Bewahren Sie Ihr Augenlicht Bei Diabetes die Augen im Blick behalten 2 Inhalt Vorwort 4 Diabetes im Überblick 7 Welche Formen gibt es? Alles eine Typfrage 13 Wie wirkt sich Diabetes auf den Körper aus? 17 Wie wird diagnostiziert? 30 Was lässt sich tun? Aktuelle Therapiemöglichkeiten 35 Nützliche Tipps für den Alltag 45 Die Initiative „Bewahren Sie Ihr Augenlicht“ 52 3 Vorwort Es gilt als unser wichtigstes Sinnesorgan: das Auge. Arbeiten am Bildschirm, Auto fahren, lesen, verreisen – ohne unser Augenlicht ist all dies stark eingeschränkt oder gar undenkbar. Doch trotz verbesserter Diagnostik und guter Behandlungsmethoden erblinden jährlich rund 5.500 Diabetiker neu. Diabetische Netzhaut­ erkrankungen sind bis heute die häufigste Ursache für schwere Sehbehinderungen bei Men­schen im erwerbsfähigen Alter. Unscharfes, verschwommenes Sehen, dunkle Flecken oder rote Schleier im Gesichtsfeld sind die Folge. Während einige diabetesbedingte Folgeerkrankungen, wie das diabetische Fußsyndrom, mittlerweile einen festen Stellen­wert bei der Beratung von Zuckerkranken haben, kommen diabetische Augenerkrankungen angesichts fehlender Hintergrund­informationen häufig zu kurz. 4 Diese Broschüre soll über die Krankheit Diabetes informieren und auf die damit verbundenen Folgeerkrankungen im Auge hinweisen. Vorsorge und eine umfassende Beratung zur Diabetischen Retinopathie (DR) und zum Diabetischen Makulaödem (DMÖ) sind der Schlüssel für einen optimalen Behandlungsverlauf – riskieren Sie nicht den Verlust Ihres Augenlichts und handeln Sie rechtzeitig. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt, Diabetologen oder mit Ihrem Augenarzt und lassen Sie sich ausführlich über mögliche Folge­ erkrankungen bei Diabetes beraten. Außerdem stehen Diabetespatienten zahlreiche Selbsthilfegruppen zur Seite. Dort können Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen und erhalten Ratschläge zur selbstständigen Lebensführung sowie Unter­ stützung bei der Durchsetzung sozialrechtlicher Ansprüche. Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre! 5 6 Diabetes im Überblick Was ist Diabetes? Diabetes, die Zuckerkrankheit, ist weltweit auf dem Vormarsch: Alleine in Deutschland ist fast jeder Elfte betroffen – rund 7,0 Millionen Menschen leiden hier an Diabetes. Damit zählt die Erkrankung zu den Volkskrankheiten wie etwa auch Rheuma oder Asthma. Diabetes war bereits in der Antike bekannt: So stammt der Begriff Diabetes mellitus, wie die Krankheit in der Fachsprache genannt wird, aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „honigsüßer Durchfluss“. Damit beschreibt der Name das frühere Hauptmerkmal, an dem die Krankheit auch erkannt wurde: die Ausscheidung von Zucker mit dem Urin. Es gibt viele Berühmtheiten, die an Diabetes erkrankt sind, z. B. der Fußballstar Diego Armando Maradona, die bekannte Schauspielerin Halle Berry und der „Dallas“-Bösewicht Larry „JR“ Hagman, außerdem Thomas Edison, Sir Peter Ustinov, Ernest Hemingway, Elvis Presley, Johnny Cash oder Elizabeth Taylor. Diabetes ist eine chronische Stoffwechselkrankheit: Einmal vom Arzt diagnostiziert, begleitet der „Zucker“ den Patienten sein Leben lang. 7 Was passiert bei Diabetes? Zuckerstoffwechsel auf Abwegen Wenn wir essen, steigt in unserem Blut die Zuckerkonzentration an. Hauptsächlich ein bestimmter Zucker – die Glukose – ist ein wichtiger Energielieferant und spielt damit eine große Rolle in unserem Körper. Ohne die Glukose könnten beispielsweise unsere Muskeln und Organe nicht arbeiten. Damit das Zusammenspiel der Organe reibungslos funktioniert, muss der Blutzuckerspiegel ständig ausgeglichen sein. Dies regelt sich über zwei körpereigene Hormone, die beide in der Bauchspeicheldrüse gebildet werden: Insulin und dessen Gegenspieler Glucagon. Dabei sorgt das Insulin dafür, dass der Zucker aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden kann, damit dem Körper genügend Energie zur Verfügung steht. Insulin ist ein Hormon, das in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Diese spezialisierten Zellen befinden sich in den Langerhans-Inseln. Von diesen Inseln (lat. insulae) leitet sich auch der Name „Insulin“ ab. 8 Während Insulin für die Senkung des Blutzuckerspiegels zuständig ist, sorgt das Glucagon dafür, dass der Blutzuckerspiegel wieder ansteigt. Würde der Körper ausschließlich Insulin produzieren, wäre unweigerlich zu wenig Glukose im Blut – und umgekehrt. Die Folge eines solchen Ungleichgewichts: Unser Körper wäre nicht mehr in der Lage, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und im Gleich­ gewicht zu halten. Doch gerade bei Menschen mit Diabetes ist dieses Zusammenspiel gestört – möglich sind dabei zwei Extreme: •Erhöhte Blutzuckerwerte, sogenannte Hyperglykämie •Zu niedrige Blutzuckerwerte, von Experten als Hypoglykämie bezeichnet 9 Erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) Bleibt der Blutzucker dauerhaft erhöht, ändert sich der sogenannte Langzeit-Blutzuckerwert (auch HbA1c genannt). Dieser zeigt an, wie sich der Blutzucker in den letzten drei Monaten verändert hat. Ist der Wert also hoch, deutet das auf einen dauerhaft erhöhten Blutzucker hin. Frühe Anzeichen einer Hyperglykämie: Häufiger Harndrang, Durst, trockene Zunge, Müdigkeit, Bauch­ schmerzen, Übelkeit, Erbrechen 10 Zu niedrige Blutzuckerwerte (Hypoglykämie) Auch ein zu niedriger Blutzuckerwert ist für den Körper ungünstig. Von einer Hypoglykämie spricht man bei einem Blutzuckerwert von unter 50 mg/dl (2,8 mmol/l). Unterzucker kann entstehen, wenn Mahlzeiten ausgelassen werden oder wenn Essen und blutzucker­ senkende Medikamente nicht gut aufeinander abgestimmt sind. Anzeichen einer Hypoglykämie: Frieren, Schweißausbruch, Heißhunger, Unruhe, Zittern, Nervosität, Kopfschmerzen, Herzrasen, Gähnen, Müdigkeit, Konzentrations­ störungen, Albernheit oder Aggressivität, Albträume Bei Diabetikern kann es aufgrund des gestörten Stoffwechsel­ haushalts schnell zu einer Unterzuckerung kommen. In diesen akuten Notfällen hilft es, wenn man Zucker zu sich nimmt, z. B. in Form von Traubenzucker oder zuckerhaltigen Getränken. 11 Wie wird der Blutzucker gemessen? Wo fängt der erhöhte Blutzuckerwert an? Ob der Blutzucker zu hoch oder zu niedrig ist, zeigt die Messung der Blutzuckerwerte an. Diese werden in der Regel nüchtern, d.h. vor dem Essen, mit speziellen Messgeräten ermittelt und in den Einheiten mg/dl (Milligramm pro Deziliter) oder mmol/l (Millimol pro Liter) angegeben. Der Normalbereich des Blutzuckerwertes liegt nüchtern bei Gesunden zwischen 80 und 100 mg/dl (oder 4,4 – 5,6 mmol/l). Von einem erhöhten Blutzuckerspiegel spricht man, wenn die Werte über 100 mg/dl (> 5,6 mmol/l) liegen. 12 Ziel jeder Diabetesbehandlung ist es, den Langzeit-Blutzuckerwert eines Diabetespatienten in die Nähe des Wertes eines Gesunden zu bringen. Experten sprechen hier von einem normnahen Langzeit-Blut­zucker­wert, was im Volksmund zu „gut eingestellt“ verkürzt wird. Welche Formen gibt es? Alles eine Typfrage Mediziner unterteilen die Zuckerkrankheit grob in zwei Typen: Typ-1-Diabetes Diese umgangssprachlich auch als jugendlicher Diabetes bezeich­nete Krankheitsform tritt, von Ausnahmen abgesehen, in der Regel vor dem 40. Geburtstag auf – oft bereits bei Kindern und Jugend­lichen. Die Ursachen für die Entstehung von Typ-1-Diabetes sind bis jetzt noch nicht geklärt. Klar ist jedoch, dass es sich um eine Auto­immun­ erkrankung handelt, bei der häufig die insulin­pro­du­zierenden Zellen betroffen sind. Beim Typ-1-Diabetiker sind die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse nicht mehr in der Lage, körpereigenes Insulin herzustellen. Daher kommt es zu einem absoluten Insulinmangel. All diese Patienten benötigen von Anfang an eine Insulin­be­hand­lung. Bis dato ist Diabetes nicht heilbar, allerdings können Typ-1-Diabetiker ein weitgehend normales Leben führen, wenn der Diabetes 13 individuell „gut eingestellt“ ist (z. B. über eine Insulin­pumpe) und der Patient regelmäßige Kontrollbesuche beim Arzt wahrnimmt. Typ-2-Diabetes Diese Variante wurde früher auch als Altersdiabetes bezeichnet, da sie sich meist erst nach dem 50. Lebensjahr bemerkbar macht. Dies ändert sich derzeit leider: Bedingt durch das vermehrte Über­ gewicht bei Kindern und Jugendlichen, schlechte Ernährung und fehlende Bewegung, häufen sich inzwischen auch Fälle bei sehr jungen Patienten. Bei Typ-2-Diabetikern ist das körpereigene Insulin nicht ausreichend wirksam. Es liegt eine sogenannte Insulin­ unempfindlichkeit vor. Gründe dafür können genetische Faktoren, Übergewicht oder Bewegungsmangel sein. Typ-2-Diabetiker benö­ tigen (zunächst einmal) meist kein Insulin. Sie können in der Regel über Tabletten normal eingestellt werden. Und natürlich gelten auch für Typ-2-Diabetiker die gängigen Hinweise für eine gesunde Lebensweise (d.h. regelmäßige Bewegung, Verzicht aufs Rauchen und eine gesunde Ernährung). Im Verlauf der Krankheit kann es sein, dass nur noch unzureichend körpereigenes Insulin gebildet wird. Dann wird eine Behandlung mit Insulin nötig. 14 Faustregeln für Diabetiker Noch bis vor Kurzem gab es für Diabetespatienten mehr Verbote als Gebote. Dies hat sich mittlerweile gewandelt. Vielmehr gibt es die allgemeinen Hinweise für einen gesunden Lebensstil, d. h.: •Beim Essen fahren Sie – wie alle anderen auch – mit einer gesunden, ausgewogenen Ernährung richtig. •Für Raucher gilt: Finger weg vom Glimmstängel! •Bewegung ist wichtig – das muss keine Hochleistung im Fitnessstudio sein, die regelmäßige Bewegung, z. B. bei Spaziergängen mit dem Hund, reicht aus. 15 16 Wie wirkt sich Diabetes auf den Körper aus? Attacke auf die Blutgefäße Diabetes kommt selten alleine und bleibt leider auch selten allein: Je nach Verlauf können unterschiedliche Folgeerkrankungen auftreten – und zwar unabhängig davon, ob Sie an Typ-1- oder Typ-2-Diabetes erkrankt sind. Wann dies geschieht, hängt oft davon ab, wann zum ersten Mal die Diagnose Diabetes gestellt wurde. Denn bleibt der Diabetes lange unentdeckt, können sich Folgeschäden schon unbemerkt eingestellt haben. Die Ursache dafür liegt im Blutzuckerwert. Ist dieser ständig oder lang anhaltend zu hoch, schädigt er unsere Blutgefäße dauerhaft, denn diese verengen sich. Die Folge: Es kann zu Durchblutungs­ störungen kommen. Unser Körper und damit auch die verschie­ denen Organe werden nicht mehr ausreichend versorgt, was ihre Leistungsfähigkeit einschränkt. 17 Ärzte fassen die typischen Folgeerkrankungen eines Diabetes mellitus in zwei Hauptgruppen zusammen, und zwar je nachdem, welche Blutgefäße betroffen sind: •Schädigungen der kleinen Blutgefäße (mikrovaskuläre Folgen) •Schädigungen der großen Blutgefäße (makrovaskuläre Folgen) Folgen der Veränderungen an den großen Blutgefäßen Zu den makrovaskulären Komplikationen gehören krankhafte Veränderungen an den großen und größeren Arterien des Körpers (Blutgefäße, die das Blut vom Herzen wegführen). Es kann zu Ablagerungen kommen, die landläufig als Arterienverkalkung 18 bezeichnet werden. Die Folgen davon sind koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Schlaganfall und arterielle Verschluss­krankheit in den Beinen. Folgen der Veränderungen an den kleinen Blutgefäßen Zu den mikrovaskulären Komplikationen gehören Augenschäden (Retinopathie), Nierenschäden (Nephropathie) und Nervenschäden (Neuropathie). Die häufigsten Auswirkungen mikrovaskulärer Schäden im Auge sind diabetesbedingte Netzhautkomplikationen. Zu den bekanntesten Gefäßerkrankungen des Auges zählt die Diabetische Retinopathie. Den Blutdruck im Blick behalten Ein nicht zu unterschätzender weiterer Risikofaktor bei Diabetes­ patienten ist eine arterielle Hypertonie (Bluthochdruck). Rund 75 % der Diabetiker sind davon betroffen. Bei erhöhtem Blutdruck kann einerseits die Gefahr zunehmen, dass sich eine Retinopathie entwickelt. Andererseits kann sich eine bereits bestehende Retino­ pathie weiter verschlechtern, wenn ein hoher Blutdruck vorliegt. Eine konsequente Behandlung des erhöhten Blutdrucks trägt entscheidend dazu bei, das Risiko diabetischer Folgeerkrankungen zu senken. Für Zuckerkranke gilt daher ein niedrigerer BlutdruckZielwert als für Gesunde: ≤ 130–140/85 mmHg. Sprechen Sie dazu auch mit Ihrem Hausarzt oder Diabetologen! 19 Aufbau und Funktion des Auges Das menschliche Auge funktioniert wie ein hochmoderner Fotoapparat. Während eine aktuelle Minikamera jedoch etwas mehr als 100 Gramm auf die Waage bringt und damit scharfe Bilder macht, reichen unserem Auge weniger als 10 Gramm für technisch weitaus beeindruckendere Leistungen. Ein gesundes menschliches Auge unterscheidet über 600.000 verschiedene Farbtöne und nimmt pro Sekunde mehr als 10 Millionen Informationen auf, die es an das Gehirn weiterleitet. 20 Wie das Sehen funktioniert Wenn wir etwas betrachten, beispielsweise eine Blume, treffen die von dieser Blume reflektierten Lichtstrahlen auf die Hornhaut. Die Hornhaut bündelt das Licht, das dann hinter der vorderen Augenkammer auf die Regenbogenhaut (Iris) trifft. Die Iris, die die Augenfarbe bestimmt, arbeitet wie eine Kamerablende: Bei Dunkelheit weitet sich die kreisförmige Öffnung der Iris, die Pupille, bei Helligkeit wird die Öffnung kleiner. Die dahinterliegende Linse bündelt das einfallende Licht weiter und reguliert Nah- und Fernsicht. Das Lichtbündel gelangt danach durch den Glaskörper auf die Netzhaut (Retina). Die Netzhaut besteht unter anderem aus weit über 100 Millionen Sehzellen. Es gibt zwei Typen von Sehzellen, die lichtempfind­ licheren Zapfen, die für das Farbsehen sorgen, und die Stäbchen, die für das Dämmerungs- und Nachtsehen verantwortlich sind. Die Sehzellen setzen das Licht in Impulse um, die der Sehnerv ins Gehirn weiterleitet: So sehen wir die Blume in ihrer ganzen Pracht. Für diese ständige Höchstleistung muss unser Auge optimal versorgt werden. Dies gilt vor allem für das Zentrum der Netzhaut, den sogenannten gelben Fleck (Makula). Die Makula ist vergleichbar mit dem Film, der in einer alten Fotokamera einlag. Denn hier befinden sich rund 95 Prozent aller Sehzellen. Bei Diabetespatienten, bei denen bereits die kleinen Blutgefäße 21 krankhaft verändert sind, wird die Netzhaut des Auges nicht mehr ausreichend versorgt. Darauf reagieren die über 100 Millionen Sehzellen sehr empfindlich. Langfristig kann die Unterversorgung der Netzhaut zu irreversiblen Schäden führen und unsere Sehkraft gefährden. Ärzte sprechen dann von einer Retinopathie. Gesunde Netzhaut 22 Netzhaut bei einem DMÖ Wenn Diabetes „ins Auge“ geht Das Auge, unser wichtigstes Sinnesorgan, leidet ganz besonders unter der schlechten Blutversorgung, die aufgrund des Diabetes besteht. Denn die Blutgefäße der Netzhaut reagieren sehr stark auf die ständige Unterversorgung: So können sich unkontrollierte, schlecht funktionierende Gefäße bilden, die die Netzhaut anheben. Die Folge: Wie wenn der Film bei der alten Fotokamera nicht richtig, sondern wellig eingelegt ist, trifft das Bild der Blume nicht mehr auf eine flache Ebene. Die Projektion erscheint verzerrt oder ist gar nicht mehr zu erkennen. Eine solche Schädigung des Augenlichts ist laut einer aktuellen Umfrage (DiaDeM) des Deutschen Diabetiker Bunds unter 1.000 Diabetespatienten die schlimmste Spätfolge ihrer Zucker­erkrankung – und auch die am meisten gefürchtete. Denn trotz verbesserter 23 Diagnostik und guter Behandlungsmöglichkeiten gilt Diabetes in den Industrieländern noch immer als häufigste Ursache für schwere Sehbehinderungen bei Menschen im erwerbstätigen Alter. Diabetische Retinopathie – schleichende Gefahr Es gibt zwei Formen von Netzhauterkrankungen bei Diabetikern: die Diabetische Retinopathie und die Diabetische Makulopathie. Die Diabetische Retinopathie betrifft die Netzhaut (lateinisch retina). Bei der Diabetischen Makulopathie ist die Makula geschädigt, ein Teil der Netzhaut, der wegen seiner Farbe auch als gelber Fleck bekannt ist. In der Makula befindet sich die Stelle des schärfsten Sehens. Die Erkrankung der Netzhaut, die Diabetische Retinopathie, gehört zu den mikrovaskulären Folgeerkrankungen des Diabetes, die sich im Laufe der Diabeteserkrankung schleichend entwickeln: Ist der Blut­ zuckerwert anhaltend hoch, verändern sich die Blutgefäße der Netzhaut. Es kommt zu Einblutungen, Ablagerungen von Fett und Eiweiß und kleinen Gefäßausweitungen. Das Auge wird nicht mehr ausreichend mit den für seine Funktion nötigen Nährstoffen versorgt. Die Blutgefäße sind geschädigt und neue wachsen noch nicht nach. Daher bezeichnen Augenärzte dieses Anfangsstadium als nichtproliferative Retino­pathie, d. h. nicht wachsende Retinopathie (Proliferation bedeutet Wachstum, Vermehrung und Wanderung von Zellen). 24 Das Problem: Eine nichtproliferative Retinopathie läuft im Verborgenen und vor allem völlig schmerzlos ab. Betroffene bemerken erst etwas, wenn sie schlechter sehen – was unter Umständen erst sehr spät der Fall sein kann. Daher gilt gerade für Diabetespatienten: Gehen Sie regelmäßig zum Augenarzt! Wussten Sie schon? Unsere Augen helfen sich gegenseitig aus! Viele Augenerkrankungen fallen oft deshalb erst spät auf, weil die Betroffenen nicht merken, dass ihren Augen etwas fehlt. Das liegt daran, dass unsere Augen sich gegenseitig unterstützen. Wenn ein Auge an Sehschärfe verliert, gleicht das andere Auge diesen Verlust aus, und man selbst meint, nach wie vor zu 100 Prozent zu sehen. Dieser „Schwindel“ fällt erst bei einem Augenarztbesuch auf, wenn der Arzt die Augen einzeln auf ihre Sehschärfe testet. Schlimmstenfalls auch erst dann, wenn beide Augen durch Krankheit ihre Sehschärfe eingebüßt haben. Deshalb ist es umso wichtiger, regelmäßig die Augen vom Augenarzt kontrollieren zu lassen, um Krankheiten zu einem frühen Zeitpunkt zu erkennen. 25 Das gilt umso mehr, als sich im weiteren Krankheitsverlauf auch unerwünschte, krankhafte Blutgefäße im Auge bilden können. Wuchern sie in den Glaskörper des Auges hinein, sprechen Augenärzte von einer proliferativen (wachsenden) Retinopathie. Dabei führen die Gefäßveränderungen einerseits durch Verschlüsse der Gefäße zu einer Mangelversorgung. Andererseits sind die neu gebildeten Gefäße oft sehr brüchig und können leicht reißen. Dadurch kann es zu Blutungen in die Netzhaut oder im davorliegenden Glaskörper kommen. Diabetische Makulopathie Ist auch der Punkt des schärfsten Sehens in der Makula, dem gelben Fleck, betroffen, spricht man von Diabetischer Makulopathie. Kommt es in diesem Bereich zu Flüssigkeits­ansammlungen und einer Verdickung der Netzhaut, spricht man von einem Diabetischen Makulaödem. Dies ist bis heute – trotz der verbes­ serten Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten – der häufigste Grund für Erblindungen bei Menschen im erwerbstätigen Alter. Der dauerhaft erhöhte Blutzucker der Diabetiker kann die Wände der feinen Gefäße der Netzhaut angreifen. Dadurch werden die Gefäße brüchig und Flüssigkeit tritt aus. Diese Flüssigkeit sammelt sich in der Makula an. Die Folge: Die Netzhaut schwillt an und 26 hebt sich im Bereich der Makula ab. Um beim Kamerabeispiel zu bleiben: Der Film liegt wellig im Fotoapparat. Alle Bilder, die auf die Netzhaut projiziert werden, erscheinen verzerrt und verschwommen. Um sein Augenlicht zu bewahren, sollte jeder Diabetespatient gleich nach der Erstdiagnose zum Kontrolltermin beim Augenarzt gehen. Ein Termin, der keine Eintagsfliege sein sollte. Vielmehr gilt: Regelmäßige Kontrolle ist Pflicht. Denn auch andere Augenerkrankungen wie der Graue Star (Katarakt), der mit einer Trübung der Linse einhergeht, und der Grüne Star (Glaukom) kommen bei Menschen mit Diabetes häufig vor. 27 Wie Diabetes das Sehvermögen beeinträchtigt Wenn Sie eines oder mehrere dieser Anzeichen bei sich feststellen, sollten Sie dringend zu einem Augenarzt gehen: •Dunkle Flecken oder rote Schleier im Gesichtsfeld •Unscharfes, verschwommenes Sehen 28 •„Lichtblitze“ und „Rußregen“ (bei beginnender Netzhautablösung, Netzhautablösung = Erblindungsgefahr) •„Grauer Vorhang“ im Gesichtsfeld (bei Makulopathie bzw. Makulaödem) 29 Wie wird diagnostiziert? Diagnostik diabetischer Augenschäden Zugegeben: Diabetespatienten müssen vieles im Blick haben, wenn es um ihre Erkrankung geht. Gerne werden daher ungeliebte Termine auf die lange Bank geschoben oder gar nicht wahr­ genommen. Dennoch sollte ein Termin ganz oben auf Ihrer Liste stehen: der regelmäßige Besuch beim Augenarzt! Denn unsere Augen reagieren besonders empfindlich auf erhöhte Blutzucker­ werte – leider oftmals lange Zeit unbemerkt. Nur eine sorgfältige Untersuchung durch den Augenarzt kann beginnende Augen­ schäden rechtzeitig aufdecken und ermöglicht so frühzeitig eine individuelle Behandlung. Verschiedene Untersuchungsmethoden Der Augenarzt nutzt verschiedene Untersuchungsmethoden, um abzuklären, ob und wie der Diabetes bereits die Augen in Mitleidenschaft gezogen hat. Einige dieser Diagnosemethoden werden dabei von Spezialisten angewandt, die über die dafür notwendigen technischen Geräte verfügen. Welche Diagnose­ methoden für Sie infrage kommen, darüber entscheidet Ihr Augen­ arzt je nach Befund der gängigen Ausgangsuntersuchungen. 30 Was muss ich beachten? All diese Untersuchungen tun nicht weh; bei einigen Methoden werden allerdings die Pupillen weitgetropft. Danach sind die Augen kurzfristig lichtempfindlicher. Daher gilt: Sie sollten mehrere Stunden lang nicht Auto oder Fahrrad fahren! Wenn dies zutrifft, haben wir das bei der jeweiligen Untersuchungsmethode angemerkt. Untersuchung mit der Spaltlampe Der Blick durch die sogenannte Spaltlampe ist Teil jedes Augen­ arztbesuchs. So gewinnt der Augenarzt einen ersten Überblick über die einzelnen Bereiche Ihres Auges: Er betrachtet mithilfe einer speziellen Beleuchtungstechnik die vorderen Augenbereiche und – mit zusätzlichen Lupen – auch Teile der Netzhaut, die im hinteren Augenabschnitt liegen. Damit sind erste Aussagen zur Beschaffenheit 31 der Netzhaut möglich; gleichzeitig können die für einzelne Netzhaut­ erkrankungen charakteristischen Merkmale festgestellt werden. Bitte beachten Sie: Bei der Untersuchung an der Spaltlampe muss die Pupille mit speziellen Augentropfen erweitert werden. Bitte lesen Sie hierzu den Hinweiskasten auf S. 31 „Was muss ich beachten“. Diagnose: z. B. Erkrankungen von Bindehaut, Hornhaut und der Linse, mit Speziallupen auch Veränderungen an Netzhaut und Makula Spiegelung des Augenhintergrunds (Ophthalmoskopie oder Funduskopie) Bei einer Augenhintergrundspiegelung schaut der Augenarzt mit einem elektrischen Augenspiegel (Ophthalmoskop) durch die Pupille auf die Netzhaut. Bitte beachten Sie: Um ein möglichst großes Areal beurteilen zu können, wird die Pupille dafür mit speziellen Augentropfen erweitert. Bitte lesen Sie hierzu den Hinweiskasten auf S. 31 „Was muss ich beachten“. Diagnose: z. B. Gefäßveränderungen, Ablagerungen und Blutungen auf der Netzhaut (Retinopathie-Diagnostik) Optische Kohärenz-Tomografie (OCT) und vergleichbare bildgebende Verfahren Die Optische Kohärenz-Tomografie gleicht im Prinzip einer Ultra­ schalluntersuchung, die Sie von Untersuchungen bei anderen Ärzten 32 kennen, z. B. die optische Darstellung der Halsschlagader oder von Venen. Anders als bei diesen Verfahren wird beim OCT mit Licht gearbeitet und nicht mit Schall. Nicht jeder Augenarzt hat ein solches Gerät, überweist Sie aber – wenn nötig – an den entsprechenden Kollegen. Bei dieser Untersuchung „scannt“ der Augenarzt die Netzhaut mit einem schwachen Laserlicht. Das tut nicht weh und liefert hoch­ aufgelöste Bilder der Netzhaut, sogenannte Querschnittansichten. Diagnose: z. B. Veränderungen in der Feinstruktur der Netzhaut (u. a. Dicke der Netzhautschichten) → u. a. zur Diagnose eines Makulaödems Netzhautquerschnitt (OCT-Aufnahme) Fluoreszenzangiografie Bei Diabetespatienten, bei denen bereits eine Diabetische Retino­ pathie festgestellt wurde, greifen Augenärzte auf eine weitere Methode zurück: die Fluoreszenzangiografie. Ähnlich wie die OCT wird diese Untersuchung nicht von jedem Augenarzt angeboten. 33 Meist wird sie vor oder nach der OCT durchgeführt, um noch besser und genauer beurteilen zu können, wie sich Blutgefäße der Netzhaut verändert haben. Im Vorfeld der Untersuchung injiziert der Arzt ein Kontrastmittel (Farbstoff) in die Armvene, das sich in den Blutgefäßen verteilt. Eine Kamera erfasst, wie sich der Farbstoff in den Gefäßen des Auges verteilt – woraus der Augenarzt weitere Schlüsse ziehen kann. Die Methode ist nach dem dabei eingesetzten gelben Farbstoff Fluorescein benannt. Diagnose: z . B. genaue Darstellung der Netzhautgefäße – wichtig bei bereits vorliegender Retinopathie Über mögliche Risiken oder Nebenwirkungen der Methode klärt Sie Ihr Augenarzt gerne auf. Was die Krankenkasse zahlt und was nicht Die OCT, die Fotografie der Netzhaut und andere bildgebende Verfahren werden zurzeit als sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (kurz IGel) angeboten. Die Folge: Sie müssen die Kosten selbst übernehmen. Die Kosten werden nach der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) berechnet. 34 Die Technik entwickelt sich weiter An der Entwicklung neuer bildgebender Diagnoseverfahren wird stetig gearbeitet, um die Früherkennung, die Therapiemöglichkeiten und Verlaufskontrollen weiter zu vereinfachen. Es werden laufend neue Generationen von Geräten entwickelt, die eine bessere Bildqualität liefern. Ziel ist, dass die Untersuchungen für den Patienten noch bequemer und schonender und für den Arzt noch aussagekräftiger werden. Bei Fragen zu den verschiedenen Untersuchungsmethoden steht Ihnen Ihr Augenarzt gern zur Verfügung. Was lässt sich tun? Aktuelle Therapiemöglichkeiten Wie gesagt: Diabetes mellitus kommt selten allein. Das liegt daran, dass die Blutgefäße eines Zuckerkranken einem ganz anderen Risiko für Folgeschäden und Begleiterkrankungen ausgesetzt sind. Welche Folgen diese Begleiterkrankungen haben können, hatten wir bereits im Kapitel „Wie wirkt sich Diabetes auf den Körper aus?“ beschrieben. Deshalb sollten Sie folgende Werte ständig im Blick behalten und regelmäßig kontrollieren: Blutzucker, Blutfett und Blutdruck. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre individuellen Werte und 35 nehmen Sie die regelmäßigen Kontrolltermine wahr. Deutschland­ weit stehen Ihnen außerdem sogenannte Diabetesberater mit Rat und Tat zur Seite. Sie helfen Ihnen gerne. Weitere Informationen kann Ihnen der Deutsche Diabetiker Bund e. V. ­(www.­diabetikerbund.de) geben – oder fragen Sie Ihren Arzt, ob er mit Diabetesberatern zusammenarbeitet. Qualmen? Nein, danke! Auch wenn Sie es nicht mehr hören und lesen wollen: Rauchen schädigt die Gesundheit – dies gilt umso mehr für Patienten, die an Diabetes leiden. Denn die durch den Diabetes geschädigten Blutgefäße leiden noch mehr. Daher gilt gerade für Diabetiker: Finger weg vom Glimmstängel! 36 Sollte Ihr Augenarzt – trotz der peniblen Einhaltung aller Regeln und Vorsichtsmaßnahmen – eine Augenerkrankung bei Ihnen feststellen, gibt es Behandlungsmöglichkeiten. Sie richten sich danach, welcher Bereich des Auges betroffen ist. Doch auch hier gilt: Je früher die Erkrankung diagnostiziert wird, desto besser sind die Behandlungserfolge. Der regelmäßige Gang zum Augenarzt ist daher Pflicht! Wann zum Augenarzt – die Faustregeln Mindestens einmal im Jahr gehört eine Augenkontrolle bei jedem Diabetiker zum Pflichtprogramm. Die genauen Untersuchungsabstände bestimmt Ihr Augenarzt, je nachdem, welcher Diabetes-Typ (Typ-1 oder Typ-2) Sie sind, wie Ihre langfristigen Blutzuckerwerte aussehen und ob bei Ihnen bereits Augenschäden vorhanden sind. Für neu auftretende Symptome wie eine plötzliche Sehverschlechterung, verschwommenes Sehen, Störungen beim Farbsehen oder Rußregen gilt: Gehen Sie sofort zu einem Augenarzt. 37 Netzhaut-Lasertherapie Der konzentrierte Laserlichtstrahl verödet Gebiete, die unter­ versorgt sind, sowie unerwünschte neue Adern und verschließt undichte Blutgefäße. Die Wirkweise ist dabei noch nicht vollständig geklärt. Man nimmt z. B. an, dass Gewebe verödet werden, die schädliche Substanzen bilden. Der Arzt führt die Laserbehand­ lungen in der Regel unter örtlicher Betäubung mit Augentropfen (Tropf­anästhesie) durch. In mehr als der Hälfte aller Fälle verhindert die Lasertherapie einen fortschreitenden Sehverlust. Injektionsbehandlungen Gerade bei der Visusbeeinträchtigung infolge eines Diabetischen Makulaödems können spezielle Augeninjektionen mit VEGFHemmern eine Besserung bewirken. Diese werden vom Augenarzt unter örtlicher Betäubung direkt in den Glaskörper gespritzt – für die Patienten ist das in der Regel völlig schmerzfrei. VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) ist ein Botenstoff, der im Körper unter anderem für die Gefäßneubildung und die Gefäßdurchlässigkeit zuständig ist. Durch die Stoffwechselstörung wird dieser Botenstoff bei Diabetespatienten vermehrt gebildet, was im Grunde zwei Vorgänge zur Folge hat: Einerseits werden 38 durch den VEGF die Gefäße durchlässig, Flüssigkeit kann in die Netzhaut austreten und diese verdicken. Andererseits kann es zu einem krankhaften Gefäßwachstum in der Netzhaut kommen, wodurch sich neue, unerwünschte Blutgefäße im Auge bilden, die oft auch noch durchlässig sind und damit Flüssigkeitsansamm­ lungen in der Netzhaut fördern. VEGF-Hemmer blockieren den Botenstoff VEGF, wodurch sich die Flüssigkeitseinlagerungen im Bereich des gelben Flecks (Makula) zurückbilden können. Die Sehfähigkeit von Diabetikern kann womöglich wiederhergestellt oder verbessert werden. Eine Verän­ derung der Sehschärfe lässt sich dann in der Augenarztpraxis anhand einer Sehschärfenbestimmung mit der Lesetafel gut über­ prüfen. 39 Über Risiken und Nebenwirkungen einer Therapie mit VEGFHemmern klärt Sie Ihr Augenarzt gerne auf. Zusätzlich sollten Sie über diese Therapie auch mit Ihrer Krankenkasse sprechen. Injektionen von Kortison in den Glaskörper sind in Deutschland bei der Diabetischen Retinopathie nicht zugelassen. 40 Stichwort VEGF Hinter der Abkürzung VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor, deutsch: Vaskulärer Endothelialer Wachstumsfaktor) verbirgt sich eine Gruppe von Proteinen, die als Botenstoffe im Körper unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Eine schlechte Blut- und Sauerstoffversorgung fördert die Freisetzung dieses Wachstumsfaktors. Bedingt durch die gestörte Stoffwechsellage im Körper und die verminderte Durchblutung der kleinen Augengefäße, produziert die Netzhaut bei Diabetespatienten vermehrt diesen Wachstums­ faktor. Dadurch kann es zur krankhaften (pathologischen) Bildung neuer Blutgefäße kommen. Mögliche Folge: Diabetische Retinopathie / Makulopathie. Darüber hinaus erhöht VEGF die Gefäßdurchlässigkeit und damit die Bildung von Wassereinlagerungen. Mögliche Folge: Diabetisches Makulaödem. Die Netzhaut von Diabetikern produziert oft schon vermehrt VEGF, noch bevor der Augenarzt eine Mangeldurchblutung erkennen kann! 41 Die Sicht verbessern: Augenschutz in Eigenregie Den besten Schutz gegen diabetesbedingte Augenkrankheiten bietet aber immer noch eine optimale Einstellung der Diabetestherapie, unterstützt durch regelmäßige Selbstkontrolle und Kontrolle durch Ihren Arzt. Eine gesunde Lebensweise beugt vielen Spätfolgen vor. Eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle und eine auf den Patienten und seine Werte persönlich zuge­ schnittene Therapie (z. B. Tabletten, Insulin und Lebensstil­ änderungen) schützen am wirkungsvollsten vor diabetischen Folgeerkrankungen. Je besser der Langzeit-Blutzuckerwert eingestellt ist, umso geringer ist die Gefahr, dass der Körper dauerhaft Schaden nimmt. 42 Daher gilt für alle Diabetiker: •Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim behandelnden Arzt (Blutzucker, Blutfette, Blutdruck, Nierenwerte) •einmal jährlich: Augenuntersuchung beim Augenarzt •Normalgewicht anstreben oder halten •Auf eine gesunde Ernährung achten •Stress vermeiden/abbauen, regelmäßig Sport treiben •Diabetikerschulungen wahrnehmen 43 44 Nützliche Tipps für den Alltag Tipps und Tricks erleichtern den Alltag! Sehen Sie selbst – vielleicht entdecken Sie etwas Neues. Kalorien, Gewicht und Nährstoffverhältnis Das Wichtigste zuerst: Ist Ihr Diabetes gut – also normnah – ­eingestellt, müssen Sie nicht darben oder auf Genuss verzichten. Entscheidend ist dabei eine an Ihren täglichen Kalorienbedarf angepasste Ernährung im richtigen, ausgewogenen Nährstoffverhältnis von Kohlenhydraten, Fett, Eiweiß und Vitaminen. Eine große Rolle spielt auch der glykämische Index, der die Auswirkungen von Nahrungsmitteln auf den Blutzucker darstellt. Sinnvoll ist es auch, etwaige überflüssige Pfunde abzubauen. Um das für Sie beste Ernährungsprogramm zusammenstellen zu können, sollten Sie sich daher fundiert beraten lassen. So bieten Krankenkassen spezielle Ernährungsberatungen an – fragen Sie nach. Dies gilt übrigens unabhängig davon, ob Sie eine ­Insulinpumpe tragen, bedarfsgerecht Insulin einnehmen oder rein medikamentös behandelt werden. 45 Verantwortungsvoll schlemmen Wie gesagt: Die Zeiten, in denen Zuckerkranke sich streng an Diäten halten mussten, gehören dank moderner Behandlungs­ verfahren glücklicherweise der Vergangenheit an. Aber Ausnahmen gibt es dennoch. Betroffen sind vor allem die Diabetespatienten, die sich vor den Mahlzeiten eine festgelegte Insulinmenge spritzen. Bei ihnen spielt das Nährstoffverhältnis eine wichtige Rolle: So müssen sie im Auge behalten, wie hoch der Kohlenhydratanteil ihrer Ernährung ist. Dies wird per Broteinheiten (BE) berechnet. Dahinter verbirgt sich die Maßeinheit für Kohlenhydrate (also Zucker, Stärke etc.) in Lebensmitteln. Eine BE entspricht 12 Gramm Kohlenhydraten. 46 Gut gepflegt Die Haut von Diabetespatienten ist besonders empfindlich. Spezielle Hautpflegemittel mit den Wirkstoffen Urea, Lactat, Ceramiden oder Carnitin können hier entgegenwirken und die Haut vor dem Austrocknen oder vor Infektionen durch Pilze oder Bakterien schützen. Tipp: F ragen Sie in Ihrer Apotheke nach geeigneten Pflegeprodukten mit diesen Inhaltsstoffen. Perfekt gekleidet Spezielle Shirts, Unterwäsche und Socken mit Softbündchen wirken dank der eingearbeiteten Silber- oder Sojafasern desinfizierend und heilungsfördernd. Tipp: Sanitätshäuser bieten eine große Auswahl – sprechen Sie das Personal darauf an und lassen Sie sich beraten. 47 Füße im Fokus Die Füße sind bei Zuckerkranken im wörtlichen Sinn ein „wunder“ Punkt. Verhornungen, Druckgeschwüre und Verletzungen sind ein ständiger Begleiter. Gerade daher sollten Sie auch Ihre Füße nicht aus den Augen verlieren: Untersuchen Sie sie täglich auf etwaige Druckstellen oder Verletzungen und gehen Sie monatlich zur medi­ zinischen Fußpflege. Außerdem sollten Sie darauf achten, passende – gegebenenfalls auch orthopädische – Schuhe zu tragen. Tipp: Was für Ihren Körper gilt, gilt auch für die Füße – nutzen Sie feuchtigkeitshaltige Fußcremes. Alles im Blick Ist Ihr Augenlicht betroffen, bieten sich spezielle Freihand-Sehhilfen an. Sie ähneln einer Lupe, können aber umgehängt werden – und erleichtern bei diabetesbedingten Augenschäden das Sehen. 48 Tipp: A usführliche Informationen rund um das Thema Sehhilfen halten die Selbsthilfeorganisationen DBSV und PRO RETINA bereit. Sie beraten Sie gerne. Die Adressen finden Sie auf Seite 54. Wer hilft Betroffenen? Eine große Hilfe für Betroffene und deren Angehörige ist der regelmäßige Erfahrungsaustausch und Kontakt zu Menschen mit der gleichen Krankheit. Eine Reihe von Selbsthilfegruppen unterstützt Sie mit gezielten Maßnahmen und Aktivitäten. Die genauen Angebote erfragen Sie am besten persönlich bei den einzelnen Organisationen. Kontaktadressen und Rufnummern finden Sie auf Seite 54. Einige Beispiele zu den Maßnahmen der Organisationen: 49 Austausch mit Betroffenen •Bei regelmäßig stattfindenden Treffen erhalten Betroffene und ihre Angehörigen Unterstützung zur Alltagsbewältigung. •Unter anderem erhalten Sie Informationen zu Freizeit- und Erholungsangeboten, die speziell auf die Bedürfnisse von Augenpatienten abgestimmt sind. •Darüber hinaus werden Sie zu finanziellen und sozialrechtlichen Ansprüchen beraten. •Betroffene helfen Menschen, die erst seit Kurzem sehbehindert sind, beim Umgang mit Blutzuckermessgeräten, Insulinpumpen, Pens und anderen nicht barrierefreien Medizinprodukten, da es aufgrund der doppelten Beeinträchtigung schwer ist, mit diesen Geräten umzugehen und sie richtig zu nutzen. 50 Tipps und Tricks für ein unabhängiges und selbstständiges Leben •Trainings zu Orientierung und Mobilität •Unabhängige Beratung zum Kauf von nützlichen Alltagshelfern und Sehhilfen •Beratung zur optimalen Beleuchtung in Ihrem Lebensraum •Zugriff auf Hörmedien (Hörbücher) sowie Bücher und Zeitschriften in Großdruck Sensibilisierung der Öffentlichkeit •Selbst Betroffene sensibilisieren und informieren die Öffentlichkeit, ihre Freunde und ihre Angehörigen über diese spezielle Krankheit Beratung zu sozialrechtlichen Ansprüchen und Unterstützung bei der Durchsetzung •Finanzierung von Hilfsmitteln •Rundfunkgebührenbefreiung •Kostenbefreiung für den öffentlichen Verkehr •Hilfen am Arbeitsplatz 51 Durch die Unterstützung der Selbsthilfegruppen erhöht sich die Lebensqualität und der Alltag mit der Diabetischen Retinopathie oder dem Diabetischen Makulaödem wird leichter. So führen Sie weiterhin ein unabhängiges und selbstständiges Leben. Die Initiative „Bewahren Sie Ihr Augenlicht“ Die Initiative „Bewahren Sie Ihr Augenlicht“ ist eine gemeinschaftliche Aktion der folgenden Partner: •Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit •Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA) •Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV) •Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e. V. (DOG) •Novartis Pharma GmbH •Selbsthilfevereinigung PRO RETINA Deutschland e. V. •Retinologische Gesellschaft (RG) 52 Die Initiative startete bereits 2008, um Menschen über die ­Altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) und deren Früh­ erkennung aufzuklären. Jetzt wird das Spektrum der Kampagne um eine weitere Erkrankung der Netzhaut erweitert: die Diabetische Retinopathie. Außerdem ist mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit ein weiterer Partner hinzugekommen. Ziel der gemeinsamen Initiative ist es, die Bevölkerung über die beiden Krankheitsbilder – Altersabhängige Makula-Degeneration und Diabetische Retinopathie – zu informieren und dabei vor allem auf die enorme Bedeutung von Vorsorgeuntersuchungen hinzuweisen. Alle Initiatoren stehen Betroffenen und Angehörigen gerne beratend zur Seite. Nachfolgend finden Sie alle Kontaktadressen und Rufnummern – man nennt Ihnen gerne auch Büros und Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe. 53 Die Initiatoren Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit Telefon 089 9214-00 www.stmug.bayern.de Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA) Telefon 0211 4 3037- 00 www.augeninfo.de Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV) Blickpunkt Auge – Rat und Hilfe bei Sehverlust Beratungsstellen unter: www.blickpunkt-auge.de/regionen.html Telefon 030 285387-0 Die nächstgelegene Ortsgruppe des DBSV erreichen Sie unter Telefon 01805 666456* www.dbsv.org Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. (DOG) Telefon 089 5505768-0 www.dog.org 54 Novartis Pharma GmbH 90327 Nürnberg Service-Telefon 01802 232300** www.novartis.de Pro Retina Deutschland e.V. Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen Telefon 0241 870018 Service-Nummer 01805 870018* www.pro-retina.de Retinologische Gesellschaft (RG) Fax 02241 / 8 44 05 55 www.retinologie.org *0,14 €/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min., Stand Juni 2012 **0,06 € pro Anruf aus dem Festnetz der Deutschen Telekom, Stand Juni 2012 DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft 55 314208 – 06/2012 www.Bewahren-Sie-Ihr-Augenlicht.de