Klimaprognosen und -folgen für den

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Klimaszenarien und –folgen für den Brandenburger Raum
Fred F. Hattermann und Tobias Conradt
Zusammenfassung
Über die letzten 100 Jahre ist ein globaler Klimawandel zu beobachten, welcher sich durch
die Änderungen im Niederschlag, der Temperatur und der Strahlungsbilanz auf den regionalen Wasserhaushalt auswirkt. Diese Trends können für verschiedene Regionen in Europa
sehr unterschiedlich sein. Für die zukünftige Klimaentwicklung lautet das übergreifende Ergebnis aller Studien, dass sich trotz der bestehenden Unsicherheiten über die Stärke des
Klimaänderungssignals der allgemeine Klimaänderungstrend fortsetzen oder verstärken
wird, wobei wiederum regionale Ausprägungen eine Rolle spielen. Die Folgen für die europäische Wasserwirtschaft können je nach Region und Sektor schwerwiegend sein und sollten im Sinne eines nachhaltigen Ressourcenmanagements in der wasserwirtschaftlichen
Planung berücksichtigt werden.
Das Interesse lag bisher meist auf den Änderungen im Niederschlag, welche sich direkt in
Änderungen im Landschaftswasserhaushalt übersetzen lassen. Übersehen wird dabei oft,
dass in vielen Regionen Europas, insbesondere in den semi-ariden und kontinentalen Gebieten, Änderungen in der Verdunstung einen ähnlich starken Einfluss auf den Landschaftswasserhaushalt haben. Diese können durch Trends im regionalen Energiehaushalt, d.h. insbesondere Änderungen in der Temperatur und der Strahlung, hervorgerufen werden. Während die Szenarientrends für den Niederschlag, errechnet durch globale oder regionale Klimamodelle, für regionale Anwendungen noch relativ unsicher sind, sind die Trends in der
Temperatur unter Szenarienbedingungen robust. Daraus lassen sich für die Wasserwirtschaft wichtige Folgerungen ableiten:
• Durch die steigenden Temperaturen unter Szenarienbedingungen wird die Verdunstung stimuliert, und zwar weniger durch den direkten Energieinput als vielmehr durch
die gesteigerte Vegetationsaktivität.
• Auch in Gebieten, in denen insgesamt der Niederschlag nicht abnimmt oder sogar
leicht zunimmt, kann dadurch trotzdem das Wasserdargebot sinken.
• Wichtig sind saisonale Trends, insbesondere im Sommer kann aufgrund der verstärkten Transpiration Wasserknappheit auftreten.
• Für die Region Brandenburg bedeutet dies, dass durch die zurückgehenden Niederschläge im Sommer und die steigenden Temperaturen wasserrelevante Sektoren
unter Druck geraten können, Ökosysteme wie z.B. Feuchtgebiete können ihren Status verlieren.
1 Einführung
Die Temperatur ist in Europa im Laufe des vergangenen Jahrhunderts um etwa 0,8 bis
0,95°C angestiegen (IPCC 2001 & 2007). Durch die steigenden Temperaturen wird die Evapotranspiration stimuliert, und die Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Der jährliche Niederschlag über Nordeuropa hat um 10 bis 40 % zugenommen, während im Mediterranen Raum eine Abnahme um bis zu 20 % zu verzeichnen war. Eine Zunahme von Hitze-
wellen und eine Verschiebung der Verteilung zu wärmeren Temperaturen in Zentraleuropa
kann statistisch nachgewiesen werden (SCHÄR et al. 2004). Bis 2100 sagen Modellrechnungen für Europa einen weiteren Anstieg der Temperaturen um 1 bis 5,5°C voraus, wobei
Unterschiede im Grad der Erwärmung zwischen Regionen und Jahreszeiten bestehen (IPCC
2007). Für den größten Teil Europas wird eine Zunahme des Winterniederschlages erwartet;
eine generelle Abnahme wird für den Sommerniederschlag im südlichen, westlichen und
zentralen Europa angenommen. Die Häufigkeit von Dürren wird unter diesen Bedingungen
damit vor allem in Mittel- und Südeuropa zunehmen.
Wie sich die klimatischen Änderungen auf das Abflussregime der Flüsse auswirken werden
ist unsicher. In den nördlichen Breiten wird der Abfluss im Winter vermutlich zu- und der Abfluss im Frühjahr abnehmen (LEHNER et al. 2006 & 2005). Änderungen in der jahreszeitlichen Abflussdynamik können durch den Einfluss steigender Temperaturen auf die Dynamik
der Schneeschmelze verursacht werden. Schneeschmelzbedingte Hochwasserperioden
werden dadurch früher im Jahr stattfinden, und Winterhochwasser aufgrund erhöhter Regenfälle in dieser Jahreszeit zunehmen (SCHWANDT 2003). Für Dürren und Hitzewellen
wird von Modellsimulationen unter höheren Treibhausgaskonzentrationen ebenfalls eine Zunahme vorhergesagt (GOODESS 2005, IPCC 2001). Insgesamt stimmen Szenarioergebnisse generell darin überein, dass die Wasserverfügbarkeit in Nord- und Nordwesteuropa zunehmen, in Süd- und Südosteuropa und Teilen Zentraleuropas aber abnehmen wird. Die
Wasserknappheit in Regionen, die bereits heute am meisten davon betroffen sind, wird sich
somit weiter verschärfen.
Im Rahmen des BMBF Förderschwerpunktes "Globaler Wandel des Wasserkreislaufes" (siehe auch http://www.glowa.org) sollen Strategien für eine nachhaltige und vorausschauende
Bewirtschaftung von Wasser im regionalen Maßstab unter Berücksichtigung globaler Umweltveränderungen und sozio-ökonomischer Randbedingungen entwickelt werden. Ein Teilprojekt des Förderschwerpunktes, GLOWA-Elbe, befasst sich dabei mit den Auswirkungen
des globalen Wandels auf den Wasserhaushalt im Einzugsgebiet der Elbe (WECHSUNG
2005). Die Region ist von besonderem Interesse, da sie sich im Übergangsbereicht von maritimen zu kontinentalen Klimaten befindet. Außerdem hat die Elbe von den großen Flusseinzugsgebieten Europas das zweitniedrigste Wasserdargebot pro Kopf (ca. 680 m3 Gebietsabfluss pro Kopf und Jahr, siehe Stanners & Bourdeau 1995).
2 Daten und Methoden
2.1 Der GLOWA-Elbe Modellverbund
Es müssen verschiedene Randbedingungen berücksichtigt werden, um die regionale Verdunstung unter den Bedingungen des globalen Wandels abschätzen zu können (WECHSUNG 2005). Die wichtigste ist naturgemäß das Klima. Daneben können aber auch Änderungen in der Landnutzung eine Rolle spielen, insbesondere, wenn es um großmaßstäbliche
Eingriffe geht. Beispiele sind hier der staatlich geförderte Waldumbau und der großflächige
Anbau von Biokraftstoffen wie Mais und Raps.
Zur Abbildung dieser geänderten Randbedingungen wurde innerhalb des GLOWA-Projektes
der in Abbildung 1 gezeigte Modellverbund gebildet: In diesem Verbund waren die durch das
regionale Klimamodell STAR (GERSTENGARBE & WERNER 2005) für das Elbegebiet er-
zeugten Realisationen des Klimawandels die meteorologische Randbedingung für das ökohydrologische Modell SWIM, welches die Auswirkungen der Klimaänderung auf den Wasserhaushalt und die landwirtschaftlichen Erträge errechnete.
WATSIM
ECHAM4
Globale Agrarmärkte
Globales Klimaänderungszenario
RAUMIS
STAR
1) Optimierung der
landw. Einkommen
Regionale Klimaszenarien
Global
Klimawandel
Regional
Landnutzungswandel
SWIM
2 Szenarien
1) Potentielle Erträge unter
Klimawandel
2) Landschaftswasser
Landschaft
100 Realisationen
2) Anbauverteilungen
unter Globalem Wandel
und -stoffhaushalt unter
Globalem Wandel
Abb. 1: Der GLOWA-Elbe Modellverbund zur Ermittlung der Wasserverfügbarkeit im Elbeeinzugsgebiet unter globalem Wandel.
Diese Ergebnisse wurden dann an das agrarökonomische Modell RAUMIS übergeben
(HENRICHSMEYER et al. 1996), welches auf der Basis der geänderten Erträge unter Klimaänderung neue Anbauverteilungen der wichtigsten Fruchtarten sowie dazugehörige geänderte Düngeregime ermittelte. Gleichzeitig fließen die geänderten Abflüsse auch in das Wasserwirtschaftsmodel WBalMo® (KADEN et al. 2004) und das Modell MONERIS ein (BEHRENDT et al. 1999), welches die Nährstoffflüsse im Elbegebiet berechnet. Die richtige Abbildung des Landschaftswasserhaushaltes ist im Modellverbund daher von zentraler Bedeutung.
2.2 Das Elbegebiet – Gebietsbeschreibung und Datenaufbereitung
Die langjährigen mittleren Niederschläge liegen für das Gesamtgebiet der Elbe bei ca.
715 mm, der deutsche Teil liegt mit ca. 687 mm etwas darunter. Die langjährigen mittleren
Gesamtabflüsse der Elbe liegen bei 877 m3/s mit einem mittleren Zufluss aus dem tschechischen Teilgebiet von ca. 315 m3/s am Pegel Schöna. Hochwasserereignisse treten in der
Elbe und ihren Hauptnebenflüssen zumeist im Winter und Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze auf (Regen-Schnee-Typ), Niedrigwasserabflüsse in den späten Sommermonaten
(ATV-DVWK 2000). Die natürliche Abflusscharakteristik der Elbe und ihrer Nebenflüsse wird
durch 273 Rückhaltebecken zum Hochwasserschutz und zur Trinkwassergewinnung regu-
liert. Insbesondere die östlichen Tieflandteileinzugsgebiete (Schwarze Elster, Spree und Havel) haben durch Maßnahmen zur Wasserstandsregulierung ihre natürliche Abflusscharakteristik fast vollständig verloren. Durch Flussbegradigungen wurde die Wasserlaufstrecke der
Elbe um ca. 115 km verkürzt und damit das Fließgefälle erhöht, während sich durch Eindeichungsmaßnahmen bei einem hundertjährigen Hochwasserereignis (HQ 100) das Retentionsvolumen um insgesamt 2.3 Mrd. m3 gegenüber dem ursprünglichen Zustand verringert
hat (ATV-DVWK 2000).
Abb. 2: Das Elbeeinzugsgebiet.
Über die letzten 50 Jahre wurde im Elbeeinzugsgebiet ein Rückgang der Niederschläge im
Sommer um ca. 50 mm und eine Zunahme der Niederschläge im Winter um ca. 46 mm beobachtet, während über dieselbe Zeitspanne die Temperatur um ca. 1.1 °C zunahm.
3 Ergebnisse und Diskussion
3.1 Modellkalibrierung und -validierung
Das Modell SWIM wurde in verschiedenen Studien im Einzugsgebiet der Elbe eingesetzt,
wobei umfangreiche Sensitivitäts- und Unsicherheitsanalysen durchgeführt wurden (HATTERMANN et al. 2004, 2005 & 2006, KRYSANOVA et al. 2005). Im Rahmen des Projektes
GLOWA-Elbe wurde das Modell zur Parametereinstellung für die 1980er Jahre geeicht. Dabei wurde in einem ersten Schritt die tägliche Abflussdynamik für den letzten tideunbeeinflussten Pegel der Elbe (Station Neu Darchau) und an 12 möglichst durch den Menschen
unbeeinflussten Gebieten kalibriert. Danach erfolgte die Modelleinstellung für das Gesamtgebiet.
Abfluss [m3 s-1]
1200
1000
1000
800
800
600
600
400
400
200
Niederschlag [mm]
1200
200
Niederschlag
Qsim
Qobs
0
0
1961
1965
1969
1973
1977
1981
1985
1989
Abb. 3: Jährlicher mittlerer Niederschlag im Elbeeinzugsgebiet (Pegel Neu Darchau) und der
simulierte und beobachtete mittlere tägliche Abfluss pro Jahr.
1400.0
1200.0
gemessen
simuliert
[m3/s]
1000.0
800.0
600.0
400.0
200.0
0.0
353
337
321
305
289
273
257
241
225
209
193
177
161
145
129
113
97
81
65
49
33
17
1
day
Abb. 4: Gemessene und simulierte tägliche Abflüsse für die Periode 1981–90 (Pegel Neu
Darchau).
Eingestellt wurde das Modell für die 80er Jahre, da diese klimatisch weder besonders trocken noch besonders feucht waren. Sowohl feuchte Perioden (z.B. 1986–87) als auch trockene (z.B. die Jahre 1983–85 oder 1989–90) sind im Kalibrierungszeitraum enthalten. Der
mittlere jährliche Abfluss liegt für diesen Zeitraum sehr nahe am langjährigen mittleren Abfluss laut hydrologischem Jahrbuch. Außerdem wurde während der 80er Jahre kaum neuer
Speicherraum durch neue Stauwerke in der Elbe errichtet, so dass die Abflussbilanz nicht
gestört wurde.
Validiert wurde das Modell für die Jahre 1961–80. In den Jahren 1961–80 kann zum einen
kein starker Klimatrend festgestellt werden, zum anderen waren in der ersten Hälfte der 60er
Jahre auch schon ca. zwei Drittel des im Elbeeinzugsgebietes installierten Stauraumes fertig
gestellt. Außerdem herrschten im Gegensatz zu den 90er Jahren stabile politische und wirtschaftliche Verhältnisse, so dass es nicht zu plötzlichen Änderungen in der Wassernutzung
kam.
Abbildung 3 und Abbildung 4 zeigen die Simulationsergebnisse für die Referenzperiode
1961-90. Die erstere Abbildung zeigt den Vergleich der mittleren täglichen Abflüsse pro Jahr,
die zweite einen kürzeren Zeitraum mit täglichen Werten. Wie man erkennen kann, werden
in beiden Fällen die beobachteten Werte gut durch das Modell wiedergegeben, wobei SWIM
die niedrigsten jährlichen Abflüsse etwas zu spät im Jahr simuliert.
Bei der Modelleinstellung zeigte es sich, dass die Niederschlagsinterpolation korrigiert werden musste, da z.B. im tschechischen Teilgebiet insgesamt nur Daten von 20 Niederschlagsstationen vorhanden waren und diese genutzt werden mussten, um die Gebietsniederschläge für ca. 1000 der insgesamt 2278 Teileinzugsgebiete zu interpolieren. Eine geringe Abweichung in der Niederschlagsinterpolation um z.B. nur 10 % kann dabei eine Abweichung der Abflüsse um 30 % bedeuten.
3.2 Szenarienergebnisse
Abbildung 5 zeigt den mittleren jährlichen Szenarienniederschlag integral für das Einzugsgebiet der Elbe über die hundert Realisationen sowie die Streuung zwischen den einzelnen der
insgesamt 100 durch STAR generierten Realisationen. Es wird deutlich, dass der Niederschlag insgesamt nur einen geringen Rückgang über die Szenarienperiode zeigt.
Abbildung 6 zeigt dagegen den Trend im Abfluss als Vergleich des täglichen mittleren Abflusses während der Referenzperiode 1961–90 und der hundert Realisationen für die Szenarienperiode 2044–53. Man erkennt deutlich, dass im Sommer praktisch alle simulierten Szenarienabflüsse unter dem Referenzabfluss liegen. Außerdem verschiebt sich der Spitzenabfluss mehr in den Winter, da der Schneespeicher aufgrund der höheren Temperaturen abnimmt.
1100.0
alle hundert
Min-Max
1000.0
Real_7 (trocken)
Niederschlag [mm]
900.0
Real_54 (median)
Real_100 (feucht)
800.0
Durchschnitt
700.0
600.0
500.0
400.0
300.0
8
2
20
5
4
20
4
0
20
4
6
20
4
2
20
3
4
0
6
2
8
8
20
3
20
2
20
2
20
2
20
1
20
1
20
0
20
0
4
200.0
Abb. 5: Szenarientrend des mittleren jährlichen Niederschlages im Einzugsgebiet der Elbe.
1400
Abfluss [m3/s]
1200
max
75%
25%
min
median
gemessen_61_90
1000
800
600
400
200
341
307
273
239
205
171
137
103
69
35
1
0
mittlerer Tag 2046-55
Abb. 6: Mittlerer täglicher Abfluss für die Referenzperiode und die hundert Szenarienrealisationen am Pegel Neu Darchau.
80 % enthalten
50 % enthalten
a
Mittel Referenz
c
b
d
Abb. 7: Mittlerer jährlicher Niederschlag (a), mittlere jährliche Verdunstung (b), mittlere jährliche Grundwasserneubildung (c) und mittlerer jährlicher direkter Abfluss (d) während der
Referenzperiode (dicke Linie) und unter Szenarienbedingungen (Histogramme der hundert
Realisationen).
Der Grund für die relativ starke Änderung im Abfluss wird deutlich, wenn man in Abbildung 7
und Tabelle 1 den Trend in den hydrologischen Größen betrachtet: Während der Niederschlag nur gering zurückgeht (im Mittel der hundert Realisationen um 20.9 mm), steigt die
Verdunstung relativ stark an (im Mittel der hundert Realisationen um 23.7 mm). Dadurch
kommt es zu einem relativ ausgeprägten Rückgang der Grundwasserneubildung und einem
ebenfalls relativ starken Rückgang des direkten Abflusses (Oberflächen- und Zwischenabfluss).
Tab. 1: Mittlerer jährlicher Niederschlag, mittlere jährliche Verdunstung, mittlere jährliche
Grundwasserneubildung und mittlerer jährlicher direkter Abfluss während der Referenzperiode (1961–90) und unter Szenarienbedingungen (Mittelwert der hundert Realisationen für die
Periode 2044–53).
Referenz
Szenario
Differenz
Niederschlag
701.5 mm
680.6 mm
20.9 mm
Aktuelle Evapotranspiration
539.4 mm
563.1 mm
-23.7 mm
Grundwasserneubildung
93.8 mm
64.5 mm
29.3 mm
Direkabfluss
81.7 mm
68.5 mm
13.2 mm
Abb. 8: Trend der Niederschläge und der Verdunstung unter Szenarienbedingungen (Mittel
Jahre 2044–53 minus Mittel der Jahre 1961–90).
Abbildung 8 zeigt zwei Karten, links die Änderung im Niederschlag als Differenz von Referenzperiode und Szenarienperiode, rechts die Änderung in der aktuellen Verdunstung. Man
sieht, dass im Gegensatz zum Niederschlag die Verdunstung nur einen Trend zu steigenden
Werten hat. Die Absolute Änderung ist dabei dort am höchsten, wo die Niederschläge am
höchsten sind, also meistens in den gebirgigen Lagen.
Wie wichtig die Berücksichtigung der Verdunstung bei der Landschafts- und Raumplanung
ist, zeigt Abbildung 9. Dargestellt sind die mit SWIM simulierten Auswirkungen eines Landnutzungsszenarios auf die Gebietsverdunstung und Abflussbildung als Integral des Elbeeinzugsgebietes. Die grundlegende Annahme des Szenarios ist es, dass unter Liberalisierung
der Agrarpreise große Flächen des Elbeeinzugsgebietes nicht mehr kostendeckend für
Marktfruchtanbau genutzt werden können. Diese Gebiete werden allerdings im Szenario
weiter extensiv landwirtschaftlich genutzt, so dass aufgrund des weniger intensiven Anbaus
die Gesamtverdunstung besonders im Sommer sinkt (Abbildung 9). Würde man allerdings
diese Flächen aufforsten, würde sich ein anderes Bild zeigen, die Verdunstung eventuell sogar steigen. Die Auswirkungen können modellbasiert für den Waldumbau gezeigt werden:
Der Anstieg des Anteiles von Laubwald auf Kosten des Nadelwaldanteiles erniedrigt die Interzeption im Winter, und die Grundwasserneubildung kann erhöht werden (WATTENBACH
et al. 2005). Nicht berücksichtigt in dieser Analyse sind allerdings Rückkopplungseffekte auf
das regionale Klima.
100
90
16
14
12
10
60
50
40
[mm]
[mm]
80
70
8
6
30
20
4
ETa ref
10
0
2
ETa lib
GWR ref
GWR lib
0
0
3
6
month
9
12
0
3
6
9
12
month
Abb. 9: Verdunstung und Grundwasserneubildung als Ergebnis eines Landnutzungsszenarios (Liberalisierung des Agrarmarktes und als Folge Anstieg des Anteiles der Brachflächen im
Elbeeinzugsgebiet).
4 Fazit
Für die wasserwirtschaftliche Planung von Flusseinzugsgebieten, wie sie z.B. im Rahmen
der Wasserrahmenrichtlinie verlangt wird, müssen sich ändernde klimatische Randbedingungen berücksichtigt werden. Dabei zeigt sich, dass insbesondere in kontinentalen Regionen nicht nur Änderungen in den Niederschlägen von Bedeutung sind, sondern insbesondere auch Änderungen in der Verdunstung und den Grundwasserverhältnissen (siehe z.B.
BRONSTERT et al. 2003, HATTERMANN et al. 2006). Im Falle des Elbeeinzugsgebietes
zeigen die Szenarienrechnungen, dass Trends in der Verdunstung sogar der dominierende
Einfluss sein können.
Forschungs- und Entwicklungsbedarf bzgl. des Wasserhaushaltes unter Bedingungen der
Klimaänderung besteht sicherlich noch in der Berücksichtigung von Rückkopplungseffekten
der Verdunstung auf die atmosphärischen Bedingungen, insbesondere die Einflüsse auf
Luftfeuchte und Bewölkung. Diese wirken prinzipiell wieder auf den Wasserhaushalt zurück,
was aber bislang in solchen Studien wenig bzw. keine Beachtung findet und nur mit direkt
gekoppelten Landoberflächen-Atmosphären-Modellen erfasst werden kann. Der damit verbundene Aufwand und auch die Unsicherheiten sind aber noch sehr hoch, und damit für
praktische Anwendungen kaum geeignet. Es ist aber trotzdem wichtig, die Entwicklung in
diese Richtung voranzutreiben, da nur so großskalige Auswirkungen von Landnutzungsänderungen abgebildet werden können.
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