Nr. | Dezember BGW VOR ORT Mietermagazin der Bielefelder Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft Raum für die Zukunft MODERNISIERUNG BIELEFELDER MODELL BIELEFELDER PLÄTZE BGW investiert 10 Millionen Einweihung in Brake und Schildesche Geschichte des Emil-Gross-Platzes INHALT EDITORIAL Zum Titelbild: 100 Jahre – und voller Lebensfreude Foto: Freitag Ihren . Geburtstag hat die BGWMieterin Hertha Essen am . September gefeiert – und das bei körperlich und geistig bester Gesundheit. Die Seniorin, die seit im Carré am Niederwall wohnt, blickt auf ein erfülltes Leben zurück und erinnert sich noch heute gern an ihre Tätigkeit als Fotografin – ausgestattet mit einer Rolleiflex x . 4 MODERNISIERUNG BGW investiert weiter in ihren Bestand WOHNEN MODERNISIERUNG 4-5 Umfangreiche Maßnahmen BGW investiert Liebe Mieterinnen und Mieter, diese Ausgabe unseres Mietermagazins „BGW vor Ort“ ist die letzte, die ich mit begleiten durfte. Nach insgesamt -jähriger Tätigkeit bei der BGW – davon Jahre als Geschäftsführer an der Spitze des Unternehmens – verabschiede ich mich am . März in den Ruhestand. In all den Jahren habe ich es als meine vorrangige Aufgabe gesehen, Ihnen, unseren Mieterinnen und Mietern, Produkte und Dienstleistungen auf einem möglichst hohen Qualitätsniveau zur Verfügung zu stellen. Um dies zu erreichen, ist ein großer Teil der BGW-Wohnungen inzwischen umfassend modernisiert worden, und wir haben konsequent daran gearbeitet, unseren Kundenservice zu optimieren. Ich hoffe sehr, dass dies bei unseren Kunden auch so wahrgenommen wurde. Die Tatsache, dass die Fluktuationsrate innerhalb unserer Mieterschaft kontinuierlich zurückgegangen ist, stimmt mich in dieser Hinsicht jedoch optimistisch. Ziel unserer Kundenorientierung ist es, dass unsere Mieterinnen und Mieter gern und möglichst lange bei der BGW wohnen. Damit dies auch mit zunehmendem Alter möglich ist, hat die BGW mit ihrem 2 | BGW VOR ORT Bielefelder Modell eine Erfolgsgeschichte geschrieben, von der in unserer Stadt inzwischen rund Menschen profitieren, die selbstbestimmt in ihrer eigenen Wohnung leben, dabei aber Versorgungssicherheit rund um die Uhr genießen. Millionen Euro 6 Sicherheitssiegel Minister Jäger brachte Plakette an 16 Artenschutz BGW schafft Lebensräume (auch) für Tiere 21 Guter Geist im Kamphof-Viertel Große Überraschung für zwei Cousinen 9 18 Zu der, wie ich meine, positiven Entwicklung, die die BGW in den vergangenen Jahren genommen hat, haben nicht zuletzt auch unsere Mieterinnen und Mieter beigetragen, die mit ihrer konstruktiven Kritik uns so manches Mal aufgezeigt haben, an welchen Stellen es noch etwas zu verbessern gibt. Dafür möchte ich mich bei Ihnen bedanken! Ich wünsche Ihnen weiterhin ein komfortables und sicheres Wohnen bei der BGW! 20 23 BIELEFELDER MODELL Jubiläum Wohnanlage an der Heinrichstraße besteht seit zehn Jahren Prominenter Besuch Henning Scherf zu Gast in Schildesche Einweihung Zwei neue Wohnanlagen in Brake und Schildesche Kunst im Carré Ausstellungsreihe wird fortgeführt MENSCHEN EHRENAMT 7 Stadtteilmütter Auszeichnung für Engagement 6 SICHERHEIT Minister Jäger verleiht BGW-Haus Plakette BGW-INTERN INTERVIEW 10-11 Norbert Müller geht in den Ruhestand, Nachfolgerin wird Sabine Kubitza INTERVIEW 15 Erol Cicek und Thomas Reimer sind in der Heimbewirtschaftung tätig BIELEFELD PLÄTZE IN BIELEFELD 12-14 Emil-Gross-Platz Wo einst Zeitungsgeschichte geschrieben wurde STADTGESCHICHTE 24 Historisches Foto Kriegsbombe traf das Haus An der Krücke TIPPS & INFOS EINKAUFSTIPP 19 Karibuni Weltladen Fair Gehandeltes aus der Dritten Welt Ihr 8 MIETERPORTRAIT 100 Jahre und voller Lebensfreude Hertha Essen NACHBARSCHAFT Norbert Müller Geschäftsführer der BGW 17 Am Vorwerk Helga Abel hilft ihren Mitmenschen 22 Langjährige Mieter BGW lud in den Meierhof ein PREISRÄTSEL 22 Mitmachen Attraktive Preise zu gewinnen INFORMATION 23 Aktionslauf Bewusstsein für das Thema Demenz stärken BGW VOR ORT | 3 WOHNEN WOHNEN Umfangreiche Maßnahmen werten Quartiere auf BGW INVESTIERT Millionen Euro in die Modernisierung ORIGINAL-FARBEN FÜR DIE „BUNTE PALETTE“ „Bunte Palette“ wurde die in den er Jahren entstandene Siedlung rund um die Königsbrügge in Sieker genannt. Die BGW bewirtschaftet in diesem Bereich Wohnungen. Neben der in Bielefeld einmaligen expressionistischen Architektur zeichneten sich die Häuser einst durch Fassadenanstriche in unterschiedlichen Farben aus. Die BGW Im Zuge der wird die Original-Farben rekonstruKomplettmoder- ieren und wieder auf die Gebäude nisierung entauftragen. So werden die ersten Häustand im Dachser an der Königsbrügge / und geschoss des sowie an der Bromberger Straße Hauses an der in Rosa- und Grüntönen gestrichen. Breiten Straße 20 Darüber hinaus werden die Haustüeine zusätzliche ren, die teilweise noch aus der EntWohnung. stehungszeit stammen, überarbeitet, zeittypische Eingangsgeländer und Lampen angebracht und die großen Außenflächen neu gestaltet. DER SPORT ZIEHT IN DEN SPANNBRINK EIN Insgesamt Wohnungen hat die BGW von bis am Spannbrink in Oldentrup errichtet. Durch Anbauten wurden dort Anfang der er Jahre weitere Wohnun- An der Tilsiter Straße in Stieghorst hat die BGW die Modernisierung ihrer Häuser abgeschlossen. Rund 1,7 Millionen Euro investiert die BGW in die Maßnahmen an der Jöllenbecker Straße. 4 | BGW VOR ORT K napp Millionen Euro investiert die BGW im Jahr in die Modernisierung ihres Bestandes. Dabei werden Wohnungen durch umfangreiche Maßnahmen erheblich aufgewertet. Mit dem zweiten Bauabschnitt an der Tilsiter Straße schließt die BGW die Modernisierung des Stieghorster Quartiers ab. Damit sind insgesamt Wohnungen auf den neuesten Stand gebracht worden. Neben der energetischen Nachrüstung sind die Balkone erneuert worden; außerdem wurden die bereits vor einiger Zeit umgebauten Häuser an der Tilsiter Straße und der Gumbinner Straße an das neue Fassadenkonzept angepasst. Das Erdgeschoss des Hauses an der Tilsiter Straße , in dem sich bis zum Kita-Neubau eine Kindertagesstätte befand, wurde zu drei Wohnungen umgebaut, wobei eine der Wohnungen barrierearm ist. Die Gesamtkosten belaufen sich auf , Millionen Euro. Im Wohngebiet Königsbrügge rekonstruiert die BGW die originalen Fassadenfarben aus den 1920er Jahren. gen geschaffen. Bis zum Jahr werden die Häuser in fünf Bauabschnitten komplett modernisiert. An den fünf Häusern am Spannbrink bis wurde im Mai mit den Maßnahmen begonnen. Dabei zieht der Sport in das Quartier ein: Das Fassadenkonzept der DiplomDesignerin Petra Breuer zeigt Figuren, die verschiedene Sportarten ausüben, Fußball spielen, Rad fahren oder den Tennisschläger schwingen. Ergänzt wird die Gestaltung durch Fachbegriffe und Zitate prominenter Sportler. Da darf natürlich Sepp Herbergers berühmter Satz nicht fehlen: „Der Ball ist rund, und ein Spiel dauert Minuten.“ BREITE STRASSE: NEUE WOHNUNG UNTERM DACH Wohnungen modernisiert die BGW zurzeit an der Jöllenbecker Straße bis in Jöllenbeck. Bei der Fassadengestaltung hat sich Diplom-Designerin Petra Breuer mit dem Thema Licht befasst: in Zitaten und Abbildungen von Designerlampen. Einer Komplettmodernisierung wurde auch das Haus an der Breiten Straße unterzogen. Dort ist im Dachgeschoss eine zusätzliche Wohnung geschaffen worden. Zum Innenhof, der im kommenden Jahr neu gestaltet wird, wurden Balkone angebracht. Zu den Maßnahmen am Spannbrink in Oldentrup gehört auch der Anbau von neuen Balkonen. BGW VOR ORT | 5 MENSCHEN WOHNEN Stadtteilmütter engagieren sich im Ostmannturmviertel STREETWORKER Foto: Freitag der neuen Generation EINSATZ FÜR EINE NACHHALTIGE INTEGRATION Zum Auftakt einer landesweiten Aktionswoche zum Thema Einbruchschutz brachte NRW-Innenminister Ralf Jäger Am Pfarracker 43 ein Sicherheitssiegel an. NRW-Innenminister Ralf Jäger startete Aktionswoche bei der BGW WIRKSAMER SCHUTZ gegen Einbrecher K undenbefragungen zeigen es immer wieder: Die Sicherheit in ihrer Wohnung und ihrem Wohnumfeld hat für die Mieterinnen und Mieter der BGW höchste Priorität. Bei Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen misst die BGW daher dem Einbruchschutz eine große Bedeutung zu. Eine Plakette mit dem Aufdruck „Zuhause sicher“ an der Fassade des modernisierten Wohnhauses Am Pfarracker in Schildesche macht dies beispielhaft sichtbar: Angebracht wurde sie von NRW-Innenminister Ralf Jäger, der damit am . Oktober eine landesweite Aktionswoche zum Einbruchschutz eröffnete. ZAHL DER EINBRÜCHE HAT DRAMATISCH ZUGENOMMEN Auch in Bielefeld hat in den vergangenen Jahren die Zahl der Woh6 | BGW VOR ORT sie bei der Modernisierung des im Jahr errichteten Wohnhauses in Schildesche Rundumverriegelungen an den Fenstern angebracht und besonders einbruchsichere Wohnungstüren eingebaut, die gemeinsam mit den Experten der Polizei und einem Handwerksfachbetrieb entwickelt worden sind. Eine Haustürsprechanlage mit Videoüberwachung sorgt für zusätzliche Sicherheit. „Um Angsträume zu vermeiden, haben wir die Außenanlagen gut einsehbar gestaltet. In der Dunkelheit werden sie zudem beleuchtet“, betonte BGW-Geschäftsführer Norbert Müller. Die Anstrengungen, die die BGW zum Schutz ihrer MiePLAKETTE BESTÄTIGT HOHEN terinnen und Mieter unternimmt, SICHERHEITSSTANDARD bewertete Innenminister Ralf Jäger als vorbildlich: „Solche Sicherungen Die Präventionsplakette „Zuhause machen es den Einbrechern schwer, sicher“ bestätigt, dass die BGW in punkto Sicherheit die Empfehlungen unentdeckt ins Haus zu gelangen und in Wohnungen einzubrechen.“ der Polizei umgesetzt hat. So hat nungseinbrüche dramatisch zugenommen: Mehr als Fälle wurden der Polizei allein im ersten Halbjahr gemeldet. „Viel größer als der wirtschaftliche ist dabei der mentale Schaden. Für die Betroffenen ist ein Wohnungseinbruch ein zutiefst traumatisches Erlebnis“, betonte Minister Jäger. Neben einigen Grundregeln, die man beachten sollte (z. B. die Fenster beim Verlassen der Wohnung schließen, verdächtige Beobachtungen der Polizei melden), können nach seinen Worten technische Maßnahmen dazu beitragen, potenzielle Einbrecher abzuschrecken. Aktiv in der Unterstützung von Flüchtlingen sind die Stadtteilmütter im Ostmannturmviertel, die beim Bielefeld-Preis auf den zweiten Platz kamen. S ie stammen aus Kroatien, Griechenland und der Türkei, aus Polen, Russland, Sri Lanka, Pakistan und dem Irak. Sie haben selbst erlebt, wie schwer es ist, in einem fremden Land Fuß zu fassen. Und sie wissen, wie wichtig es ist, hierbei Unterstützung zu erfahren. Als Stadtteilmütter im Ostmannturmviertel bieten zehn junge Frauen Flüchtlingen und anderen Menschen, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind, ihre Unterstützung an. Knapp Familien haben sie bereits geholfen, sich in ihrer neuen Heimat zu orientieren. Für ihr großes Engagement wurden die Stadtteilmütter im Ostmannturmviertel im Frühsommer ausgezeichnet: Sie belegten beim Bielefeld-Preis , der unter dem Motto „Mit- Da die Stadtteilmütter einen ähnlichen Hintergrund wie die von ihnen betreuten Personen haben, können sie Familien mit Zuwanderungsgeschichte ermutigen, selbstbewusst ihren Weg in Deutschland zu gehen Foto: Stadtteilmütter und die nachhaltige Integration der einander – Füreinander – Nachbar- eigenen Kinder aktiv mitzugestalten. Dabei arbeiten die zehn Frauen schaft“ stand, den zweiten Platz. weitestgehend ehrenamtlich und erhalten nur eine geringe AufwandsBETREUUNG VON NEU entschädigung etwa für Fahrt- und ZUGEZOGENEN FAMILIEN Telefonkosten. Inzwischen sind die Bevor die Stadtteilmütter aktiv wur- Stadtteilmütter im Quartier rund den, sind sie sechs Monate lang vom um den Ostmannturm bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund. DRK und der AWO, die Träger des Projektes sind, intensiv zu den The- „Es hat sich im Viertel schnell hermen Erziehung, Gesundheit und Bil- umgesprochen, dass wir Neuandung geschult worden. Dabei haben kömmlingen mit Rat und Tat zur sie sich mit dem deutschen Schulsy- Seite stehen“, sagt Neslihan Akbulutstem, mit Fördermöglichkeiten und Belmahi. Hilfsangeboten auseinandergesetzt. Seit dem Sommer sind sie im Ostmannturmviertel im Einsatz und betreuen hier die neu zugezogenen Familien. Sie dolmetschen bei Sprechstunde Arztbesuchen und Behördengängen, bei der Anmeldung in der Kita oder Schule, helfen dabei, Anträge Im Quartiersbüro an der zu verstehen und auszufüllen, und August-Bebel-Straße 16 – 18 motivieren nicht zuletzt die Eltern, (Hintereingang des UmweltDeutsch zu lernen und sich zu intezentrums) bieten die Stadtgrieren. „Wir sind Streetworker der neuen Generation und verstehen uns teilmütter jeden Donnerstag als Sprachrohr für diejenigen, die die von 11 bis 12 Uhr eine offene deutsche Sprache noch nicht beherrSprechstunde an. Telefonisch schen. Ihnen wollen wir helfen, sind sie unter der Rufnummer selbstständig zu werden“, erläutert Neslihan Akbulut-Belmahi. 93 83 79 22 zu erreichen. BGW VOR ORT | 7 WOHNEN MIETERPORTRAIT einem hellen, komfortablen Apartment im Carré am Niederwall mit Blick auf das Stadttheater, in dem die Musikliebhaberin so manche Oper und Operette besucht hat. „Die Putten sind meine Freunde“, weist sie auf die steinernen Engel an der Fassade. GEGLÜCKTE VEREINBARUNG MIT DEM LIEBEN GOTT Nach dem Geheimrezept für ein langes Leben gefragt, muss die liebenswürdige -Jährige, die man durchaus für eine Mittsiebzigerin halten könnte, nicht lange überlegen. Sie habe immer gesund gelebt, nicht zu viel gegessen und früher gern geturnt und gewandert. „Außerdem habe ich eine Vereinbarung mit dem lieben Gott getroffen: Wenn ich alt werden soll, will ich gesund alt werden“, schmunzelt sie. Bielefelder Modell an der Heinrichstraße feierte 10. Geburtstag WOHNANLAGE mit Vorzeigecharakter Bei bester Gesundheit hat die BGW-Mieterin Hertha Essen im September ihren 100. Geburtstag gefeiert. BGW-Mieterportrait 100 JAHRE M itten im Ersten Weltkrieg, am . September , wurde Hertha Essen im lippischen Bad Salzuflen geboren. Erst mehr als drei Jahre später kehrte ihr Vater aus dem Krieg zurück. „Ich habe ihn mit ‚Onkel’ angeredet, was meinen Vater sehr traurig machte. Aber für mich war er ja ein völlig fremder Mann“, berichtet sie von einer ihrer frühesten Kindheitserinnerungen. Erster Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise, Inflation, Zweiter Weltkrieg, Wiederaufbau, Wirtschaftswunderjahre, Teilung Deutschlands, Kalter Krieg und Fall der Mauer – all das und noch viel mehr hat Hertha Essen miterlebt. Am . September hat die BGWMieterin, die sich körperlich und geistig bester Gesundheit erfreut, ihren . Geburtstag gefeiert. „Ich habe gute Gene. Meine Eltern und Großeltern sind auch sehr alt geworden. Wir Lipper sind halt zäh“, sagt sie lachend. 8 | BGW VOR ORT IM FOTOEINSATZ MIT DER ROLLEIFLEX 6 X 6 APARTMENT MIT AUSSICHT AUF DAS STADTTHEATER Nach einer unbeschwerten Kindheit im beschaulichen Kurort Bad Salzuflen verdingte sich Hertha Essen nach dem Ende ihrer Schulzeit zunächst als Haustochter und lernte Kochen und Nähen. „Damit wurden die jungen Mädchen früher fit für die Ehe gemacht“, berichtet sie. Sie arbeitete als Sprechstundenhilfe bei einem Internisten und erledigte für einen halbseitig gelähmten Professor den Schriftverkehr. Während des Zweiten Weltkrieges wurde sie in Münster dienstverpflichtet und musste Bildberichte anfertigen, die den Kriegsalltag von Frauen dokumentierten. Noch heute kann sie sich an jedes Detail ihrer alten Rolleiflex x erinnern und gerät mit dem BGW-Fotografen sofort ins Fachsimpeln. Nach der Hochzeit mit einem Bielefelder Tischler und Möbelfabrikanten im Jahr 6 zog die junge Ehefrau in dessen Elternhaus, einem mehr als Jahre alten Gebäude mit markanten Schieferschindeln an der Gadderbaumer Straße. „Die alteingesessene Möbelfabrik Essen fertigte alle Stücke individuell nach Kundenwunsch und per Hand. Die Möbel waren zwar nicht billig, aber von bester Qualität“, weist sie auf die Schränke und Sessel, die auch nach vielen Jahrzehnten nichts von ihrer schlichten Eleganz verloren haben. Nach dem Tod ihres Ehemannes lebte Hertha Essen noch Jahre lang in dem inzwischen abgerissenen Haus am Fuße des Sparrenbergs. „Als ich dann über war, fiel mir der Alltag in den alten Mauern doch immer schwerer. Darum habe ich mir zwei Jahre lang sehr viele Wohnangebote für Senioren angesehen“, sagt sie. Seit wohnt sie in Fotos: Freitag und voller Lebensfreude E in runder Geburtstag wurde am . Juli in dem mit bunten Girlanden und Luftballons geschmückten Innenhof an der Heinrichstraße / Walther-RathenauStraße gefeiert: Vor zehn Jahren ist die innenstadtnahe Wohnanlage bezogen worden. Nach der Dahlemer Straße und der Jöllenbecker Straße hatte die BGW damit im Jahr ein weiteres Mal das von ihr entwickelte Konzept des Bielefelder Modells umgesetzt und gemeinsam mit dem ambulanten Dienstleister Alt und Jung Süd-West e. V. die zentralen Bausteine dieses Modells realisiert: von der Versorgungssicherheit im Quartier ohne Betreuungspauschale bis zur Einbindung des ehrenamtlichen Engagements. „Weil dieses Konzept vor zehn Jahren völlig neu und etwas Besonderes war, hat die Wohnanlage an der Heinrichstraße bundesweit Vorzeigecharakter erlangt“, betonte BGW-Geschäftsführer Norbert Müller bei der Begrüßung der zahlreichen Mieterinnen und Mieter, die der Einladung zum Nachbarschaftsfest gefolgt waren. ist das Projekt mit dem Deutschen Bauherrenpreis in der Sparte Neubau ausgezeichnet worden; erstmals wurde dieser Preis nicht nur für die Architektur, sondern auch für den inhaltlichen Ansatz vergeben. , Millionen Euro hat die BGW in die Errichtung der barrierefreien Wohnungen, der zwei Gästewohnungen, des Servicestützpunktes von Alt und Jung sowie des Wohncafés für die Mieter und das Wohnumfeld investiert. Eine Investition, die sich gelohnt hat, denn: „Viele Erstmieter wohnen noch immer hier.“ EHEMALIGER STANDORT EINER BANANENREIFUNGSANLAGE Mit einem besonderen Geschenk wurde am Rande des Nachbarschaftsfestes Michael Kramer überrascht. Der BGW-Mieter, der einige Tage zuvor Geburtstag hatte, wollte immer schon einmal eine Spritztour in einem offenen Cabrio unternehmen. Lena Dück, Pflegedienstleiterin bei Alt und Jung Süd-West, erfüllte ihm diesen Wunsch und lud ihn zu einer Ausfahrt ein, die bis nach Sennestadt führte. Errichtet wurden die fünf Bauteile, die um einen Innenhof mit Aufenthaltsqualität gruppiert sind, / auf dem Gelände des ehemaligen Obst- und Gemüsehandels Steinkrüger. „Hier stand lange Zeit die größte Bananenreifungsanlage Europas“, erinnerte Müller an die Geschichte dieses Standortes. SPRITZTOUR IM OFFENEN CABRIO Im Cabrio: Mieter Michael Kramer, Lena Dück (Pflegedienstleitung Alt und Jung Süd-West), dahinter (v.l.) Margot Strunk (Pflegekraft), Sozialarbeiterin Sonja Ott, Duran Aydin (Nachtbereitschaft) BGW VOR ORT | 9 INTERVIEW INTERVIEW Im Gespräch: Norbert Müller „DIE MITARBEITER sind das größte Kapital der BGW“ Als 38. Mitarbeiter hat Norbert Müller im Jahr 1978 bei der BGW angefangen. Nach 16 Jahren an der Spitze des Unternehmens geht er nun zum 31. März 2016 in den Ruhestand. Auf seine Zeit als Geschäftsführer und die Entwicklung, die die BGW in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten genommen hat, blickt er im Gespräch zurück. „Welche Schwerpunkte wurden bei der Bewirtschaftung des Bestandes gesetzt?” „Welche Ziele haben Sie sich gesetzt, als Sie am 1. April 2000 die Geschäftsführung der BGW übernahmen?” NORBERT MÜLLER: Oberstes Ziel war es, die BGW vom reinen Wohnraumversorger zu einem umfassenden Immobiliendienstleister mit einer hohen Kundenorientierung zu entwickeln. Unter Beteiligung NORBERT MÜLLER: Bei der Modernisierung hat die BGW nicht mehr nur einzelne Häuser, sondern das gesamte Quartier im Blick. Zumeist in mehreren Bauabschnitten werden umfassende Maßnahmen der energetischen Nachrüstung vorgenommen, Sicherheitsaspekte berücksichtigt und den Quartieren durch gestalterische Elemente ein neues Gesicht und eine eigene Iden- Quartiersentwicklung tität gegeben. Seit dem Jahr hat die BGW rund . Wohnungen modernisiert, das sind knapp Prozent ihres Bestandes. „Wie hat sich die Neubautätigkeit in den vergangenen Jahren entwickelt?” Kongress Zukunftskita Gewerbeimmobilien, indem wir beispielsweise einen Back-Shop und das Restaurant auf dem Kesselbrink gebaut haben und das Innovationszentrum auf dem Campus errichten werden. feld zusammen. Denn anders als in vielen anderen Städten funktionieren in Bielefeld die Netzwerke sehr gut. Darin liegt ein hohes Potenzial, das häufig unterschätzt wird und das es weiter zu entwickeln gilt. „Welche weiteren Aufgaben übernimmt die BGW als Immobiliendienstleister in der Stadt Bielefeld?” „Wie sieht Ihre ganz persönliche Bilanz nach 16 Jahren als BGWGeschäftsführer aus?” bereich konzentriert sich die BGW seit geraumer Zeit auf zielgruppenorientierte Projekte. Wir schaffen neuen Wohnraum für kinderreiche Familien, für Studierende und mit den Wohnanlagen des Bielefelder Modells für Senioren und für jüngere Menschen mit Hilfebedarf. Als zuverlässiger Partner der Stadt Bielefeld hat die BGW die Bewirtschaftung aller Unterkünfte für einheimische Wohnungslose und Flüchtlinge übernommen. Zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit und damit auch der Standortqualität Bielefelds haben wir zahlreiche Kindertagesstätten errichtet, zuletzt nach dem von uns entwickelten Konzept der Zukunftskita. Und schließlich betätigen wir uns auch im Bereich der NORBERT MÜLLER: Zunächst einNORBERT MÜLLER: Als Partner einer kooperativen Stadtentwicklung leistet die BGW vielfältige Beiträge zur Stadtrendite. Schon seit vielen Jahren übernimmt sie für die Stadt Bielefeld die Bewirtschaftung von Unterkünften für Flüchtlinge und einheimische Wohnungslose. In der aktuellen Situation stehen wir in diesem Bereich vor großen Herausforderungen sowohl in personeller als auch in organisatorischer Hinsicht. Die BGW wird weiterhin mit hohem Engagement daran arbeiten, vorübergehenden, aber auch dauerhaften Wohnraum für all jene Menschen zu schaffen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Denn wir sind uns sicher, dass sich dieser Einsatz für Bielefeld lohnt. Bielefeld-Preis Darüber hinaus unterstützt die Bielefelder Modell 10 | BGW VOR ORT BGW-Aufsichtsrates und der politischen Gremien voraus. Besonders glücklich bin ich darüber, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Entwicklung der BGW so engagiert mitgetragen haben. Sie sind das größte Kapital der BGW. NORBERT MÜLLER: Im Neubau- BGW als Sponsor Projekte wie den Tierpark Olderdissen, den Schulbauernhof in Ummeln und das Kinderkulturfest Wackelpeter. Außerdem haben wir Initiativen wie die Ausbildungsoffensive, den Bielefeld-Preis und die Bielefelder Stadtentwicklungstage ins Leben gerufen. Dabei arbeiten wir häufig mit Kooperationspartnern wie etwa Radio Biele- mal kann ich sagen, dass mir meine Arbeit immer Spaß gemacht hat. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, Prozesse mitgestalten zu können, die Bielefeld und seinen Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommen. Das setzt ja nicht zuletzt ein hohes Maß an Vertrauen des SABINE KUBITZA wird neue BGW-Geschäftsführerin Foto: BGW aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist damals ein Konzept für das Bestandsmanagement erarbeitet worden, das den Kunden stärker in den Fokus rückte. Bestandteile waren etwa die Bildung von fünf interdisziplinären Serviceteams, die den Mieter von A bis Z begleiten, und die Erweiterung der Öffnungszeiten. Um die Kundenorientierung weiter zu verbessern, wurde zudem das BGW-Verwaltungsgebäude so umgebaut, dass große Kundenbereiche entstanden. N eue Geschäftsführerin der BGW wird die DiplomBauingenieurin Sabine Kubitza. Die gebürtige Marlerin ist seit in verschiedenen Funktionen bei der LEG NRW tätig. Als Regionalbereichsleiterin Westfalen der LEG Wohnen NRW und Geschäftsführerin der GWN Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft Nordwestdeutschland ist sie für rund . Wohnungen zuständig. Die -Jährige gehört dem Aufsichtsrat der BGW an. Als wichtigste Themen ihrer künftigen Tätigkeit benennt sie neben der Bewirtschaftung des Bestandes die Unterbringung von Flüchtlingen und die Konversion von Kasernenstandorten. BGW VOR ORT | 11 BIELEFELDER PLÄTZE BIELEFELDER PLÄTZE Das markante halbrunde Gebäude an der Arndtstraße war bis 1933 Sitz der Tageszeitung „Volkswacht“. Foto: Stadtarchiv Bielefeld Buchhandlung der „Volkswacht“ das imposante halbrunde Gebäude an der Arndtstraße. In dieser Zeit gehörte Carl Severing, der spätere Innenminister der Weimarer Republik, zu den bekanntesten Autoren des Blattes. EMIL-GROSS-PLATZ: WO EINST ZEITUNGSGESCHICHTE GESCHRIEBEN WURDE Dem Bielefelder Politiker und Verleger Emil Gross verdankt der kleine Platz an der Arndtstraße seinen Namen. Hier steht noch heute das markante halbrunde Gebäude, das seit dem Jahr 1912 die erste sozialdemokratische Tageszeitung Bielefelds, die „Volkswacht“, beherbergte. Am selben Standort gründete Emil Gross unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die „Freie Presse“. U nter dem Laubdach der Platanen sitzt die Bronzefigur auf einem massiven Klotz. Tiefe Kerben ziehen sich wie Im Bereich Arndtstraße, Gro- Narben über den gesamten Körper. ße-KurfürstenDoch obwohl schwere Gewichte die Straße, Mindener Gestalt niederzudrücken drohen, Straße befanden bewahrt sie Haltung und wehrt mit sich einst die ausgestreckten Armen jene unbeKochs Adler Näh- kannte Gewalt ab, die sie zerstören maschinenwerke. will. „Der Seher – Hommage à Foto: Stadtarchiv Bielefeld 12 | BGW VOR ORT Laokoon“ hat der Bildhauer Rainer Hagl seine Bronzeskulptur genannt, die am . Juni auf dem EmilGross-Platz eingeweiht wurde. Gewidmet hat er das Werk dem trojanischen Priester Laokoon, der als ein Symbol des Widerstands gegen die zerstörerische Gewalt der Mächtigen gilt. Eine Geisteshaltung, die auch jenen Bielefelder auszeichnete, nach dem der kleine Platz am westlichen Rand der Innenstadt benannt ist: Der sozialdemokratische Politiker und Verleger Emil Gross (– ) hat sich entschieden gegen das nationalsozialistische Regime zur Wehr gesetzt. Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fand er seine Wirkungsstätte in dem Gebäude, vor dem sich der spitz zulaufende Platz befindet. Im ehemaligen Redaktions- und Druckhaus der „Volkswacht“ gründete er den Zeitungsverlag „Freie Presse Bielefeld“. Der Bielefelder Emil Gross gründete nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die „Freie Presse“. ERSTE TAGESZEITUNG DER BIELEFELDER SPD „Volkswacht. Organ für das arbeitende Volk“ nannte sich die Zeitung, die als Organ der SPD im Jahr aus der Taufe gehoben wurde. „Es war die Geburtsstunde der ersten sozialdemokratischen Tageszeitung in Bielefeld“, betont der Historiker Bernd J. Wagner. Der Erfolg des Blattes, das in mehreren Städten Berichterstatter hatte, war beachtlich: Bereits die erste Ausgabe war mit . Exemplaren schnell vergriffen. Bei Polizei und Staatsanwaltschaft war das Sprachrohr der Arbeiterklasse jedoch weniger beliebt. Mehrfach wurde gegen die Zeitungsmacher wegen Vergehen gegen das Pressegesetz ermittelt. Der erste leitende Redakteur Emil Groth musste sogar eine anderthalbjährige Gefängnisstrafe absitzen – angeklagt wegen übler Nachrede, Diffamierung und Beleidigung. Im Jahr bezogen Hauptredaktion, Druckerei und LETZTE AUSGABE ERSCHIEN AM 27. FEBRUAR 1933 Diente die „Volkswacht“ zunächst vor allem dazu, neue Mitglieder für Partei und Gewerkschaft zu gewinnen, änderte sich mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten in Bielefeld der Ton der Berichterstattung erheblich. Die Zeitung entwickelte sich zu einem Kampfblatt „gegen die braune Flut“ und versuchte nach der Machtübernahme Hitlers, die Massen gegen das nationalsozialistische Regime zu mobilisieren. Rund . Menschen nahmen Anfang Februar an einer Großkundgebung teil, danach wurde über die Zeitung ein „befristetes Verbot“ verhängt. Am . Februar erschien schließlich die letzte Ausgabe der „Volkswacht“. „Bielefeld ist rot und bleibt rot!“ war darin zu lesen. Doch dem trotzigen Aufbegehren folgten Verhaftungen der Mitarbeiter oder deren Flucht ins Exil. Gebäude und Vermögen des Verlages wurden am . Mai beschlagnahmt. „Freien Presse“, gegründet von Emil Gross. Als Sohn eines Eisendrehers am . August geboren, studierte der gelernte Drucker nach einer Hochbegabtenprüfung von bis Staatswissenschaften an der Universität Berlin. Als Mitglied der illegalen sozialistischen Organisation „Der Rote Stoßtrupp“ floh Emil Gross in die Niederlande, wo er im Jahr von der Gestapo verhaftet und wegen Hochverrats zu einer mehr als zweijährigen Zuchthausstrafe verurteilt wurde, die er u.a. in einer KZ-Außenstelle absitzen musste. FUSION FÜHRTE 1967 ZUR „NEUEN WESTFÄLISCHEN“ Nach Kriegsende erhielt Emil Gross von der englischen Besatzung die Lizenz zur Herausgabe der „Freien Presse“, die im April zum ersten Mal erschien – mit Carl Severing EMIL GROSS GRÜNDETE als Chefredakteur. Bereits in den 1946 DIE „FREIE PRESSE“ er Jahren erreichte die Zeitung eine Auflage von mehr als . Eine Gedenktafel der SPD erinnert an der Hausseite neben dem Eingang Exemplaren. Bei der „Freien Presse“ an der Arndtstraße an die letzte begannen u.a. Friedrich Nowottny „Volkswacht“-Ausgabe, während und Fritz Pleitgen ihre journalisich zum Emil-Gross-Platz hin eine stische Laufbahn, die beide später Plastik des Bielefelder Künstlers Intendanten des Westdeutschen Norbert Meier auf die Geburtsstun- Rundfunks wurden. „Wo sich heute de der Nachfolgezeitung bezieht. Das die Gaststätte ‚Nichtschwimmer’ Denkmal zeigt die erste Druckplatte befindet, stand bis zum Jahr die der am . April erschienenen Rotationsmaschine. In der ersten Durch eine attraktive Fassadengestaltung hat die BGW das Haus an der ElsaBrändström-Straße 23 erheblich aufgewertet. BGW VOR ORT | 13 BIELEFELDER PLÄTZE BIELEFELD rung des sanierungsbedürftigen Daches wurde durch eine attraktive Farbgebung der Fassade in Hellgrün und Weiß der biedermeierliche Stil hervorgehoben. Erol Cicek und Thomas Reimer sind in der Heimbewirtschaftung tätig HAUSMEISTER UND SOZIALARBEITER in einer Person AUS DER APFELSINENKISTE WURDE DIE ORANGENKISTE Etage waren Text- und Anzeigensetzerei untergebracht, darüber die Druckerei“, berichtet der Historiker Wagner. Danach wechselten die technischen Abteilungen ins Druckhaus an der Karl-Eilers-Straße, das über eine Brücke erreichbar war. Nachdem am . Juli die Fusion der „Freien Presse“ mit der „Westfälischen Zeitung“ zur „Neuen Westfälischen“ erfolgt war, wurde die Zeitungstechnik im Druckhaus in Sennestadt konzentriert und die Redaktion zog an die Niedernstraße um. BELIEBTER MITTELPUNKT DER GASTRONOMIE-SZENE Heute hat in dem Gebäude an der Arndtstraße die Bielefelder SPD ihren Sitz. Der Bereich rund um den Emil-Gross-Platz hat sich in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Mittelpunkt der Gastronomie-Szene entwickelt. Wo sich einst Fachgeschäfte wie ein Juwelier und ein Bilderrahmenladen befanden, lädt nun ein Dutzend Betriebe zum Einkehren ein: vom Burger-Lokal bis zur edlen Sushi-Bar, von der Pizzeria bis zur Eisdiele. Darunter auch das spanische Restaurant „Las Tapas“, in dem nur noch das Mobiliar an die einstige Arbeiterkneipe „Schipkapass“ erinnert. Wo heute das wenig ansehnliche Signal-Iduna-Haus steht, befand sich bis zu seinem Abriss ein prächtiger Altbau aus der Kaiserzeit, der das Traditionslokal beherbergte. 14 | BGW VOR ORT BAHNUNTERFÜHRUNG WURDE SCHIPKAPASS GENANNT Als Schipkapass bezeichneten die Bielefelder früher die Eisenbahnunterführung an der Arndtstraße – ursprünglich heißt so ein Gebirgspass in den bulgarischen Balkanhöhen, auf dem während des RussischOsmanischen Krieges und wichtige Schlachten zur Befreiung Bulgariens von der türkischen Herrschaft geführt worden sind. Vom Emil-Gross-Platz kommend fällt der Blick auf einen schönen Gründerzeitbau an der linken Seite der Bahnunterführung. Das Stadthaus mit dem kleinen Türmchen stammt aus dem Jahr und gehört zum Bestand der BGW, die das zuvor eher triste Gebäude an der ElsaBrändström-Straße vor einiger Zeit in ein wahres Schmuckstück verwandelt hat. Neben der Erneue- Ein Dutzend gastronomische Betriebe haben den Emil-GrossPlatz in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Treffpunkt gemacht. Die Säulen vor dem Eingang zu der im Erdgeschoss beheimateten Buchhandlung hat der Bielefelder GraffitiKünstler Denis Kelle im Auftrag der BGW gestaltet. Aufgegriffen hat er dabei die Farbe Orange, das hervorstechendste Merkmal des Gebäudes, das die BGW bereits im Jahr auf dem ehemaligen Gelände der Kochs Adler Nähmaschinenwerke errichtet hat: Im Bereich Arndtstraße, Große-Kurfürsten-Straße, Mindener Straße befinden sich neben stark nachgefragten Wohnungen für Studierende auch zwei Supermärkte und ein weiteres SzeneLokal. Wegen seiner Farbe bekam das Gebäude schnell den Spitznamen Apfelsinenkiste, wurde aber inzwischen auf Wunsch der Bewohner zur Orangenkiste umgetauft. Auf dem ehemaligen Kochs AdlerGelände hat die BGW im Jahr 2004 Wohnungen für Studierende errichtet. Als Mitarbeiter der BGW-Heimbewirtschaftung sind Thomas Reimer (links) und Erol Cicek Ansprechpartner für Flüchtlinge. I m Jahr hat die Stadt Bielefeld etwa . Flüchtlinge aufgenommen. Als Mitarbeiter der BGW-Heimbewirtschaftung sind Erol Cicek und Thomas Reimer Ansprechpartner für die Menschen in den Unterkünften an der Eisenbahnstraße und der Teichsheide. In dieser Ausgabe des Mietermagazins „BGW vor Ort“ berichten sie über ihre Aufgaben und Erfahrungen. Wie lange beträgt die durchschnittliche Verweildauer in den Unterkünften? Aus welchen Ländern kommen die Flüchtlinge, die in den beiden Unterkünften aufgenommen wurden? Welche Aufgaben umfasst Ihre Tätigkeit in den Unterkünften? THOMAS REIMER: Wir gehen von bis zu einem Jahr aus. Im Verlauf der ersten neun Monate sollte der Bleibestatus geklärt sein, so dass das Asylverfahren eingeleitet werden kann. EROL CICEK: Zunächst einmal weisen wir den hier ankommenden EROL CICEK: In der Unterkunft an Flüchtlingen ihren Wohnraum zu der Eisenbahnstraße leben vor allem und statten sie mit den wichtigsten Familien aus dem ehemaligen Jugos- Alltagsgegenständen aus. Damit lawien und Männer aus afrikanidie Menschen in der Stadt mobil schen Ländern wie Tunesien, Marok- sind, geben wir das Sozialticket ko und Nigeria. An der Teichsheide aus. Außerdem sind wir für die sind auch einige syrische Familien Abrechnungen zuständig und achten untergebracht. Die meisten Syrer darauf, dass die Hausordnung eingesind jedoch direkt in eine Wohnung halten wird. Es hat sich aber schnell gezogen, da davon auszugehen ist, herausgestellt, dass wir auch als Sozidass ihr Asylantrag nicht abgelehnt alarbeiter gefragt sind. wird. Inwiefern? vereinbaren oder Anträge auszufüllen. Da verstehen wir uns als Lotsen, die den Flüchtlingen helfen, in ihrer neuen Heimat auf den richtigen Weg zu kommen. Viele von ihnen schütten uns auch ihr Herz aus, erzählen von ihrer Heimat und den furchtbaren Dingen, die sie auf der Flucht erlebt haben. Und nicht zuletzt sind wir Ansprechpartner für die städtischen Sozialarbeiter, die ehrenamtlichen Kräfte und die Anwohner aus dem Umfeld. Wenn sehr viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben, kann es leicht zu Konflikten kommen. Haben Sie in dieser Hinsicht bereits Erfahrungen gemacht? EROL CICEK: Kaum. Obwohl sie ganz unterschiedlicher Herkunft sind, kommen die Menschen sehr gut miteinander aus – und das gilt auch für die Unterkunft an der Teichsheide, in der sich die Flüchtlinge die Gemeinschaftsräume wie Küchen und Bäder teilen müssen. Aus unserer Erfahrung können wir sagen, dass sie sehr anpassungsfähig und tolerant sind. THOMAS REIMER: Die Menschen kommen mit Schriftstücken zu uns, die sie nicht lesen können, und bitten uns, Arzttermine für sie zu BGW VOR ORT | 15 WOHNEN MENSCHEN Artenschutz hat einen hohen Stellenwert BGW schafft Lebensräume (auch) für Tiere Nächstenliebe wird bei der BGW-Mieterin Helga Abel groß geschrieben GELEBTE NACHBARSCHAFT in den Häusern Am Vorwerk 200 NISTKÄSTEN IM BESTAND AUFGEHÄNGT Daher hat sich die BGW zum Ziel gesetzt, bereits vor geplanten Maßnahmen im Bestand die Gebäude und das Umfeld von den Naturschutzexperten des NABU und des BUND auf das Vorhandensein schützenswerter Tierarten prüfen zu lassen. Dazu gehören auch Mauersegler, die in von außen nicht sichtbaren Wandzwischenräumen nisten. „Es ist sehr begrüßenswert, dass die BGW ihre Sanierungsobjekte schon in der Planungsphase untersuchen lässt, ihren Zeitplan der Brutzeit anpasst und für Ersatz von Quartieren sorgt. Mit recht einfachen Maßnahmen kann so die Natur vor der Haustür In ihrem Bestand istende Mehlschwalben hat die BGW eine Kolonie von Mehl- geschützt und erhalten werden“, hat die BGW an der Hausfassade, überschwalben umgesiedelt. Brutpaare betont Jürgen Albrecht. Zum Erhalt etliche Insektenwinternde Fledermäuse in der besonders seltenen Vogelart hat- von Vogelarten hat die BGW inzwihotels aufgeder Baumhöhle: Bei anstehenden ten dort ihre Nester an die Fassade schen Nistkästen in ihren Wohnstellt. Maßnahmen in ihrem Bestand stößt gebaut. Die Nester wurden vorsichtig gebieten aufgehängt und fünf Greifdie BGW unerwartet immer wieder von der Wand des einen Gebäudes vogelstangen angebracht. einmal auf schützenswerte tierische gelöst, auf ein Brett geklebt und an Mieter. „Wir messen dem Artendem anderen Gebäude angebracht. Auch Fledermäuse fühlen sich im schutz eine hohe Bedeutung zu und Nester, die nicht wiederhergestellt Bestand der BGW wohl. So wurde tragen nach Möglichkeit gern dazu werden konnten, wurden durch bei der Komplettmodernisierung bei, Lebensräume für Vögel, Insekten Kunstnester ersetzt. des Wohngebietes Flurstraße/ und andere Kleintiere zu erhalten Heckstraße/Liebigstraße die Fassabzw. neu zu schaffen“, betont BGW- BGW-HÄUSER SIND dendämmung so angebracht, dass Geschäftsführer Norbert Müller. BELIEBTE BRUTPLÄTZE Fledermäuse zu ihren gewohnten Jüngstes Beispiel: Vor der anstehenPlätzen gelangen können. Im Bereich den Modernisierung ihrer Häuser Um fast die Hälfte ist nach Angaben Hofeichenweg/Flehmannshof hat an der Jöllenbecker Straße – von Dr. Jürgen Albrecht vom NABU- die BGW fünf Kästen für Große Stadtverband Bielefeld in den verAbendsegler, die größte europäische gangenen Jahren die Zahl der brü- Fledermausart, aufgehängt. Bei tenden Mehl- und Rauchschwalben Neuanpflanzungen von Bäumen, in NRW zurückgegangen. In BieleSträuchern und Gehölzen greift feld leben nach seinen Angaben noch die BGW ausschließlich auf heimietwa . Mehlschwalbenpaare, die sche Pflanzen zurück. Bevorzugt meisten von ihnen am Schildescher werden Pflanzen, die Lebensräume Obersee. „Die BGW trägt eine große für Insekten, Schmetterlinge und Mitverantwortung für die Erhaltung andere Kleintiere bieten. Zurzeit der Mehlschwalbe in Bielefeld, denn stellt sie zudem Insektenhotels auf, Dr. Jürgen Albrecht (links), gerade ihre größeren Wohnhäuser die das BGW-Logo tragen. Werden auf dem Foto mit sind sehr beliebte Brutplätze, weil sie bei Bauarbeiten im Bestand BienenBGW-Geschäftsüber relativ hohe Wände mit freiem oder Wespenschwärme entdeckt, so führer Norbert Anflug verfügen. Auch der früher werden diese nicht getötet, sondern Müller, setzt sich gern eingesetzte Rauputz erleichtert umgesiedelt. für den Erhalt von den Vögeln den Bau ihrer Nester, Mehlschwalbendie darauf gut haften“, erläutert kolonien ein. Albrecht. Foto: NW N 16 | BGW VOR ORT Vorbildliche Nachbarschaft: Helga Abel (Mitte) kümmert sich um ihre betagte Nachbarin Elli Stache und hat bei der Familie Heine die Kinderbetreuung übernommen. A uf den ersten Blick ist es eine ganz normale Häuserreihe. Ein Blick hinter die Fassaden lässt jedoch eine bunte Vielfalt erkennen: Mehrere Generationen wohnen in den neun BGW-Häusern Am Vorwerk in Schildesche und fühlen sich hier so wohl, dass niemand wegziehen möchte. Die langjährige Nachbarschaft verbindet auch. So hat Helga Abel, die „gute Seele“ dieses kleinen Quartiers, nach dem Tod Ihres Ehemannes im Jahr die Kinderbetreuung ihrer Nachbarfamilie Heine übernommen. Während Silvia Heine beruhigt ihren beruflichen Verpflichtungen nachgehen konnte, bereitete Helga Abel das Frühstück für die Kinder zu, verabschiedete sie in die Schule und veranstaltete neben lustigen Spielenachmittagen auch so manche Gartenparty. Einen Ordner voller schöner Erinnerungen zieht die -jährige BGW-Mieterin aus dem Schrank und blickt zurück auf all die Feste: Da gab es ein Erntedankfest, mehrere Sommerpartys im Zelt der Nachbarn Schlüpmann und eine Nikolausfeier, bei dem ihr Ehemann die Kinder überraschte. Ganz besonders blieb ihr das Hexenfest in Erinnerung: „Wir haben die restliche Fruchtbowle am Abend in den Garten gekippt, und am nächsten Morgen taumelte ein Igel durch den Garten, der scheinbar die eingelegten Früchte gegessen hatte“, berichtet sie schmunzelnd. FÜRSORGLICHER KONTAKT ZUR 94-JÄHRIGEN NACHBARIN Auch wenn die Kinder von damals nun als Erwachsene ihr eigenes Leben gestalten – einen netten Plausch bei einer Tasse Kaffee mit ihrer Helga lassen Sie sich nicht entgehen. In ihrer freien Zeit widmet sich Helga Abel nunmehr der Unterstützung ihrer Nachbarin Elli Stache. Vier Mal in der Woche schaut sie bei der -Jährigen nach dem Rechten, liest ihr vor und spielt mit ihr Gesellschaftsspiele. Jeden Abend, bevor sie sich selbst zum Schlafen legt, wünscht sie ihrer Nachbarin eine gute Nacht und reicht ihr ein Glas Wasser ans Bett. „Eine gute Nachbarschaft ist das A und O. Noch vor der eigenen Familie, die meist weiter weg wohnt, sollten Nachbarn füreinander da sein“, sagt Helga Abel und fügt hinzu: „Nachbarschaft lebt von gegenseitiger Toleranz und Unterstützung. Dies ist in der jetzigen Zeit leider nicht mehr selbstverständlich.“ BGW VOR ORT | 17 BIELEFELDER MODELL TIPPS & INFOS Henning Scherf besuchte BGW-Wohnanlage in Schildesche ÄLTER WERDEN in der „Wahlfamilie“ neuen Dingen zu öffnen. Wer sich nur in seine eigenen vier Wände verkriecht, gibt sich auf“, betonte Scherf. WAHLFAMILIE ÜBERNAHM DIE STERBEBEGLEITUNG N och keine Jahre alt war Henning Scherf, als er sich Gedanken darüber machte, wie er im Alter gern wohnen würde – und diese Überlegungen sogleich in die Tat umsetzte. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Luise und acht Mitstreitern kaufte der langjährige Bürgermeister von Bremen 8 ein altes Haus im Zentrum der Hansestadt und ließ es zu sieben Wohnungen umbauen. „Schon damals gehörten wir zu den Alten, unser jüngster Mitbewohner war ein neugeborenes Kind“, sagte Scherf am . September in der BGW- Von seinem Leben in der „Wahlfamilie“ berichtete der ehemalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf im Wohncafé Am Pfarracker. 18 | BGW VOR ORT Wohnanlage des Bielefelder Modells Am Pfarracker in Schildesche. Auf Einladung des AWO-Ortsvereins Bielefeld-Innenstadt berichtete der -jährige SPD-Politiker vor zahlreichen interessierten Zuhörern von seinen Erfahrungen in einer Hausgemeinschaft, die er selbst als „Wahlfamilie“ bezeichnet. HAUSGEMEINSCHAFT TEILT SICH EIN AUTO Zwar hat innerhalb der Hausgemeinschaft jede Partei eine eigene Wohnung, doch trifft man sich regelmäßig zu gemeinsamen Mahlzeiten, arbeitet zusammen im Garten und teilt sich inzwischen ein Auto. „Unsere Türen stehen immer offen. Wir können bis zu Besucher aufnehmen, die Gäste des gesamten Hauses sind“, erklärte Scherf. Von großer Bedeutung sei der enge Kontakt zur Nachbarschaft. So habe man etwa die Flüchtlinge, die in einer nahegelegenen Unterkunft leben, mit Kaffee und Kuchen begrüßt. „Wir haben ihre Ankunft als Geschenk und wunderbare Aufgabe zum Lebendigwerden verstanden. Vor allem im Alter ist es wichtig, sich nicht zu isolieren, sondern sich Jeder zweite - bis -Jährige, so habe eine Studie ergeben, sei bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren. Laut Scherf gibt es aber kein Patentrezept, wie man diese Menschen tatsächlich für das Ehrenamt gewinnen kann: „Je nach Interessenslage erreicht man manche Menschen über den Sport, andere über die Musik. Männer sind erfahrungsgemäß am ehesten dazu bereit, ganz praktische, handwerkliche Aufgaben zu übernehmen.“ Für den ehemaligen Bremer Bürgermeister steht fest: „Man kann nicht immer nur nach den Profis rufen!“ So habe seine Wahlfamilie eine schwerkranke Frau, die das Projekt der Hausgemeinschaft stark vorangetrieben hat, bis zu ihrem Tod begleitet. „Sie ist zwar von professionellen Kräften gepflegt worden, aber es war immer jemand von uns bei ihr, auch nachts. Wir haben uns abgewechselt, so dass sie nie allein war“, erinnerte sich Henning Scherf. In wesentlichen Aspekten, so betonte der Gast aus Bremen, ähnele das Bielefelder Modell der Wohnform, für die er sich entschieden hat. „Uns verbindet der enge Bezug zur Nachbarschaft, das Einbeziehen der Menschen nach ihren Fähigkeiten und der Ansatz der Inklusion. Ein Unterschied besteht lediglich in der Organisationsstruktur.“ An der Breiten Straße wird fair Gehandeltes angeboten WILLKOMMEN IM KARIBUNI WELTLADEN! D Fair gehandelte Waren aus der Dritten Welt werden im Karibuni Weltladen an der Breiten Straße angeboten. er Name ist Programm: „Karibuni“ ist ein KisuaheliWort und bedeutet: Ihr seid willkommen! Im Karibuni Weltladen sind alle willkommen, die sich bewusst für fair gehandelte Produkte entscheiden. im Welthaus gegründet, befindet sich das Geschäft seit fünf Jahren im Erdgeschoss des BGW-Hauses an der Breiten Straße . Angeboten werden hier ausschließlich Lebensmittel und Kunsthandwerk, die von Importeuren zu fairen Bedingungen von Produzenten in der Dritten Welt gekauft und in Deutschland vertrieben werden. men zum überwiegenden Teil aus Die höheren Preise, die im fairen kontrolliert biologischem Anbau“, Handel gezahlt werden, sichern den betont Angelika Niemeyer. Kleinbauern und Arbeitern in den Herkunftsländern ein ausreichendes Einkommen und tragen zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen bei. VIELE PRODUKTE STAMMEN AUS BIOLOGISCHEM ANBAU „Mit Kaffee und Tee ist unser Angebot vor fast Jahren gestartet. Seitdem ist das Sortiment stets erweitert worden“, berichtet Angelika Niemeyer, die gemeinsam mit ehrenamtlich tätigen Mitstreitern den Karibuni Weltladen betreibt. Neben Kaffee und Tee, Schokolade und Honig kann man hier chilenischen Wein, Lederwaren aus Indien, farbenfrohe Keramik aus Afrika, Korbtaschen aus Marokko, Uhren aus Kolumbien und Kleidung aus Nepal erstehen. Schmuck, Bücher und Schreibwaren runden das Angebot ab. Eine Besonderheit ist der Bielefeld-Kaffee aus Nicaragua: Er kommt aus der Partnerstadt Esteli. „Alle Produkte sind von sehr hoher Qualität und stam- Karibuni Weltladen Der Karibuni Weltladen an der Breiten Straße 26 ist montags bis freitags von 10 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Wer gern in dem Geschäft mitarbeiten möchte, kann sich unter der Telefonnummer 78 59 85 80 melden oder zum Ladengruppentreffen kommen, das jeden 1. Mittwoch im Monat um 18.30 Uhr beginnt. BGW VOR ORT | 19 WOHNEN BIELEFELDER MODELL Zwei weitere Wohnanlagen des Bielefelder Modells eingeweiht LEBENDIGE NACHBARSCHAFT Große Überraschung für zwei Cousinen WIE DER OPA wieder ins Kamphof-Viertel kam Foto: Kreutzer in Brake und Schildesche wunderbares Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und einem Wohnungsunternehmen“, sagte er. Die beiden Cousinen Heidi Arbeiter (links) und Christel Wittler sind Enkelinnen des Feilenhauers Adam Bolender, der in der Nordstraße 17 gewohnt hat. Foto: Freitag 44 WOHNUNGEN IM „ZAHNPASTA-HAUS“ Bei der Einweihung der Wohnanlage an der Braker Straße: (v.l.) Sozialdezernent Ingo Nürnberger, Katrin Schütze (Teamleitung Pflege), BGWGeschäftsführer Norbert Müller, Ute Heinrich und Dirk Schleef (Vorsitzender Alt und Jung NordOst e.V.). 20 | BGW VOR ORT D as Bielefelder Modell ist „volljährig“ geworden. , vor Jahren, ist an der Dahlemer Straße die erste Wohnanlage bezogen worden, mit der die BGW das von ihr entwickelte Konzept umgesetzt hat. Inzwischen ist die BGW nahezu in allen Stadtteilen mit dem Bielefelder Modell vertreten – insgesamt wurden nach diesem Konzept mehr als Wohnungen geschaffen. Im Sommer sind die . und . Wohnanlage eingeweiht worden: an der Braker Straße / a in Brake und Am Pfarracker / Liethstück in Schildesche. Wegen seiner rot-weiß gestreiften Fassade hat die 6. Wohnanlage des Bielefelder Modells schnell einen Spitznamen bekommen: „Zahnpasta-Haus“. barrierefreie Wohnungen und drei Gästewohnungen sind Am Pfarracker entstanden, wobei sich die Investitionen auf knapp , Millionen Euro beliefen. Als Kooperationspartner, der die Versorgungssicherheit rund um die Uhr gewährEHRENAMT WIRD leistet, arbeitet die BGW an diesem GROSS GESCHRIEBEN Standort mit der Arbeiterwohlfahrt zusammen. Angelika Dopheide, Vor„Beim Bielefelder Modell steht das sitzende des AWO-Präsidiums, wies Wohnen im Vordergrund. Der vor bei der offiziellen Eröffnung auf eine Ort präsente ambulante Pflegedienst Besonderheit hin: Mit Sonja Heckist in unseren Wohnanlagen zu mann ist eine Quartiersmanagerin in Gast“, betonte BGW-Geschäftsführer Schildesche präsent, die die Akteure Norbert Müller am . Juli bei der vor Ort koordiniert. „Das Ziel ist offiziellen Einweihung an der Braker eine lebendige, offene NachbarStraße. , Millionen Euro hat die schaft“, betonte Angelika Dopheide. BGW an diesem Standort investiert; davon floss eine Million in den Prominenten Besuch bekam das Neubau der benachbarten Kinder„Zahnpasta-Haus“ am . August: tagesstätte. In drei Gebäudeteilen, Auf einer Rundfahrt zum Thema die nach den Komponisten Mozart, Inklusion war Armin Laschet, CDUBeethoven und Wagner benannt Fraktionsvorsitzender im nordrheinsind, stehen Wohnungen zur westfälischen Landtag, zu Gast in Verfügung. Die -stündige VersorSchildesche. Er betonte, dass Inklugungssicherheit wird durch ein Team sion, das gleichberechtigte Miteinvon Alt und Jung Nord-Ost ander von Menschen mit und ohne e. V. sichergestellt. Wie überall im Behinderung, keineswegs auf den Bielefelder Modell wird auch hier Schulbereich beschränkt sei. „Die das Ehrenamt groß geschrieben: Stadtquartiere sind der Schlüssel Acht freiwillige Helfer engagieren zum Zusammenhalt der Gesellschaft. sich hier für ihre Mitmenschen – Vor diesem Hintergrund kommt vom neunjährigen Erwin, der mit dem Bielefelder Modell eine besonden Mietern Schach spielt, bis zur dere Bedeutung zu“, sagte Laschet. Jahre alten Hilde Wiegel, die einmal in der Woche die Frühgymnastik im Wohncafé leitet. Lobende Worte für das Bielefelder Modell fand Sozialdezernent Ingo Nürnberger. „Es ist ein C hristel Wittler und Heidi Arbeiter glaubten ihren Augen nicht zu trauen. Die überlebensgroße Figur, die sie an der Giebelseite des Hauses Nordstraße entdeckten, trägt den Namen ihres gemeinsamen Großvaters: A. Bolender, Feilenhauer. „Unser Opa hieß Adam und hat tatsächlich bis zu seinem Tod im Jahr in diesem Haus gelebt“, berichten die beiden Cousinen, die im Kamphof-Viertel aufgewachsen sind. Dass Adam Bolender mehr als sechs Jahrzehnte später zumindest symbolisch wieder in diesem Quartier in Erscheinung tritt, ist der Recherche der DiplomDesignerin Petra Breuer zu verdanken: Sie hat in alten Adressbüchern nach den ehemaligen Bewohnern der dortigen BGW-Häuser geforscht. „Die Personen sind stets mit ihrem Beruf aufgeführt worden. Nach der Modernisierung der Gebäude werden sie in Ausübung ihrer Tätigkeit in schwarzer Farbe auf die Fassaden gezeichnet. So bekommt jedes Haus eine Art guten Geist und damit ein persönliches Gesicht“, betont sie. GUTE ERINNERUNGEN AN DIE KINDHEIT An ihre Kindheit im KamphofViertel erinnern sich Christel Wittler und ihre Cousine gern. „Hier kannte jeder jeden. Es herrschte eine sehr gute Nachbarschaft, und alle Kinder trafen sich zum Spielen auf der Straße“, sagt Heidi Arbeiter, die bis zu ihrer Heirat mit ihren Eltern und der Großmutter in der Nordstraße gelebt hat. Sie bedauert es sehr, dass sie ihren Großvater nicht mehr kennengelernt hat, denkt aber ebenso wie Christel Wittler oft und liebevoll an seine Witwe: „Unsere Oma war eine herzensgute Frau, die für uns Kinder immer Zeit hatte.“ Modernisierung im Kamphof-Viertel In den kommenden Jahren wird die BGW weitere Häuser im Kamphof-Viertel modernisieren. Es handelt sich dabei um die Häuser Am Kamphof 4 und 4a, 6 und 10 / Meller Straße 28, Meller Straße 78 und 80, Nordstraße 32 sowie ErnstRein-Straße 15, 29 und 33. Erinnern Sie sich noch an ehemalige Mieterinnen und Mieter dieser Häuser und können uns von ihnen erzählen? Bei der Fassadengestaltung der Häuser würden wir dies gern berücksichtigen. Anregungen bitte an Gabriela Gruel, Telefon: 8809238, E-Mail: [email protected]. BGW VOR ORT | 21 TIPPS & INFOS TIPPS & INFOS BGW BEDANKTE SICH 19 Teilnehmer beim Aktionslauf BEWUSSTSEIN bei langjährigen Mietern Z Foto: BGW u einer abwechslungsreichen Veranstaltung im Meierhof Olderdissen hat die BGW am . Oktober wieder Mieterinnen und Mieter eingeladen, die seit Jahren in einer Wohnung der BGW leben. Rund Personen, die zwischen dem . Januar und dem . Dezember ihre Wohnung bezogen haben, waren der Einladung gefolgt. Nach der Begrüßung durch BGWGeschäftsführer Norbert Müller und dem gemeinsamen Kaffeetrinken gab es die Möglichkeit, an einem geführten Spaziergang durch den Heimattierpark teilzunehmen oder sich einen Vortrag über Olderdissen und seine Artenvielfalt anzuhören. Musikalisch wurde der Nachmittag von Harald Kießlich begleitet, der bekannte Melodien auf dem Akkordeon und am Keyboard spielte und die Gäste zum Mitsingen und -schunkeln animierte. Der Tag klang mit einem dreigängigen Menü aus. MITRATEN – UND GEWINNEN! H aben Sie die Texte in dieser Ausgabe unserer Mieterzeitung „BGW vor Ort“ aufmerksam gelesen? Dann können Sie sicher auch die Fragen unseres Preisrätsels beantworten. Das Mitmachen lohnt sich! Unter allen Einsendern verlosen wir zwei Eintrittskarten für die Zauber-Show „Magie – Träume erleben“ der Ehrlich Brothers am . Februar um Uhr in der Seidensticker-Halle. Als zweiten Preis haben wir einen Schuh-Igel aus dem Bürstenhaus Redecker ausgewählt. Als dritte Preise gibt es zudem drei Geldwertkarten im Wert von je Euro für die Bäder der BBF zu gewinnen. Ein Umtausch in Geld ist nicht möglich. Einsendeschluss ist der . Januar . Schreiben Sie das Lösungswort auf eine Postkarte und schicken Sie diese an die BGW, Frau Gabriela Gruel, Carlmeyerstraße , Bielefeld. Oder senden Sie eine Mail an [email protected]. Viel Glück! Und dies sind die Gewinner des letzten Rätsels: Der erste Preis, ein Raclette-Gerät, ging an Lukas Wodarz. Gerda Klaus gewann einen Reisenthel-Einkaufskorb. Über Geldwertkarten der BBF konnten sich Caroline Bednorz, Norbert Malzer und Gabriel Witte freuen. . Welche Vögel nisten an den BGWWohnhäusern in Jöllenbeck? . In welchem Stadtbezirk befindet sich die Tilsiter Straße? . Welchen Beruf hatte der Großvater von Christel Wittler und Heidi Arbeiter? . Emil Gross war ein... . Was heißt „Ihr seid willkommen“ auf Kisuaheli? . Was steht beim Bielefelder Modell im Vordergrund? . Henning Scherf bezeichnet seine Hausgemeinschaft als... . Wodurch ist das Haus An der Krücke schwer beschädigt worden? . Auf welches Gebäude blickt die BGW-Mieterin Herta Essen von ihrer Wohnung? . Die Stadtteilmütter engagieren sich rund um den... für das Thema Demenz stärken S ie ließen sich auch vom trüben Regenwetter nicht abschrecken: Läuferinnen und Läufer nahmen am . September an einem Aktionslauf unter dem Motto „Mit-Lauf-Tendenz“ teil. Ziel der Veranstaltung, die der Arbeitskreis Demenz im Bielefelder Westen organisiert hatte, war es, das Bewusstsein für das Thema Demenz zu stärken. Der etwa Kilometer lange Lauf führte zu den Stationen des Demenz-Netzwerkes im Quartier: Start war an der Gerontopsychiatrischen Tagespflege Moltkestraße , den Abschluss bildete das Quartierscafé Am Pfarracker / Liethstück in Schildesche. Vor dem Bürogebäude der BGW an der Carlmeyerstraße und auf dem Außengelände des Vereins Alt und Jung Nord-Ost e. V. an der Huchzer- meierstraße waren die im Quartier tätigen Einrichtungen mit Informationen zum Thema Demenz und zu den verschiedenen Hilfsangeboten präsent. Der Arbeitskreis Demenz im Bielefelder Westen ist aus der Stadtteilkonferenz und dem Projekt „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ hervorgegangen. Reihe der Kunstausstellungen wurde fortgeführt ERSCHEINUNGEN EINES AUGENBLICKS M it großformatigen Acrylbildern von Renate Georgi-Wask ist von Anfang September bis Ende November die Reihe von Ausstellungen im Carré am Niederwall fortgeführt worden. Unter dem Titel „Im Hier und Jetzt“ waren in der BGW-Wohnanlage des Bielefelder Modells Arbeiten zu sehen, die in diesem Jahr in dem Atelier der Bielefelder Künstlerin entstanden sind. „Meine Bilder sind Erscheinungen eines Augenblicks. So habe ich etwa Seifenblasen in den Farben des Lichts auf der Leinwand festgehalten“, erklärt Renate Georgi- Wask, die an der Universität Osnabrück Kunst studiert und sich nach dem Ende ihrer Berufstätigkeit als Studienrätin der freien Kunstszene in Bielefeld angeschlossen hat. Von den berühmten Seerosenmotiven von Claude Monet ließ sie sich zu einer Serie von Bildern inspirieren, die sie mit leichtem Strich und einem aquarellähnlichen Farbauftrag geschaffen hat. „Ich suche in der Kunst das, was uns das Leben leichter ertragen lässt“, betont sie. 22 | BGW VOR ORT Fotos von Annette Mantei-Neumann, die selbst im Carré am Niederwall wohnt, stehen im Mittelpunkt der nächsten Ausstellung, die im Dezember zu sehen ist. Die BGW-Mieterin hat die Aufnahmen von ihrer Wohnung aus gemacht und eröffnet dem Betrachter damit ganz neue Perspektiven. BGW VOR ORT | 23 Impressum Herausgeber: Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (BGW) Verantwortlich: Gabriela Gruel und Bruno Schwope Redaktion: Regina Doblies Gestaltung: Petra Butenholz Fotos: Csaba Mester Auflage: 13.000 Raum für die Zukunft Fotos aus dem Jahr 1941 dokumentieren die Zerstörung KRIEGSBOMBE TRAF DAS HAUS AN DER KRÜCKE 21 S eit Jahren wohnt Christine Winter in dem BGW-Haus An der Krücke : Am . April ist sie mit ihrem Ehemann und dem ältesten, damals einjährigen Sohn in die Erdgeschosswohnung gezogen. „Ein Zimmer war an eine Lehrerin vermietet, die auch unsere Küche mitbenutzte“, erinnert sie sich. Ein Badezimmer gab es nicht, gebadet wurde in einer großen Wanne in der Waschküche. Von einer Nachbarin hat Christine Winter zwei Fotos bekommen, die das Haus An der Krücke im Jahr zeigen: Der größte Teil des Daches und die linke Seite des Hauses sind durch einen Luftangriff schwer beschädigt worden. Dabei handelt es sich offensichtlich um das einzige Gebäude im Bereich Königsbrügge, das im Zweiten Weltkrieg bombardiert worden ist. „Die Wohngegend nahe der Endstation Sieker war kein Zielgebiet von Bombardierungen“, berichtet der Bielefelder Historiker Bernd J. Wagner. Er hält es für wahrscheinlich, dass bei einem Luftangriff eine Bombe früher oder später abgeworfen worden ist und das Haus An der Krücke getroffen hat. Dies könnte möglicherweise bei dem ersten großen Angriff am . Juni passiert sein, der dem Dürkoppviertel galt. Insgesamt verloren in Bielefeld bei den Bombardierungen während des Zweiten Weltkrieges . Menschen ihr Leben, und es wurden . Wohnungen teilweise oder ganz zerstört. Den schwärzesten Kriegstag erlebten die Bielefelder am . September – danach lag die komplette Altstadt in Trümmern. Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft mbH Carlmeyerstraße D- Bielefeld Tel. . Fax . Notruf . e-mail: [email protected] internet: www.bgw-bielefeld.de