verhältnis zu den eingeworbenen Mitteln verpönt. In vielen anderen Ländern – auch bei uns – sind sie durchaus üblich. Der DFRV hat diese Standards im Frühjahr 2007 ratifiziert. Sie dienen als Arbeitsgrundlage für den neuen Ethik-Ausschuss. Die länderübergreifenden Grundsätze können nicht in allen Bereichen als ausreichend angesehen werden. Die Frage der Vergütung über Prozentanteile von eingeworbenen Mitteln ist nicht nur international strittig. Sie ist auch ein viel diskutiertes Thema im neuen Ausschuss „Standards für eine gute, ethische FundraisingPraxis“. Ausschuss „Standards für eine gute, ethische Fundraising-Praxis“ Spender und Spenderinnen werden selbstbewusster, ihr Verhalten und ihre Motive verändern sich. Ihre Unterstützung basiert auf Vertrauen. Wollen wir erfolgreich sein, gilt es, dieses Vertrauen zu erwerben und zu erhalten. Das setzt Transparenz und Ehrlichkeit in unserem Handeln voraus. Die Grundregeln der BSM sind ein wichtiges Gerüst, aber nicht mehr ausreichend. Wir brauchen Normen für die verschiedenen Formen und Methoden des Fundraisings, die ethische Fragestellungen einschließen. Der Vorstand des DFRV hat darum im Frühjahr 2007 den Ausschuss „Standards für eine gute, ethische Fund­ raising-Praxis“ ins Leben gerufen. Ethik 32 v.l.n.r: Gerhard Wallmeyer, Ingrid Alken, Ricarda Raths, Brigitte Pias-Holzhauer, Paul Dalby, Kai Fischer, Dr. Christoph Müllerleile Nicht mit auf dem Bild sind die Mitglieder Almuth Wenta und Dr. Jens-Uwe Böttcher. Die Mitglieder des Ausschusses, die der Vorstand berufen hat, vertreten die unterschiedlichen Mit­ glie­der­gruppen, Arbeitsbereiche und Interessen. Es handelt sich um Fundraising-Experten mit einer besonderen Affinität zum Thema Ethik. Um den Ausschuss arbeitsfähig zu halten, wurde die Zahl der Mitglieder auf acht (plus die Vertreterin des Vorstandes) begrenzt. Aufgaben Der Ausschuss hat es sich zur Aufgabe gemacht, Standards für eine gute, ethische FundraisingPraxis für alle Mitglieder des DFRV zu entwickeln. Als Arbeitsgrundlage dienen die vom Verband ratifizierte „Internationale Erklärung zu ethischen Prinzipien im Fundraising“ sowie die britischen und amerikanischen Standards. Die Zusammenarbeit mit dem DZI und dem Deutschen Spendenrat ist für den Ausschuss besonders hilfreich. Es geht darum, auf Basis verbindlicher Standards mit Erläuterungen und Beispielen eine Orientierungshilfe zu ethischem Handeln zu entwickeln. Sie soll alle Mitgliedergruppen in ihren unterschiedlichen Arbeitsfeldern und ökonomischen Interessen (Agenturen, Dienstleister, Fundraiserinnen und Fundraiser in Organisationen) gleichermaßen berücksichtigen. Es gibt Fragen, die sich aus genau diesen unter­ schiedlichen Interessen und Arbeitsfeldern er­ge­ben. Da sind z.B. die umsatzabhängigen Pro­ visionszahlungen, die auch bei uns in Deutschland gezahlt werden. Es gibt gute Gründe, die dafür sprechen und ethische Bedenken dagegen. Ein weiteres Beispiel: Für Erbschaftsfundraising haben Kirchen und kirchliche Einrichtungen eine besondere Sensibilität. Sie warnen davor, Seelsorge und Fundraising zu vermischen. Andere Fragen betreffen die Mitgliedergruppen gleichermaßen, was unterschiedliche Sichtweisen nicht ausschließt. Drei Beispiele: • Die Tatsache, dass ein Testament bis zuletzt geändert werden kann, birgt die Gefahr, dass Menschen in der letzten Lebensphase bedrängt werden und damit die Freiwilligkeit der Gabe in Frage steht. • Die übertrieben bildhafte Darstellung von Hilfs­ möglichkeiten bzw. bedürftigen Opfern missachtet deren Würde. Ethik 33 • Wie wichtig Transparenz und sparsame Mittel­ verwendung sind, hat die Unicef-Affäre gezeigt. Trotz der unterschiedlichen Interessen und Arbeitsfelder strebt der Ausschuss „Standards für eine gute, ethische Fundraising-Praxis“ den Konsens aller Mitglieder an. Dabei ist deutlich, dass ethische Gesichtspunkte schwer festzulegen und noch schwerer zu überprüfen sind. Darum sollen die inzwischen erarbeiteten Grundregeln und ein Beispielkatalog allen Mitgliedern verständlich machen, was „gute, ethische Fundraising-Praxis“ ist und was nicht, so dass sie aus Überzeugung entsprechend handeln. Ziele Fundraising basiert auf Vertrauen. Das betrifft sowohl das Vertrauen von (potenziellen) Spende­ rinnen und Spendern zu NGOs als auch das öffentliche Vertrauen der Gesellschaft. Dieses Ver­trauen und die gesellschaftliche Anerkennung des Dritten Sektors wachsen zu lassen, ist ein wesentliches Ziel des neuen Ausschusses. Organisationen, die über das Spenden-Siegel des DZI verfügen, weisen sich durch geprüfte Transparenz als vertrauenswürdig aus. Für manche Organisationen oder Kirchen kommt das Spenden-Siegel aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage. Fundraiser, die Mitglied im Deutschen Fundraising Verband sind und sich dessen ethischen Grundregeln verpflichtet haben, bieten dem Spender/der Spenderin die Gewähr für Qualität und ethisch einwandfreies Handeln im Fundraising. Der Ausschuss wird bei der Mitgliederversammlung im April 2008 über seine Arbeit berichten und die Ergebnisse als Beschlussvorlage präsentieren. Der DFRV möchte seine Mitglieder durch Überzeugung dazu motivieren, den neu entwickelten Standards entsprechend zu handeln. Was aber geschieht bei Verstößen? Wer meldet diese und wie geht der Verband damit um? Was geschieht, wenn eine Organisation von ihrem Fundraiser Handlungen erwartet, die sich nicht mit den Standards decken, denen dieser sich – als Mitglied des DFRV – verpflichtet fühlt? Wie kann der Verband helfen, wenn juristische Fragen auftauchen oder gar ein Rechtsbeistand nötig ist? Inwieweit muss die 2001 verabschiedete Schiedsordnung überarbeitet und ergänzt werden? Diese und weitere Fragen werden den Ausschuss „Standards für eine gute, ethische FundraisingPraxis“ weiter beschäftigen. Die Autorin I N gr i d A l k en Ingrid Alken ist Betriebswirtin, Fundraising Managerin FA und Qua­ litäts­beauftragte für Fundraising. Seit 2002 arbeitet sie im Fund­ raisingteam der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Sie ist Projektleiterin für Database-Fundraising. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Fundraising. Sie hat ein Fortbildungskonzept „Basiskurse für Ehrenamtliche“ entwickelt und durchgeführt. Als Vorstandsmitglied des Deutschen Fundraising Verbandes gründete Ingrid Alken den neuen Ausschuss „Standards für eine gute, ethische Fundraising-Praxis“, den IT-Ausschuss und Ausschuss für Rechtsund Steuerfragen. Sie ist zuständig für die Regional- und Fachgruppen des Verbandes, Ansprechpartnerin für das Fundraiserinnen-Netzwerk und Mitglied der Fachgruppe Kirche, Diakonie, Caritas und Mission. E-Mail: [email protected] Ethik 34 Provi si onen – der F luch im Fundraising von Kai Fischer Es gibt wohl kaum eine Fundraiserin oder einen Fund­raiser, der bzw. die noch nicht mit dem Ansinnen konfrontiert wurde, auf Basis gezahlter Provisionen zu arbeiten. Für viele Organisationen sind Provisionen scheinbar attraktiv – benötigt man doch kein eigenes Geld, um mit Fundraising beginnen zu können. Warum also nicht auf Provisionsbasis arbeiten? Um es klar zu sagen: Die Arbeit auf Provisionsbasis ist für Non-Profit-Organisationen nicht zu empfehlen. Umsatzabhängige Provisionen im Fundraising verursachen gerade auf Seiten der Organisationen Folgeschäden, die diese sich nicht wünschen. Eine ausgeprägte Provisionspraxis würde sich zu einem wahren Fluch für das Fundraising insgesamt entwickeln. Dies soll dieser Artikel anhand der Folgen in der praktischen Arbeit zeigen. Unter Provisionen werden im Folgenden alle line­aren Vergütungen verstanden. Dies betrifft die prozentualen Anteile von eingeworbenen Geldern und die Honorierung pro eingeworbener Mitgliedschaft oder Einzugsermächtigung. Provisionen sind immer umsatzabhängig. Je mehr eingeworben wird, desto höher ist die Bezahlung. Ausdrücklich sei an dieser Stelle erwähnt: Gratifikationen oder andere Formen erfolgsab- hängiger Gehaltsanteile z.B. in Form von Boni, die nach Erreichen eines zuvor definierten Ziels gezahlt werden, sind keine Provisionen. Die folgenden Aussagen beziehen sich auch nicht auf Sponsoring oder die Akquisition von Anzeigen für die Vereinszeitschrift. Dies sind gewerbliche Tätigkeiten, bei denen es sich um einen wechselseitigen Leistungsaustausch zwischen zwei Partnern handelt. Hauptargumente für Provisionen Die Fürsprecher für Provisionen nennen als Haupt­ gründe in der Regel: • Minderung des Investitionsrisikos • Motivation von internen oder externen Mit­ arbeitern Provisionen sollen Risiken vermindern und die An­­schub­finanzierung von Maßnahmen vermeiden. Zahle ich nach dem tatsächlichen Erfolg einen Teil der eingeworbenen Gelder, muss ich weder die Investitionen tätigen – die übernimmt der Auftragnehmer – noch habe ich ein In­vestitions­ risiko. Dies übernimmt ebenfalls der Auftrag­ nehmer, der nur dann Anspruch auf seinen Anteil hat, wenn er einen entsprechenden Erfolg vorweisen kann. Ethik 35 Zusätzlich wird immer wieder darauf hingewiesen, dass durch die Zahlung von Provisionen Mitarbeiter und Auftragnehmer zu besseren Leistungen motiviert werden sollen, da sie unmittelbar ihre Entlohnung beeinflussen können: Wer erfolgreich ist, bekommt mehr, wer „versagt“ bekommt weniger oder im Extremfall auch nichts. Zunächst einmal ist gegen diese drei Punkte wenig zu sagen. Scheinbar sind sie gerade für NonProfit-Organisationen geradezu vorteilhaft. Wo soll also der Fluch liegen? Geld als Anreiz zur Leistung Um die Probleme zu verstehen, die durch Provi­ sionsvergütung im Fundraising entstehen, müssen wir die Folgen in der Praxis bedenken. Fangen wir mit der Frage nach der Motivation durch Provisionen an: Eine Provisionszahlung soll zu mehr Leistung motivieren. Natürlich ist Geld wichtig. Die Höhe unseres Gehalts ermöglicht uns nicht nur einen gewissen Lebensstandard, sie zeigt auch die Wertschätzung und ermöglicht einen Vergleich zu Kolleginnen und Kollegen. Für Geld zu arbeiten und für seine Arbeit leistungsgerecht entlohnt zu werden, ist auch für Fundraiser und Fundraiserinnen selbstverständlich. Ist Geld – speziell die Aussicht auf scheinbar hohe Provisionen – jedoch der entscheidende Anreiz für Leistung? Natürlich gibt es Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen vor allem für möglichst viel Geld arbeiten. Aber gerade im Dritten Sektor wissen wir doch, dass neben Geld eine Reihe weiterer Aspekte für eine hohe Leistungsmotivation sorgt. Der Sinn in der Arbeit, die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen und die Möglichkeit, etwas mitgestalten zu können, sind für fast alle Menschen – egal in welchem Sektor sie arbeiten – ein stärkerer Anreiz als Geld. Unterstellen wir Geld als den entscheidenden Anreiz für Leistung, dann reagieren vor allem die Menschen auf die Stellenangebote, für die Bezahlung tatsächlich auch ein starker Anreiz ist. Dies hat für die Organisation vor allem drei Folgen: • Innerhalb der Organisationen entstehen kulturelle Brüche und die „Neuen“ sind weniger an der Mission und der Vision als am Umsatz interessiert. Wenn Fundraising jedoch vor allen Dingen Beziehungsarbeit ist und Unterstützer geworben und gebunden werden müssen, die langfristig die Anliegen der jeweiligen Organisation mittragen und auch mitfinanzieren, kann ein kurzfristiger Fokus auf Umsatz kontraproduktiv sein. • Hinzu kommt, dass Menschen, denen nur begrenzt etwas am Anliegen der Organisation liegt, dieses auch nur schwer an potenzielle Unterstützer vermitteln können. • Auch eine hohe Fluktuation kann hierin begründet liegen, denn jeder, der ein höheres Gehalt bietet, wird diese Mitarbeiter/innen abwerben können. Fluktuation ist, wie viele betriebswirtschaftliche Untersuchungen zeigen, ausgesprochen teuer und kann schnell zu Problemen mit der Qualität der Arbeit im Fundraising führen. Ist Geld im Fokus als An­reiz für Leistung, stellen sich schnell Fragen hinsichtlich der Qualität der Arbeitsaufgaben bzw. Arbeitsplätze. Men­ schen, die unter diesen Be­dingun­gen arbeiten – auch wenn sie dies freiwillig tun – werden auf ihre eine reine Funktionalität hin reduziert und ihrer Komplexität und vielfältigen Möglichkeiten beraubt. In der Arbeitswissenschaft gelten diese Arbeitsbedingungen zu Recht als erhebliche Belastungen, die über einen längeren Zeitraum zu psycho-sozialen Beanspruchungen mit entsprechenden Folgen führen können. Oder anders ausgedrückt: Menschen, die auf Provision arbeiten, stehen unter Erfolgsdruck. Sie verlieren den Lohn ihrer Arbeit, wenn irgendetwas „schief“ geht. Wer unter Erfolgsdruck steht, hat nicht die Geduld, eine Reifezeit abzuwarten. Gerade dies ist in den meisten Formen des Fundraisings aber entscheidend: Beziehungen reifen zu lassen. Übernahme von Risiken und Investitionen Spielen wir aber einmal im Detail durch, was passiert, wenn sich jemand auf ein rein auf Provision basierendes Arbeitsverhältnis einlässt. Was passiert, wenn Dienstleister von Non-ProfitOrganisationen Risiken und Vorfinanzierung übernehmen? Ähnlich wie Non-Profit-Organisationen, die sich von Provisionen einen ökonomischen Vorteil versprechen, müssen Dienstleister, wenn Ethik 36 sie auf Provisionen eingehen, auch ökonomisch denken. Warum sollte sich eine Agentur oder ein Fundraiser auf eine Provisionsregelung einlassen? In der Praxis lassen sich zwei Motive identifizieren: • Der Dienstleister als Auftragnehmer verspricht sich von dem Auftrag einen höheren Gewinn, der einfach zu realisieren sein wird. • Der Dienstleister sieht sich gezwungen, auf dieses Angebot einzugehen, um den Auftrag zu erhalten. Beide Motive haben für die Ausgestaltung der Beziehung zwischen Organisation und Dienstleister sowie zur Erfüllung der Aufgabe gravierende Auswirkungen. Starker Partner übernimmt den Auftrag Die Übernahme eines Risikos ist für einen starken Dienstleister nur dann sinnvoll, wenn a) das wirtschaftliche Risiko überschaubar ist und b) das Risiko einen höheren Gewinn erwarten lässt, der das Risiko vergütet bzw. die Finanzierung möglicher Ausfälle kompensiert. Der starke Partner wird sich nicht auf hohe Risiken einlassen. Verschiedene Themen und Anliegen der Non-Profit-Organisationen lassen sich im Markt unterschiedlich gut platzieren und emotional aufladen. Die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs ist von Trends und aktuellen Entwicklungen mit abhängig. Alle Organisationen, die folglich mit ihrem Anliegen und ihren Themen nicht im Trend liegen, werden es schwer haben, Dienstleister zu finden, die bereit sind, das wirtschaftliche Risiko auf sich zu nehmen. Wenn der Dienstleister den Auftrag übernimmt, wird er sich vorbehalten, seine „bewährten“ Methoden anzuwenden. Dies fängt bei der Gestaltung an und geht bis hin zu den Prozessabläufen. Folge: Eine rein auf Provisionen ausgerichtete Fundraisinglandschaft wird zu einem MainstreamFundraising mit immer ähnlicher werdenden Mailings, Angeboten, Bildern und „Reizverstärkern“ führen. Gerade diese Flut von stark an der Werbung ausgerichteten Mailings und Telefonaktionen führt aber bei möglichen Spendern früher oder später zur gegenteiligen Reaktion: Verweigerung. Ein Provisionspartner wird darauf mit höherem Druck reagieren. Was wird dann passieren? Die Folgen sind schwerwiegend. Denn sie schwächen das Ansehen der Organisation nachhaltig. Der Erfolg im Fundraising – und damit das Risiko des Scheiterns – ist nicht nur von den Rahmenbedingungen abhängig, sondern vor allem auch von der Art der Kommunikation. In der Regel haben vorfinanzierende Dienstleister genaue Vorstellungen, wie das Anliegen der jeweiligen Organisation in der Öffentlichkeit präsentiert und wie um Spenden geworben werden sollte. Damit stellt sich allerdings die Frage: Welche Vorstellungen stimmen mit der der Organisation überein? Ist dies nicht der Fall, stellt sich die Frage: Wer entscheidet am Ende? Dienstleister oder Organisation? Im Zweifelsfall wird dies immer derjenige sein, der das ökonomische Risiko trägt. So kann es passieren, dass Organisationen nicht mehr über ihren Marktauftritt entscheiden können. In der Regel wird diese „Fremdsteuerung“ vertraglich festgeschrieben, denn nur so kann der Dienstleister sein Risiko wirklich einschätzen. Provisionen sind teuer Auch auf der Seite der Kosten kann der Weg der Provision das Gegenteil bewirken. Bei jeglicher Übernahme von Risiken müssen in die Provision Risikozuschläge kalkuliert werden. Ähnlich wie bei Versicherungen müssen die Beteiligten damit rechnen, dass der Risikofall eintritt und die erwartete Provision trotz geleisteter Arbeit ausbleibt. In der zu kalkulierenden Prämie wird die Wahrscheinlichkeit Ethik 37 eines Ausfalls mit den dann entstehenden Kosten multipliziert. Dieser Betrag muss bei kaufmännischer Betrachtung den eigentlichen Kosten des Fundraisings hinzugerechnet werden. Je nach Ausfallwahrscheinlichkeit und je nach Umfang der geleisteten Arbeit, die für den Erfolg notwendig ist, ergeben sich unterschiedliche Prämien. Während Organisationen mit relativ gut zu positionierenden Themen geringere Prämien zahlen, zahlen andere Organisationen mehr. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit der Mischkalkulation. Auch die Vorfinanzierung der eigenen Arbeit muss der Dienstleister kalkulieren. Je länger es dauert, bis der Erfolg sich einstellt, desto mehr Geld muss man vorstrecken oder vorfinanzieren. Entsprechend höher sind die zu kalkulierenden Zinsen, die berücksichtigt werden müssen. Im Vergleich zu anderen Vergütungsmodellen, wie z.B. einer vertraglich vereinbarten fixen Honorarzahlung, werden beim Fundraising auf Provisionsbasis zusätzliche Kosten in Rechnung gestellt. Alles in allem wird ein – wie auch immer geartetes – Provisionsmodell für Non-ProfitOrganisationen am Ende teurer. Um diesen höheren Preis aufzufangen, stehen den Dienstleistern zwei Möglichkeiten zur Verfügung: • Sie konzentrieren sich auf wenige lukrative Aufträge. • Sie setzen auf Methoden, die einen schnellen Rückfluss der eingesetzten Mittel versprechen. Während bei der ersten Strategie viele Organisationen als potenzielle Auftraggeber ausscheiden, kann die zweite Strategie mit erheblichen Problemen behaftet sein. Es ist unbestritten, dass Fundraising sein volles Potenzial erst über einen Zeitraum von etwa drei Jahren entfalten kann. So lange dauert es in der Regel, bis hinreichend viele Förderer gewonnen und gebunden werden können, die einen nachhaltigen Beitrag zur Finanzierung der Anliegen leisten. Bei Vergütungen auf Basis von Provisionen stehen Dienstleister immer vor der systemimmanenten Versuchung, diesen Weg abzukürzen. Durch die Nutzung wirksamer Methoden und den Aufbau spezifischer Vertriebsszenarien können sie auch kurzfristig Erfolge realisieren. Diese sind allerdings häufig nicht nachhaltig. Förderer und Unterstützer können sich schnell übervorteilt fühlen. Eine lang- fristige Beziehung kommt so nicht zustande. Im Gegenteil: Es wird wahrscheinlich sogar passieren, dass die Förderer- und Unterstützerbasis quasi verbrennt und das Image der Organisation langfristig darunter leidet. Für den Dienstleister ist diese Situation nicht bedrohlich. Der Maßstab für die Honorierung bei Provisionen ist die Höhe der eingeworbenen Mittel, nicht die Ausschöpfung des langfristigen Potenzials einer Organisation. Ist die Unterstützerbasis verbrannt, hat der Dienstleister keine weiteren Provisionserlöse mehr zu erwarten und stellt die Arbeit ein. Er kann sich neue Kunden suchen, für die er arbeiten kann. Die Organisation bleibt mit den Problemen allein zurück und muss sich eine neue Unterstützerbasis aufbauen, was zeitund kostenintensiv ist. Schwacher Partner übernimmt den Auftrag Nicht sehr viel besser sieht es für die Organisationen aus, wenn Dienstleister auf Provisionsbasis arbeiten, weil diese sonst keine Möglichkeit haben, einen Auftrag zu bekommen. Diese Situation ist häufig bei Anfängern gegeben. Sie haben dann noch wenig praktische Erfahrungen und Referenzen aufzuweisen. Der unmittelbare ökonomische Druck ist dann so groß, dass die Auftraggeber die Macht haben, das betriebswirtschaftliche Risiko auf den Dienstleister zu verlagern. Statt kalkulatorische Prämien und Zinsen zu zahlen, wittern sie die Chance, diese Kosten auch dem Dienstleister zu übertragen. Damit besteht für die Non-Profit-Organisation die vermeintliche Möglichkeit, zumindest nicht mehr als bei anderen Vergütungsmodellen zu zahlen. Was sind die möglichen Folgen? Menschen mit geringen praktischen Erfahrungen zu beschäftigen, birgt immer das Problem, dass der Auftragnehmer Ethik 38 nicht die Kompetenzen und Kenntnisse mitbringt, die für die erfolgreiche Bewältigung der Aufgabe notwendig sind. In so einem Fall verbleiben die Lernkosten beim Auftragnehmer. Die Organisation muss eventuell zusätzlich anfallende Arbeiten nicht bezahlen. Dies ist aus Sicht der Organisation vielleicht positiv. Nur machen sich die Organisationen häufig keine Gedanken darüber, in welche Gefahr sie sich begeben. Was passiert, wenn der Anfänger an der Aufgabe scheitert und keinen Ertrag bringt? In diesem Fall fällt zwar keine Zahlung an – der Dienstleister hat umsonst gearbeitet – die Organisation hat aber auch keine Einnahmen und kann damit nicht, wie beabsichtigt, die Projekte und Programme finanzieren. Bei Provisionszahlung kann die NonProfit-Organisation gegenüber dem Dienstleister keinen Leistungsanspruch geltend machen. Und damit ist nicht alleine der Punkt gemeint, ob Geld hereinkommt. Schlichtweg ist damit auch der Punkt gemeint, ob der Auftragnehmer überhaupt arbeitet. Da dieser erst dann entlohnt wird, wenn er einen Ertrag erwirtschaftet, schuldet er der Non-ProfitOrganisation keine Arbeitsleistung. Dies scheint unbedeutend zu sein. Wenn Sie sich jedoch überlegen, dass die Non-Profit-Organisation über eine definierte Zeitspanne an einen Dienstleister vertraglich gebunden ist und in dieser Zeit weder den Vertrag kündigen kann noch einen Anspruch auf Leistung hat, kann bei einem unglücklichen Verlauf das Vorankommen der Non-Profit-Organisation erheblich beeinträchtigt werden. In der Praxis stellt sich dieses Problem häufig so dar: Da der Dienstleister zur Sicherstellung seiner eigenen Existenz immer darauf angewiesen ist, schnell Umsatzerlöse zu realisieren, werden die Projekte bevorzugt bearbeitet, die dies am schnellsten und leichtesten versprechen. Gehört trotz anfänglicher Erwartung das Provisionsprojekt nicht dazu, wird sich der Auftragnehmer einem anderen Projekt zuwenden, welches eher einen Erfolg verspricht. Das Projekt wird in so einem Fall im Moment nicht weiter bearbeitet oder von Praktikanten betreut, die an der Organisation erste Lernerfahrungen machen. In beiden Fällen Ethik 39 wird der Auftraggeber nicht die Umsätze erwarten können, die zunächst in Aussicht gestellt wurden. Diese Situation ist für die Non-Profit-Organisation bedrohlicher als für den Dienstleister: Da er zwischen verschiedenen Organisationen wählen kann, kann er sich auf die lukrativsten Aufgaben konzentrieren. Nach Abschluss des Vertrags haben Non-Profit-Organisation hingegen kaum die Chance, den Auftragnehmer zu wechseln, auch wenn dieser keine oder nicht die versprochenen Leistungen erbringt. Es gibt übrigens aus Sicht des Dienstleisters auch keinen Grund, einen Vertrag vorzeitig aufzulösen. Es könnte ja wieder die Situation eintreten, dass das Projekt zu den ertragreicheren gehört, die so lange weiter bearbeitet werden, bis neue lukrativere Aufträge eingeworben werden können. Provisionen führen zur Nichtbeteiligung der Non-Profit-Organisation Der folgende Punkt ist einer der Hauptgründe, warum Provisionsvereinbarungen im Fundraising in der Regel scheitern. Mit einem Fundraising auf Provisionsbasis ist häufig auf Seiten der NonProfit-Organisation die Erwartung verknüpft, dass ein externer Akquisiteur nun das Geld beschafft und die Organisation sich um diese Aufgabe nicht weiter kümmern muss. Für einen Erfolg ist diese Einstellung fatal. Für viele Aufgaben im Fundraising sind Anwesenheit und Mitwirkung von Vorständen und Geschäftsführung essenziell. Viele Förderer wollen auch die handelnden Personen kennen lernen, nicht nur die Geldeinwerber. Wird die Verantwortung für das Fundraising vollständig einem externen Dienstleister übertragen, empfinden Vorstände und Geschäftsführung häufig keine Notwendigkeit und Veranlassung mehr, sich in diesem Bereich zu engagieren. Mangelnde Erlöse und die Mehrkosten fallen in erster Linie beim Dienstleister an und nicht bei der Organisation. Der Dienstleister muss sich damit herumärgern, dass Materialien nicht ankommen, Termine platzen und Dritte generell keine oder nur wenig Zeit für ihn haben. Ethik 40 In der Praxis ist dieses Problem eines, das häufig zum Scheitern von Fundraising-Projekten auf Provisionsbasis beiträgt. Steigende Kosten auf Seiten des Dienstleisters aufgrund unterschiedlich interpretierter und wahrgenommener Aufgaben in dem Projekt stellen das Geschäftsmodell grundsätzlich infrage und veranlassen den Dienstleister, sich andere Auftraggeber zu suchen. Die Folgen für die Organisation sind schon oben beschrieben. Weitere Problemfelder Neben diesen gravierenden Problemen sind in der Praxis weitere Felder bekannt, bei denen es bei der Vergütung über Provisionen schnell zu Konflikten kommen kann. Zu den wichtigsten gehören: • Abgrenzungsprobleme Erfolge lassen sich dann am schnellsten erzielen, wenn auf bestehende Kontakte aufgesetzt wird und schon bestehende Beziehungen in das Fundraising eingebunden werden. In so einem Fall stellt sich regelmäßig die Frage, wer für einen eventuellen Erfolg verantwortlich ist: Der Dienstleister, der den Abschluss tätigt oder die Non-Profit-Organisation, die den Kontakt schon so lange gepflegt hat, dass für den Dienstleister ein Abschluss überhaupt zustande gekommen ist. Wenn an den zurechenbaren Erfolg die Provisionszahlungen geknüpft sind, sind Streitigkeiten über die Fälligkeit der Provision vielfach vorprogrammiert. • Unverhältnismäßig hohe Vergütung Beträgt die Provision einen Prozentanteil von der Spendeneinnahme, kann der Fall eintreten, dass für eine Tätigkeit mit geringem zeitlichem Aufwand eine sehr hohe Entlohnung fällig wird. Dies ist dann z.B. der Fall, wenn es dem Dienstleister gelingt, schnell eine Großspende einzuwerben. In so einem Fall kann eine Provision fällig werden, die als unverhältnismäßig hoch zur geleisteten Arbeit erscheint und dem Spender nicht zu vermitteln ist. Imageprobleme und Nachfragen können die Folge sein. • Probleme bei der Abrechnung von Zeit-, Sachund Leistungsspenden Während sich Provisionen bei Geldspenden noch berechnen lassen, treten vielfältige Probleme auf, wenn Sachspenden oder gar Zeitspenden eingeworben werden. Diese können wirtschaftlich eine große Bedeutung haben, wenn z.B. eine Fluggesellschaft für eine international tätige Organisation Freiflüge zur Verfügung stellt oder es gelingt, eine wichtige Person als Schirmherr oder Testimonial zu gewinnen. Neben der Frage der Wertermittlung, die vielfach kaum möglich sein dürfte, stünde dem Dienstleister in so einem Fall eine monetäre Vergütung zu, die nicht durch Einnahmen gedeckt ist. Da diese Bereiche so problematisch sind, wird ein provisionsorientierter Fundraiser die Möglichkeiten nach Sach- und Zeitspenden gar nicht weiter ausloten und „links liegen lassen“. Provisionen führen zu einem reduzierten Verständnis von Beziehungen Grundlegend für viele der angeführten Probleme ist ein reduziertes Verständnis von Beziehungen. Bei Provisionen werden die Beziehungen – zwischen Dienstleister und Organisation sowie zwischen Förderer und Organisation – auf Geld reduziert. Unbestritten ist, dass Geld ein zentrales Element ist und am Ende sich Fundraising an den eingeworbenen Spenden und Zuwendungen messen lassen muss. Gerade als Fundraiserinnen und Fundraiser wissen wir aus unserer täglichen Praxis, dass Beziehungen zwischen Menschen auch durch Geld mitbestimmt werden, der Kern jedoch jenseits des Geldes liegt. Kategorien wie „Sinn“, „Involvement“, „Innovation“ und „Gemeinschaft“ sind vielfach wesentlichere Aspekte, die Beziehungen definieren. Geld spielt oft nur eine unterstützende Rolle, stabilisiert Beziehungen und ermöglicht die gemeinsame Gestaltung und den Austausch von Leistungen, Nutzen und Werten. Mit anderen Worten, Geld ist in der Regel kein Zweck, sondern ein Mittel, mit dessen Hilfe Zwecke verwirklicht werden können. Wird Geld zum Zweck, lassen sich die vielfältigen Aspekte menschlichen Lebens in ihren jeweiligen Potenzialen kaum mehr entfalten. Achten alle Akteure auf ihren eigenen ökonomischen Vorteil, lässt sich nur eingeschränkt Vertrauen aufbauen, Ethik 41 da jeder jederzeit damit rechnen muss, dass andere sich auf seine Kosten bereichern wollen. Vertrauen ist jedoch für viele Beziehungen konstitutiv. Vertrauen ermöglicht Gemeinschaft und die Entfaltung individueller und sozialer Potenziale. Basieren hingegen die Beziehungen auf Vertrauen, können sich diese Potenziale entwickeln. Und Fundraiserinnen und Fundraiser schätzen – wie fast alle Arbeitnehmer – neben einem guten Gehalt vor allem Sinn in der Arbeit, gute Kollegialität und die Möglichkeit, sich in die Arbeitsprozesse einbringen zu können. Förderer zu guter Letzt wollen selten die Milchkühe sein, die von den Organisationen gemolken werden. Sie schätzen die Realisierung von Projekten und Programmen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Der Fluch der Provisionen Auf den ersten Blick hat Fundraising auf Basis von Provisionen für Non-Profit-Organisationen eine Reihe von Vorteilen, da Risiken und Investitionen auf Dienstleister übertragen werden können. Oberflächlich betrachtet, könnten Provisionen motivieren, besondere Leistungen zu erbringen. Bei genauerer Betrachtung lauern hinter diesen scheinbaren Vorteilen jede Menge Gefahren, Gefahren für Non-Profit-Organisationen und Förderer. Die Art der Vergütung bestimmt die Qualität und die Ausgestaltung der Beziehung. Eine Beziehung, die auf Geld reduziert wird, beinhaltet immer die Gefahr, dass nicht die Interessen und Wünsche der Förderer im Mittelpunkt stehen, sondern das Geld, das von ihnen eingeworben werden kann. Dies kann gravierende Folgen für die Beziehungen zu den Förderern haben und Fundraising in den Augen der Öffentlichkeit und der potenziellen Förderer in Misskredit bringen. Hierin liegt auch der Grund, der zahlreiche Fundraisingverbände veranlasst hat, Fundraising auf Basis von Provisionen als unethisch zu qualifizieren. Für die Organisationen selbst kann die Verlagerung von Risiken und Investment Probleme nach sich ziehen. Dienstleister werden Risiken und die Vorfinanzierung nur dann übernehmen, wenn sie hiervon einen Nutzen oder scheinbar keine andere Chance haben. Ist dies nicht gegeben, ist es für Dienstleister sinnlos, diese Angebote anzunehmen. Statt ohne Risiken gezielt auf Erlöse hinarbeiten zu können, müssen die Dienstleister ihre betriebswirtschaftliche Situation im Blick behalten – so sind Provisionen häufig teurer als andere Vergütungsmodelle. Die Organisationen haben keinen Anspruch auf Leistungen und können Ethik 42 mit Abgrenzungsproblemen konfrontiert werden. Selbst Imageprobleme sind nicht ausgeschlossen, wenn einzelne Dienstleister für relativ wenig Arbeit aufgrund der besonderen Umstände unverhältnismäßig hohe Vergütungen erhalten. Provisionen bergen gerade für Non-Profit-Organisationen hohe Risiken, die Führungskräfte bei nüchterner Abschätzung nicht eingehen sollten. Fehlendes kaufmännisches und betriebswirtschaftliches Know-how und die geringe Kapitalausstattung der Organisationen auf der einen Seite und fehlende Phantasie bei der Finanzierung der notwendigen Investitionen in das Fundraising auf der anderen Seite sind vielfach die Gründe, warum viele Organisationen trotz dieser Risiken Fundraising auf Basis von Provisionen nachfragen. Der Wert von bewährten Beziehungen Sinnvoller als die Finanzierung von Fundraising auf Basis von Provisionen ist die Etablierung einer nachhaltigen Beziehung zu Förderern auf der einen und zu Dienstleistern auf der anderen Seite. Wie in jeder „guten“ Beziehung geht es um die gerechte Verteilung von Chancen und Risiken. Dies bedeutet, dass Non-Profit-Organisationen zumindest einen Teil der Kosten und Risiken übernehmen, da es ihr ureigenstes Interesse ist, ihre Anliegen zu verwirklichen. Investieren sie nicht, dann gibt es relativ wenig Argumente, warum dies Externe, seien es Förderer oder Dienstleister, tun sollten. Tragende Beziehungen zu Dienstleistern und externen Fundraisern aufzubauen braucht, wie bei jeder guten Beziehung, Zeit und Investment von beiden Seiten. Der Autor Ka i F i sc h er Kai Fischer ist Partner von Spendwerk, der auf innovatives Fundraising und Marketing spezialisierten Agentur. Er berät Non-Profit-Organisationen beim Aufbau und der Einführung von Fundraising. Darüber hinaus ist Kai Fischer Experte für Online- und Multi-Channel-Fundraising. Er ist u.a. Dozent der Fundraising-Akademie und Autor von mehr als 40 Beiträgen zu verschiedenen Fundraising-Themen. Im Deutschen Fundraising Verband leitet er gemeinsam mit Gitta Roselius die Regionalgruppe Hamburg und den Ausschuss für die gute, ethische Fundraising-Praxis. E-Mail: [email protected] Jeder Mensch ist anders Erleben Sie Fundraising! Mit Visionen. Und Perspektive. Mehr Informationen unter: +41 (0)41 798 19 49 - www.dmm.ch Freiwillige und Ehrenamt 44 B ürgersc h af t l i c h es E ngagemen t 1 ges t ern , h eu t e und morgen von Ansgar Klein Die absehbaren Zukunftstrends unserer Gesellschaft werden gravierende Auswirkungen auf das gesellschaftliche Gefüge und Miteinander wie auch auf die Arbeitsmarkt- und Kommunalentwicklung haben: Die prognostizierten Geburtenziffern, die steigende Lebenserwartung, die Zu- und Ab­wanderungen, die steigende Vielfalt der Haus­ halts­strukturen und nicht zuletzt die Flexi­bilisierung der Arbeitswelt werden unser soziales Miteinander und unsere individuellen Lebensstile verändern. Die angedeuteten Entwicklungen bergen erhebliche Herausforderungen für unsere Sozialsysteme, für die kommunale Infrastruktur sowie für ein neues Arrangement von Leben und Arbeit. Dabei ist von großen regionalen – und auch kleinräumlichen – Unterschieden auszugehen, da die demografische Entwicklung eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung einer jeden Region verbunden ist. Wachsende regionale Disparitäten werden die Folge sein. Dies alles führt einerseits zu dem Wunsch und der Notwendigkeit, staatliches und politisches Handeln neu auszurichten. Aber auch das bürgerschaftliche Engagement steht in diesem Kontext vor großen und zum Teil ungewohnten Herausforderungen. Im Folgenden werden einige dieser Trends und Herausforderungen vorgestellt – und mögliche Antworten entwickelt. Bürgerschaftliches Engagement in einer Gesellschaft des „Länger Lebens“ Die Zunahme der Lebenserwartung und der Rückgang der Geburtenzahlen haben sowohl eine Abnahme der Bevölkerungszahlen als auch eine Verschiebung der Altersstruktur zur Folge. In einer Prognose geht das Statistische Bundesamt bis zum Jahr 2050 von einem Rückgang um zehn Prozent aus. Zu erwarten ist ein Rückgang von 82,5 Millionen Einwohnern in der BRD heute auf 75,1 Millionen im Jahr 2050. Der Altenquotient wird sich bis dahin verdoppeln. Die älter werdende Gesellschaft birgt sowohl Herausforderungen als auch Chancen: Auf der einen Seite steigt die Anzahl insbesondere der alten Menschen, für die eine ausreichende Dienstleistungsstruktur im Hilfeund Pflegefall zur Verfügung stehen muss, da Angehörige, die informelle Hilfeleistungen erbringen, oft überlastet sind oder aber ganz fehlen. Viele Projektbeispiele zeigen mittlerweile, dass Ehrenamtliche bei entsprechender Qualifzierung und Begleitung für verschiedene Tätigkeitsbereiche 1 Der nachfolgende Text präsentiert Auszüge des Fachpapiers „Zukunftstrends der Bürgergesellschaft“ des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE), das der Koordinierungsausschuss des BBE 2007 verabschiedet hat. AutorInnen des Fachpapiers sind Thomas Haigis, Werner Heye, Erhard O. Müller, Roswitha Rüschendorf, Jutta Stratmann und Rudolf Devic. Kontakt über E.O. Müller, den Sprecher der Arbeitsgruppe „Perspektiven der lokalen Bürger/innengesellschaft“ des BBE: [email protected]. Der vollständige Text ist als PDF zu beziehen auf der BBE-homepage: http://www.b-b-e.de/downloads.html Fundraising-Fullservice mit Visionen und Perspektive: Fundraising-Strategie – die richtige Positionierung. Scope-Fundraising-Datenbank – dialog- und webbasiert. Multichannel-Fundraising – der Kommunikations-Mix. Informations-Management – der Weg zu neuen Spendern. Ihr Partner für Fundraising-Management. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Rufen Sie uns an: Telefon +41 (0)41 798 19 49. dm michelotti ag, Direkt Marketing, Blegistrasse 1, CH-6343 Rotkreuz Telefon +41 (0)41 798 19 49, e-mail [email protected], www.dmm.ch part of arvato direct services: a Bertelsmann company Freiwillige und Ehrenamt 46 in der Unterstützung pflegebedürftiger Menschen zu gewinnen sind. Die alternde Gesellschaft birgt aber auch Chancen, die allerdings – unter anderem bedingt durch ein unangemessenes Altersbild in der Öffentlichkeit – bislang kaum sichtbar werden. Ob im Erwerbsleben oder auch im bürgerschaftlichen Engagement: Viele Ältere verfügen über ein Erfahrungswissen, das sie beispielsweise beim Aufbau von Initiativen, im Austausch mit Kindern und Jugendlichen oder in der Entwicklungsarbeit bereits einsetzen – und sogar noch stärker zur Anwendung bringen könnten, wenn die Fähigkeiten und Erfahrungen älterer Menschen nicht immer noch aus vielen Lebensbereichen ausgeklammert bzw. unangemessen bewertet würden. Der zweite Freiwilligensurvey aus dem Jahre 2004 zeigt eindrucksvoll, dass sich ein großer Teil der älteren Menschen in unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen freiwillig engagiert und ein wachsender Anteil zu bürgerschaftlichem Engagement Bereitschaft zeigt. Im Vergleich zur ersten Befragung im Jahr 1999 steigerte z.B. die Altersgruppe der 60- bis 69Jährigen ihr Engagement um sechs Prozent auf 37 Prozent. Dieses Bedürfnis nach Partizipation und Engagement muss ernst genommen und gezielt gefördert werden. Das Engagement der älteren Menschen ist schon heute in vielen Bereichen zu einem wichtigen gesellschaftlichen Stützpfeiler geworden. Es hat einen hohen gesellschaftlichen Wert und gibt demjenigen, der aktiv ist, unmittelbar etwas zurück: eine neue Verantwortungsrolle, Sinn, Freude und Integration. Das Bild des Alters ist leider noch häufig negativ geprägt, weil ältere Menschen einseitig als Ver­ sorgungsempfänger und Belastung des Sozial­ systems dargestellt werden. Dagegen erbringt die ältere Generation u.a. durch nachbarschaftliche Hilfe, freiwilliges/ehrenamtliches Engagement und Einsatz für die Familie vielfältige Beiträge zum Wohl der Gesellschaft. Das Bild des Alters muss zukünftig stärker von Anerkennung für die Leistungen älterer Menschen gekennzeichnet sein. Es gilt Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, die Potenziale älterer Menschen für ein gesellschaftliches Engagement zu nutzen. Für ein „erfolgreiches Altern“ bedarf es geeig- neter Netzwerke, die die Potenziale einer solchen Engagementbereitschaft produktiver verbinden und für das Gemeinwesen nutzbar machen. Bürgerschaftliches Engagement und die Potenziale verschiedener sozialer Gruppen In Zukunft wird es nicht nur mehr ältere, sondern auch viele junge Menschen unterschiedlicher sozio­kultureller Milieus geben, die bislang aus verschiedenen Gründen über weniger Beteiligungs­ möglichkeiten und Zugänge zum bürgerschaftlichen Engagement verfügen. Dabei handelt es sich zum Teil um Menschen mit Migrationshintergrund, zum anderen um Personen aus sozial schwächeren Schichten. Für diese gilt es neue Zugänge und Beteiligungsformen für bürgerschaftliches Engagement aufzuzeigen und zu fördern. Ein steigender Bedarf verschiedener Bevöl­kerungs­ gruppen an Integration in die Gesellschaft und an einem gedeihlichen sozialen Zusammenleben wird deutlich. So brauchen von Benachteiligung betroffene Gruppen in lokalen Quartieren eigene, wirksame Beteiligungsformen – auch unter Anwendung moderierter Verfahren –, damit sie ihre spezifischen Interessen und Bedürfnisse auf Augenhöhe mit den kommunalen Entscheidungsträgern einbringen können und selbst zum Engagement finden. Andere engagierte Bürger – mit und ohne Freiwillige und Ehrenamt 47 Migrationshintergrund – sowie Fachleute aus sozialen Verbänden und Organisationen können hier wirksam Unterstützung leisten. Besonders in lokalen Kontexten, in denen große Gruppen von Personen in kulturell homogenen Milieus leben (wie z.B. Migrantinnen und Mi­gran­­ ten), ist eine Moderation zwischen den jeweiligen Bevölkerungsgruppen angezeigt, bei der bürgerschaftlich Engagierte und lokale Organisationen (inklusive der Kirchen) eine wichtige Rolle spielen. Die Notwendigkeit zur Moderation zwischen den Bevölkerungsgruppen gilt in besonderem Maße, wenn der Anteil Einheimischer aus sozial schwachen Schichten hoch ist. Darüber hinaus sind die eigenen Zugangswege zum bürgerschaftlichen Engagement von Migrantinnen und Migranten noch zu wenig bekannt und erforscht – und die in diesem Bereich bereits seit Jahren existenten Engagementstrukturen immer noch zu wenig anerkannt. Gleichzeitig zeigen sich regionale Unterschiede hinsichtlich der Außen- bzw. Binnenmigration, so dass es neben Regionen mit einem Anstieg der Bevölkerungszahl auch Regionen mit starkem Bevölkerungsrückgang gibt (beispielsweise im Osten). Auch wenn sich dies regional unterschiedlich darstellt, so ergeben sich daraus doch wesentliche politische Herausforderungen. Um das Engagement von Migrantinnen und Migranten zu stärken und zu fördern, geht es wesentlich um: • Anerkennung: Bisherige Formen der sozialen Selbst­organisation, die den Prozess des An­­ kommens und Einlebens, aber auch der All­ tags­bewältigung betreffen, bedürfen der An­­ erkennung als Formen des Engagements und einer entsprechenden Würdigung und För­de­ rung. • Interkulturelle Öffnung des klassischen Engage­ mentbereichs: Träger und institutionelle Akteure des Engagements sind bei dem Anliegen zu unterstützen, ihre Mitwirkungsangebote und Aktivitätsfelder interkulturell zu öffnen, um das Engagement von Migrantinnen und Migranten nicht nur attraktiver zu machen, sondern überhaupt erst zu ermöglichen. • Neue Engagementformen: Unter Beteiligung von Migrantinnen und Migranten und ihren Selbst­ hilfe-Strukturen sind neue Engagementformen aus­zuloten, die ihre bisherige Unter­repräsen­ tation im Engagementbereich zu überwinden helfen. Die Bürgerrechte von Migrantinnen und Migran­ ten sollten spürbar gestärkt werden (Prüfung der Möglichkeit des kommunalen Wahl­rechts, niedrigschwellige Beteiligungsmöglich­keiten auf kommunaler Ebene z.B. über Partizipa­tions­­ projekte in der Stadtentwicklung, eine Auf­­­ wertung und Weiterentwicklung der bisheri­gen Vertretungsstrukturen, etwa in Form von „Mi­gra­ tionsbeiräten“, in denen Migranten, Aus­siedler und Einheimische gemeinsam arbeiten). Bürger­ schaftliche Vereine und Gruppen müssen für die Integration von Migrantinnen und Migranten sensibilisiert und qualifiziert werden, um auf diese Weise eine Öffnung der jeweiligen Vereine zu erreichen. In den Medien ist eine entsprechende Öffentlichkeit für das Engagement von Migrantinnen und Migranten herzustellen und die­se müssen auch zur verstärkten Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache ermuntert werden. Bürgerschaftliches Engagement im Ver­ hältnis zur Erwerbsarbeit und anderen Tätigkeiten Die Erosion des „Normalarbeitsverhältnisses“ und die damit einhergehende Zunahme prekä­ rer Beschäftigungen und Lebenslagen ist eine weitere zentrale Herausforderung für freiwilliges Engagement: In Zukunft werden fließende Über­gänge zwischen Erwerbsarbeit und freiwilliger Tätigkeit zunehmen. Die so genannten Ar­beitsgelegenheiten (Ein-Euro-Jobs) zeigen dies bereits jetzt. In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass staatlich finanzierte Beschäftigungs­ gelegenheiten (häufig verbunden mit entsprechenden Zwangsmaßnahmen) in keiner Weise mit freiwilligem Engagement gleichzusetzen sind. Gleichzeitig ist die Vereinbarkeit von sozialer Zeit, Erwerbsarbeitszeit und Freizeit für viele ein erstrebenswertes Ziel, für dessen Erreichen jedoch unterschiedliche Umsetzungschancen unter den einzelnen Bevölkerungsgruppen bestehen. Das lebenslange Vollerwerbs-Arbeitsmodell wird zunehmend in den Hintergrund treten. Hieraus Freiwillige und Ehrenamt 48 ergibt sich eine prekäre Ambivalenz: Auf der einen Seite gilt es, allen Menschen eine sinnvolle und sinnstiftende Tätigkeit zu ermöglichen. Auf der anderen Seite gehen Modelle der staatlich finanzierten Lohnersatzleistungen oder Transferleistungen häufig einher mit der erhöhten Gefahr unerwünschter Substitutionseffekte sowie mit negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt – insbesondere im Niedriglohnsektor. Fließende Übergänge in Form der Aufteilung zwischen Sozial-, Erwerbs- und Eigenarbeit sind daher anzustreben und sollten generell für alle Bevölkerungsgruppen möglich sein. Bürgerschaftliches Engagement kann und will „normale“ Arbeitskräfte nicht ersetzen, sondern hat ein eigenes Profil, das auch in diesem Zusammenhang klare Rahmenbedingungen und Anerkennung braucht. Biografisch orientierte Lebensarbeitszeitkonten ebenso wie variable Arbeitszeitmodelle unterstützen bürgerschaftliches Engagement. Unternehmen, staatliche Organisationen sowie soziale Dienste müssen hier zu engagementfreundlichen Lösungen kommen. Gleichzeitig sollten bürgerschaftliches Engagement und niedrig entlohnte Beschäftigungen nicht in Konkurrenz zueinander geraten. Entsprechende Rahmenbedingungen und klare Anforderungsprofile dienen dieser notwendigen Grenzziehung. Auf längere Sicht ist auch ins Kalkül zu ziehen, welche Auswirkungen eine Verlängerung von Wochen- und Lebensarbeitszeit auf das bürgerschaftliche Engagement haben wird: zum einen im Hinblick auf die damit verbundene grundsätzliche Einschränkung individueller Zeitressourcen, zum anderen aber auch hinsichtlich der Motivation und Motivierbarkeit zu Freiwilligenarbeit in Anbetracht erwartbarer Mehrbelastungen in der Alltagsbewältigung. Um eine gesellschaftlich produktive Koexistenz zwischen den verschiedenen Arbeits- und Engagementformen zu gewährleisten, bedarf es – angesichts der ungesicherten Perspektive von Hartz IV – einer offenen gesellschaftlichen Diskussion über Mindesteinkommen, Grundsicherung und Grundeinkommen. Bürgerschaftliches Engagement und demokratische Gestaltungsmacht Der Anspruch der bürgerschaftlich Engagierten, an der Gestaltung ihres Gemeinwesens teilzuhaben, wächst. So heißt es z.B. in der Berliner Charta des Bürgerschaftlichen Engagements: „Bürgerschaftliches Engagement fördert Partizi­ pation, Integration und Eigenverantwortung aller in Berlin lebenden Menschen und ihren Einsatz für ein aktives Gemeinwesen. Bürgerschaftlich Engagierte beanspruchen, sich mit ihren Kompetenzen und Erfahrungen in politische Entscheidungsprozesse einzubringen und mitentscheiden zu können.“ Die bürgerschaftlich engagierten Menschen haben allen Grund, selbstbewusst zu sagen: Wenn wir schon die Aufgaben des Staates und der öffentlichen Hand an vielen Ecken und Enden bereitwillig übernehmen, dann wollen wir auch an der öffentlichen Gestaltungsmacht maßgeblich und kontinuierlich – nicht nur alle vier Jahre bei der Wahl – beteiligt werden. Einer stärkeren Über­ nahme von sozialer Verantwortlichkeit durch die Bürgerschaft (wie sie zurzeit erfolgt) muss eine stärkere Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an politisch-administrativen Entscheidungen gegenüber stehen. In einer Situation, in der die öffentlichen Entscheidungsträger immer weniger in der Lage sind, die Mittel für die Aufrechterhaltung des Gemeinwesens bereitzustellen, sollte die engagierte Bürgergesellschaft nicht als soziale Lückenbüßerin betrachtet, sondern vielmehr als aktive Mitgestalterin des Gemeinwesens akzeptiert und spürbar an seiner Gestaltung beteiligt werden: Unsere repräsentative Demokratie bedarf der wirksamen Ergänzung durch partizipative Elemente. Anerkennungskultur ist nicht zuletzt auch Beteiligungskultur: In den letzten Jahren ist eine Reihe von neuen Verfahren zur Förderung von Bürgerbeteiligung und zur Aktivierung bürgerschaftlicher Kompetenz (wie z.B. das Modell „Bürgerhaushalt“) erfolgreich erprobt worden. Ihnen gemeinsam ist, dass sie Bürgerbeteiligung als einen notwendigen kommunikativen Prozess in der modernen Demokratie verstehen. Was jedoch oft noch fehlt, ist die Bereitschaft der Verantwortlichen zur Aufnahme dieser „zwei- Freiwillige und Ehrenamt 49 ten Säule“ der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung in unsere parlamentarischen und administrativen Strukturen. Denn eine wirkliche Teilhabe der Bürgerschaft erfordert erkennbare Verbindlichkeiten in Parlament und Verwaltung: Ihre Ergebnisse müssen glaubwürdig und formal legitimiert in den politischen Entscheidungsprozess einfließen. Die mit dem Ziel der „Bürgerkommune“ verbundene besonnene Machtabgabe von Politik und Verwaltung an die Bürger erfordert eine spürbare Umorientierung des bisherigen Verständnisses von Verwaltungshandeln. Die politischen Um­gangs­ formen – d.h. die sichtbar gemachte Trans­parenz und die erkennbare bürgerschaftliche Beein­ fluss­barkeit von politischen und VerwaltungsEntscheidungen – werden von den Bürgern sensibel registriert und als ein wichtiges Indiz für ihre Einbeziehung in die Gemeinwesenentwicklung wahrgenommen. Zur Realisierung einer umfassenden bürgerschaftlichen Mitgestaltung sollten auch neue, interaktive Verfahren der modernen Kommunikationstechnologie (Internetbefragungen u.ä.) zur Anwendung gebracht werden. Bürgerschaftliches Engagement und gesellschaftliche Rahmenbedingungen Die Verschiebungen im Bevölkerungsaufbau wir­ken sich auch auf soziale Leistungen und Leistungsfähigkeiten aus. Soziale Sicherungs­ systeme ebenso wie weite Teile des Wirt­schaftsund Arbeitslebens müssen sich auf diese veränderten Bedingungen einstellen. Unter den veränderten Bedingungen bedarf der Staat zunehmend der Unterstützung durch die Bürgerinnen und Bürger, durch verschiedene Vermittlungsinstanzen sowie entsprechende Strukturen in Verwaltung, Organisationen, Einrichtungen, Verbänden, Ver­ einen und Initiativen. Insgesamt ist jedoch an dem Grundsatz festzuhalten, staatliches Handeln immer auch in Verbindung mit der zivilgesellschaftlichen Verantwortung zu sehen, um deren Potenziale auszuschöpfen. Bürgerschaftliches Engagement darf dabei allerdings nicht zur „Ersatzkasse“ für nicht mehr finanzierbare staatliche Leistungen werden. Es darf nicht dazu kommen, dass sich die öffentliche Hand ihrer sozialen Verantwortung vollends entzieht. Vielmehr bedarf es einer besonderen „Qualität“ des bürgerschaftlichen Engagements, die durch entsprechende Rahmenbedingungen gewährleistet werden muss. Zur Sicherung der Rahmenbedingungen für das Engagement gehört auch, dass die öffentlichen Instanzen – nicht zuletzt die lokalen – sich weiterhin an Investitionen zur Stärkung, Vernetzung und bedarfsgerechten Förderung eines pluralen bürgerschaftlichen Engagements beteiligen. Investitionen in diesem Bereich sind Investitionen für die Grundlagen des Gemeinwesens und in eine zukunftsfähige Demo­ kratie. Die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement müssen sich verbessern: NonProfit-Organisationen dürfen nicht dem Öko­ nomi­sierungsdruck unterliegen, sondern müssen durch geeignete Maßnahmen, beispielsweise ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht, unterstützt werden. Bürgerschaftliches Engagement darf in den Institutionen, Organisationen und Verbänden nicht bloß „Randthema“ sein – vielmehr geht es darum, den Engagementwillen der Bürger in die Logik und Struktur des öffentlichen Lebens einzubinden. Bürger und Bürgerinnen jeden Alters und sozialen Hintergrundes müssen in ihrem Lebensumfeld Anknüpfungspunkte vorfinden, um eigenes Engagement zu entwickeln und zu gestalten. Dies gilt auch für Kommunen: Örtliche Anlaufstellen, engagementfördernde Infrastruktur­ einrichtungen wie Freiwilligenagenturen und -zentren, Seniorenbüros und Selbsthilfekontaktstellen sowie entsprechende Konzepte zur Unterstützung des Bürgerengagements sollen weiter ausgebaut werden. Ziel muss es sein, die Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie den ihnen zugedachten Aufgaben gerecht werden können. Veränderungen in den familiären Beziehungen, den beruflichen und sozialen Umfeldern werden sich in immer stärkerem Ausmaß auf die Motive, Ausprägungen und Formen des bürgerschaftlichen Engagements auswirken. Das bürgerschaftliche Engagement wird sich in Zukunft stärker in Richtung eines zeitlich begrenzten Engagements – einhergehend mit einem hohen Grad an Eigensouveränität – entwickeln. Zeitlich begrenztes und projekt­ orientiertes Engagement bringt allerdings auch Diskontinuität für die Organisationen des bür- Freiwillige und Ehrenamt 50 gerschaftlichen Engagements mit sich. Deshalb sind stabilisierende Strukturen erforderlich, die die Kontinuität dieser Organisationen und ihrer Leistungen sicherstellen. Die Leitungsstrukturen werden sich dieser Aufgabe stellen und zugleich stärker als bisher zeitlich begrenztes und projekt­ orientiertes Engagement fördern und einbinden müssen. Dabei gilt es zu beachten, dass ein großer Teil der Strukturen, Netzwerke und Anknüpfungspunkte für solche Engagementformen seinerseits durch ehrenamtliche Arbeit geschaffen und vorgehalten wird. Viele Organisationen, Vereine und Verbände organisieren sich selbst über mehrere Ebenen hinweg ehrenamtlich. Diese ehrenamtlich geschaffenen und erhaltenen sozialen Netzwerke sollten in geeigneter Weise professionell begleitet und beraten werden. Dementsprechende verbindliche, strukturbildende Engagement- und Kooperationsformen zu fördern und ggf. auch neu zu entwickeln, ist eine wichtige Aufgabe. Der Aufbau von sozialen Netzwerken, verbunden mit der Erfüllung eigener Bedürfnisse und Sinnfindungen, wird ein zunehmender Motor des bürgerschaftlichen Engagements. Hierzu bedarf es auch der Zusammenführung neuer strategischer Partner, wie Unternehmen, Kommunen, Bildungseinrichtungen, Schulen etc. Die Indivi­ duali­sierung von Lebenswelten bringt gleicher­ maßen Chancen und Grenzen für die Entwicklung so­zialer Netzwerke und Selbsthilfeorganisationen mit sich. Bürgerschaftliches Engagement kann hier sowohl neue soziale Netzwerke aufbauen als auch bestehende stärken. Dies ist angesichts der Veränderungen in den primären Netzwerken grundlegend für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Bürgerschaftliches Engagement trägt zur notwendigen sozialen Integration gerade in lokalen Zusammenhängen bei. Der Autor D r . A nsgar Kle i n Dr. Ansgar Klein ist Geschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürger­schaft­­ liches Engagement; Sozialwissenschaftler (Privatdozent für Politik­wissen­ schaften an der Universität Bremen, Dr. phil. als Politik­wissen­schaftler an der FU Berlin und Diplom-Soziologe an der Johann-Wolfgang-GoetheUniversität Frankfurt) und Publizist; 1988 Mitbegründer und seitdem Mitherausgeber des Forschungsjournals Neue Soziale Bewegungen; Sprecher des Arbeitskreises „Soziale Bewegungen“ der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW); Mitbegründer und Mitglied der Steuerungsgruppe des Gesprächskreises „Bürgergesellschaft und Aktivierender Staat“ der Friedrich-Ebert-Stiftung. Mitbegründer und Mitherausgeber der Buchreihe „Bürgergesellschaft und Demokratie“ im Verlag für Sozialwissenschaften (VS-Verlag, Wiesbaden). E-Mail: [email protected] Freiwillige und Ehrenamt Literatur: eine Auswahl • BBE (Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement) 2007a: Das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement im Überblick, Berlin • BBE (Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement) 2007b: Zukunftstrends der Bürgergesellschaft, Berlin • BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) 2000: Freiwilliges Engagement in Deutschland. Freiwilligensurvey 1999, 3 Bde., Stuttgart. • BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) 2006 (Hrsg.): Freiwilliges Engagement in Deutschland 1999-2004. Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichem Engagement, Opladen. • Born, Sabrina 2005: Bürgerschaftliches Engagement stabilisieren, stärken, steigern. 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In: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Jg. 16, Heft 2, S. 74-86. • Zimmer, Annette/Priller, Eckhard 2004: Gemeinnützige Organisationen im gesellschaftlichen Wandel. Ergebnisse der Dritte-Sektor-Forschung, Wiesbaden. 51 Freiwillige und Ehrenamt 52 Die Deutschen und das Ehrenamt – Empirische Befunde aus der Marktforschung von Erik Lämmerzahl Alle Jahre wieder … … in der Advents- und Weihnachtszeit ist die Spendenbereitschaft der Deutschen in aller Munde. Der Kompetenzbereich GfK CharityScope erhält pro Tag ein bis zwei Anfragen von Journalisten, die sich des Themas annehmen. Die im Dezember bei vielen Deutschen volleren Geldbörsen, die in dieser Jahreszeit verstärkten Appelle der Fundraiser und die – seit 2007 sogar verbesserten – steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten sorgen dafür, dass sich die Geldflüsse nicht gleichmäßig über das ganze Jahr verteilen. Im Gesamtjahr 2006 leisteten die Deutschen Geldspenden in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro. Von dieser Summe entfielen 33 Prozent auf die Monate November und Dezember. Zeit spenden im Ehrenamt: nicht nur zur Weihnachtszeit Gerne wird dabei übersehen, dass es eine andere Art des Spendens gibt, die einen noch weit größeren finanziellen Wert darstellt und – mehr oder weniger – kontinuierlich das ganze Jahr hindurch fließt. Die Rede ist von den freiwilligen und ehrenamtlichen Tätigkeiten, die die Deutschen leisten. GfK CharityScope fragt die Deutschen zweimal im Jahr nach diesen Leistungen. Dabei werden die Befragten gebeten, ihre geleistete Stundenzahl abzuschätzen. Mithilfe einer einfachen Formel wird die Arbeitsleistung in Euro umgerechnet. Dabei legen wir den durchschnittlichen Stundenlohn eines Arbeiters zugrunde, der sich im Jahre 2006 auf 15,55 Euro belief. Das Ergebnis: Die ehrenamtliche Arbeit der Deutschen im Jahre 2006 entsprach einem Wert von über 55 Milliarden Euro. Um die Größenverhältnisse zu veranschaulichen: Wenn die Geldspenden so groß sind wie die Fläche Deutschlands, dann entsprechen die Zeitspenden der Größe Kanadas. Eine kleine „Saisonalität“ gibt es aber auch bei den Zeitspenden. Das zweite Halbjahr 2006 hatte einen Anteil von 52 Prozent am Gesamtjahr. Man wird das leicht nachvollziehen können, denkt man nur zum Beispiel an die vielen Advents- und Weihnachtsbasare, bei denen viele fleißige Hände mit anpacken … 2007: Aufschwung auch im Sozialen Seit 2005 werden die Panelteilnehmer durch GfK CharityScope jeweils im Januar und im Juli nach Freiwillige und Ehrenamt 53 ihren Zeitspenden befragt. Dabei sollen sie angeben, wie viele Stunden „freiwillige, unbezahlte Tätigkeit“ sie im zurückliegenden Halbjahr geleistet haben und in welchen gesellschaftlichen Bereichen das war. Mittlerweile liegt uns also schon eine kleine Zeitreihe vor. Das Stundenvolumen steigerte sich vom 1. Halbjahr 2005 zum 1. Halbjahr 2006 um acht Prozent. Im 1. Halbjahr 2007 ergab sich noch einmal eine erstaunliche Steigerung von plus 28 Prozent. Dabei verteilt sich die Arbeit allerdings auf mehr Schultern: Gaben bisher weniger als die Hälfte der Deutschen an, dass sie freiwillige Tätigkeiten leisteten, so waren es 2007 erstmals deutlich über 50 Prozent. Aktuell sagten 37 Millionen Deutsche, dass sie auf die eine oder andere Weise freiwillig und unbezahlt tätig sind. Über die Gründe für diesen Aufschwung können wir vorläufig nur Vermutungen anstellen. Spontan fallen einem natürlich die finanziellen Kürzungen der letzten Jahre im sozialen Bereich ein, auch die Geldnöte, in denen viele kirchliche Körperschaften stecken. Ressourcen, die hier fehlen, würden dann durch ehrenamtliche Tätigkeit (ansatzweise) kompensiert. Ein anderer Aspekt: Die zunehmenden Angebote der Kinderhilfe (z.B. Horte, Kindertagesstätten, Nachmittagsbetreuung) ziehen tendenziell auch mehr ehrenamtliches Engagement der Eltern nach sich – angefangen z.B. bei einem Hol- und Bringdienst, den sich verschiedene Familien untereinander aufteilen. Möglich ist auch, dass die gezielte Förderung von Freiwilligendiensten durch viele Kommunen (Stichwort „Soziale Stadt“) Früchte trägt. Die soziale Energie – wo fließt sie hin? Schauen wir uns nun an, auf welche gesellschaftlichen Bereiche sich die ehrenamtlichen Tätigkeiten erstrecken. Da wäre an erster Stelle der Sport zu nennen, in dem sich fast 20 Prozent aller Befragten engagieren. Am häufigsten wurde hier die Mithilfe bei Veranstaltungen genannt (elf Prozent), gefolgt von der Organisation des Vereinslebens, also z.B. Schriftführer, Kassenwart usw. (knapp sieben Prozent). Immerhin fast fünf Prozent betätigen sich als Übungsleiter bereits „echt“ sportlich. An zweiter Stelle geben knapp 18 Prozent aller Befragten an, dass sie sich im Bereich der Kinderund Jugendarbeit engagieren. Auch hier ist die Mithilfe bei Veranstaltungen mit elf Prozent die Art von Tätigkeit, die von den meisten wahrgenommen wird. An zweiter Stelle folgt mit weitem Abstand (knapp fünf Prozent) die Jugendarbeit im engeren Sinne, z.B. die Ferien- und Freizeitbetreuung. Soziales Engagement – wie intensiv darf’s denn sein? An den vorstehenden Beispielen wird schon deutlich, dass wir es vermutlich häufig mit einem Engagement zu tun haben, das sich am Rande der Kernaktivitäten der jeweils unterstützten Gruppe abspielt. Typisch wären z.B. die Eltern, die die Nachwuchskicker zum Auswärtsspiel bringen oder deren Trikots waschen; oder auch Eltern, die bei einem Schulbasar Glühwein ausschenken, Tische und Stühle schleppen usw. So bilden diese Freiwillige und Ehrenamt 54 sozialen Organisationen (Vereine, Schulen …) Netzwerke aus, die auch weiter entfernt stehende Personen erreichen. Speziellere Tätigkeiten werden naturgemäß von kleineren Personengruppen wahrgenommen. So geben nur zwei Prozent aller Befragten an, dass sie im Sport als Schiedsrichter oder Kampfrichter amtieren. Ein guter Indikator für die Intensität des Engagements ist die durchschnittlich geleistete Stundenzahl (immer auf das zurückliegende Halbjahr bezogen). Nehmen wir als Beispiel wieder den Sport. Für „Mithilfe bei Veranstaltungen“ wurden im Durchschnitt 16 Stunden veranschlagt. Der Bereich „Organisation“ (z.B. Schriftführung) schlägt bereits mit 31 Stunden zu Buche. Ein ehrenamtlicher Trainer kommt auf durchschnittlich 57 Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit. Es wird auch deutlich, dass die Zeitbudgets keineswegs geeignet sind, mit professionellen Diensten zu konkurrieren. So kommt ein Freiwilliger (wohl meist eine Freiwillige) im – in der Öffentlichkeit viel besprochenen – Arbeitsfeld Altenhilfe auf 51 Stunden im Halbjahr. Nur ein Prozent aller Befragten lag mit über 50 bzw. sogar über 100 Stunden darüber. aber schon die Gestaltung der Gottesdienste (z.B. im Kirchenchor) und die Ämter, die mit Kirche und Gottesdienst verbunden sind, also z.B. Messnerund Ministrantendienste. Der Kirchenchor wurde eben schon erwähnt – musikalisch kann man sich natürlich auch woanders betätigen: Der Bereich Kultur steht mit elf Prozent an vierter Stelle der Ehrenamts-Liga, und hier nimmt die Musik mit sechs Prozent den unangefochtenen Spitzenplatz ein. Damit sind die Plätze eins bis vier klar – hier eine Übersicht über alle Platzierungen der „Top Ten“: 1. Sport 19,5 % 2. Kinder- und Jugendarbeit 17,5 % 3. Kirchen 14,3 % 4. Kultur 11,1 % 5. Soziales /Gesundheit (z.B. Altenhilfe, Behinderte, Migranten) 9,2 % 6. Rettungsdienste (z.B. Feuerwehr, DLRG) 4,5 % 7. Umwelt (Naturschutz, Tierschutz …) 3,4 % 8. Justiz (z.B. Schöffenamt, Gefangenenhilfe) 1,6 % 9. Internationales (z.B. Entwicklungshilfe, Menschenrechte) 1,1 % 10. Frauen (z.B. Frauenhäuser, Mütterzentren) 0,4% Sonstiges 8,1 % Die Werte zeigen den Anteil der Bevölkerung, die sich in dem jeweiligen Bereich ehernamtlich engagiert. Die Hitliste der Ehrenämter Nach dem Sport auf Platz eins und der Kinder- und Jugendhilfe auf Platz zwei kommen die Kirchen an dritter Stelle – bei ihnen engagieren sich 14 Prozent aller Befragten. Hier steht zwar auch die allgemeine Mithilfe bei Veranstaltungen mit sieben Prozent an erster Stelle. Direkt dahinter kommen Zeitspender sind auch Geldspender – eine Verknüpfung Personen mit „sozialer Ader“ gibt es also glücklicherweise recht viele; dennoch steht ein großer Teil der Bevölkerung abseits und beteiligt sich nicht. So ist es wenig verwunderlich, dass es oft dieselben Menschen sind, die sowohl Zeit als auch Geld spenden. Konkret: 57 Prozent aller Freiwillige und Ehrenamt 55 Geldspenden kamen von Personen, die auch im freiwilligen Arbeitseinsatz waren. Und im ersten Halbjahr 2007 waren sie es auch, die ihre Geldspendenleistung überproportional steigerten. Zeitspender sind eine interessante Ziel­ gruppe – eine Anregung Wer sich ehrenamtlich engagiert, wer Zeit in Projekte mit anderen Menschen zusammen investiert, verfügt automatisch über soziale Kontakte, über Netzwerke. Solche Personen könnten geeignete Multiplikatoren sein, um z.B. • neue Mitglieder zu gewinnen; • neue Mitarbeiter zu gewinnen; • Geldspenden zu generieren. Vor diesem Hintergrund ist die Konzentration auf die Zielgruppe „Ehrenamtliche“ für Fundraiser sicher eine Überlegung wert. Die detaillierten Ergebnisse der GfK CharityScope können bei der strategischen Planung eine wichtige Hilfe sein. Der Autor E rik L ämmerzahl Erik Lämmerzahl ist Research Manager der GfK Panel Services. Nach dem Studium der Betriebswissenschaften mit den Schwerpunkten Marketing, Kommunikationswissenschaften und Internationale Wirtschaft war er zunächst Vertriebsmitarbeiter bei der Dynamit Nobel Kunststoff GmbH. Von 2000 bis 2007 arbeitete er für die Information Resources Inc., zuletzt als Senior Consultant im Bereich Analytic Services. Seit April 2007 ist Lämmerzahl für die GfK AG tätig und verantwortet das GfK DirektMarketing Panel und den Bereich GfK CharityScope. E-Mail: [email protected] Mitarbeit: Burkhard Winz, Senior Specialist, GfK Panel Services GfK CharityScope = Marktforschung und Beratung für Non-Profit- Organisationen. 10.000 repräsentativ ausgewählte Deutsche tragen Monat für Monat ihre Geldspenden in ein Tagebuch ein. Erfasst werden die begünstigte Organisation, die Höhe der Spende, der Spendenanlass und viele weitere Details. Zweimal jährlich geben die Befragten Auskunft über Art und Stundenbudget ihrer freiwilligen ehrenamtlichen Tätigkeiten sowie über ihre Mitgliedschaft in Vereinen. Die GfK Panel Services ist ein Bereich der GfK Gruppe in Nürnberg. Unser Kerngeschäft ist die Marktforschung mit großen, kontinuierlich berichtenden Verbraucher-Stichproben (Panels). Freiwillige und Ehrenamt 56 Praxisbeispiel: DOSB Freiw illiges Engagement i m V ereinssport: ei ne „S pende“ der besonderen Art von André Testrut und Markus Böcker Höher, schneller, weiter – größer: Die Medien präsentieren den Hochleistungssport als faszinierendes Ereignis. Er ist die weithin sichtbare Spitze des Eisbergs, dessen Fundament aber nicht weniger imposant ist: Rund 24 Millionen Menschen betätigen sich allein in den deutschen Sportvereinen. Deren Anziehungskraft beruht vor allem darauf, dass sie weit mehr als Training und Turniere zu bieten haben: Sie verbinden Fitness mit Freundschaft und sportliche Erfolge mit selbstverantwortlichem Engagement, nehmen Menschen unterschiedlicher Kulturkreise und Generationen mit auf eine integrative Reise zu mehr Lebensfreude. Für eine bürgerschaftlich bewegte Gesellschaft sind sie ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor. Um ihren umfassenden Beitrag zugunsten von Gemeinschaft und Gemeinnutz zu leisten, sind sie auf Mitspieler angewiesen, die sich einbringen und Verantwortung übernehmen. Sie brauchen eine starke Mannschaft Ehrenamtlicher – vom Helfer bis zum Vorstand. Denn sie sind keine Selbstbedienungsläden, ihr Angebot keine Ware und die sozialen Beziehungen, die sie ermögli- chen, keine Kosten-Nutzen-Verhältnisse. Als freiwillige Vereinigung sind sie vielmehr Ergebnis des Gestaltungswillens ihrer Mitglieder. Deren Einsatz ist eine Art aktiver Spende, ohne die Sportvereine nicht existieren können. So verstanden ist die Gewinnung und Bindung Freiwilliger eine besondere Form des Fundraisings – nicht zuletzt eine außergewöhnlich anspruchsvolle: Lebenszeit ist das Kostbarste, das Menschen zu „opfern“ haben und das sie nur zu geben bereit sind, wenn sie ihr Engagement eben nicht vorrangig als Opfer, sondern als bereichernde Tätigkeit erleben. Appelle an Hilfsbereitschaft und Pflichtgefühl haben deshalb nur eine geringe Reichweite. Ob ein Sportverein genügend Ehrenamtliche binden kann, hängt vielmehr davon ab, wie attraktiv er das Umfeld ihres Handelns gestaltet. Es ist eine große Aufgabe, die der Vereinssport nicht allein zu bewältigen vermag, denn viele Einflüsse liegen außerhalb seiner Reichweite, zum Beispiel der rechtliche Rahmen, in den die Politik das Ehren­amt einbettet oder die Aufmerksamkeit, welche die Freiwillige und Ehrenamt 57 Medien dem Alltag in den Sportvereinen wid­men. Er braucht solche Unterstützung – und er verdient sie auch, denn sie ist im Interesse aller: Will die Gesellschaft die Bindungskraft des Breitensports nicht preisgeben, müssen ihre Pro­tagonisten den Sportvereinen zur Seite stehen. Dafür wirbt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) als Dach­ organisation und Botschafter des deut­schen Sports – und daran wirkt er selbst aktiv mit. Einerseits regional differenziert über die ihm als Mitglieder angehörenden Landessportbünde wie auch Kreisund Stadtsportbünde, die nicht zuletzt im konkre­ ten Einzelfall Vereinen praktische Hilfestellung ge­ben, andererseits über zentrale Maßnahmen und Kampagnen wie die Initiative „Danke! Sport braucht dein Ehrenamt.“, die der DOSB seit 2001 in Kooperation mit der Commerzbank betreibt. Die Initiative verfolgt – flankiert von Aktionen zu besonderen Themen – drei Ansätze, um den Sport­ vereinen günstige Rahmenbedingungen für die Rekrutierung Freiwilliger zu verschaffen: 1.Das Internet-Portal ehrenamt-im-sport.de Das Ehrenamts-Portal, ein Informations-Center für (Sport-)Vereine, unterstützt die Führungskräfte mit zahllosen praxisnahen Arbeitshilfen, die kleinen und großen Herausforderungen zu meistern. 2.Der Preis „Pro Ehrenamt“ Der jährlich vergebene Förderpreis Pro Ehrenamt appelliert an die Akteure in der Politik, der Wirtschaft und den Medien, zu guten Bedingungen für das Ehrenamt und die Ehrenamtlichen im Sport beizutragen. 3.Das „Danke-Paket“ Das jährlich an rund 26.000 Vereinsvorstände versandte Paket ist Ausdruck der Anerkennung und Wertschätzung für ihren Beitrag. Es enthält neben anschaulichen und ansehnlichen Arbeitsmaterialien vor allem eine Botschaft: „Danke für Ihr Engagement!“ Wir denken weiter. Zum Beispiel beim Fundraising. Generieren Sie Spenden im Internet mit unserem BFS-Net.Tool XXL. Automatisieren Sie Ihre Spendenströme direkt auf Ihr Konto. Sie brauchen keine Programme zu installieren oder Ihre Homepage umzubauen. Sprechen Sie mit uns. Wir haben die Lösung. Die Bank für Wesentliches. www.sozialbank.de Freiwillige und Ehrenamt 58 Ehrenamts-Portal: Know-how macht Lust auf Leistung Der Ansatz des DOSB, die Gewinnung und Bindung Freiwilliger nicht zuletzt durch Kompetenzvermittlung im Ehrenamts-Portal zu fördern, wird nachvollziehbar, wenn man Bedürfnisse und Ziele Ehrenamtlicher mit den Bedingungen abgleicht, unter denen sie sich einsetzen. 1.Was Einsatzwillige sich wünschen Trifft die „populäre“ Befürchtung zu, gesellschaftliche Solidarität und gemeinnütziges Handeln blieben auf der Strecke, weil Individualisierung die gemeinsame Basis erodieren lasse? Der „Freiwilligensurvey“, die umfassendste und detaillierteste quantitative Untersuchung zum bürgerschaftlichen Engagement in Deutschland, beweist mit beeindruckenden Zahlen das Gegenteil: Gut ein Drittel der Bevölkerung übernimmt allein in den Vereinen und Verbänden freiwillig Verantwortung, ein weiteres Drittel in Initiativen und Projekten. Die Quote ist nicht etwa rückläufig, sondern stieg zwischen den Erhebungen von 1999 und 2004 sogar leicht an. Von dieser Einsatzbereitschaft profitiert der Sport an erster Stelle: Mit einem Anteil von elf Prozent an der Bevölkerung bildet er den größten FreiwilligenSektor in Deutschland. Es kann also keine Rede davon sein, dass ehrenamtliche Mitwirkung als verstaubtes Ritual gilt: Viele verstehen sie als eine moderne Chance, sich sinnvoll einzubinden und sich im Handeln für andere selbst zu verwirklichen. Aus diesem Verständnis ergeben sich weit reichende Folgen für das Freiwilligenmanagement in den Sportvereinen: Mit Ämtern und Ehre allein ist heute wenig zu erreichen. Worauf es vielmehr ankommt, sind Rahmenbedingungen, die Gemein- und Eigennutz auf einen Nenner bringen: Potenzielle Freiwillige sind vor allem durch konkrete Ziele zu motivieren, die ihnen die zupackende Mitarbeit wert sind. Mit Vorliebe dort, wo sich die Gelegenheit bietet, für Beruf und Privatleben nützliche Erfahrungen und Kenntnisse zu gewinnen. Sie lassen sich gern herausfordern und engagieren sich ernsthaft, doch dürfen Spaß und Erfolgserlebnisse nicht zu kurz kommen. 2.Womit sich Engagierte konfrontiert sehen Dieser Ausschnitt an Erwartungen weist auf eine zentrale Erfolgsbedingung für die Rekrutierung Ehrenamtlicher hin: Die Vereine dürfen sie fordern, aber nicht überfordern. Was leichter gesagt als getan ist, betrachtet man die verzwickten Herausforderungen, die sich vor allem den ehrenamtlichen Führungskräften in den Sportvereinen stellen. Das Ziel, mit minimalen Mitteln ein Optimum an Leistung zu schaffen, ist in einem wirtschaftlichen und rechtlichen Umfeld, das sich zunehmend schneller und selten zum Besseren verändert, immer schwerer zu verwirklichen: • Das wachsende kommerzielle Sportangebot erschwert die Mitgliedergewinnung und -bindung und droht – wie auch die tendenziell nachlassende Unterstützung der Kommunen – die Leistungsfähigkeit der Vereine zu schwächen. • Steigende Ansprüche an die Qualität und Quantität ihrer Sportangebote und Dienst­­­­­leistungen zu befriedigen, während gleich­zeitig die Kassenstände fallen, for­ dert den Verantwortlichen fundierte Ma­­na­ ge­­mentkompetenzen ab, zum Bei­spiel für die Sponsorengewinnung und Mit­glieder­ werbung oder wenn sie Koopera­tio­nen eingehen, um wichtige Ver­einsziele zu verwirklichen, die mit eigenen Mitteln nicht (mehr) machbar sind. • Im Spannungsfeld zwischen der Konsu­men­ ten­­­haltung von Mitgliedern und den vielfältigen Angeboten für ehrenamtliches Mit­ wirken im „Freiwilligen-Markt“ benötigen die Sportvereine neue, attraktive Konzepte für das Ehrenamt. Freiwillige und Ehrenamt 59 • Gesellschaftliche Erwartungen an die sozialen Funktionen der Sportvereine, zum Beispiel in der Jugend- und Integrationsarbeit, nehmen in dem Umfang zu, in dem der Staat sich aus diesen Aufgabenfeldern zurückzieht. Die Führungskräfte der Vereine geraten dabei leicht in die Zwickmühle: Ungeachtet der wachsenden Komplexität erwarten Mitglieder und Partner von ihnen, dass sie Probleme schnell lösen und Potenziale konsequent ausschöpfen. Dazu müssen sie häufig Entscheidungen treffen, die nicht nur den Verein, sondern auch sie selbst auf unbekanntes Terrain führen. 3.Die Konsequenz: Hilfe zur Selbsthilfe Stellt man die Bedürfnisse den Bedingungen gegenüber, wird deutlich, welches Problem die Gewinnung und Bindung Freiwilliger vor allem erschwert: Die berechtigte Furcht oder die Erfahrung, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Sie sehen sich ähnlichen Herausforderungen wie Managementprofis gegenüber, doch häufig ohne eine entsprechende Ausbildung absolviert zu haben. Nicht zuletzt hier setzt der DOSB mit der Commerzbank als Partner an: Sie haben in der gemeinsamen Initiative ihre sportpolitischen und wirtschaftlichen Kompetenzen verknüpft, um Verantwortungsträgern im Internet-Portal ehrenamt-im-sport.de zugleich Orientierungshilfe zu bieten und ein professionelles Instrumentarium für die Entwicklung von Strategien und die Bewältigung von Alltagsarbeiten zur Verfügung zu stellen. Zu den Instrumenten, die das Portal als interaktiver Werkzeugkasten bereit stellt, gehören unter anderem umfangreiche Beiträge zum Vereinsmanagement von A wie Anerkennung ehrenamtlichen Engagements bis Z wie Zielsetzungen für die Vereinsentwicklung, mehr als zweihundert Checklisten, Schriften­ reihen zu Schwerpunktthemen und eine Online- Wir sammeln gerne! TelefonFundraising bedeutet: • motivierte Neuspender • reaktivierte Förderer • aktuelle Datensätze • langfristige Spenden • höchste Rentabilität Lassen Sie uns gemeinsam für eine bessere Zukunft sammeln! Wir sprechen mit Menschen www.TeleDialog.com TeleDialog GmbH Ludwigsplatz 17 D-83022 Rosenheim Tel. +49 (8031) 8066-0 Fax +49 (8031) 8066-16 Freiwillige und Ehrenamt 60 Vereinsanalyse, die schnellen Aufschluss über den Status quo und attraktive Handlungsfelder gibt. So unterschiedlich die Arbeitshilfen im Einzelnen sind, besitzen sie doch einen gemeinsamen Fokus: Ehrenamtliche Führungsspieler in die Lage zu versetzen, die anspruchsvollen Planungs- und Umsetzungsaufgaben zu meistern. Sie sind einerseits Hilfe in der Sache, andererseits ein Beitrag zum persönlichen Erfolg der Freiwilligen, der – als Aussicht oder Erlebnis – einen der stärksten Beweggründe für die Übernahme von Verantwortung bildet. Wie sehr solche Unterstützung benötigt wird, zeigt die Nutzerentwicklung der vergangenen Jahre: Allein zwischen Januar 2005 und Januar 2007 hat sich die Zahl der Portalaufrufe auf rund 65.000 monatlich verdreifacht. Pro Ehrenamt: Ein Zeichen geteilter Ver­antwortung Die Kultur der Mitverantwortung in Deutschland zu pflegen, ist nicht nur Sache der Bürger selbst, sondern obliegt auch Organisationen und In­stitutionen: Ihr Beitrag ist nicht nur eine Frage der Ethik, sondern auch des Erfolgs, denn ein funktionierendes Gemeinwesen dient auch ihren Zielen und Interessen. Vor diesem Hintergrund verleihen DOSB und Commerzbank in Kooperation mit dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) den Preis Pro Ehrenamt an Institutionen und Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Medien für ihren zupackenden Einsatz zugunsten des Ehrenamts im Sport. Seit 2001 jährlich am 5. Dezember, dem Internationalen Tag des Ehrenamts, vergeben, würdigt der Preis einerseits die Preisträger und appelliert andererseits an andere, ebenfalls zu einem günstigen Umfeld für freiwilliges Engagement in Sportvereinen beizutragen. Denn es steht nicht weniger als die Existenz des Breitensports mit all seinen positiven gesellschaftlichen Effekten auf dem Spiel. Danke-Paket: Ehre, wem Ehre gebührt! Der dritte Ansatzpunkt, den DOSB und Commerz­ bank im Rahmen ihrer Initiative verfolgen, ist die Wertschätzung, die Ehrenamtliche verdienen. Ihr Einsatz darf und soll auch eine persönliche Bereicherung sein – selbstverständlich ist er deshalb aber nicht: Er verlangt vielmehr ausdrückliche Anerkennung! Sie den Mitstreitern zu bezeugen, zählt zu den vorrangigen Aufgaben der Vereinsführung, die das Ehrenamts-Portal wieder­ kehrend thematisiert. Doch auch den Führungsspie­ lern selbst gebührt natürlich Anerkennung. Die Koope­ra­tions­­partner zollen sie ihnen mit dem jährlich an die Vorstände von Sportvereinen adressierten Danke-Paket, das Arbeitshilfen in attraktiver Gestaltung enthält, zum Beispiel Jahreskalender zu Schwerpunktthemen mit eigens entwickelten Illustrationen. Die Kooperationspartner praktizieren mit der Aussendung also selbst, was sie den Vereinen als Führungsgrundsatz empfehlen: Anerkennung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Rekrutierung Freiwilliger. Er „honoriert“ Engagement statt mit materieller Kompensation mit weit wirksameren Gesten zwischenmenschlicher Aufmerksamkeit. Das „neue Ehrenamt“ – ein Fazit Wenn von der Zukunft Deutschlands die Rede ist, wird die Bürgergesellschaft zum Thema. Die Republik braucht den Einsatz des Einzelnen, denn die vielfältigen gesellschaftlichen und sozialen Freiwillige und Ehrenamt 61 Handlungsfelder vermag der Staat längst nicht mehr alleine zu bestellen. Je stärker er sich auf die Kernbereiche politischen Handelns beschränkt, desto wichtiger wird bürgerschaftliches Engagement. Es generiert ein unschätzbares und unverzichtbares soziales Kapital, das insbesondere in den Kommunen als kultureller Aktivposten wirksam wird. Das Ehrenamt ist deshalb aktueller und wichtiger denn je, auch im Vereinssport. Und es hat Zukunft, wie der Freiwilligensurvey enthüllt: 21 Prozent der jungen Mitglieder in Sportvereinen, die noch kein Ehrenamt ausüben, könnten sich vorstellen, Mitverantwortung zu übernehmen. Um sie, aber auch andere Zielgruppen – zum Beispiel ältere Menschen, die berufliche Verpflichtungen hinter sich, aber noch viel Leben, das gestaltet werden will, vor sich haben – für das Ehrenamt zu gewinnen, müssen die Vereine es zeitgemäß als aktive und selbstverantwortliche Teilhabe definieren und einen Rahmen schaffen, der Einsatzwillige motiviert. Auf sich allein gestellt, wären sie damit überfordert. Mit dem Ehrenamts-Portal, dem Preis Pro Ehrenamt und dem Danke-Paket als den herausgehobenen Maßnahmen der Initiative, setzt der DOSB mit Unterstützung der Commerzbank dort an, wo sich in der Vereinspraxis die kritischen Faktoren zeigen, die über die Anziehungskraft des Ehrenamts und die Rekrutierung Freiwilliger entscheiden. Die Autoren A ndr é Tes t ru t André Testrut ist zertifizierter PR-Berater und Wirtschaftsmediator. Nach Stationen im Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit verschiedener Unternehmen machte sich der Volljurist 2003 mit einer Agentur selbstständig. Seit 2004 ist er als Projektkoordinator für die Planung und Durchführung der Initiative von DOSB und Commerzbank verantwortlich. E-Mail: [email protected] M ar k us B öc k er Markus Böcker ist Diplom-Sportlehrer und Journalist. Seit 2000 verantwortet der gebürtige Kölner die Internetaktivitäten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) im Bereich Medien und Öffentlichkeitsarbeit. Seit 2001 leitet er darüber hinaus die Initiative „Danke! Sport braucht dein Ehrenamt.“ von DOSB und Commerzbank. E-Mail: [email protected] Freiwillige und Ehrenamt 62 Praxisbeispiel: Malteser Weil Nähe zählt – Auf der Suche nach Ehrenamtlichen von Anja Remmert „In einer an menschlichen Kontakten und Be­­ zie­hungen immer ärmer werdenden Gesellschaft muss menschliche Nähe die Antwort der Malteser sein“, so Dr. Constantin von Brandenstein-Zeppelin, ehrenamtlicher Präsident des Malteser Hilfs­ dienstes. Aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen wird es eine immer größere Herausforderung für die Malteser, neue Freiwillige zu gewinnen, die bereit sind, verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen. Vor diesem Hintergrund hat die Organisation ein Aktionsjahr zur Gewinnung neuer Ehrenamtlicher unter dem Titel „2008 Malteser gewinnen“ ausgerufen, das dieser Artikel vorstellt. Gesellschaftliche Veränderungen Es sind unterschiedliche Bereiche, die bei der Betrachtung gesellschaftlicher Veränderungen im Bezug auf das Ehrenamt interessant werden – vor allem Themen wie Individualisierung, Veränderungen in der Sozialstruktur Deutschlands sowie technologische Entwicklungen spielen hier eine Rolle. Der Prozess der Individualisierung geht einher mit der Industrialisierung und Modernisierung der westlichen Gesellschaften. Aufgrund dieser Indivi­ dualisierungstendenzen haben traditionelle Muster sozialer Eingebundenheit in familiäre Systeme entweder an Existenz oder an Funktion verloren. Somit steigt auf der einen Seite die Notwendigkeit sozialer Organisationen, die diese Funktionen auffangen – die Integration von Personen in eine Gruppe beispielsweise oder das Erlernen der heute so wichtigen „soft skills“. Andererseits kann aber auch genau diese gesellschaftliche Individua­ lisierungstendenz für den Rückgang ehrenamtlichen Engagements verantwortlich gemacht werden. Die Auswirkungen dieser Tendenz werden vor allem in den Veränderungen der Personalstruktur und dem Wandel in der Lebens- und Arbeitswelt deutlich, die an anderer Stelle noch zur Sprache kommen. Einhergehend mit der Individualisierung ist eine zunehmende Differenzierung und Pluralisierung Freiwillige und Ehrenamt 63 der Lebensstile wahrzunehmen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Vergleich zwischen früher und heute im Bezug auf die möglichen Lebensformen: Früher konnte man entweder ledig, verheiratet oder verwitwet sein. Heute gibt es deutlich mehr Formen des Zusammen- oder Getrenntlebens – das früher fast undenkbare „geschieden“ ist inzwischen Bestandteil der gesellschaftlichen Normalität. Hinzu kommen unterschiedliche Lebensstile, die von traditionell über modern bis hin zu „trendsetzend“ reichen. Zudem klagen Kirchen zunehmend über den Verlust ihres Einflusses. Die von der Gesellschaft geforderte Mobilität in geographischer, kultureller und beruflicher Hinsicht führt zu einer Enttraditionalisierung und der Auflösung einheitlicher Weltbilder. Bezog sich das Weltbild noch Anfang des 20. Jahrhunderts im Wesentlichen auf christliche Werte, beeinflussen heute unterschiedlichste Philosophien und neue Erkenntnisse in der Wissenschaft das Weltbild einer jeden Person. Als weiterer Beobachtungspunkt sticht der demographische Wandel hervor, da seine Wirkungen besonders die Bereiche Soziale Dienste und Gesundheitswesen beeinflussen. Die demografische Entwicklung zeigt einen immer deutlicheren Zuwachs an älteren Menschen, insbesondere durch die steigende Lebenserwartung und durch den Geburtenrückgang. Diese demografischen Veränderungen wirken sich auf Non-Profit-Organisationen aus: Um den in Zukunft nachgefragten Umfang an Hilfs- und Dienstleistungen erbringen zu können, wird insgesamt mehr Personal erforderlich sein. Da die Geburtenrate in den vergangenen Jahrzehnten zurückgegangen ist und sich dieser Trend fortsetzt, wird die Zahl der jüngeren Bevölkerungsmitglieder abnehmen. Damit scheint ein Engpass an akquirierbarem Personal vorprogrammiert, so dass soziale Organisationen untereinander oder mit erwerbswirtschaftlichen Organisationen um engagiertes Personal konkurrieren werden. Ein weiterer Punkt ist im Zusammenhang mit ehrenamtlichem Personal wichtig: Während die Anzahl der potenziellen Ehrenamtlichen im jungen Alter sinkt, nimmt für alle Altersgruppen das Freizeitangebot zu. Die Organisationen – egal in welchem Segment – stehen jetzt und erst recht in 1 Weber, Max. 1972. Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie. Tübingen: J.C.B. Mohr Zukunft im Wettbewerb mit vielen Freizeitange­bo­ ten sowie den modernen Medien wie Fernsehen, digitale Spiele und Internetnutzung. Die Veränderungen aufgrund von Individualisie­ rungsprozessen und innerhalb der Sozialstruktur bewirken also mittelbar und unmittelbar Ver­ änderungen in einer Komponente, die für das Handeln von Non-Profit-Organisationen ausschlaggebend ist: dem Ehrenamt. Kurz gesagt: Die Nachfrage nimmt zu, während das Angebot abnimmt. Wie kann man also mehr Menschen motivieren, sich für den guten Zweck zu engagieren? 100 90 80 70 Männer 60 50 Frauen 40 30 20 10 600 Tausend 300 0 300 Tausend Abb.: Altersstruktur Deutschland im Jahr 2050. (Quelle: Statistisches Bundesamt 2005) Das markante Charakteristikum ehren­amtlich Tätiger ist, dass sie: „kraft ihrer ökonomischen Lage imstande sind, kontinuierlich nebenberuflich in einem Verband leitend und verwaltend ohne Entgelt oder gegen nominales oder Ehren-Entgelt 1 tätig zu sein […]“ (Weber 1972, S. 170). Die Frage nach der Motivationsstruktur der ehrenamtlich Tätigen ist eine der wichtigsten Fragen für das Malteser-Projekt. Und auch hier hat sich einiges verändert: Früher ging man davon aus, dass sich freiwillig Tätige aus rein intrinsischer Motivation engagierten. „Stand früher die altruistische Haltung des Helfens im Vordergrund, 600 Freiwillige und Ehrenamt 64 werden nunmehr weitergehende Anforderungen an das unbezahlte Engagement gestellt. Im Rahmen post-materieller Wertorientierung soll das unbezahlte Engagement – auch oder vor allem – der eigenen Selbstverwirklichung dienen. Selbstbestimmung und Selbstorganisation der Arbeit spielen dabei eine immer wichtigere Rolle.“ 2 (Höflacher 1998, S. 55). Problemorientierung, Selbstsicherheit und Anerkennung „sowie seinen sozialen Status zu stabilisieren sind oftmals entscheidende Beweggründe, sich freiwillig zu engagieren“. Dadurch wird nicht zuletzt auch das „Ego“ gestärkt. Es zeichnet sich bereits ab, dass der persönliche Nutzen innerhalb der Motivationsstruktur der Ehrenamtlichen stark an Bedeutung gewonnen hat. Die „individuelle Kosten-Nutzen-Rechnung hat die Zugehörigkeit zu sozialen Milieus oder das beruflich ‚verlangte’ Engagement als Motivationsgrundlage an den Rand gedrängt“ 3 (Luthe und Strünck 1998, S. 155). Daraus kann man schließen, dass sich Freiwillige bewusster und zielgenauer engagieren, um den individuellen Nutzen zu maximieren. Aus dieser Motivation heraus kann sich schließlich auch die Qualität des Engagements verbessern. Diese „neuen Ehrenamtlichen“ pflegen den Wunsch, etwas zu lernen, ihre Kompetenzen zu erweitern und neue Erfahrungen zu sammeln. Das ist eine neue Herausforderung für NonProfit-Organisationen, die bislang noch nicht mit derartigen Kosten-Nutzen-Konzepten seitens der aktiven Helfer konfrontiert waren. Aufgrund dieser neuen Tätigkeitsmotivation identifizieren sich die Freiwilligen nicht mehr so stark mit der Organisation, für die sie tätig sind, sondern mehr mit den Arbeitsinhalten und Ergebnissen. Von einer qualitativen Steigerung der ehrenamtlichen Tätigkeit kann jedoch nicht zwingend auf eine Steigerung der Quantität geschlossen werden. Die oben aufgezeigten Motivverlagerungen haben vielmehr zur Folge, dass „sich die meisten ‚neuen Ehrenamtlichen’ nicht mehr vorbehaltlos einer Organisation zur Verfügung stellen, sondern einem Projekt oder Thema, und das meist nicht auf 3 Dauer“ (Luthe und Strünck 1998, S. 164). Genau diese Tatsache bedeutet folglich eine zusätzliche Herausforderung für die Organisationen, die die zeitliche Einbindung von freiwillig Tätigen nun überdenken müssen. Schließlich spielt die „biographische Passung“ des Engagements in der Lebenswelt des Agierenden eine nicht unwesentliche Rolle. Im Kontext der Veränderungen in der Lebens- und Arbeitswelt ist nachvollziehbar, dass das regelmäßige Engagement vom unregelmäßigen überflügelt wird, denn auf diese Weise lässt sich, je nach Lebenssituation, die freiwillige Tätigkeit in den Lebensbereich einbetten oder eben in ungünstigen Situationen vernachlässigen. Demzufolge müssen sich Organisationen auf ein zum Teil unregelmäßiges Engagement einstellen und entsprechende Möglichkeiten hierfür sowie auch für die Stabilität der Angebote entwickeln. 2 Höflacher, Stefan. 1998. "Wird ehrenamtliche Tätigkeit im Nonprofit-Sektor durch zunehmende Professionalisierung verdrängt?" Pp. 51 - 64 in Modernisierungsdruck in Nonprofit-Organisationen., edited by D. Witt, E.-B. Blümle, R. Schauer, and H. K. A. (Hrsg.). Wiesbaden: Gabler. 3 Luthe, Detlef and Christoph Strünck. 1998. "Diversifizierte Barmherzigkeit. Organisationsformen freiwilligen Engagements im Strukturwandel." in NonprofitOrganisationen im Wandel. Ende der Besonderheiten oder Besonderheiten ohne Ende?, edited by N.-O. Arbeitskreis. Stuttgart / Berlin / Köln: Kohlhammer. Freiwillige und Ehrenamt 65 Fasst man die bisherigen Überlegungen zusammen, wird klar, dass sich der Anspruch und die Möglichkeiten von potenziellen Ehrenamtlichen im Wesen verändert haben. Entsprechend muss auch die Suche nach Ehrenamtlichen anders gestaltet werden, wenn man ihre Motivation ansprechen und sie für ein unentgeltliches Engagement gewinnen will. Mitmachen überzeugen können. Stellt sich allein die Frage: Wie und wo finden diese Gespräche statt? Das Projekt „2008 Malteser gewinnen“ setzt an dieser Stelle an, verbindet die zentralen Fragestellungen („Wo und wie finde ich neue Ehrenamtliche?“, „Was sind die Erfolgsfaktoren in anderen Orten?“) und schlägt kommunikative Brücken zwischen den suchenden Akteuren. Ideen austauschen – Erfahrungen multiplizieren Die Suche nach neuen ehrenamtlichen Mitstreitern muss sich also neu orientieren. Mit dieser Erkenntnis alleine sind jedoch noch keine neuen Ehrenamtlichen für das Engagement gewonnen. Daher haben die Malteser eine Aktion gestartet, die auf dem Austausch und der Multiplikation von Ideen basiert. Der Ansatz liegt im klaren Fokus nach innen. Großflächenplakate sind weder zielführend noch können sie den Charakter des lokalen Ehrenamtes darstellen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Malteser in persönlichen Gesprächen vom Probleme In vielen Gruppen der Malteser gibt es einen hohen Bedarf an zusätzlichen Ehrenamtlichen, um Angebote wie Ausbildung, Sanitätsdienst, Malteser Jugend oder Besuchs- und Begleitungsgruppen auch in Zukunft vorhalten oder ausbauen zu können. Es gibt bereits zahlreiche Gruppen, die vor dem oben erläuterten Hintergrund gute und erfolgreiche Ideen oder Ansätze entwickelt haben. Allerdings ist das Wissen darüber nicht allgemein verfügbar und nur punktuell eingesetzt. Eine Bündelung und Weitergabe dieser wertvollen Erfahrungen führt zu einem Synergieeffekt bei der Sie suchen neue Wege, um im hart umkämpften Spendenmarkt erfolgreich zu bleiben? Möchten aktuelle Methoden testen, ohne die bewährten aufzugeben? Und brauchen eine Agentur, der Sie voll vertrauen können? TRUST FUNDRAISING arbeitet nach dem Prinzip der Transparenz: transparente Arbeitsweise, transparente Netzwerkpartner und – nicht zuletzt – ein transparentes Honorarsystem. Was das für Sie bedeutet? Das erläutert Ihnen Jürgen Grosse gern im persönlichen Gespräch. TRUST FUNDRAISING Jürgen Grosse & Team Haus Schönsitz Hauptstraße 164 53639 Königswinter Tel: +49 (0) 2223.29 65 9-0 Fax: +49 (0) 2223.29 65 9-20 [email protected] www.trustfundraising.de Freiwillige und Ehrenamt 66 Ehrenamtsgewinnung und schafft Raum für weitere Innovationen. Darüber hinaus haben die Führungskräfte Schwierigkeiten, die sich in wesentlichen Zügen ähneln. Beispielsweise gestalten sich die Suche und das Gewinnen von ehrenamtlichen Projektleitungen sehr schwierig, oder es finden sich Interessierte, die nun erfolgreich in die Aufgabenbereiche und in die Gruppe integriert werden müssen. Zudem werden Helfer häufig unabhängig vom Bedarf gewonnen und die strategische Weiterentwicklung der einzelnen Bereiche vor Ort wird nicht ausreichend bedacht. Hilfestellung aus der Praxis für die Praxis Das Projekt „2008 Malteser gewinnen“ fokussiert die Hilfestellung aus der Praxis für die Praxis und spricht alle aktiven Malteser an, sich hier einzubringen. Das Generalsekretariat bietet hierzu unterschiedliche flankierende Unterstützungen: • Arbeitshilfe zur Gewinnung neuer Ehrenamt­licher Bevor gezielt neue Ehrenamtliche für bestimmte Tätigkeitsfelder gesucht werden, ist eine Stand­ ortanalyse der erste Schritt: Wer wird für welche Aufgabe gesucht und welche Anforderungen muss der potenzielle Ehren­amtliche erfüllen? Anschließend werden hier­aus Maßnahmen abgeleitet, z.B. eine Stellen­anzeige für ein Ehrenamt oder ein In­­formations­abend für bestimmte Zielgruppen. Eine Arbeitshilfe stellt den Füh­ rungskräften eine strategische Standort­analyse und die daraus folgende Maßnahmenplanung zur Verfügung. Erklärungen und Fragen geben Orientierung und werden durch Checklisten ergänzt. Diese Arbeitshilfe steht seit Juni 2007 für alle Malteser bereit, damit sie bedarfs­ orientiert Maßnahmen zur Gewinnung neuer Ehrenamtlicher vor Ort selbst entwickeln und erfolgreich umsetzen können. • Online-Ideendatenbank zur Gewinnung neuer Ehrenamtlicher Zahlreiche Ideen zur Gewinnung Ehrenamtlicher werden derzeit in der Praxis entwickelt und um­gesetzt. Um diese auch anderen Gruppen und Gliederungen zur Verfügung zu stellen, hat das Generalsekretariat eine Wissensdatenbank erstellt. Diese steht seit Juni 2007 allen Ehrenamtlichen zur Verfügung und enthält eine Vielzahl von praktischen, erfolgreichen Ideen und Anregungen, neue Ehrenamtliche zu gewinnen. Mit der Veröffentlichung dieser Austauschplattform sind alle Malteser aufgefordert, ihre innovativen Ideen in die Online-Datenbank einzupflegen. Ziel ist der Austausch und die Weiterentwicklung der Ideen: Wissensinseln werden vernetzt, so dass „das Rad nicht allerorts neu erfunden werden muss“. Neben den Ideen der Malteser Gruppen enthält die Datenbank allgemeine Informationen zum Thema Ehrenamt und macht auf aktuelle Trends aufmerksam. Zum Teil sind hier auch Anregungen zur Umsetzung angegeben, die insbesondere die oben beschriebenen Veränderungen im Ehrenamt berücksichtigen. • Werbemittel Oft wird im Zusammenhang der Helferge­ winnung seitens der Gruppen und Gliederungen der Ruf nach Großflächenplakaten oder sonstigen bundesweiten Werbeaktionen laut. Mit solchen Medien kann man für einen begrenzten Zeitraum sicherlich eine gewisse Aufmerksamkeit erzielen. Doch dauerhafte Erfolge, geschweige denn eine nennenswerte Anzahl neuer Malteser werden dadurch wahrscheinlich nicht erreicht. Denn Helfer – so die feste Überzeugung der Malteser – werden nur durch bereits motivierte Helfer gewonnen oder angesteckt, und das ganz konkret vor Ort. Foto: Thomas Kierok Christian Stehli, stehli software dataworks BEI UNS, BEI IHNEN ODER ... ... auf dem Fundraising Kongress in Fulda? Dort ist die ideale Gelegenheit, uns kennenzulernen. Stehli Software Dataworks bereitet die Daten von über 60 namhaften Hilfsorganisationen auf. Und das aus gutem Grund. Niemand sonst bietet Ihnen diesen Mix aus effektiver Professionalität und erstklassigem Preis-LeistungsVerhältnis, aus zuverlässigen Adressdienstleistungen und eigener Forschungsund Entwicklungsabteilung für die komplizierteren Probleme. Wann und wo lernen wir uns kennen? DAS RECHENZENTRUM FÜR FUNDRAISER stehli software dataworks GmbH · Kaiserstraße 18 · 25524 Itzehoe · Germany Fon: [+49] 0 48 21/95 02-0 · Fax: [+49] 0 48 21/95 02-25 · [email protected] · www.stehli.de www.stehli.de Freiwillige und Ehrenamt 68 Die aktiven Ehrenamtlichen und Führungskräfte in den Gliederungen sollen ermutigt werden, aktiv auf die Suche nach neuen Ehrenamtlichen für ihre Gliederung zu gehen und dabei neue Wege zu beschreiten, Ideen und Erfahrungen zu sammeln und diese weiterzugeben. Dafür bietet das Projekt „2008 Malteser gewinnen“ unterstützende Materialien und Werbemittel sowie andere Hilfestellungen an. Hierzu zählen unter anderem Plakate, Postkarten, Riesen­ luftballons und Flyer, die zur Gewinnung neuer Ehrenamtlicher unterstützend eingesetzt werden können. • Anreize Als besonderer Anreiz zum Mitmachen und Ideenentwickeln sind Preise für neu gewonnene Ehrenamtliche ausgeschrieben. Mitmachen können alle Malteser Gliederungen, die neue Engagierte gewonnen haben und mit einer Postkarte an einer Verlosung teilnehmen. Vom Präsidium des Malteser Hilfsdienstes werden die innovativsten oder kreativsten Ideen zudem mit Sonderpreisen auf der Bundesversammlung im Sommer 2008 geehrt. Bei den Anreizen legt die Organisation besonderen Wert auf die Gemeinschaftspflege und -förderung und stellt einen Bezug zu den Maltesern her. So erhält die Siegergruppe beispielsweise eine Gruppenreise zu den historischen Wurzeln der Malteser. Als weitere Preise sollen Warengutscheine für Dienstbekleidungen oder ein einmaliger Zuschuss für ein Helferfest ausgeschrieben werden. Dieses gruppendynamische Anreizsystem dient der Integration der neuen Ehrenamtlichen in ihre Gruppe. • Workshop zur Gewinnung neuer Ehren­amt­licher Mit Blick auf die oben dargelegten Anforde­ rungen hat das Generalsekretariat zur För­ derung des Ehrenamtes einen Workshop entwickelt, der den Teilnehmern eine Anleitung zur strategischen Helfergewinnung gibt und die Veränderungen im Ehrenamt thematisiert. Der Fokus des Workshops liegt zum einen auf der strategischen Standortanalyse und zum anderen auf der Entwicklung von gewinnen­ den Maßnahmen, die anschließend in den Gliederungen umgesetzt werden können. Viele der Teilnehmer erkennen im Workshop, dass ein Umdenken notwendig ist, um neue Ehren­ amtliche zu gewinnen. Andere wiederum haben dies bereits erkannt und teilen ihre Er­fahrungen. Somit findet ein sehr praxisorientierter Austausch untereinander statt, der in der Regel wieder neue Ideen und Netzwerke produziert. • Angebot: Unterstützung vor Ort Die Arbeitshilfe zur Gewinnung neuer Ehrenamtlicher regt die Standortanalyse für Gruppen und Gliederungen an und begleitet sie mit gezielten Fragestellungen. Erfahrene Ehrenamtliche aus anderen Gliederungen bieten darüber hinaus eine persönliche Hilfestellung in der Umsetzung dieser Leitfragen an und fungieren so als Multiplikatoren. Sie beraten vor Ort im Prozess, stützen die Umsetzung der geplanten Maßnahmen und geben zahlreiche Beispiele aus dem Ideenpool, die dann gemeinsam an die lokale Situation angepasst werden. Freiwillige und Ehrenamt 69 Erste Erfolge des Aktionsjahres „2008 Malteser gewinnen“ Seit der Einführung dieser Angebote steigen die Mitgliedszahlen mehr als im Vorjahr. In Gesprä­ chen mit Ehrenamtlichen und Führungskräften wird deutlich, dass die strategische Auseinandersetzung mit dem Thema „Helfergewinnung“ mehr Raum gefunden und an Bedeutung vor Ort gewonnen hat. Hervorzuheben ist das Engagement, mit dem die Malteser Erfahrungen austauschen und im Dialog neue erfolgreiche Ideen entwickeln. Zudem war bislang vielen Führungskräften – besonders jenen, die seit jeher mit viel Herzblut engagiert sind – nicht bewusst, dass das „neue Ehrenamt“ neue Anforderungen an die ehrenamtlichen Tätigkeiten stellt. Sie müssen lernen, die Anreize des Ehrenamtes ins Licht zu stellen und Vorteile deutlich zu formulieren, schließlich geht ehrenamtliches Engagement über die unentgeltliche Arbeit hinaus. Ehrenamtliche lernen nicht nur in sachlichen Bereichen, wie beispielsweise Projektmanagement. Teamfähigkeit, Umgang mit schwierigen Situationen, Zugang zu anderen sozialen Milieus und Führungserfahrung prägen das Lernfeld im Ehrenamt, das zudem ein umfangreiches soziales Netzwerk bietet. Gemessen werden die Erfolge zum einen anhand der Mitgliederzahlen und zum anderen an der Anzahl der eingesendeten Verlosungskarten. Startete das Aktionsjahr zunächst mit mäßigen Zunahmen, verzeichnet die Aktion nunmehr sehr starken Zuwachs und großes Interesse. „2008 Malteser gewinnen“ ist zum Thema Nummer Eins innerhalb der Organisation geworden und wird nach Ablauf des Aktionsjahres auch weiterhin in den Gliederungen zur Sprache kommen. … erfolgreich sein und (ein-)binden Ist die Gewinnung eines neuen Ehrenamtlichen geschafft, beginnt eine strukturierten Einführung, die zum Erfolg seiner Arbeit beitragen soll. Neu bei den Maltesern zu sein, geht einher mit dem Kennenlernen eines neuen Vereins. Die vielfältigen Möglichkeiten, die sich im ehrenamtlichen Bereich anbieten, kann kaum ein neues Mitglied zu Beginn überschauen. Es bieten sich zahlreiche Optionen im sozialen Ehrenamt wie beispielsweise der Hospizarbeit ebenso wie in medizinischen Bereichen, z.B. im Sanitätsdienst oder der Erste Hilfe Ausbildung. Lokal werden darüber hinaus neue Projekte gefördert. Das Aufgabenspektrum reicht von einem Malteser Café für Senioren bis zur Aufnahme von Unternehmenskooperationen, für die jeweils projektorientiert neue Ehrenamtliche gesucht werden. Um den neuen Mitgliedern den Einstieg ins Ehrenamt wesentlich zu erleichtern, legen die Malteser wert auf eine strukturierte Einführung. Während der ersten Monate lernen die neuen Mitglieder den Verband mit all seinen Facetten kennen, erfahren viel über die Wurzeln, das Selbstverständnis und natürlich auch die wichtigsten Regeln im Umgang mit bedürftigen Personen. Es versteht sich fast von selbst, dass zu den ersten Ausbildungen ein Kurs in Erste Hilfe dazu gehört. Zur Seite steht den Ehrenamtlichen in der Regel ein Pate, der sich vor Ort in den Strukturen auskennt und als Ansprechpartner in den ersten Wochen oder Monaten zur Verfügung steht. Erst nach dem Kennenlernen einschließ­lich des Ein­führungs­ gesprächs und der anfänglichen „Schnupper­zeit“ nehmen die neuen Ehrenamtlichen an den fach­lichen Ausbildungen teil und können sich dann zielgerichtet für einen Fachbereich spezialisieren, um sich dort projektbezogen oder langfristig einzubringen. Mit dieser strukturierten Einführung werden die neuen Ehrenamtlichen einerseits willkommen geheißen und andererseits lernen sie den Ge­samt­ verband kennen, um so besser entscheiden zu können, in welchem Bereich sie sich mit welcher Intensität einbringen möchten. Freiwillige und Ehrenamt 70 Eine gute Grundlage für eine solche Entscheidung ist wichtig, denn es gibt Bereiche, in denen die Regelmäßigkeit des Engagements von gro­ ßer Bedeutung ist. Gerade im Besuchs- und Begleitungsdienst werden enge persönliche Kontakte zu den besuchten Personen aufgebaut. Die Besuchten freuen sich immer sehr auf diese regelmäßigen Gespräche. Anders als hier ist es in anderen Bereichen möglich, sich je nach Bedarf einzubringen. Beispielsweise können ausgebildete Sanitäter nach Absprache beliebig viele Sanitätsdienste im Monat durchführen oder bei Bedarf eine Pause einlegen. Vor diesem Hintergrund ist für die Malteser die strukturierte Einführung und Begleitung wichtig, damit jeder neue Ehrenamtliche die Möglichkeit hat, sich das passende Tätigkeitsfeld auszusuchen und sich darin zu entfalten. Die strukturierte Einführung versteht sich als flankierendes Angebot, nicht als Mittel zur Begeisterung oder Motivation der Ehrenamtlichen. Denn wer sich bei den Maltesern engagiert, wird in erster Linie von der Gemeinschaft, der gemeinsamen Hilfe für die Bedürftigen und der Bezeugung des Glaubens begeistert sein. Die Autorin A nja R emmer t Diplom-Soziologin (univ.) Anja Remmert, studierte an der Universität Bamberg mit dem Schwerpunkt Organisationen; seit 2001 ehrenamtlich bei den Maltesern in den Bereichen Ausbildung und Katastrophenschutz; seit 2006 als hauptamtliche Vorstandsassistentin für den Bereich Ehrenamt im Malteser Hilfsdienst e.V. zuständig; seit 2007 Projektgeschäftsführung „2008 Malteser gewinnen“. E-Mail: [email protected] Starke Mailings Schreiben Sie Ihre Spendenbriefe etwa immer noch selbst? Es ist so weit: In Ihrem Terminkalender steht „Spendenbrief schreiben“. Sie brauchen ein Konzept, die richtigen Worte, Bilder, Spendenbeispiele. Doch Ihre Gedanken drehen sich im Kreis. Das Blatt Papier bleibt leer. 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Damit ich Ihren Brief nicht übersehe!“ Werner Larsen, Spender Rufen Sie doch vorher an. Berichten Ihnen Ihre Spender auch über volle Briefkästen und zu viel Werbung? Dann machen Sie es Ihnen doch leichter, Ihre Aufmerksamkeit auf die wirklich wichtige Post zu richten. um bis zu 100%! (Response-Erhöhung nach sechs Folgemailings bis zu 30%. Bis zu 50% höherer Spendendurchschnitt, jeweils in der angerufenen Spendergruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe.) Unsere speziell ausgebildeten Fundraising-Agents kündigen Ihren Spendenaufruf telefonisch an. Und optimieren damit Ihren Response auf das Zielmailing Machen Sie sich selbst ein Bild von unserer Arbeit. Ihr Ansprechpartner: Andreas Völz, Telefon: +49 5137 2400, Email: [email protected] SAZ. TeleCare for your visions.