Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft Der Bundesrat eröffnet die Vernehmlassung zur Präimplantationsdiagnostik Bern, 18.02.2009 - Der Bundesrat hat heute die Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung eröffnet. Die Änderung betrifft die Präimplantationsdiagnostik. Das im geltenden Fortpflanzungsmedizingesetz enthaltene Verbot soll aufgehoben und durch eine Zulassung unter strengen Voraussetzungen ersetzt werden. In der Schweiz verbietet das Fortpflanzungsmedizingesetz die Präimplantationsdiagnostik (PID), das heisst die Untersuchung eines durch künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation, IVF) erzeugten Embryos auf genetische Anomalien hin, bevor er allenfalls in die Gebärmutter der Frau übertragen wird. Das soll sich ändern. Der Bundesrat hat im Auftrag des Parlamentes einen Vorschlag zur Zulassung der PID ausgearbeitet und diesen heute in die Vernehmlassung gegeben. Gemäss Vorschlag sollen diejenigen Paare eine PID in Anspruch nehmen dürfen, bei denen aufgrund ihrer Erbanlagen eine grosse Gefahr besteht, dass sie ihren Kindern die Veranlagung für eine schwere Krankheit übertragen. Mit der PID erhalten sie eine Alternative zu einer während der Schwangerschaft durchzuführenden Pränataldiagnostik mit eventuell anschliessendem Schwangerschaftsabbruch. Gleichzeitig soll die Regelung sicherstellen, dass die Menschenwürde geschützt und Missbräuche verhindert werden. Um diese Ziele zu erreichen, setzt der Vorschlag des Bundesrates der Anwendung der PID strenge Grenzen. Sie darf nur dann durchgeführt werden, wenn sich die Gefahr, dass die beim Elternpaar nachgewiesene genetische Veranlagung für eine Krankheit auf die Nachkommen übertragen wird, nicht anders abwenden lässt. Dabei muss es sich um eine schwere Krankheit handeln, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem fünfzigsten Lebensjahr ausbricht, und für die keine wirksame und zweckmässige Therapie zur Verfügung steht. Alle anderen Anwendungsmöglichkeiten der PID bleiben verboten. So ist es namentlich unzulässig, die PID im Rahmen eines Screenings anzuwenden, das heisst, für allgemeine Vorsorgeuntersuchungen zur Vermeidung von spontan auftretenden genetischen Anomalien (z.B. Trisomie 21) oder zum Versuch, die Erfolgsquote bei der Behandlung von Unfruchtbarkeit zu steigern. Ebenso ist es verboten, mittels PID einen Embryo mit einem bestimmten Gewebetyp zum Zweck einer späteren Gewebe- oder Organspende für ein krankes Geschwister auszuwählen (sog. Retter-Baby). Generell unzulässig sind alle Anwendungen der PID ohne Bezug zu einer genetischen Krankheit. Das Bundesamt für Gesundheit nimmt im Rahmen des heute eröffneten Vernehmlassungsverfahrens bis am 18. Mai 2009 Stellungnahmen zum Entwurf entgegen. Adresse für Rückfragen: Zurcher Jean-Louis Bundesamt für Gesundheit Sektion Kommunikation, 031 322 95 05 Herausgeber: Eidgenössisches Departement des Innern Internet: http://www.edi.admin.ch Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft Kontakt | Rechtliches http://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de Erläuterungen zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (Präimplantationsdiagnostik) 18. Februar 2009 Inhaltsverzeichnis Übersicht 1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Naturwissenschaftliche Grundlagen 1.2.1 Einleitung 1.2.2 Begriffe 1.2.2.1 Präimplantationsdiagnostik 1.2.2.2 Polkörperdiagnostik 1.2.3 Verfahren der PID / IVF 1.2.4 Anwendungsbereiche der PID 1.2.4.1 Nachweis genetisch bedingter Krankheiten 1.2.4.2 PID für infertile Paare 1.2.4.3 PID für fruchtbare Paare in fortgeschrittenem Alter 1.2.4.4 PID zur Auswahl immunkompatibler Embryonen 1.2.4.5 PID zur Selektion des Geschlechts ohne Krankheitsbezug 1.2.4.6 PID zur positiven Selektion einer genetisch bedingten Anomalie 1.2.5 Fehldiagnosen 1.3 Ethische Aspekte 1.3.1 Grundsätze 1.3.2 Grundlegende Wertkonflikte 1.3.3 Wem dient eine PID? 1.3.4 Nutzen, Nachteile und Risiken der PID 1.3.5 Die Diskussion in der Schweiz 1.3.6 Die Diskussion auf internationaler Ebene 1.3.7 Weitergehende Anwendungsmöglichkeiten 1.4 Die Rechtslage in der Schweiz 1.4.1 Bundesverfassung 1.4.2 Bundesgesetzgebung 1.4.3 Parlamentarische Vorstösse auf Bundesebene 1.4.4 Kantonale Gesetzgebung 1.5 Die beantragte Neuregelung 1.5.1 Untersuchte Lösungsmöglichkeiten 1.6 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.7 Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht 1.7.1 Rechtslage in anderen Ländern 3 6 6 8 8 9 9 9 9 12 12 16 17 17 17 18 18 19 19 19 21 22 25 26 28 29 29 32 33 34 34 35 38 38 38 1 1.7.2 Verhältnis zum europäischen Recht 1.8 Umsetzung 1.9 Erledigung parlamentarischer Vorstösse 44 46 47 2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Zulässigkeit der Verfahren (Art. 5 und 5a) 2.2 Einwilligung, Beratung und Datenschutz (Art. 5b-6b) 2.3 Vollzug (Art. 8, 9, 10a-14b) 2.4 Strafbestimmungen (Art. 33, 34, 37, 38) 2.5 Zusätzliche Aufgabe der Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen (Art. 35 Abs. 2 Bst. k GUMG) 47 47 52 54 60 3 Auswirkungen 3.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen 3.1.1 Auf den Bund 3.1.2 Auf die Kantone und die Gemeinden 3.2 Auswirkungen auf die Informatik 3.3 Volkswirtschaftliche Auswirkungen 3.4 Andere Auswirkungen 3.4.1 Auf Menschen mit Behinderungen 3.4.2 Auf die Gleichstellung von Frau und Mann 3.4.3 Auf die soziale Krankenversicherung 3.4.4 Auf die Wirtschaftsfreiheit 3.5 Auswirkungen auf das Fürstentum Liechtenstein 62 62 62 65 65 65 65 65 66 66 66 67 4 Verhältnis zur Legislaturplanung 67 5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse und Vereinbarkeit mit dem Subventionsgesetz 5.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 67 67 67 Anhang 1: Glossar naturwissenschaftlicher Fachbegriffe 69 Anhang 2: Tabellen 73 2 62 68 68 Übersicht Die Revision hebt das bisherige Verbot der Präimplantationsdiagnostik im Fortpflanzungsmedizingesetz auf. Unter Beachtung des Grundsatzes der Menschenwürde definiert sie strenge Rahmenbedingungen, unter denen die PID für betroffene Paare zugänglich sein soll, und stellt ihre Anwendung zu anderen Zwecken unter Strafe. Ausgangslage Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist ein medizinisches Verfahren, mit dem im Rahmen einer künstlichen Befruchtung Embryonen genetisch untersucht werden, bevor sie in die Gebärmutter eingebracht werden. Im Anschluss an die gewonnenen Informationen über ihre genetische Veranlagung besteht die Möglichkeit zu entscheiden, ob die einzelnen Embryonen tatsächlich auf die Mutter übertragen oder aber ausgesondert werden sollen. Der zentrale Zweck dieser Technologie besteht darin sicherzustellen, dass das zukünftige Kind nicht unter einer bestimmten, genetisch bedingten Erkrankung, deren Veranlagung die Eltern tragen, leiden wird. In manchen Familien gibt es eine mitunter über Generationen zurückreichende Geschichte schwerer vererbter Krankheiten wie beispielsweise Zystischer Fibrose. Andere Paare haben eines oder mehrere Kinder bereits sehr früh etwa wegen einer erblichen Form von Muskelschwund verloren. Viele Paare fühlen sich einem solchen Schicksal nicht gewachsen und verzichten auf die Erfüllung ihres Kinderwunsches, obwohl dieser eigentlich eine essenzielle Rolle in ihrer Lebensplanung spielt. In solchen Fällen eröffnet die PID einen Ausweg aus dieser dilemmatischen Situation. Darüber hinaus kann mittels PID prinzipiell jedes beliebige Merkmal, das genetisch bedingt ist und für das es einen Test gibt, zum Auswahlkriterium gemacht werden. Eine typische Anwendungsmöglichkeit ist etwa der Versuch, diejenigen Embryonen zu erkennen, die sich aufgrund von Chromosomenstörungen nicht entwickeln werden, um so die Erfolgsrate einer künstlichen Befruchtung zu erhöhen. Daneben können Embryonen nach Gewebeeigenschaften ausgewählt werden, beispielsweise um eine Übertragung von Knochenmark auf ein krankes Geschwister zu ermöglichen, oder einen Embryo nach seinem Geschlecht auszuwählen. Allerdings liegt in eben dieser Offenheit der Technik auch eine ihrer Gefahren: eine schrankenlose eugenische Verfügungsgewalt über die Nachkommen ist ethisch nicht zu rechtfertigen. Ein Embryo in vitro darf nicht zum Spielball beliebiger Interessen werden. Befürchtet werden aber insbesondere auch Auswirkungen durch die Zulassung der PID auf die Gesellschaft als Ganzes wie eine Verschlechterung der Situation von behinderten oder kranken Menschen und eine zunehmende Medikalisierung der Fortpflanzung. Insgesamt also bestehen ernsthafte Bedenken, dass die Zulassung der PID mit gravierenden Nachteilen einhergehen könnte. 3 Inhalte der Vorlage Der Gesetzesentwurf regelt die Zulassung der PID und ersetzt damit das bisherige Verbot dieser Technik im geltenden Fortpflanzungsmedizingesetz1. Die Grundsätze der Regelung lauten wie folgt: - Die PID darf nur angewandt werden, wenn sich die konkrete Gefahr anders nicht abwenden lässt, dass das Elternpaar in eine unzumutbare Situation gerät, weil das zu zeugende Kind mit grosser Wahrscheinlichkeit an einer schweren erblichen Erkrankung leiden wird. Dabei muss das Krankheitsrisiko aufgrund einer bekannten genetischen Disposition der Eltern bestehen. - Alle anderen Anwendungsmöglichkeiten bleiben unter Androhung von Strafe verboten: die PID darf nicht durchgeführt werden in Form eines «Screenings» bei Unfruchtbarkeit oder erhöhtem Alter der Frau, sie ist unzulässig zur Bestimmung des Gewebetyps sowie zur Bestimmung des Geschlechts und aller übrigen genetischen Eigenschaften ohne Bezug zu einer schweren Krankheit. - Das Elternpaar hat geltend zu machen, dass es durch die Geburt des in dieser Weise belasteten Kindes in eine unzumutbare Lage geraten würde. Ausserdem hat die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt zu prüfen, ob die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind, so dass zurecht eine solche unzumutbare Situation anerkannt werden kann: die Krankheit muss als schwer einzustufen sein, sie muss mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem 50. Lebensjahr ausbrechen, und es darf keine wirksame und zweckmässige Therapie dafür zur Verfügung stehen. - Das Elternpaar muss über alle Schritte des PID-Verfahrens ebenso wie über Alternativen hinreichend informiert und beraten werden. Dabei ist sein Selbstbestimmungsrecht in jedem Moment zu wahren. - Das ausführende medizinische Personal unterliegt im Interesse der Qualität und zur Sicherung einer gesetzeskonformen Praxis besonderen Bewilligungs- und Meldepflichten. Vollzugsbehörde ist das Bundesamt für Gesundheit. - Die Regelung ist im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen periodisch zu evaluieren. - Alle übrigen Rahmenbestimmungen des FMedG, des entsprechenden Verfassungsartikels und aller anderen Gesetze bleiben unberührt. Damit soll gewährleistet werden, dass alle Paare, die andernfalls in eine gravierende, ihnen offensichtlich unzumutbare Situation geraten würden, zuverlässig die PID in Anspruch nehmen können. Weitere Anwendungsmöglichkeiten bleiben aufgrund des Gefahrenpotenzials der Technik verboten; ein Graubereich unklarer Abgrenzungsfragen soll so weit wie möglich ausgeschlossen sein. Die Regelung soll so den betroffenen Frauen und Paaren eine zumutbarere Alternative zu einer während der Schwangerschaft durchzuführenden Pränataldiagnostik mit eventuell anschliessendem Schwangerschaftsabbruch eröffnen, ohne den Schutz der Menschenwürde zu gefährden. 1 4 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung; FMedG; SR 810.11. Gliederung der Erläuterungen Die vorliegenden Erläuterungen sind in fünf Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel (1 Grundzüge der Vorlage) werden nach einer kurzen Einführung (1.1) die naturwissenschaftlichen Grundlagen der PID beleuchtet (1.2). Grosses Gewicht kommt dabei der Darstellung der medizinischen Praxis der PID im Ausland zu. Sodann werden zentrale Aspekte der PID aus ethischer Sicht aufgezeigt (1.3). Im Zentrum steht dabei die ethische Grundfrage, ob, und wenn ja, inwieweit das Interesse der Eltern an einem nicht von einer genetischen Krankheit betroffenen Kind die mit der PID verbundenen Nachteile und Risiken aufzuwiegen vermag. Des Weiteren werden die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten der PID aus ethischer Sicht beleuchtet. Anschliessend wird die Rechtslage in der Schweiz dargestellt (1.4). Dabei werden insbesondere die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen skizziert, an welchen sich die Neuregelung zu orientieren hat. Danach folgt eine Auflistung der zentralen Inhalte der beantragten Neuregelung (1.5) sowie eine Offenlegung der jährlichen Vollzugskosten (1.6). Schliesslich sollen die unterschiedlichen Regelungsansätze der Präimplantationsdiagnostik innerhalb Europas dargestellt werden. Im Anschluss daran finden sich insbesondere Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln (2) sowie Ausführungen zu den Auswirkungen der vorgeschlagenen Neuregelung (3). 5 Erläuterungen 1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage Im Jahre 1978 wurde in Grossbritannien das erste Kind geboren, das aus einer Invitro-Fertilisation2 (IVF) hervorgegangen war. Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung rückte im Anschluss daran in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses. In der Schweiz wurden erste Versuche mit dieser Methode 1982 in Basel durchgeführt. 1985 kam in Locarno das erste schweizerische «Retortenkind» zur Welt.3 Dem Bund fehlte zu jenem Zeitpunkt die verfassungsrechtliche Grundlage zum Erlass einer einschlägigen gesetzlichen Regelung. In der Folge lancierte die Redaktion des Schweizerischen Beobachters am 15. Oktober 1985 die Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative, um gewissen, als bedrohlich wahrgenommenen Entwicklungen in diesem Bereich Einhalt zu gebieten. Ziel war eine klare Verfassungsgrundlage mit dem Auftrag an das Parlament zum Erlass eines Gesetzes, namentlich im Hinblick auf die «Übertragung von Keimdrüsen, die künstliche Insemination, die IVF, den Embryotransfer sowie den Umgang mit Keimzellen und lebenden oder toten Keimen in Wissenschaft, Medizin, Gewerbe und Industrie».4 Die Räte und am 17. Mai 1992 Stimmvolk und Stände nahmen schliesslich den Gegenvorschlag an, den der Bundesrat zur Initiative ausgearbeitet hatte, ohne deren Zielrichtung zu ändern. Die Regelung findet sich heute in Artikel 119 der Bundesverfassung (BV)5. Auch im zweiten Bereich, den dieser Verfassungsartikel regelt, der Gentechnologie, waren zur gleichen Zeit sowohl in der Schweiz als auch auf internationaler Ebene wesentliche Entwicklungen zu verzeichnen. Die neuen Techniken und Analysemethoden wurden nicht zuletzt auf die Gynäkologie und Fortpflanzungsmedizin übertragen, was zunächst zu pränatalen chromosomalen Analysen im Rahmen der Fruchtwasserpunktion und Anfang der 1980er Jahre zur Chorionzottenbiopsie führte. Mit dem Ziel, die Übertragung geschlechtsbedingter genetischer Krankheiten zu verhindern, wurde die Analysemethode sodann mit der IVF zusammengefügt, und 1990 erfolgte der erste Bericht über die klinische Anwendung der PID. Das Spektrum der Indikationen wurde seither immer mehr ausgeweitet. Neben der Verhinderung der Übertragung einer genetisch bedingten Krankheit wird mit der PID nunmehr etwa auch versucht, die Erfolgsrate von IVFVerfahren insbesondere bei älteren Frauen zu steigern. Dadurch soll namentlich dem mit zunehmendem Alter steigenden Risiko für Chromosomenstörungen begegnet werden. Ausserdem dient die PID in einzelnen Ländern der Wahl des gewünschten 2 3 4 5 6 Naturwissenschaftliche Fachausdrücke, die im Glossar erläutert werden, werden bei der erstmaligen Erwähnung kursiv aufgeführt. Vgl. Botschaft über die Volksinitiative «zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie (Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung, FMF)» und zu einem Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG), BBl 1996 III 205. Vgl. Botschaft zur Volksinitiative «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen», BBl 1989 III 989. SR 101 Geschlechts des Kindes oder – in seltenen Fällen – der Auswahl desjenigen Embryos, welcher mit einem bereits geborenen, kranken Geschwister übereinstimmende Gewebemerkmale aufweist. Dank einer Blutstammzellentnahme aus Nabelschnur oder Plazenta bei der Geburt oder später bei dem mitunter so genannten «Retter-Kind» selbst, kann dieses dem kranken Geschwister zur Heilung verhelfen. Die PID war zur Zeit der parlamentarischen Beratung der Volksinitiative «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen» 1987 und des Verfassungsartikels noch zu wenig bekannt, um Anlass für eine Diskussion zu sein und wurde in den Räten nur ein einziges Mal erwähnt.6 Hingegen wurde ihre Zulassung im Zuge der Beratungen zum FMedG heftig diskutiert. Dieses war als indirekter Gegenvorschlag zu einer weiteren, sehr restriktiv orientierten Volksinitiative aus dem Jahre 1994 «zum Schutze des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie (Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung)» erarbeitet worden. Letztlich entschieden sich das Parlament und in der Abstimmung mit überwältigender Mehrheit auch Volk und Stände für die Annahme dieses Gesetzes. Darin enthalten ist mit Artikel 5 Absatz 3 das Verbot der Ablösung einer oder mehrerer Zellen von einem Embryo in vitro und deren Untersuchung. Die massgeblichen Argumente hierfür lauteten gemäss der Botschaft des Bundesrates vom 26. Juni 1996: - Die Folgen der Untersuchungsmethode für den Embryo, insbesondere die langfristigen Auswirkungen, sind noch weitgehend unbekannt. - Die Abgrenzung legitimer von unethischen Zwecken, die mit einer PID verfolgt werden können, ist sehr schwierig. - Das Verfahren birgt das Risiko eines Automatismus; ergibt der Test ein unerwünschtes Resultat, wird der Embryo ohne Zögern ausgesondert und damit dessen Entwicklung einseitig vom positiven Prüfungsergebnis abhängig gemacht. - Die PID öffnet das Tor zu einer verhängnisvollen Entwicklung, Embryonen in vitro einer Selektion nach immer mehr Eigenschaften zu unterwerfen. Die Diskussion war damit indessen nicht beendet; immer wieder forderten seither verschiedene parlamentarische Vorstösse die Zulassung der PID, bis im Jahre 2005 beide Räte einer Motion der nationalrätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK NR) zustimmten, welche den Bundesrat mit der Ausarbeitung einer gesetzlichen Regelung zur Zulassung der PID beauftragte.7 Dabei hat an den Argumenten, wie sie einige Jahre zuvor im Zusammenhang mit der PID vorgebracht worden waren, nichts Grundlegendes geändert. Einzig wurden die Risiken eher für beherrschbar eingestuft und die Interessen der betroffenen Frauen und Paare höher gewichtet. Im Dezember 2005 hat dann auch die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK-CNE) ihre Stellungnahme zur PID veröffentlicht, in der eine Minderheit für die Beibehaltung des Verbots, die Mehrheit jedoch für die Zulassung der PID votiert. Zwei Fälle sieht die NEK-CNE vor, in denen die PID erlaubt sein soll: erstens zur Verhinderung einer schweren Krankheit und zweitens zur Behandlung der Unfruchtbarkeit im Rahmen einer IVF. In seiner Stellungnahme zur Motion der WBK erklärte sich der Bundesrat bereit zu prüfen, ob eine streng kontrollierte Regelung nicht einem ausnahmslos geltenden 6 7 AB 1991 N 590, Votum Bärlocher. Motion 04.3439. 7 Verbot vorzuziehen sei. Die zu formulierenden Rahmenbedingungen müssten dergestalt sein, dass kein Ermessensspielraum besteht, der zu einer Erweiterung der Indikationen missbraucht werden könnte. 1.2 Naturwissenschaftliche Grundlagen 1.2.1 Einleitung Die PID ist ein neueres Diagnoseverfahren zur Untersuchung des Erbguts von Embryonen in vitro. 1990 kam in England das erste Kind zur Welt, bei dem mittels PID das Geschlecht festgestellt worden war, um das Auftreten einer Xchromosomalen Erbkrankheit zu verhindern (vgl. Ziff. 1.2.4.1).8 Zwei Jahre später wurde das erste Kind geboren, bei dem mittels PID eine monogene Erbkrankheit ausgeschlossen worden war.9 Wurde diese Technik anfangs nur in Einzelfällen und zum Nachweis einiger weniger Erbkrankheiten eingesetzt, so liegt die Zahl der bis heute weltweit nach einer PID geborenen Kinder sicherlich bereits über 500010, wobei diese Zunahme nicht zuletzt auf eine Ausweitung des Indikationenspektrums zurückzuführen ist. So wird heute die PID nicht nur zum Nachweis von etwa 200 Erbkrankheiten11 genutzt, sondern darüber hinaus für andere Zwecke wie etwa zum Versuch, die Erfolgsrate der IVF zu erhöhen, oder zur Geschlechterselektion mit oder ohne Krankheitsbezug (vgl. Ziff. 1.2.4). Die Ausweitung der Indikation ist auch gegenüber dem Indikationenspektrum im Falle der Pränataldiagnostik zu beobachten; so werden mittels PID Krankheiten diagnostiziert, die auch bei einer Pränataldiagnostik untersucht werden könnten, deren Diagnose aber nicht üblich ist.12 8 9 10 11 12 8 A. H. Handyside et al., Pregnancies from biopsied human preimplantation embryos sexed by y-specific DNA amplification, Nature, 1990, 344, S. 768-770. A. H. Handyside et al., Birth of a normal girl after in vitro fertilization and preimplantation diagnostic testing for cystic fibrosis, The New England Journal of Medicine, 1992, 327, S. 905-909. Genauere Zahlen hierzu sind nicht erhältlich, da «PID-Kinder» nicht systematisch registriert werden. So fehlen insbesondere repräsentativ abgestützte Daten zur PID aus den USA, wo die PID weit verbreitet ist. Eine Stichprobe mit Bezug auf 190 Kliniken (etwa 45% der Kliniken in den USA, wobei die Gesamtzahl nicht exakt bekannt ist) bieten: S. Baruch et al., Genetic testing of embryos: practices and perspectives of U.S. IVF clinics, Fertility and Sterility, published Online September 2006. Etwas aussagekräftiger sind die Daten, die eine europäische Gesellschaft erhebt, an die etwa 50 sowohl europäische als auch nicht europäische Zentren angeschlossen sind:Die Daten werden jährlich erhoben und für die einzelnen IVF- resp. PID-Etappen separat ausgewertet. Siehe K. D. Sermon et al., ESHRE PGD Consortium data colection VI: cycles from January to December 2003 with pregnancy follow-up to October 2004, Human Reproduction, 2007, 22, S. 323-336. Vgl. The Preimplantation Genetic Diagnosis International Society (PGDIS), Guidelines for good practice in PGD: programme requirements and laboratory quality assurance, Reproductive BioMedicine Online, 16, 2008, S. 134-147. «First, PGD testing of adult-onset disorders (Huntington disease, familial predispositions to cancer, polycystic kidney disease, etc) appears to be more widespread than is the case for prenatal diagnosis. Second, testing may be requested and performed for relatively less severe or less predictable diseases: a quarter of the centres offer PGD for CMT disease, which is not a common prenatal diagnosis.» A. Corveleyn et al., Provision and quality assurance of preimplantation genetic diagnosis in Europe, European Journal of Human Genetics, 2008, 16, S. 290-299; hier S. 297. 1.2.2 Begriffe 1.2.2.1 Präimplantationsdiagnostik Als Präimplantationsdiagnostik (PID, englische Abkürzung PGD für «preimplantation genetic diagnosis») wird im Allgemeinen die genetische Untersuchung eines extrakorporal erzeugten Embryos vor der Implantation in die Gebärmutter der Frau bezeichnet. Üblicherweise werden dabei dem Embryo drei Tage nach der Befruchtung, wenn er aus sechs bis zehn Zellen besteht, eine oder zwei Zellen entnommen und auf genetische Schäden hin untersucht (vgl. Ziff. 1.2.3). Nicht unter diese Begriffsdefinition fällt die so genannte Polkörperdiagnostik (vgl. Ziff. 1.2.2.2). 1.2.2.2 Polkörperdiagnostik Die Polkörperdiagnostik ist ein Untersuchungsverfahren an der Eizelle, bei dem aus der genetischen oder chromosomalen Ausstattung der Polkörper auf das Erbmaterial der Eizelle geschlossen wird.13 Die beiden Polkörper sind kleine Bestandteile der Eizellen, die sich während der Reifung der Eizelle bilden und nach kurzer Zeit wieder degenerieren. Sie enthalten beide je die Erbinformation der Mutter. Das Verfahren wurde Anfang der 1990er Jahre eingeführt und wird heute wie in vielen anderen Ländern auch in der Schweiz angeboten.14 Um ein möglichst zuverlässiges Resultat zu erhalten, werden üblicherweise beide Polkörper untersucht. Dabei können sowohl Genmutationen als auch Chromosomenstörungen (vgl. Ziff. 1.2.4.1). diagnostiziert werden. Gegenüber der PID weist die Polkörperdiagnostik den Nachteil auf, dass lediglich das mütterliche Genom untersucht werden kann. Zudem ist eine Geschlechtsselektion nicht möglich. Darüber hinaus ist die Technik äusserst anspruchsvoll. Aus medizinischer Sicht erscheint deshalb die PID als das klar vorteilhaftere Verfahren. Aus ethischer Perspektive hat die Polkörperdiagnostik hingegen den Vorteil, dass sie vor der Entstehung eines Embryos durchgeführt wird und so keine Embryonen unmittelbar geschädigt werden können. 1.2.3 Verfahren der PID / IVF Um eine PID durchführen zu können, ist vorgängig eine IVF notwendig. Dabei kann das Verfahren der IVF mit PID grob in fünf Schritte unterteilt werden:15 (1) Hormonstimulation und Eizellgewinnung, (2) Extrakorporale Befruchtung, (3) Embryobiopsie (Entnahme, Abspaltung)16, (4) Genetische Diagnostik und (5) Implantation eines oder mehrerer unbelasteter Embryonen. 13 14 15 16 Vgl. ausführlich M. Montag, K. van der Ven, H. van der Ven, Polar body biopsy, in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hg.), Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 391 ff. B. Imthurn et al., Preimplantation diagnosis in Switzerland – birth of a healthy child after polar body biopsy, Swiss Medical Weekly, 2004, 134, S. 259-261. Vgl. C. Overton et al., Clinical Aspects of Preimplantation Diagnosis, in : J. C. Harper, J. D. Delhanty, A. H. Handyside (Hg.), Preimplantation Genetic Diagnosis, Chichester 2001, S. 123 - 140. Vgl. J. Harper and A. Thornhill, Embryo Biopsy, in : J. C. Harper, J. D. Delhanty, A. H. Handyside (Hg.), Preimplantation Genetic Diagnosis, Chichester 2001, S. 143 - 163. 9 - (1) Als Erstes werden die Eierstöcke durch die Verabreichung von Hormonen zur gleichzeitigen Reifung mehrerer Follikel stimuliert. Während normalerweise nur ein Follikel pro Menstruationszyklus die volle Reife erreicht, bewirkt die künstliche Stimulation der Eierstöcke die Reifung von bis zu 15 Follikeln. Nach Abschluss der etwa zwölf Tage dauernden Stimulationsbehandlung erfolgt die Entnahme der Eizellen aus den Follikeln. Dabei werden die Follikel mit einer durch die Scheide eingeführten Nadel angestochen und die Eizellen abgesaugt. - (2) Etwa sechs Stunden nach der Follikelpunktion werden die Eizellen befruchtet, wobei sich in der Regel etwa 80% dieser Eizellen als inseminationsfähig erweisen (vgl. Anhang 2 Tabelle 1). Für die Befruchtung stehen zwei Verfahren zur Auswahl: Bei der herkömmlichen IVF werden die Spermien mit den Eizellen zusammengebracht, so dass sich die Befruchtung von selbst vollzieht. Ein neueres Verfahren stellt die so genannte intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) dar, bei der ein einzelnes Spermium direkt in eine Eizelle injiziert wird. Dieses Verfahren kommt unter anderem dann zur Anwendung, wenn anschliessend eine PID durchgeführt werden soll, weil dadurch die Gefahr der Kontamination mit Fremd-DNA und damit der Verfälschung des Diagnoseergebnisses minimiert werden kann. Etwa 16-18 Stunden nach Durchführung der ICSI erfolgt eine visuelle Kontrolle der Befruchtung. Sie ist geglückt, wenn zu diesem Zeitpunkt in der Eizelle zwei etwa gleich grosse, so genannte Vorkerne sichtbar sind.17 Die befruchtete Eizelle vor der Kernverschmelzung wird gemäss FMedG als imprägnierte Eizelle bezeichnet (Art. 2 Bst. h). Etwa 70% der inseminationsfähigen Eizellen entwickeln sich zu imprägnierten Eizellen (vgl. Anhang 2 Tabelle 1). Nach der Verschmelzung der beiden Vorkerne zu einer Zygote wird in regelmässigen Intervallen der Entwicklungszustand des sich entwickelnden Embryos unter dem Mikroskop überprüft. Ein Embryo mit einem guten Entwicklungspotenzial lässt sich in der Regel an bestimmten Eigenschaften erkennen18: So weist er zum einen je nach Alter eine ganz bestimmte Anzahl Blastomeren auf. Diese sind zudem nur wenig fragmentiert und besitzen nicht mehr als einen Zellkern. Etwa 55% der imprägnierten Eizellen entwickeln sich zu entwicklungsfähigen Embryonen im 4-Zellen-Stadium (vgl. Anhang 2 Tabelle 1). In der Schweiz dürfen pro Behandlungszyklus höchstens drei imprägnierte Eizellen zu Embryonen entwickelt werden (Art. 17 Abs. 1 FMedG). Die übrigen imprägnierten Eizellen werden in flüssigem Stickstoff kryokonserviert. - 17 18 10 (3) Die Embryobiopsie, das heisst die Abspaltung einer oder zweier Zellen von einem Embryo, erfolgt in der Regel am dritten Tag nach der Vgl. L. A. Scott, Analysis of fertilization, in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hg.), Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 201ff. Vgl. D. Sakkas, D. K. Gardner, Evaluation of embryo quality: sequential analysis of embryo development with the aim of single embryo transfer, in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hg.), Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 235ff. Befruchtung.19 Der Embryo besteht zu diesem Zeitpunkt gewöhnlich aus sechs bis zehn Zellen und ist von einer Schutzhülle (Zona pellucida) umgeben. Etwa 70% der entwicklungsfähigen Embryonen im 4-ZellenStadium erreichen das 8-Zellen-Stadium (vgl. Anhang 2 Tabelle 1). Gemäss einem neueren Verfahren wird der Embryo erst etwa am 5. Entwicklungstag biopsiert.20 In diesem Entwicklungsstadium besteht der Embryo aus einer äusseren Zellgruppe, aus der die Plazenta hervorgeht (Trophoblast), und der inneren Zellmasse, aus der sich der Embryo resp. Fötus entwickelt (Embryoblast), und wird als Blastozyste bezeichnet. Man spricht demzufolge auch von Blastozystenbiopsie. Bei einer Blastozystenbiopsie werden in der Regel dem Trophoblasten mehrere Zellen entnommen und genetisch untersucht. Noch ist nicht restlos geklärt, welche Vor- und Nachteile die Blastozystenbiopsie im Vergleich zur am 3. Tag durchgeführten Embryobiopsie aufweist. Ein Vorteil scheint zu sein, dass mehr als zwei Zellen gewonnen und untersucht werden können (vgl. Ziff. 1.2.5). Bei einer Embryobiopsie wird zuerst mit Hilfe von Säure, Laserlicht oder auf mechanischem Weg eine Öffnung in der den Embryo umgebenden Schutzhülle geschaffen. Anschliessend werden dem Embryo mittels einer Saugpipette eine oder zwei Zellen entnommen. Diese Zellentnahme verläuft nicht immer erfolgreich: In etwa 5% der Biopsien gehen die abgespaltenen Zellen zugrunde und können nicht mehr genetisch untersucht werden (vgl. Anhang 2 Tabelle 1). Demzufolge kann der betroffene Embryo grundsätzlich nicht mehr zu Fortpflanzungszwecken verwendet werden, weil nicht feststellbar ist, ob er den fraglichen Gendefekt trägt oder nicht. In seltenen Fällen stirbt der Embryo direkt infolge der Biopsie ab. In jüngster Zeit finden sich zudem vermehrt auch Hinweise, dass die Abspaltung von Zellen möglicherweise die Implantationsfähigkeit des Embryos verringert.21 Noch kaum geklärt ist die Frage, ob die Abspaltung darüber hinaus noch weitere negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Embryos oder des Kindes haben könnte.22 Gemäss ersten Untersuchungen dürfte die PID zumindest keine negativen Auswirkungen 19 20 21 22 Vgl. C. Overton et al., Clinical Aspects of Preimplantation Diagnosis, in : J. C. Harper, J. D. Delhanty, A. H. Handyside (Hg.), Preimplantation Genetic Diagnosis, Chichester 2001, S. 146. A. H. Handyside, Human embryo biopsy for preimplantation genetic diagnosis, in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hg.), Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 191 ff. Vgl. L. K. Shahine et al., Preimplantation genetic diagnosis does not increase pregnancy rates in patients at risk for aneuploidy, Fertility and Sterility, 2006, 85, S. 51-56. Bruce Goldman, The First Cut, Nature, 2007, 445, S. 479-480. Ferner P. Miny, Ch. De Geyter, W. Holzgreve, Neue Möglichkeiten der pränatalen genetischen Diagnostik inklusive Präimplantationsdiagnostik, Therapeutische Umschau, 2006, 63, S. 707. Vgl. Bericht «Preimplantation Genetic Diagnosis in Europe» der European Commission, 2007 (www.jrc.ec.europa.eu, Mai 2008). 11 auf die geistige und psychomotorische Entwicklung von Kindern in den ersten beiden Lebensjahren haben.23 - (4) Die Untersuchung des Erbguts der abgespaltenen Zelle(n) erfolgt je nach Fragestellung (vgl. Ziff. 1.2.4) mittels verschiedener Diagnoseverfahren24 und dauert gewöhnlich zwischen zwei und 24 Stunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Untersuchung des Genoms einer isolierten Zelle zu einem interpretierbaren Ergebnis führt, liegt bei etwa 90-95% (vgl. Anhang 2 Tabelle 1). In 5-10% der Fälle erhält man wegen technischer Probleme kein Ergebnis.25 - (5) In Abhängigkeit vom Alter der betroffenen Frau und weiteren Faktoren werden gewöhnlich ein bis höchstens drei ausgewählte Embryonen pro Behandlungszyklus transferiert. Zur Vermeidung risikoreicher Mehrlingsschwangerschaften wird in letzter Zeit vermehrt nur noch ein Embryo pro Zyklus transferiert. Der Embryotransfer erfolgt in der Regel am vierten oder am fünften Tag nach der Befruchtung. Ein biopsierter Embryo wird sich mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 15% erfolgreich in die Gebärmutter einnisten (vgl. Anhang 2 Tabelle 1). 1.2.4 Anwendungsbereiche der PID 1.2.4.1 Nachweis genetisch bedingter Krankheiten Ein zentrales Anwendungsgebiet der PID ist der Nachweis genetisch bedingter, das heisst erblicher Krankheiten, die familiär gehäuft auftreten. Weniger häufig wird die PID auch im Rahmen allgemeiner Risikovorsorge angewandt, namentlich zur Entdeckung spontaner Neumutationen in einer durch genetische Krankheiten bisher unbelasteten Familie. Grundsätzlich werden drei verschiedene Formen genetischer Erkrankungen unterschieden: monogene Erbkrankheiten, multifaktoriell bedingte Erkrankungen sowie Chromosomenstörungen. Monogene Erbkrankheiten Monogene Erbkrankheiten werden den Mendelschen Regeln entsprechend vererbt und können einen autosomal-dominanten (1), einen autosomal-rezessiven (2) oder 23 24 25 12 J. Nekkebroeck et al., Mental and psychomotor development of 2-year-old children born after preimplantation genetic diagnosis/screening, Human reproduction, 2008, S. 1-7. Ebenso: I. Barnejee et al., Health of children conceived after preimplantation genetic diagnosis: a preliminary outcome study, Reproductive BioMedicine Online, 2008, 16, S. 376-381 sowie A. Sutcliffe etal., Health of children conceived after preimplantation genetic diagnosis: a preliminary outcome study, Reproductive Biomedicine Online, 2008, 16, S. 376-381. Skeptisch demgegenüber V. Touliatou et al., Multidisciplinary medical evaluation of children younger than 7.5 years born after preimplantation genetic diagnosis for monogenetic diseases, Pediatrics, 2008, 121, S. 102. Vgl. Y. Yaron, R. Gamzu, M. Malcov, Genetic analysis of the embryo, in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hg.), Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 379ff.; L. Wilton, L. Voullaire, Preimplantation genetic diagnosis using comparative genomic hybridization, in: in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hg.), Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 329ff. J. Murken, Pränatale Diagnostik, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Feder, Humangenetik, Stuttgart 2006, S.386 ff. einen geschlechtsgebundenen Erbgang (3) aufweisen. Monogene Erbkrankheiten können jedoch auch durch eine spontane Neumutation in einer bisher unbelasteten Familie auftreten. - (1) Autosomal-dominante Erbkrankheiten manifestieren sich in der Regel bei jedem heterozygoten Träger einer bestimmten Mutation. Ist ein Elternteil erkrankt und der andere gesund, so hat das Kind ein Risiko von 50%, ebenfalls zu erkranken (unter der Voraussetzung, dass der erkrankte Elternteil heterozygot ist). Autosomal-dominante Erbkrankheiten zeigen typischerweise eine variable Expressivität, das heisst die Träger einer Mutation, selbst in der gleichen Familie, können unterschiedlich schwer von der Krankheit betroffen sein. Des Weiteren weisen autosomal-dominante Erbkrankheiten gelegentlich eine so genannte unvollständige Penetranz auf. Als Penetranz wird gewöhnlich die Wahrscheinlichkeit bezeichnet, mit der sich ein Gen im Phänotyp manifestiert. Bewirkt ein Gen ohne Ausnahme die Ausprägung des Merkmals, für dessen Veranlagung es die Information trägt, spricht man von vollständiger Penetranz (Penetranz 100%). Unvollständige Penetranz dagegen liegt vor, wenn sich ein Gen zu weniger als 100% im Phänotyp ausprägt, das heisst manche Träger einer dominanten Mutation zeigen keine klinischen Symptome. Die Gründe hierfür sind in aller Regel nicht bekannt. Bei einigen Erbkrankheiten kann die Penetranz zudem altersabhängig sein. So steigt beispielsweise die Erkrankungswahrscheinlichkeit der Genträger für die Huntington-Krankheit (vgl. unten erstes Lemma) mit zunehmendem Alter stark an und erreicht mit 50 Jahren einen Wert von etwa 50%. Die unvollständige Penetranz stellt in der Regel den grössten Unsicherheitsfaktor bei der genetischen Beratung dar. Die Gesamthäufigkeit der autosomal-dominanten Erbkrankheiten wird auf etwa 7:1000 geschätzt.26 Heute können bereits über 40 autosomal-dominante Erbkrankheiten mittels PID diagnostiziert werden. Als Beispiele können die Huntington-Krankheit sowie die myotone Dystrophie angeführt werden: - Die Huntington-Krankheit (Chorea Huntington) ist eine neurodegenerative Erkrankung mit einer Häufigkeit von etwa 1:15 000. Das durchschnittliche Manifestationsalter liegt bei etwa 40 Jahren. In etwa 10% der Fälle manifestiert sich die Krankheit bereits im jugendlichen Alter unter 20 Jahren. Die mittlere Lebenserwartung beträgt nach Ausbruch der Krankheit etwa 15 Jahre. Eine Therapiemöglichkeit besteht nicht. - Die myotone Dystrophie ist eine degenerative Muskelerkrankung, die sich typischerweise entweder bereits nach der Geburt oder erst zwischen dem 2. und 4. Lebensjahrzehnt manifestiert. Die Häufigkeit der Krankheit beträgt etwa 1:8000. Neben der Muskulatur sind viele Organe betroffen, wobei eine sehr variable Expressivität vorliegt. - 26 (2) Autosomal-rezessive Erbkrankheiten treten nur bei homozygoten Trägern des mutierten Gens in Erscheinung, nicht aber bei heterozygoten. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei heterozygote, aber gesunde Elternteile ein homozygot erkranktes Kind bekommen, beträgt 25%. Entdeckt werden die T. Grimm, Formale Genetik, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Felder (Hg.), Humangenetik, Stuttgart 2006, S. 235 ff. 13 heterozygoten Träger gewöhnlich erst, wenn ein erkranktes Kind geboren wird. Die Gesamthäufigkeit der autosomal-rezessiven Erbkrankheiten wird auf etwa 2,5:1000 geschätzt.27 Mittels PID können heute etwa 30 verschiedene autosomal-rezessive Krankheiten nachgewiesen werden. Als wichtige Beispiele sind die Zystische Fibrose sowie spinale Muskelatrophien zu nennen:28 - Die Zystische Fibrose gehört mit einer Häufigkeit von etwa 1:2500 zu den häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen. Fast jeder 20. Mensch in Nordeuropa ist heterozygoter Träger einer Mutation im CFTR-Gen (Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator gene). Mittlerweile sind mehr als 1000 Mutationen im CFTR-Gen bekannt, wobei je nach Mutation die Krankheit einen ganz verschiedenen Verlauf nimmt. Auch wenn sich die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren wesentlich verbessert haben, beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung heute nicht mehr als etwa 30 Jahre. - Spinale Muskelatrophien umfassen klinisch und genetisch eine heterogene Gruppe erblicher neuromuskulärer Erkrankungen. Die spinale Muskelatrophie mit einer Inzidenz von etwa 1:10 000 ist die zweithäufigste autosomal-rezessive Erkrankung in Europa und nicht therapierbar. Je nach Art der Erkrankung ist die Lebenserwartung ganz unterschiedlich. - (3) X-chromosomale Erbkrankheiten: Manche Erbkrankheiten werden durch Genmutationen auf dem Geschlechtschromosom X verursacht. Während rezessive Genmutationen auf dem X-Chromosom bei Männern immer zur Ausprägung kommen (Männer besitzen nur ein X-Chromosom), manifestieren sich diese bei Frauen nur, wenn beide X-Chromosomen davon betroffen sind. Im Gegensatz dazu ist für ein X-chromosomal dominantes Merkmal charakteristisch, dass neben Männern auch Frauen im heterozygoten Zustand betroffen sein können. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind an einer X-chromosomalen Erbkrankheit erkranken wird, ist abhängig von dessen Geschlecht, der genetischen Disposition der Eltern sowie der Art des Erbgangs (X-chromosomal-rezessiver oder Xchromosomal-dominanter Erbgang). Ist beispielsweise die Mutter heterozygot für eine X-chromosomal rezessive Erbkrankheit und der Vater gesund, so beträgt das Erkrankungsrisiko für Söhne 50% und für Töchter 0%. Die Gesamthäufigkeit aller bekannten X-chromosomal-rezessiven Erbkrankheiten wird bei männlichen Lebendgeborenen auf 0,8:1000 geschätzt. Als Beispiel für eine X-chromosomal-rezessive Erbkrankheit kann die Duchenne-Muskeldystrophie genannt werden. Sie stellt die häufigste Form der progressiven Muskeldystrophien dar (1:3000), wobei nur männliche Nachkommen erkranken. Die Muskelschwäche manifestiert sich bereits in den ersten Lebensjahren und führt zum Verlust der Gehfähigkeit zwischen dem 10. und dem 12. Lebensjahr. Die Lebenserwartung beträgt etwa 20-25 Jahre. Die Krankheit ist nicht therapierbar. 27 28 14 T. Grimm, Formale Genetik, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Felder (Hg.), Humangenetik, Stuttgart 2006, S. 235 ff. T. Grimm, E. Holinski-Feder, Klinische Beispiele für monogene Erkrankungen, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Felder (Hg.), Humangenetik, Stuttgart 2006, S. 277 ff. Multifaktoriell bedingte Erkrankungen Multifaktoriell bedingte Erkrankungen – auch komplexe Erkrankungen genannt – kommen durch ein kompliziertes Wechselspiel sowohl genetischer als auch nicht genetischer Faktoren zustande. Als Beispiele multifaktoriell bedingter Erkrankungen können so unterschiedliche Krankheiten wie Morbus Alzheimer, Neuralrohrdefekte, Schizophrenie oder einzelne Suchterkrankungen angeführt werden. Multifaktoriell bedingte Erkrankungen sind im Vergleich zu monogenen Erkrankungen wesentlich häufiger und im medizinischen Alltag von grösserer Bedeutung. Bisher sind erst wenige Gene bekannt, die an der Entstehung von multifaktoriell bedingten Erkrankungen beteiligt sind und mittels PID nachgewiesen werden. Dazu gehört etwa das Gen mit der Bezeichnung BRCA1, das in mutierter Form bei der Entstehung des erblichen Mammakarzinoms (Brustkrebs) mitwirkt und autosomaldominant vererbt wird. Frauen mit einer Mutation im BRCA1-Gen entwickeln mit einer Wahrscheinlichkeit von 60-80% im Laufe ihres Lebens ein Mammakarzinom.29 Indessen sind nur 5% aller von einem Mammakarzinom betroffenen Frauen Trägerinnen des mutierten BRCA1-Gens.30 Chromosomenstörungen Chromosomenstörungen oder -aberrationen werden gewöhnlich in numerische Störungen (1) sowie in strukturelle Störungen (2) eingeteilt: - (1) Bei einer numerischen Chromosomenstörung ist entweder die Anzahl der einzelnen Chomosomen (Aneuploidie) oder des gesamten Chromosomensatzes (Polyploidie) fehlerhaft. Numerische Chromosomenaberrationen sind in der Regel nicht ererbt, sondern entstehen spontan während der Reifung der Keimzellen. Aneuploidien werden insbesondere in Monosomien und Trisomien unterteilt, je nachdem ob bestimmte Chromosomen einfach (Monosomie), dreifach (Trisomie) oder noch häufiger vorhanden sind. Alle autosomalen Monosomien und die meisten Trisomien mit Ausnahme der Trisomien 13 (Pätau-Syndrom), 18 (Edwards-Syndrom) sowie 21 (Down-Syndrom) führen zum Absterben des Embryos resp. Fötus. Man geht deshalb davon aus, dass häufig Aneuploidien Grund für wiederholte Aborte oder die Unfruchtbarkeit sind (vgl. Ziff. 4.2).31 Die Häufigkeit von Aneuploidien wie etwa Trisomie 21 korreliert in der Regel mit dem mütterlichen Alter: So beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass eine 25-jährige Frau ein Kind mit Trisomie 21 bekommt, weniger als 0.1%, mit 40 Jahren hingegen etwa 1%. Polyploidien werden in Abhängigkeit der Anzahl Chromosomensätze in Triploidien (Verdreifachung des haploiden Chromosomensatzes) oder Tetraploidien (Vervierfachung des haploiden Chromosomensatzes) unterteilt. Sie führen allesamt zum Absterben des Embryos bzw. Fötus. - 29 30 31 (2) Als strukturelle Chromosomenstörungen werden chromosomale ‹Umbauten› entweder innerhalb eines Chromosoms oder zwischen G. Utermann, Multifaktorielle Merkmale und Erkrankungen, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Felder (Hg.), Humangenetik, Stuttgart 2006, S. 307 ff. Vgl. die Ausführungen unter Kapitel 2.1, zu Art. 5a Abs. 2 Bst. b. S. Munné et al., Preimplantation genetic diagnosis significantly reduces pregnancy loss in infertile couples: a multi-center study, Fertility and Sterility, 2006, 85, S. 326-332. 15 verschiedenen Chromosomen bezeichnet. Dabei werden balancierte und unbalancierte strukturelle Chromosomenstörungen unterschieden. Bei einer balancierten Chromosomenstörung ist das genetische Material nur umverteilt, aber weder vermehrt noch vermindert. Die Mehrheit der balancierten Störungen hat deshalb für den Träger selbst keine Konsequenzen. Dagegen sind bei einer unbalancierten Chromosomenstörung einzelne Chromosomenabschnitte verdoppelt oder fehlend, was meist mit schweren Fehlbildungen und Störungen verbunden ist. Strukturelle Chromosomenstörungen entstehen entweder spontan oder werden vererbt. Die Nachkommen eines Elternteils mit einer balancierten Chromosomenstörung haben je nach Art der Störung ein mehr oder weniger hohes Risiko (10-50%), Träger einer unbalancierten strukturellen Chromosomenstörung und damit krank zu sein. 1.2.4.2 PID für infertile Paare In den letzten Jahren wurde die PID immer häufiger bei unfruchtbaren Paaren in meist fortgeschrittenem Alter angewandt, die z.T. bereits mehrere Fehlgeburten oder mehrere erfolglose IVF-Zyklen erlitten hatten. Dabei ist das erklärte Ziel, Embryonen mit numerischen Chromosomenstörungen, die für die genannten Probleme als ursächlich angesehen werden, auszusondern, um so die Erfolgsrate der IVF zu verbessern. Heute ist dieses so verstandene Aneuploidie-Screening (engl.: PGS für Preimplantation genetic screening) sowohl in den USA als auch in Europa die häufigste Indikation für eine PID.32 In jüngster Zeit verdichten sich jedoch die Hinweise, dass das Aneuploidie-Screening zur Aussonderung der Embryonen mit einer Chromosomenstörung die Erfolgsrate der IVF nicht erhöht, sondern im Gegenteil eher vermindert.33 Neuerdings sehen bereits einige IVF-Kliniken wie beispielsweise das Universitätsspital in Brüssel von der Durchführung des Aneuploidie-Sceenings ab.34 Über die Gründe, weshalb das Aneuploidie-Screening zum jetzigen Zeitpunkt nicht den erhofften Erfolg hat, kann bislang nur spekuliert werden; möglicherweise spielt dabei der so genannte Mosaizismus eine Rolle (vgl. Ziff. 1.2.5).35 32 33 34 35 16 K. D. Sermon et al., ESHRE PGD Consortium data collection VI: cycles from January to December 2003 with pregnancy follow-up to October 2004, Human Reproduction, 22, S. 323-336. S. Baruch et al., Genetic testing of embryos: practices and perspectives of U.S. IVF clinics, Fertility and Sterility, published Online September 2006. S. Mastenbroeck et al., In Vitro Fertilization with Preimplantation Genetic Screening, The New England Journal of Medicine, 2007, 357, S. 9-17. L. K. Shahine et al., Preimplantation genetic diagnosis does not increase pregnancy rates in patients at risk for aneuploidy, Fertility and Sterility, 2006, 85, S. 51-56. Mündl. Auskunft Dr. P. Platteau, Academisch Ziekenhuis, Vrije Universiteit Brussel. S. Munné et al., Chromosome abnormalities in human embryos, in: in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hg.), Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 355 ff. 1.2.4.3 PID für fruchtbare Paare in fortgeschrittenem Alter Die PID wird häufig fruchtbaren Frauen über 35 Jahren angeboten. Bei dieser Zielgruppe besteht infolge ihres fortgeschrittenen Alters ein erhöhtes Risiko, Kinder mit einer chromosomalen Störung wie insbesondere Trisomie 21 zu bekommen.36 1.2.4.4 PID zur Auswahl immunkompatibler Embryonen In jüngster Zeit wird die PID auch mit dem Ziel durchgeführt, einen Embryo auszuwählen, der immunologisch verträglich mit einem schwer erkrankten Geschwister ist.37 Man spricht in diesem Zusammenhang von HLA-Typisierung (HLA steht für engl. Human Lymphocyte Antigen) oder von der Erzeugung eines «Retter»- oder «Design»-Babys. Bei der HLA-Typisierung geht es typischerweise um folgendes Szenario: Eltern haben ein Kind, welches an einer erblichen Krankheit leidet, die die Blutbildung (z.B. Fanconi-Anämie, β-Thalassämie) oder die Immunabwehr schwer schädigt. Dem erkrankten Kind kann durch eine geeignete Nabelschnurblut- oder Knochenmarkspende wirksam geholfen werden. Grundsätzlich findet man unter Geschwistern am ehesten einen immunologisch verträglichen Spender. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein natürlich gezeugtes Geschwister immunkompatibel ist, liegt indessen bei 25%. Mittels IVF und PID kann die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender zu finden, erheblich gesteigert werden. Dabei wird nach immungenetischen Kriterien unter den in vitro erzeugten Embryonen derjenige Embryo ausgesucht, der zum erkrankten Geschwister passt. Zugleich wird im selben PID-Verfahren ausgeschlossen, dass das «Retter»-Baby ebenfalls Anlageträger für die gleiche Krankheit ist. Andererseits wird die PID bisweilen zur Auswahl eines immunkompatiblen Embryos auch dann eingesetzt, wenn das zu heilende Geschwister an einer nicht erblichen Krankheit wie etwa Leukämie leidet. In diesem Fall wird die PID ausschliesslich im Interesse des erkrankten Kindes durchgeführt. 1.2.4.5 PID zur Selektion des Geschlechts ohne Krankheitsbezug Die PID wird zunehmend auch einzig mit dem Ziel durchgeführt, das Geschlecht des Embryos zu selektionieren. Diese Indikation wird gewöhnlich als «social sexing» oder als «family balancing» bezeichnet. Dabei geht es in den USA wie auch in Europa darum, Familien ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mädchen und Knaben zu ermöglichen, so dass keine generelle Präferenz für eines der Geschlechter beobachtet werden kann. In anderen Ländern stellt der Wunsch nach männlichen Nachkommen dagegen die wesentliche Motivation für die Geschlechtsselektion dar.38 Gemäss des ESHRE39 PGD Consortium wird die PID in 36 37 38 39 B. C. Heng, Advanced maternal age as an indication for preimplantation genetic diagnosis (PGD) – the need for more judicious application in clinically assisted reproduction, Prenatal Diagnosis, 2006, 26, S. 1051-1053. S. Rechitsky et al., Preimplantation genetic diagnosis with HLA matching, Reproductive BioMedicine Online, 2004, 9, S. 210-221. A. Malpani, et al., Preimplantation sex selection for family balancing in India, Human Reproduction., 17, S. 11-12. European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) 17 Europa in etwa 3% der Fälle zur Selektion des Geschlechts angewandt.40 In den USA sind es etwa 10% aller PID-Zyklen.41 1.2.4.6 PID zur positiven Selektion einer genetisch bedingten Anomalie In den USA wird die PID auch Paaren mit einer genetisch bedingten Anomalie angeboten, die sich Kinder mit der gleichen Anomalie wünschen. Als Beispiel hierzu kann die erbliche Taubheit angeführt werden, die mittels PID nachgewiesen werden kann. Etwa 3% der IVF/PID-Kliniken in den USA bieten diese Art von Diagnostik an.42 1.2.5 Fehldiagnosen Die PID stellt ein schwierig durchzuführendes Verfahren dar, nicht zuletzt deshalb, weil höchstens zwei Zellen für den Test zur Verfügung stehen und das Verfahren nicht wiederholt werden kann.43 Deshalb ist das Risiko von Fehldiagnosen nicht zu vernachlässigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Testergebnis korrekt ist, liegt bei etwa 90-95%.44 Zur Überprüfung des Ergebnisses wird allen betroffenen Paaren empfohlen, während der Schwangerschaft zusätzlich eine Pränataldiagnostik durchzuführen. Das grösste Problem hierbei sind falsch negative Untersuchungsergebnisse aufgrund von Kontamination mit Fremd-DNA oder aufgrund des so genannten «Allelic dropout», das heisst der Analyse nur eines statt der beiden Allele.45 In diesem Fall ist der Embryo Träger des Gendefektes, obwohl die Diagnose dies nicht aussagt. Im anderen Fall werden fälschlicherweise Embryonen verworfen, die tatsächlich keine Anomalie aufweisen. Ein weiteres Problem stellt der Mosaizismus dar, wobei unter einem Mosaik ein Embryo verstanden wird, der aus genetisch verschiedenen Zellen aufgebaut ist. So kommt es vor, dass die untersuchten Zellen ein anderes Genom aufweisen als die restlichen Zellen, was zu einer Fehldiagnose führt.46 Mosaizismus tritt relativ häufig auf und ist auf Fehler bei der Zellteilung zurückzuführen. 40 41 42 43 44 45 46 18 K.D. Sermon et al., ESHRE PGD Consortium data collection VI: cycles from January to December 2003 with pregnancy follow-up to Oktober 2004, Human Reproduction, 2007, 22, S. 323-336. S. Baruch et al., Genetic testing of embryos: practices and perspectives of U.S. IVF clinics, Fertility and Sterility, published Online September 2006. Vgl. jedoch Fn. 10. S. Baruch et al., Genetic testing of embryos: practices and perspectives of U.S. IVF clinics, Fertility and Sterility, published Online September 2006. Vgl. jedoch Fn. 10. S. Baruch et al., Genetic testing of embryos: practices and perspectives of U.S. IVF clinics, Fertility and Sterility, published Online September 2006. J. Murken, Pränatale Diagnostik, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Felder (Hg.), Humangenetik, Stuttgart 2006. A. Kuliev et al., Place of Preimplantation Diagnosis in Genetic Practice, American Journal of Medical Genetics, 2005, 134A, S. 105-110. S. Ziebe et al., Fish analysis for chromosomes 13, 16, 18, 22, X and Y in all blastomeres of IVF pre-embryos from 144 randomly selected donated human oocytes and impact on pre-embryo morphology, Human Reproduction, 2003, 18, S. 2575-2581. 1.3 Ethische Aspekte 1.3.1 Grundsätze Die ethische Betrachtung hat die Wertmassstäbe zu bestimmen und zu beurteilen, die bei der PID zur Anwendung kommen. Sie sind sowohl für sich allein wie auch im Verhältnis zu den grundlegenden Wertmassstäben unseres menschlichen Selbstverständnisses insgesamt zu betrachten. Das Folgende soll hierzu zunächst eine allgemeine Übersicht über die wesentlichen Positionen und Argumente in der Diskussion geben und damit zugleich den Rahmen der vorliegenden Regelung abstecken. Ausgangspunkt ist dabei der Wunsch nach einem leiblichen Kind, das frei sein soll von schwerer Krankheit oder Behinderung. Aus diesem Wunsch erwächst dann ein Dilemma, wenn die Eltern wissen – womöglich weil bereits ein Kind mit der Krankheit geboren wurde –, dass sie das genetische Merkmal für eine bestimmte vererbbare Krankheit tragen. In dieser Situation bietet die PID die Möglichkeit, Embryonen in vitro zu erzeugen und vor der Schwangerschaft auf das Krankheitsmerkmal zu untersuchen. Die ethische Grundfrage zur PID lautet dann, ob und wenn ja, inwieweit in einem solchen Fall das Interesse der Eltern an einem leiblichen und von dem genetischen Merkmal nicht betroffenen Kind die mit der PID verbundenen Risiken und Nachteile aufzuwiegen vermag. 1.3.2 Grundlegende Wertkonflikte Reproduktive Autonomie Ein leibliches Kind zu haben, gehört für viele Menschen zu den essenziellen Zielen ihrer Lebensplanung und Selbstentfaltung. Gleichzeitig kann eine schwere Krankheit oder Behinderung des Kindes eine Belastung für die Eltern darstellen, der sich nicht alle Paare gewachsen fühlen. Wenn die Eltern nun aufgrund einer bekannten genetischen Disposition oder bereits geborener, erkrankter Kinder wissen, dass ein sehr hohes Risiko besteht, (erneut) ein schwer krankes Kind zu haben, kann im Falle eines Kinderwunsches eine sehr bedrängende Situation entstehen.47 Ob sich das Paar dennoch für die Schwangerschaft und die Geburt entschliesst oder darauf verzichten will – kaum jemand bestreitet, dass es zunächst und grundsätzlich das Recht, aber auch die Pflicht des betroffenen Paares selbst ist, sich im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten für einen Weg zu entscheiden. Für diesen trägt es dann auch die moralische Verantwortung. Einer der Kernbegriffe in der ethischen Debatte um die PID ist deshalb die ‹reproduktive Autonomie›48 der Einzelnen und Paare, in die reglementierend einzugreifen gewichtiger Gründe bedarf. 47 48 Kritiker stellen diese Bedrängnis in Frage und verweisen auf Alternativen, die sie für gleichwertig halten, insb. den Verzicht auf ein leibliches Kind und die Adoption. Vgl. H. Haker, Ethik der genetischen Frühdiagnostik. Sozialethische Reflexionen zur Verantwortung am Beginn menschlichen Lebens. Paderborn: mentis 2002, insb. S. 242 f. H. Haker, Ethik der genetischen Frühdiagnostik. Paderborn: mentis 2002, S. 186 ff., sowie grundlegend: J. Robertson, Children of choice: freedom and the new reproductive technologies. Princeton: Princeton University Press, 1994. 19 Menschenwürde Freilich kann diese reproduktive Autonomie nicht bedeuten, dass diejenige Person, die selbst als Resultat der Reproduktion lebt, nämlich das Kind, gänzlich schrankenloser Verfügungsgewalt unterworfen wäre. Die Kernfrage der ganzen Problematik lautet deshalb hier, ob es überhaupt statthaft sein kann, eine Selektionsentscheidung und damit ein solches ‹Qualitätsurteil› über die Nachkommen zu fällen, das überdies auch auf einer Fehldiagnose gegründet sein kann. Diese Frage aber hängt entscheidend von dem moralischen Status ab, der dem Embryo in vitro zugesprochen wird. Einzelne Religionen, namentlich die katholische Kirche, bestehen an dieser Stelle darauf, jeden menschlichen Organismus von der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle an wie Personen nach ihrer Geburt zu behandeln.49 Demnach kann der absolute Wert des Lebens eines genetisch belasteten Embryos in keinem Fall, sowenig wie das irgendeines gesunden erwachsenen Menschen, gegen andere Interessen aufgewogen werden. Jede Auswahl von Embryonen wäre demnach aus ethischer Sicht unvereinbar mit der Garantie der Menschwürde und dem damit bezeichneten Verbot, ein Werturteil über einen Menschen zu fällen. Insofern ist festzustellen, dass jede Regelung, die die PID unter welchen Bedingungen auch immer zulässt, jedenfalls impliziert, dass dem Embryo in vitro keine uneingeschränkte Menschenwürde zugesprochen werden soll. Zugleich besteht aber gleichermassen Konsens, dass Embryonen nicht als blosse Sachen zu behandeln sind, sondern einen intrinsischen Schutzanspruch geniessen. Unter welchem Mass an Schutz genau allerdings ein Embryo in vitro stehen soll, das heisst welche Handlungen in Bezug auf Embryonen in vitro konkret vertretbar sein sollen und welche nicht, ist die entscheidende Frage, auf deren Antwort die Regelung der PID beruhen muss. Und das bedeutet für die gesetzliche Regelung: welche Indikationen können die Anwendung einer PID und die Verwerfung positiv diagnostizierter Embryonen ethisch legitimieren? Sozialethik Andererseits ist im Hinblick auf die ebenso grundlegende Frage nach dem Handlungsspielraum der Eltern festzustellen, dass Elternschaft nicht allein in Begriffen autonomer Entscheidung definiert werden kann. Vielmehr impliziert diese Rolle gleichermassen Verantwortung, Fürsorge und Achtung für die wachsende, eigene Persönlichkeit des Kindes, die im Konfliktfall von jeher auch dem Schutz der Allgemeinheit untersteht. Darüber hinaus beruht die reproduktive Autonomie der Eltern und die Entscheidung, die sie treffen, auch auf den gesellschaftlichen Lebensbedingungen und sie wirkt auf diese zurück. Das betrifft zum einen die konkreten Voraussetzungen des Konfliktes selbst. Wie gross etwa die Belastung tatsächlich ist, die von der Krankheit des Kindes ausgeht, wird sehr stark von den verfügbaren Ressourcen der Eltern beeinflusst sowie davon, ob und wie viel Unterstützung sie erhalten. Zum anderen aber ist in einem grundlegenderen Sinn Fortpflanzung nicht nur eine Angelegenheit isolierter Individuen, vielmehr reproduziert sich darin zugleich auch die Gesellschaft als ganze, weshalb sie dem Fortpflanzungsgeschehen auch nicht schlechthin gleichgültig gegenüberstehen kann. So spiegeln sich in den Haltungen zu Fragen der Elternschaft und Kindheit, aber 49 20 Vgl. die Enzyklika Evangelium vitae Johannes Pauls II. vom 19. März 1995 unter http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/encyclicals/documents/hf_jpii_enc_25031995_evangelium-vitae_ge.html (14.01.2008), seither immer wieder bekräftigt. auch zu Krankheit und dem sozialen Ort von Behinderten elementare Wertentscheidungen. Es zeigt sich an solchen Stellen besonders deutlich, wer wir sind und sein wollen.50 Schliesslich kann die Entscheidung für oder gegen ein Kind nicht als reine Privatangelegenheit verstanden werden, wenn sie auf der Grundlage technischer Hilfsmittel getroffen wird, die von Wissenschaft und Industrie bereitgestellt werden und so diese und weitere Bereiche der Gesellschaft zwingend in den Prozess involviert. In der Frage, ob die PID angewandt werden darf, verschränken sich folglich grundlegende Aspekte der Individual- und Sozialethik. Dabei sind weltanschaulich fundamentale Entscheidungen betroffen, wie etwa die Frage, in welchem Moment das Mensch-Sein beginnt. Solche philosophisch und religiös geprägten Fragen lassen sich nicht naturwissenschaftlich objektiv entscheiden, weil sie Werthaltungen zum Inhalt haben. Deshalb besteht in unserer heutigen pluralistischen, ‹posttraditionalen› Gesellschaft über sie auch kein breiter gesellschaftlicher Konsens, wie die kontroversen Debatten in der Öffentlichkeit und dem Parlament, quer durch die politischen und weltanschaulichen Lager, belegen. 1.3.3 Wem dient eine PID? Wenn man sich dafür entscheidet, die Anwendung der PID auf die Verhinderung einer genetisch übertragbaren Krankheit zu beschränken, so liegt eine grundlegende Weichenstellung in der Frage, in wessen Interesse die PID und damit die Verhinderung der Krankheit eigentlich erfolgt. Drei Antworten sind denkbar: es kann das (hypothetische) Kind selbst sein, dem das Leben mit der Krankheit erspart werden soll, oder den Eltern das Leben mit einem kranken Kind, oder aber Dritten wie der Gesellschaft, den Krankenversicherungen oder dem Sozialstaat die (namentlich finanziellen) Folgen. Kritiker der PID-Zulassung befürchten in der Regel die dritte Möglichkeit. Ihnen zufolge werde die PID, absichtlich oder unbewusst, letztlich im Interesse von indirekten Nutzniessern wie der Forschung oder der Industrie angewandt, oder sie sei Mittel zur Ausübung patriarchaler Verfügungsgewalt über den weiblichen Körper. Die Verhinderung von Krankheit und Leid sei demgegenüber nur Vorwand.51 Damit ist zugleich bestritten, dass die Entscheidung der Eltern sowie der Ärztinnen und Ärzte in Tat und Wahrheit unbeeinflusst von Manipulationen durch Dritte getroffen werde. Das Selbstbestimmungsrecht aller Personen sicherzustellen, die in das Verfahren involviert sind, ist zweifellos unabdingbar. Hingegen impliziert ein solcher Generalverdacht, auch wenn er aus ethischen Motiven vorgetragen wird, die pauschale Entwertung der Entscheide derjenigen Menschen, die davon betroffen sind. Ungeachtet dessen aber wäre in jedem Fall die Selektion von Embryonen im 50 51 H. Haker, Ethik der genetischen Frühdiagnostik. Paderborn: mentis 2002, insb. S. 61-100 und 245-302. «Die Frage ist jedoch, ob die Präimplantationsdiagnostik tatsächlich als Antwort auf ein artikuliertes Bedürfnis entwickelt wurde, oder ob es sich bei dem Verfahren um eine Art von spin off der modernen Reproduktionsmedizin und Genetik handelt, das sich seine Klienten erst suchen und seinen Anwendungsbereich erst schaffen muss. Obwohl zahlreiche Paare, für deren Kinder ein Erbkrankheitsrisiko besteht, das neue Untersuchungsverfahren begrüssen, stützen verschiedene Beobachtungen die zuletzt genannte Vermutung.» R. Kollek, Präimplantationsdiagnostik. Embryonenselektion, weibliche Autonomie und Recht. Tübingen, Basel: Francke 2000, insb. S. 145. 21 ökonomischen, politischen oder sonstigen Interesse Dritter als Eugenik einzustufen und damit verwerflich und verboten. Die erste Möglichkeit, die genetisch übertragbare Krankheit im Interesse des betroffenen Kindes zu verhindern, kann ebenso wenig legitime Motivation sein. Denn damit wäre unweigerlich eine Aussage über den Wert oder Unwert seines Lebens verbunden und die getroffene Entscheidung folglich ebenfalls im strengen Sinne eugenisch. Die vorherrschende Meinung betrachtet indessen die Eltern als diejenigen, in deren Interesse die PID durchgeführt wird. Sie drohen durch die Belastung, die die Krankheit des Kindes verursachen würde, in eine unzumutbare Situation zu geraten, so dass die leibliche und seelische Unversehrtheit der Mutter oder der Eltern dasjenige schützenswerte Gut darstellt, das die Risiken und Nachteile der PID aufzuwiegen vermag. Dabei wird explizit die Parallele zum Schwangerschaftsabbruch gezogen, wo ebenfalls auf der Grundlage dieser Abwägung ein Schwangerschaftsabbruch erlaubt ist, weil die Unzumutbarkeit anerkannt wird, die Schwangerschaft fortzusetzen. Dass die gesellschaftliche Akzeptanz des Schwangerschaftsabbruchs inzwischen etabliert sei, bildet so eines der tragenden Argumente für die Zulassung der PID.52 Demgegenüber bestreiten Kritiker grundsätzlich die Vergleichbarkeit beider Situationen, weil im Falle der PID sehenden Auges eine Konfliktsituation herbeigeführt werde, im Gegensatz zur unbeabsichtigten Notlage im Falle der natürlichen Schwangerschaft.53 Gleichwohl weisen die Befürworter der PID darauf hin, dass mit dem PID-Verbot eine drastische Ungleichgewichtung zwischen der Pränatal- und der PID und somit dem Schutz der Embryonen (und Föten) in vivo und in vitro gegeben sei. Unverständlicherweise werde so das Lebensinteresse eines nur wenige Zellen grossen Embryos höher geachtet als jenes eines bald lebensfähigen, noch nicht geborenen Kindes. Aus dieser Perspektive sei die Zulassung der PID ethisch geradezu geboten, könne sie doch den Müttern und Paaren die Belastung einer ‹Schwangerschaft auf Probe› ersparen. 1.3.4 Nutzen, Nachteile und Risiken der PID Nutzen Der zu erwartende Nutzen der PID-Anwendung erstreckt sich wesentlich auf das dadurch vermiedene Leid bei den Eltern (vgl. 1.3.3). Die PID ermöglicht die Verhinderung schwerer, existenzieller Belastungssituationen in Fällen, die sonst nur unter ebenso gravierenden Verzichtsleistungen zu vermeiden wären.54 52 53 54 22 «Das zentrale ethische Argument, das die Verbotslösung fragwürdig macht, ist der Widerspruch, der sich für Paare mit einem bekannten genetischen Risiko ergibt: Für sie ist es heute erlaubt, eine ‹Schwangerschaft auf Probe› einzugehen und diese nach einer Pränataldiagnostik (PND) eventuell abzubrechen; es ist aber verboten, den Embryo bereits vor seinem Transfer in die Gebärmutter zu untersuchen.» NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 5. Vgl. H. Haker, Ethik der genetischen Frühdiagnostik. Paderborn: mentis 2002, insb. S. 224 ff. Vgl. Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln, Kap. 2.1, Art. 5a. Daneben kann die PID eine gesellschaftlich akzeptierte Entscheidung aus der Phase der Schwangerschaft in die Situation vorher verlagern und damit körperlichen und psychischen Belastungen vorbeugen, die mit einem Schwangerschaftsabbruch einher gehen können. Es eröffnet sich somit auch für solche Paare die Möglichkeit, ein Kind zu bekommen, die diesen Schritt aufgrund ihrer eigenen leidvollen Erfahrungen oder der ihrer Angehörigen nicht gewagt hätten. Sollten sich darüber hinaus günstige Nebeneffekte für die Gesellschaft insgesamt, insbesondere für Wissenschaft, Forschung, Medizin und Wirtschaft in der Schweiz einstellen, so wären diese im Rahmen der Gesamtbeurteilung zwar zu begrüssen. Einen Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen die Indikation zu einer PID im konkreten Einzelfall dürfen sie indessen gewiss nicht haben und insofern auch nicht die Gestaltung der gesetzlichen Regelung zur PID bestimmen. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass durch die Zulassung der PID im Inland den betroffenen Paaren erspart würde, sich im Ausland behandeln lassen zu müssen. Da aufgrund dieses ‹Tourismus› die PID de facto ohnehin nicht verhindert werden könne, sei es konsequent, das Verbot abzuschaffen.55 Dem ist indessen entgegen zu halten, dass sich die inländische Gesetzgebung nicht an dem orientieren kann, was im Ausland tatsächlich gemacht wird, sondern nur an dem, was gemäss der politischen Konsensbildung in der Schweiz gemacht werden soll. Nachteile und Risiken Im Hinblick auf die Nachteile, die mit der Anwendung der PID verbunden sind oder sein könnten, empfiehlt es sich, in zwei Richtungen zu differenzieren. Zum einen gilt es zu bestimmen, wer durch die PID geschädigt wird oder zu werden droht. Zum anderen ist zu unterscheiden zwischen den negativen Folgen, die unvermeidlich sind, und solchen, die nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten können. ‹Geschädigte› der PID in diesem Sinne sind zunächst unvermeidlicherweise alle Embryonen in vitro, die dem Diagnoseverfahren unterworfen werden. Ihnen wird durch ein mikrochirurgisch erzeugtes Loch in der Membran eine oder zwei ihrer in der Regel sechs bis zehn Zellen entzogen. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand scheint dieser nicht unerhebliche Eingriff meist vom Embryo schadlos überstanden zu werden, seltener aber seine Implantationsfähigkeit zu vermindern und damit das Absterben zur Folge zu haben. Abschliessende Ergebnisse zu dieser Frage stehen indessen noch aus, insbesondere können zu möglichen Langzeitschäden schon deshalb keine Aussagen gemacht werden, weil das weltweit erste nach einer PID geborene ‹Kind› noch keine zwanzig Jahre alt ist. Entscheidend aber sind von der Diagnose freilich alle diejenigen Embryonen in vitro betroffen, die aufgrund des diagnostizierten genetischen Defekts nicht zur weiteren Entwicklung ausgewählt, sondern verworfen werden. Die Belastung durch das invasive Diagnoseverfahren für die Embryonen kann nicht vermieden werden; hingegen steht es den künftigen Eltern natürlich frei, sich auch bei einem positiven Testergebnis für den Transfer und die Fortsetzung der Schwangerschaft zu entscheiden. Allerdings wird von Kritikern an dieser Stelle 55 Vgl. NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 27. 23 befürchtet, es könne aufgrund der Trennung zwischen Embryonen und der potenziellen Mutter respektive der potenziellen Eltern sowie der Technisierung des Verfahrens zu einem Automatismus in der Selektionsentscheidung gegen das kranke oder behinderte Kind kommen.56 Daneben werden weitere Szenarien als Argumente gegen die Zulassung der PID genannt, denen allesamt die Befürchtung zugrunde liegt, dass damit das Tor zu einer Entwicklung geöffnet werde, die sich nicht mehr stoppen lassen und unabsehbare Folgen nach sich ziehen werde (sogenannte ‹slippery-slope›- oder ‹Schiefe-Ebene›-Szenarien). ‹Geschädigte› der PID aus dieser Perspektive sind demnach in erster Linie behinderte und kranke heute lebende und zukünftige Menschen. Da die PID – tatsächlich oder auch nur in der Wahrnehmung – die Vermeidbarkeit von Krankheit und Behinderung demonstriere, sei im Zuge der PID-Etablierung und der Aufweichung einmal gezogener Grenzen ihrer Anwendung mit einem Verlust an Solidarität für diese Menschen zu rechnen.57 In diesem Zusammenhang gibt es auch die Befürchtung, von der Verfügbarkeit der PID könnte ein psychologischer Druck auf die werdenden Eltern ausgehen, ihre Fortpflanzung medizinisch überwachen zu lassen. Dadurch käme es gleichsam zu einer freiwilligen Eugenik ‹von unten›, im Sinne einer Diskriminierung behinderter Personen durch die Erlaubnis der Anwendung selektiver Massnahmen.58 Grundlegender noch wird befürchtet, die ‹genetische Expertise›, die den nach PID geborenen Kindern gleichsam ausgestellt werde, gefährde den Gleichheitsgrundsatz und damit die elementare Basis unserer Gesellschaft schlechthin.59 Der kontrollierende Eingriff in ihre genetische Ausstattung erzeuge eine Zwei-KlassenGesellschaft derer, die von Natur aus geworden, und solcher, die technisch überprüft oder in fernerer, aber absehbarer Zukunft als «Design-Babies» im engeren Sinne sogar gemacht sein würden. Die PID stelle demnach einen ersten oder bereits weiteren Schritt in einer verhängnisvollen Entwicklung dar, an deren Ende der wissenschaftlich-technische Fortschritt nichts weniger als den Untergang der Humanität herbeiführe. Diese befürchteten und ohne Zweifel unerwünschten Auswirkungen werden keinesfalls mit Sicherheit auftreten. Sie würden auch nicht alleine von der PIDZulassung bewirkt oder vom Verbot verhindert, nicht zuletzt weil nur ein verschwindend geringer Bruchteil aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die PID vermieden werden könnte. Die entscheidende Frage lautet deshalb, wie ernsthaft tatsächlich mit solchen unerwünschten Begleitwirkungen gerechnet werden muss und inwiefern sie durch geeignete Massnahmen trotz Zulassung der PID verhindert werden können. So kommt etwa auch die NEK-CNE zum Schluss, dass diese Risiken nicht konkret genug sind, um ein Verbot der PID zu legitimieren. Gleichzeitig empfiehlt sie aber, die Zulassung der PID von sozialpsychologischer und soziologischer Forschung zu begleiten, um rechtzeitig gegensteuern zu können, falls sich die Anzeichen zu solchen Konsequenzen tatsächlich verdichten sollten.60 56 57 58 59 60 24 NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 41. Vgl. E. Beck-Gernsheim: Präimplantationsdiagnostik: Welche Folgen?, in: B. Nacke, S. Ernst (Hrsg.): Das Ungeteiltsein des Menschen. Stammzellforschung und Präimplantationsdiagnostik. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag, 2002, S. 121-132. Vgl. NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 28. J. Habermas: Die Zukunft der menschlichen Natur. Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik? Frankfurt/Main: suhrkamp 42002. NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 52. In der Summe ergeben sich somit unvermeidbare Folgen für Embryonen in vitro einerseits, die gegen den zu erwartenden Nutzen abzuwägen sind. Andererseits werden eine Zunahme des Drucks auf Eltern und Risiken für die Gesellschaft befürchtet, die abzuwenden indessen Aufgabe der der Politik und der Gesellschaft insgesamt bleibt. 1.3.5 Die Diskussion in der Schweiz In besondere Weise befugt und aufgerufen zur Stellungnahme bei medizinethischen Streitfragen von gesamtgesellschaftlicher Tragweite ist die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin. Sie hat erstmals mit ihrer Stellungnahme Nr. 10/2005 «Präimplantationsdiagnostik» nach intensiver Beratung ausführlich zur Problematik Position bezogen. Darin plädierte die Minderheit der Kommission für die Beibehaltung des PID-Verbotes, insbesondere weil sie in der Selektion nach einer PID eine ethisch verwerfliche Instrumentalisierung von Embryonen und damit die Verletzung der Menschenwürde sieht. Weiterhin werden unabsehbare Folgeentwicklungen im Bereich der Fortpflanzungsmedizin und Embryonenforschung befürchtet, zumal die notwendigen Abgrenzungen zwischen der legitimen und missbräuchlichen Anwendung der Technik für unmöglich gehalten werden. Schliesslich befürchtet die Kommissionsminderheit diskriminierende Nebeneffekte für Menschen mit Krankheit oder Behinderung. Die Mehrheit dagegen anerkennt zwar diese Gefahren, hält sie aber nicht für so gravierend und unkontrollierbar, dass sie ein Verbot rechtfertigen könnten. Sie plädiert deshalb anstelle des Verbotes für eine differenzierte Regelung, «welche das Angebot von PID an Indikationen bindet und die Anwendung ausserhalb dieser Indikationen verbietet. Die Indikationen sollen in einem restriktiven Sinn an die Vermeidung drohender schwerer Krankheiten oder Behinderungen für den betroffenen Menschen selbst gebunden werden.»61 Indessen soll die PID sodann aber nicht nur zur Vermeidung einer schweren Krankheit zugelassen werden, sondern auch für «Paare, die zur Behandlung der Unfruchtbarkeit eine IVF durchführen.» Verboten bleiben soll die PID dagegen zum Ausschluss des blossen Trägerstatus, dann also, wenn die genetische Veranlagung nicht zu einer manifesten Krankheit führen kann; ausserdem bei allen nicht krankheitsbezogenen Merkmalen und auch zur Auswahl eines Kindes mit bestimmten Gewebeeigenschaften zum Zweck einer späteren Spende von Zellen oder Geweben. Daneben empfiehlt die Kommission, den betroffenen Paaren eine umfassende Beratung anzubieten, die ihr Selbstbestimmungsrecht stützt und Alternativoptionen aufzeigt. Schliesslich fordert sie, die Anwendung der PID wissenschaftlich zu evaluieren, sowohl im Hinblick auf Langzeitfolgen bei den daraus hervorgegangenen Kindern als auch auf die gesellschaftlichen Auswirkungen. In einer zweiten Stellungnahme zur PID62 hat die NEK-CNE ihre Haltung präzisiert und teilweise modifiziert. Noch immer lehnt eine Minderheit die PID generell ab, während die Mehrheit für die Zulassung plädiert. Dabei soll die PID zur Vermeidung einer schweren Krankheit wie auch zur Behandlung der Unfruchtbarkeit angewendet werden dürfen, und die NEK-CNE empfiehlt dazu auch 61 62 NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 51ff. NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik (PID) II, Spezielle Fragen zur gesetzlichen Regelung und zur HLA-Typisierung, Nr. 14/2007. 25 die Aufhebung der sogenannten Dreierregel (vgl. Ziff. 1.5.1) wie auch des Verbotes der Kryokonservierung von Embryonen. In der Frage der Auswahl eines geeigneten Spenderkindes zeigt sich die Kommission in ihrer zweiten Stellungnahme nun gespalten; je etwa die Hälfte der Mitglieder ist für oder eben gegen diese Anwendungsmöglichkeit. Während in der ersten Stellungnahme in diesem Kontext noch das Argument dominierte, in einer solchen Auswahl eine Verletzung der Menschenwürde durch die zweckorientierte Erzeugung des Embryos zu sehen, verleiht die zweite Stellungnahme der Rettung des kranken Geschwisterkindes ein höheres Gewicht. Sie hält die ethischen Risiken und Missbrauchsgefahren durch eine entsprechend strenge gesetzliche Regelung für beherrschbar. Neben der NEK-CNE haben insbesondere bestimmte Interessengruppen zur PID Position bezogen. Während etwa der «Verein Kinderwunsch», die Patientenorganisation von und für Paare mit Fruchtbarkeitsstörungen, sich für die Zulassung der PID bei schweren, unheilbaren Krankheiten einsetzt63, äussern sich Vereinigungen von Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige diesbezüglich kritisch. Sie sehen die Gefahr, dass sich die Zulassung der PID kontraproduktiv auf die Bestrebungen zur verbesserten Integration dieser Personengruppe auswirken könnte. Die Möglichkeit, in bestimmten Fällen die Aussonderung eines belasteten Embryos zu ermöglichen, hätte demnach eine verstärkte Diskriminierung etwa von Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21) zur Folge, weil eine solche Lebenssituation vermeidbar erscheinen würde und den Eltern als Versäumnis vorgeworfen werden könnte. In diesem Sinne ist beispielsweise die Schweizerische Elternvereinigung für Menschen mit geistiger Behinderung «insieme» zusammen mit ihren Schwesterorganisationen aus Deutschland, Österreich und Südtirol folgender Ansicht: «Die PID schafft in hohem Masse die Gefahr der Stigmatisierung von Menschen mit Behinderung, indem sie dem Mythos Vorschub leistet, ein Kind nach Mass sei machbar.»64 Daneben haben sich einzelne Personen wie auch bestimmte Gruppierungen aus feministischer Sicht in der Diskussion zu Wort gemeldet. Von dieser Seite wird befürchtet, dass durch die Zulassung der PID die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Gesellschaft Schaden nehmen und eine bestehende Ungleichbehandlung sich verschärfen könnte. Der Hauptvorwurf dabei lautet, dass durch die PID der weibliche Körper instrumentalisiert werde, da das Interesse an der PID nur vordergründig in der Vermeidung von Krankheit und Leid bestehe. Tatsächlich ziele es aber auf die Gewinnung von Eizellen zu Forschungszwecken ab. Diese Kritik richtet sich damit auf die Einwilligung der Frauen, die als das Resultat verinnerlichten gesellschaftlichen Drucks interpretiert und deren Freiwilligkeit infrage gestellt wird. 1.3.6 Die Diskussion auf internationaler Ebene Während ein Überblick über die internationale Gesetzeslage zur PID sich auf hoheitliches Recht stützen kann, muss eine Darstellung der ethischen Debatte notwendig auf unterschiedlich stark autorisierte Stimmen zurückgreifen. In erster Linie bieten sich dafür die Stellungnahmen von Ethik-Kommissionen auf gesamtstaatlicher Ebene an, die in der jüngeren Vergangenheit in vielen Ländern 63 64 26 www.kinderwunsch.ch/wir/index.html (21.02.2008). www.insieme.ch/pdf/EthischeGrund_deutsch.pdf (21.02.2008). eingerichtet worden sind. Wie sehr oder für wen deren Voten tatsächlich repräsentativ sind, wäre freilich im Einzelfall zu diskutieren und ist sicher oft schwer zu bestimmen. Festzustellen ist, dass das Thema PID überall gleichermassen kontrovers diskutiert wird, wobei die zentralen Fragen und Argumente kaum variieren, und nirgends Patentlösungen zu finden sind. So hat beispielsweise der deutsche Nationale Ethikrat, der die Bundesregierung berät, 2003 die Empfehlung zu einer PIDZulassung (unter Auflagen) gegeben, während die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages ‹Recht und Ethik der modernen Medizin› davor bereits die Beibehaltung des Verbots gefordert hatte. In beiden Gremien verlangen aber auch starke Minderheitsvoten jeweils das Gegenteil.65 Die österreichische Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt hat sich 2004 in ihrer Stellungnahme66 einer eindeutigen Empfehlung enthalten, ebenso wie auch das französische Comité Consultatif National d’Ethique pour les Sciences de la Vie et de la Santé.67 Auch der dänische Ethikrat beschränkte sich 2004 auf «a debate outline»68 zum gesamten Bereich der Forschung an Keimzellen und Embryonen, während der niederländische Gezondheidsraad 2006 eine weitreichende Zulassung einschliesslich zum Zweck der HLA-Typisierung in bestimmten Fällen fordert.69 Ebenfalls kommt der schwedische Nationale Rat für Medizinische Ethik zum Schluss, «that the use of the PGD technique should be allowed on a somewhat larger scale than what is permitted in the current guidelines».70 Global gesehen dürfte die verbreitete Skepsis samt den geltenden Verboten insbesondere in den deutschsprachigen Ländern eine Minderheitenposition darstellen. Auffallend ist ferner, dass in manchen Ländern wie etwa Belgien oder Finnland dem Thema insgesamt weit weniger ethische Brisanz zugemessen wurde und wird als etwa in Frankreich oder Deutschland. In den USA kontrastieren eine sehr liberale Praxis und eine wissenschaftlich-ethische Debatte, die vor allem um Einschränkungen persönlicher Autonomie im Bereich der Fortpflanzung besorgt ist, mit einer sehr kritischen Haltung christlich-konservativer Stimmen. Auch in der islamischen Welt lässt sich dieselbe Uneinigkeit zwischen Befürwortern und Kritikern beobachten, die entsprechend zu sehr unterschiedlichen religiösen Empfehlungen und staatlichen Regelungen in den einzelnen Ländern führt. Ähnliches gilt für den ostasiatischen Raum. Das Judentum und Israel stehen den 65 66 67 68 69 70 www.ethikrat.org/stellungnahmen/pdf/Stellungnahme_Genetische-Diagnostik.pdf (14.01.2008), S. 75. Der Bericht der Enquete-Kommission unter: http://dip.bundestag.de/btd/14/090/1409020.pdf (14.01.2008). «Bei realistischer Betrachtung wird davon auszugehen sein, daß die Bioethikkommission mit ihrem Bericht zur PID einen bisherigen Meinungsfindungsprozeß sehr sorgfältig aufgearbeitet und verdichtet hat und damit in weiterer Folge einen Entscheidungsfindungsprozeß angestoßen und begonnen hat, der aber noch Jahre dauern kann.» www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=7780 (14.01.2008), S. 9. «Il n’est pas dans les intentions du CCNE d’ériger dans ce domaine une doctrine censurante ou permissive qui pourrait toujours être remise en question par les données scientifiques nouvelles, mais plutôt de faire prendre conscience de la gravité des enjeux majeurs (…)» Réflexions sur l’extension du diagnostic préimplantatoire, Avis N°72 - 4 juillet 2002, S. 13. Zugänglich auf www.ccne-ethique.fr/francais/start.htm (14.01.2008). www.etiskraad.dk/graphics/03_udgivelser/engelske_publikationer/moral_ embryo/ engelsk_embryo.pdf (14.01.2008). www.gr.nl/samenvatting.php?ID=1333&highlight=preimplantation (14.01.2008). www.smer.gov.se/index.htm?lang=en&index=0&url=intro.html (14.01.2008). 27 Möglichkeiten der modernen Reproduktionsmedizin tendenziell weniger ablehnend gegenüber, wenngleich auch dort kontroverse Debatten geführt werden.71 1.3.7 Weitergehende Anwendungsmöglichkeiten Neben dem hier zentralen Anwendungsgebiet, eine schwere Krankheit des Kindes zu verhindern, gibt es eine Reihe weiterer, ethisch grundsätzlich anders zu beurteilender Anwendungsmöglichkeiten für die PID: - PID zur Erhöhung der Erfolgsrate bei künstlicher Befruchtung (vgl. Ziff. 1.2.4.2): In neuerer Zeit mehren sich die Hinweise, dass der beabsichtigte positive Effekt durch die Beeinträchtigungen, die mit der PID verbunden sind, mindestens aufgehoben wird, so dass sich unabhängig von der ethischen Beurteilung rein medizinisch keine Vorteile ergeben.72 Natürlich kann auch ethisch nicht gerechtfertigt werden, was medizinisch kontraindiziert ist. - PID zur HLA-Typisierung («Retter-Baby», «Design-Baby», vgl. Ziff. 1.2.4.4): Auch wenn etwa die NEK-CNE in ihrer zweiten Stellungnahme zur PID keine eindeutige Position gegenüber dieser Methode bezieht, sehen viele darin eine unannehmbare Verzweckung des nachgeborenen Kindes. Darüber hinaus wird auch an dieser Stelle befürchtet, dass die Grenzen einer solchen Verwendung als Gewebespender sich schleichend verschieben könnten, sowohl in Bezug auf die betroffenen Gewebearten oder Organe, als auch im Hinblick auf mögliche Empfänger jenseits der Geschwister. - PID zur Eigenschaftsauswahl ohne Krankheitsbezug: Theoretisch kann jedes beliebige, genetisch verursachte Merkmal eines Menschen zum Auswahlkriterium erhoben werden, fern jeglichen Bezuges zu einer Krankheit (vgl. Ziff. 1.2.4.5: «social sexing», «family balancing»).73 Tatsächlich bleiben die Möglichkeiten der Technik an dieser Stelle weit hinter den Schreckensbildern aus der Science-Fiction-Literatur zurück, erst recht im Hinblick auf so komplexe Eigenschaften wie Intelligenz oder musische Begabung. Nichtsdestotrotz ist es gerade diese Ausweitung der Anwendung auf beliebige, nicht krankheitsbezogenen Präferenzen entsprungene Kriterien, die mit der vorliegenden Regelung verhindert werden soll. Die Auswahl beispielsweise eines blauäugigen Kindes mittels PID ist in keiner Weise ethisch legitimierbar. Insofern soll es auch keine Abgrenzungsschwierigkeiten in der Grauzone zwischen Krankheit und nicht krankheitsrelevanten Merkmalen geben, weil ausschliesslich in eindeutigen Fällen, in denen mit einer massiven Gesundheitsbeeinträchtigung zu rechnen ist, die Durchführung der PID erlaubt sein soll. Die erheblichen ethischen Bedenken gegenüber diesen weitreichenden Anwendungsmöglichkeiten werden auch in der Kombination mit der von der 71 72 73 28 Vgl. zu diesem Abschnitt NEK-CNE, Forschung an embryonalen Stammzellen, Stellungnahme Nr. 3/2002, S. 39 ff. B. Goldman, The First Cut. Extracting a cell from a budding human embryo can expose genetic defects, but does it actually help generate more healthy babies?, Nature, 2007, 445, S. 479 f. http://geneticsandsociety.org/article.php?id=2740 (14.01.2008). Regelung beabsichtigten Indikation einer schweren genetischen Krankheit nicht weggewischt. Auch wenn etwa die PID zur Verhinderung einer Krankheit regelungsgemäss angewandt werden soll, darf nicht auch noch zugleich der Gewebetyp des Embryos getestet werden, um die Möglichkeit einer späteren Spende offen zu halten. 1.4 Die Rechtslage in der Schweiz 1.4.1 Bundesverfassung Die Bundesverfassung äussert sich nicht ausdrücklich zur PID. Zu beachten sind aber die Regelungsinhalte von Artikel 7 (Menschenwürde) und Artikel 10 (Recht auf Leben), da bei der PID Embryonen, das heisst menschliches Leben in einem sehr frühen Entwicklungsstadium, einer belastenden Untersuchung unterzogen und einem Selektionsurteil unterworfen werden. Darüber hinaus ist insbesondere Artikel 119 (Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich) heranzuziehen. Im Rahmen der Diskussion um die Zulässigkeit der PID können auch Verbindungen zu anderen Verfassungsbestimmungen gezogen werden, beispielsweise dem Diskriminierungsverbot (insb. in Bezug auf Menschen mit Behinderungen, cf. Art. 8 Abs. 2 BV) oder dem Schutz der Kinder (Art. 11). Weil Artikel 119 BV im Verhältnis zu diesen als Spezialnorm zu betrachten ist und die Anwendung von Fortpflanzungsverfahren zur Verhinderung einer Krankheit ausdrücklich zulässt, kann nachfolgend auf eine nähere Beleuchtung dieser Normen verzichtet werden. Menschenwürde (Art. 7 BV) Die Frage, ob bereits der Embryo in vitro vom Schutz der Menschenwürde erfasst wird, hat immer wieder zu kontroversen Diskussionen geführt. Als verfassungsrechtliches Fazit in der Schweiz überwiegt bislang eine mittlere Position: Der Embryo in vitro hat am Schutz der Menschenwürde teil; diese kommt ihm aber nicht im gleichen Mass wie einem geborenen Menschen zu. Insbesondere die Menschenwürde als absolut geschütztes, subjektives Recht bezieht sich demnach nicht auf den Embryo in vitro. Sie ist im Zusammenhang mit dem Schutz frühesten menschlichen Lebens vor allem als Verfassungsprinzip angesprochen. Relativ unbestimmt bleibt dabei, welche konkreten Schutzpflichten aus der Menschenwürde im Umgang mit dem Embryo in vitro folgen. Einigkeit herrscht darüber, dass er nicht wie eine reine Sache behandelt werden darf. Hingegen ist durch eine Güterabwägung zu entscheiden, wo – neben den in Artikel 119 BV ausdrücklich genannten – die weiteren Schranken im Bereich der Fortpflanzungsmedizin anzusiedeln sind, durch die einzelne Handlungen verboten würden. Bei der Güterabwägung steht dabei dem Anteil des Embryos an der Menschenwürde die persönliche Freiheit der Eltern gegenüber74, namentlich deren Anspruch auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass Artikel 119 Absatz 2 BV die Güterabwägung bis zu einem gewissen Grad vorwegnimmt, indem er zwar einerseits den Schutz der Menschenwürde ausdrücklich erwähnt, anderseits aber die Techniken der Fortpflanzungsmedizin 74 Vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die Forschung an überzähligen Embryonen und embryonalen Stammzellen (EFG), BBl 2003 1163, Ziff. 1.4.2.1.1, mit weiteren Verweisen. 29 zulässt, wenn es darum geht, die Übertragung einer schweren Krankheit zu verhindern. Recht auf Leben (Art. 10 Abs. 1 BV) Das Grundrecht auf Leben ist zwar absolut geschützt; nicht abschliessend geklärt ist aber im schweizerischen Verfassungsrecht bislang die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Entwicklung menschlichen Lebens es greift und – falls es schon frühes vorgeburtliches menschliches Leben umfasst – wie es auszugestalten ist. Dass der Lebensschutz von Embryonen in vitro indessen nicht im gleichen Mass gewährleistet ist wie bei geborenen Personen, zeigt sich beispielsweise daran, dass die BV die Embryonenspende ausdrücklich und in jedem Fall, also auch für überzählige Embryonen, ausschliesst.75 Zu berücksichtigen ist zudem die Zulässigkeit der Fristenlösung bei Schwangerschaftsabbrüchen, aus welcher ebenfalls hervorgeht, dass das Recht auf Leben für Embryonen nicht absolut gilt, sondern einer Interessenabwägung zugänglich ist. Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich (Art. 119 BV) Artikel 119 Absatz 1 BV bezweckt, den Menschen vor Missbräuchen der Fortpflanzungsmedizin und der Gentechnologie zu schützen. Artikel 119 Absatz 2 BV gibt dem Bund den Auftrag, Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut zu erlassen, wobei er namentlich für den Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeit sorgt. Beim Erlass dieser Bestimmung wurden bestimmte grundlegende Entscheidungen bereits auf Verfassungsstufe gefällt: Artikel 119 Absatz 2 BV enthält mehrere verfassungsrechtliche Verbote und Gebote, die Vorgaben für die betreffende Gesetzgebung darstellen.76 Im Zusammenhang mit der Regelung der PID ist insbesondere Absatz 2 Buchstabe c relevant, welcher Voraussetzungen für die Anwendung der Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung festhält. Ebenfalls zu berücksichtigen ist Buchstabe f, gemäss welchem das Erbgut einer Person nur untersucht, registriert oder offenbart werden darf, wenn die betroffene Person zustimmt oder das Gesetz es vorschreibt. Im Rahmen der parlamentarischen Beratung zu Artikel 119 BV (damals Art. 24novies) wurde die PID nur in einem Votum erwähnt, und auch dort nur beiläufig.77 Die Beratung fand 1990/91 statt, zu einem Zeitpunkt, als die PID in der Fortpflanzungsmedizin noch kaum praktiziert wurde. Es stellte sich deshalb die Frage, ob die PID im Sinne einer Herbeiführung bestimmter Eigenschaften beim Kind oder aufgrund eines möglicherweise aus dem letzten Teilsatz von Absatz 2 Buchstabe c abzuleitenden Verbots der Auswahl von Embryonen unzulässig sei, oder ob sie vielmehr als einzige Möglichkeit, eine schwere Krankheit nicht zu übertragen, verfassungsrechtlich erlaubt sei. Die Frage der Verfassungsmässigkeit der PID bedurfte demnach einer gutachterlichen Auslegung. 75 76 77 30 Vgl. dazu Botschaft EFG, BBl 2003 1163, Ziff. 1.4.2.1.2. Art. 119 BV verbietet die Leihmutterschaft und die Embryonenspende sowie Eingriffe in das Erbgut von menschlichen Keimzellen und Embryonen. Bei den Verfahren mit gespendeten Samenzellen (heterologe Techniken) wird dem Kind der Zugang zu den Daten seiner Abstammung gewährleistet. AB 1991 N 590, Votum Baerlocher. Bereits im Jahr 1995 hat das Bundesamt für Justiz (BJ) in einem Gutachten unter anderem zur Zulässigkeit der PID Stellung genommen.78 Die Abklärung fand im Auftrag des EDI statt, und zwar im Nachgang der Publikation des Berichts «Biomedizinische Forschung am Menschen im Zusammenhang mit Artikel 24novies der Bundesverfassung», welcher im Februar 1995 von der vom EDI eingesetzten Studiengruppe «Forschung am Menschen» erarbeitet worden war. Im Gutachten beurteilte das BJ den verfassungsrechtlichen Status von Embryonen und erläuterte den Schutzauftrag für das Rechtsgut «menschliche Embryonen». Ausgehend von der Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Forschung an überzähligen Embryonen äusserte es sich dabei auch zur PID. Weder aus dem Grundsatz der Menschenwürde noch dem Grundrecht auf Lebensschutz ergeben sich nach diesem Gutachten verbindliche und ausreichend präzise Antworten darauf, welcher Rechtsschutz Embryonen zu gewähren ist. Deshalb sei – auch betreffend die PID – der eigenständige Gehalt von Artikel 24novies BV zu ermitteln, und zwar sowohl als Grundrechtsverbürgung wie auch als Gesetzgebungsauftrag. Anschliessend hält das Gutachten folgendes fest: «Eine auf dem Vorliegen bestimmter Eigenschaften beruhende Selektion und Elimination von zu Implantationszwecken gezeugten Embryonen läuft in letzter Konsequenz auf die vom Verfassungsgeber verpönte ‹Zuchtwahl› im Sinne einer eugenische Selektion hinaus. Beschränkt sich indessen die PID auf den Nachweis von vererbbaren und schwerwiegenden Krankheitsveranlagungen, vermag sie vor der Verfassung standzuhalten.» (vgl. Ziff. 4.1 a.E.). Zu beachten ist anschliessend, dass im Zuge der parlamentarischen Beratung zu Artikel 5 Absatz 3 FMedG (Verbot der PID) die Verfassungsmässigkeit der PID kaum thematisiert wurde.79 Die Räte sahen es grundsätzlich als Sache der Gesetzgebung an, die PID (in engem Rahmen) zuzulassen oder zu verbieten. Zur spezifischen Abklärung der Frage, ob die PID nach schweizerischem Verfassungsrecht zulässig ist, hat das BJ im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) im Jahr 2008 eine weitere Stellungnahme80 verfasst. Darin hält das BJ fest, dass - die historische und die systematische Auslegung der Verfassung keine Hinweise zur Zulässigkeit der PID ergeben; - aus der grammatikalischen Auslegung kein Verbot abzuleiten ist; - aus der teleologischen Auslegung zu schliessen ist, dass die PID dem Zweck widerspricht, der Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c dritter Satz BV zugrunde liegt (Vermeidung überzähliger Embryonen). Das Gutachten führt in der Folge aus, dass aber eine Ausweitung des Wortsinns in casu nicht zulässig ist und aus dem Ziel der Vermeidung überzähliger Embryonen nicht auf ein Verbot der PID geschlossen werden darf, weil dadurch in unterschiedlicher Weise in Rechtsgüter und Interessen von fortpflanzungswilligen 78 79 80 VPB 60.67. Ausnahmen: AB 1998 N 1311, Votum Müller-Hemmi; AB 1998 N 1408, Votum Weber; anderer Meinung AB 1998 N 1407, Votum Egerszegi; noch weitergehend (Verfassungswidrigkeit des Verbots der PID): AB 1998 N 1409, Votum Gadient; AB 1998 N 2955, Votum Randegger. EJPD, BJ, Vereinbarkeit genetischer und morphologischer Untersuchungen von Embryonen in vitro mit Art. 119 Abs. 2 Bst. c BV, Gutachten vom 15. Oktober 2007 und 22. Januar 2008, VPB 2008.14, S. 201 ff. 31 Paaren eingegriffen wird: Die Beschränkung der Herstellung von Embryonen erschwert das IVF-Verfahren und schränkt den grundrechtlich geschützten Kinderwunsch ein, während ein Verbot der PID bei betroffenen Paaren dazu führen würde, dass sie ihren Wunsch nach eigenen Kindern praktisch nicht erfüllen könnten. Es handelt sich demzufolge um nicht gleich gelagerte Verhältnisse, was die Ausweitung des Wortsinns im Sinne eines Analogieschlusses verbietet. Die Zulassung der PID zum Zwecke des Nachweises einer schweren genetischen Erkrankung ist deshalb mit Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c BV vereinbar. Dabei ist es Aufgabe des Gesetzgebers, die Gefahr einer schiefen Ebene abzuschätzen, die sich infolge einer begrenzten Zulassung der PID ergeben könnte. Falls der Gesetzgeber die PID zulässt, hat er jedenfalls hinreichende Kontroll- und Aufsichtsinstrumente vorzusehen, um Verfassungs- und Gesetzesverletzungen nach Möglichkeit zu verhindern. Ausserdem ist aus dem Gutachten der Schluss zu ziehen, dass es ohne Änderung von Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c BV in der Schweiz nicht möglich ist, sich der international gebräuchlichen PID-Praxis anzupassen, bei der pro Zyklus beliebig viele Embryonen hergestellt und biopsiert werden. Zudem ist – wenn mehr unbelastete Embryonen zur Verfügung stehen als transferiert werden sollen – deren planmässige Kryokonservierung verfassungsrechtlich verboten. 1.4.2 Bundesgesetzgebung Fortpflanzungsmedizingesetz Auf Gesetzesstufe ist die Situation seit Inkrafttreten des FMedG klar geregelt: Artikel 5 Absatz 3 verbietet das Ablösen einer oder mehrerer Zellen von einem Embryo in vitro und deren Untersuchung, also die PID. In Ausführung von Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c BV, letzter Teilsatz, bestimmt Artikel 17 FMedG, dass pro Zyklus höchstens drei Embryonen entwickelt werden dürfen (Abs. 1) und dass die Kryokonservierung von Embryonen verboten ist (Abs. 3). Zulässig ist nach geltendem Recht die Verhinderung der Übertragung einer schweren Krankheit mittels Polkörperdiagnostik oder Spermienselektion (Art. 5 Abs. 2). Für die Anwendung von Fortpflanzungsverfahren ist gemäss Artikel 8 eine Bewilligung des Kantons nötig. Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen In Folge des Verbots der PID im FMedG verzichtet das Gesetz vom 8. Oktober 200481 über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) auf die Regelung genetischer Untersuchungen an Embryonen in vitro. Es bezieht sich nur auf genetische Untersuchungen an geborenen Personen oder Föten während der Schwangerschaft (Pränataldiagnostik), nicht aber auf Untersuchungen an extrakorporalen Embryonen vor der Schwangerschaft. Artikel 8 GUMG bestimmt zwar, dass für die Durchführung von genetischen Untersuchungen eine Bewilligung der zuständigen Bundesbehörde (BAG) nötig ist, und dass die entsprechenden Bewilligungsvoraussetzungen auf Verordnungsstufe festzulegen sind. Die Bewilligungspflicht ist aber auf genetische Untersuchungen im Rahmen einer PID 81 32 SR 810.12 nicht anwendbar, weil diese ausserhalb des Geltungsbereichs des GUMG vollzogen werden. 1.4.3 Parlamentarische Vorstösse auf Bundesebene Das Verbot der PID und die Rahmenbedingungen der IVF-Verfahren, insbesondere die Einschränkung auf die Entwicklung von höchstens drei Embryonen pro Zyklus und das Verbot der Kryokonservierung, haben im Parlament immer wieder zu Vorstössen und intensiven Diskussionen geführt: 82 83 84 85 86 87 88 89 90 - Noch vor Inkrafttreten des FMedG reichte Nationalrätin Barbara Polla am 28. November 2000 die parlamentarische Initiative «Präimplantationsdiagnostik bei ernsthafter Gefährdung»82 ein. Die vorberatende Kommission beantragte, ihr keine Folge zu geben, und überwies eine gleichlautende Motion.83 Beide wurden vom Nationalrat abgelehnt, wobei das Resultat bei der Motion mit 74:83 Stimmen relativ knapp ausfiel.84 - Mit Motion vom 20. Juni 200285 verlangte Nationalrat Felix Gutzwiller eine Änderung von Artikel 42 Absatz 2 sowie die Aufhebung von Artikel 5 Absatz 3 FMedG. Betreffend letzterem verwies der Bundesrat in seiner Stellungnahme auf die Beratung und Ablehnung der parlamentarischen Initiative Polla und beantragte die Umwandlung der Motion in ein Postulat. Die Motion wurde am 18. Juni 2004 abgeschrieben, weil sie mehr als zwei Jahre hängig war. - Am 2. Oktober 2002 reichte Ständerätin Christiane Langenberger eine Interpellation «Stammzellenforschung und Präimplantationsdiagnostik. Politische und juristische Unklarheiten» ein.86 In seiner Antwort führte der Bundesrat aus, dass er sich der Thematik der PID nicht auf Dauer verschliessen wolle. - Am 19. März 2004 reichte Nationalrat Felix Gutzwiller eine parlamentarische Initiative «Präimplantationsdiagnostik. Bewilligung»87 ein. Die vorberatende Kommission beantragte, der Initiative keine Folge zu geben, und reichte am 2. September 2004 eine Motion «Zulassung der Präimplantationsdiagnostik»88 ein, welche der Nationalrat im Juni 2005 mit 92:63 Stimmen89 und der Ständerat im Dezember 2005 mit 24:18 Stimmen90 annahm. Die Motion beauftragt den Bundesrat mit der Ausarbeitung einer Regelung, welche die PID ermöglicht und deren Rahmenbedingungen festlegt. - Bezug nehmend auf diese Motion reichte Nationalrätin Pia Hollenstein am 24. März 2006 eine Interpellation «Offene Fragen zur 00.455. 01.3647. AB 2002 N 345 ff. 02.3335. 02.3550. 04.423. 04.3439. AB 2004 N 908 ff. AB 2005 S 1122 ff. 33 Präimplantationsmedizin»91 ein. In seiner Antwort vom 24. Mai 2006 wies der Bundesrat darauf hin, dass mit Blick auf die laufenden Vorbereitungsarbeiten für die neue Gesetzgebung noch keine konkreten Aussagen zu Detailfragen möglich sind. - Mit der Motion «Reduktion von Mehrlingsschwangerschaften in utero und in vitro»92 vom 6. Oktober 2006 verlangte Nationalrat Felix Gutzwiller die Streichung der Bestimmungen in BV und FMedG, welche vorsehen, dass in vitro nur so viele Eizellen zu Embryonen entwickelt werden dürfen, wie der betroffenen Frau im gleichen Fortpflanzungszyklus eingesetzt werden können. Ziel der Motion ist es, mittels Selektion Mehrlingsschwangerschaften zu verhindern. In seiner Stellungnahme vom 29. November 2006 beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion; er sei heute nicht bereit, einen verpflichtenden Auftrag zur Aufhebung von Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c letzter Teilsatz BV (Verbot, ausserhalb des Körpers der Frau mehr menschliche Eizellen zu Embryonen zu entwickeln als ihr sofort eingepflanzt werden können) entgegenzunehmen. Der Vorstoss wurde am 6. Dezember 2007 abgeschrieben, da der Motionär aus dem Rat ausgeschieden ist. 1.4.4 Kantonale Gesetzgebung Artikel 119 BV zur Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich begründet eine Bundeskompetenz mit nachträglich derogatorischer Kraft. Die gestützt darauf erlassenen umfassenden Bundesregelungen der Fortpflanzungsmedizin, der genetischen Untersuchungen beim Menschen und der Forschung an embryonalen Stammzellen lassen den Kantonen – abgesehen von den Aufgaben im Bereich des Vollzugs – keinen Raum für eine weitergehende Gesetzgebung im Bereich der PID. 1.5 Die beantragte Neuregelung Mit der beantragten Regelung wird – unter Respektierung der engen verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen von Artikel 119 BV – das Verbot der PID im bestehenden FMedG durch eine Zulassung unter strengen Voraussetzungen ersetzt. Dadurch soll Paaren, die infolge bestimmter genetischer Konstellationen ihren Wunsch nach einem leiblichen Kind nur unter dem grossen und unzumutbaren Risiko erfüllen könnten, ihre Veranlagung für eine schwere Krankheit weiterzugeben, erhebliches Leid erspart werden. Gleichzeitig soll aber die Anwendung der Technik Voraussetzungen unterworfen bleiben, die sicherstellen, dass die Menschenwürde geschützt wird sowie Missbräuche und unerwünschte Wirkungen verhindert werden. Zu diesem Ziel beinhaltet die beantragte Regelung eine strenge Eingrenzung der Indikationen, die die PID rechtfertigen. Demnach darf eine PID nur dann durchgeführt werden, wenn die konkrete Gefahr nicht anders abgewendet werden kann, dass das gewünschte Kind Träger einer bestimmten, beim Elternpaar 91 92 34 06.3141. 06.3585. nachgewiesenen genetischen Veranlagung für eine schwere Krankheit ist. Die Krankheit muss mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem 50. Lebensjahr ausbrechen, und es darf für sie keine zweckmässige und wirksame Therapie verfügbar sein. Verboten bleiben damit alle Anwendungen, die der Allgemeinprävention («Screening») gegen spontan auftretende genetische Defekte (z.B. Trisomie 21) dienen, ebenso wie Anwendungen zur Steigerung der Erfolgsrate bei der Behandlung der Unfruchtbarkeit. Gleichermassen verboten sind die Auswahl von Embryonen nach Gewebeeigenschaften zum Zweck einer späteren Gewebe- oder Organspende an ein krankes Geschwister sowie alle Anwendungen ohne Bezug zu einer Krankheit. Weiterhin verlangt die Regelung, dass die ausführenden Ärztinnen und Ärzte eine umfassende genetische Beratung sowie Massnahmen zur Qualitätssicherung gewährleisten. Zur Kontrolle dieser Aufgaben sieht die Regelung zusätzlich zu den geltenden Bestimmungen in FMedG und GUMG eine abgestufte Bewilligungs- und Meldeordnung vor. Demnach erhalten Ärztinnen und Ärzte vom BAG die generelle Bewilligung zur Veranlassung von PID-Verfahren, wenn sie: - über eine Bewilligung für die Anwendung von Fortpflanzungsverfahren nach Artikel 8 Absatz 1 FMedG verfügen; - bestimmte Aus- und Weiterbildungsanforderungen im Bereich der Genetik nach Artikel 13 Absatz 2 GUMG erfüllen; - die Qualität des gesamten Verfahrens gewährleisten. Jedes einzelne PID-Verfahren ist sodann unmittelbar nach der Einwilligung des betroffenen Paares, aber vor der Durchführung unter Angabe der Indikation dem BAG zu melden. Für die Laboratorien, die die genetische Untersuchung durchführen, gelten dank einem entsprechenden Verweis die Bewilligungspflicht nach GUMG und die entsprechenden Qualitätsanforderungen, die auf Verordnungsstufe gegebenenfalls noch zu ergänzen sind. Schliesslich enthält die Regelung Vorgaben zur Evaluation des Gesetzes und sieht die Möglichkeit vor, mit Bundesgeldern Forschungsvorhaben zu den Auswirkungen der PID zu unterstützen. 1.5.1 Untersuchte Lösungsmöglichkeiten Anwendungsbereich und Rahmenbedingungen der PID Für die konkrete Ausgestaltung der Neuregelung war zunächst zu bestimmen, in welchen aller medizinisch möglichen Fälle (vgl. Ziff. 1.2.4) die PID überhaupt angewandt werden darf. Die vorgeschlagene Regelung beschränkt die erlaubte Anwendung der PID auf den Bereich der Verhinderung einer klar bestimmbaren, schweren genetischen Krankheit. Alle anderen Anwendungsmöglichkeiten bleiben verboten: die Untersuchung bei erhöhtem Risiko zu Spontanmutationen, etwa infolge erhöhten Reproduktionsalters, oder zur Verbesserung der Erfolgsrate bei Unfruchtbarkeitsbehandlungen; zur Auswahl eines späteren Gewebespenders; zur Selektion des Geschlechts und aller anderen genetisch bestimmten Eigenschaften ohne Krankheitsbezug. In allen diesen Fällen überwiegen die Risiken und Nachteile einer PID den tatsächlichen oder, wie im Fall des «Screening» bei Unfruchtbarkeit, 35 sehr zweifelhaften Nutzen des Verfahrens. Damit bezieht sich die Regelung auf das Ergebnis der Diskussion der Motion «Zulassung der Präimplantationsdiagnostik»93 im Parlament, aus der eindeutig hervorging, dass die PID unter strengen und restriktiven Bedingungen zuzulassen sei. Daneben waren insbesondere die Rahmenbedingungen zu definieren, unter denen die Technik angewendet werden darf. Zur Debatte stand in dieser Hinsicht, neben dem Verbot der PID in Artikel 5 Absatz 3 des FMedG auch einige weiterführende Bestimmungen, die damit im Zusammenhang stehen, zu ändern oder aufzuheben. Mit Blick auf die international gängige medizinische Praxis der PID zählen dazu namentlich das Verbot der Kryokonservierung von Embryonen in vitro (Art. 17 Abs. 3 FMedG), das Verbot, in einem Behandlungszyklus mehr als drei befruchtete Eizellen zu Embryonen entwickeln zu lassen (Art. 17 Abs. 1 FMedG), sowie das im Stammzellenforschungsgesetz (StFG)94) verankerte Verbot der Forschung an Embryonen (Art. 3 Abs. 2 StFG). Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Aufhebung dieser Verbote wurde auch eine Änderung der einschlägigen Verfassungsbestimmung, das heisst Artikel 119 BV und dort insbesondere der letzte Teilsatz im Absatz 2 Buchstabe c, in Erwägung gezogen. Trotz der Vorteile, die sich aus medizinischer Sicht für die Anwendung der PID aus der Lockerung oder Aufhebung dieser Bestimmungen ergeben hätten, hält die beantragte Regelung an ihnen ausnahmslos fest. Die Gründe hierfür sind dieselben wie für die Definition des Anwendungsbereiches: einerseits das Ergebnis der parlamentarischen Diskussion der zugrundeliegenden Motion, welches den überwiegenden Willen aufzeigt, eine restriktive Regelung zu finden, sowie andererseits das allgemeine Risiko- und Schadenspotenzial der Technik. Form der behördlichen Kontrolle über die PID Für die Aufsicht über die Veranlassung von PID-Verfahren standen verschiedene Möglichkeiten offen, unterschiedliche Bewilligungsformen und Meldepflichten miteinander zu verbinden: 93 94 36 - Schärfere Regelung: Um eine umfassende Kontrolle mit dem Ziel des bestmöglichen Embryonenschutzes zu gewährleisten, wäre es denkbar, neben der generellen Bewilligung für Ärztinnen und Ärzte, zusätzlich eine Einzelfallbewilligung für jedes einzelne PID-Verfahren einzuführen. Ziel wäre die vorgängige behördliche Überprüfung, ob die im Einzelfall geltend gemachte Indikation mit den gesetzlichen Anforderungen übereinstimmt. Aus Praktikabilitätserwägungen und aus Gründen der Verhältnismässigkeit des staatlichen Eingriffs ist eine solche Einzelfallkontrolle aber als übermässiger Eingriff in das Verfahren einzustufen. Der Embryonenschutz und die Sicherheit des Verfahrens können auch mit der generellen Bewilligungspflicht und dem vorgeschlagenen Meldewesen gewährleistet werden. - Schwächere Regelung: Auf der anderen Seite war auch die Einführung einer jährlichen Berichterstattung zu prüfen, ohne jegliche Bewilligung für die Veranlassung einer PID. Unter Berücksichtigung der ethischen Brisanz und 04.3439. Bundesgesetz vom 19. Dezember 2003 über die Forschung an embryonalen Stammzellen, SR 810.31. der Missbrauchsgefahren bietet diese Lösung aber nicht genügend Gewähr für die Einhaltung der Voraussetzungen und deren effiziente Kontrolle. Die heikle Frage der zulässigen Indikation für die PID stellt sich nicht erst anlässlich der genetischen Untersuchung im Laboratorium, sondern bereits zu Beginn des Fortpflanzungsverfahrens, weshalb die staatliche Kontrolle schon hier anzusetzen hat. Eine jährliche Berichterstattung oder (in Analogie zu anderen genetischen Untersuchungen) gar keine Kontrolle der Indikation für die Veranlassung der PID würde hier nicht ausreichen. Darüber hinaus könnte auch der Zeitpunkt der Meldung verschieden gewählt werden, beispielsweise vor Beginn des Verfahrens oder einmal jährlich. Die vorgeschlagene Regelung (generelle Bewilligungspflicht für die Ärztinnen und Ärzte, welche PID-Verfahren anbieten, mit der Pflicht, die Veranlassung einer PID zum Zeitpunkt der Einwilligung des betroffenen Paares zu melden) erscheint als sinnvoller und praktikabler Mittelweg zwischen der zusätzlichen Einzelfallbewilligung und einer jährlichen Berichterstattung. Als Bewilligungsinstanz ist das BAG vorgesehen. Würden die Bewilligungen durch die kantonalen Behörden erteilt, so würden diese auch Aufsichtsfunktionen übernehmen müssen und zu Adressaten der Meldungen der einzelnen PIDVerfahren. Auf diese Weise könnte die landesweit einheitliche Anwendung der – auch ethisch – anspruchsvollen Indikationenregelung nicht gewährleistet werden. Regelung der PID im GUMG oder im FMedG Geprüft wurde ausserdem, ob die PID, bei der es ja um eine genetische Untersuchung geht, im GUMG zu regeln sei. In Anbetracht der Tatsache, dass die PID ausschliesslich im Rahmen von Fortpflanzungsverfahren zur Anwendung kommt, erschien es sinnvoll und für die betroffene Ärzteschaft von Vorteil, die PID im FMedG zu regeln, unter Berücksichtigung der aus genetischer Sicht zu beachtenden Aspekte (Beratung, berufliche Anforderungen an veranlassende Ärztinnen und Ärzte). Für die Laboratorien, welche ausschliesslich den genetischen Teil durchführen, können – sofern nötig – dank einem in Artikel 8 eingefügten Verweis auf das GUMG spezifische Anforderungen später auf Verordnungsstufe festgelegt werden, entsprechend der Systematik des GUMG und der konkretisierenden Verordnung95. Für die Regelung der PID im FMedG spricht auch die Tatsache, dass Zweck des GUMG vor allem der Schutz der informationellen Selbstbestimmung ist (vgl. Art. 119 Abs. 2 Bst. f BV), während beim FMedG der Embryonenschutz im Vordergrund steht. Eben dieser gehört aber auch zu den wesentlichen Zwecken der PID-Regelung. Für die Regelung der PID im GUMG würde allenfalls sprechen, dass für die Veranlassung der PID eine Bundesbewilligung eingeführt werden soll, analog zur Aufsicht und Kontrolle im Bereich der genetischen Untersuchungen, welche bereits gemäss GUMG dem BAG untersteht. Zudem regelt das GUMG auch bei anderen genetischen Untersuchungen nicht nur die Aufgaben der genetischen Laboratorien, sondern auch die Anforderungen an die veranlassenden Ärztinnen und Ärzte sowie deren Pflichten, so dass sich die Regelung der Anforderungen an die Personen, 95 Verordnung vom 14. Februar über genetische Untersuchungen beim Menschen, GUMV, SR 810.122.1. 37 welche eine PID veranlassen wollen, und deren Pflichten gut ins GUMG einfügen liessen. Diese verfahrens- und vollzugsrelevanten Argumente vermögen indessen die sachliche Integration der PID in die Fortpflanzungsmedizin nicht anzufechten, weshalb die Regelung im FMedG vorzuziehen ist. 1.6 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen Die jährlichen Kosten des Vollzugs belaufen sich auf 814 000 Franken (vgl. Ziff. 3.1.1). Darin enthalten sind die Aufwendungen für Aufsicht, Evaluation und Unterstützung oder Förderung der Forschung. Eine strenge Aufsicht und umfassende Evaluation sind unumgänglich, um den Schutz der Embryonen zu gewährleisten und eine schleichende Ausweitung der zulässigen Indikationen zu verhindern (vgl. Ziff. 2.3). Da gesundheitsschädigende Langzeitfolgen der PID zum jetzigen Zeitpunkt zwar nicht bekannt sind, aber auch nicht ausgeschlossen werden können, sind diesbezügliche Forschungsprojekte vom Bund zu unterstützen. In diesem Sinne hält auch die Organisationsverordnung des EDI (OV-EDI)96 fest, dass das BAG die Wirkung rechtsetzender Massnahmen auf die Gesundheit überprüfen muss (vgl. Ziff. 2.3, Art. 14b). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der Thematik erscheint der Betrag von 814 000 Franken angemessen. 1.7 Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht 1.7.1 Rechtslage in anderen Ländern Die rechtlichen Regelungen der PID in den verschiedenen Ländern widerspiegeln die kontroversen Standpunkte in der ethischen Beurteilung ihrer Anwendung. So sind die Regelungen zur PID mehrheitlich in Fortpflanzungsmedizingesetzen, teilweise aber auch in Erlassen zur Embryonenforschung, zum Embryonenschutz oder in generellen Gesundheitsgesetzen zu finden. Dabei ist nicht nur die Regelungsdichte sehr unterschiedlich, auch inhaltlich sind mit Blick auf die zulässigen Indikationen, die (Bewilligungs-)Verfahren und den Einbezug von Behörden grosse Unterschiede festzustellen. Ein explizites Verbot der PID, analog zu Artikel 5 Absatz 3 FMedG, kennt keines der in den Vergleich einbezogenen Länder. Im folgenden Überblick wird unterschieden zwischen Ländern, in denen die PID (mit oder ohne Regelung auf Gesetzesstufe) verboten ist, und Ländern, in denen die PID erlaubt ist. Länder mit PID-Verbot: - 96 38 Deutschland: In Deutschland wird das Verbot der PID aus den Paragraphen 2 und 6 des Gesetzes vom 13. Dezember 1990 zum Schutz von Embryonen abgeleitet. § 2 verbietet u.a. die Verwendung von menschlichen Embryonen zu einem Zweck, der nicht ihrer Erhaltung dient, während § 6 das Klonen menschlicher Embryonen verbietet (die Verbindung des Wortlauts von § 6 Organisationsverordnung vom 28. Juni 2000 für das Eidgenössische Departement des Innern, SR 172.212.1. mit der gesetzlichen Definition des Embryos in § 8 lässt das Abtrennen einer Zelle von einem Embryo im Achtzellstadium als verbotenes Klonen erscheinen). Vergleichbar mit der Dreierregel in der Schweiz dürfen in Deutschland nicht mehr Eizellen befruchtet werden, als innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen, wobei die Maximalzahl der zu übertragenden Embryonen auf drei festgelegt ist. - Italien: Das neue Fortpflanzungsmedizingesetz aus dem Jahr 2004 lässt schon in seinem Zweckartikel (Art. 1) die Techniken der Fortpflanzungsmedizin nur für den Fall zu, der Unfruchtbarkeit eines Paares Abhilfe zu schaffen. Ausserdem ist einerseits gemäss Artikel 13 jegliche Intervention, die mittels Selektion oder anderer Techniken genetische Charakteristiken vorausbestimmen will, verboten (Ausnahme: zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken), während zugleich die Kryokonservierung und die Vernichtung von Embryonen verboten sind. Die ausführende Richtlinie vom 11. April 2008 präzisiert einerseits, dass jegliche PID zu eugenischen Zwecken verboten sei, und stellt anderseits schwere, durch Geschlechtsverkehr übertragbare Krankheiten (AIDS, Hepatitis B und C) der Unfruchtbarkeit gleich, wodurch bei diesen Krankheiten eine PID erlaubt wird. Nicht erlaubt ist indessen weiterhin die Durchführung eines Fortpflanzungsverfahrens (und somit einer PID) zur Verhinderung der Übertragung einer genetisch bedingten Krankheit. Vor 2004 war die PID in Italien zumindest in privaten Kliniken erlaubt und wurde auch durchgeführt. Unter dem heutigen Verbot dürfen dort, wie auch in der Schweiz, pro Fortpflanzungszyklus höchstens drei Embryonen entwickelt werden. - Österreich: Gemäss § 2 des Fortpflanzungsmedizingesetzes aus dem Jahr 1992 sind in Österreich die Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung nur dann zulässig, wenn keine andere Möglichkeit zur Herbeiführung einer Schwangerschaft besteht oder wenn die Herbeiführung einer Schwangerschaft ohne medizinisch unterstützte Fortpflanzung die Gefahr der Übertragung einer schweren Infektionskrankheit mit sich bringt, nicht aber zur Verhinderung der Übertragung einer genetisch bedingten Krankheit. Dies schliesst die Durchführung einer PID aus. Das PID-Verbot wird aber auch aus § 9 des Gesetzes abgeleitet, welcher die Behandlung und Untersuchung von «entwicklungsfähigen Zellen» (darunter fallen befruchtete Eizellen und daraus entwickelte Zellen) nur insoweit zulässt, als dies zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderlich ist. Länder ohne gesetzliche Regelung der PID: - Irland: In Irland besteht weder eine Regelung der PID noch eine Regelung der medizinisch unterstützten Fortpflanzung. Öffentliche Gesundheitseinrichtungen bieten weder das eine noch das andere an. Auf privater Basis gibt es einzelne IVF-Kliniken; die PID wird hingegen nicht durchgeführt, insbesondere wegen der offenen Frage, ob und wie weit sich der verfassungsrechtliche Schutz Ungeborener auch auf Embryonen in vitro erstreckt. - Luxemburg: Die PID ist in Luxemburg nicht gesetzlich geregelt. Es besteht nur ein einziges Zentrum für medizinisch unterstützte Fortpflanzung. Dessen 39 Betriebsbewilligung präzisiert, dass die PID nicht unter die bewilligten Tätigkeiten fällt, weshalb in Luxemburg keine PID durchgeführt werden kann. Länder, in denen die PID gesetzlich erlaubt ist: 40 - Belgien: Das belgische Fortpflanzungsmedizingesetz vom 6. Juli 2007 verbietet bei Fortpflanzungsverfahren eugenische Beweggründe; diese werden umschrieben als «ausgelegt auf die Selektion oder die Vermehrung nicht pathologischer genetischer Eigenschaften». Daneben verbietet das Gesetz die Geschlechtsselektion, ausser zur Verhinderung geschlechtsbedingter Krankheiten. Für sogenanntes «social sexing» ist demzufolge die PID in Belgien verboten, während es im Übrigen den einzelnen Zentren obliegt zu entscheiden, bei welchen pathologisch relevanten Indikationen sie eine PID anbieten wollen (AneuploidieScreenings, HLA-Typisierung etc.). Lehnt ein Zentrum die Durchführung einer PID ab, so muss es dies schriftlich begründen. Zentren, die IVFVerfahren anbieten, unterstehen einer Bewilligungspflicht und müssen betreffend Einrichtungen und Qualifikation von Leitung und Personal bestimmte Anforderungen erfüllen sowie regelmässig über ihre Tätigkeit Bericht erstatten. Die PID wird zurzeit in sechs Zentren angeboten, wovon vier an Universitätskliniken und eines an einem Bezirkskrankenhaus angesiedelt sind und eines unter privater Trägerschaft steht. Ein weiteres privates Zentrum bietet Aneuploidie-Abklärungen an, jedoch keine molekulargenetischen Untersuchungen. Gemäss Fortpflanzungsmedizingesetz bestimmt die Ausführungsgesetzgebung die Anzahl der PID-Zentren; es müssen aber mindestens acht sein. - Dänemark: Das Fortpflanzungsmedizingesetz aus dem Jahr 1997 lässt die PID zunächst in den Fällen zu, in denen für das Kind ein bekanntes und wesentlich erhöhtes Risiko einer schweren erblichen Krankheit besteht. Ebenfalls erlaubt ist sie im Rahmen einer durch Unfruchtbarkeit indizierten IVF, wenn dadurch eine schwere Chromosomenanomalie festgestellt oder ausgeschlossen werden kann. Gemäss Gesetzesänderung aus dem Jahr 2004 kann das «National Board of Health» im Einzelfall auch die HLATypisierung erlauben, wenn dadurch die Behandlung eines an einer lebensbedrohenden Krankheit leidenden Geschwisters ermöglicht wird. Bis anhin wird indessen die PID in Dänemark nur im Rahmen von Forschungsprotokollen durchgeführt. - Frankreich: Frankreich regelt die PID im Gesundheitsgesetz (Code de la santé publique) bei den Bestimmungen zum Schutz des Kindes. Eingeführt wurden die einschlägigen Normen im Jahr 1994 im Rahmen von zwei Bioethikgesetzen (Lois relatives à la bioéthique), wobei das eine das bürgerliche Gesetzbuch änderte, das andere das Gesundheitsgesetz. Nicht nur die Zentren als solche müssen gemäss Gesetz über eine Bewilligung verfügen und die entsprechenden Anforderungen erfüllen, sondern auch die beteiligten Ärztinnen und Ärzte, Biologinnen und Biologen sowie Genetikerinnen und Genetiker müssen persönlich für die Durchführung lizenziert sein. Darüber hinaus sind die Zentren gegenüber der zuständigen nationalen Behörde zur jährlichen Berichterstattung verpflichtet. Das Gesetz schreibt vor, dass die PID nur durchgeführt werden darf, wenn ein die gesetzlichen Anforderungen erfüllender Arzt bezeugt, dass das betroffene Paar – gestützt auf die familiäre Situation – mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Kind zur Welt bringen würde, welches von einer besonders schweren und zum Zeitpunkt der Diagnose unheilbaren genetischen Erkrankung betroffen wäre. Der Gesetzgeber bestimmt dabei nicht näher, was unter einer solchen Erkrankung zu verstehen ist, so dass es den Zentren überlassen bleibt, dieses Kriterium zu konkretisieren. Des Weiteren ist die PID nur erlaubt, wenn entweder bei einem Elternteil selbst oder (im Falle einer schwer behindernden Krankheit, die erst später ausbricht und die Lebenserwartung vorzeitig beeinträchtigt) bei einem unmittelbaren Vorfahren die für die Krankheit verantwortliche Anomalie im Voraus und eindeutig festgestellt wurde. Diese Formulierung lässt es zu, dass Paare, die wissen, dass in ihrer Familie eine bestimmte spät manifestierende genetische Belastung vorliegt, eine PID durchführen können, ohne erfahren zu müssen, ob sie selber Träger sind. Nur in Ausnahmefällen (d.h. abhängig von einer Einzelfallbewilligung der zuständigen nationalen Behörde) und vorläufig nur versuchsweise erlaubt das Gesetz die PID mit dem Ziel der HLA-Typisierung, um später für die Therapie eines bereits geborenen, kranken Kindes Blutstammzellen zur Verfügung zu haben. Nicht erlaubt ist hingegen das genetische Screening der zu transferierenden Embryonen auf spontan entstandene Aneuploidien, beispielsweise bei Frauen ab 35 Jahren. In Frankreich wird die PID in drei Zentren durchgeführt (Paris, Montpellier und Strassburg, jeweils angegliedert an Universitätskliniken). Die Zentren bieten alle einen Grundstock an durchgeführten Diagnosen, neben welchem jedes Zentrum seine eigenen Spezialitäten anbietet. Die betroffenen Paare werden in diesen Fällen dem entsprechenden Zentrum zugewiesen. - Niederlande: Die holländische Regelung zur PID basiert einerseits auf dem Embryogesetz («embryo wet») aus dem Jahr 2002, anderseits auf einzelnen Erlassen niedrigerer Stufe (u.a. Planungsbeschluss zur IVF aus dem Jahr 2000 sowie Planungsbeschluss zu klinisch-genetischen Untersuchungen und Beratung bei Erbkrankheiten aus dem Jahr 2003). Die Planungsbeschlüsse stützen sich auf das Gesetz über besondere medizinische Verrichtungen aus dem Jahr 1997. Das Embryogesetz enthält unter anderem Verbote zu Vorgängen wie Klon-, Hybriden- und Chimärenbildung, und es verbietet die Auswahl von Embryonen gestützt auf deren Geschlecht («social sexing»), ausser wenn dadurch die Weitergabe einer schweren geschlechtsgebundenen Erbkrankheit verhindert wird. Das Gesetz über besondere medizinische Verrichtungen ermächtigt den Staat, spezialisierte medizinische Tätigkeiten nur in einer eingeschränkten Anzahl Zentren zu bewilligen. Der ausführende Planungsbeschluss zu den klinisch-genetischen Untersuchungen hält fest, dass zunächst nur ein Zentrum (Maastricht) die PID durchführen und dass maximal eine weitere Bewilligung erteilt werden darf. Der Planungsbeschluss zu klinisch-genetischen Untersuchungen hält mit Blick auf die Indikationen fest, dass eine PID grundsätzlich dann indiziert 41 sein kann, wenn das Paar ein individuell erhöhtes Risiko auf Nachkommen mit einer schwerwiegenden Erbkrankheit hat. Was als «schwerwiegende Erbkrankheit» gelten kann, wird nicht weiter definiert und somit dem ausführenden Zentrum überlassen. Die PID mit dem Ziel der HLATypisierung für ein krankes Geschwister ist verboten. Die numerische Beurteilung des genetischen Materials zum Ausschluss von Aneuploidien ist in den Niederlanden bislang nur im Rahmen von Forschungsprojekten erlaubt. Vier Zentren haben entsprechende Protokolle ausgearbeitet und führen die Untersuchungen durch. 97 42 - Norwegen: Das norwegische Gesetz zur Anwendung der Biotechnologie trat am 1. Januar 2004 in Kraft. Seit dem 1. Januar 2008 gelten revidierte Bestimmungen, gemäss welchen die PID nicht mehr nur bei geschlechtsgebundenen Krankheiten erlaubt ist, sondern auch bei monogenetischen oder chromosomal bedingten Erbkrankheiten, wenn einer oder beide Partner erkrankt oder Träger sind und ein hohes Risiko besteht, die Krankheit auf das Kind zu übertragen, sowie für eine HLA-Typisierung zur Auswahl eines immunkompatiblen Embryos. Ausserdem hat Norwegen neu eine Behörde eingeführt, welche jeden Einzelfall beurteilt und entscheidet, ob die PID durchgeführt werden darf. Wird im Einzelfall die von der Behörde erlaubte Untersuchung in Norwegen nicht angeboten, verweist die Behörde das betroffene Paar an eine Institution im Ausland, welche die Untersuchung durchführt, wobei die Kosten der Durchführung im Ausland dem Paar erstattet werden.97 - Portugal: Am 26. Juni 2006 hat das portugiesische Parlament das neue Fortpflanzungsmedizingesetz verabschiedet. Dieses regelt auch die PID. Verboten ist danach die PID zur Auswahl des Geschlechts, wenn diese nicht aus Gründen der Verhinderung einer geschlechtsgebundenen genetischen Krankheit durchgeführt wird, sowie die Anwendung der PID bei multifaktoriell bedingten Krankheiten, bei denen der prädiktive Wert des Tests sehr niedrig ist. Ansonsten ist die PID zulässig, sofern es dabei nicht um die Verbesserung nichtmedizinischer Eigenschaften des Embryos geht. Das bedeutet, dass die PID sowohl für übertragbare schwere genetische Krankheiten als auch für Aneuploidie-Screenings zugelassen ist. Artikel 29 bestimmt zudem, dass das Risiko der Übertragung auf die Nachkommen hoch sein muss, und der vom selben Gesetz eingeführte Nationale Rat der medizinisch unterstützten Fortpflanzung muss die zu diagnostizierende Krankheit als schwer eingestuft haben. Die PID ist zusätzlich im Zusammenhang mit einer HLA-Typisierung ausdrücklich erlaubt. Ausserdem gibt das Gesetz vor, dass IVF-Zentren, die eine PID anbieten, über multidisziplinäre Teams verfügen (Spezialisten der Reproduktionsmedizin, Embryologen, medizinische Genetiker, Zytogenetiker und Molekulargenetiker) oder sich mit solchen verbinden Vor der Gesetzesänderung war es üblich, die PID im Ausland durchzuführen, namentlich aus gesundheitsökonomischen Gründen: gemäss der staatlichen Gesundheitsbehörde sei es für die seltenen Fälle nicht nötig, «ein derart ressourcenintensives Angebot an hoch technologisierter Diagnostik aufzubauen» (zitiert im Sachstandsbericht Präimplantationsdiagnostik des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Drucksache 15/3500 des Deutschen Bundestages, S. 53). müssen. Die Zentren benötigen eine Bewilligung der zuständigen staatlichen Behörde. - Schweden: Das neue Gesetz vom 18. Mai 2006 über «genetisk integritet» beinhaltet auch eine Regelung der PID. Diese ist zulässig, wenn der Mann oder die Frau Träger einer schweren monogenen oder chromosomalen Erbkrankheit ist, welche mit sich bringt, dass für das Kind ein hohes Risiko für eine genetische Krankheit oder Schädigung besteht. Besondere Gründe und gestützt darauf eine Einzelfallbewilligung der Gesundheitsbehörde sind nötig für die Durchführung einer PID mit HLA-Typisierung mit dem Ziel der späteren Blutstammzellspende für ein schwer krankes Geschwister. - Spanien: Das neue Fortpflanzungsmedizingesetz vom 26. Mai 2006 erlaubt die PID erstens zur Erkennung von schweren genetischen Krankheiten, welche frühzeitig auftreten und nach geltendem Stand der Wissenschaft nachgeburtlich nicht therapierbar sind. Zweitens darf sie auch zur Erkennung anderer Beeinträchtigungen durchgeführt werden, welche die Lebensfähigkeit der Embryonen beeinflussen können. Das durchführende Zentrum untersteht der Bewilligungspflicht und muss die durchgeführten PID der zuständigen Gesundheitsbehörde melden. Die Beurteilung, ob die Indikation zur Durchführung der PID im Einzelfall gegeben ist, nehmen die Zentren selber vor. Die ebenfalls zulässige Durchführung einer PID mit HLA-Typisierung zu therapeutischen Zwecken für Dritte untersteht hingegen der Einzelfallbewilligung durch die Behörde, wobei auch die positive Stellungnahme der Nationalen Kommission für die unterstützte Fortpflanzung nötig ist. Von öffentlicher Seite her (Sistema Nacional de Salud) wird die PID nur in Sevilla angeboten. Bei den zahlreichen anderen Kliniken, die IVF-Verfahren mit PID anbieten, handelt es sich um private Einrichtungen. In Spanien wird die PID seit vielen Jahren angeboten und es werden viele Paare aus anderen Ländern behandelt, die nur für die Durchführung der PID nach Spanien reisen. - Vereinigtes Königreich: Das englische Gesetz («Human Fertilisation and Embryology Act, HFE-Act», 1990) erwähnt die PID nicht. Diese fällt aber als ein Verfahren, welches «gewährleistet, dass Embryonen in einem entsprechenden Zustand sind, dass sie in eine Frau übertragen werden können oder die Abklärung, ob Embryonen diesen Voraussetzungen entsprechen» unter Schedule 2, Paragraph 1 des Gesetzes und somit in den Aufgabenbereich der HFE-Authority, welche den Dreh- und Angelpunkt des britischen Systems darstellt. Sie erteilt unter anderem den Zentren, welche eine PID durchführen wollen, die Bewilligung, formuliert aber auch einschlägige Richtlinien, überwacht deren Einhaltung und berät die Regierung. Nach Gesetz ist innerhalb einer 14-Tage-Frist nach der Befruchtung die Forschung am Embryo erlaubt, wodurch indirekt auch der Umgang mit den Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin vergleichsweise liberal geregelt ist. Die HFE-Authority hat nur das «social sexing» verboten; ansonsten ist die Diagnose und Selektion von Embryonen vor dem Transfer in den Uterus grundsätzlich erlaubt und nicht auf bestimmte Indikationen eingeschränkt. Im Gegensatz zu Belgien erteilt die HFE-Authority den Zentren keine generelle Bewilligung zur Durchführung der PID, sondern eine Typenbewilligung für jede neue Indikation. Ausserdem legt das britische System im Entscheidprozess ein besonderes Gewicht auf die 43 subjektive Wahrnehmung des Risikos durch das betroffene Paar, so dass die Durchführung einer PID immer eine Einzelfallentscheidung darstellt. Die PID wird im Vereinigten Königreich in neun Zentren (darunter vier private) durchgeführt, wobei sich fünf in London befinden. - Vereinigte Staaten: Auf bundesstaatlicher Ebene existieren in den USA keine Regeln zur PID. Nur sehr wenige Gliedstaaten kennen diesbezüglich ein Verbot; in allen übrigen Staaten wird die PID sehr liberal gehandhabt. Eine publizierte Umfrage bei den amerikanischen IVF-Kliniken98 ergab, dass knapp drei Viertel der IVF-Kliniken auch die Durchführung einer PID anbieten. «Social sexing» ist in den USA erlaubt, und heute werden etwa 10% aller PID mit diesem Ziel durchgeführt. 1.7.2 Verhältnis zum europäischen Recht Europarat Die Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)99 gehen in der Regel nicht über die in der Bundesverfassung gewährleisteten Grundrechte hinaus. Dies trifft namentlich auf die im vorliegenden Zusammenhang relevanten Grundrechtsgehalte zu (vgl. Ziff. 1.4.1). Da die Bestimmungen des vorliegenden Gesetzesentwurfes mit den Grundrechten der Bundesverfassung übereinstimmen, genügen sie auch den Anforderungen der EMRK. Die Bioethikkonvention des Europarates100 ist das erste Instrument auf internationaler Ebene, das für die Anwendung der Medizin und die biomedizinische Forschung verbindliche Regelungen vorsieht. Die eidgenössischen Räte haben in der Frühlingssession 2008 ihre Ratifizierung gutgeheissen, die Referendumsfrist ist unbenützt abgelaufen und die Konvention wird in der Schweiz am 1. November 2008 in Kraft treten.101 Im Kapitel IV äussert sie sich zum menschlichen Genom: Artikel 14 verbietet die Anwendung von Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit dem Ziel, das Geschlecht des künftigen Kindes zu wählen, es sei denn, um eine schwere, geschlechtsgebundene erbliche Krankheit zu vermeiden. Das bislang geltende Verbot der PID ist demzufolge strenger als die Anforderungen des Übereinkommens.102 Im Weiteren gilt gemäss Artikel 12 der Konvention der Grundsatz, dass prädiktive genetische Untersuchungen nur für medizinische Zwecke oder für medizinische wissenschaftliche Forschung und nur unter der Voraussetzung einer angemessenen genetischen Beratung vorgenommen werden dürfen. Auch hier entspricht die vorgeschlagene Änderung des FMedG den Anforderungen der Konvention. Weitere Einschränkungen im Hinblick auf andere Indikationen oder mit Blick auf das Verfahren sind dem Übereinkommen nicht zu entnehmen. 98 S. Baruch et al., Genetic testing of embryos: practices and perspectives of U.S. IVF clinics, Fertility and Sterility, published Online September 2006. 99 Europäische Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101). 100 Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin vom 4. April 1997 (Bioethikkonvention). 101 BBl 2008 2341 102 Botschaft zur Bioethikkonvention, BBl 2002 271, Ziff. 3.5.4. 44 Am 7. Mai 2008 hat das Ministerkomitee ein Zusatzprotokoll zur Bioethikkonvention über genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken verabschiedet. Es schliesst genetische Untersuchungen an Embryonen von seinem Geltungsbereich aus. Der Ratgeber des Europarates über die Sicherheit und die Qualitätssicherung von Organen, Geweben und Zellen betrifft nur transplantationsrelevante Tätigkeiten und ist im Bereich der Fortpflanzungsmedizin nicht anwendbar. Europäische Union Der Umgang mit Keimzellen und Embryonen ist auf EU-Ebene zusammen mit dem Umgang mit Geweben und Zellen relativ detailliert geregelt. Die Richtlinie 2004/23/EG103 regelt die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von zur Verwendung beim Menschen bestimmten menschlichen Geweben und Zellen sowie von Produkten, die aus diesen Geweben und Zellen hergestellt werden. Sie legt Qualitäts- und Sicherheitsstandards fest, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten. Technische Ausführungsvorschriften finden sich in den Richtlinien 2006/17/EG104 und 2006/86/EG105. Obwohl die Normen hauptsächlich auf die Transplantationsmedizin ausgerichtet sind, umfasst ihr Geltungsbereich auch den Umgang mit Keimzellen; gemäss Definition in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 2006/17/EG sind dies «alle Gewebe und Zellen, die für die Verwendung zur assistierten Reproduktion bestimmt sind». Die Ausführungsvorschriften verlangen unter anderem ein Bewilligungssystem für Gewebeeinrichtungen (Gewebebanken und weitere Einrichtungen, die Gewebe und Zellen beschaffen, verarbeiten, testen, konservieren usw.) und Standardarbeitsanweisungen (SOP) mit Blick auf die Entnahme, Verpackung, Kennzeichnung und Beförderung der Zellen. Sie legen die vorzunehmenden Labortests fest (Ausnahme: Partnerspenden von Keimzellen, die nicht in eine Gewebebank aufgenommen, sondern direkt verwendet werden), stellen Anforderungen an die Qualifikation der beteiligten Personen und an die Einrichtungen und Räumlichkeiten. Ausserdem fordern sie ein Qualitätsmanagementsystem und ein Meldesystem für schwerwiegende Zwischenfälle und schwerwiegende unerwünschte Reaktionen. Die Rückverfolgbarkeit der Gewebe und Zellen ist zu gewährleisten, und die Einrichtungen sind zur jährlichen Berichterstattung verpflichtet. Die Umsetzung dieser Normen betrifft nicht 103 Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004, zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (Amtsblatt der Europäischen Union L 102 vom 7. April 2004, S. 48). 104 Richtlinie 2006/17/EG der Kommission vom 8. Februar 2006, zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich technischer Vorschriften für die Spende, Beschaffung und Testung von menschlichen Geweben und Zellen (Amtsblatt der Europäischen Union L 38 vom 9. Februar 2006, S. 38). 105 Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (Amtsblatt der Europäischen Union L 294 vom 25. Oktober 2006, S. 32). 45 spezifisch die PID, sondern das Fortpflanzungsverfahren als solches und übersteigt die für die Zulassung der PID notwendigen Revisionsarbeiten. Sie kann aber bei Bedarf im Zuge der PID-bedingten Anpassung der Fortpflanzungsmedizinverordnung vom 4. Dezember 2000106 (FMedV) durchgeführt werden, indem der Bundesrat die Bewilligungsvoraussetzungen gestützt auf Artikel 14 des Gesetzes entsprechend ergänzt. 1.8 Umsetzung Zuständigkeiten Um bei der heiklen Frage der Indikation für eine PID einen landesweit einheitlichen Vollzug zu gewährleisten, ist für die Umsetzung der neuen Regelung das BAG zuständig. Für die Bewilligung der Laboratorien, welche genetische Untersuchungen durchführen, ist das BAG schon heute gestützt auf das GUMG verantwortlich; es besteht kein Grund, hiervon für Laboratorien, welche im Rahmen der PID die genetische Untersuchung durchführen, abzuweichen. Für die Bewilligung der Veranlassung von PID-Verfahren wird neu ebenfalls das BAG zuständig sein, so dass der gesamte PID-relevante Teil des Vollzugs des FMedG beim BAG liegt. Die Zulassung der PID ändert hingegen nichts an den Zuständigkeiten für die bisher anfallenden hoheitlichen Aufgaben (kantonale Bewilligungsbehörden für die Anwendung von Fortpflanzungsverfahren, Einbezug des Bundesamtes für Statistik im Hinblick auf die Auswertung und Veröffentlichung der Daten und des Eidgenössischen Amts für Zivilstandswesen für die Datenübermittlung bei der Samenspende). Verordnungsrecht Für die Laboratorien, welche genetische Untersuchungen im Rahmen einer PID durchführen, wird der Bundesrat die im Vergleich zu anderen Laboratorien spezifischen Anforderungen gestützt auf Artikel 8 Absatz 2 GUMG in der GUMV regeln. Details zu diesen Anforderungen stehen noch nicht fest. Die restlichen Ausführungsbestimmungen wird der Bundesrat in die FMedV einfügen. Dabei handelt es sich gemäss Artikel 14 und 14a Absatz 5 FMedG um Ausführungsbestimmungen über Erteilung und Entzug der Bewilligung, Pflichten der Inhaberinnen und Inhaber von Bewilligungen sowie über Evaluation und Aufsicht. Inspektionen Es ist davon auszugehen, dass das Schweizerische Heilmittelinstitut (Swissmedic) mit der Inspektion der voraussichtlich fünf bis zehn Fortpflanzungskliniken betraut wird, welche PID-Verfahren veranlassen. Die Inspektion der Laboratorien, welche die genetischen Untersuchungen im Rahmen der PID durchführen, hat hingegen für die Bundesverwaltung bzw. Swissmedic keinen Mehraufwand zur Folge, weil diese Laboratorien unter den Anwendungsbereich des GUMG fallen und ihre Kontrolle bereits geregelt ist. Dabei 106 46 SR 810.112.2 ist zu beachten, dass nur wenige Laboratorien diese äusserst anspruchsvolle Dienstleistung anbieten werden, und dass diese Laboratorien mehrheitlich über eine Akkreditierung der Schweizerischen Akkreditierungsstelle (SAS) verfügen. Deren Nachkontrollen ersetzen im akkreditierten Bereich die periodischen Inspektionen von Swissmedic. Evaluation des Vollzugs Artikel 14a sieht die Evaluation der Wirkungen der PID-Regelung vor. Hierzu wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2.3 (Evaluation) und unter Ziffer 3.1.1 (Auswirkungen auf den Bund) verwiesen. 1.9 Erledigung parlamentarischer Vorstösse Durch die Revision des FMedG kann die Motion zur Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (N 16.6.05, Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur NR 04.423; S 13.12.05) abgeschrieben werden. 2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Zulässigkeit der Verfahren (Art. 5 und 5a) Art. 5 Anwendung von Fortpflanzungsverfahren Dieser Artikel benennt die Voraussetzungen, unter denen die Anwendung von Fortpflanzungsverfahren zulässig ist. Die Zulassung der PID anstelle des bisherigen Verbotes im bestehenden Artikel 5 Absatz 3 führt im Interesse der Übersichtlichkeit und Klarheit zu einer Auftrennung des bisherigen Artikels 5 in zwei Artikel 5 und 5a sowie zur Anpassung der Überschriften. Artikel 5 legt in Einklang mit Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c BV die beiden Zweckbestimmungen fest, zu deren Verfolgung ein Fortpflanzungsverfahren angewandt werden darf. Nach Buchstabe a ist dies die Überwindung der Unfruchtbarkeit eines Paares; nach Buchstabe b die Abwendung der Gefahr, dass eine schwere Krankheit übertragen wird. Eine inhaltlich relevante Änderung besteht einzig darin, dass die Neuregelung darauf verzichtet zu verlangen, dass die schwere genetische Krankheit «unheilbar» sein muss. Genetische Krankheiten sind ohnehin praktisch niemals im strengen Sinne ursächlich heilbar, so dass die Unheilbarkeit in diesem Zusammenhang irrelevant ist und nicht als Kriterium dienen kann, um legitime von unzulässigen Indikationen zu unterscheiden. Ein solches Kriterium wäre aber auch sachlich unrichtig. Denn zu den legitimen Indikationen sollen auch Krankheiten gehören können, die zwar grundsätzlich heilbar oder behandelbar sind, deren Therapie aber nicht zweckmässig ist, weil sie mit unzumutbaren Belastungen verbunden wäre.107 Mit der Streichung ändert sich im Übrigen nichts an der Verfassungskonformität der Bestimmung, weil auch Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c BV einzig von einer «schweren» Krankheit spricht, nicht von einer «unheilbaren». 107 Vgl. die Meinung der NEK-CNE im Hinblick auf Hämophilie; siehe NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 50 und 52. 47 Art. 5a Untersuchung des Erbguts von Keimzellen oder von Embryonen in vitro und deren Auswahl Absatz 1 bezeichnet wie bisher Artikel 5 Absatz 2 die Voraussetzung, unter der die Untersuchung des Erbgutes von Keimzellen und deren Auswahl zulässig ist. Dabei wurde der Wortlaut der Regelung gegenüber der bisherigen Formulierung aus systematischen Gründen geringfügig dem nachfolgenden Absatz 2 angeglichen. Diese Neuformulierung hat keine inhaltlichen Konsequenzen. Darüber hinaus wurden zwei inhaltliche Änderungen vorgenommen; zum einen die Streichung der Unheilbarkeit der Krankheit als Erfordernis analog zur selben Streichung in Artikel 5. Ausserdem wurde ergänzt, dass die Gefahr in der Übertragung der Veranlagung für eine schwere Krankheit bestehen muss. Die Beschreibung ist so sachgerechter. Denn mit den genetischen Untersuchungen, die hier und im folgenden Absatz 2 geregelt werden, können keine manifesten Krankheiten diagnostiziert werden; weder Keimzellen noch Embryonen in vitro sind krank. Das Untersuchungsergebnis kann nur in der Feststellung bestehen, ob eine bestimmte genetische Konstitution, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit später zu einer Krankheit führen wird, vorliegt oder nicht. Absatz 2 definiert sodann anstelle des bisherigen Verbotes die Zulässigkeitsvoraussetzungen der PID und stellt damit das Herzstück der Neuregelung dar. Buchstabe a beinhaltet die Grundregelung, dass die PID nur dann erlaubt ist, wenn die konkrete Gefahr nicht anders abgewendet werden kann, dass sich ein Embryo mit der Veranlagung für eine schwere Krankheit in der Gebärmutter der Frau einnistet. Durch die Einnistung eines Embryos und somit die spätere Geburt eines Kindes mit der Veranlagung für eine schwere Krankheit würde das betroffene Paar in eine unzumutbare Belastungssituation geraten. Dabei ist nicht allein an die seelische Belastung zu denken, die mit einer solchen Elternschaft verbunden sein kann, sondern insbesondere auch an die grossen Einschränkungen und Beanspruchungen, die die Eltern zumindest in den ersten Lebensjahren des Kindes überwiegend allein zu tragen haben. Der Wunsch der Eltern, eine solche Situation möglichst zu vermeiden, wird grundsätzlich als Legitimation für die PID und die Hinnahme ihrer Gefahren und Nachteile anerkannt. Das Gesetz folgt damit in gewissem Umfang der Vorgabe von Artikel 119 StGB108 , der den Schwangerschaftsabbruch straflos stellt, wenn die Mutter durch die Schwangerschaft in eine schwere Notlage zu geraten droht. Beide Regeln tragen dem vergleichbaren Status von Embryonen und Föten Rechnung, der darin besteht, grundsätzlich an der Menschenwürde teilzuhaben und damit beliebiger Verfügbarkeit enthoben zu sein (vgl. Ziff. 1.4.1, Menschenwürde), gleichwohl aber die Abwägung gegen konkurrierende vitale Interessen in bestimmten dilemmatischen Situationen zuzulassen. Gleichzeitig vermeidet diese Orientierung an der Regelung zum Schwangerschaftsabbruch und damit an den Interessen der Eltern jede Aussage über die Lebensqualität des späteren Kindes und damit über den Wert seines Lebens. Die Gefahr, vor der die Eltern zu schützen sind, wird von der Regelung damit bezeichnet, dass sich ein Embryo mit der Veranlagung für eine schwere Krankheit in die Gebärmutter der Frau einnistet. Damit ist genau und sachgerecht der Zweck des 108 48 SR 311.0 Fortpflanzungsverfahrens in diesem Fall benannt, nämlich nach der Befruchtung der Eizelle, das heisst der Entstehung des Embryos, aber vor Beginn der Schwangerschaft in den Fortpflanzungsprozess derart einzugreifen, dass die weitere Entwicklung eines genetisch belasteten Embryos verhindert wird. Dies im Unterschied zu den Verfahren mit Untersuchung des Erbguts von Keimzellen, bei welchen verhindert wird, dass überhaupt ein belasteter Embryo entsteht. Daneben ist durch diese Benennung der Gefahr als ‹Einnistung eines Embryos mit der Veranlagung für eine schwere Krankheit› zugleich zum Ausdruck gebracht und anerkannt, dass die Möglichkeit einer ‹Schwangerschaft auf Probe›, also der natürlichen Zeugung mit anschliessender pränataler Untersuchung und unter Umständen darauf folgendem Schwangerschaftsabbruch, keine zumutbare Alternative darstellt. Auch der Verzicht auf ein leibliches Kind ist im Übrigen, gleich wie bei der Anwendung von Fortpflanzungsverfahren zur Überwindung der Fruchtbarkeit, keine zumutbare Alternative. Weiter impliziert Buchstabe a, dass die unzumutbare Situation der Eltern durch eine «Krankheit», für die der sich einnistende Embryo die Veranlagung trägt, hervorgerufen sein muss. Diese Forderung verlangt in erster Linie, dass die Anwendung der PID zunächst in Zusammenhang mit einer zu verhindernden Krankheit zu stehen hat. Alle Anwendungsmöglichkeiten, die keinen Bezug zu einer genetischen Krankheit des zu zeugenden Kindes aufweisen können, sind demnach verboten, namentlich zur Auswahl eines passenden Gewebespenders, zur Geschlechtswahl ohne Krankheitsbezug oder zur positiven Selektion einer Anomalie (vgl. Ziff. 1.2.4.4-1.2.4.6). Darüber hinaus bestimmt Buchstabe a, dass die befürchtete Krankheit «schwer» sein muss. Geringfügige gesundheitliche Einschränkungen können nicht Ursache einer unzumutbaren Belastungssituation sein und somit auch nicht die Gefährdung und Selektion von Embryonen im Rahmen einer PID rechtfertigen. Freilich ist die allgemeine Einschätzung des Schweregrades einer Krankheit nicht einfach. Die Krankheit eines Kindes kann von verschiedenen Eltern sehr unterschiedlich erfahren und beurteilt werden. Damit dieses Kriterium im Rahmen der Regelung seiner Aufgabe gerecht werden kann, nämlich die Einschätzung der Belastung der Eltern anerkennungswürdig zu machen, sind indessen zur inhaltlichen Bestimmung des Begriffs der «schweren Krankheit» konkrete Parameter gefordert, die nach gängiger, lebenspraktischer Auffassung eine schwere Erkrankung des Kindes und so eine unzumutbare Belastung der Eltern in emotionaler, körperlicher, zeitlicher oder anderer Hinsicht ausmachen können. Dazu zählen etwa: - Verkürzung der Lebenserwartung auf unter 50 Jahre; - Schmerzen, wenn sie therapieresistent sind und keinen normalen Tagesablauf erlauben; - Einschränkungen der allgemeinen Bewegungsfreiheit etwa im Sinne einer dauerhaften Bindung an Sauerstoff- oder andere grosse Versorgungsgeräte, nicht aber das Angewiesensein auf Heilmittel schlechthin; - Einschränkungen der Motorik durch generalisierte, nicht aber isolierte Lähmungen; - Krankheiten, die lebenslange Unselbstständigkeit nach sich ziehen und deshalb Unterstützung bei allen oder allen wichtigen alltäglichen Verrichtungen (Essen, Anziehen, Körperpflege etc.) verlangen; 49 - Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten wie etwa ein IQ unter 60, nicht aber leichtere Intelligenzminderung. Diese Parameter werden oftmals mehrfach vorliegen, bezeichnen aber auch je für sich allein bereits eine gravierende Beeinträchtigung und können somit die Indikationsstellung für die PID rechtfertigen. In diesem Sinne verlangt die Regelung, dass die Eltern aufgrund der Erkrankung des Kindes nach herkömmlichen, den allgemeinen Lebensverhältnissen abgewonnenen Massstäben einer Belastung ausgesetzt wären, die das vertretbare Mass erheblich überschreiten würde. Die Bestimmung bezeichnet die konkrete Gefahr, dass durch die zu erwartende Belastung bei den Eltern ihrerseits erhebliche seelische, gesundheitliche oder andere Beeinträchtigungen als Folge ihrer Überforderung drohen würden. Ebenfalls zur Sicherstellung, dass keine willkürlichen und unethischen Beweggründe wirksam werden, verlangt Buchstabe b als weitere Voraussetzung, dass das Ausbrechen der schweren Krankheit vor dem 50. Lebensjahr wahrscheinlich sein muss. - Die Forderung der Manifestationswahrscheinlichkeit der Krankheit in Bezug auf die Vererbung des genetischen Defektes bedingt, dass der Embryo mit einer gewissen Mindestwahrscheinlichkeit über eine genetische Konstitution verfügt, aus der überhaupt eine genetische Erkrankung hervorgehen kann. Andernfalls wäre die Gefährdung oder Verwerfung von Embryonen unverhältnismässig. Notwendige Voraussetzung hierfür ist, dass beide Eltern (bei einem rezessiven Erbgang) beziehungsweise ein Elternteil (bei einem dominanten Erbgang) Anlageträger der nachzuweisenden genetischen Störung sind. Bei einer monogenen Erbkrankheit, dem paradigmatischen Fall, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass der Embryo die genetische Anomalie aufweist, nach den Mendelschen Regeln 0%, 25% oder ein Vielfaches davon. Folglich dürfte 25% als Mindestwert festzusetzen sein, weil weder 0% auf der einen noch 50% oder mehr auf der anderen Seite als verhältnismässig gelten können.109 Die Festsetzung von 50% als Mindestwert hätte insbesondere im Zusammenhang mit dem Nachweis von autosomal-rezessiven Krankheiten bedeutsame Konsequenzen, da unter diesen Voraussetzungen zahlreichen betroffenen Eltern, die in den Genuss der PID kommen sollen, untersagt wäre, eine PID vorzunehmen (vgl. 1.2.4.1 (1)). Im Anschluss ist der Wert von 25% auch auf andere Krankheiten, die nicht monogen vererbt werden, zu übertragen. Die PID muss damit zum Ziel haben, eine ganz bestimmte, absehbar vererbte Krankheit zu vermeiden; sie darf nicht angewandt werden zur Verhinderung spontan auftretender Leiden wie etwa möglicher spontaner Chromosomenstörungen, zum Beispiel der Trisomie 21, auch wenn im Falle eines fortgeschrittenen Alters der betroffenen Frau eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür besteht. Ebenfalls unzulässig ist damit das «Aneuploidie-Screening», das heisst die Untersuchung auf eventuelle chromosomale Fehlverteilungen, bei wiederkehrenden Aborten. 109 50 A. R. Thornhill et al., ESHRE PGD Consortium ‘Best practice guidelines for clinical preimplantation genetic diagnosis (PGD) and preimplantation genetic screening (PGS)’, Human Reproduction, 2005, 20, S. 35-48. - Die Forderung nach der Manifestationswahrscheinlichkeit in Buchstabe b impliziert in Bezug auf die konkrete, zu erwartende Gesundheitssituation des Kindes, dass die genetische Störung mit einer gewissen Mindestwahrscheinlichkeit tatsächlich zu einer Krankheit führen muss. Nicht jede genetische Störung manifestiert sich zu 100% im Phänotyp, das heisst manche Träger der genetischen Störung zeigen keine Krankheitssymptome (vgl. Ziff. 1.2.4.1). Nach Buchstabe b dürfen nur solche genetischen Störungen nachgewiesen werden, bei denen eine klinische Manifestierung wahrscheinlich ist. Als Richtwert erscheint hier wiederum 25% angemessen. Unzulässig ist dagegen der Nachweis solcher Störungen, bei denen nur eine schwache Korrelation zwischen der Störung und dem Auftreten der Krankheit besteht. Dies ist in der Regel bei multifaktoriell bedingten Erbkrankheiten, nicht hingegen bei autosomalrezessiven beziehungsweise bei autosomal-dominanten Erbkrankheiten der Fall. Verboten ist damit ebenfalls die Anwendung der PID zum Ausschluss eines blossen Trägerstatus (vgl. Ziff. 1.2.4.1 (3)); Ziel des Gesetzes ist nicht, genetische Informationen für bestimmte Krankheiten in der Bevölkerung auszumerzen. Es ist ethisch unvertretbar, im Rahmen der PID Embryonen zu verwerfen, die nur ein geringes oder gar kein Risiko aufweisen, jemals zu erkranken. - Schliesslich verlangt Buchstabe b, dass der Ausbruch der Krankheit noch «vor dem 50. Lebensjahr» wahrscheinlich ist; Krankheiten, die erst sehr spät im Leben ausbrechen, dürfen nicht diagnostiziert werden. Für eine Begrenzung der Zeitspanne, innerhalb derer die Manifestation der Krankheit wahrscheinlich sein muss, spricht namentlich folgender Grund: es wäre unverhältnismässig, einen Embryo zu gefährden oder allenfalls zu vernichten, wenn dessen Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisiko sich nicht wesentlich von dem einer nicht betroffenen Person unterscheidet. Buchstabe c fordert, dass für die zur Rechtfertigung der PID herangezogene schwere Krankheit keine wirksamen und zweckmässigen Therapiemöglichkeiten verfügbar sein dürfen. Die Begriffe werden an dieser Stelle gleich gebraucht wie im Krankenversicherungsrecht. Der Begriff der Wirksamkeit bezeichnet dabei, dass diese Therapie tatsächlich zu dem Ziel führen muss, eine signifikante Linderung zu erreichen; und zweckmässig ist die Therapie überdies dann, wenn sie dieses Ziel in einem vertretbaren Verhältnis zwischen Ergebnis und Aufwand oder Wirkungen und Nebenwirkungen erreicht. Die Abwägung, welche Therapie ein vertretbares Verhältnis von Belastung und Nutzen mit sich bringt, stellt sicherlich eine schwierige und individuell sehr unterschiedlich getroffene Entscheidung dar. Zur Objektivierung ist deshalb auf dieselben Indizien zurückzugreifen, die eingrenzen, ob eine gegebene Krankheitssituation als schwer einzustufen ist, wie zum Beispiel eine deutlich verkürzte Lebenserwartung, erhebliche Einschränkungen der Motorik oder Kognition, starke Schmerzen, dauerhafte und massive Abhängigkeit von Pflege und anderen Interventionen. Kann die Therapie an diesen Belastungen nur wenig ändern oder verursacht sie ihrerseits Begleiterscheinungen in ähnlichem Umfang, auch wenn die Grunderkrankung deutlich gemildert wird, kann von einer wirksamen und zweckmässigen Therapie sicher nicht die Rede sein. Damit bleibt die Abwägung aber an medizinische Kriterien gebunden; andere wie etwa ökonomische dürfen dabei keine Rolle spielen. 51 Buchstabe d: Die PID wird im Interesse der potenziellen Eltern durchgeführt (vgl. Ziff. 1.3.3); sie haben deshalb gegenüber der Ärztin oder dem Arzt geltend zu machen, dass die angestrebte Elternschaft unter den gegebenen Bedingungen, das heisst vor allem in Anbetracht ihrer genetischen Disposition, aber auch ihren allgemeinen Lebensumständen, zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Die Bestimmung zielt somit darauf ab, dass das Paar im Anschluss an die eingehende Beratung eine reflektierte und verantwortungsbewusste Entscheidung trifft und diese der Ärztin oder dem Arzt gegenüber schriftlich bestätigt. Insgesamt ermöglicht die vorliegende Regelung die PID somit nur unter streng definierten Bedingungen, die eine Grauzone unklarer Indikationsstellungen so weit wie möglich vermeiden. Sie folgt dem Weg, der mit der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs als einer gesellschaftlich akzeptierten Praxis vorgebahnt ist, und wendet dessen Prinzipien auf den Umgang mit Embryonen in vitro an, ohne die Differenzen zwischen den beiden Situationen zu verwischen. Gleichzeitig bemüht sie sich um den grösstmöglichen Schutz der Embryonen wie auch Einzelner und der Gesellschaft vor eugenischer Manipulation. 2.2 Art. 5b Einwilligung, Beratung und Datenschutz (Art. 5b-6b) Einwilligung des Paares Artikel 5b bestimmt, dass Fortpflanzungsverfahren nur mit Einwilligung des betroffenen Paares durchgeführt werden dürfen. Aus systematischen Gründen findet sich diese Regelung neu an dieser Stelle, vor den Bestimmungen zu Information und Beratung, anstelle des bisherigen, aufgehobenen Artikel 7. Infolgedessen ist in Absatz 1 das Wort «wiederum» im Zusammenhang mit der Bedenkfrist zu streichen, weil diese Frist im nun nachfolgenden Artikel 6 ausgeführt wird. Um den Zusammenhang zu Artikel 6 zu verdeutlichen wird in Klammer ein Komfortverweis eingefügt. Die neue Formulierung ergänzt, dass die Einwilligung nur «nach hinreichender Information und Beratung» gegeben werden kann, wobei hinreichend meint, dass alle Informationen zur Verfügung gestellt werden, die erforderlich sind, um das betroffene Paar eine gültige Entscheidung treffen zu lassen. Durch die Ergänzung wird die Beratungsregelung bei Fortpflanzungsverfahren derjenigen bei genetischen Untersuchungen (Art. 5 und 18 GUMG) angeglichen. Ausserdem übernimmt Absatz 1 damit auch die in anderen neuen Erlassen des Gesundheitsrechts (StFG, Vorentwurf Humanforschungsgesetz) etablierte Terminologie. Ergänzt wird die Bestimmung zudem durch Absatz 4. Dieser enthält die Verpflichtung, das Paar vor jedem Verfahrensschritt auf sein Selbstbestimmungsrecht hinzuweisen. Das Verfahren impliziert eine Reihe einzelner, getrennter Prozessschritte. Damit das Selbstbestimmungsrecht des Paares jederzeit gewahrt bleibt, muss zu jedem Schritt dessen Einwilligung ausdrücklich eingeholt werden. Auch diese Ergänzung stellt eine Angleichung an die Beratungsregelung bei genetischen Untersuchungen dar (Art. 15 Abs. 1 GUMG). 52 Art. 6 Information und Beratung Auch in diesem Artikel wird nun in einheitlicher Terminologie eine «hinreichende» Beratung verlangt. Es steht dem Arzt natürlich frei, über die aufgeführten Punkte hinaus weitere relevante Aspekte zu erwähnen. Art. 6a Information und Beratung bei Untersuchungen des Erbguts In Ergänzung zu Artikel 6 beschreibt dieser Artikel die besonderen genetischen Beratungs- und Informationspflichten, welche im Rahmen der Anwendung der PID und weiterer Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit genetischen Untersuchungen zu beachten sind. Grundsätzlich verlangt die Regelung in Absatz 1 von der behandelnden Ärztin beziehungsweise dem Arzt, dass alle notwendigen Informationen bereit gestellt werden, damit das Paar eine gültige und verantwortliche Entscheidung treffen kann. Jeder Versuch, Einfluss in Richtung auf eine bestimmte Entscheidung auszuüben, ist dabei verboten. Im Einzelnen nennt die Regelung die folgenden Punkte: Buchstabe a: Zentraler Beratungsinhalt muss zunächst die Art der Erkrankung selbst sein, die diagnostiziert werden soll. Dazu gehören Informationen über deren Häufigkeit und damit auch über den Stand der sie betreffenden medizinischen Erkenntnisse, die bei seltenen Krankheiten in der Regel eher gering sind; insbesondere aber über das tatsächlich zu erwartende, konkrete Krankheitsbild. In vielen Fällen kann nur mit grosser Unsicherheit von einem bestimmten genetischen Defekt auf seine Ausprägung im Phänotyp geschlossen werden (vgl. Ziff. 1.2.4.1), so dass alle Aussagen aufgrund des genetischen Untersuchungsergebnisses über die zukünftige Lebenswirklichkeit einer Person mit der betreffenden Veranlagung immer nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, niemals aber mit Sicherheit gemacht werden können. Buchstabe b: Ferner ist das Paar über die Möglichkeiten der Medizin zu informieren, der befürchteten Krankheit vorzubeugen oder sie zu behandeln. Auch wenn zu den Zulassungsvoraussetzungen einer PID gehört, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine wirksame und zweckmässige Therapiemöglichkeit gegeben sein darf (vgl. Art. 5a Abs. 2 Bst. c), können gleichwohl in einem gewissen Umfang lindernde und unterstützende Massnahmen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus kann die Ärztin oder der Arzt auf Forschungsergebnisse und zu erwartende oder zukünftig eventuell sich eröffnende Behandlungsmöglichkeiten hinweisen, insbesondere im Falle von Krankheiten, die erst in einem späteren Lebensalter ausbrechen. Buchstabe c: Ausgehend von der zu erwartenden Krankheitssituation des Kindes (vgl. Bst. a) hat die Ärztin oder der Arzt eine anschauliche Vorstellung von den Auswirkungen und deren Ausmass zu vermitteln, die mit der Krankheit einher gehen. Dazu zählen Einschränkungen der persönlichen Mobilität und Bewegungsfreiheit durch zusätzlichen Aufwand, etwa für Ernährungs-, Kleidungsoder Pflegeerfordernisse, sowie Möglichkeiten, diese Auswirkungen zu lindern und Unterstützung zu erhalten, aber auch sie als Herausforderung und Bereicherung zu erfahren. Buchstabe d verlangt, die Aussagekraft und das Fehlerrisiko der Untersuchung zu präzisieren. Jede Diagnose, in erhöhtem Umfang aber die PID (vgl. Ziff. 1.2.5), ist mit einem Risiko behaftet, falsche Ergebnisse zu liefern. Das Paar muss deshalb 53 darauf aufmerksam gemacht werden, dass ihre – so oder so getroffene – Entscheidung über ihr zukünftiges Kind auf einem Fehler beruhen kann. Buchstabe e: Weiterhin ist von Bedeutung, dass das Diagnoseverfahren selbst nicht frei ist von schädlichen Wirkungen auf den Embryo bzw. das sich daraus entwickelnde Kind. Zum einen verringern sich unter Umständen die Erfolgschancen des Fortpflanzungsverfahrens, andererseits besteht noch keine abschliessende Gewissheit darüber, dass keine langfristigen Auswirkungen auf die Kindesentwicklung zu befürchten sind (vgl. Ziff. 1.2.3 (3) und Ziff. 2.3, Förderung der Forschung). Buchstabe f: Schliesslich soll die Ärztin oder der Arzt auf weitere private oder öffentliche Stellen hinweisen, die dem betroffenen Paar Informationen, die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und Unterstützung bieten können. Absatz 2 betont, dass sich die Beratung ausschliesslich an der Situation des Paares orientieren muss. Gesellschaftliche Interessen, seien sie wirtschaftlicher, politischer oder anderer Natur, sind nicht Gegenstand des Beratungsgespräches und sollen bei der Entscheidungsfindung keine Rolle spielen. Abschliessend verlangt Absatz 3, das Gespräch mit seinen wesentlichen Inhalten und Ergebnissen zu dokumentieren. Art. 6b Schutz und Mitteilung genetischer Daten Für den Datenschutz und die Mitteilung genetischer Daten sollen bei der PID die gleichen Bestimmungen gelten wie bei anderen genetischen Untersuchungen, weshalb Artikel 6b diesbezüglich auf die relevanten Bestimmungen des GUMG verweist. 2.3 Vollzug (Art. 8, 9, 10a-14b) Vor dem Hintergrund der mit der PID verbundenen Risiken und Gefahren, insbesondere aus ethischer Sicht (vgl. Ziff. 1.3.4), sieht die beantragte Regelung ein gesondertes Bewilligungs- und Meldeverfahren vor. IVF-Zentren, welche die PID anbieten wollen, bedürfen dazu einer Bewilligung des BAG; zusätzlich ist jedes einzelne PID-Verfahren vorgängig dem BAG zu melden. Mit diesen Aufsichtsinstrumenten soll sichergestellt werden, dass das PID-Verfahren im Sinne dieses Gesetzes durchgeführt wird. Zum einen haben die beteiligten Personen die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten vorzuweisen. Zum anderen wird der ethisch entscheidende und zentrale Punkt der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer engmaschigen, staatlichen Kontrolle zugänglich gemacht, ohne in unverhältnismässiger Weise in das Verfahren einzugreifen. Schliesslich werden klare Verantwortlichkeiten für das gesamte Verfahren geschaffen, insbesondere für den Fall, dass die einzelnen Schritte von mehreren, von einander unabhängigen Institutionen durchgeführt werden. Das vorgesehene Bewilligungs- und Meldewesen stellt damit sicher, dass gemäss der vorgeschlagenen Regelung der PID keine menschlichen Embryonen ungerechtfertigt einem belastenden Verfahren unterzogen und ausgesondert werden. Es gewährleistet des Weiteren, dass eine allfällige Ausweitung des 54 Indikationenspektrums frühzeitig erkannt werden kann und so missbräuchliche Anwendungen im Sinne eugenischer Zielsetzungen unterbunden werden können. Art. 8 Grundsätze Absatz 2 bestimmt, dass Personen, welche im Rahmen von Fortpflanzungsverfahren eine PID gemäss Artikel 5a Absatz 2 veranlassen wollen, einer Bewilligung des BAG bedürfen. Gemäss Artikel 10a wird diese Bewilligung nur an Personen erteilt, die das notwendige Fachwissen in den Bereichen der Fortpflanzungsmedizin und der Genetik vorweisen können. Die Bewilligungspflicht gilt unabhängig davon, ob das Verfahren an einer privaten oder öffentlichen Institution durchgeführt wird. Zuständig für die Erteilung von Bewilligungen ist das BAG. Es kann als Bundesbehörde eine einheitliche Bewilligungspraxis und einen einheitlichen Vollzug für die ganze Schweiz gewährleisten, insbesondere betreffend der ethisch heiklen Frage der Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen. Zudem ist das BAG bereits in verwandten Bereichen des Gesundheitsrechts für die Erteilung von Bewilligungen zuständig (genetische Untersuchungen, Stammzellenforschung, Transplantationen) und verfügt über das nötige Fachwissen für den Vollzug oder die nötigen Kontakte zu allenfalls beizuziehenden Expertinnen und Experten. Absatz 3 verweist für Laboratorien, die im Rahmen von Fortpflanzungsverfahren nach Artikel 5a Absätze 1 und 2 Untersuchungen des Erbguts durchführen, zur Ausübung ihrer Tätigkeit auf die Bewilligungspflicht nach Artikel 8 GUMG. Der Verweis ist nötig, weil das GUMG sonst auf genetische Untersuchungen vor der Schwangerschaft nicht anwendbar wäre. Absatz 4 entspricht dem bisherigen Absatz 2. Art. 9 Anwendung von Fortpflanzungsverfahren Die genetische Beratung wird neu in Artikel 6a ausführlich geregelt. Absatz 3 wird deshalb gestrichen. Art. 10a Veranlassen der Untersuchung des Erbguts von Embryonen in vitro Dieser Artikel legt die Voraussetzungen für die Bewilligung zum Veranlassen einer Untersuchung von Eigenschaften des Erbguts von Embryonen in vitro gemäss Artikel 8 Absatz 2 fest. Nach Buchstabe a muss die Person, welche eine PID anbieten will, zunächst über eine Bewilligung zur Durchführung eines Fortpflanzungsverfahrens nach Artikel 9 verfügen. Nur wer über diese Bewilligung verfügt, kann Gewähr dafür bieten, dass das betroffene Paar bezüglich fortpflanzungsrelevanter Fragen lege artis informiert und behandelt wird. Daneben sind in Abstimmung mit dem GUMG an die Person, die eine PID veranlasst, vergleichbare Anforderungen zu stellen wie an die Person, die eine pränatale genetische Untersuchung veranlasst. Deshalb muss sie nach Buchstabe b zusätzlich den Anforderungen nach Artikel 13 Absatz 2 GUMG genügen. Nach Buchstabe c ist die Person weiter verpflichtet sicherzustellen, dass das Verfahren und die Zusammenarbeit mit den beteiligten Laboratorien dem Stand von Wissenschaft und Praxis entsprechen. Mit den beteiligten Laboratorien ist einerseits 55 das Laboratorium gemeint, das die Zellentnahme vornimmt, und anderseits das Laboratorium, das die genetische Untersuchung der Zelle durchführt. Bei diesen Laboratorien kann es sich durchaus um von der Fortpflanzungsklinik unabhängige Institutionen handeln. Dabei ist von Bedeutung, dass alle Verfahrensschritte, welche über das eigentliche Fortpflanzungsverfahren hinausgehen, von der Inhaberin oder dem Inhaber der Bewilligung koordiniert werden. Zu diesem Zweck sind die einzelnen Abläufe, insbesondere bezüglich der Schnittstellen zwischen den beteiligten Institutionen, schriftlich festzuhalten.110 Art. 11 Berichterstattung Diese Bestimmung legt die Berichterstattung als Pflicht für Inhaberinnen und Inhaber von Bewilligungen nach Artikel 8 Absätze 1 sowie die Anforderungen an den Inhalt der zu erstattenden Berichte fest. Die Einschübe «nach Artikel 8 Absatz 1» und «kantonalen» in Absatz 1 sind nötig zur Abgrenzung von den neu eingeführten zusätzlichen Meldepflichten für Personen, die eine Bewilligung nach Artikel 8 Absatz 2 haben (vgl. Art. 11a). Art. 11a Meldepflicht Nach Absatz 1 müssen Ärztinnen und Ärzte dem BAG – jeweils unmittelbar nach der Einwilligung des betroffenen Paares in die Durchführung des Fortpflanzungsverfahrens mit PID – Angaben zur Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen (Bst. a) sowie die am Verfahren beteiligten Laboratorien (Bst. b) melden. Anhand der Meldung nach Buchstabe a kann das BAG die Einhaltung der Voraussetzungen nach Artikel 5a Absatz 2 überprüfen und gegebenenfalls eingreifen. Zudem wird dadurch dem BAG die Anzahl der durchgeführten PIDVerfahren offengelegt. Falls die Zellentnahme oder die genetische Untersuchung nicht am gleichen Ort oder nicht unter der Aufsicht derselben Personen wie beim übrigen Teil des Verfahrens durchgeführt wird, erhält das BAG anhand der Angaben nach Buchstabe b Kenntnis über die im Einzelfall beigezogenen Laboratorien und dadurch die Möglichkeit, deren Qualifikation zu überprüfen. Wie die Berichte an die Kantone dürfen auch die Berichte an das BAG keine Angaben enthalten, die auf bestimmte Personen schliessen lassen (Abs. 2). Die Absätze 2 und 4 entsprechen den Vorgaben bei der Pflicht zur Berichterstattung nach Artikel 11 und sollen für meldepflichtige Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber in gleicher Weise gelten. Nach Absatz 3 darf eine PID nur durchgeführt werden, wenn das Bundesamt innerhalb von 60 Tagen nicht anders verfügt. Vorbereitungen für das PID-Verfahren sind davon ausgenommen. Damit verbleibt dem BAG die erforderliche Zeit, um die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen zu überprüfen. Gleichzeitig kommen dadurch die Ärztinnen oder Ärzte, welche eine PID veranlassen, zur gewünschten Rechtssicherheit. 110 56 Vgl. ESHRE PGD Consortium ‹Best practice guidelines for preimplantation genetic diagnosis (PGD) and preimplantation genetic screening (PGS)›, A.R. Thornhill et.al., Human Reproduction Vol. 20, No. 1, S. 35 ff, insb. S. 46 betr. ‹Satellite PGD/PGS›. Artikel 12 Aufsicht Dieser Artikel regelt die Aufsicht der Bewilligungsbehörde über die Einhaltung der Bewilligungsvoraussetzungen und -pflichten sowie allfälliger Auflagen. Die Bewilligungsbehörde kann hierfür unangemeldete Inspektionen vornehmen und im Falle schwerer Gesetzesverstösse die Bewilligung entziehen. Weil auch für die PID eine Aufsicht nötig ist, gilt dieser Artikel nicht nur für die kantonale Bewilligungsbehörde, sondern auch für das BAG. In Absatz 1 wird ergänzt, dass die Bewilligungsbehörde im Rahmen ihrer Aufsicht nun auch die Einhaltung von «Pflichten» überwachen muss. Dies bezieht sich in erster Linie auf die neu hinzugekommene Meldepflicht für PID-Verfahren nach Artikel 11a Absatz 1, schliesst aber weitere Pflichten nicht aus. In Absatz 2 wird zunächst das Wort "unangemeldete" gestrichen, weil im Rahmen der Aufsicht auch angemeldete Inspektionen zu einem effektiven Ergebnis führen können, da beispielsweise die richtigen Auskunftspersonen sicher anwesend sind. Beide Arten von Inspektionen sollen möglich sein. Ausserdem wird dieser Absatz erweitert, um der Bewilligungsbehörde in Analogie zur Regelung der genetischen Laboratorien (Art. 12 GUMV) die notwendigen Kompetenzen zur Erfüllung ihrer Aufgabe einzuräumen. Wichtig ist dabei das Recht der inspizierenden Behörde zum Betreten der Grundstücke, Betriebe und Räume ohne besondere Erlaubnis, auch ohne Hausdurchsuchungsbefehl, aber in der Regel im Beisein einer verantwortlichen Person der Fortpflanzungsinstitution. Dieses Recht kann namentlich dann von Bedeutung sein, wenn aus der Meldung eines PID-Verfahrens zumindest der begründete Verdacht erwächst, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für das Verfahren nicht erfüllt werden, und die Behörde möglichst schnell weitere Abklärungen vornehmen oder eingreifen will. Daneben hat die Inhaberin oder der Inhaber der Bewilligung die notwendigen Auskünfte zu erteilen und allgemein die inspizierende Behörde bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen. Dazu kann im Einzelfall auch die Herausgabe der anonymisierten Krankengeschichte gehören. Einzelne Aspekte dieser Kompetenzen der Bewilligungsbehörde waren bislang auf Verordnungsstufe geregelt (Art. 10, insb. Abs. 2 und 3 FMedV). Eine Verankerung auf Gesetzesstufe ist mit Blick auf die Einschränkung von Grundrechten aber angezeigt. In Anlehnung an die Regelung im Transplantationsgesetz111 sowie bei der Kontrolle der mikrobiologischen und serologischen Laboratorien112 kann das BAG die Überprüfung der Erfüllung der Voraussetzungen, Pflichten und Auflagen an Dritte wie beispielsweise Swissmedic übertragen (Absatz 2bis). Auch für die Durchführung der Inspektionen bei den genetischen Untersuchungen113 besteht die Möglichkeit, externe Expertinnen und Experten beizuziehen. Art. 14 Ausführungsbestimmungen Für Bewilligungsinhaberinnen und -inhaber kommt zur Berichterstattung nach Artikel 11 Absatz 1 neu die Meldepflicht nach Artikel 11a Absatz 1 hinzu. Artikel 111 Bundesgesetz vom 8. Oktober 2004 über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen, SR 810.2. 112 Verordnung vom 26. Juni 1996 über mikrobiologische und serologische Laboratorien, SR 810.123.1, Art. 9. 113 Verordnung vom 14. Februar 2007 über genetische Untersuchungen beim Menschen, SR 810.122.1, Art. 12. 57 14 erteilt dem Bundesrat entsprechend die Aufgabe, für sämtliche Pflichten die notwendigen Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Auf Artikel 14 folgt ein neuer Abschnittstitel, weil die nachfolgend eingefügten beiden Bestimmungen nichts mehr mit der Bewilligungspflicht zu tun haben. Art. 14a Evaluation Absatz 1 regelt die Evaluation der PID-Regelung. Grundlage dafür ist Artikel 170 BV, welcher verlangt, dass die Massnahmen des Bundes auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Mit der Wirksamkeitsprüfung oder Evaluation soll wissenschaftlich ermittelt werden, ob und wie weit die ergriffenen Massnahmen tatsächlich die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen und die angestrebten, definierten Ziele erreichen. Es sollen Stärken und Schwächen der Regelung benannt, ihre Wirkungen beurteilt und Empfehlungen für eine Optimierung abgegeben werden. Dabei können diese Evaluationsleistungen von der mit dem Vollzug betrauten Abteilung des BAG, durch einen amtsinternen Fachdienst oder von Dritten erbracht werden. Absatz 2 nennt die zentralen Aspekte, die zwingend in die Evaluation mit einzubeziehen sind; weitere sind damit nicht ausgeschlossen. Buchstabe a: Eines der wichtigsten Ziele der Regelung besteht darin, die Selektion von Embryonen in vitro nach rechtswidrigen Kriterien zu verhindern. Neben klaren Verstössen wird dabei insbesondere eine allmähliche und unmerkliche Ausweitung der Indikationsregelung (Art. 5a Abs. 2) befürchtet. Die Evaluation soll deshalb zu Tage bringen, ob die gewählte Regelung eine derartige Ausweitung tatsächlich verhindert. Zusätzlich zur Meldepflicht der einzelnen PID-Verfahren einschliesslich der jeweiligen Angaben zur Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen sollen auf diese Weise diejenigen Fälle, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen, sowie insbesondere unerwünschte Tendenzen in der Indikationsstellung erkannt werden, damit die notwendigen Korrekturmassnahmen eingeleitet werden können. Gleichzeitig sollen durch die festgelegten Zulässigkeitsvoraussetzungen tatsächlich all jene Paare in den Genuss der PID kommen, die andernfalls in eine unzumutbare Situation geraten würden. Es wird deshalb zu prüfen sein, ob die sich gestützt auf Artikel 5a Absatz 2 entwickelnde Praxis der PID-Zentren mit den vom Gesetzgeber erlassenen Zulässigkeitsvoraussetzungen in Einklang steht. Buchstabe b verlangt ein generelles Monitoring der tatsächlichen PID-Praxis in den Zentren und Laboratorien. Dazu gehören unter anderem die Erhebung der Anzahl behandelter Paare und durchgeführter Verfahren, deren Resultate, allfällige Probleme und Schwierigkeiten. Die Regelung stellt somit sicher, dass für alle weiteren Evaluationsschritte die nötigen Basisinformationen zur Verfügung stehen. Buchstabe c verlangt die Auswirkungen der Regelung auf die Gesellschaft zu evaluieren. Diese Auswirkungen betreffen insbesondere die Situation kranker oder behinderter Menschen, für die eine diskriminierende Wirkung infolge der tatsächlichen oder unterstellten Vermeidbarkeit ihres Leidens durch die PID befürchtet wird. Weiter besteht in diesem Zusammenhang etwa die Sorge, dass durch die Verfügbarkeit der PID betroffene Paare sich einem Druck ausgesetzt sehen könnten, der ihre Entscheidungsfreiheit für ein behindertes Kind einschränkt. Aus diesem Grund empfiehlt die NEK-CNE, die gesellschaftlichen und psychologischen 58 Auswirkungen der Zulassung der PID wissenschaftlich zu untersuchen.114 Diese Befürchtungen sind ernst zu nehmen, und das Gesetz ist deshalb auch auf solche indirekten Auswirkungen hin zu evaluieren. Buchstabe d sieht die Evaluation der Abläufe in der Verwaltung betreffend Vollzug und Aufsicht vor. Ziel ist, die Effizienz und Wirksamkeit der gewählten Vollzugsregelung zu überprüfen und gegebenenfalls Optimierungsvorschläge zu erarbeiten. Absatz 3 gibt der evaluierenden Behörde das Recht, die Herausgabe der für die Evaluation notwendigen, anonymisierten Daten von den Bewilligungsinhaberinnen und -inhabern zu verlangen. Absatz 3 ist nötig, weil Artikel 170 BV allein hierzu keine ausreichende Rechtsgrundlage liefert. Für die Evaluation sind keine Rückschlüsse auf bestimmte Personen erforderlich. Es reicht deshalb die anonymisierte Offenlegung der entsprechenden Daten. Absatz 4: Zur Sicherstellung der Koordination auf der Ebene des Bundesrates ist es nötig, dass das federführende Departement dem Bundesrat über die durchgeführte Evaluation Bericht erstattet. Der Bundesrat kann auf diese Weise gegenüber der Legislative seinen Pflichten hinsichtlich Wirksamkeitsprüfung nachkommen, und allfällige Evaluationstätigkeiten der Legislativorgane erhalten eine materielle Grundlage. Die Frist für einen ersten Bericht auf fünf Jahre zu beschränken, erscheint angesichts der raschen Entwicklungen im Bereich der Biomedizin gerechtfertigt. Auch für die Evaluation braucht es möglicherweise Ausführungsbestimmungen auf Verordnungsstufe. Abs. 5 verleiht dem Bundesrat die entsprechende Kompetenz. Art. 14b Förderung der Forschung Die PID wird erst seit Anfang der 1990er Jahre angewandt; langfristige Daten über etwaige Nebenwirkungen des Verfahrens können deshalb noch gar nicht vorhanden sein. Gleichwohl liegt auf der Hand, dass eine Technologie, die in so gravierender Weise in die Entstehung des menschlichen Lebens eingreift, der medizinischen Überwachung und Kontrolle bedarf. In diesem Sinn fordert die NEK-CNE, die Langzeitfolgen bei Kindern, die nach einer PID geboren wurden, wissenschaftlich zu evaluieren.115 Ebenso hat ein kürzlich veröffentlichter wissenschaftlicher Bericht zuhanden der EU-Kommission zur Praxis der PID in den Ländern der EU die mangelnde Nachsorge, namentlich im Sinne eines ‹long-term follow-up›, und deren Auswertung auf internationaler Ebene als schwerwiegendes Problem identifiziert.116 Gemäss Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe e der OV-EDI gehört es zu den Aufgaben des BAG, die Wirkung rechtsetzender Massnahmen auf die Gesundheit zu überprüfen, und Buchstabe b des gleichen Absatzes überträgt ihm das Recht zur Steuerung der Forschung auf dem Gebiet der Gesundheit. Absatz 1 ermöglicht es deshalb dem BAG, Forschungsprojekte zu den Auswirkungen der PID in Auftrag zu geben oder zu unterstützen. Namentlich sollen dabei die Auswirkungen der PID auf die im Anschluss daran geborenen Kinder untersucht werden, damit in der Forschung diskutierte Folgeschäden frühzeitig erkannt werden können (vgl. Fn. 21). PID114 115 116 NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 52. NEK-CNE, Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 52. Bericht «Preimplantation Genetic Diagnosis in Europe» der European Commission, 2007 (www.jrc.ec.europa.eu, Mai 2008), S. 78. 59 Anbieter haben die Ergebnisse der Evaluation bei der Beratung der betroffenen Paare zu berücksichtigen. In Analogie zur Evaluation nach Artikel 14a Absatz 3 soll gemäss Absatz 2 den Forschenden der Zugriff zu relevanten Daten, die sich bei den Bewilligungsinhaberinnen und -inhabern befinden, erlaubt sein. Wie bei der Evaluation genügen auch bei der Forschung anonymisierte Daten. 2.4 Art. 33 Strafbestimmungen (Art. 33, 34, 37, 38) Untersuchung des Erbguts und Auswahl von Keimzellen oder Embryonen in vitro Dieser Artikel wird neu als Verweisnorm formuliert und bezieht sich auf den neuen Artikel 5a. Im Fokus sind hierbei wie bis anhin jene Tätigkeiten im Rahmen von IVF-Verfahren, welche als verpönte Formen der Eugenik klare Missbräuche der Reproduktionsmedizin darstellen. Keine Änderung erfährt die Sanktionierung der unerlaubten Untersuchung des Erbguts von Keimzellen und deren Auswahl. Sie ist gemäss Artikel 5a Absatz 1 nur zulässig, wenn eine Gefahr für die Übertragung der Veranlagung für eine schwere Krankheit besteht. Eingriffe ohne Verbindung zu einer schweren Krankheit, auf blossen Verdacht hin oder zur Allgemeinprävention («Screening») sind verboten und nach Artikel 33 weiterhin strafbewehrt. Neu sanktioniert Artikel 33 zugleich auch die Durchführung einer PID, wenn diese stattfindet, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 5a Absatz 2 erfüllt sind. Demnach darf eine PID nicht durchgeführt werden, wenn: - die Gefahr der Einnistung eines Embryos mit der Veranlagung für eine schwere Krankheit anders abgewendet werden kann; - es sich dabei nicht um eine schwere Krankheit im Sinne des Gesetzes handelt (vgl. Ziff. 2.1, Art. 5 Abs. 2 Bst. a); - das betroffene Paar nicht die Unzumutbarkeit dieser Gefahr geltend macht; - es nicht wahrscheinlich ist, dass die zu diagnostizierenden Krankheit vor dem 50. Lebensjahr ausbricht (vgl. Ziff. 2.1, Art. 5 Abs. 2 Bst. b): Dies ist einerseits dann der Fall, wenn beim Paar keine bekannte und identifizierte Veranlagung dafür besteht, eine schwere Krankheit an ihre Nachkommen zu vererben. Andererseits gilt dies auch bei Krankheiten, die sich entweder mit weniger als 25% Wahrscheinlichkeit im Phänotyp äussern oder die erst nach dem 50. Lebensjahr ausbrechen. Verboten ist demnach die Durchführung einer PID zur Verhinderung einer multifaktoriell bedingten Erkrankung oder einer spontanen Chromosomenstörung; - wirksame und zweckmässige Therapiemöglichkeiten vorhanden sind. Die Durchführung einer PID ist strafbar, wenn einer dieser Punkte zutrifft. Ebenso unter Strafe gestellt wird demnach auch die Durchführung einer PID ohne Krankheitsbezug (etwa zur Geschlechtswahl), zur Steigerung der Erfolgsrate der künstlichen Befruchtung, zur Anwendung bei fruchtbaren Paaren im 60 fortgeschrittenen Alter, zur Auswahl immunkompatibler Embryonen oder zur positiven Selektion einer genetisch bedingten Anomalie (vgl. Ziff. 1.2.4.2-1.2.4.6). Verstösse gegen diese Vorschrift werden als Vergehen betrachtet und mit Gefängnis oder mit Busse bestraft. Das Bundesamt für Justiz wird Änderungen bezüglich des Strafmasses im Rahmen der Anpassung des Nebenstrafrechts an die Revision des Allgemeinen Teils des StGB vornehmen. Art. 34 Abs. 2 Handeln ohne Bewilligung Artikel 34 Absatz 2 regelt die möglichen strafrechtlichen Folgen für Tätigkeiten, welche ohne die gemäss Gesetz erforderliche Bewilligung durchgeführt werden. Wegen der Einführung der Bewilligungspflicht für das Veranlassen von Untersuchungen des Erbguts von Embryonen in vitro (vgl. Ziff. 2.3, Art. 8 Abs. 2) wird Absatz 2 dahingehend ergänzt, dass auch die Ausübung dieser Tätigkeit ohne Bewilligung oder auf Grund einer durch unwahre Angaben erschlichenen Bewilligung unter Strafe steht. Art. 37 Übertretungen Gemäss Artikel 37 Buchstabe dbis begeht neu eine Übertretung, wer die Meldepflicht nach Artikel 11a Absatz 1 verletzt. Strafbar ist demnach die Durchführung eines PID-Verfahrens sowohl ohne als auch bei einer zu spät eingegangenen Meldung an das BAG. Damit soll die Einhaltung der Voraussetzungen nach Artikel 5a Absatz 2 gewährleistet, die Transparenz des Verfahrens gesichert und die Ausweitung der Indikationsstellung verhindert werden. Die Strafbewehrung des Verbots der PID in Artikel 37 Buchstabe e wird gestrichen. Art. 38 Zuständige Strafbehörden Nach Artikel 1 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974117 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) ist dieses nur anwendbar, wenn die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen durch eine Bundesbehörde erfolgt. Durch Absatz 2 werden die Artikel 6, 7 und 15 des Verwaltungsstrafrechts auch für die kantonalen Strafverfolgungsbehörden für anwendbar erklärt. Abweichend vom sonst anwendbaren Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs kennt das Verwaltungsstrafrecht in den Artikeln 6 und 7 eine besondere Regelung für Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben und durch Beauftragte. Artikel 6 des Verwaltungsstrafrechts erleichtert den Durchgriff auf die Geschäftsleitung, indem bei Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben neben der natürlichen Person, welche die Tat verübt hat, unter Umständen auch der Geschäftsherr, der Arbeitgeber, der Auftraggeber oder der Vertretene bestraft werden kann. Diese werden nämlich häufig mitbeteiligt sein, ohne dass es sich dabei eindeutig um Mittäterschaft, Anstiftung oder Gehilfenschaft im strafrechtlichen Sinne handelt. Die Sonderordnung des Artikels 7 des Verwaltungsstrafrechts erlaubt deshalb für leichtere Fälle (namentlich bei einer Busse von höchstens 5000 Franken und bei im Vergleich zur Strafe unverhältnismässigen Untersuchungsmassnahmen) auf die 117 SR 313.0 61 Ermittlung der nach Artikel 6 des Verwaltungsstrafrechts strafbaren Person zu verzichten und an ihrer Stelle das Unternehmen zu bestrafen. Artikel 15 des Verwaltungsstrafrechts (Urkundenfälschung, Erschleichung einer falschen Beurkundung) ist ein Spezialtatbestand zur Urkundenfälschung nach Artikel 251 StGB, der speziell Bezug nimmt auf die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes. Die Strafdrohung ist milder als nach Artikel 251 StGB, aber der Tatbestand ist umfassender, weil er unter anderem auch die Täuschung der Verwaltung erfasst. 2.5 Zusätzliche Aufgabe der Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen (Art. 35 Abs. 2 Bst. k GUMG) Neben der Revision des FMedG beinhaltet die beantragte Regelung eine Ergänzung des GUMG. Dessen Artikel 35 Absatz 2 bestimmt die Aufgaben der Expertenkommission für genetische Untersuchungen am Menschen (GUMEK), der nun durch Buchstabe k erweitert wird. Zukünftig kann dadurch das BAG diese Kommission heranziehen, um eine beratende Stellungnahme bezüglich der im Einzelfall gemeldeten Angaben zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine PID (vgl. Art. 11a Abs. 1 Bst. a FMedG) einzuholen. Wenngleich die beantragte Regelung Zweifelsfälle zwischen legitimen und verbotenen Anwendungen der PID so weit wie möglich zu vermeiden versucht, muss mit Einzelfällen gerechnet werden, in denen mit Vorteil eine Zweitmeinung im Hinblick auf die medizinische Einschätzung der zu diagnostizierenden Krankheit einbezogen wird. Die GUMEK versammelt hierzu die nötigen Sachkompetenzen, und es stellt die einfachste und nächstliegende Lösung dar, sie mit dieser Beratungsaufgabe zu betrauen. 3 Auswirkungen 3.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen 3.1.1 Auf den Bund Mit der Einführung der PID erwachsen dem Bund neue Vollzugsaufgaben. Dabei handelt es sich um Daueraufgaben, welche in der Bundesverwaltung wahrgenommen und im BAG angesiedelt werden sollen. Bestimmte Teilaufgaben können auch an Dritte vergeben werden. Das Ausmass der finanziellen und personellen Auswirkungen auf den Bund ist abhängig von der Anzahl der durchgeführten PID-Zyklen sowie der Anzahl der Institutionen, die die PID anbieten, und kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nur geschätzt werden. Nachfolgend wird von 50-100 PID-Zyklen und 5-10 IVF-Zentren, welche eine PID anbieten, sowie ungefähr gleich vielen durchführenden Laboratorien ausgegangen. Für den Vollzug verteilen sich der Personalbedarf und die benötigten Sachmittel voraussichtlich wie folgt: 62 Kontrolle der PID-Verfahren: Das BAG wird gebührenpflichtige Bewilligungen für IVF-Zentren erteilen (Art. 8 Abs. 2) sowie Meldungen bezüglich der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Artikel 5a Absatz 2 erfassen und auf ihre Gesetzeskonformität hin überprüfen (Art. 11a Abs. 1 Bst. a). Bei Zuwiderhandlungen wird es entsprechende Massnahmen anordnen (Mahnung, Inspektion, Entzug der Bewilligung im Wiederholungsfall). Hierfür sind 100 Stellenprozente für die Sachbearbeitung sowie 30 Stellenprozente für den Mehraufwand des Sekretariats einzusetzen. Für die Vornahme von Inspektionen der IVF-Zentren und der PID-Laboratorien (Art. 12) ist eine Stelle zu 80 Prozent oder die Übertragung an Dritte im gleichen Umfang vorzusehen. Evaluation und Ressortforschung: Das BAG hat die Aufgabe, die Wirkungen der PID-Regelung zu evaluieren (Art. 14a). Dies geschieht in mehreren Schritten, wobei in der Regel externe Expertinnen und Experten mit der Durchführung der einzelnen Teilschritte beauftragt werden. In chronologischer Abfolge handelt es sich um folgende Teilschritte: - Das Monitoring beginnt vor dem Inkrafttreten der Vorlage. Gegenstand des Monitorings ist die Erhebung der Datengrundlage für die folgenden Schritte der Evaluation, insbesondere betreffend die PID-Praxis sowie die Auswirkungen der Regelung auf die Gesellschaft (Art. 14a Abs. 2 Bst. b und c). - Die formative Evaluation wird etwa ein Jahr nach Inkrafttreten durchgeführt und prüft Aspekte der Vollzugsoptimierung. Dieser Teil der Evaluation ist insbesondere für die Übereinstimmung der gemeldeten Indikationen mit den Voraussetzungen nach Artikel 5a Absatz 2 von Bedeutung (Art. 14a Abs. 2 Bst. a). - Die summative Evaluation beinhaltet eine abschliessende, systematische Bewertung der Wirkungen der neuen Regelung mit Erkenntnissen für allfällige Gesetzesanpassungen. Sie findet etwa vier Jahre nach Inkrafttreten statt. Daneben hat das BAG die Möglichkeit, Forschungsarbeiten zu den Auswirkungen von PID-Verfahren, insbesondere zur Entwicklung von daraus hervorgegangenen Kindern, in Auftrag zu geben oder zu unterstützen (Art. 14b). Für die Evaluation und die Forschungsaufträge ist jährlich mit Kosten in der Höhe von 500 000 Franken zu rechnen. Zusätzlich benötigt das BAG für die Betreuung und Koordination dieser Aufgaben 30 Stellenprozente. Die für die vorgängig aufgeführten Aufgaben notwendigen Mittel sind in den aktuellen Finanzplanzahlen nicht eingestellt. 63 Jährliche Kosten für den Vollzug ab Inkrafttreten des Gesetzes (in Franken): Kostenbereiche Personalaufwand BAG* Sachaufwand BAG Total (Fipos. A2100.0001) (Fipos. A2115.0001) 2011 2011 2012 34 000 200 000 500 000 314 000 200 000 500 000 Kontrolle der PIDVerfahren: 100%-Stelle Sachbearbeitung zur Erteilung von Bewilligungen und Meldewesen (inkl. 135 000 jurist. Unterstützung) Ab 2012 280 000 80%-Stelle für Inspektionen und Massnahmen 30%-Stelle für Administration Ressortforschungs- und Evaluationsaufträge 30%-Stelle für die Betreuung und Koordination Zwischentotal 135 000 Total Aufwand 2011 135 000 Total Aufwand ab 2012 200 000 314 000 335 000 500 000 814 000 *Personalaufwand einschliesslich Arbeitgeberbeiträge Durch die erhobenen Bewilligungsgebühren werden nicht mehr als 10 000 Franken generiert (Fipos. E1300.0001). Vorbereitung des Vollzugs: Um den Vollzug auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens sicherzustellen, müssen bereits ab 2011 Mittel bereitgestellt werden. So ist die 100%-Stelle für die Sachbearbeitung bereits ab 1.1.2011 zu besetzen, und für den Aufbau und die Vorbereitung des Monitorings sind 200 000 Franken im Sachkredit einzuplanen. Die Rekrutierungs- und Ausbildungskosten sowie die Finanzierung der notwendigen Arbeitsplätze und -mittel gehen zu Lasten bestehender Kreditmittel. Die zur Wahrnehmung dieser neuen Aufgabe dargestellten Mittel sind im BAG nicht vorhanden und können weder BAG- noch departementsintern kompensiert werden. Aus diesem Grund sind die erforderlichen Ressourcen mit der Botschaft zum Gesetzesentwurf und im entsprechenden Bundesratsantrag zu beantragen und für 2011 in die Finanzplanung sowie in die Gesamtbeurteilung der Ressourcen im Personalbereich aufzunehmen. Ohne zusätzliche Mittel (Plafondserhöhung) kann die Änderung des FMedG nicht vollzogen werden. 64 3.1.2 Auf die Kantone und die Gemeinden Die aktuelle Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen erfährt keine Änderung. Die Kantone sind – neben dem bisherigen Bewilligungswesen für die Fortpflanzungsverfahren – weiterhin einzig für die Verfolgung und Beurteilung strafbarer Handlungen zuständig. Daraus ergeben sich jedoch kaum nennenswerte finanzielle oder personelle Auswirkungen. Auf die Gemeinden wirkt sich dieses Gesetz nicht aus. 3.2 Auswirkungen auf die Informatik Die heute beim BAG verfügbare Informatikunterstützung Anforderungen für den Vollzug dieses Gesetzes. 3.3 genügt den Volkswirtschaftliche Auswirkungen Das bisherige Verbot der PID wird aufgehoben und durch ein Verfahren in einem sehr restriktiven gesetzlichen Rahmen ersetzt. Da die genetischen Krankheiten, die eine Indikation für die Anwendung einer PID darstellen, selten sind, werden nur wenige Paare unter den geforderten Voraussetzungen eine PID in Anspruch nehmen. Die Regelung wird sich deshalb nur minimal auf die schweizerische Volkswirtschaft auswirken. Pro Jahr wird mit etwa 50-100 PID-Verfahren zu rechnen sein, die jeweils Kosten von etwa 10 000-20 000 Franken verursachen, so dass in der Summe ein Gesamtbetrag zwischen 500 000 und 2 Mio. Franken pro Jahr zu erwarten ist, der durch die PID umgesetzt wird. Für den sehr spezialisierten Bereich der privaten Fortpflanzungsmedizin handelt es sich damit gleichwohl um ein relevantes Geschäftsfeld. Zu nennen ist des Weiteren, dass ein Teil dieser Umsätze bislang wegen des geltenden Verbots im Ausland erwirtschaftet wurde und nun in der Schweiz selbst erbracht werden kann. 3.4 Andere Auswirkungen 3.4.1 Auf Menschen mit Behinderungen Kritiker befürchten, dass die Zulassung der PID zu einer Verschlechterung der Situation von Menschen mit Behinderung führen könnte. Die Möglichkeit, die Übertragung genetischer Krankheiten zu verhindern, würde die Diskriminierung von Behinderung oder Krankheit betroffener Menschen verstärken, weil deren Situation vermeidbar erscheint (siehe Ziff. 1.3.4). Auch wenn mit der PID nur ein geringer Anteil aller Formen von Behinderung und Krankheit verhindert werden und daher davon ausgegangen werden kann, dass die gesellschaftliche Wahrnehmbarkeit der PID und ihrer Auswirkungen unerheblich sein werden, ist diesen Befürchtungen Rechnung zu tragen. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass die Auswirkungen der Verfahren auf die Gesellschaft evaluiert werden (Siehe Ziff. 2.3, Art. 14a). Dies und die ebenfalls vorgesehene Möglichkeit zur Unterstützung wissenschaftlicher Forschung bezüglich der Auswirkungen der PID-Zulassung erlauben es, unerwünschte Auswirkungen festzustellen und 65 erforderlichenfalls Gegenmassnahmen zu ergreifen (Siehe Ziff. 2.3, Art. 14b). Dabei ist zu beachten, dass die Situation von Menschen mit Behinderungen nicht allein von der Zulassung der PID abhängt, sondern von einer Vielzahl von Faktoren bestimmt wird. Der Gefahr der Diskriminierung von und negativen Einstellungen gegenüber Menschen mit Behinderungen ist daher nicht allein mit bereichsspezifischen Massnahmen, sondern im Rahmen einer umfassenden Gleichstellungspolitik entgegenzuwirken, wozu bereits heute das Behindertengleichstellungsrecht (Art. 8 Abs. 2 BV und das Behindertengleichstellungsgesetz118) verpflichtet. 3.4.2 Auf die Gleichstellung von Frau und Mann Bestimmte Kreise befürchten, dass die Zulassung der PID nicht im Interesse der Verhinderung von unzumutbaren Belastungssituationen erfolge, sondern aus dem Willen zur Verfügung über den weiblichen Körper. Im Vordergrund stehe die Gewinnung von Eizellen zu Zwecken der Forschung oder Wirtschaft, und die Einwilligung der betroffenen Paare und Frauen sei das Resultat expliziten oder verinnerlichten gesellschaftlichen Drucks (siehe Ziff. 1.3.5). Die vorgeschlagene Regelung stellt demgegenüber die uneingeschränkte Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen sicher. Die Rechtfertigung der PID erfolgt ausschliesslich aus dem zu verhindernden Leid der potenziellen Eltern, Interessen Dritter spielen keine Rolle (siehe Ziff. 2.1, Art. 5 und 5a). Darüber hinaus kann die vorgesehene Unterstützung wissenschaftlicher Forschung zu den Auswirkungen der PID-Zulassung auch Aspekte der Gleichberechtigung von Mann und Frau einbeziehen (siehe Ziff. 2.3, Art. 14b). 3.4.3 Auf die soziale Krankenversicherung Die Übernahme der Kosten einer IVF mit Embryonentransfer gehört nicht zu den Pflichtleistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung.119 Diesbezüglich ist keine Revision geplant. Auch für die PID ist keine Kostenübernahme vorgesehen, weshalb sich der Gesetzesentwurf nicht auf die soziale Krankenversicherung auswirkt. 3.4.4 Auf die Wirtschaftsfreiheit Die beantragte Regelung tangiert die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV), insofern sie ein Bewilligungsverfahren für die IVF-Zentren und genetischen Laboratorien vorsieht, das die Erteilung der Bewilligung an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen knüpft (insb. Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte, welche eine PID veranlassen wollen) und die Bewilligung mit Pflichten verbindet (insb. Meldepflicht). Dieser Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit ist als verhältnismässig einzustufen (vgl. Ziff. 1.5.1). 118 119 66 SR 151.3 Vgl. Anhang 1 Ziffer 3 der Verordnung des EDI vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (KrankenpflegeLeistungsverordnung, KLV), SR 832.112.31. Die Laboratorien, welche die genetische Untersuchung der Embryonen durchführen, werden gemäss Artikel 8 Absatz 2 der Bewilligungspflicht nach Artikel 8 Absatz 1 GUMG unterstellt. Ob aufgrund des sehr anspruchsvollen und heiklen PIDVerfahrens einzelne Anforderungen in Bezug auf die Infrastruktur, die Qualifikation des Laborleiters oder der Laborleiterin sowie des Laborpersonals zu erhöhen sind, steht noch nicht fest, zumal die Bewilligungsvoraussetzungen gemäss Artikel 8 Absatz 2 GUMG auf Verordnungsstufe festzulegen sind. Es können deshalb noch keine Angaben über die Auswirkungen der Regelung auf die Laboratorien gemacht werden. 3.5 Auswirkungen auf das Fürstentum Liechtenstein Die Anwendbarkeit des vorliegenden Gesetzes im Fürstentum Liechtenstein bestimmt sich nach den Grundsätzen des Zollvertrages vom 29. März 1923 zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein120. Gemäss diesem Zollvertrag findet das FMedG im Fürstentum Liechtenstein keine Anwendung, weshalb auch die Bestimmungen der Gesetzesrevision keine Zollvertragsmaterie darstellen. Auch ausserhalb des Zollvertrages sind keine Auswirkungen auf das Fürstentum Liechtenstein zu erwarten. 4 Verhältnis zur Legislaturplanung Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 2007-2011 nicht angekündigt. Trotzdem wurde der Vorentwurf bereits in der laufenden Legislatur ausgearbeitet, zumal die Räte mit der Annahme der Motion zur Zulassung der PID (04.3439) dem Bundesrat den verbindlichen Auftrag dazu erteilt haben. 5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit Zur verfassungsmässigen Grundlage und Gesetzmässigkeit der Vorlage wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1.4 sowie Ziffer 1.5.1 verwiesen. 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz Zur Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht und den Übereinkommen des Europarats ist auf die Erläuterungen unter Ziffer 1.7.2 zu verweisen. Weder die UNO121 oder die UNESCO122 noch die WHO kennen in ihren Pakten, Erklärungen oder Resolutionen Bestimmungen, die über das einschlägige 67 schweizerische Verfassungsrecht hinausgehen oder die PID unter den im vorliegenden Entwurf gewählten Rahmenbedingungen und Indikationen nicht zulassen würden. 5.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse und Vereinbarkeit mit dem Subventionsgesetz Die Vorlage sieht keine einmaligen oder wiederkehrenden Ausgaben in einer Höhe vor, für welche Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV relevant würde. Die Erfüllung von Aufsichtsaufgaben wird, sofern sie die Bewilligungsbehörde gestützt auf Artikel 12 Absatz 2bis an Dritte überträgt, nach den Grundsätzen des Subventionsgesetzes123 abzugelten sein (zur Höhe der Abgeltung vgl. Ziff. 3.1.1). Dessen Grundsätze werden auch bei der Durchführung der Evaluation (Art. 14a) und der Unterstützung von Forschungsvorhaben (Art. 14b) zu berücksichtigen sein. 5.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Gemäss der Neuformulierung von Artikel 14 und gestützt auf Artikel 14a Absatz 5 ist der Bundesrat zusätzlich befugt, Ausführungsbestimmungen zur Evaluation und zu den Pflichten der Bewilligungsinhaberinnen und -inhaber zu erlassen. Unter deren Pflichten fallen namentlich Einzelheiten zu den Inhalten und zum Verfahren der Berichterstattung und Meldungen sowie – sofern angezeigt – Bestimmungen betreffend den zu berücksichtigenden Stand von Wissenschaft und Technik. 120 121 SR 0.631.112.514 Namentlich der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (UNO-Pakt II); die darin gewährleisteten Rechte und Freiheiten entsprechen weitgehend denjenigen der EMRK, welche durch diese Vorlage nicht verletzt werden (vgl. Ziff. 1.7.2, Europarat). 122 Namentlich die Allgemeine Erklärung über das menschliche Genom und Menschenrechte vom November 1997 und die Internationale Erklärung über humangenetische Daten vom 16. Oktober 2003; auch diese beiden Regelwerke beinhalten weder PID-spezifische Vorschriften noch Regeln im Allgemeinen, denen diese Vorlage oder das geltende schweizerische Verfassungs- und Gesetzesrecht zuwiderlaufen würde (vgl. Botschaft GUMG, BBl 2002 7361, Ziff. 6.3). 123 SR 616.1 68 Anhang 1: Glossar naturwissenschaftlicher Fachbegriffe Allel Bezeichnung für die verschiedenen Formen (Kopien) eines Gens am selben Genort homologer (gleicher) Chromosomen. Auf Grund seines doppelten Chromosomensatzes besitzt der Mensch nur zwei Allele eines Gens. Sind diese Allele identisch, so ist der Träger bezüglich dieses Gens homozygot; unterscheiden sie sich, dann ist er heterozygot. Aneuploidie Abweichung von Chromosomen. der Aneuploidie-Screening Untersuchung des Aneuploidien hin. Embryos Autosomal-dominante Erbkrankheit Erbkrankheit, zu deren Verursachung ein verändertes Allel auf einem Autosom ausreicht. Autosomal-rezessive Erbkrankheit Erbkrankheit, zu deren Verursachung beide Allele auf einem Autosom verändert sein müssen. Autosomen Bezeichnung für alle Chromosomen, die keine Geschlechtschromosomen sind; der Mensch besitzt 22 Autosomenpaare und zwei Geschlechtschromosomen (XX od. XY). Blastomeren Die ersten, noch undifferenzierten Zellen eines Embryos bis etwa drei Tage nach der Befruchtung. Blastozyste Bezeichnung für einen Embryo zwischen dem 4. und dem 7. Entwicklungstag. Die Blastozyste besteht aus einer äusseren Zellgruppe, aus der die Plazenta hervorgeht (Trophoblast), und aus einer inneren Zellmasse, aus der sich der Embryo entwickelt (Embryoblast). Blastozystenbiopsie Abspaltung mehrerer Zellen aus der äusseren Zellgruppe (Trophoblast) einer Blastozyste. Blutstammzellen Stammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen entwickeln. Blutstammzellen werden bei einer Stammzelltransplantation zur Behandlung von Blutkrebs eingesetzt. Chorionzottenbiopsie Vorgeburtliche Untersuchungsmethode zur Diagnose genetisch bedingter Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen. Chromosomen Aus DNA (Desoxyribonukleinsäure; Trägersubstanz der Erbinformation) und Proteinen aufgebaute Makromoleküle, welche die Erbinformationen enthalten und bei jeder Zellteilung an die Tochterzellen weitergegeben werden. Die Anzahl und Gestalt der normalen in Anzahl vitro auf 69 Chromosomen ist artspezifisch. Menschliche Körperzellen enthalten einen doppelten Chromosomensatz (diploid; 23 Chromosomenpaare); Ei- und Samenzellen dagegen weisen nur einen einfachen Chromosomensatz auf (haploid; 23 Chromosomen). Chromosomenstörung Man unterscheidet zwischen numerischen (1) und strukturellen (2) Chromosomenstörungen: (1) Numerische Störungen entstehen durch Fehlverteilungen der Chromosomen auf die Tochterzellen. Dabei ist entweder die Zahl einzelner Chromosomen oder auch des ganzen Chromosomensatzes verändert. (2) Stukturelle Chromosomenstörungen entstehen durch Deletion/Duplikation oder Austausch von chromosomalem Material innerhalb eines Chromosoms oder zwischen verschiedenen Chromosomen. Design-Baby siehe Retter-Baby diploid einen zweifachen Chromosomensatz enthaltend. dominant Eigenschaft einer bestimmten genetischen Information, sich gegen andere Merkmale durchzusetzen. Einnistung Anheftung der Blastozyste an die Schleimhaut der Gebärmutter zwischen dem 5. und 6. Entwicklungstag; am 11.-12. Entwicklungstag ist die Einnistung (Nidation) abgeschlossen. Embryo Nicht einheitlich verwendeter Begriff. Frucht von der Kernverschmelzung bis zum Abschluss der Organentwicklung. Embryobiopsie Abspaltung einer oder mehrerer Zellen von einem Embryo in vitro. Embryoblast Innere Zellmasse der Blastozyste, aus der sich der Embryo entwickelt. Follikel Eibläschen; Hülle der heranreifenden Eizelle im Eierstock. Follikelpunktion Entnahme einer sich in einem Follikel befindenden Eizelle mittels einer Nadel. Gen DNA-Abschnitt, welcher die genetische Information für eine Körperstruktur oder funktion enthält. Genmutation Veränderung eines Gens. 70 Genotyp Die Gesamtheit aller Erbanlagen eines Organismus, die den Phänotyp bestimmen. Geschlechtschromosomen Chromosomen, die das Geschlecht bestimmen; Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer ein X- und ein sehr viel kürzeres Y-Chromosom (vgl. Autosomen). haploid einen einfachen Chromosomensatz enthaltend. HLA-Typisierung Bestimmung des Typus bestimmter Strukturen auf der Oberfläche der meisten Zellen. Diese Oberflächenstrukturen spielen bei immunologischen Abwehrreaktionen eine zentrale Rolle. Vor jeder Transplantation erfolgt eine HLA-Typisierung von Spender und Empfänger, damit das Transplantat einem immunologisch kompatiblen Empfänger eingesetzt werden kann. heterozygot Ein Lebewesen ist heterozygot, wenn es an einem bestimmten Genort zwei unterschiedliche Allele besitzt. homozygot Ein Lebewesen ist homozygot, wenn es an einem bestimmten Genort zwei gleiche Allele besitzt. imprägnierte Eizelle Die befruchtete Kernverschmelzung. intrazytoplasmatische Spermieninjektion Methode der In-vitro-Fertilisation, bei der ein Spermium mit einer Mikropipette direkt in das Zytoplasma der Eizelle injiziert wird. in vitro im Reagenzglas; ausserhalb (Gegensatz zu in vivo). In-vitro-Fertilisation künstliche Befruchtung ausserhalb des Körpers der Frau. Keimzellen Samen- und Eizellen monogene Erbkrankheit Erbkrankheit, die durch eine Mutation eines einzelnen Gens verursacht wird. Mosaik Individuum, das aus genetisch verschiedenen Zellen besteht, die jedoch alle von der gleichen Zygote abstammen. multifaktoriell bedingte Erkrankung Erkrankung, die sowohl durch genetische als auch durch umweltbedingte Faktoren verursacht wird. Plazenta «Mutterkuchen», der die Versorgung des Fötus und die Produktion verschiedener Hormone übernimmt. Er besteht zu einem überwiegenden Teil aus fötalen und zu einem kleinen Teil aus mütterlichen Zellen. Eizelle vor des der Körpers 71 Polkörper Eine während der Reifung der Eizelle entstehende rückgebildete Zelle, die nach kurzer Zeit degeneriert. Polkörperdiagnostik Untersuchung des Polkörpers auf Genmutationen oder Chromosomenstörungen hin. Polyploidie Das Vorhandensein von drei (Triploidie), vier (Tetraploidie) oder mehr kompletten Chromosomensätzen in einer Zelle anstelle von zwei (Diploidie). Phänotyp Äusseres Erscheinungsbild des Genotyps. Präimplantationsdiagnostik (PID) Abspaltung und genetische Untersuchung einer Zelle eines durch In-vitro-Fertilisation entstandenen Embryos. Retter-Baby Embryo, der im Rahmen eines IVF-Verfahrens mittels PID als passender Gewebespender für ein krankes Geschwister ausgewählt wurde und somit diesem zur Heilung verhelfen soll. rezessiv Eigenschaft, die sich gegenüber einem anderen Merkmal nicht durchsetzen kann (Gegensatz zu dominant). Trophoblast Äussere Zellschicht der Blastozyste, aus der im weiteren Verlauf der Entwicklung die embryonalen Anteile der Plazenta hervorgehen. X-chromosomale Erbkrankheit Erbkrankheit, die durch eine Genmutation auf dem Geschlechtschromosom X verursacht wird. Zygote Befruchtete Eizelle nach der Vereinigung der Zellkerne von Ei- und Samenzelle. 72 Anhang 2: Tabellen Tabelle 1: Erfolgsraten der einzelnen Prozessschritte im Rahmen einer IVF/PID (Prämisse: Frischzyklus, beide Elternteile heterozygote Anlageträger für Zystische Fibrose) 1 2 1 Eizelle 2 inseminations- 0.8124 1 fähige Eizelle 3 imprägnierte Eizelle 4 3 4 5 6 7 8 9 1 0.7 1 Embryo im 4- 0.3 Zellen-Stadium 0.38 0.55 1 5 Embryo im 8- 0.22 Zellen-Stadium 0.28 0.4 0.72 1 6 erfolgreiche Biopsie 0.2 0.27 0.38 0.68 0.95125 1 7 erfolgreiche Diagnose 0.18 0.25 0.34 0.61 0.86 0.9126 1 8 transferier0.13 barer Embryo (ohne genetischen Defekt) 0.18 0.25 0.45 0.64 0.68 0.75127 1 9 Embryo nach 0.02 erfolgreicher Implantation 0.03 0.04 0.07 0.09 0.10 0.11 0.15 1 0.02 0.03 0.06 0.07 0.08 0.09 0.13 0.85 10 Geburt 0.56 0.01 Lesebeispiel (vgl. Schattierung): Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine imprägnierte Eizelle von guter Qualität zu einem transferierbaren Embryo 124 Soweit nicht anders vermerkt, beruhen die Angaben in dieser Tabelle auf der Befragung verschiedener Fortpflanzungsmedizinerinnen und -mediziner in der Schweiz im Jahre 2007. Vgl. dazu auch M. Vandervorst et al., Succesfull preimplantation genetic diagnosis is related to the number of available cumulus-oocyte complexes, Human Reproduction, 13, 1998, S. 3169-3176. 125 A. D. Handyside, Human embryo biopsy for preimplantation genetic diagnosis, in: D. K. Gardner et al., Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 191-199. 126 J. Murken, Pränatale Diagnostik, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Felder (Hg.), Humangenetik, Stuttgart 2006, S. 386 ff. 127 Bei einem autosomal rezessiven Erbgang bei zwei heterozygoten gesunden Elternteilen beträgt die Wahrscheinlichkeit 25 %, dass ein Kind homozygot für das Defektallel ist. 73 entwickelt, beträgt 25% (= 0.55 [Wahrscheinlichkeit, dass sich eine imprägnierte Eizelle zu einem Embryo im 4-Zellen-Stadium entwickelt] × 0.72 [Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Embryo im 4-Zellen-Stadium zu einem Embryo im 8-Zellen-Stadium entwickelt] × 0.95 [Wahrscheinlichkeit, dass die Embryobiopsie erfolgreich verläuft] × 0.9 [Wahrscheinlichkeit, dass die Untersuchung der abgespaltenen Zelle zu einem Ergebnis führt] × 0.75 [Wahrscheinlichkeit, dass der Embryo nicht homozygot für das Defektallel ist]). Tabelle 2: Wahrscheinlichkeit (W), dass man von n imprägnierten Eizellen von guter Qualität mindestens 1 oder 2 transferierbare Embryonen erhält, ausgehend von den Daten aus Tabelle 1 Anzahl 1 imprägnierter Eizellen von guter Qualität (n) 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 W, dass von 0.25 0.44 0.58 0.68 0.76 0.82 0.86 0.89 0.92 0.94 0.95 0.96 insgesamt n mind. 1 transferierbar ist128 W, dass von 0 n mind. 2 transferierbar sind129 0.06 0.16 0.26 0.37 0.47 0.56 0.63 0.70 0.76 0.80 0.85 Lesebeispiel (vgl. Schattierung): Die Wahrscheinlichkeit, dass man von drei imprägnierten Eizellen von guter Qualität mindestens 1 transferierbaren Embryo erhält, beträgt 58%. W = 1 – bn; a = 0.25 (entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der eine imprägnierte Eizelle von guter Qualität sich zu einem transferierbaren Embryo entwickelt); b = 1-a (Gegenwahrscheinlichkeit). 129 W = 1 – bn – nbn-1a; a = 0.25, b = 1-a (Gegenwahrscheinlichkeit). 128 74 ENTWURF Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG) Änderung vom ... Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom ... 1, beschliesst: I Das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 19982 wird wie folgt geändert: Art. 5 Anwendung von Fortpflanzungsverfahren Ein Fortpflanzungsverfahren darf nur angewendet werden, wenn: a. damit die Unfruchtbarkeit eines Paares überwunden werden soll und die anderen Behandlungsmethoden versagt haben oder aussichtslos sind; oder b. die Gefahr, dass eine schwere Krankheit auf die Nachkommen übertragen wird, anders nicht abgewendet werden kann. Art. 5a (neu) Untersuchung des Erbguts von Keimzellen oder von Embryonen in vitro und deren Auswahl 1 Die Untersuchung des Erbguts von Keimzellen und deren Auswahl zur Beeinflussung des Geschlechts oder anderer Eigenschaften des Kindes sind nur zulässig, wenn die Gefahr, dass die Veranlagung für eine schwere Krankheit übertragen wird, anders nicht abgewendet werden kann. Vorbehalten bleibt Artikel 22 Absatz 4. 2 Die Untersuchung des Erbguts von Embryonen in vitro und deren Auswahl nach ihrem Geschlecht oder nach anderen Eigenschaften sind nur zulässig, wenn: a. die Gefahr, dass sich ein Embryo mit der Veranlagung für eine schwere Krankheit in der Gebärmutter einnistet, anders nicht abgewendet werden kann; b. es wahrscheinlich ist, dass die schwere Krankheit vor dem 50. Lebensjahr ausbrechen wird; c. keine wirksame und zweckmässige Therapie zur Bekämpfung der schweren Krankheit zur Verfügung steht; und SR 810.11 1 BBl 2010 … 2 SR 810.11 2008–...... 1 Fortpflanzungsmedizingesetz d. AS 2008 das Paar gegenüber der Ärztin oder dem Arzt schriftlich geltend macht, dass ihm die Gefahr nach Buchstabe a nicht zumutbar ist. Art. 5b (neu) Einwilligung des Paares 1 Fortpflanzungsverfahren dürfen nur angewendet werden, wenn das betroffene Paar nach hinreichender Information und Beratung schriftlich eingewilligt hat. Sind drei Behandlungszyklen ohne Erfolg geblieben, so ist eine erneute Einwilligung erforderlich; davor muss eine angemessene Bedenkfrist liegen (Art. 6 Abs. 3). 2 Die schriftliche Einwilligung des Paares ist auch für das Reaktivieren imprägnierter Eizellen erforderlich. 3 Besteht bei einem Fortpflanzungsverfahren das erhöhte Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft, so darf das Verfahren nur durchgeführt werden, wenn das Paar auch mit der Geburt von Mehrlingen einverstanden wäre. 4 Das betroffene Paar ist vor jedem Verfahrensschritt auf sein Selbstbestimmungsrecht hinzuweisen. Art. 6 Abs. 1 Einleitungssatz 1 Bevor ein Fortpflanzungsverfahren durchgeführt wird, muss die Ärztin oder der Arzt das betroffene Paar hinreichend informieren über: Art. 6a (neu) Information und Beratung bei Untersuchungen des Erbguts 1 Bevor ein Fortpflanzungsverfahren mit Untersuchung des Erbguts von Keimzellen oder Embryonen in vitro durchgeführt wird, sorgt die Ärztin oder der Arzt für eine nichtdirektive, fachkundige genetische Beratung. Dabei muss das betroffene Paar hinreichend informiert werden über: a. Häufigkeit, Bedeutung, Wahrscheinlichkeit des Ausbruchs und mögliche Ausprägungen der zu diagnostizierenden Krankheit; b. die sich anbietenden prophylaktischen oder therapeutischen Massnahmen; c. Möglichkeiten der Lebensgestaltung mit einem Kind, das von der zu diagnostizierenden Krankheit betroffen ist; d. Aussagekraft und Fehlerrisiko der genetischen Untersuchung; e. mögliche Risiken, die das Verfahren für die Nachkommen mit sich bringt; f. Vereinigungen von Eltern von Kindern mit Behinderungen, Selbsthilfegruppen sowie Informations- und Beratungsstellen nach Artikel 17 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 20043 über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG). 2 Die Beratung darf nur der individuellen und familiären Situation des betroffenen Paares und nicht allgemeinen gesellschaftlichen Interessen Rechnung tragen. 3 3 2 Das Beratungsgespräch ist von der Ärztin oder dem Arzt zu dokumentieren. SR 810.12 Fortpflanzungsmedizingesetz Art. 6b (neu) AS 2008 Schutz und Mitteilung genetischer Daten Für den Schutz und die Mitteilung genetischer Daten gelten die Artikel 7 und 19 GUMG4. Art. 7 Aufgehoben Art. 8 Sachüberschrift, Abs. 2, 3 (neu) und 4 (neu) Grundsätze 2 Wer bei Fortpflanzungsverfahren die Untersuchung des Erbguts von Embryonen in vitro veranlassen will, benötigt eine Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). 3 Laboratorien, die bei Fortpflanzungsverfahren nach Artikel 5a Untersuchungen des Erbguts durchführen, benötigen eine Bewilligung nach Artikel 8 Absatz 1 GUMG5. 4 bisheriger Absatz 2 Art. 9 Abs. 3 Aufgehoben Art. 10a (neu) Veranlassen der Untersuchung des Erbguts von Embryonen in vitro 1 Die Bewilligung für das Veranlassen der Untersuchung des Erbguts von Embryonen in vitro wird nur Ärztinnen und Ärzten erteilt. 2 Diese müssen: a. über eine Bewilligung nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a verfügen; b. die Anforderungen nach Artikel 13 Absatz 2 GUMG6 erfüllen; und c. gewährleisten, dass das Verfahren und die Zusammenarbeit mit den beteiligten Laboratorien nach dem Stand von Wissenschaft und Praxis ablaufen. Art. 11 Abs. 1 1 Personen, die eine Bewilligung nach Artikel 8 Absatz 1 haben, müssen der kantonalen Bewilligungsbehörde jährlich über ihre Tätigkeit Bericht erstatten. Art. 11a (neu) Meldepflicht 1 Ärztinnen und Ärzte, die eine Bewilligung nach Artikel 8 Absatz 2 haben, müssen dem BAG jeweils unmittelbar nach der Einwilligung des betroffenen Paares in die Durchführung des Fortpflanzungsverfahrens melden: 4 5 6 SR 810.12 SR 810.12 SR 810.12 3 Fortpflanzungsmedizingesetz AS 2008 a. inwiefern die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Artikel 5a Absatz 2 erfüllt sind; b. welche Laboratorien am Verfahren beteiligt sind. 2 Die Meldung darf keine Angaben enthalten, die auf bestimmte Personen schliessen lassen. 3 Das Verfahren darf erst durchgeführt werden, wenn das BAG nicht innerhalb von 60 Tagen nach Eingang der Meldung anders verfügt hat. 4 Das BAG übermittelt die Daten dem Bundesamt für Statistik zur Auswertung und Veröffentlichung. Art. 12 Abs. 1, 2, 2bis (neu) 1 Die Bewilligungsbehörde wacht darüber, dass die Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung erfüllt bleiben und die Pflichten sowie allfällige Auflagen eingehalten werden. 2 Sie nimmt Inspektionen vor und kann dabei Grundstücke, Betriebe und Räume betreten, unentgeltlich die erforderlichen Auskünfte und Unterlagen verlangen sowie jede andere erforderliche Unterstützung anfordern. 2bis Sie kann die Erfüllung von Aufsichtsaufgaben an Dritte übertragen. Art. 14 Ausführungsbestimmungen Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen über Erteilung und Entzug von Bewilligungen, über die Pflichten der Bewilligungsinhaberinnen und -inhaber und über die Aufsicht. Gliederungstitel vor Art. 14a (neu) 2a. Abschnitt: Evaluation und Förderung der Forschung Art. 14a (neu) Evaluation 1 Das BAG sorgt für die Evaluation der Wirkungen derjenigen Bestimmungen dieses Gesetzes, welche die Untersuchung des Erbgutes von Embryonen in vitro und deren Auswahl betreffen. 2 4 Die Evaluation betrifft namentlich: a. die Übereinstimmung der nach Artikel 11a Absatz 1 Buchstabe a gemeldeten Angaben mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Artikel 5a Absatz 2; b. die Praxis bei der Untersuchung und Auswahl; c. die Auswirkungen einer solchen Untersuchung und Auswahl auf die Gesellschaft; d. die Abläufe im Rahmen von Vollzug und Aufsicht. Fortpflanzungsmedizingesetz AS 2008 3 Das BAG und die mit der Durchführung der Evaluation beauftragte Person können von den Inhaberinnen und Inhabern von Bewilligungen nach Artikel 8 Absatz 2 die anonymisierte Offenlegung derjenigen Daten verlangen, die für die Evaluation notwendig sind. 4 Das Eidgenössische Departement des Innern erstattet dem Bundesrat nach Abschluss der Evaluation, erstmals spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten der Änderung vom ... dieses Gesetzes, Bericht und unterbreitet Vorschläge für das weitere Vorgehen. 5 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. Art. 14b (neu) Förderung der Forschung 1 Der Bund kann Forschungsprojekte zu Auswirkungen der Untersuchung des Erbgutes von Embryonen in vitro und deren Auswahl, namentlich auf die Entwicklung von daraus hervorgegangenen Kindern, in Auftrag geben oder unterstützen. 2 Das BAG sowie Personen, die Forschungsprojekte durchführen, können von den Inhaberinnen und Inhabern von Bewilligungen nach Artikel 8 Absatz 2 die anonymisierte Offenlegung derjenigen Daten verlangen, die für die Forschung notwendig sind. Art. 33 Untersuchung des Erbguts und Auswahl von Keimzellen oder Embryonen in vitro Wer bei Fortpflanzungsverfahren das Erbgut von Keimzellen oder Embryonen in vitro untersucht und sie nach ihrem Geschlecht oder nach anderen Eigenschaften auswählt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 5a erfüllt sind, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft. Art. 34 Abs. 2 2 Ebenso wird bestraft, wer ohne Bewilligung oder aufgrund einer durch unwahre Angaben erschlichenen Bewilligung Fortpflanzungsverfahren anwendet, Keimzellen oder imprägnierte Eizellen konserviert oder vermittelt oder Untersuchungen des Erbguts von Embryonen in vitro veranlasst. Art. 37 Bst. dbis (neu) und Bst. e Mit Haft oder mit Busse bis 100 000 Franken wird betraft, wer vorsätzlich: dbis. die Meldepflicht nach Artikel 11a Absatz 1 verletzt; e. aufgehoben 5 Fortpflanzungsmedizingesetz AS 2008 Art. 38 Abs. 2 (neu) 2 Die Artikel 6 und 7 (Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben) sowie Artikel 15 (Urkundenfälschung, Erschleichen einer falschen Beurkundung) des Bundesgesetzes vom 22. März 19747 über das Verwaltungsstrafrecht sind anwendbar. II Das Bundesgesetz vom 8. Oktober 20048 über genetische Untersuchungen beim Menschen wird wie folgt geändert: Art. 35 Abs. 2 Bst. k (neu) 2 Die Expertenkommission hat insbesondere die Aufgabe: k. auf Anfrage der zuständigen Bundesstelle Stellung zu nehmen zu Meldungen nach Artikel 11a Absatz 1 Buchstabe a des Fortpflanzungsmedizingesetzes vom 18. Dezember 19989 (FMedG) über die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Durchführung einer genetischen Untersuchung von Embryonen in vitro. III 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. 7 8 9 6 SR 313.0 SR 810.12 SR 810.11 Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bern, 18. Februar 2009 Adressaten: die politischen Parteien die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete die Dachverbände der Wirtschaft die interessierten Kreise Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (Präimplantationsdiagnostik): Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens Sehr geehrte Damen und Herren Der Bundesrat hat am 18. Februar 2009 das EDI beauftragt, bei den Kantonen, den politischen Parteien, den gesamtschweizerischen Dachverbänden der Gemeinden, Städte und Berggebiete, den gesamtschweizerischen Dachverbänden der Wirtschaft und den interessierten Kreisen ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen. Der Entwurf, zu dem das Vernehmlassungsverfahren durchgeführt wird, regelt - als Folge der Annahme einer entsprechenden Motion durch National- und Ständerat die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) im Rahmen von Fortpflanzungsverfahren mit In-vitro-Fertilisation. Als PID wird im Allgemeinen die genetische Untersuchung eines extrakorporal erzeugten Embryos vor der Implantation in die Gebärmutter der Frau bezeichnet. Mit der beantragten Regelung wird – unter Respektierung der engen verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen von Art. 119 BV – das Verbot der PID im bestehenden FMedG durch eine Zulassung unter strengen Voraussetzungen ersetzt. Danach sollen diejenigen Paare eine PID in Anspruch nehmen dürfen, bei denen aufgrund ihrer Erbanlagen eine grosse Gefahr besteht, dass sie ihren Kindern die Veranlagung für eine schwere Krankheit übertragen. Mit der PID erhalten sie eine Alternative zu einer während der Schwangerschaft durchzuführenden Pränataldiagnostik mit eventuell anschliessendem Schwangerschaftsabbruch. Gleichzeitig soll die Regelung sicherstellen, dass die Menschenwürde geschützt und Missbräuche verhindert werden. Zu diesem Ziel beinhaltet die beantragte Regelung eine strenge Eingrenzung der Indikationen, die die PID rechtfertigen. Demnach darf eine PID nur dann durchgeführt werden, wenn die konkrete Gefahr nicht anders abgewendet werden kann, dass das gewünschte Kind Träger einer bestimmten, beim Elternpaar nachgewiesenen genetischen Veranlagung für eine schwere Krankheit ist. Die Krankheit muss mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem 50. Lebensjahr ausbrechen, und es darf für sie keine zweckmässige und wirksame Therapie verfügbar sein. Verboten bleiben damit alle Anwendungen, die der Allgemeinprävention («Screening») gegen spontan auftretende genetische Anomalien (z.B. Trisomie 21) dienen, ebenso wie Anwendungen zum Versuch, die Erfolgsrate bei der Behandlung der Un- fruchtbarkeit zu erhöhen. Gleichermassen verboten sind die Auswahl von Embryonen nach Gewebeeigenschaften zum Zweck einer späteren Gewebe- oder Organspende für ein krankes Geschwister (sog. «Retter-Baby») sowie alle Anwendungen ohne Bezug zu einer Krankheit. Weiterhin verlangt die Regelung, dass die ausführenden Ärztinnen und Ärzte eine umfassende genetische Beratung sowie Massnahmen zur Qualitätssicherung gewährleisten. Zur Kontrolle dieser Aufgaben sieht die Regelung zusätzlich zu den geltenden Bestimmungen im FMedG und im Bundesgesetz über die genetischen Untersuchungen (GUMG) eine abgestufte Bewilligungs- und Meldeordnung vor. Insbesondere ist jedes einzelne PID-Verfahren unmittelbar nach Einwilligung des betroffenen Paares, aber vor der Durchführung unter Angabe der Indikation dem BAG zu melden. Für die Laboratorien, die die genetische Untersuchung durchführen, gelten die Bestimmungen des GUMG (Qualitätsanforderungen und Bewilligungspflicht). Schliesslich enthält die Regelung Vorgaben zur Evaluation des Gesetzes und sieht die Möglichkeit vor, mit Bundesgeldern Forschungsvorhaben zu den Auswirkungen der PID zu unterstützen. Wir bitten Sie höflich, Ihre Stellungnahme zum beiliegenden Vorentwurf und den dazugehörigen Erläuterungen bis zum 18. Mai 2009 an das Bundesamt für Gesundheit, 3003 Bern zu richten. Einzelheiten zum Vernehmlassungsverfahren finden Sie in der gleichnamigen Beilage. Zusätzliche Exemplare der Vernehmlassungsunterlagen können über die Internetadresse http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/pendent.html bezogen werden. Für weitere Fragen steht Ihnen Herr Matthias Bürgin (Tel. 031 324 85 44) oder Herr Peter Forster (Tel. 031 322 78 98) gerne zur Verfügung. Für Ihre Bemühungen danken wir Ihnen im Voraus bestens und versichern Sie, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung. Pascal Couchepin Bundesrat Beilagen: - Vernehmlassungsentwurf und erläuternder Bericht - Liste der Vernehmlassungsadressaten - Einzelheiten zum Vernehmlassungsverfahren Vernehmlassungsverfahren zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (Zulassung der Präimplantationsdiagnostik) Modification de la loi fédérale sur la procréation médicalement assistée (diagnostique préimplantatoire); procédure de consultation Modifica della legge federale concernente la procreazione con assistenza medica (dignostica preimpianto); procedura di consultazione Liste der Adressatinnen und Adressaten / Liste des destinataires / Lista dei destinatari ___________________________________________________________________________ 1. Kantonsregierungen, interkantonale Organisationen und Fürstentum Liechtenstein Gouvernements cantonaux, organisations intercantonales et Principauté du Liechtenstein Governi cantonali, organizzazioni intercantonali e Principato del Liechtenstein (29) - Kantonsregierungen Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) Regierung des Fürstentums Liechtenstein 2. Politische Parteien / Partis politiques / Partiti politici (15) - Alternative Kanton Zug BDP Bürgerlich-Demokratische Partei Schweiz CSP Christlichsoziale Partei CVP Christlichdemokratische Volkspartei der Schweiz EDU Eidgenössisch-Demokratische Union EVP Evangelische Volkspartei der Schweiz FDP Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz GB Grünes Bündnis GLP Grünliberale Zürich Grüne Grüne Partei der Schweiz Lega dei Ticinesi LPS Liberale Partei der Schweiz PDA Partei der Arbeit SP Sozialdemokratische Partei SVP Schweizerische Volkspartei 3. Gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete / Associations faîtières des communes, des villes et des régions de montagne qui oeuvrent au niveau national / Associazioni mantello nazionali dei comuni delle città e delle regioni di montagna - (3) Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) Schweizerischer Gemeindeverband Schweizerischer Städteverband (SSV) 4. Spitzenverbände der Wirtschaft / Organisations faîtières / Associazioni economiche centrali (8) - Economiesuisse - Verband der Schweizer Unternehmen Kaufmännischer Verband der Schweiz (KV Schweiz) Schweizerischer Arbeitgeberverband Schweizerische Bankiervereinigung (SBV) Schweizerischer Bauernverband (SBV) Schweizerischer Gewerbeverband (SGV) Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB) Travail.Suisse 5. Organisationen und interessierte Kreise / Organisations et milieux intéressés / Organizzazioni e cerchie interessate (125) - Agile, Behinderten-Selbsthilfe Schweiz Alliance F - Bund Schweizerischer Frauenorganisationen (BSF) Arbeits- und Forschungsstelle für Ethik, Ethikzentrum der Universität Zürich Ärztinnen Schweiz MWS Basler Appell gegen Gentechnologie Centre Hospitalier Universitaire Vaudois, Lausanne (CHUV) Christkatholische Kirche der Schweiz Dachverband schweizerischer Patientenstellen (DVSP) Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz Département interfacultaire d’éthique, Université de Lausanne Eidgenössische Kommission für Frauenfragen (EKF) Evangelischer Frauenbund der Schweiz (EFS) Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) Friedrich Miescher Institut, Basel Gen Suisse - Schweizer Stiftung für die Gentechnik Geschäftsleitung des Blutspendedienstes (SRK) H+ Die Spitäler der Schweiz Hôpitaux Universitaires de Genève Human Life International Schweiz (HLI) Inselspital Bern Institut de droit de la santé de l’Université de Neuchâtel Institut für Sozialethik der Universität Luzern (ISE) Institut für Sozialethik der Universität Zürich Institut für Sozialethik des schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes Institut Interdisciplinaire d’éthique et des Droits de l’Homme, Université de Fribourg - Institut Suisse de Recherche expérimentale sur le Cancer (ISREC) International Breast Cancer Study Group, IBCSG Coordinating Center Interpharma Kantonsapothekervereinigung (KAV) Kollegium für Hausarztmedizin (KHM) Konferenz der Direktorinnen und Direktoren der Institute für Psychologie der Schweiz (KDIPS) Lungenliga Schweiz LLS Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) Public Health Schweiz santésuisse – Konkordat der Schweizerischen Krankenversicherer Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Verband (SPV) Schweizer Bischofskonferenz (SBK) Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften (SANW) Schweizerische Akademie der technischen Wissenschaften (SATW) Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Patienteninteressen (SAPI) Schweizerische Arbeitsgruppe für Klinische Krebsforschung (SAKK) Schweizerische Arbeitsgruppe Gentechnologie (SAG) Schweizerische Ärztegesellschaft für Psychotherapie Schweizerische Ethnologische Gesellschaft (SEG) Schweizerischer Gemeinnütziger Frauenverein (SGF) Schweizerische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI) Schweizerische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM) Schweizerische Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation (SGAR) Schweizerische Gesellschaft für biomedizinische Ethik (SGBE) Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) Schweizerische Gesellschaft für Chirurgie (SGC) Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED) Schweizerische Gesellschaft für Gefässchirurgie (SGG) Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik (SGGP) Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) Schweizerische Gesellschaft für Hämatologie (SGH) Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie Schweizerische Gesellschaft für Innere Medizin (SGIM) Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie (SGK) Schweizerische Gesellschaft für klinische Chemie (SGKC) Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Genetik (SGMG) Schweizerische Gesellschaft für Mikrobiologie (SGM) Schweizerische Gesellschaft für Nephrologie Schweizerische Gesellschaft für Neurochirurgie Schweizerische Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (SGO) Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie Schweizerische Gesellschaft für Pathologie (SGPath) Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGP) Schweizerische Gesellschaft für Psychologie (SGPP) Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM) Schweizerische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (SGRM) - - Schweizerische Kommission für Qualitätssicherung im medizinischen Labor (QUALAB) Schweizerische Union für Laboratoriumsmedizin (SULM) Schweizerischer Berufsverband der diplomierten biomedizinischen Analytikerinnen und Analytiker (labmed) Schweizerischer Invalidenverband (SIV) Schweizerischer Katholischer Frauenbund (SKF) Schweizerische Medizinische Interfakultätskommission (SMIFK) Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft (SOG) Schweizerische Vereinigung der Neuropsychologinnen und Neuropsychologen (SVNP) Schweizerische Vereinigung der Pflegedienstleiterinnen und -leiter Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter Schweizerische Vereinigung der Spitaldirektorinnen und Spitaldirektoren (SVS) Schweizerische Vereinigung der Elternvereine für geistig Behinderte (insieme) Schweizerische Vereinigung für Transfusionsmedizin (SVTM) Schweizerische Vereinigung Klinischer Psychologinnen und Psychologen (SVKP) Schweizerischer Apothekerverband (SAV) Schweizerischer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) Schweizerischer Berufsverband Technischer Operationsfachfrauen/ Operationsfachmänner (SBVTOA) Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund (SEK) Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund (SIG) Schweizerischer Juristenverein Schweizerischer Katholischer Frauenbund SKF Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) Schweizerischer Verband der Berufsorganisationen im Gesundheitswesen (SVBG) Schweizerischer Verband der Diagnostica- und Diagnostica-Geräte-Industrie (SVDI) Schweizerischer Verband der Leiter Medizinisch-Analytischer Laboratorien (FAMH) Schweizerischer Verband für Frauenrechte (SVF) Schweizerischer Verband für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherer (SVK) Schweizerischer Wissenschafts- und Technologierat (SWTR) Schweizerisches Institut für angewandte Krebsforschung (SIAK) Spitex Verband Schweiz Stiftung für humanwissenschaftliche Grundlagenforschung (SHG) Stiftung GEN SUISSE Stiftung Schweizerische Patienten- und Versicherten Organisation (SPO) Swiss Society for Research in Surgery Union schweizerischer Gesellschaften für experimentelle Biologie (USGEB) Union schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen Unité de recherche et d’enseignement en bioéthique, Université de Genève Universität Basel Universität Bern Universität Zürich Université de Fribourg / Universität Freiburg Université de Genève Université de Lausanne Université de Neuchâtel - Universitätsspital Basel Universitätsspital Zürich Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte (VSAO) Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) Verein Forschung für Leben Vereinigung der Pharmafirmen in der Schweiz (VIPS) Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Gesundheit Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (Zulassung der Präimplantationsdiagnostik) Ergebnis der Vernehmlassung (19. Februar bis 18. Mai 2009) Mai 2010 Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 3 2 Zusammenfassung der Ergebnisse 3 2.1 Beurteilung des Entwurfs im Überblick .....................................................................................3 2.2 Die einzelnen Positionen ..........................................................................................................4 2.2.1 Nein zur PID, nein zur Vorlage .................................................................................................4 2.2.2 Ja zur PID, nein zur Vorlage.....................................................................................................5 2.2.3 Zustimmung zur Vorlage unter einzelnen Vorbehalten ............................................................5 2.2.4 Umfassende Zustimmung zur Vorlage .....................................................................................5 2.2.5 Tabellarische Darstellung der einzelnen Positionen.................................................................6 3 Stellungnahmen zu den einzelnen Bestimmungen der Vorlage 3.1 Indikationen (Art. 5 und 5a) ......................................................................................................7 3.1.1 Artikel 5 .....................................................................................................................................7 3.1.2 Artikel 5a ...................................................................................................................................7 3.2 Information und Beratung (Art. 6 und 6a) .................................................................................9 3.3 Bewilligungs- und Meldewesen, Aufsicht (Artikel 8, 10a, 11, 11a, 12, 14).............................10 3.3.1 Bewilligungsbehörde (Artikel 8) ..............................................................................................11 3.3.2 Bewilligungsvoraussetzungen (Artikel 10a)............................................................................11 3.3.3 Meldepflicht (Artikel 11a) ........................................................................................................11 3.3.4 Aufsicht (Artikel 12).................................................................................................................12 3.3.5 Ausführungsbestimmungen (Artikel 14)..................................................................................12 3.4 Evaluation und Förderung der Forschung (Art. 14a und 14b) ................................................13 3.4.1 Evaluation (Art. 14a) ...............................................................................................................13 3.4.2 Förderung der Forschung (Art. 14b) .......................................................................................13 3.5 Strafbestimmungen (Art. 33 ff.)...............................................................................................13 3.6 Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen (Art. 35 Abs. 2 Bst. k (neu) GUMG).....................................................................................................14 4 Weitere Bemerkungen 4.1 Aufhebung der Dreier-Regel (Art. 17 Abs. 1) .........................................................................14 4.2 Aufhebung des Verbots der Kryokonservierung von Embryonen (Art. 17 Abs. 3) .................15 4.3 Änderung von Artikel 119 BV..................................................................................................15 4.4 Beschränkung der Anzahl Zentren .........................................................................................16 4.5 Übernahme der Kosten durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung ......................17 4.6 Varia........................................................................................................................................17 5 Anhänge 5.1 Anhang 1: Verzeichnis der Abkürzungen der Vernehmlassungsteilnehmenden ...................18 5.2 Anhang 2: Liste der Vernehmlassungsadressaten.................................................................21 7 14 18 2 1 Ausgangslage Die Präimplantationsdiagnostik (PID, Untersuchung eines durch künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation, IVF) erzeugten Embryos auf genetische Defekte hin vor dessen Einpflanzung in die Gebärmutter) ist in der Schweiz gemäss Artikel 5 Absatz 3 Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) seit 2001 verboten. 1 Im Jahre 2005 stimmten beide Kammern einer Motion der nationalrätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur zu, welche den Bundesrat mit der Ausarbeitung einer gesetzlichen Regelung zur Zulassung der PID beauftragte. 2 Am 18. Februar 2009 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zur Änderung des FMedG betreffend der Zulassung der PID. Nebst den Kantonen, zwei interkantonalen Organisationen und dem Fürstentum Liechtenstein wurden 15 Parteien, drei gesamtschweizerische Dachverbände (Gemeinden, Städte und Berggebiete), acht Spitzenverbände der Wirtschaft sowie 125 Organisationen und interessierte Kreise zur Stellungnahme eingeladen. Auf ihr Ersuchen hin wurden zudem zwei weiteren politischen Parteien sowie 22 Organisationen bzw. interessierten Kreisen die Vernehmlassungsunterlagen zugestellt. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 18. Mai 2009. 2 Zusammenfassung der Ergebnisse 2.1 Beurteilung des Entwurfs im Überblick Von den insgesamt 204 Adressaten äussern sich 92 inhaltlich zur Vorlage; zehn Adressaten, darunter vier Kantone, verzichten explizit auf eine Stellungnahme (GL, OW, SH, UR, KVS, QUALAB, SAV, SNF, SSV, SULM). Die Stellungnahmen lassen sich vereinfacht vier verschiedenen Positionen zuordnen. Eine erste Position, die von 22% der Vernehmlassungsteilnehmenden vertreten wird, spricht sich sowohl gegen die vorgeschlagene Gesetzesänderung als auch gegen die Zulassung der PID in der Schweiz aus (vgl. 2.2.1). Eine zweite Position befürwortet grundsätzlich die Zulassung der PID in der Schweiz; sie bringt aber gewichtige Einwände gegen die Gesetzesänderung vor, so dass sie die Vorlage insgesamt ablehnt (vgl. 2.2.2). Diese Position wird von 50% bzw. der Hälfte der Teilnehmenden eingenommen. Eine dritte Position, die etwa 15% der Teilnehmenden beziehen, stimmt der Vorlage unter bestimmten Vorbehalten zu (vgl. 2.2.3). Eine vierte, von 13% der Teilnehmenden vertretene Position, bejaht die Vorlage vorbehaltlos (vgl. 2.2.4). In der Summe sprechen sich rund 80% der Teilnehmenden grundsätzlich für die Zulassung der PID in der Schweiz aus. Von diesen sprechen sich indessen nur etwa 15% vorbehaltlos für die Vorlage aus. Während sowohl die Kantone als auch die Parteien sehr unterschiedliche Positionen einnehmen, beziehen die Akademien, Fachgesellschaften, Universitäten und Spitäler überwiegend die zweite Position (ja zur PID, nein zur Vorlage). Demgegenüber sprechen sich kirchliche Organisationen mehrheitlich für die erste Position aus (nein zur PID, nein zur Vorlage). 1 Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung, Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG, SR 810.11. 2 Motion 04.3439; Wortlaut der Motion vom 2. September 2004: „Der Bundesrat wird beauftragt, eine Regelung vorzulegen, welche die Präimplantationsdiagnostik ermöglicht und deren Rahmenbedingungen festlegt.“ 3 2.2 Die einzelnen Positionen 2.2.1 Nein zur PID, nein zur Vorlage 20 Vernehmlassungsteilnehmende sprechen sich explizit gegen die Zulassung der PID in der Schweiz und somit gegen die vorgeschlagene Gesetzesänderung aus (LU, VS, CVP, EVP, KVP, Anthro, ASDV, BAgGT, BK-SBK, HLI, HPI-J, HPI-S, JazL, Mamma, SEK, SWK, Uni-BE-t, UNION, VFG, VKAS). Während einige Teilnehmende betonen, die PID sei nicht mit der Menschenwürde vereinbar, warnen andere vor negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft. 10 Vernehmlassungsteilnehmende halten ausdrücklich fest, dass die PID gegen die Menschenwürde resp. gegen das Recht auf Leben verstosse (VS, EVP, KVP, ASDV, BKSBK, JazL, Mamma, SEK, VKAS, Uni-BE-t). Sie fordern die Anerkennung der Menschenwürde von Embryonen und die Gewährleistung deren Lebensschutzes. LU stört sich daran, dass bei der PID die „gezielte Verwerfung und Eliminierung von Embryos in Kauf genommen“ werde. BAgGT und Mamma weisen darauf hin, dass die PID ein experimentelles Verfahren darstelle, so dass derzeit keine Aussagen über mögliche Langzeitschäden gemacht werden könnten. Indessen gäbe es Hinweise darauf, dass Embryonen nach einer erfolgten Zellabspaltung sich schlechter in die Gebärmutter einnisten würden. 9 Vernehmlassungsteilnehmer warnen vor gravierenden sozialen Auswirkungen infolge der fortschreitenden Medikalisierung der Fortpflanzung (LU, CVP, BAgGT, HLI, HPI-J, HPI-S, JazL, Mamma, SWK). So wird zum einen befürchtet, dass genetisch belastete Paare in Zukunft nicht mehr frei darüber entscheiden könnten, ob sie eine PID durchführen möchten. Zum anderen wird vorgebracht, Eltern mit einem Kind mit einer Behinderung müssten sich zusehends den Vorwurf gefallen lassen, ein solches Kind hätte „verhindert“ werden können. Schliesslich wird angeführt, dass infolge der PID kranke Menschen oder Menschen mit Behinderungen zunehmend diskriminiert würden. Dabei wird vor einer Entsolidarisierung der Gesellschaft gewarnt. BAgGT, BK-SBK, CVP, Mamma, JazL und SWK befürchten weiter eine Ausweitung des Anwendungsgebiets der PID. Eine Eingrenzung der PID auf „schwere Krankheiten“ sei nicht durchführbar, wie die internationale Praxis der letzten Jahre deutlich aufzeige. Der Begriff „schwere Krankheit“ könne nicht objektiv definiert werden und sei deshalb als Einschränkungskriterium unbrauchbar (BAgGT). Die PID öffne der Eugenik Tür und Tor (BK-SBK, SWK) resp. dem Bestreben, Embryonen in vitro einer Selektion nach immer mehr Eigenschaften zu unterwerfen (Mamma). BAgGT bezweifelt grundsätzlich die Verfassungskonformität der PID. Er weist darauf hin, dass gemäss Artikel 119 BV Embryonen sofort (nach Befruchtung) implantiert werden müssten. Nach dieser Lesart wäre demzufolge eine vorgängige genetische Untersuchung verfassungswidrig. 4 2.2.2 Ja zur PID, nein zur Vorlage 46 Stellungnahmen befürworten grundsätzlich die Zulassung der PID, lehnen die Vorlage aber ab, weil sie mit mindestens einem der nachfolgend unter Ziffer 1 und 2 ausgeführten zentralen Regelungsinhalte nicht einverstanden sind (AG, BS, GE, JU, SG, SZ, TI, VD, FDP, Grüne, SP (Minderheit), CVP-Frauen, AWS, BA-Uni ZH, CP, CPMA, EZ, FfL, FMH, Gen, GUMEK, H+, IMG, Insel, Interpharma, KHM, Kiwu, NEK, Procrea, SGGG, SGGG-H, SGMG, SGP, SGRM, SKB, SMV, SPO, SWTR, Uni BE-m, Uni GE, UNIL, Uni NE, Uni ZH, Viollier, VLSS, VSAO): 1. Beibehaltung der Regel, gemäss welcher höchstens drei Embryonen pro Fortpflanzungszyklus erzeugt werden dürfen (Dreier-Regel), sowie Beibehaltung des Verbots der Kryokonservierung von Embryonen. Gemäss den ablehnenden Stellungnahmen lassen diese Rahmenbedingungen eine medizinisch sinnvolle Durchführung der PID nicht zu. Sie fordern deshalb die Aufhebung der Dreier-Regel und/oder des Verbots der Kryokonservierung von Embryonen (vgl. 4.1 und 4.2). Knapp die Hälfte davon weist ausdrücklich darauf hin, dass deshalb Artikel 119 BV revidiert werden müsse (vgl. 4.3). 2. Zulässige Indikationen. Diese seien zu restriktiv formuliert. Häufig wird dabei verlangt, die Zulässigkeit bei der PID gleich zu regeln wie bei der Pränataldiagnostik (PND). Gefordert wird zudem die Zulassung des Aneuploidie-Screenings, sei dies nun zur Unterstützung der Unfruchtbarkeitsbehandlung oder für fruchtbare Paare in fortgeschrittenem Alter. Teilweise wird auch die Zulässigkeit der PID zur Auswahl immunkompatibler Embryonen gewünscht, namentlich für eine spätere Blutstammzellspende für ein krankes Geschwister (vgl. 3.1.2). Die Mehrheit dieser Stellungnahmen äussert darüber hinaus Vorbehalte zu anderen Regelungsinhalten, vor allem zum Bewilligungswesen (vgl. 3.3) bzw. zur Meldepflicht (vgl. 3.3.3). Einzelne fügen zudem an, dass der Entwurf der Tendenz hin zu liberaleren Regelungen zuwiderlaufe, und verweisen dabei auf neuere Volksentscheide im Bereich der Biomedizin (FDP, AWS, Gen, SWTR, Uni GE, Viollier). 2.2.3 Zustimmung zur Vorlage unter einzelnen Vorbehalten 14 Stellungnahmen stimmen der Vorlage grundsätzlich zu, sind aber mit einzelnen Bestimmungen nicht einverstanden (AI, BL, FR, SO, TG, ZH, CSP, CCVEM, insieme, ISE, KVEB, SGAR, SKF, VKS). Die Vorbehalte betreffen zumeist das Bewilligungsverfahren, namentlich die für jedes einzelne PID-Verfahren vorgesehene Meldepflicht. Diese wird als zu bürokratisch eingestuft. Dabei verweisen die Stellungnahmen namentlich darauf, dass weder bei der PND noch beim Schwangerschaftsabbruch ein solches Verfahren zur Anwendung komme. Die meisten dieser Stellungnahmen erachten eine jährliche Berichterstattung als ausreichend. 2.2.4 Umfassende Zustimmung zur Vorlage 12 Stellungnahmen sind mit der Vorlage einverstanden, ohne Vorbehalte zu äussern (BE, GR, NW, ZG, SP, SVP, DOK, Procap, ProInf, SGIM, SIG, VGBPND). Mehrere von ihnen machen dabei deutlich, dass sie der PID nur solange zustimmen können, als weder die Rahmenbedingungen noch die zulässigen Indikationen erweitert werden. 5 2.2.5 Tabellarische Darstellung der einzelnen Positionen Zustimmung zur Vorlage Kantone BE; GR; NW; ZG Zustimmung zur Vorlage mit Vorbehalten AI; BL; FR; SO; TG; ZH Parteien SP 3 , SVP CSP Akademien, Fachgesellschaften, Universitäten, Spitäler SGIM SGAR; VKS ProInf; DOK; Procap insieme; KVEB CCVEM; ISE Wirtschaftsverbände Patientenorganisationen Ethikkommissionen und – Institute Kirchliche Organisationen Einzelpersonen Weitere Organisationen und Firmen Total SIG Ja zur Nein Vorlage PID, zur AG; BS; GE; JU; SG; SZ; TI; VD FDP; Grüne 4 ; CVP-Frauen AWS; BA-Uni ZH; CPMA; GUMEK; FMH; H+; IMG; Insel; KHM; SGGG; SGMG; SGP; SGRM; SMV; Uni-BE-m; Uni GE; UNIL; Uni NE; Uni ZH; VLSS; VSAO CP; Interpharma Kiwu; SPO Nein zur PID, Nein zur Vorlage LU; VS CVP; EVP; KVP HPI-J, HPI-S, Uni-BE-t; UNION EZ; NEK SKF BK-SBK; SEK; SWK; VFG; SGGG-H VGBPND 12 FfL; Gen; Procrea; SKB; SWTR; Viollier 14 46 3 Anthro; ASDV; BAgGT; HLI; JazL; Mamma; VKAS 20 Die SP weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass eine starke Minderheit eine abweichende Meinung vertritt. Die abweichende Meinung der Minderheit wäre in dieser Tabelle unter "Ja zur PID, Nein zur Vorlage" einzustufen. 4 Die Grünen weisen in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass eine starke Minderheit eine abweichende Meinung vertritt. Die abweichende Meinung der Minderheit wäre in dieser Tabelle unter "Nein zur PID, Nein zur Vorlage" einzustufen. 6 3 Stellungnahmen zu den einzelnen Bestimmungen der Vorlage 3.1 Indikationen (Art. 5 und 5a) 3.1.1 Artikel 5 Art. 5 Bst. b GUMEK verlangt die Streichung des Adjektivs "schwer"; die Fortpflanzungsverfahren sollten auch zur Verhinderung der Übertragung einer nicht gravierenden Erbkrankheit zugelassen werden. 3.1.2 Artikel 5a Absatz 1 TI moniert, der Gesetzestext suggeriere indirekt, dass nicht nur Embryonen, sondern auch Keimzellen einen intrinsischen Wert hätten. Dies sei jedoch inadäquat. ZH, CPMA, IMG, SGGG, SGRM und Uni ZH wollen die Zulässigkeit der Polkörperdiagnostik im Gesetz klar verankern. CPMA hält die Formulierung "wenn die Gefahr (...) nicht anders abgewendet werden kann" für nicht adäquat, weil im Anschluss an die Untersuchung des Erbgutes von Keimzellen immer auch noch eine PND möglich sei. SGMG würde aus dem gleichen Grund Absatz 1 ergänzen mit "sind alternativ zur Pränataldiagnostik nur zulässig, wenn...". SKF schlägt vor, die Formulierung "nach ihrem Geschlecht oder nach anderen Eigenschaften" zu streichen. Absatz 2 Allgemeines Von den 72 Vernehmlassungsteilnehmenden, welche sich grundsätzlich für die Zulassung der PID aussprechen, äussern sich 44 zu Artikel 5a Absatz 2. Zur Hauptsache fordern sie die Angleichung der PID-Regelung an die Regelung der PND resp. eine Ausweitung des Anwendungsgebietes der PID. 18 Stellungnehmende (FDP, SP (Minderheit), AWS, EZ, FfL, Gen, GUMEK, H+, Insel, Interpharma, Kiwu, SGGG, SGRM, SWTR, Uni BE-m, Uni GE, UNIL, Viollier) verlangen, dass die PID unter vergleichbaren Voraussetzungen wie die PND zulässig sein soll. Sowohl das geltende PID-Verbot als auch die vorgeschlagene PID-Regelung seien inkohärent zur Regelung der PND. Es sei unverständlich, weshalb die Regelung der PID restriktiver als diejenige der PND sein soll. FR, SO, Grüne und SPO sprechen sich für eine Liste mit Krankheiten aus, die mittels PID diagnostiziert werden dürfen. Sie argumentieren, dass eine solche Liste Klarheit schaffen würde. Gegen eine Liste äussern sich AG, TI, FDP, Insieme, NEK, Procrea, UNIL und VGBPND. Sie führen u.a. an, dass eine solche Liste zwangsläufig unvollständig sei und überdies stigmatisierend wirke. 7 9 Teilnehmende (BS, FMH, GUMEK, IMG, NEK, Procrea, SGMG (Anschluss an NEK), VLSS, VSAO) sprechen sich für die Zulassung der PID für infertile Paare aus. Die Unterstützung der Unfruchtbarkeitsbehandlung mittels des Aneuploidie-screenings entspreche der in Artikel 5 Buchstabe a formulierten Zielsetzung, Fortpflanzungsverfahren zur Behandlung von Unfruchtbarkeit einzusetzen (NEK). Zudem dürfe der Umstand, dass in jüngster Zeit verschiedene Studien auf die fehlende Wirksamkeit des Aneuploidie-screenings bei der Unfruchtbarkeitsbehandlung hingewiesen haben, kein Grund dafür sein, das Aneuploidie-screening zu verbieten (GUMEK). Des Weiteren beantragen 12 Teilnehmende (SG, FDP, FfL, FMH, Gen, GUMEK, Kiwu, SGGG, SGRM, Viollier, VLSS, VSAO), das Aneuploidie-screening für fruchtbare Paare in fortgeschrittenem Alter zu erlauben. SG fordert dies explizit für Frauen ab 35 Jahren. Darüber hinaus verlangen weitere 8 Teilnehmende (SO, KHM, NEK, SGGG-H, SGMG, SKB, SWTR, Uni NE), das Aneuploidie-screening ohne Einschränkungen zuzulassen. ZH, BA-Uni ZH und EZ regen an, die Zulassung des Aneuploidie-screenings nochmals vertieft zu überprüfen. 12 Teilnehmde (BS, TI, AWS, GUMEK, Insel, Interpharma, NEK, SGMG (Anschluss an NEK), SGP, SKB, SWTR, Uni BE-m) beantragen die PID zur Auswahl immunkompatibler Embryonen (Retter-Baby) unter bestimmten Voraussetzungen zu erlauben (z.B. nach Zustimmung eines Ethikrates [BS]). BA-Uni ZH und EZ regen an, die Zulässigkeit dieser Indikation zumindest nochmals zu überprüfen. UNIL beantragt einen neuen Absatz 3, welcher dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, die Regeln der Good Medical Practice im Bereich der PID in einer Verordnung festzuhalten. Gegen eine Ausweitung der Anwendungsgebiete, indessen nicht gegen den Entwurf als solchen, sprechen sich ausdrücklich 14 Vernehmlassungsteilnehmende aus (AI, BE, GR, SZ, CSP, SP (Mehrheit), SVP, DOK, Insieme, KVEB, Procap, Pro Infirmis, SKF, VGBPND). SZ betont insbesondere seine ablehnende Haltung gegenüber der PID zur Auswahl von immunkompatiblen Embryonen. Bemerkungen zu den einzelnen Zulässigkeitsvoraussetzungen CCVEM und SKF schlagen vor, in Artikel 5a Absatz 2 "nach ihrem Geschlecht oder nach anderen Eigenschaften" zu streichen. Absatz 2 Buchstabe a 6 Teilnehmende (KVP, Anthro, BAgGT, HPI-J, HPI-S, Mamma) halten den Begriff "schwere Krankheit" für zu unbestimmt. BAgGT weist darauf hin, dass der Begriff grundsätzlich nicht definierbar sei und betrachtet ihn als Einschränkungskriterium für unbrauchbar. Insieme weist auf die Schwierigkeit hin, den Schweregrad einer Krankheit allgemein zu bestimmen. FR fordert die Präzisierung des Begriffs auf Verordnungsstufe. GUMEK, Insel und Uni BE-m plädieren für die Streichung des Adjektivs "schwer"; sie sind der Auffassung, man solle analog zur Regelung der PND nicht nur schwere Erbkrankheiten nachweisen dürfen, sondern darüber hinaus auch weniger gravierende. Zudem sei eine Abgrenzung zwischen einer schweren und einer nicht schweren Erbkrankheit kaum möglich (GUMEK). 8 Absatz 2 Buchstabe b 20 Vernehmlassungsteilnehmende sprechen sich gegen den Artikel 5a Absatz 2 Buchstabe b aus bzw. verlangen dessen Aufhebung (AG, TI, FDP, KVP, ASDV, CPMA, EZ, FfL, Gen, GUMEK, Insel, ISE, Kiwu, NEK, SGMG, SGP, SGRM, SKB, Uni BE-m, Viollier). Die darin festgeschriebene 50-Jahr-Grenze sei arbiträr (KVP, GUMEK, NEK) resp. diskriminierend (GUMEK). UNIL schlägt vor, anstelle der 50-Jahr-Grenze im Gesetz festzuschreiben, dass nur Erbkrankheiten mit einer signifikanten Manifestationswahrscheinlichkeit diagnostiziert werden dürfen. Mamma fordert eine Altersgrenze von 25 Jahren. Absatz 2 Buchstabe c FDP, Kiwu, SGMG und SKB verlangen ausdrücklich die Streichung dieser Bestimmung. Laut Kiwu wäre eine Beurteilung der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit einer Therapie enorm schwierig. BS schlägt die Ergänzung vor, dass die wirksame und zweckmässige Therapie eine normale Lebenserwartung garantieren müsse. Insieme hält fest, dass für die meisten Erbkrankheiten keine kausale (wirksame) Therapie zur Verfügung stehe; genetische Störungen seien in der Regel nicht therapierbar, jedoch deren Begleiterscheinungen. Sie schlägt daher vor, Buchstabe c folgendermassen zu ergänzen: „keine wirksame und zweckmässige Therapie zur Bekämpfung der schweren Krankheit und der Beschwerden, die mit ihr einher gehen, zur Verfügung steht". Absatz 2 Buchstabe d BS fordert die Streichung von Buchstabe d, da die Beratungspflicht in Artikel 6a dem Erfordernis der Geltendmachung der Unzumutbarkeit genügend Rechnung trage. CPMA verlangt ebenfalls die Streichung von Buchstabe d und schlägt stattdessen einen neuen Artikel 6a Absatz 4 vor, gemäss welchem die genetische Untersuchung von Keimzellen oder Embryonen der schriftlichen Zustimmung der betroffenen Paare unterliegt. Für HPIJ und HPI-S fehlen Kriterien zur Bestimmung der Unzumutbarkeit. 3.2 Information und Beratung (Art. 6 und 6a) Grundsätzliche Bemerkungen FDP, AWS, GUMEK, Insel, SWTR, Uni BE-m, Uni GE und UNIL wünschen eine Regelung der Information und Beratung analog zu den Regeln im Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) 5 . AG, SGGG und SGRM möchten das Aneuploidie-screening zulassen und für dieses die genetische Beratung nur fakultativ vorschreiben. Für ASDV sind Artikel 6 und 6a unpraktikabel. Sie bringt vor, dass ein Arzt unmöglich über sämtliche relevanten Aspekte informieren könne, dazu müsste er gleichzeitig Arzt, Wirtschaftsexperte, Sozialarbeiter und Psychologe sein und in allen Bereichen stets über die neusten wissenschaftlichen Errungenschaften informiert sein. Ausserdem sei Information ohne Beeinflussung nicht möglich. Das individualisierte Verständnis von Krankheit und Behinderung ist gemäss HPI-J und HPI-S veraltet und die Begriffe "Krankheit" und "Behinderung" sollten nicht vermischt werden. 5 Vom 8. Oktober 2004, SR 810.12 9 Zur Person, welche für die Durchführung der Information bzw. Beratung zuständig ist FR wünscht den Beizug eines Spezialisten in medizinischer Genetik. H+ und UNIL schlagen betr. Artikel 6a Absatz 3 vor, dass nicht die Ärztin oder der Arzt, sondern die beigezogene Fachexpertin resp. der beigezogene Fachexperte das Beratungsgespräch dokumentieren solle, namentlich die wichtigsten inhaltlichen Punkte und Ergebnisse. SKF verlangt, bei der Beratung eine Fachperson aus dem sozialpsychologischen Bereich beizuziehen und die Beratung ganzheitlich auszugestalten. UNIL verlangt, dass die Ärztin oder der Arzt, welcher zwar die PID veranlasst, aber das Beratungsgespräch nicht selber durchführt, anlässlich des Beratungsgesprächs mit der Fachexpertin resp. dem Fachexperten anwesend sein solle. Zum Inhalt der Beratung Einzelne Stellungnahmen betreffen den Wortlaut der relevanten Bestimmungen: BS verlangt die Streichung des Begriffs "nichtdirektiv" in der Beratung sowie der Formulierung "und nicht allgemeinen gesellschaftlichen Interessen Rechnung tragen", weil diese ein Misstrauensvotum gegenüber der Ärzteschaft ausdrücken. FDP verlangt die Streichung des Begriffs "hinreichend", HLI verlangt, ihn durch "sorgfältig" zu ersetzen und Artikel 7 zu belassen. Andere Stellungnahmen schlagen weitere Inhalte vor, die in die Beratung einbezogen werden sollten: CSP wünscht, die bestehenden Unterstützungsmöglichkeiten durch den Staat und die Gesellschaft in der Information des betroffenen Paares zu berücksichtigen. CCVEM schlägt vor, bei Buchstabe d anzufügen "wie Unsicherheiten und Risiken, die sich aus der Entnahmemethode des genetischen Materials am Embryo ergeben". Insel und Uni BE-m beantragen, die Alternativen "Pränatale Diagnostik und Schwangerschaftsabbruch" im Rahmen der Beratung aufzuzeigen. Kiwu fordert, dass die Beratung auch die "Belastungen für die Schwangere, für das Kind und Erwachsene durch die zu diagnostizierende Krankheit" umfasse, sowie die Information über Vereinigungen von betroffenen Paaren. Gemäss KHM sollen die zuständigen Fachpersonen die Beratung dem konkreten Fall anpassen, weshalb ihr Inhalt nicht im Gesetz festzuschreiben sei. Weitere Bemerkungen CPMA würde Artikel 5a Absatz 2 Buchstabe d streichen und stattdessen bei Artikel 6a folgenden Absatz 4 einfügen: "Die genetische Untersuchung von Keimzellen oder Embryonen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Paares." UNIL schlägt in Artikel 6 Absatz 3 und in Artikel 6a Absatz 3 vor, dem betroffenen Paar anlässlich des Beratungsgesprächs zwei Formulare abzugeben, eines für die Information und eines für die Einwilligung. 3.3 Bewilligungs- und Meldewesen, Aufsicht (Artikel 8, 10a, 11, 11a, 12, 14) 42 Vernehmlassungsteilnehmende äussern sich kritisch zum Vollzug der PID-Regelung (AG, AI, BL, BS, GE, JU, SO, TG, TI, ZH, FDP, CVP-Frauen, Grüne, SVP, ASDV, AWS, CPMA, CP, FfL, FMH, Gen, GUMEK, HLI , H+, Insel, Interpharma, KHM, Kiwu, Mamma, NEK, SGMG, SGRM, SKB, SWTR, SMV, Uni BE-m, Uni GE, Uni NE, Viollier, VKS, 10 VLSS, VSAO). Sie bringen zur Hauptsache vor, dieser sei im Vergleich zu Verfahren in ähnlichen Bereichen (GUMG, Schwangerschaftsabbruch) unverhältnismässig streng und trage dem Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen nicht genügend Rechnung. ASDV erachtet den Vollzug als ungeeignet und ineffizient. 3.3.1 Bewilligungsbehörde (Artikel 8) BL und VKS erachten eine Zweiteilung des Bewilligungsverfahrens als unpraktisch, beide Bereiche (IVF und PID) sollen entweder vom Bund oder von den Kantonen vollzogen werden. HLI möchte die bestehende IVF-Aufsicht generell dem Bund unterstellen. Demgegenüber bevorzugt CP aufgrund des Subsidiaritätsprinzips einen rein kantonalen Vollzug. KHM wünscht, dass der Vollzug von einer Begleitkommission unterstützt wird. GE findet eine Bundesbewilligung gemäss Absatz 2 zusätzlich zur kantonalen IVFBewilligung nach Absatz 1 Buchstabe a überflüssig. TG schlägt vor, die Zuständigkeit gemäss Absatz 2 der NEK anstelle dem BAG zu übertragen. Auch für H+ ist die NEK die richtige Instanz zur Aufsicht und Qualitätssicherung. H+, Insel und Uni BE-m begrüssen eine Bewilligungspflicht für Reproduktionskliniken und PID-Labors sowie stichprobeartige Kontrollen. Auch FMH unterstützt eine Bewilligungspflicht für Ärztinnen und Ärzte sowie Laboratorien im Zusammenhang mit der Durchführung von PID-Verfahren. 3.3.2 Bewilligungsvoraussetzungen (Artikel 10a) SO fordert höhere Anforderungen an die Laboratorien, da diese die PID tatsächlich durchführen (Abs. 2 Bst. c). CVP-Frauen verlangen, dass nur vom BAG bestimmte Laboratorien mit PID-Kliniken zusammenarbeiten dürfen. 3.3.3 Meldepflicht (Artikel 11a) 32 Vernehmlassungsteilnehmende äussern sich gegen eine Meldepflicht im Einzelfall gemäss Absatz 1 (AG, AI, BL, BS, GE, TG, TI, ZH, FDP, Grüne, ASDV, AWS, CPMA, FfL, FMH, GUMEK, H+, Insel, KHM, Kiwu, NEK, SGMG, SGRM, SKB, SWTR, Uni BE-m, Uni GE, Uni NE, Viollier, VKS, VLSS, VSAO). Eine solche Meldepflicht sei mit einem unverhältnismässigen administrativen Aufwand verbunden und somit unpraktikabel. AG, FDP und KHM weisen darauf hin, dass auch bei der PND keine Meldepflicht bestehe und dass die beiden Verfahren grundsätzlich gleich zu regeln seien. AWS und GUMEK finden die Missbrauchsbefürchtungen übertrieben und fordern eine Angleichung an die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. AI, TG und ZH betonen, dass die vorgeschlagene Lösung im Ergebnis auf eine zu vermeidende Einzelfallbewilligung hinaus laufe. Für BS und GE ist das faktische Vetorecht des BAG sachlich nicht gerechtfertigt und stellt ein Misstrauensvotum gegenüber der Ärzteschaft dar. Die bestehenden gesetzlichen Vorgaben seien ausreichend. Die FDP stellt weiter die Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der persönlichen Freiheit in Frage. BL und VKS sind der Ansicht, dass mit diesem Verfahren keine Missbrauchsverhütung umgesetzt werden könne. 11 17 der 32 oben genannten Vernehmlassungsteilnehmenden sind der Ansicht, dass eine jährliche Meldung / Berichterstattung ausreiche (AI, BS, GE, TG, ZH, FMH, GUMEK, Insel, Kiwu, NEK, SGMG, SWTR, Uni BE-m, Uni NE, VKS, VLSS, VSAO). H+ bevorzugt eine halbjährliche Meldung / Berichterstattung. TI schlägt eine zentrale Sammlung mit Publikation vor. GUMEK findet es ethisch nicht vertretbar, dass die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt zur persönlichen Situation des Paares Auskunft erteilt und die Verwaltung gestützt darauf einen individuellen medizinischen Entscheid trifft (Abs. 1 Bst. a). Sie fordert eine Anpassung der zu meldenden Angaben, sofern die Meldepflicht beibehalten würde. Der Inhalt der Meldung sei auf krankheitsbezogene Informationen zu beschränken und dürfe nicht auf die Situation des betroffenen Paares erweitert werden. 10 Vernehmlassungsteilnehmende verlangen ausdrücklich eine andere Entscheidbehörde als das BAG (GE, CP, GUMEK, H+, SKB, SKF, Insel, KMH, Uni BE-m, Uni GE). Fünf fordern die Streichung von Absatz 3 (CPMA, GUMEK, H+, Kiwu, KHM). Das BAG habe für diese Aufgabe nicht die notwendige Kompetenz, und der Staat solle sich nicht in persönliche Entscheidungen einmischen. SKF schlägt vor, eine Expertenkommission für die Begutachtung jeder einzelnen PID einzusetzen. CPMA weist darauf hin, dass ohne gesetzliche Regelung der Entscheidungskriterien ein Risiko der Willkür bei den Entscheidungen bestehe. 12 Vernehmlassungsteilnehmende äussern sich gegen die in Absatz 3 festgelegte Frist von 60 Tagen, innerhalb welcher das BAG allenfalls zu verfügen hat (AI, GE, TG, ZH, FMH, H+, NEK, SAMW, SWTR, Uni GE, VLSS, VSAO). Diese sei zu lang und für die Betroffenen unzumutbar. CVP-Frauen schlagen stattdessen eine Frist von 15 Tagen vor. Gemäss UniL sollte der Beginn der 60-Tage-Frist präzisiert werden. 3.3.4 Aufsicht (Artikel 12) Mamma findet Kontrolle und Aufsicht im Verfahren mangelhaft, insbesondere erscheint ihm die Delegation der Aufsicht an Organisationen wie z.B. die Schweizerische Akkreditierungstelle untauglich. Gemäss BK-SBK soll die FIVNAT beim Vollzug nicht mehr beigezogen werden. HLI verlangt, dass weiterhin unangemeldete Inspektionen durchgeführt werden dürfen. SPO fordert die Führung eines Registers bezüglich Durchführung und Verlauf des Verfahrens sowie der weiteren Verwendung überzähliger Embryonen. Die SVP betont, dass die Vollzugskosten vom BAG zu tragen seien, ohne dass hierfür zusätzliche Gelder zur Verfügung zu stellen sind. Mamma schlägt vor, die Kosten für den Vollzug den Nutzniessern zu übertragen. ASDV erwartet wesentlich höhere Vollzugskosten, als dies in den Erläuterungen ausgewiesen wird. 3.3.5 Ausführungsbestimmungen (Artikel 14) BK-SBK wünscht klarere Leitplanken für die Kompetenzen des Bundesrats im Bereich der Ausführungsbestimmungen. 12 3.4 Evaluation und Förderung der Forschung (Art. 14a und 14b) 3.4.1 Evaluation (Art. 14a) Zur Evaluation äussern sich 11 Stellungnahmen. Zwei davon beantragen, auf eine Evaluation zu verzichten (FDP, ASDV), während die anderen neun diese grundsätzlich begrüssen (TI, SGMG, SP, DOK, H+, insieme, KVEB, Procap, Uni NE). FDP verlangt die Streichung dieses Artikels wegen ungenügender Fallzahlen. ASDV findet eine Evaluation bei derart geringen Fallzahlen unverhältnismässig. TI ist mit einer Evaluation im Grundsatz einverstanden, schlägt aber vor, hierfür Experten beizuziehen, namentlich TA-Swiss. Auch SGMG begrüsst grundsätzlich eine Evaluation, schlägt aber folgenden Wortlaut vor: "Das BAG sorgt für die angemessene Evaluation aller Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Implementierung der PID ergeben". Ausdrücklich begrüsst wird die Bestimmung zur Evaluation von SP, DOK, H+, insieme, KVEB, Procap und Uni NE. 3.4.2 Förderung der Forschung (Art. 14b) Die Bestimmung zur Förderung der Forschung wird von 5 Stellungnahmen in ihrer aktuellen Form ausdrücklich begrüsst (SO, TI, H+, insieme, Uni NE). Weitere sechs Teilnehmende heissen die Bestimmung zwar im Grundsatz gut, würden sie aber noch ergänzen (ASDV, UNIL, BA-Uni ZH, ZH, EZ, SPO): Für ASDV fehlt die Forschung betr. negativer Auswirkungen auf die psychologische Situation von Kindern mit einer Behinderung. UNIL würde nicht nur jene Forschung regeln, welche vom Bund in Auftrag gegeben oder gefördert wird, sondern generell die Forschung in diesem Bereich. Zu diesem Zweck schlägt sie vor, sowohl im Gliederungstitel vor Artikel 14a als auch in der Artikelüberschrift von Artikel 14b den Begriff „Förderung“ zu streichen. Dem soll auch ein neuer Absatz 3 mit einem Verweis auf die geltenden Regeln zur Forschung dienen. BAUni ZH und EZ fänden Studien wünschenswert, die die Nutzung der PID aus verschiedenen Perspektiven hinsichtlich Motivation, Erwartungen, tatsächlichen Verläufen etc. nachzeichnen und somit als Datenbasis für künftige evidenzbasierte policy-Entscheidungen in diesem Bereich dienen könnten. SPO verlangt eine wissenschaftliche Begleitung der ganzen PID-Prozedur. 3.5 Strafbestimmungen (Art. 33 ff.) FDP wünscht die Streichung von Artikel 33, weil diese Bestimmung zu viele Ermessensbegriffe enthalte. Zudem gehöre eine entsprechende Strafnorm ins StGB. Gemäss CCVEM ist der Teilsatz "sie nach ihrem Geschlecht oder nach anderen Eigenschaften" zu streichen. CSP verlangt als Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. UNIL schlägt vor, bei Artikel 34 zu ergänzen, dass es sich um die "spezifisch informierte" Einwilligung handeln muss. SKF erachtet die maximale Höhe der Busse in Artikel 37 als zu tief. Gemäss ASDV ist die maximale Geldstrafe bei einer Milliarde Franken anzusetzen. HLI schlägt vor, die Strafverfolgung (Art. 38) dem Bund zu übertragen. 13 3.6 Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen (Art. 35 Abs. 2 Bst. k (neu) GUMG) Gemäss GUMEK ist im Zusammenhang mit ihrem neuen Auftrag unklar, welche Informationen die behandelnde ärztliche Fachperson liefert und welche die Kommission selber einholen muss. Sie weist in der Folge darauf hin, dass die Beurteilung komplexer Einzelfälle zu einer Erhöhung der Arbeitsbelastung der GUMEK führen werde, welche mit einer Erhöhung der zur Verfügung stehenden Ressourcen einher gehen müsse. UNIL schlägt vor, dass die GUMEK in Analogie zur Pränataldiagnostik (Art. 35 Abs. 2 Bst. f GUMG) auch zur PID Empfehlungen abgeben solle. Diese Empfehlungen können die Information und genetische Beratung, aber auch die Ausbildung und notwendigen weiteren Qualifikationen betreffen. 4 Weitere Bemerkungen 4.1 Aufhebung der Dreier-Regel (Art. 17 Abs. 1) 46 Vernehmlassungsteilnehmende fordern, dass für die PID die Regel aufgehoben wird, gemäss welcher pro Zyklus höchstens drei imprägnierte Eizellen zu Embryonen entwickelt werden dürfen (AG, BS, GE, JU, SG, SZ, TI, FDP, Grüne, H+, SP (Minderheit), CVP-Frauen, AWS, BA-Uni ZH, CP, CPMA, EZ, FfL, FMH, Gen, GUMEK, IMG, Insel, Interpharma, KHM, Kiwu, NEK, Procrea, SGGG, SGGG-H, SGMG, SGP, SGRM, SKB, SKF, SMV, SPO, SWTR, Uni BE-m, Uni GE, UNIL, Uni NE, Uni ZH, Viollier, VLSS, VSAO). Sie halten fest, dass die Beibehaltung dieser Regel eine sinnvolle und dem geltenden medizinischen Standard entsprechende Durchführung der PID verunmögliche. In etwa drei Viertel dieser Stellungnahmen wird präzisiert, dass die Dreier-Regel nur für die PID, nicht aber für die IVF generell aufzuheben sei. AG schlägt in diesem Sinne konkret vor, dass die Limitierung auf drei Embryonen nicht gelten solle, "falls eine Untersuchung des Erbguts von Keimzellen oder Embryonen geplant ist". NEK weist darauf hin, dass die Dreier-Regel nicht nur aus Praktikabilitätserwägungen, sondern auch aus ethischen Gründen aufzuheben sei. Eine Praxis wie die PID dürfe nur in einer Art und Weise zugelassen werden, wie sie effektiv und zielführend durchgeführt werden kann. Sie dürfe für die betroffenen Paare nicht wiederum mit neuen Unsicherheiten oder zusätzlichen Belastungen durch wiederholte IVF-Zyklen einhergehen. 20 Stellungnahmen halten ausdrücklich fest, dass der PID-Tourismus ins liberalere Ausland weiter bestehen werde, solange die Gesetzgebung an der Dreier-Regel festhalte (FR, VD, FDP, AWS, FMH, FfL, Gen, Insel, Interpharma, Kiwu, SGGG, SGGG-H, SGRM, SKB, SMV, SWTR, Uni GE, Uni NE, VLSS, VSAO). H+ fordert generell, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich die betroffenen Paare auch tatsächlich an reproduktionsmedizinische Zentren in der Schweiz wenden und sich nicht wie bis anhin im Ausland behandeln lassen. Einzelne Stellungnahmen verweisen in diesem Zusammenhang auf das geltende Verfassungsrecht (vgl. 4.3): SKF würde die Aufhebung der Dreier-Regel im Sinne einer Ausnahmeregelung in Erwägung ziehen, sofern dies mit geltendem Verfassungsrecht vereinbar ist. Viele andere weisen hingegen darauf hin, dass die Verfassung 14 entsprechend zu revidieren sei. CVP-Frauen fordern einen "Änderungsvorschlag so restriktiv wie möglich, aber so, dass die PID machbar ist". Vereinzelt wird eine konkrete Anzahl zu erlaubender Embryonen pro Zyklus genannt, wobei die Meinungen aber auseinander gehen: So schlägt SG eine Erweiterung auf 4 Embryonen vor, AG nennt 10, SZ 8-12 Embryonen. Unter den Stellungnahmen, welche dem Entwurf vollständig oder unter einzelnen Vorbehalten zustimmen, erklären sich BE, BL, GR und NW ausdrücklich einverstanden mit den engen Rahmenbedingungen; SP (Mehrheit) fordert die Beibehaltung der DreierRegel. Unter den Stellungnahmen, welche sich gegen die Zulassung der PID aussprechen, weisen VS, EVP und BK-SBK speziell darauf hin, dass die Beibehaltung der DreierRegel wichtig sei. Mamma beantragt, pro Zyklus nur einen einzigen Embryo herzustellen und zu untersuchen. 4.2 Aufhebung des Verbots der Kryokonservierung von Embryonen (Art. 17 Abs. 3) 33 Vernehmlassungsteilnehmende fordern, für die PID das Verbot der Kryokonservierung von Embryonen aufzuheben (AG, GE, JU, SG, TI, FDP, SP (Minderheit), BA-Uni ZH, CPMA, EZ, FfL, FMH, Gen, GUMEK, IMG, Insel, Interpharma, Kiwu, NEK, Procrea, SGGG, SGP, SGRM, SKB, SPO, Uni BE-m, Uni GE, UNIL, Uni NE, Uni ZH, Viollier, VLSS, VSAO). Begründet wird dies - wie bei der Forderung nach der Aufhebung der Dreier-Regel - mit dem geltenden medizinischen Standard, welcher bei einer Beibehaltung des Verbots der Kryokonservierung von Embryonen nicht eingehalten werden könne. Unter den Stellungnahmen, welche den Entwurf (unter Vorbehalt) befürworten, fordert SP (Mehrheit) ausdrücklich die Beibehaltung des Verbots der Kryokonservierung von Embryonen. Unter den Stellungnahmen, welche die PID ablehnen, weist VS darauf hin, dass dieses Verbot auch im Falle der Zulassung der PID aufrecht erhalten werden müsse, um dem Ziel von Artikel 119 BV zu entsprechen. 4.3 Änderung von Artikel 119 BV 17 Stellungnahmen sind der Meinung, dass Artikel 119 BV zu ändern sei. TI und SKB fordern eine Revision des gesamten Artikels. AWS hingegen wünscht einzig eine Revision von Absatz 2 (sofern dies für die Aufhebung der Dreier-Regel und des Verbots der Kryokonservierung von Embryonen wirklich nötig sei). Die Übrigen fordern konkret eine Änderung von Absatz 2 Buchstabe c (AG, SG, SZ, CP, FMH, GUMEK, NEK, Procrea, SWTR, Uni GE, UNIL, Uni NE, VLSS, VSAO). Begründet wird die Forderung der Verfassungsänderung jeweils damit, dass die PID ohne Änderung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen medizinisch nicht sinnvoll durchgeführt werden könne. 15 Von jenen, welche den Entwurf befürworten, äussern sich GR und ZH ausdrücklich für die Beibehaltung von Artikel 119 BV; von jenen, welche die PID und damit den Entwurf ablehnen, sind dies VS, Anthro, BAgGT, UNION und BK-SBK. FDP und Kiwu sind der Meinung, dass eine Lockerung der Dreier-Regel für die PID verfassungskonform sei, weil es sich bei der PID im Sinne von Artikel 119 BV um eine Methode zur Vermeidung schwerer Krankheiten sowie zur Überwindung der Unfruchtbarkeit handle. Grüne bringen in diesem Zusammenhang vor, dass die Verfassung keine konkrete Maximalzahl von Embryonen nenne, die pro Behandlungszyklus entwickelt werden dürften. Unter den Stellungnahmen, welche sich gegen die PID äussern, erwähnen VS, Anthro, BAgGT, BK-SBK, HLI und UNION, dass die PID grundsätzlich nicht mit geltendem Verfassungsrecht vereinbar sei. 4.4 Beschränkung der Anzahl Zentren 26 Vernehmlassungsteilnehmende erachten die in den Erläuterungen genannten 5-10 PID-Zentren in der Schweiz als zu viel und fordern eine Beschränkung, damit Qualität und Know-how optimal gewährleistet werden können (AI, JU, TG, VD, ZH, FDP, AWS, BA-Uni ZH, BK-SBK, CP, FMH, Gen, IMG, NEK, SGGG, SGGG-H, SGRM, SKB, SKF, SMV, SPO, Uni BE-m, UniL, Uni ZH, VLSS, VSAO). TG und ZH schlagen deshalb vor, Artikel 8 durch folgenden Absatz 5 zu ergänzen: „Die Bewilligung wird auf wenige Zentren beschränkt. Bei der Bewilligungserteilung sind die Kriterien der Forschungs- und Weiterbildungstätigkeit, der Behandlungsqualität, der methodischen Erfahrung und der regionalen Verteilung vorrangig.“ Einige von ihnen sprechen sich explizit für eine bestimmte Obergrenze von PID-Zentren in der Schweiz aus: 1 Zentrum (BK-SBK, SGGG-H, UniL), 1-2 Zentren (SKF), 1-3 Zentren (SKB), 2-3 Zentren (JU, FDP, AWS, SMV), 3 Zentren (SGGG, SGRM). In vier Stellungnahmen findet sich zudem der Vorschlag, dass die Beschränkung interkantonal, via Konkordat der Spitzenmedizin erfolgen soll (VD, FMH, VLSS, VSAO). Gemäss H+ soll die Schweizerische Ethikkommission die Anzahl Zentren bestimmen. Kiwu verlangt strengere Zulassungskriterien für die Zentren. Zusätzlich berücksichtigt werden sollten die Behandlungs- und Beratungsqualität, die Erfahrung und regionale Verteilung sowie die Forschungs- und Weiterbildungsaktivität. SGP wirft die Frage auf, ob der Aufbau von PID-Zentren in der Schweiz wegen der geringen Nachfrage überhaupt sinnvoll sei. Sie schlägt vor, die Zusammenarbeit mit der EU zu stärken, so dass unter Umständen in der Schweiz auf PID-Zentren verzichtet werden könne. Zur Begründung führt sie an, dass ein Zentrum für die Durchführung einer qualitativ guten PID ein genügend grosses Einzugsgebiet haben müsse (rund 150 000 Geburten pro Jahr). 16 4.5 Übernahme der Kosten durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung 23 Vernehmlassungsteilnehmende (SG, TI, VD, ZH, CVP-Frauen, BA-Uni ZH, EZ, FMH, GUMEK, H+, IMG, NEK, SGGG, SGGG-H, SGP, SGRM, SPO, SWTR, Uni GE, UniL, Uni ZH, VLSS, VSAO) fordern eine Kostenübernahme der PID durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung und verweisen dabei namentlich auf die Kassenpflicht bei der PND. Werden die Kosten nicht übernommen, könne dies zu einer Diskriminierung von Paaren mit besonders hohem genetischen Risiko führen. Ohne Kostenübernahme würden zudem finanziell schlechter gestellte Paare zur PND mit nachfolgendem Schwangerschaftsabbruch gezwungen. GE wünscht zumindest eine Klärung der Frage, ob die Kosten übernommen werden können. GUMEK und NEK fordern zudem explizit auch eine Kostenübernahme für die IVFBehandlung. Gemäss CVP und Mamma soll das PID-Verfahren von der Grundversicherung ausgeschlossen und die Kosten auf den Gesuchsteller überwälzt werden. 4.6 Varia Einzelne Stellungnahmen enthalten Bemerkungen zu weiteren Punkten: CVP-Frauen fordern einen neuen Gesetzesartikel, der explizit festhält, dass kein behindertes Kind aus der IV ausgeschlossen werden dürfe, auch wenn vorgängig keine PID durchgeführt wurde. FDP weist darauf hin, dass es sich bei der PID - gleich wie bei der PND - um eine genetische Untersuchung handelt. Es sei deshalb zu überlegen, ob es nicht besser wäre, die PID allenfalls im GUMG zu regeln, oder vermehrt entsprechende Verweise anzubringen. HPI-J, HPI-S, SWTR und TI bringen vor, dass das FMedG total revidiert werden sollte. UNIL verlangt die Verlängerung der Maximaldauer der Kryokonservierung von imprägnierten Eizellen in Einzelfällen (Art. 16 Abs. 2), z.B. bei (beruflichen) Aktivitäten, welche die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen, oder bei Krebsbehandlungen. 17 5 Anhänge 5.1 Anhang 1: Verzeichnis der Abkürzungen der Vernehmlassungsteilnehmenden Kantone AG AI BE BL BS FR GE GL GR JU LU NW OW SG SH SO SZ TG TI UR VD VS ZG ZH Kanton Aargau, Der Regierungsrat Kanton Appenzell Innerrhoden, Landammann und Standeskommission Kanton Bern, Der Regierungsrat Kanton Basel-Landschaft, Der Regierungsrat Kanton Basel-Stadt, Der Regierungsrat Canton de Fribourg, Le Conseil d'Etat République et canton de Genève, Le Conseil d'Etat Kanton Glarus, Der Regierungsrat Kanton Graubünden, Die Regierung République et canton du Jura, Le Gouvernement Kanton Luzern, Gesundheits- und Sozialdepartement Kanton Nidwalden, Der Regierungsrat Kanton Obwalden, Finanzdepartement Kanton St. Gallen, Die Regierung Kanton Schaffhausen, Departement des Innern Kanton Solothurn, Der Regierungsrat Kanton Schwyz, Der Regierungsrat Kanton Thurgau, Der Regierungsrat Repubblica e Cantone Ticino, Il Consiglio di Stato Kanton Uri, Gesundheits-, Sozial- und Umweltdirektion Canton de Vaud, Le Conseil d'Etat Canton du Valais, Le Conseil d'Etat Kanton Zug, Der Regierungsrat Kanton Zürich, Der Regierungsrat Parteien CSP CVP EVP FDP Grüne SP SVP CVP-Frauen KVP Christlich-soziale Partei Schweiz Christlichdemokratische Volkspartei der Schweiz Evangelische Volkspartei der Schweiz FDP. Die Liberalen. Grüne Partei der Schweiz Sozialdemokratische Partei der Schweiz Schweizerische Volkspartei CVP-Frauen Schweiz Katholische Volkspartei Schweiz 18 Weitere Anthro ASDV AWS BA-Uni ZH BAgGT BK-SBK CCVEM CP CPMA DOK EZ FfL FMH Gen GUMEK H+ HLI HPI-J HPI-S IMG Insel insieme Interpharma ISE JazL KHM Kiwu KVEB KVS Mamma NEK Procap Procrea ProInf QUALAB SAV SEK SGAR SGGG SGGG-H SGIM SGMG SGP Anthrosana Verein für anthroposophisch erweitertes Heilwesen Association Suisse pour le Droit à la Vie Akademien der Wissenschaften Schweiz Prof. N. Biller Andorno zHv Uni ZH Basler Appell gegen Gentechnologie Bioethikkommission der Schweizer Bischofskonferenz Commission cantonale valaisanne d'éthique médicale Centre Patronal Centre de procréation médicalement assistée, Lausanne Dachorganisationenkonferenz der privaten Behindertenhilfe und selbsthilfe Ethik-Zentrum der Universität Zürich Verein Forschung für Leben Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte Stiftung Gen Suisse Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen H+ Die Spitäler der Schweiz Human Life International Schweiz PD Dr. B. Jeltsch-Schudel, Heilpädagogisches Institut der Universität Fribourg S. Sennhauser, Heilpädagogisches Institut der Universität Fribourg Institut für medizinische Genetik der Universität Zürich Inselspital Universitätsspital Bern insieme Schweiz Interpharma Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz Institut für Sozialethik, Universität Zürich Vereinigung Ja zum Leben, Sektionen Zürich, Ostschweiz/Graubünden, Aargau Kollegium für Hausarztmedizin Verein Kinderwunsch Konferenz der Vereinigungen von Eltern behinderter Kinder Kaufmännischer Verband Schweiz Verein Mamma Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin Procap (vormals Schweizerischer Invalidenverband) ProcreaLab SA, Lugano Pro Infirmis Schweizerische Kommission für Qualitätssicherung im medizinischen Labor Schweizerischer Arbeitgeberverband Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund Schweizerische Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Prof. P. Hohlfeld, SGGG Schweizerische Gesellschaft für Innere Medizin Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Genetik Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie 19 SGRM SIG SKB SKF SMV SNF SPO SSV SULM SWK SWTR Uni BE Uni BE-m Uni BE-t Uni GE UNIL Uni NE UNION Uni ZH VFG VGBPND Viollier VKAS VKS VLSS VSAO Schweizerische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund Schweizerischer Koordinationsausschuss für Biotechologie Schweizerischer Katholischer Frauenbund Société médicale du Valais Schweizerischer Nationalfonds Stiftung SPO Patientenschutz Schweizerischer Städteverband Schweizerische Union für Labormedizin Schweizerisches Weisses Kreuz Schweizerischer Wissenschafts- und Technologierat Universität Bern, Generalsekretariat Universität Bern, Medizinische Fakultät, Dekan Universität Bern, Theologische Fakultät, Institut für Systematische Theologie / Ethik Université de Genève, Rectorat Université de Lausanne, Rectorat Université de Neuchâtel, Prof. O. Guillod à l'att. du Rectorat Union schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen Universität Zürich, Rektorat Verband evangelischer Freikirchen und Gemeinden in der Schweiz Verein ganzheitliche Beratung und kritische Information zu pränataler Diagnostik Viollier AG Basel Vereinigung Katholischer Ärzte der Schweiz Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz Verein der Leitenden Spitalärzte der Schweiz Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte 20 5.2 Anhang 2: Liste der Vernehmlassungsadressaten Kantonsregierungen, interkantonale Organisationen und Fürstentum Liechtenstein (29) - Kantonsregierungen Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) Regierung des Fürstentums Liechtenstein Politische Parteien (15) - Alternative Kanton Zug BDP Bürgerlich-Demokratische Partei Schweiz CSP Christlichsoziale Partei CVP Christlichdemokratische Volkspartei der Schweiz EDU Eidgenössisch-Demokratische Union EVP Evangelische Volkspartei der Schweiz FDP Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz GB Grünes Bündnis GLP Grünliberale Zürich Grüne Grüne Partei der Schweiz Lega dei Ticinesi LPS Liberale Partei der Schweiz PDA Partei der Arbeit SP Sozialdemokratische Partei SVP Schweizerische Volkspartei Gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete (3) - Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) - Schweizerischer Gemeindeverband - Schweizerischer Städteverband (SSV) Spitzenverbände der Wirtschaft (8) - Economiesuisse - Verband der Schweizer Unternehmen Kaufmännischer Verband der Schweiz (KV Schweiz) Schweizerischer Arbeitgeberverband Schweizerische Bankiervereinigung (SBV) Schweizerischer Bauernverband (SBV) Schweizerischer Gewerbeverband (SGV) Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB) Travail.Suisse 21 Organisationen und interessierte Kreise (125) - Agile, Behinderten-Selbsthilfe Schweiz Alliance F - Bund Schweizerischer Frauenorganisationen (BSF) Arbeits- und Forschungsstelle für Ethik, Ethikzentrum der Universität Zürich Ärztinnen Schweiz MWS Basler Appell gegen Gentechnologie Centre Hospitalier Universitaire Vaudois, Lausanne (CHUV) Christkatholische Kirche der Schweiz Dachverband schweizerischer Patientenstellen (DVSP) Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz Département interfacultaire d’éthique, Université de Lausanne Eidgenössische Kommission für Frauenfragen (EKF) Evangelischer Frauenbund der Schweiz (EFS) Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) Friedrich Miescher Institut, Basel Gen Suisse - Schweizer Stiftung für die Gentechnik Geschäftsleitung des Blutspendedienstes (SRK) H+ Die Spitäler der Schweiz Hôpitaux Universitaires de Genève Human Life International Schweiz (HLI) Inselspital Bern Institut de droit de la santé de l’Université de Neuchâtel Institut für Sozialethik der Universität Luzern (ISE) Institut für Sozialethik der Universität Zürich Institut für Sozialethik des schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes Institut Interdisciplinaire d’éthique et des Droits de l’Homme, Université de Fribourg Institut Suisse de Recherche expérimentale sur le Cancer (ISREC) International Breast Cancer Study Group, IBCSG Coordinating Center Interpharma Kantonsapothekervereinigung (KAV) Kollegium für Hausarztmedizin (KHM) Konferenz der Direktorinnen und Direktoren der Institute für Psychologie der Schweiz (KDIPS) Lungenliga Schweiz LLS Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) Public Health Schweiz santésuisse – Konkordat der Schweizerischen Krankenversicherer Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Verband (SPV) Schweizer Bischofskonferenz (SBK) Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften (SANW) Schweizerische Akademie der technischen Wissenschaften (SATW) Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Patienteninteressen (SAPI) Schweizerische Arbeitsgruppe für Klinische Krebsforschung (SAKK) Schweizerische Arbeitsgruppe Gentechnologie (SAG) Schweizerische Ärztegesellschaft für Psychotherapie Schweizerische Ethnologische Gesellschaft (SEG) Schweizerischer Gemeinnütziger Frauenverein (SGF) Schweizerische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI) Schweizerische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM) Schweizerische Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation (SGAR) Schweizerische Gesellschaft für biomedizinische Ethik (SGBE) 22 - Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) Schweizerische Gesellschaft für Chirurgie (SGC) Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED) Schweizerische Gesellschaft für Gefässchirurgie (SGG) Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik (SGGP) Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) Schweizerische Gesellschaft für Hämatologie (SGH) Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie Schweizerische Gesellschaft für Innere Medizin (SGIM) Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie (SGK) Schweizerische Gesellschaft für klinische Chemie (SGKC) Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Genetik (SGMG) Schweizerische Gesellschaft für Mikrobiologie (SGM) Schweizerische Gesellschaft für Nephrologie Schweizerische Gesellschaft für Neurochirurgie Schweizerische Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (SGO) Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie Schweizerische Gesellschaft für Pathologie (SGPath) Schweizerische Gesellschaft für Pneumologie Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGP) Schweizerische Gesellschaft für Psychologie (SGPP) Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM) Schweizerische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (SGRM) Schweizerische Kommission für Qualitätssicherung im medizinischen Labor (QUALAB) Schweizerische Union für Laboratoriumsmedizin (SULM) Schweizerischer Berufsverband der diplomierten biomedizinischen Analytikerinnen und Analytiker (labmed) Schweizerischer Invalidenverband (SIV) Schweizerischer Katholischer Frauenbund (SKF) Schweizerische Medizinische Interfakultätskommission (SMIFK) Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft (SOG) Schweizerische Vereinigung der Neuropsychologinnen und Neuropsychologen (SVNP) Schweizerische Vereinigung der Pflegedienstleiterinnen und -leiter Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter Schweizerische Vereinigung der Spitaldirektorinnen und Spitaldirektoren (SVS) Schweizerische Vereinigung der Elternvereine für geistig Behinderte (insieme) Schweizerische Vereinigung für Transfusionsmedizin (SVTM) Schweizerische Vereinigung Klinischer Psychologinnen und Psychologen (SVKP) Schweizerischer Apothekerverband (SAV) Schweizerischer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) Schweizerischer Berufsverband Technischer Operationsfachfrauen/ Operationsfachmänner (SBVTOA) Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund (SEK) Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund (SIG) Schweizerischer Juristenverein Schweizerischer Katholischer Frauenbund SKF Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) Schweizerischer Verband der Berufsorganisationen im Gesundheitswesen (SVBG) Schweizerischer Verband der Diagnostica- und Diagnostica-Geräte-Industrie (SVDI) Schweizerischer Verband der Leiter Medizinisch-Analytischer Laboratorien (FAMH) Schweizerischer Verband für Frauenrechte (SVF) Schweizerischer Verband für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherer (SVK) Schweizerischer Wissenschafts- und Technologierat (SWTR) Schweizerisches Institut für angewandte Krebsforschung (SIAK) Spitex Verband Schweiz 23 - Stiftung für humanwissenschaftliche Grundlagenforschung (SHG) Stiftung GEN SUISSE Stiftung Schweizerische Patienten- und Versicherten Organisation (SPO) Swiss Society for Research in Surgery Union schweizerischer Gesellschaften für experimentelle Biologie (USGEB) Union schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen Unité de recherche et d’enseignement en bioéthique, Université de Genève Universität Basel Universität Bern Universität Zürich Université de Fribourg / Universität Freiburg Université de Genève Université de Lausanne Université de Neuchâtel Universitätsspital Basel Universitätsspital Zürich Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte (VSAO) Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) Verein Forschung für Leben Vereinigung der Pharmafirmen in der Schweiz (VIPS) Institutionen, denen das BAG nach Eröffnung der Vernehmlassung auf Ersuchen hin die Unterlagen zugestellt hat: (24) - CVP - Frauen Schweiz KVP Katholische Volkspartei Schweiz Anthrosana Association Suisse pour le droit à la vie Centre patronal Centre Procréation Médicalement Assistée Conseil suisse de la science et de la technologie ( CSST) Dachorganisationenkonferenz der privaten Behindertenhilfe- und Selbsthilfe Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen Heilpädagogisches Institut der Universität Freiburg Ja zum Leben Sektion Zürich Konferenz der Vereinigungen von Eltern behinderter Kinder (KVEB) Pro Infirmis Procrea SA Schweizerischer Koordinationsausschuss für Biotechnologie (SKB) Schweizerisches Weisses Kreuz Verband evangelischer Freikirchen und Gemeinden in der Schweiz (VFG) Verein der Leitenden Spitalärzte der Schweiz (VLSS) Verein Ganzheitliche Beratung und kritische Information zu pränataler Diagnostik (VGBPND) Verein Kinderwunsch Vereinigung Katholischer Ärzte der Schweiz Verein Mamma Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz (VKS) Viollier AG 24