Ein Fenster zum ICH - Teil 1

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Ein Fenster zum ICH - Teil 1
Grundbegriffe der Psychologie.
Ein Lehrbuch in fünf Teilen von Herbert Paukert.
Version 9.0 © 2014.
Inhalt von Teil 1
Biologische Grundlagen, Modell der Psyche,
Methoden der Gehirnforschung.
Inhalt von Teil 2
Psychische Funktionen: Wahrnehmung, Gedächtnis, Denken, Sprechen.
Psychische Kräfte: Instinkte, Triebe, Interessen, Gefühle und Wille.
Inhalt von Teil 3
Psychologische Tests, Intelligenz, Persönlichkeit.
Inhalt von Teil 4
Psychoanalyse, Lerntheorie, sozial-kognitive Theorie,
Entwicklungspsychologie und Sozialpsychologie.
Inhalt von Teil 5
Stress, Psycho-Neuro-Immunologie, Selbstheilung,
Psychosomatik, Psychopathologie und Psychotherapie.
Hinweis: Das hier vorliegende Lehrbuch ist eine Neufassung des gleichnamigen
Buches, welches 1998 erstmalig im öbv/hpt-Verlag erschienen ist. Dort befinden
sich auch die Quellen-Nachweise.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Inhalt von Teil 1:
Vorwort
(03)
[1.1] Biologische Grundlagen
(04)
[1.1.1] Das biologische System "Mensch"
[1.1.2] Das Nervensystem und seine Bausteine
[1.1.3] Gliederung des zentralen Nervensystems
[1.1.4] Gehirn und Großhirn
[1.1.5] Sensorisches und motorisches System
[1.1.6] Das vegetative Nervensystem
[1.1.7] Das Hormonsystem
[1.1.8] Informationsflüsse im Nervensystem
[1.1.9] Der Weg zum Bewusstsein
[1.1.10] Das Erkenntnisproblem "Bewusstsein"
(04)
(17)
(27)
(32)
(37)
(40)
(42)
(47)
(49)
(51)
[1.2] Ein Basismodell der Psyche
(58)
[1.3] Methoden der Gehirnforschung
(61)
[1.3.1] Stereotaktische Eingriffe
[1.3.2] Enzephalogramme
[1.3.3] Bildgebende Verfahren
(61)
(62)
(64)
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Vorwort
Dieses Buch unternimmt den Versuch, das Phänomen der menschlichen Psyche
im Rahmen einer allgemeinen, naturwissenschaftlich orientierten Psychologie zu
beschreiben. Dabei werden auch wichtige Gebiete an den Schnittstellen zu
Biologie, Medizin und Philosophie erörtert.
Der erste Teil vermittelt die erkenntnistheoretische Position der Naturwissenschaften und die allgemeine, biologische Basis des menschlichen Organismus. Es
werden die wichtigsten Grundlagen des peripheren und zentralen Nervensystems,
des vegetativen Nervensystems, des Hormonsystems und des Immunsystems beschrieben. Im zweiten Teil erfolgt eine ausführliche Darstellung der psychischen
Leistungen des menschlichen Gehirns (Wahrnehmen, Erinnern, Lernen, Denken,
Sprechen und Instinkte, Triebe, Interessen, Gefühle, Wille). Im dritten Teil
werden die Grundlagen des Messens und Testens und der statistischen Datenauswertung erklärt. Eine ordentliche Versuchsplanung und die Verwendung
statistischer Hilfsmittel sind unerlässliche Voraussetzungen für jede wissenschaftliche Arbeit. In diesem Abschnitt erfolgt auch eine detaillierte Beschreibung von
Persönlichkeit und Intelligenz. Im vierten Teil werden psychodynamische
Entwicklungsmodelle und die Lerntheorie beschrieben. Ein eigener Abschnitt ist
verschiedenen sozialpsychologischen, insbesonders gruppendynamischen Phänomenen gewidmet. Der fünfteTeil beginnt mit den Themen „Stress“, „Psychoimmunologie“, „Selbstheilung“ und „Psychosomatik“ und bringt dann eine Übersicht über die wichtigsten psychopathologische Erscheinungsformen und über
verschiedene Schulen der Psychotherapie.
Unser Wissen gleicht einer Kugel im Raum. Ihre Oberfläche ist die Grenze zum
Unbekannten und Unerforschten. Mit jeder Erweiterung unserer Wissenskugel,
vergrößert sich auch diese Grenzfläche. So ergibt sich der paradoxe Sachverhalt,
dass je mehr wir zu wissen vermeinen, wir umso schmerzlicher erkennen müssen,
wie wenig wir eigentlich wissen. Dieses Bild einer Wissenskugel erlaubt aber
noch eine zweite Interpretation. Nicht die wechselhaften Erscheinungen an der
vordergründigen Oberfläche sind von Bedeutung, sondern die hintergründigen,
verborgenen Strukturgesetze. Erst das tiefere Verständnis der versteckten Beziehungen und Bindungen ermöglicht dem Schachspieler die richtige Einschätzung der sichtbaren Figurenstellung am Spielbrett. Genauso kann das
Wissen um die Gesetzmäßigkeiten der allgemeinen Biologie und Psychologie zu
einem besseren Verständnis und einer differenzierteren Beurteilung menschlicher
(Lebens-) Situationen führen. Vielleicht kann dadurch auch unser Verhalten am
Spielbrett des Lebens in günstiger Art und Weise beeinflusst werden. Der Autor
hofft, mit diesem Buch dem interessierten Leser einen möglichst umfassenden
Einblick in die Hintergründe der menschlichen Psyche zu vermitteln.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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[1.1] BIOLOGISCHE GRUNDLAGEN
Die Psyche ist eine Systemfunktion des Gehirns. Sie ist das Resultat informationsverarbeitender Prozesse in komplexen Netzwerken aus Milliarden von Nervenzellen (Neuronen).
Durch Interaktion des Gehirns mit seiner Umwelt hat sich die menschliche
Psyche evolutionär entwickelt - von einfachen Reflexen für die Reizbeantwortung
über unbewusste instinktive Handlungen für die Lebenserhaltung bis zu den
begriffsbildenden neuronalen Netzen in der Großhirnrinde, wodurch Denken als
Probehandeln möglich wird. Das bewusste Denken erzeugt im Gehirn ein Modell
der Umwelt. Mit Hilfe der Sprache kann dieses Wissen an andere Gehirne weitergegeben und auch auf materielle Datenträger gespeichert werden. Dadurch wird
das subjektive Wissen zum objektiven Geist und zur Grundlage der Kultur.
Die höchste Entwicklung ist die Selbstwahrnehmung (Reflexion) des Gehirns, d.h.
der Mensch konstruiert ein Modell von sich SELBST (Ichbewusstsein).
[1.1.1] Das biologische System "Mensch"
Die Psyche, als Ergebnis informationsverarbeitender Prozesse im zentralen
Nervensystem, unterliegt der biologischen Evolution. Die Psyche kann ohne
Biologie nicht hinreichend erfasst werden. Die Biologie ihrerseits stützt sich vor
allem auf die Chemie. Ein tieferes Verständnis für das System "Mensch" ist nur
möglich auf dem Wissen um die grundlegenden chemischen Vorgänge in den
Zellen, im Organismus und in unserer Umwelt.
Zur Erklärung vieler biologischer Prozesse sind die Begriffe Information und
Regulation von zentraler Bedeutung. Die Ereigniskette A, B, C, D, in welcher
das Ereignis A das Ereignis B verursacht, B dann C, und C dann D verursacht, ist
ein lineares, determiniertes System. Wenn aber D auf A zurückwirken kann
(Rückkoppelung, feed back), dann ist das System zirkulär und hat die Möglichkeit der Selbstregulation. In solchen Regelkreisen werden reale Ist-Werte durch
Messfühler gemessen und mit einprogrammierten Soll-Werten verglichen. Bei
Abweichungen werden Regelungsprozesse ausgeführt, welche die Ist-Werte an
die Soll-Werte anpassen. Damit können lebenswichtige Gleichgewichtszustände
(Homöostasen) erhalten werden.
Das vorliegende Buch versucht der Verwurzelung der Psychologie in Biologie
und Chemie Rechnung zu tragen und beschreibt daher im ersten Teil wichtige
biologische Grundlagen. Der daran nicht interessierte Leser kann diesen Teil des
Buches durchaus überspringen.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Die Entwicklung des Lebens
Die unbelebte Welt ist der Bereich von Zeit und Raum, in dem Anhäufungen von
Materie vorkommen, welche ihrerseits aus Atomen und Molekülen bestehen.
Zwischen den Materieteilchen wirken Kräfte, die durch Physik und Chemie beschrieben werden. Durch die gegenseitigen Wechselwirkungen verschiedener
Moleküle bilden sich immer komplexere Stoffklassen. So bildeten sich in der Uratmosphäre aus einfachen Molekülen wie Wasser (H2O), Methan (CH4) und
Ammoniak (NH3) bei Energiezufuhr (Sonne, Blitz) neue Moleküle wie Aminosäuren (z.B. Glycin H2N-CH2-COOH). Diese wurden in die mineralsalzreichen
Urozeane geschwemmt und sie bildeten dort noch komplexere Moleküle; z.B.
werden aus den einfachen Aminosäuren längere Polypeptidketten, die sich zu
Proteinen (Eiweißen) zusammenfalten. Eine andere Klasse sind die so genannten
Phospholipide (komplexere Verbindungen aus Fettsäuren, Glycerin-Alkohol und
Phosphorsäure), welche aus einem wasserabstoßenden und einem wasseranziehenden Ende bestehen. Sie ordnen sich im Wasser kugelförmig an und bilden
dort doppelschichtige Membrane. Durch Einlagerung von Polypeptiden in diese
Membrane können Kanäle erzeugt werden, welche die Verbindung zwischen
Außen und Innen herstellen. Damit ist die "Pore" als erstes Organ der Evolution
erfunden. Im Innern dieser Gebilde sammeln sich auf Grund einseitiger
Membrandurchlässigkeit bestimmte Makromoleküle gehäuft an, die in enge
Wechselwirkung miteinander treten können. Solche, in der Ursuppe schwimmende Gebilde (Präzellen) sind die Vorläufer der lebendigen Zellen.
In den Präzellen entwickelt sich über die aus Vulkanen stammenden Phosphate
ein einfacher Stoffwechsel. Anorganische Polyphosphate sind zwar stabil gegen
Wasser, aber instabil gegen kohlenstoffhaltige Hydroxylgruppen. Sie verbinden
sich solcherart leicht mit anderen geeigneten Stoffen zu reaktionsfreudigen
Molekülen. Die nunmehr organischen Polyphosphatverbindungen beteiligen sich
rege am Aufbau weiterer Makromoleküle, unter anderem auch an der Synthese
von Nukleinsäuren.
Die verdrillten Doppelstränge der Desoxyribonukleinsäure (DNS) bestehen aus
Desoxy-Ribose-Zucker, Phosphatresten und genau vier stickstoffhaltigen Basen
Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Aus elektrochemischen Gründen können
nur bestimmte basische Stoffe einander gegenüber liegen (komplementäre Basenpaarung: A-T und G-C). Wird durch äußere Einflüsse ein solcher DNS-Doppelstrang aufgetrennt, so können sich an die entsprechenden Basen eines Einzelstranges frei herumschwimmende, komplementäre Bruchstücke anlagern. Damit
bildet sich wieder ein neuer DNS-Doppelstrang, der identisch mit dem Ausgangsmolekül ist. Durch diese identische Reduplikation sind solche Makromoleküle in
der Lage, gleichartig aufgebaute Tochtermoleküle zu erzeugen.
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Die Abbildung zeigt die Reduplikation eines DNS-Doppelstranges:
Aus dem bereits komplexen chemischen Geschehen in der Präzelle entwickelt
sich eine neue Struktur, nämlich die Zelle. Diese weist nunmehr völlig neue
Funktionsmerkmale auf: einen Energiestoffwechsel, die identische Reduplikation
und einen Baustoffwechsel. Für diese Arbeitsleistungen haben sich auch verschiedene Unterstrukturen innerhalb der Zelle gebildet, die in Wechselwirkung
zueinander stehen (Kern, Plasma, spezialisierte Zellorganellen, Membran). Die
einzelnen Vorgänge in den verschiedenen Zellabteilungen (Zellorganellen) regulieren sich gegenseitig derart, dass immer eine optimale Anpassung an die jeweiligen chemisch-physikalischen Situationen erfolgt. Die im Vergleich zur unbelebten Präzelle neuen strukturellen und funktionellen Systemmerkmale werden
unter dem Sammelbegriff "Leben" zusammengefasst. Dadurch unterscheidet sich
die belebte von der unbelebten Materie. Natürlich sind die Übergänge fließend
und kontinuierlich, z.B. bei den Viren. In weiterer Folge entstehen dann kleinere
Mikroorganismen und schließlich höhere Lebensformen mit spezialisierten Zellverbänden (Organen).
Das, der stammesgeschichtlichen Entwicklung (Phylogenese) zu Grunde liegende
Prinzip formulierte Charles Darwin (1850) in seiner Evolutionstheorie, wonach
nur jene Strukturen überleben, welche am besten an die jeweiligen Umweltbedingungen (den Außenraum) angepasst sind. Der Motor unserer Stammesgeschichte sind die Mutationen (Veränderungen des genetischen Codes) und die
Selektionen (natürliche Auslesen).
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Die wichtigste Funktion der DNS-Moleküle ist ihre steuernde Mitwirkung bei der
Bildung von Eiweißen (Proteinen) durch gezielte Verknüpfung von Aminosäuren.
Die DNS-Doppelstränge befinden sich in 46 Kernschleifen (Chromosomen) der
Zellkerne. Beim Vorgang der Transkription werden sie ab einer Startposition bis
zu einer Endposition mithilfe bestimmter Enzyme aufgetrennt. Von diesem Abschnitt wird auf Grund der komplementären Basenpaarung aus Nukleotidstücken
eine Kopie erzeugt, die Messenger-Ribonukleinsäure (mRNS). Die RNS (Ribonukleinsäure) unterscheidet sich von der DNS (Desoxyribonukleinsäure) in ihrer
Struktur nur geringfügig. Dann schließt sich der DNS-Doppelstrang wieder und
die mRNS wandert aus dem Zellkern in das Zellplasma. Dort erfolgt an eigenen
Einrichtungen (Ribosomen) der Vorgang der Translation. Dabei steuern jeweils
drei Basen der mRNS (Basentriplett, Codon) die Anheftung einer bestimmten
Aminosäure. Der eigentliche Aminosäuretransport erfolgt mithilfe der TransferRNS (tRNS), die auf der einen Seite über komplementäre Basenpaarungen an die
mRNS andockt und auf der anderen Seite mit einer Aminosäure beladen ist.
In der Basensequenz der Nukleinsäuren ist also die Information für die Verknüpfung der verschiedenen Aminosäuren zu Eiweißmolekülen (Proteinen) verschlüsselt. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom genetischen Code.
Unter einem Gen versteht man einen Abschnitt des DNS-Moleküls, also eine
bestimmte Sequenz von Basentripletts, welche für die Biosynthese eines Proteins
verantwortlich ist. Transkription und Translation sind biochemische Vorgänge,
die durchaus mit komplizierten feinmechanischen Bearbeitungsmaschinen vergleichbar sind.
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Die Proteine ihrerseits werden als Baustoffe oder als Enzyme (Vermittlerstoffe,
Katalysatoren) für weitere chemische Reaktionen verwendet. Die Enzym-Proteine
bestehen aus langen Ketten von Aminosäuren, welche sich durch Faltungen zu
komplizierten räumlichen Strukturen anordnen. Dabei bilden die für die spezifische Enzymleistung wirksamen Aminosäuren eine Vertiefung in der Oberfläche. An dieses aktive Zentrum des Enzym-Proteins wird dann das passende
Substratmolekül angelagert. Nun können dort bestimmte Ionen (Coenzyme) auf
das Substratmolekül einwirken, sodass dieses beispielsweise chemisch verändert
oder überhaupt zerlegt wird. Die Enzyme wirken so als Biokatalysatoren auf die
Stoffwechselvorgänge in der Zelle, wodurch bestimmte Merkmalsstrukturen aufgebaut werden. Die Gene enthalten somit die Erbinformationen für die Entwicklung äußerer Bau- und Leistungsmerkmale des Körpers (Phäne). Die gesamte
genetische Steuerung der Biosynthese von Proteinen heißt Genexpression.
Eine wesentliche Leistung der Zellen besteht in ihrer Fähigkeit sich in zwei
Tochterzellen zu teilen. Der zentrale Mechanismus ist dabei die identische Reduplikation der DNS, wodurch die Erbinformation weitergegeben wird. Durch die
Zellteilung wird erst Wachstum und Regeneration (Ersatz von Zellen) möglich.
Zellverbände, welche aus überwiegend gleichartig strukturierten Zellen mit
bestimmten Funktionen bestehen, werden als Gewebe bezeichnet. Man unterscheidet Epithelgewebe (Oberflächenschutz), Binde- und Stützgewebe, Muskelgewebe und Nervengewebe.
Ein interessantes Phänomen in der Entwicklung eines Individuums (Ontogenese)
ist die so genannte Zelldifferenzierung. Sämtliche Baupläne eines Lebewesens
sind in den DNS-Strängen im Zellkern enthalten. Die Ursachen für die Spezialisierung der Zellen liegen einerseits in der Genaktivtät und andererseits in der
Zellaktivität. Die so genannte Genregulation bewirkt, dass nur bestimmte Gene
aktiv werden und die Biosynthese spezifischer Proteine steuern. Zur Genregulation werden verschiedene Verfahren angewendet, z.B. die Substratinduktion,
welche als echter Regelkreismechanismus angesehen werden kann. Eigene Regulationsgene erzeugen bestimmte Repressorproteine. Diese blockieren die Startposition eines Gens. Das die Aktivität dieses Gens auslösende Substrat heftet sich
an das Repressormolekül, wodurch sich dieses räumlich umlagert und seine
blockierende Bindung zum Gen verliert. So können bestimmte Enzyme (RNSPolymerasen) angreifen und die Transkription starten und kontrollieren. Das
wiederum führt im Zellplasma zur Biosynthese des entsprechenden EnzymProteins. Falls dieses das Substrat spaltet, so sinkt im Plasma die Konzentration
des Substrates. Der nunmehr wieder unbeladene Repressor kann den Genabschnitt neuerlich blockieren und die Biosynthese wird eingestellt.
Neben dieser Genregulation wirken auch die Aktivitäten der Zellen als Ganzes
steuernd auf die Spezialisierung der Zellen. Eine Zelle kann sich bewegen, sich
teilen, sich an andere anheften (Adhäsion), loslassen und auch sterben.
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Bei der Befruchtung verschmelzen Eizelle und Samenzelle und damit auch ihre
genetischen Informationen. Durch fortwährende Zellteilung bildet sich daraufhin
das Blastoderm, ein Zellhaufen mit über 100 000 Zellen. Durch Wanderung und
Adhäsion der Zellen kommt es zur Einstülpung des Blastoderms, zur Gastrulation, wobei sich drei Zellplatten herausbilden (Keimblätter): Ektoderm, Entoderm
und Mesoderm. In diesem Stadium der Keimesentwicklung setzt nun der Mechanismus der embryonalen Induktion ein. Darunter versteht man die Koordination
der ortsabhängigen Differenzierung der Zellen (Topobiologie). Diese erfolgt
durch Zellaktivitäten und durch Genregulationen, wobei Signalstoffe erzeugt
werden, die ihrerseits wiederum auf andere Zellen einwirken können. Durch diese
Prozesse entwickeln sich aus den Keimblättern die Primitivorgane. Am Ende der
Entwicklung steht das individuelle Lebewesen mit seinen Organsystemen.
Das Altern ist ein unausweichlicher Prozess, dem jedes Lebewesen unterworfen
ist. Zwei große Theorien versuchen diesen Vorgang zu erklären: die Fehler- und
die Programmtheorie. Für die Vertreter der Fehlertheorie ist das Altern das unvermeidbare Resultat des Verschleißes von Zellen und ihrer Erbsubstanz auf
Grund schädigender Einflüsse, denen sie während ihres Lebens ausgesetzt sind.
Der kritische Punkt ist dann erreicht, wenn die zelleigenen Reparaturmechanismen nicht mehr ausreichen, um die Fehler zu beheben. Die Befürworter
der Programmtheorie sind überzeugt, dass Altern und Tod ein ureigener Teil des
Lebens sind: Von Anfang an in jeder Zelle installiert, läuft ein genetisches
Alterungsprogramm nach einem arttypischen Muster ab. Unstrittig jedenfalls ist,
dass die Zellen altern - ob nun auf Grund sich häufender Fehler oder eines
vorprogrammierten genetischen Mechanismus. Eine wichtige biologische Uhr,
die das individuelle Lebensalter mitbestimmt, ist der chemische Stoffwechsel.
Der amerikanische Mediziner Richard Weindruch in Wisconsin ernährte Mäuse
und Ratten nur mit zwei Drittel der normalen täglichen Kalorienzufuhr, jedoch
mit allen notwendigen Vitaminen und Spurenelementen. Weil in den Zellen
dieser Tiere weniger Nahrung verarbeitet wird, bilden sich auch weniger
schädliche Stoffwechselprodukte, wie beispielsweise die freien Radikale (endogene Oxidantien). Diese hochreaktiven, aggressiven Moleküle sind verantwortlich für Oxidationsprozesse, welche Membranproteine und Enzymproteine,
die Energie liefernden Mitochondrien im Zellplasma, und sogar Genmaterial im
Zellkern zerstören können. Glücklicherweise hat die Natur Schutzmittel dagegen
entwickelt: Einerseits wurden Gene entdeckt, welche die DNS-Schäden wieder
reparieren bzw. ein Enzym produzieren, welches die freien Radikale abbaut
(Superoxid-Dismutase). Andererseits hemmt auch eine gesunde Ernährung, die so
genannte Antioxidantien enthält (z.B. in Karfiol und Broccoli), die zerstörerische
Wirkung der freien Radikale. Allgemein erweist sich die Stoffwechselgeschwindigkeit als indirekt proportional zur Lebensdauer. Langsame und schlanke Tiere
leben länger, bei Ratten bis zu einem Drittel der normalen Lebensspanne.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
Das biologische System "Mensch"
Nervensystem: Kommunikation mit Umwelt und Systemkontrolle.
Magen, Darm: Aufnahme der Nahrungsstoffe.
Lunge: Einatmen von Sauerstoff und Ausatmen von Kohlendioxid.
Blutkreislauf, Herz: Transport der Stoffe im Organismus.
Leber: Abbau, Umbau, Aufbau von Stoffen und Entgiftung.
Darm, Niere, Lunge, Haut: Ausscheiden von Stoffen.
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Die Bausteine des Organismus sind die Zellen. Diese haben im Laufe der
Entwicklung hoch spezialisierte Funktionen übernommen (Muskelzellen zur
Bewegung, Nervenzellen zur Signalübertragung, Drüsenzellen zur Sekretion,
usw.). In der Grundstruktur bestehen sie aus einer Zellmembran, die sie von der
Umgebung abgrenzt, und im Inneren aus dem Zellplasma mit verschiedenen
Einrichtungen (Ribosomen, Mitochondrien usw.) und dem Zellkern mit seinen
Chromosomen, die aus Desoxyribo-Nukleinsäure-Molekülen (DNS) bestehen.
Im Zellplasma läuft der biochemische Stoffwechsel ab. Beim so genannten
Baustoffwechsel werden Moleküle zerlegt und aus ihren Bestandteilen wieder
neue aufgebaut. Im Grunde sind nur wenige Stoffklassen für den Aufbau der
belebten Natur wichtig: Wasser, Salze bzw. Ionen, Kohlehydrate, Fette bzw.
Lipide, Proteine (Eiweiße), Ribonukleinsäuren (RNS) und Desoxyribonukleinsäuren (DNS). Zerlegt man diese Moleküle weiter, dann erhält man ebenfalls nur
wenige typische Bestandteile wie die Aminosäuren der Eiweiße oder die
Fettsäuren der Fette oder den Traubenzucker der Kohlehydrate.
Damit der Baustoffwechsel reibungslos funktioniert, muss ihm Energie zugeführt
werden. Diese Energie liefert der Betriebsstoffwechsel (Energiestoffwechsel) der
Zelle. Die Aufnahme der Betriebsstoffe (vor allem von Zucker aus dem Blut)
erfolgt durch die Zellmembran. Ihre Verbrennung mit Sauerstoff in den Mitochondrien des Zellplasmas wird als biologische Oxidation bezeichnet und liefert
erstens weiter verwertbare chemische Bestandteile und zweitens freiwerdende
Energie, welche zur Synthese von Adenosintriphosphat (ATP) aus Adenosindiphosphat (ADP) und Phosphorsäure (P) verwendet wird.
Die biologische Oxidation besteht aus einer mehrstufigen Kette von vielen
Einzelreaktionen, wo verschiedene Enzyme mitwirken. Glykolyse (Zuckerabbau
zur einfacheren Brenztraubensäure), Oxidationen der Fettsäuren und Aminosäurenabbau münden in den so genannten Zitronensäurezyklus, wo eine stufenweise Umformung und Zerlegung von kohlenstoffhaltigen Säuren unter Abspaltung von Kohlendioxid CO2 erfolgt.
In der Atmungskette schließlich kommt es zum Endabbau mit Hilfe von Sauerstoff unter Abspaltung von Wasser H2O. Ein zentrales Zwischenprodukt dabei ist
die aktivierte Essigsäure (Acetyl- Coenzym-A), welche einerseits als Ausgangspunkt für verschiedene Molekülsynthesen dient (Fettsäuren, Transmitterstoffe,
Steroidhormone, Gallensäuren usw.); andererseits wird sie mit Hilfe von
Sauerstoff unter Abgabe von Energie in die Endprodukte Kohlendioxid und
Wasser zerlegt, welche dann ausgeschieden werden. Die Eiweißzerlegung (Abbau
der Aminosäuren) führt zu dem Endprodukt Harnstoff und der Nukleinsäureabbau liefert noch zusätzlich Harnsäure. Aufnahme, Zerlegung und Ausscheidung
von Substanzen kennzeichnen den Betriebsstoffwechsel.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
Gemeinsame Wege des Stoffwechsels der Nahrungsstoffe:
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Nährstoffumwandlung bei der Verdauung:
Die Umgebung der Zelle:
Das Innere der Zelle:
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Der Stoffwechsel in der Zelle:
Die biologische Oxidation:
Die chemische Energiegewinnung:
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Das ATP-Molekül als Zwischenspeicher biochemisch freigesetzter Energie
kommt in vielfältiger Weise zum Einsatz. Durch eine hydrolytische Spaltung
(d.h. mittels Wassermolekülen) von Adenosintriphosphat (ATP) in Adenosindiphosphat (ADP) und Phosphorsäure wird die gespeicherte Energie wieder abgegeben und für unterschiedliche Aufgaben verwendet: für den aktiven Stofftransport durch die Zellmembran (Ionenpumpe), für die Synthese von Eiweißmolekülen aus Aminosäuren, für die Bildung verschiedener Aufbaustoffe und
vieles mehr. Alle diese biochemischen Reaktionen laufen unter Mitwirkung von
spezifischen Katalysatoren ab. Diese Biokatalysatoren nennt man auch Enzyme,
von denen über 2000 bekannt sind.
Dem menschlichen Organismus liegt der komplexe Mikrokosmos seiner Zellen
zu Grunde. Zellen sind offene Systeme, in denen ständig Materie umgeformt,
Energie freigesetzt und gebunden wird. Dabei ist die Erhaltung stationärer
Gleichgewichte der Stoffkonzentrationen lebensnotwendig, beispielsweise das
Säure-Base-Gleichgewicht oder der Zuckergehalt im Blut.
Die ständig auftretenden Störungen dieser Gleichgewichtszustände durch äußere
Einflüsse werden durch komplizierte Regulations-Mechanismen ausgeglichen.
Leben besteht daher in einer dauernden Erhaltung von Fließgleichgewichten.
Der zelluläre Stoffwechsel eines einzelnen Organismus ist eingebettet in den globalen Stoffwechsel der Natur. Dieser kann als Kreisprozess aufgefasst werden:
Durch die, unter Lichtenergie in den Pflanzen ablaufende Photosynthese wird
Zucker (C6H12O6) aus Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) gewonnen, wobei
auch Sauerstoff (O2) freigesetzt wird. Zur Lichtabsorption ist dabei der grüne
Blattfarbstoff (Chlorophyll) unentbehrlich. Die Photosynthese besteht aus einer
Abfolge komplizierter chemischer Reaktionen, die unter Mitwirkung mehrerer
Katalysatoren abläuft.
Mit der Nahrungsaufnahme gelangt der Zucker in den tierischen Organismus.
Durch die biologische Oxidation wird der Zucker mit Hilfe von Sauerstoff in den
Zellen der Tiere verbrannt. Die freiwerdende Energie wird im ATP-Molekül
gespeichert und für die verschiedenen Formen der Zellarbeit verwendet
(Nervenerregung, Muskelkontraktion, Stoffsynthese, Transport, Zellteilung usw.).
Als Endprodukte des zellulären Stoffwechsels werden wiederum Wasser und
Kohlendioxid und einfache Stickstoffverbindungen in die Natur ausgeschieden,
und der globale Kreislauf der Energie kann von neuem mit der Photosynthese
beginnen.
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Der Kreislauf der Energie
Die Abbildung zeigt eine schematische Darstellung des energetischen
Zusammenspiels von individuellem Organismus und umgebender Natur.
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Eine zentrale Frage lautet: Was ist "Lebensenergie" ?
Unter Energie versteht man ganz allgemein die Fähigkeit Arbeit zu verrichten.
Verzichtet man auf religiöse oder mythologische Spekulationen, dann kann die
Quelle unserer Lebensenergie nur in den oben beschriebenen, Energie liefernden
biochemischen Prozessen liegen. Die lebende Zelle arbeitet wie eine Energie
transformierende Fabrik. Die synchrone Arbeit vieler Zellen eines Gewebes bewirkt eine nach außen hin beobachtbare und messbare Aktivität. Direkt beobachtbar ist der Aktivitätszustand des Organismus vor allem in vier Bereichen:
Atemtätigkeit (Frequenz, Tiefe)
Herz-Kreislauf-System (Puls, Blutdruck)
Peristaltik des Darmes
Spannungszustand der Skelettmuskulatur
Die Lebensenergie ist keine eigenständige mystische Kraft, sondern sie ist der
Sammelbegriff für die synchrone Arbeit unserer Zellen. Synchronisation und Regulation erfolgen durch die Signalsysteme von Nerven- und Hormonsystem. Mit
Lebensenergie wird auch oft die Selbstheilungskraft des Organismus bezeichnet.
In der Menschheitsgeschichte taucht dieser Begriff der Lebensenergie in verschiedenen Formen auf: QI (China), Prana (Indien), Num (Afrika), Vis vitalis
(Europa), Libido (Sigmund Freud), Orgon (Wilhelm Reich).
[1.1.2] Das Nervensystem und seine Bausteine
Das Nervensystem besteht aus dem somatischen und dem vegetativen System.
Das somatische Nervensystem kontrolliert die Kommunikation mit der Umwelt
und gliedert sich in zwei Teilbereiche:
Das sensorische System besteht aus den Rezeptoren (Sinnesorganen) und den von
der Peripherie zur Zentrale führenden Nerven (afferent). Es dient somit zur
Aufnahme und Verarbeitung von äußeren Reizen. Das motorische System besteht
aus den von der Zentrale zur Peripherie führenden Nerven (efferent) und den
Effektoren (Muskeln). Es dient somit zur Steuerung der Körpermotorik.
Das vegetative Nervensystem steuert und koordiniert die Funktionen der inneren
Organe (Verdauung, Atmung, Herztätigkeit, usw.)
Zusätzlich wird zwischen zentraler Informationsverarbeitung (Gehirn, Rückenmark) und peripherer Informationsverarbeitung unterschieden.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Die Nervenzellen mit ihren Fortsätzen
Die Bausteine des Nervensystems sind die Neuronen. Ein Neuron enthält die
eigentliche Nervenzelle, viele zuleitende Fortsätze (Dendriten) und immer nur
einen wegleitenden Fortsatz (Neurit, Axon). Die Nervenzelle besteht aus dem
Zellkern mit seinen Chromosomen und dem Zellplasma, wo in bestimmten Teilen
(Zellorganellen) wichtige chemische Stoffwechselvorgänge ablaufen.
Die Kontaktstellen zwischen zwei Neuronen heißen Synapsen. Diese unterteilt
man in die präsynaptische Membran, den synaptischen Spalt und die postsynaptische Membran.
In der Abbildung sind im Inneren der Zelle einzelne Strukturen (Zellkern, GolgiApparat, Mitochondrien usw.) dargestellt. Die Blasen (Vesikel) an den synaptischen Endköpfen enthalten Transmitterstoffe, welche die Übertragung elektrischer Signale von einem Neuron auf ein anderes ermöglichen.
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Die Nervenzelle ist von ihrer Umgebung durch eine Membran abgegrenzt. Auf
Grund einer bestimmten Verteilung von Ionen (vor allem Natrium und Kalium)
besteht zwischen Innenraum und Außenraum eine elektrische Spannung (Ruhepotential, ca. -70 mV). Die Membran enthält Kanäle von verschiedener Breite,
durch welche selektiv bestimmte Moleküle hinein oder hinaus wandern können.
Solche Ionenverschiebungen werden durch Transmitterstoffe bewirkt. Dadurch
ändert sich die elektrische Spannung zwischen Innen- und Außenraum der Zelle.
Diese Spannungsänderung (Aktionspotential, ca. +30 mV) wird nun entlang der
Nervenfortsätze weitergeleitet. Dann werden die Ionen wieder in umgekehrter
Richtung bewegt (Ionenpumpe) und das Ruhepotential hergestellt. Die Energie
für die Ionenpumpe liefert das ATP-Molekül. Den ganzen Vorgang nennt man
eine elektrochemische Erregung.
Mit ihren Fortsätzen und Synapsen verbundene Neuronen bilden ein lokales Netz.
Die im Netz weitergeleitete Information ist in der zeitlichen Aufeinanderfolge der
Aktionspotentiale verschlüsselt (Frequenzmodulation).
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Erreicht ein Aktionspotential die präsynaptische Membran, dann werden dort so
genannte Transmitter-Moleküle freigesetzt, welche den Spalt überqueren und sich
an so genannte Rezeptor-Moleküle an der postsynaptischen Membran anheften.
Die Rezeptoren öffnen oder schließen nun selektiv Membrankanäle, wodurch der
Ioneneinstrom gesteuert wird. Somit steuern die Transmitter die Weiterleitung der
elektrischen Signale, entweder erregend (exzitatorisch) oder hemmend (inhibitorisch). Bestimmte Transmitter werden in bestimmten Hirnregionen erzeugt und
steuern dort die Aktivität dieser Regionen. Eine Beeinflussung der Transmitter beeinflusst somit auch die Gehirnfunktionen.
Die Wirkung vieler Medikamente beruht darauf, dass sie den natürlichen
Botenstoffen nachgebaut werden und daher Rezeptormoleküle besetzen. Die
agonistischen Medikamente erzielen die gleiche Wirkung wie die Botenstoffe.
Antagonisten besetzen die Rezeptoren und blockieren sie ohne eine Wirkung zu
erzielen. In der folgenden Abbildung sind diese Mechanismen schematisch
dargestellt.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Gelangt ein Aktionspotential in der Nervenfaser an eine Synapse, dann kommt es
dort zu einer Erregungsübertragung auf das benachbarte Neuron. Das elektrochemische Geschehen soll am Beispiel einer Synapse mit Acetylcholin (ACh) als
Transmitter beschrieben werden, wobei das Acetylcholin in der Nervenendigung
aus Acetyl-Coenzym-A (Acetyl-CoA) und Cholin gebildet und in den Vesikeln
(Bläschen) gespeichert wird.
[a] Wenn ein Aktionspotential die Endigung erreicht, öffnen sich die zuvor
geschlossenen Calciumkanäle und lassen Calciumionen Ca2+ einströmen.
[b] Dies bewirkt, dass die Vesikel mit der präsynaptischen Membran verschmelzen und ACh-Moleküle in den synaptischen Spalt entlassen.
[c] Der freigesetzte Transmitter bindet sich an spezifische ACh-Rezeptoren auf
der postsynaptischen Membran des benachbarten Neurons und löst dort die
Öffnung der Natriumkanäle aus. Viele Na+ -Ionen strömen ins Zelleninnere und
wenige K+ -Ionen nach außen. Dadurch kann ein postsynaptisches Aktionspotential aufgebaut und die Erregungsleitung fortgesetzt werden.
[d] Der Transmitter ACh wird dann an den Membranrezeptoren durch das Enzym
Acetylcholinesterase (AChE) sofort zu Acetat (A) und Cholin (Ch) abgebaut.
[e] Diese Produkte werden von der präsynaptischen Nervenendigung aufgenommen und anschließend zur neuerlichen Synthese von Acetylcholin verwendet.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
22
Transmitterstoffe und Membranrezeptoren
Wie das Gehirn funktioniert, versteht man am besten, wenn man die synaptische
Übertragung betrachtet, also die Weise, in der Nervenzellen Information an
andere Nerven-, Muskel- oder Drüsenzellen übermitteln. In der Zusammenschau
ist dieser Prozess unkompliziert: Sobald ein Aktionspotential eine Nervenfaserendigung (den präsynaptischen Teil der Synapse) erreicht, öffnet es normalerweise geschlossene, elektrisch gesteuerte Calcium-Kanäle in der präsynaptischen
Membran. Calcium strömt ein und setzt die Ausschüttung von Neurotransmittersubstanzen in Gang, die durch den synaptischen Spalt diffundieren, auf
Rezeptoren in der postsynaptischen Membran einwirken und so Reaktionen in der
postsynaptischen Nerven-, Muskel- oder Drüsenzelle auslösen.
Die durch den präsynaptischen Strom freigesetzte Neurotransmittersubstanz
heftet sich an spezifische Rezeptormoleküle in der postsynaptischen Membran.
Diese Rezeptoren bewirken dann Änderungen in der postsynaptischen Zelle. Bei
der schnellen (weniger als eine Millisekunde benötigenden) synaptischen Übertragung steuern die Rezeptoren unmittelbar Ionenkanäle. Hierbei handelt es sich
nicht um einen elektrisch gesteuerten, sondern um einen chemisch gesteuerten
Ionenkanal. Er ist nur zu öffnen, indem sich der Transmitter an jene Rezeptoren
heftet, die die Kontrolle über den Kanal ausüben. Daneben gibt es auch seltene,
rein elektrisch gesteuerte Synapsen, die ohne Transmitter auskommen.
Bei der schnellen erregenden synaptischen Übertragung (exzitatorisch) öffnen
die Rezeptoren Natrium-Kanäle. Natrium strömt ein und verursacht eine gewisse
Depolarisation (das heißt, das lokale Membranpotential wird weniger negativ).
Diese erregende Reaktion (EPSP, exzitatorisches postsynaptisches Potential) ist
abgestuft und in ihrer Stärke davon abhängig, wie viele Rezeptoren bzw. Kanäle
aktiviert wurden. Sind ausreichend viele Rezeptoren in Tätigkeit versetzt
(Summationseffekt), dann wird das Membranpotential im Anfangsteil der
Nervenfaser, wo sie den Zellkörper verlässt, depolarisiert. Sobald die Aktionspotentialschwelle der hier befindlichen Natriumkanäle erreicht ist, entsteht ein
postsynaptisches Aktionspotential, welches sich dann entlang der Nervenfaser
weiter fortpflanzt.
Bei der schnellen hemmenden synaptischen Übertragung (inhibitorisch) steuern
die Rezeptoren gewöhnlich geschlossene Chlorid-Kanäle. Sie öffnen diese,
Chloridionen strömen ein und hyperpolarisieren die Zellmembran (ihr Potential
wird also negativer als das Ruhepotential). Dieses inhibitorische postsynaptische
Potential (IPSP, ca. -75 mV) verhindert das Erreichen des Schwellwertes zur
Erzeugung eines Aktionspotentials, sodass keine Signalfortpflanzung erfolgen
kann.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
23
Heute hat die moderne Molekularbiologie bereits das Wissen und die Instrumente
entwickelt, um die Neurotransmitter-Rezeptoren (die komplexe Proteinmoleküle
sind) zu charakterisieren. In zunehmendem Maß wird klar, dass es weniger die
bloße, als Transmitter benutzte Substanz ist, sondern der Rezeptor, der die
"Botschaft" bei der synaptischen Übertragung in sich trägt. So kann ACh sowohl
als erregender wie als hemmender Neurotransmitter fungieren, je nachdem auf
welchen Rezeptor es einwirkt. Ein Typ von ACh-Rezeptor (nämlich der erregend
wirkende Rezeptor an der neuromuskulären Endplatte) hat ein hohes Molekulargewicht und besteht aus vier Typen von Untereinheiten. Der Grund, weshalb so
viele Wirkstoffe einen derart mächtigen Einfluss auf das Gehirn haben, liegt
darin, dass sie den spezifischen Rezeptoren der Nervenzellen vortäuschen sie
wären Neurotransmitter. Dies gelingt ihnen, indem sie sich auf Grund ihrer
chemischen Struktur an den Rezeptor anlagern und ihn entweder aktivieren
(agonistische Wirkstoffe) oder das normale Transmittermolekül daran hindern,
sich an den Rezeptor zu heften (antagonistische Stoffe).
Bekannte klassische Transmitter sind: Acetylcholin, die Aminosäuren Glycin,
Glutamat und GABA, die Monoamine Dopamin, Noradrenalin, Adrenalin und
Serotonin. Daneben gibt es noch einige modulierend wirkende Neuropeptide wie
beispielsweise Endorphine und Enkephaline. Diese bewirken unmittelbar keine
Leitfähigkeitsänderungen in den synaptischen Membranen, sondern beeinflussen
Intensität und Dauer der Wirkung der klassischen Transmitter.
Glutamat, eine Aminosäure, die sowohl in der Nahrung als auch in allen Zellen
vorkommt, ist das Arbeitspferd unter den schnellen erregenden Neurotransmittern im Gehirn. Auch bei der Speicherung von Gedächtnisinhalten scheint es
eine Schlüsselrolle zu spielen. Ein Beispiel hiefür ist die Langzeitpotenzierung
(LTP). Wird eine Leitungsbahn, die Glutamat als Transmitter benutzt (etwa im
Hippocampus), in rascher Folge gereizt, ruft dies eine anhaltend gesteigerte
Erregbarkeit der aktivierten Synapsen hervor. Dieser Verstärkereffekt (Potenzierung) wird durch Anregung eines bestimmten Typs von Glutamatrezeptor
eingeleitet, dem so genannten NMDA-Rezeptor (NMDA=N-Methyl-D-Aspartat).
LTP wurde erstmals 1973 im Hippocampus entdeckt.
Auch ein anderer synaptischer Wirkungsmechanismus, die Langzeitdepression
(LTD), kann an Glutamatsynapsen (beispielsweise im Kleinhirn) vorkommen. Sie
geht mit einer langdauernden abgeschwächten Erregbarkeit von Glutamatrezeptoren des AMPA-Typs einher (AMPA= -Amino-3-Hydroxy-5-Methyl-4Isoxazol-Propionsäure). Die LTD wurde erst 1981 von dem japanischen Neurobiologen Masao Ito an den Purkinje-Zellen im Kleinhirn entdeckt.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) ist das Arbeitspferd unter den schnellen
hemmenden Neurotransmittern im Gehirn. Seine Rezeptoren steuern Chloridkanäle in Nervenzellmembranen. Die Tranquilizer (Benzodiazepine) wirken auf
GABA-Rezeptoren, indem sie deren Wirkungen steigern und so die Hemmung
verstärken. Mit Benzodiazepinen werden panischen Angstzustände behandelt.
Acetylcholin (ACh) ist der Transmitter an der neuromuskulären Endplatte
zwischen Nervenfaser und Muskelzelle und an bestimmten anderen peripheren
Synapsen des autonomen Nervensystems (zum Beispiel im Herzen). Er kann als
der am gründlichsten untersuchte und wohl bekannteste Transmitter gelten. 1924
entdeckte Otto Loewi in einem klassischen Experiment der Neurobiologie das
Acetylcholin und klärte damit die Frage, ob die synaptische Übertragung vom
Vagusnerv zum Herzmuskel (und auch an anderen Synapsen) elektrischer oder
chemischer Natur ist. Loewis Experiment - ein Modell dafür, wie einfach ein
Versuch sein kann - verdient es, genauer beschrieben zu werden. Der Vagusnerv
ist einer der größeren Nerven, die das Herz kontrollieren. Aus einem Frosch kann
man ihn und das Herz herauspräparieren und in einer Schale mit so genannter
Ringerlösung am Leben halten. Diese Lösung ähnelt in ihrer Salzzusammensetzung dem Blut. Eine elektrische Reizung des Vagus, ob im lebenden Tier oder
an einem isolierten Herzen in einem Gefäß, verlangsamt den Herzschlag. Loewi
reizte den Vagus eines in Ringerlösung überführten Herzens viele Male und löste
jedesmal eine Senkung der Herzfrequenz aus. Anschließend entnahm er der
Schale mit dem stimulierten Herzen etwas Lösung und gab sie in eine andere
Schale mit einem zweiten Froschherzen. Auch dieses Herz schlug daraufhin langsamer. Das Experiment bewies, dass die synaptische Übertragung mit Hilfe eines
chemischen Transmitterstoffes abläuft.
Das Acetylcholin ist die vielleicht am besten erforschte Neurotransmittersubstanz, denn sie wirkt an neuromuskulären Endplatten und lässt sich dort sehr
gut untersuchen. Es gibt zwei Haupttypen von ACh-Rezeptoren, von denen die
einen erregend auf die Skelettmuskulatur einwirken (nicotinerge Rezeptoren) und
die anderen beispielsweise den Herzmuskel hemmend beeinflussen (muscarinerge
Rezeptoren). Über ACh-Bahnen im Gehirn weiß man weitaus weniger. Die
Zellkörper der wichtigsten ACh-Bahn des Gehirns befinden sich im Nucleus
basalis (ihre Fasern ziehen in weite Teile der Großhirnrinde) und in den Septumkernen (deren Fasern zum Hippocampus ziehen). In den Gehirnbahnen übt ACh
anscheinend keine schnellen synaptischen Wirkungen aus (wie es dies an den
Muskeln tut), sondern ruft eher langsame synaptische Effekte über zusätzliche
Vermittlerstoffe (second messenger) hervor. Bei der langsamen und schnellen
synaptischen Übertragung gleichen sich die ersten Schritte bis einschließlich zu
dem Moment, in dem sich der Überträgerstoff an die Rezeptormoleküle der
postsynaptischen Membran anlagert; doch dann trennen sich ihre Wege.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Langsame Rezeptoren sind nicht direkt an Ionenkanäle gekoppelt. Sie aktivieren
statt dessen so genannte G-Proteine, die ihrerseits Vermittlerstoffe im Inneren der
Zelle aktivieren. Beispielhaft für ein solches System ist die (durch das G-Protein
vermittelte) Umwandlung von ATP in cAMP (zyklisches Adenosinmonophosphat). cAMP wirkt dann als second messenger für die Phosphorylierung eines
Proteins, d.h. die Verbindung eines Proteinmoleküls mit einem Phosphatmolekül.
Dadurch wird das Protein als Enzym aktiv und beschleunigt einen bestimmten
biochemischen Prozess im intermediären Stoffwechsel der Zelle.
Weitere gut untersuchte Neurotransmitter des Gehirns sind die zwei Monoamine
Dopamin und Noradrenalin. Sie werden in den Zellen aus Tyrosin hergestellt,
einer Aminosäure, die gewöhnlich in der Nahrung vorkommt. Tyrosin wird
zunächst in L-Dopa, dann in Dopamin, schließlich in Noradrenalin und zuletzt in
Adrenalin umgewandelt. Welches Endprodukt - ob Dopamin oder Noradrenalin entsteht, hängt davon ab, welche Enzyme in der Zelle vorliegen.
Es gibt drei wichtige dopaminerge Nervenbahnen im Gehirn. Eine befindet sich
im Hypothalamus im Zwischenhirn, eine andere erstreckt sich von der
"Substantia nigra" im Mittelhirn zu den Basalganglien des Großhirns, eine
weitere verläuft vom Hirnstamm zur Großhirnrinde und zu anderen Vorderhirnstrukturen. Bei der Parkinson-Krankheit (Schüttellähmung) gehen dopaminhaltige Zellen in der "Substantia nigra" zu Grunde. Die Symptome der Erkrankung sind Ausdruck der daraus resultierenden verminderten Dopaminübertragung
in den Basalganglien. Injiziert man den Patienten L-Dopa (welches sich im
Gehirn in Dopamin umwandelt), verbessert sich ihr Zustand.
Das dopaminerge System, welches auf das Vorderhirn hinzielt (projiziert),
scheint eine Rolle bei der schweren Geisteskrankheit Schizophrenie zu spielen.
Im Allgemeinen blocken Substanzen, die schizophrene Symptome lindern, dopaminerge Synapsen im Gehirn. Viele Forscher vertreten so die Ansicht, Ursache
der Schizophrenie sei eine Überaktivität des mesolimbischen Dopaminsystems in
der Tiefe des Großhirns und eine kompensatorische Unteraktivität im Vorderhirn.
Fast alle noradrenergen Bahnen des Gehirns entspringen im "Locus coeruleus",
einer kleinen Nervenzellansammlung im Hirnstamm, und entsenden ihre Fasern
zu praktisch allen Vorderhirnstrukturen. Das Noradrenalinsystem soll das
Aktivierungsniveau regulieren (ARAS, aufsteigendes retikuläres System) und
möglicherweise an der Konsolidierung des Gedächtnisses mitwirken (Langzeitspeicherung von Gedächtnisinhalten).
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Serotonin ist ein weiterer Neurotransmitter, der in den Zellen aus einer in der
Nahrung vorkommenden Aminosäure hergestellt wird, dem Tryptophan (es ist in
Bananen reichlich vorhanden). Serotonin wird wie Dopamin und Noradrenalin
zur chemischen Klasse der Monoamine gezählt. Die Zellkörper der serotonergen
Bahnen im Gehirn befinden sich hauptsächlich in den so genannten RapheKernen des Hirnstammes. Ihre Fasern ziehen zum Hypothalamus im Zwischenhirn und zu Vorderhirnstrukturen des Großhirns.
Bei schwerer Depression scheinen die noradrenergen und serotonergen Bahnen
eine Rolle zu spielen. Es gibt zwei Formen der Depression: Bei der einen handelt
es sich um eine anhaltende schwere Verstimmung (Major Depression), bei der
anderen tritt neben der schweren depressiven Verstimmung mindestens eine
manische Episode auf (Bipolare Störung, früher als manisch-depressive
Erkrankung bezeichnet). Im Allgemeinen lassen sich schwere depressive Zustände durch Substanzen günstig beeinflussen, welche die Aktivität noradrenerger
und serotonerger Bahnen im Gehirn erhöhen oder verstärken. Allerdings gelingt
es diesen Substanzen kaum, die Symptome der bipolaren Störung zu lindern.
Jedoch sprechen Patienten mit bipolarer Störung auf Lithium gut an.
Alle diese für das psychische Wohlbefinden offenbar entscheidenden Neurotransmittersysteme des Gehirns scheinen über den langsamen Mechanismus der
"second messenger" zu wirken. Interessanterweise machen sie nur wenige
Prozent der gesamten Nervenüberträgerstoffe im Gehirn aus. Die schnellen
Transmitter wie Glutamat und GABA kommen sehr viel häufiger vor und sind
viel weiter verbreitet. Die langsamen synaptischen Wirkungen dauern einige
Zehntelsekunden und dienen häufig der Modulation der schnellen Transmitterwirkungen. So dämpfen beispielsweise so genannte Opiate an den Synapsen im
Rückenmark die Schmerzübertragung mittels Glutamat.
Der Nachweis von Nervenzellrezeptoren im Gehirn, die auf Opium und seine
Abkömmlinge - Morphin und Heroin - ansprechen, ist ein verblüffendes
Forschungsergebnis der neueren Zeit. In der Folge stieß man auf Hirnopiate, von
Nervenzellen und Hypophyse (Hirnanhangdrüse) hergestellte Substanzen, die auf
eben diese Rezeptoren einwirken und sehr ähnliche Effekte wie Morphin
hervorrufen: Sie lindern Schmerzen und lösen angenehme Empfindungen aus.
Die Hirnopiate sind allesamt Peptide (Ketten von Aminosäuren) und entstammen
drei Superhormonfamilien, deren Aufbau von den Genen der entsprechenden
Zellen gesteuert wird. Diese drei riesigen Eiweißmoleküle werden gespalten, um
die viel kleineren opiumähnlichen Peptide hervorzubringen: Endorphine,
Enkephaline und Dynorphine. Enkephaline findet man in Nervenzellen, die zum
langsamen Schmerzsystem gehören. Endorphin wird von der Hypophyse freigesetzt.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Die grundsätzliche Arbeitsweise von Neuronen im Netz
Ein Neuron ist idealisiert ein einfaches Schaltelement, das viele Eingangssignale
Xi (Inputs) in ein Ausgangssignal Y (Output) umwandelt. Die Signale sind
digitalisiert, d.h. 0 = KEIN Signal und 1 = EIN Signal. Der Index i bezeichnet
die i-te Synapse von insgesamt n Inputleitungen. Die Verbindungsstärke einer
Synapse mit dem Neuron ist durch die Anzahl der chemischen Transmitterspeicher und Rezeptor-Moleküle gegeben. Man nennt sie Synapsengewicht Wi.
Das Neuron bildet die gewichtete Summe aller Inputs S = (Wi * Xi). Dann wird
diese Summe mit einem internen Schwellwert G verglichen.
Ist S < G, dann bleibt das Neuron stumm, sein Outputsignal ist 0.
Ist S = G oder S > G, dann feuert das Neuron, sein Outputsignal ist 1,
d.h. an seiner Membran entsteht ein Aktionspotential.
Lernen bedeutet eine Änderung des neuronalen Netzes, d.h. es ändern sich nachhaltig die Synapsenstärken Wi der beteiligten Neuronen. Damit ändert sich auch
die gesamte Outputleistung des Netzes.
[1.1.3] Gliederung des zentralen Nervensystems (ZNS)
Der überwiegende Teil der ungefähr 200 Milliarden Neuronen des zentralen
Nervensystems befindet sich im Gehirn. Dabei kann eine Nervenzelle bis zu
10000 Synapsen aufweisen, sodass ein vielschichtiges Netzwerk entsteht. Die
Zellen selbst erscheinen als graue, ihre Fortsätze als weiße Substanz.
Das ZNS besteht oben aus dem Gehirn in der Schädelhöhle und setzt sich nach
unten durch das Hinterhauptsloch der Schädelbasis in das Rückenmark im
Wirbelkanal der Wirbelsäule fort. Im interzellulären Raum befinden sich neben
Blutgefäßen noch so genannte Gliazellen, die für bestimmte Nervenfasern isolierende Hüllschichten (Markscheiden) produzieren. Die Gliazellen umkleiden
auch die Blutgefäße und tragen so zur Blut-Hirn-Schranke bei, die verhindert,
dass viele Substanzen (z.B. Antibiotika) weiter ins Gehirn gelangen.
Das Nervengewebe wird geschützt durch drei Hirnhäute. Im Spalt zwischen den
beiden inneren Häuten befindet sich die Hirnflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis),
die in den vier Hirnkammern (Ventrikeln) gebildet wird und als Stoßdämpfer
dient. Die Flüssigkeit wird durch die venösen Blutgefäße resorbiert.
Die Blutversorgung des Gehirns erfolgt frontal über die zwei Kopfarterien (a.
carotis) und dorsal über die zwei Wirbelarterien (a. vertebralis).
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Von oben nach unten wird das ZNS grob in folgende Abschnitte gegliedert:
Großhirn - Hirnstamm und Kleinhirn - Verlängertes Mark - Rückenmark
Das Gehirn ist grundsätzlich in zwei Hälften geteilt, wobei jede für die gegengleiche Körperhälfte zuständig ist. Alle afferenten (zuleitenden) und efferenten
(wegleitenden) Bahnen kreuzen auf die Gegenseite.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Der entwicklungsgeschichtlich ältere Hirnstamm wird in Zwischenhirn, Mittelhirn und Brücke unterteilt. Das dahinter liegende Kleinhirn dient der Koordination der Körpermotorik. Das jüngere Großhirn gliedert sich in das weiße Mark
innen und die außen liegende graue Rinde (Cortex). In der Tiefe des Großhirns
erstreckt sich das ältere limbische System, das auch Anteile am Hirnstamm hat.
Unter einem Kern (nucleus) versteht man eine abgrenzbare Ansammlung von
Nervenzellen, welcher eine bestimmte Funktion zugeordnet ist. Im gesamten
Gehirn hat man viele solche Kerngebiete lokalisiert. Dies geschieht meistens
durch elektrische Reizung mit dünnen, vorsichtig eingeführten Stahlelektroden.
Das Großhirn (Telencephalon)
Außen befindet sich die graue, aus Nervenzellen bestehende Großhirnrinde und
innen das weiße, aus Nervenfasern bestehende Großhirnmark. Ohne Hirnrinde
(Cortex) ist kein bewusstes Erleben möglich. Eine ausführliche Beschreibung des
Großhirns erfolgt weiter unten.
Das Zwischenhirn (Diencephalon)
Unterhalb des Großhirns befindet sich das Zwischenhirn. In der Mitte liegt die
dritte Hirnkammer (Ventrikel), seitlich dorsal befinden sich die beiden Thalami
(Sehhügel). In diese strahlen die afferenten sensorischen Fasern von den Sinnesorganen ein und werden in den Thalamus-Kernen umgeschaltet. Entweder erfolgt
die Weiterleitung zur Cortex (bewusstes Erleben) oder die Umschaltung zu
ventralen Steuerkernen im Hirnstamm, welche die Körpermotorik regulieren. Der
Thalamus wird auch als das Vorzimmer zum Bewusstsein bezeichnet. In einer
Schleife zwischen Großhirn und Thalamus erfolgt über absteigende und aufsteigende, hemmende und erregende Impulse die Kontrolle der bewussten Aufmerksamkeit. Am Boden der dritten Hirnkammer liegt der so genannte Hypothalamus mit seinen Steuerzentren für Temperaturregelung, Sexualität, Lust,
Hunger und Durst. An den Hypothalamus schließen die zwei Hormondrüsen
Epiphyse und Hypophyse. Das Zwischenhirn ist die Schnittstelle zwischen dem
zentralen somatischen Nervensystem, dem vegetativen Nervensystem und dem
Hormonsystem.
Das Mittelhirn (Mesencephalon)
Die dritte Hirnkammer setzt sich hier nach unten als schmaler Gang fort. Ventral
(vorne) liegt das Tegmentum (Haube) mit seinen motorischen Ursprungskernen
von einigen Hirnnerven und dorsal (hinten) liegt das Tectum (Vierhügelplatte).
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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In das Tectum strahlen Seitenäste von afferenten Bahnen ein und dessen Kerne
sind für optische und akustische Reflexe verantwortlich. Weitere sehr bedeutsame
Areale sind die motorischen Zentren, vor allem die Stammganglien des
schwarzen und roten Kerns (Nucleus niger und Nucleus ruber). Sie sind den
Basalganglien des Großhirns (Striatum und Pallidum) nachgeschaltet und steuern
über absteigende Bahnen die unbewusste Körpermotorik. Dieses System wird
extrapyramidal motorisch genannt (EPM) - im Gegensatz zur willkürlichen
Motorik, welche von motorischen Zentren der Cortex und über die absteigende
Pyramidenbahn kontrolliert wird.
Die Brücke (Pons)
Der schmale Gang im Mittelhirn erweitert sich nach unten zur vierten Hirnkammer. Auf deren Boden liegt die Rautengrube, an die sich zur Hirnbasis hin
eine kräftige Auftreibung anschließt. Diese Brücke enthält wichtige Kerne,
welche der Verbindung von Großhirn und Kleinhirn dienen (Großhirn - Kleinhirn
- Bahnen). Unterhalb der Brücke liegt das verlängerte Mark.
Das Kleinhirn (Cerebellum)
Das Kleinhirn liegt hinter der Brücke unter dem Hinterhauptslappen des Großhirns und gliedert sich außen in eine graue Rinde und innen in ein weißes Mark.
Die Kleinhirnschenkel verbinden das Kleinhirn mit dem Mittelhirn, der Brücke
und dem verlängerten Mark. Die Neuronen des Kleinhirns erhalten von afferenten
Fasern sensorische Meldungen vom benachbarten Gleichgewichts-Sinnesorgan
und von den Sehnen-Rezeptoren der Körpermuskulatur. Nach deren Verarbeitung
werden motorische Erregungen erzeugt, die zur Regulation des Muskeltonus und
der Feinregulation der gesamten Körpermotorik dienen. Beinträchtigungen oder
Ausfälle von Kleinhirnkernen führen zu so genannten Kleinhirnataxien (Bewegungsstörungen).
Das verlängerte Mark (Medulla oblongata)
Neben den zum Hirnstamm aufsteigenden und zum Rückenmark absteigenden
Bahnen enthält das verlängerte Mark wichtige Kerngebiete von Hirnnerven, aber
auch Steuerzentren für das vegetative Nervensystem (Atemzentrum und Kreislaufzentrum). Ein sehr interessantes Gebiet ist die formatio reticularis (ARAS,
aufsteigendes, retikuläres Aktivierungssystem). Dieses verstreute Netzwerk versorgt die Großhirnrinde mit unspezifischen Erregungen und steuert so den Wachheitszustand des Individuums (von tiefster Bewusstlosigkeit bis zur hellwachen
Aufmerksamkeit).
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Aus dem Gehirn treten im Gebiet des Hirnstammes und des verlängerten Markes
12 Hirnnerven-Paare, welche sensorische, motorische und vegetative Anteile
aufweisen (für jede Körperhälfte ein Nerv). Diese innervieren vor allem verschiedene Bereiche des Gesichtsschädels. Beispiele dafür sind:
II. Hirnnerv (Sehnerv, N. opticus): Netzhaut des Auges - Sehnervenkreuzung Zwischenhirn - Thalamus - Großhirnrinde.
V. Hirnnerv (Drillingsnerv, N. trigeminus): Austrittsstelle bzw. Eintrittsstelle ist
die Brücke (Pons). Motorische Versorgung: Kaumuskeln. Sensorische Versorgung von Gesichts- und Kopfhaut, Nasen-, Mund- und Augenhöhle.
X. Hirnnerv (herumschweifender Nerv, N. vagus): Austrittsstelle bzw. Eintrittsstelle ist das verlängerte Mark. Parasympathische Versorgung der inneren Organe
in Kopf-, Hals-, Brust- und Bauchraum. Sensorische Versorgung von Kehlkopf
und inneren Organen.
Aus dem Rückenmark treten beidseitig durch die Zwischenwirbellöcher in der
Wirbelsäule 31 Körpernerven-Paare. Jeder dieser Spinalnerven versorgt ein bestimmtes Körpersegment, bestehend aus einem Hautbereich (Dermatom), einem
Muskelbereich (Myotom) und einem inneren Organbereich (Enterotom).
Im Wirbelkanal liegt in Form einer Schmetterlingsfigur die graue Substanz der
Nervenzellen, umgeben von der weißen Substanz ihrer Fortsätze. Hinten strahlen
die sensorischen afferenten Fasern der Körpernerven ein, vorne liegen die motorischen efferenten Leitungsbahnen. Die Nervenzellen der grauen Substanz dienen
erstens der direkten Umschaltung von sensorischen auf motorische Leitungen
(Reflexschaltungen zur automatischen Bewegungskoordination). Zweitens dienen
sie entweder der Weiterleitung der sensorischen Signale von den Rezeptoren in
der Peripherie zum Gehirn (Hinterstrang) oder der Weiterleitung von motorischen
Signalen von der Zentrale zu den Muskeln in der Peripherie. Dabei sind die
Bahnen der unwillkürlichen Motorik (EPM-System, Vorderstrang) und jene der
willkürlichen Motorik (Pyramidenbahn, Seitenstrang) zu unterscheiden.
Die drei Hauptfunktionen des Nervensystems
Verbindung mit der Welt: Aufnahme, Verarbeitung, Beantwortung von Reizen.
Das entspricht der sensorischen, zentralen und motorischen Informationsverarbeitung. Bemerkenswert ist, dass die sensorischen Funktionen zumeist dorsal
(hinten), jedoch motorische Funktionen zumeist ventral (vorne) zu finden sind.
Regulation der Organtätigkeit: vor allem durch das vegetative Nervensystem.
Sitz des Bewusstseins: im Gehirn, insbesonders in der Großhirnrinde.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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[1.1.4] Gehirn und Großhirn
Von außen betrachtet scheint die Hauptmasse des Gehirns aus den beiden
Großhirnhemisphären (linke und rechte Großhirnhalbkugel) zu bestehen, welche
die übrigen Teile so überwölben, dass diese von oben und von der Seite kaum
sichtbar sind. Beide Halbkugeln sind durch die Längsfurche (Fissura longitudinalis cerebri) getrennt, die bis zu den querlaufenden Fasermassen des Balkens
(Corpus callosum) herunterreicht. Der Balken enthält die Verbindungsbahnen der
beiden Hirnhälften.
Die Oberfläche des Großhirns zeigt erhabene Windungen (Gyrus). Dazwischen
liegen Furchen (Sulcus). Diese Faltung bewirkt eine deutliche Vergrößerung der
aktiven Oberfläche.
Die großen Lappen der Großhirnrinde heißen nach ihrer Lage:
Stirnlappen (Lobus frontalis)
Scheitellappen (Lobus parietalis)
Schläfenlappen (Lobus temporalis)
Hinterhauptslappen (Lobus occipitalis)
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Die Lappengrenzen werden teilweise durch fest und tief ausgebildete Furchen
markiert. So ist der Schläfenlappen durch die tiefe Seitenfurche (Sulcus lateralis
oder Sylvius-Spalte) gegenüber Stirn- und Scheitellappen abgegrenzt. Zwischen
Stirn- und Scheitellappen verläuft die Zentralfurche (Sulcus centralis). Dahinter
liegt die hintere Zentralwindung (Gyrus postcentralis), davor die vordere Zentralwindung (Gyrus präcentralis). Der stark entwickelte Hinterhauptslappen grenzt
sich mit dem Sulcus parietooccipitalis vom Scheitellappen ab. Drängt man linken
und rechten Hinterhauptslappen auseinander, so kommt die Region der Calcarinafurche (sulcus calcarinus) zum Vorschein. Der Schläfenlappen lässt von außen
eine obere, mittlere und untere Schläfenwindung erkennen. Einen ähnlichen Verlauf dreier übereinander gelegener Windungen zeigt der Stirnlappen. In der Tiefe
der Seitenfurche liegt die so genannte Insel (Lobus insularis). Unter dem Stirnlappen liegt das Riechhirn (Riechkolben, bulbus olfactorius).
Die beiden Großhirnhemisphären besitzen mit der Hirnrinde (Cortex cerebri) eine
gleichmäßig dicke Randschicht grauer Substanz (ca. 5 mm), die allen Windungen
und Furchen der Oberfläche folgt. Die Cortex allein enthält ungefähr 20
Milliarden Neuronen. Im Innern jeder Hemisphäre erstreckt sich eine geräumige,
mit Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) gefüllte Hirnkammer
(linke und rechte Seitenventrikel). Zwischen diesen Hohlräumen und der Hirnrinde dehnt sich eine große Masse weißer Substanz, in die mehrere Kerngebiete,
die so genannten Basalganglien, eingelagert sind. Die weiße Substanz (Hirnmark)
setzt sich aus Faserbündeln (Bahnen) zusammen. Es handelt sich dabei um Assoziationsbahnen, Kommissurenbahnen und Projektionsbahnen.
Die Assoziationsbahnen sind Verbindungszüge, welche verschiedene Teile der
gleichen Großhirnhemisphäre verknüpfen.
Kommissurenbahnen verbinden einander entsprechende Teile beider Hemisphären. Sie sind unter der Längsfurche in der Mitte zwischen den Hemisphären
zu einer Nervenfaserplatte, dem Balken (Corpus callosum), zusammengedrängt.
Das Großhirn steht durch seine rindenwärts (afferent) und rückenmarkwärts
(efferent) ziehenden Fernbahnen oder Projektionsbahnen mit dem ganzen Organismus in wechselseitiger Verbindung. Die Projektionsbahnen durchlaufen ziemlich geschlossen die innere Kapsel (Capsula interna).
Die großen subcortikal (unter der Hirnrinde) gelegenen Kerngebiete der Hemisphären heißen Basalganglien. Sie grenzen an die Seitenventrikeln. Man unterscheidet verschiedene Komponenten: den bogenförmig mit dem Seitenventrikel
verlaufenden Schweifkern (Nucleus caudatus), den keilförmigen Linsenkern
(Nucleus lentiformis) und den lateralen Schalenkern (Putamen). Diese Kerngebiete werden auch als Streifenkörper (Striatum) bezeichnet.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Schließlich muss noch der mediale bleiche Kern (Pallidum) erwähnt werden, der
auch schon zum Zwischenhirn gezählt wird. Auch die Vormauer (Claustrum)
wird zu den Basalganglien gerechnet.
Zusammen mit Kerngebieten des Hirnstamms (den Stammganglien im Mittelhirn)
sind die Basalganglien vor allem für die unbewusst ablaufende Bewegungskontrolle sehr wichtig. Zwischen dem Linsenkern, dem Schweifkern sowie dem
Thalamus des Zwischenhirns verlaufen die Nervenfaserbündel der inneren Kapsel
(Capsula interna). Hierbei handelt es sich um Projektionsbahnen, wie die
Pyramidenbahn und die extrapyramidalen Bahnen.
Ein sehr interessantes Gebiet an der Basis des Großhirns an der Grenze zum
Zwischenhirn ist das limbische System, welches den Balken saumförmig umgibt
(limbus = Saum). Die wichtigsten Strukturen davon sind der Mandelkern
(Amygdala), der Hippocampus und der Gyrus cinguli. Der Fornix ist ein dickes
Nervenbündel, das die Teile des limbischen Systems miteinander verknüpft. Es
bestehen starke Verbindungen mit Bereichen des Thalamus, des Hypothalamus
und der Großhirnrinde. Das limbische System spielt eine entscheidende Rolle bei
der Entstehung von Gefühlen (emotionale Bewertung von sensorischen
Erregungen). So konnten dort Lust-, Furcht- und Wut-Zentren lokalisiert werden.
Forschungen haben gezeigt, dass der Hippocampus (Seepferdchen) für die Einspeicherung von Erregungen (Lernen, Gedächtnis) eine wichtige Funktion ausübt.
Der komplexe Bau des Zentralnervensystems ist am Beispiel der Großhirnrinde
besonders eindrucksvoll zu veranschaulichen. Die Rindensubstanz besteht aus
sechs oberflächenparallelen, gut abgrenzbaren Schichten, die sich durch Art und
Anordnung der Nervenzellen und Nervenzellfortsätze unterscheiden (z.B. die
großen Pyramidenzellen). Die Anteile dieser Schichten in den einzelnen Arealen
der Hirnrinde sind unterschiedlich, was auch verschiedenen Funktionen der Rinde
entspricht. So heben sich Rindenfelder strukturell und funktionell voneinander ab.
Es muss zwischen sensorischen und motorischen Arealen unterschieden werden.
Erstere liegen dorsal hinter der Zentralfurche (z.B. in der hinteren Zentralwindung). Sie verarbeiten die, von den Rezeptoren über aufsteigende Bahnen
einlangenden sensorischen Erregungen zu bewussten Wahrnehmungen. Zweitere
liegen ventral vor der Zentralfurche (z.B. in der vorderen Zentralwindung). Sie
erzeugen für eine willkürlich beabsichtigte Bewegung jene Erregungsmuster, die
über absteigende Leitungsbahnen (Pyramidenbahn) die entsprechenden Muskeln
steuern. In den beiden Rindenbereichen sind sämtliche Regionen des Körpers
repräsentiert (Homunculus-Projektion). Außerdem muss noch zwischen primären
und sekundären Arealen unterschieden werden. Letztere enthalten so genannte
Erinnerungsspuren von den primären sensorischen und motorischen Erregungsmustern und dienen auch zu deren Verknüpfung (Assoziationsfelder).
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Einige wichtige primäre sensorische und motorische Rindenfelder:
1. Primäres Sehzentrum
Ort
: Sulcus calcarinus im Hinterhauptslappen
Funktion : Umsetzung von Erregungen des Sehnervs in bewusste, optische
Empfindungen
Ausfall : Rindenblindheit (trotz Funktionstüchtigkeit von Auge und Sehnerv)
2. Primäres Hörzentrum
Ort
: Heschlsche Querwindung im Schläfenlappen
Funktion : Umsetzung von Erregungen des Hörnervs in bewusste, auditive
Empfindungen
Ausfall : Rindentaubheit (trotz Funktionstüchtigkeit von Ohr und Hörnerv)
3. Primäre Hautsensibilität
Ort
: Abschnitte des Gyrus postcentralis hinter der Zentralfurche
Funktion : Umsetzung von sensorischen Erregungen in bewusste Hautempfindungen
Ausfall : Empfindungslosigkeit in den entsprechenden Projektionsgebieten
4. Primäre willkürliche Körpermotorik
Ort
: Abschnitte des Gyrus präcentralis vor der Zentralfurche
Funktion : Bewusste Erzeugung von motorischen Erregungen für Muskelbewegungen
Ausfall : Bewegungsstörungen bestimmter Muskelgruppen (Apraxien)
Einige wichtige sekundäre Rindenfelder (Assoziationsfelder):
1. Optisches Assoziationsfeld
Ort
: Gyrus angularis, hinten im Schläfenlappen
Funktion : Engramme (Erinnerungsspuren) von visuellen Signalmustern
Ausfall : Alexie, Unfähigkeit zu Lesen
2. Auditives
Ort
Funktion
Ausfall
Assoziationsfeld
: Wernikesche Sprachregion, hinten im Schläfenlappen
: Engramme von akustischen Signalmustern
: Sensorische Aphasie, Unfähigkeit zum Wortverstehen
3. Sprachmotorisches Assoziationsfeld
Ort
: Brocasche Sprachregion, seitlich hinten im Stirnlappen
Funktion : Engramme von motorischen Wort- und Satzmustern
Ausfall : Motorische Aphasie, Unfähigkeit zum sinnvollen Sprechen
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
36
4. Schreibmotorisches Assoziationsfeld
Ort
: Vor dem Gyrus präcentralis
Funktion : Engramme von koordinierten Schreibbewegungen der Hände
Ausfall : Agraphie, Unfähigkeit zum sinnvollen Schreiben
Mittels verschiedener moderner Lokalisationstechniken wurde die Kartierung des
Cortex in den letzten Jahrzehnten sehr verfeinert. Interessant sind die Areale im
Stirnlappen. Dieser präfrontale Cortex erhält seine Zuleitungen (Afferenzen)
hauptsächlich von unspezifischen Thalamus-Kernen und hat ausgedehnte reziproke Verbindungen mit verschiedenen Teilen des limbischen Systems (Hippocampus, Amygdala) und Hypothalamus.
Während Hypothalamus und limbisches System für Triebe und Gefühle verantwortlich sind, erweist sich der Stirnlappen als die oberste cortikale Kontrollinstanz für triebhafte und emotionale Verhaltensweisen. Individuen mit Stirnhirnläsionen zeigen dementsprechend auch auffällige Störungen im Sozialverhalten
und oftmals eine allgemeine Antriebslosigkeit.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
37
[1.1.5] Sensorisches und motorisches System
In der Abbildung ist die hintere Zentralwindung dargestellt, wo die Körperzonen
des Menschen repräsentiert sind.
Das sensorische Nervensystem leitet Signale von den Sinnesorganen in der
Körperperipherie über das Rückenmark und den Hirnstamm bis in die primär
sensorischen Felder der Großhirnrinde (Cortex). Dort entstehen bewusste Sinnesempfindungen. Eine wichtige Zwischenstation vor der Cortex ist der Thalamus
(Sehhügel) im Zwischenhirn, der mit vielen anderen Hirnteilen verbunden ist.
Grundsätzlich gibt es drei Arten von Neuronen: (a) Die sensorischen Neuronen,
deren Zellen direkt außerhalb des Rückenmarks in den hinteren Nervenwurzeln
liegen. Sie erhalten Signale von den Sinnesorganen und leiten sie weiter ins ZNS.
(b) Die motorischen Neuronen (Motoneuronen) befinden sich in verschiedenen
Regionen von Gehirn und Rückenmark. Ihre Axone ziehen zu den Muskeln und
steuern dort über die motorischen Endplatten die Kontraktion der Muskelfasern.
(c) Die Interneuronen sind zwischen sensorischen und motorischen Neuronen geschaltet und machen 90 % aller Nervenzellen aus. In ihnen kommt es zur spezifischen Verarbeitung der Signale (entweder verstärkend oder abschwächend). Sie
sind als Zwischenschichten in neuronalen Netzen zu finden, beispielsweise in der
Netzhaut des Auges, wo sie u.a. die so genannte laterale Inhibition bewirken.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
38
In der Abbildung ist die vordere Zentralwindung dargestellt, wo die Körperzonen
des Menschen repräsentiert sind.
Das motorische Nervensystem mit seinen Motoneuronen steuert die Kontraktion
der Muskelfasern der quergestreiften Skelettmuskulatur. Die unbewusste Stützund Haltemotorik wird mit Reflexen über Rückenmark und Kleinhirn reguliert.
Die bewusste Zielmotorik hingegen hat ihren Ursprung in der vorderen Zentralwindung der Großhirnrinde, wo die einzelnen Körperbereiche des Menschen
repräsentiert sind, wo die dicke Pyramidenbahn beginnt, welche über das
Rückenmark zur Muskulatur zieht. Die unwillkürliche Körpermotorik wird über
extrapyramidale Bahnen (EPM) gesteuert.
Neben der quergestreiften Skelettmuskulatur gibt es noch die glatte Muskulatur
als Wandauskleidung von Blutgefäßen und inneren Hohlorganen. Ihre Steuerung
erfolgt autonom über das vegetative Nervensystem. Das gilt auch für die Spezialmuskulatur der Herzens.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
39
Die obere Abbildung zeigt das Rückenmark mit den Nervenwurzeln der Körpernerven. Die untere Abbildung zeigt einen typischen Reflexbogen.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
40
[1.1.6] Das vegetative Nervensystem
Das vegetative Nervensystem reguliert autonom die Tätigkeit der inneren Organe.
Oberste Steuerungszentrale ist der Hypothalamus. Das vegetative Nervensystem
besteht aus zwei Gegenspielern. Der Sympathikus ist der Nerv der Spannung und
Unruhe (fördert Kreislauf-Funktionen, "fight or flight"). Wichtige Ursprungszellen liegen im Rückenmark und seine Fasern verlaufen über den Grenzstrang
links und rechts vom Rückenmark. Der Parasympathikus ist der Nerv der Entspannung und Ruhe (fördert Verdauungs-Funktionen, "feed or breed"). Wichtige
Ursprungszellen liegen im Hirnstamm und im craniosakralen Rückenmark. Die
Abbildung zeigt die Wirkungen des vegetativen Systems auf einzelne Organe.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
41
Die vegetativen Reflexbögen beginnen in den Rezeptoren (Mechano-, Thermo-,
Chemo- und Schmerzsensoren) der glatten Muskulatur in der Wand eines
inneren Hohlorgans. Der afferente Neurit führt zum sensorischen Neuron im
Spinalganglion. Die Erregung wird weitergeführt über die Hinterwurzel in das
Hinterhorn des Rückenmarkes. Dort erfolgt die Umschaltung auf das erste
vegetative Neuron im Seitenhorn. Dessen efferenter Neurit (präganglionär)
zieht über die Vorderwurzel aus dem Rückenmark zu einem vegetativen Ganglion
(Nervenzellengruppe), wo die Weiterschaltung auf das zweite vegetative
Neuron erfolgt (postganglionär). Sein efferenter Neurit zieht nun direkt zur
Zielzelle des Erfolgsorganes (glatte Muskelfaser, Spezialmuskulatur des Herzens,
Drüsenzelle).
Im Gegensatz zu den Motoneuronen des zentralen Nervensystems können
vegetative Signale in den Zielzellen sowohl hemmend (inhibitorisch) als auch
anregend (exzitatorisch) wirken. Die Reaktion der Zielzelle hängt vom jeweiligen
Erfolgsorgan ab, ist also weitgehend organspezifisch. Zur Erregungsübertragung
vom postganglionären Nervenende auf die Zielzelle werden bestimmte Transmitterstoffe benötigt, die durch chemische Bindung an spezifischen Membranrezeptoren der Zielzelle die entsprechende Aktion auslösen (z.B. Aktionspotentiale zur Muskelfaserverkürzung). Damit ist der vegetative Reflexbogen abgeschlossen.
Der Transmitter im präganglionären Neuron ist Acetylcholin. Die Transmitter im
postganglionären Neuron sind Noradrenalin oder Adrenalin.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
42
[1.1.7] Das Hormonsystem
Hypophyse und untergeordnete Hormondrüsen
Hormone sind chemische Botenstoffe, welche in Senderzellen erzeugt werden
und dann über den Blutweg auf Empfängerzellen einwirken. Die Steuerung erfolgt nach dem Regelkreisprinzip (feed back): Das Hormon regt die Empfängerzelle zur Produktion eines bestimmten Wirkstoffes an. Dieser gelangt über das
Blut zurück zur Senderzelle und hemmt dort die weitere Erzeugung des Hormons.
Das führt wiederum dazu, dass die Empfängerzelle weniger Wirkstoff produziert.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
43
Die Übersichttafel enthält alle wichtigen Hormone – ausgenommen der Sexualhormone.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
44
Die hormonale Regelung der Geschlechtsfunktionen
Hypothalamus und Hypophyse regeln die Spermatogenese (Samenzellenreifung)
in den Hoden des Mannes und die Oogenese (Eizellenreifung) in den Eierstöcken
der Frau. Das so genannte follikelstimulierende Hormon (FSH) des Hypophysenvorderlappens fördert direkt Keimzellenbildung und -reifung. Es ist, wie auch die
anderen hypophysären Hormone, bei beiden Geschlechtern gleich. Ein weiteres
auf die Keimdrüsen wirkendes Hormon des Hypophysenvorderlappens ist das
luteinisierende Hormon (LH). LH und FSH werden als Gonadotropine bezeichnet, weil sie auf die Geschlechtsdrüsen (Gonaden) wirken. Das GonadotropinReleasing-Hormon (GnRH) des übergeordneten Hypothalamus steigert Produktion und Freisetzung der Gonadotropine in der Hypophyse.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
45
Beim Mann verstärkt das LH die Testosteronbildung in den Leydig-Zwischenzellen im Nebenhoden, welche als Zellgruppen zwischen den Samenkanälchen
liegen. Die Produktion und Freisetzung von Testosteron durch den Hoden erfolgt
mithilfe eines Regelkreises, an dem Hypothalamus und Hypophyse beteiligt sind.
Dabei werden durch einen Abfall von Testosteron im Blut zunächst das
Gonadotropin-Releasing-Hormon im Hypthalamus und dann die Gonadotropine
(LH, FSH) des Hypophysenvorderlappens vermehrt ausgeschüttet, was dann zur
Steigerung der Testosteronbildung im Hoden führt. Testosteron wird außer im
Hoden auch in der Nebennierenrinde sowie im Eierstock der Frau und in der
Leber gebildet. Es steuert entscheidend die Entwicklung der männlichen
Geschlechtsmerkmale, beeinflusst die sexuelle Aktivität und hat darüber hinaus
anabolische Stoffwechselwirkungen (Proteinaufbau und damit Zunahme der
Muskulatur).
Bei der Frau stimulieren FSH und LH gemeinsam die Produktion der beiden
Hormone Östrogen und Progesteron durch den Eierstock. Östrogen beeinflusst
maßgeblich die Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale in der Pubertät.
Dazu gehören Wachstum der Brust und die geschlechtsspezifische Verteilung von
Unterhautfettgewebe. Beginnend mit der Pubertät (12. bis 15. Lebensjahr) reifen
in den Eierstöcken die ersten Eizellen. Nach dem ersten Eisprung kommt es zur
ersten Regelblutung, der Menarche. Danach stellt sich allmählich ein regelmäßiger Menstrualzyklus von ungefähr 28 Tagen ein. Der erste Tag der monatlichen Regelblutung (Menstruation) ist als erster Tag des Zyklus festgelegt. Der
Zyklus entsteht durch ein kompliziertes Zusammenspiel verschiedener Hormone
und Organe. Er besteht aus:
Follikelphase (l. bis 12. Tag)
Ovulationsphase (l3. bis 15. Tag)
Lutealphase (l6. bis 28. Tag)
Jede dieser Phasen ist durch charakteristische Hormonspiegel im Blut und
Veränderungen in verschiedenen Organen (insbesonders in Ovar und Uterus, also
in Eierstock und Gebärmutter) gekennzeichnet.
Follikelphase: Zu Beginn der Follikelphase kommt es zur Menstruation. Diese
beruht auf einer Abstoßung (Desquamation) eines großen Teils der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium). Sie tritt immer dann ein, wenn die aus dem
Eierstock freigesetzte Eizelle nicht befruchtet wird. Zu dieser Zeit steigt die FSHAusschüttung der Hypophyse an. Dies führt zu einer beschleunigten Follikelreifung und der Oogenese im Ovar mit gleichzeitiger Erhöhung der Östrogenproduktion durch die Granulosazellen der Follikel. Dabei reift jener Follikel, der
am meisten FSH bindet und am meisten Östrogen produziert, zum sprungreifen
Follikel (dominanter Follikel) heran.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
46
Unter Einfluss von Östrogen regeneriert die Schleimhaut der Gebärmutter durch
Wucherung (Proliferation) von Bindegewebe, Drüsenschläuchen und Gefäßen
(Proliferationsphase).
Ovulationsphase: Der in der Follikelphase steigende Östrogenspiegel unterdrückt die FSH-Freisetzung der Hypophyse (negatives Feed-back) und fördert
andererseits dort die LH-Produktion (positives Feed-back). Bei einem bestimmten
Konzentrationsverhältnis von FSH zu LH erfolgt dann der Eisprung, wobei der
Follikel platzt und die reife Eizelle im Eileiter abwärts zur Gebärmutter wandert.
In dieser Phase beginnt die Erzeugung von Progesteron (Gestagen) durch den
geplatzten Follikel, während die Östrogenausschüttung absinkt.
Lutealphase: Nach dem Eisprung wandelt sich der zurückbleibende Follikelrest
unter Einfluss von LH zum Gelbkörper (Corpus luteum). Er setzt steigende
Mengen von Progesteron frei. Dieses Hormon verändert die Uterusschleimhaut.
Die Drüsenschläuche verlängern sich und beginnen zu sezernieren (Sekretionsphase). Die Schleimhaut wird damit für die Einnistung einer befruchteten Eizelle
vorbereitet. Progesteron führt in dieser Phase auch zu einem Anstieg der
Körpertemperatur um etwa 0,5°C (Basaltemperatur) sowie durch Wassereinlagerungen zu einer Erhöhung des Körpergewichts.
Bleibt eine Befruchtung aus, so kommt es gegen Ende der Lutealphase zu einer
Rückentwicklung des Gelbkörpers und zu einer Einstellung der Progesteronausschüttung. In der Gebärmutter wird die äußere Schicht der Schleimhaut abgestoßen (Menstrualblutung).
Durch anhaltende Erhöhung der Östrogen- und Progesteronkonzentration lässt
sich die Freisetzung von GnRH des Hypothalamus und Gonadotropinen (LH,
FSH) der Hypophyse hemmen und damit auch ein Eisprung im Eierstock unterbinden. Durch diese hormonale Ovulationshemmung kann eine Empfängnis
(Konzeption) verhindert werden. Dazu nimmt die Frau über einen meist 28tägigen Zyklus Östrogen und Progesteron täglich in Form von Pillen ein (Antibaby-Pille). Zwischendurch wird die Hormoneinnahme kurzzeitig unterbrochen,
sodass es zu einer Abstoßung der aufgebauten Gebärmutterschleimhaut (Abbruchblutung) kommt. Danach wird die künstliche Hormonzufuhr wieder fortgesetzt.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
[1.1.8] Informationsflüsse im Nervensystem
(1) Reflexe und Instinktbewegungen:
Rezeptoren - unbewusste Zentren (Hirnstamm, Rückenmark) - Effektoren.
(2) Wahrnehmung und willkürliches Handeln:
Rezeptoren - bewusste Zentren (Großhirnrinde) - Effektoren (Muskeln).
(3) Gedächtnis, Denken und Motivation:
Informationsfluss zwischen unbewussten und bewussten Zentren.
47
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
Wichtige Stationen und Bahnen zwischen Peripherie und Zentrum
Reizaufnahme und Signalerzeugung in den Sinnesorganen.
Reflexe zur unbewussten, schnellen Reizbeantwortung im Rückenmark.
Aufsteigende sensorische Nervenbahnen im Rückenmark.
Triebzentren zur Lebenserhaltung im Stammhirn.
Emotionale Reizbewertung im Zwischenhirn und limbischen System.
Filterung der sensorischen Erregungen durch Motive (Triebe, Emotionen).
Bewusste Informationsverarbeitung in der Großhirnrinde.
Leitung der bewussten, willkürlichen Motorik über die Pyramidenbahn.
Leitung der unbewussten Motorik über das extrapyramidale System.
Motorische Reaktion (Kontraktion) der Muskeln.
48
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
49
[1.1.9] Der Weg zum Bewusstsein
Nur adäquate Reize lösen in den Sinnesorganen elektrochemische Erregungen aus
(erster Filter). Diese sensorischen Signale gelangen über aufsteigende Nervenbahnen in den Thalamus im Zwischenhirn.
Zugleich fließen die sensorischen Signale auch zum Hypothalamus und zum
limbischen System und erregen dort jene Nervenzentren, in denen Triebe und
Gefühle entstehen. Damit kommt es zu einer unbewussten (bzw. vorbewussten)
emotionalen Bewertung der sensorischen Inputs. Diese Zentren senden ihrerseits
Steuersignale zum Thalamus, wobei es zu einer neuerlichen Auswahl kommen
kann (zweiter Filter).
Die nunmehr gefilterten und emotional bewerteten sensorischen Inputs fließen
vom Thalamus aufwärts in die entsprechenden Wahrnehmungszentren in der
Großhirnrinde (Cortex). Gleichzeitig werden Erinnerungsspuren aktiviert. Erst
hier in der Rinde des Großhirns entsteht Bewusstsein, d.h. ein bewusstes Wahrnehmungserlebnis.
Unspezifische Wachheit
Bewusste Erlebnisse in der Cortex sind nur dann möglich, wenn unspezifische
Erregungen die Cortex aktivieren. Diese beginnen in einem netzartigen Nervengeflecht im verlängerten Rückenmark (formatio reticularis) und steigen über
Mittelhirn und Thalamus zur Cortex auf (ARAS, aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem).
Das ARAS wird durch sensorische Inputs eingeschaltet und bewirkt eine
unspezifische Wachheit des Gehirns. Erst durch diese Aktivierung kann die
Cortex spezifische Sinnesqualitäten (Qualia) bewusst erleben.
Eine durch einoperierte Sonden erfolgte Ausschaltung des ARAS führt bei
wachen Versuchstieren zur sofortigen Bewusstlosigkeit. Eine künstliche Elektrostimulation des ARAS führt bei schlafenden Versuchstieren zum sofortigen Aufwachen.
Der Thalamus im Zwischenhirn ist ein außerordentlich wichtiger Teil des
Gehirns. Einerseits strömen dort alle sensorischen Inputs von der Körperperipherie ein, aber auch Signale vom limbischen System und vom Hypothalamus. Auf diese Weise erfolgt eine unbewusste emotionale Bewertung der
Inputs. Der Thalamus kann als das Vorzimmer zum Bewusstsein angesehen
werden.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
50
Selektive Aufmerksamkeit und Bewusstsein als Systemfunktionen
In den Thalamus als Vorzimmer der Hirnrinde münden auch absteigende Bahnen
vom Stirnlappen der Hirnrinde. Über diese Leitungen erfolgt die Steuerung der
selektiven Aufmerksamkeit, welche auf die zu den primären Rindenzentren aufsteigenden sensorischen Inputs einwirkt. Unter der selektiven Aufmerksamkeit
versteht man die bewusste Einengung der Wahrnehmung auf bestimmte Inhalte.
Die meisten Prozesse der Informationsverarbeitung im Nervensystem sind nicht
bewusst (unbewusst), z.B. Reizaufnahme und Signalerzeugung in Sinnesorganen,
Erkennen von Mustern (Gestalten), die emotionale Bewertung der sensorischen
Signale, direkte und einfache motorische Reizbeantwortungen, usw. Bewusst
hingegen sind die gefilterten Wahrnehmungen, neu zu erlernendes Verhalten, das
Nachdenken und Entscheiden bei schwierigen Handlungsalternativen, usw.
Wirft man drei Holzstäbe (z.B. von einem Mikadospiel) in die Luft, so fallen sie
in einer zufälligen Anordnung zurück auf den Tisch. Ordnen sie sich dabei in der
Gestalt eines Dreiecks an, dann treten neue Strukturmerkmale auf, die vorher
nicht zu bemerken waren: z.B. Winkel oder Fläche. Jeder muss wohl zugeben,
dass es völlig unsinnig ist, von einem Winkel eines einzelnen Stabes zu sprechen.
Das System (Ganzheit), in unserem Beispiel das Dreieck, ist mehr als die Summe
seiner Einzelteile (Übersummativität). Aus den Interaktionen der Teile resultieren
neue Systemmerkmale.
In diesem Sinne kann das Bewusstsein als ein ganzheitliches Funktionsmerkmal
des zentralen Nervensystems verstanden werden. Bewusste Erlebnisse entstehen
erst dadurch, dass sich Milliarden von Nervenzellen des Gehirns im Laufe der
Evolution in einer besonderen Weise anordnen, vernetzen und interagieren.
Über dieses primäre Bewusstsein hinausgehend hat das Gehirn noch die Möglichkeit der Selbstbewusstheit, d.h. es kann ein Protokoll über die in ihm laufenden
bewussten Prozesse der Informationsverarbeitung führen, also ein Modell des
eigenen Bewusstseins entwerfen (Reflexivität). Dieses sekundäre Bewusstsein
bildet sich aber erst im Dialog mit anderen Gehirnen ("Ich weiß, dass Du weißt,
dass Ich fühle .......... "). Das Bewusstsein kann sich nur durch Wechselwirkung
mit anderen Gehirnen entwickeln. Damit wird aber Bewusstsein zu einem Teil
des sozialen Miteinanders. Und mehr noch: Weil die am Dialog mit dem
werdenden Gehirn teilhabenden Bezugspersonen (Eltern, Lehrer usw.) ihrerseits
wieder stark von der Gesellschaft und der Kultur, in der sie leben, geprägt sind,
erhält das Bewusstsein zur sozialen noch zusätzlich eine historische Dimension.
Höheres Bewusstsein (Wahrnehmen, Analysieren und Bewerten des eigenen
Bewusstseins) wird in dieser Sicht zu einem Entwicklungsprodukt nicht nur der
biologischen, sondern auch der kulturellen Evolution.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
51
[1.1.10] Das Erkenntnisproblem "Bewusstsein"
Eine Grunderfahrung ist, dass wir uns selbst als ein wahrnehmendes, bewertendes, entscheidendes, handelndes ICH erleben, dem ein freier Wille zugesprochen
wird, der allen neuronalen Verarbeitungsprozessen vorangeht. Wir glauben an
einer immateriellen (geistigen) Dimension teilzuhaben, die von den Phänomenen
der dinglichen Welt gänzlich verschieden ist. Die immateriellen Erlebnisse
unseres Gehirns scheinen uns genau so real zu sein wie die Phänomene der
materiellen Außenwelt.
Einerseits begreifen wir uns selbst als beseelte Wesen - andererseits erkennen
wir, dass wir ein Teil der materiellen Natur sind, die sich evolutionär entwickelt,
und welche mit einer objektiven, naturwissenschaftlichen Beschreibungssprache
erklärt werden kann.
Der so genannte Dualismus ist eine philosophische Theorie, welche die Existenz
von zwei einander ausschließenden Erscheinungsformen annimmt, eine nicht
materielle und eine materielle Welt. Sein wichtigster Vertreter war wohl René
Descartes mit seinen "res cogitans" und "res extensa". Von ihm stammt auch der
berühmte Satz "cogito, ergo sum" (ich denke, daher bin ich). Das ist die Meinung
des Rationalismus, welcher der geistigen Welt den Vorrang gibt vor der realen
materiellen Welt.
Der Dualismus hat ein Hauptproblem, nämlich das Zusammenwirken von Geist
und Materie zu erklären. Wie, wo und wann wird der Körper beseelt? Ist das bei
der Befruchtung, bei der Geburt oder in späteren Entwicklungsphasen?
Empirische Naturwissenschaften gehen zunächst von einer materiellen Welt von
objektiv beobachtbaren und messbaren Dingen aus. Im Gegensatz zu René
Descartes lautet der Leitsatz jetzt "sum, ergo cogito" (ich bin, daher denke ich).
Die Biologie, besonders die klassische Verhaltensforschung, beobachtet das Verhalten von Lebewesen und versteht es als determiniert durch die genetische
Organisation des jeweiligen Nervensystems und durch die individuelle Lerngeschichte, d.h. durch die Reizkonstellationen der jeweiligen Umwelt. Die
verfeinerten Messmethoden der modernen Neurobiologie ermöglichen es, auch
die höheren kognitiven Leistungen komplexer Gehirne objektiv zu analysieren.
Das sind vor allem: Reize wahrnehmen und erinnern, mit selektiver Aufmerksamkeit bestimmte Reize filtern und andere unterdrücken, zwischen verschiedenen Reaktionsoptionen entscheiden, Belohnungen und Bestrafungen
erkennen, soziale Bindungen herstellen und diese mit Affekten aufladen,
Emotionen erleben, usw.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
52
Alle diese kognitiven Leistungen werden als emergente Funktionen von komplexen neuronalen Vorgängen verstanden, d.h. sie werden mit den physikalischchemischen Interaktionen in den Nervennetzen zwar nicht gleichgesetzt, aber sie
gehen kausal erklärbar aus diesen hervor.
Die modernen Neurowissenschaften sehen sich drei Hauptfragen gegenüber, von
denen der Dualismus behauptet, dass sie aus naturwissenschaftlicher Sicht nicht
beantwortet werden können.
(1) Wie ist die so genannte Qualia erklärbar? Darunter versteht man die spezifische Qualität subjektiver Sinnesempfindungen, beispielsweise die Farbqualität
von "Blau" oder den Geschmack von "Süß" oder den unverwechselbaren Klang
eines Saxophons.
(2) Wie ist die Selbstwahrnehmung (Ichbewusstsein, Selbstreflexion) möglich?
Darunter versteht man die Grunderfahrung, dass wir uns selbst als ein wahrnehmendes, bewertendes, entscheidendes und handelndes ICH wahrnehmen.
Unser Bewusstsein konstruiert ein Modell von sich selbst.
(3) Wie kann der intuitive Glaube an den eigenen freien Willen erklärt werden?
Darunter versteht man die grundsätzlich freie Entscheidungsmöglichkeit für verschiedene Handlungsalternativen.
Im Folgenden werden verschiedene wissenschaftliche Erklärungsversuche dieser
drei Phänomene (Qualia, Selbstwahrnehmung und Willensfreiheit) vorgestellt.
QUALIA
Der Neurobiologe Francisco Varela führte folgendes Experiment durch: Er bat
Versuchspersonen (Vpn) Schwarz-Weiß-Bilder anzuschauen, von denen einige
Profilansichten von Gesichtern darstellten. Während die Vpn versuchten, in
diesen Bildern Gestalten zu erkennen, wurden mit einem dichten Netz von
Elektroden Hirnströme gemessen.
Die Vpn mussten durch Drücken einer Taste angeben, ob sie ein Gesicht erkannt
hatten. Jedes Mal, wenn dies der Fall war, wurden über den Hirnrindenarealen,
welche sich mit dem Sehen befassen, kurzfristige (einige Zehntel-Sekunden andauernde) hochsynchrone Wellen mit einer Frequenz von etwa vierzig Hertz
registriert. Dies war nicht der Fall, wenn die Vpn die vorgelegten Bilder nicht als
Gesichter identifizieren konnten.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
53
Wenn sensorische Inputs zu einer bewussten Wahrnehmung zusammengefügt
(rekonstruiert) werden, dann synchronisieren jene Neuronen, welche sich in der
Hirnrinde mit der Verarbeitung dieser Inputs befassen, ihre Entladungen über
kurze Zeitspannen. Die zeitlich koordinierte und synchrone Aktivität einer sehr
großen Anzahl von räumlich verteilten Nervenzellen charakterisiert somit eine
bewusste Sinnesempfindung und ist damit das neurophysiologische Korrelat der
Qualia.
Unsere Sinne liefern oft nur unvollständige und lückenhafte Informationen an die
Großhirnrinde. In diesen Fällen vervollständigt und ergänzt unser Gehirn mit
Hilfe von gespeichertem Vorwissen die Wahrnehmung. Es rekonstruiert die
Wahrnehmung. Das Gleiche gilt auch für unsere Denkprozesse.
Parallel zu den neurobiologischen Untersuchungen über Wahrnehmungsprozesse
wurden auch Untersuchungen über die Willkürmotorik durchgeführt.
In einem Experiment von Benjamin Libet wurden die Vpn aufgefordert, zu
beliebigen Zeitpunkten innerhalb der Versuchszeit ihre Handgelenke zu bewegen
während sie einen schnell laufenden Lichtzeiger beobachteten. Dieser durchlief in
2.56 Sekunden einen Kreis. Sofort wenn eine Vp sich bewusst für eine Bewegung
entschied, musste sie die Stellung des Zeigers notieren. Dadurch wurde der
Zeitpunkt einer Entscheidung genau registriert. Gleichzeitig wurden die Gehirnaktivtäten mittels EEG aufgezeichnet. Die Muskelbewegungen wurden mittels
EMG (Elektromyogramm) aufgezeichnet.
Es wurde nun festgestellt, dass die für die Bewegungen verantwortlichen Gehirnaktivitäten etwa eine halbe Sekunde VOR jenen Zeitpunkten einsetzten, in denen
sich eine Vp bewusst entschied ein Handgelenk zu bewegen.
Dieses und auch viele ähnliche Experimente beweisen, dass einer bewussten
Entscheidung für eine bestimmte Bewegung bereits eine dafür verantwortliche
unbewusste Gehirnaktivtät zeitlich vorangeht (Bereitschaftspotential). Damit ist
aber auch bewiesen, dass die bewusste Willensentscheidung für eine Bewegung
nicht die alleinige Ursache für die dann ausgeführte Bewegung sein kann. Eine
freie Willensentscheidung im engeren Sinne scheint daher eine Illusion zu sein.
SELBSTWAHRNEHMUNG
Die neuronalen Netze können trainiert werden oder sie können auch selbstorganisierend sein. In den selbstorganisierenden Neuronennetzen passen sich die
Synapsenstärken schrittweise den einlangenden Inputmustern an. Die stummen
und feuernden Neuronengruppen werden zu einem Abbild der Inputmuster, so
dass gleiche Inputreize immer dieselben Neuronengruppen erregen.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
54
Das neuronale Netz ist dann zu einer Landkarte (map) der Reizumwelt geworden.
Zusätzlich kommt es auf der neuronalen Eigenschaftskarte zu einer Reduzierung
der Dimensionalität. Aus der Reizvielfalt werden einige wenige Haupteigenschaften extrahiert. Das sind diejenigen, in denen die Inputmuster am deutlichsten
variieren. So können auch ähnliche Inputreize dieselben Neuronen erregen. Diese
Abstraktionsleistung ermöglicht erst die Bildung von Kategorien und ist wesentlich für das begriffliche Denken. Mit ihrer Hilfe werden beispielsweise einfache
Kategorien (Begriffe) wie "rund", "eckig", "schwer" oder "leicht" gebildet.
Es gibt keinen Grund gegen die Annahme, dass Selbstwahrnehmung und Selbsterfahrung auf neuronalen Vorgängen beruhen. Ein erstes wichtiges Faktum ist,
dass die meisten neuronalen Informationsverarbeitungen unbewusst ablaufen. Wir
haben beispielsweise keinen bewussten Zugriff zu Informationen über unseren
Blutdruck oder über unseren Blutzuckerspiegel, obgleich diese Variablen sehr
sorgfältig gemessen, vom Gehirn ausgewertet und in Regulationsprozesse umgewandelt werden. Der wahrscheinliche Grund hierfür ist, dass diese Informationen
ohne Beteiligung der Großhirnrinde verarbeitet werden.
Aber auch von den in der Großhirnrinde ablaufenden Prozessen wird uns immer
nur ein kleiner Ausschnitt bewusst - das sind jene Aspekte, denen wir unsere
Aufmerksamkeit schenken und die dann unser Handeln steuern. Auch die
unbewussten Prozesse hinterlassen Gedächtnisspuren und beeinflussen unser
zukünftiges Handeln. Aber wir werden uns dieser Handlungsdeterminanten nicht
bewusst und können sie deshalb nicht als Gründe für unser Tun anführen.
Neben diesen unbewussten Verarbeitungsprozessen im Gehirn ist eine zweite
Voraussetzung für die Konstitution eines Selbst (ICH) die sogenannte soziale
Interaktion. Für die Entwicklung des Selbstmodells scheint der Dialog mit den
Anderen wesentlich. Dialoge der Form "Ich weiß, dass Du weißt, dass Ich fühle"
führen dazu, dass wir uns in der Wahrnehmung des Anderen spiegeln. Mit Hilfe
seiner Reaktionen (re)konstruiert dann das Gehirn das eigene Selbst.
Damit ein effektiver zwischenmenschlicher Dialog stattfinden kann, müssen aber
zwei Prämissen erfüllt sein: Erstens muss das abstrakte Denken entsprechend
hoch entwickelt sein. Zweitens muss die sprachliche Codierung von Vorstellungen und Denkinhalten möglich sein. Mit Ausnahme der großen Menschenaffen fehlen den Tieren diese Fähigkeiten. Auch kleine Menschenkinder besitzen
sie noch nicht, weil für diese höchsten kognitiven Leistungen bestimmte Hirnstrukturen vor allem in der Großhirnrinde erforderlich sind, die erst beim
Menschen im Laufe der ersten Lebensjahre ihre volle Ausprägung erfahren.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
55
Somit kann die Selbstwahrnehmung (eben unser Ichbewusstsein) als eine höchst
komplexe kognitive Leistung von selbstorganisierenden neuronalen Netzen
verstanden werden, wobei viele unbewusste Verarbeitungsprozesse mitspielen
und die soziale Kommunikation ein wesentlicher Faktor ist.
Zur Erklärung der Selbstwahrnehmung ist es nicht nötig, eine Transzendenz in
immaterielle Sphären zu postulieren. Auch wäre der Schluss falsch, dass hinter
den kognitiven Leistungen des Gehirns ein Dirigent, eine Führungsinstanz steht,
welche die neuronalen Prozesse steuert und lenkt. Die neuronalen Verarbeitungsprozesse laufen parallel und dezentral ab und erzeugen in ihrer
Gesamtheit kohärente Wahrnehmungen und Handlungen. Zwar gibt es verschiedene hierarchische Gliederungsebenen im Nervensystem mit reziproken
Kopplungen, aber es gibt kein eigenes übergeordnetes Koordinationszentrum der
parallelen Prozesse.
An dieser Stelle sei auch noch ein Querverweis auf das biochemische Geschehen in der Zelle erlaubt. Schon auf molekularer Ebene gibt es so etwas wie
Selbstanalyse und Selbstreparatur. Wenn bei der identischen Reduplikation eines
DNS-Moleküls (des Trägermoleküls der Gene) Fehler passieren, dann gibt es
Hilfsmoleküle (spezialisierte Enzyme), welche das DNS-Molekül analysieren und
etwaige Fehler reparieren. Schon hier liegt eine elementare Form der Selbstwahrnehmung der einzelnen Zellen vor.
WILLENSFREIHEIT
Wie aber kommen wir nun zu der unerschütterlichen Überzeugung, dass unser
Selbst (ICH) freie Entscheidungen treffen und über Prozesse in unserem Gehirn
verfügen kann, welche dann unser Handeln steuern ?
Eine erste und vermutlich entscheidende Erfahrung mit der Zuschreibung von
Autonomie und Freiheit machen wir schon als Kleinkinder. Eltern sagen ihren
Kindern fortwährend sie sollten dies tun und jenes lassen, weil andernfalls diese
oder jene Konsequenzen eintreten würden.
Diese Verweise und die mit ihnen verbundenen Sanktionen legen den Schluss
nahe, man könne sich auch anders verhalten und müsse dazu nur wollen. Wir
erfahren (erleiden) also schon sehr früh eine Behandlung, welche sich durch die
Annahme rechtfertigt, wir seien in unseren Entscheidungen frei - eine Annahme,
die mit Hilfe der Erziehung verlässlich von Generation zu Generation übermittelt
wird. Wir internalisieren diese Annahme der Willensfreiheit und handeln dann in
unserem Leben auch nach ihr.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
56
Die Dialoge, die ein Wertesystem vermitteln, beginnen in einer Entwicklungsphase, in der Kleinkinder noch kaum ein deklaratives Gedächtnis haben. Sie
lernen, machen sich das Gelernte zu Eigen. Sie können aber nicht angeben, woher
sie wissen, was sie wissen, d.h. sie erinnern sich zwar an das Gelernte, nicht aber
an den Lernprozess. Diese Unfähigkeit, den Kontext von Erlebnisinhalten
bewusst zu erinnern, bezeichnet man als frühkindliche Amnesie. So erscheint den
Kleinkindern das, was sie wissen als nicht verursacht, als immer schon gewusst.
Diese frühkindliche Amnesie könnte der Grund dafür sein, dass uns später, wenn
wir beginnen über uns nachzudenken, die Inhalte des frühkindlichen Lernens als
nicht verursacht erscheinen.
Die Annahme einer Willensfreiheit erscheint als eine durch die Erziehung
vermittelte Attribution. Die fehlende Erinnerung an diese frühen sozialen Lernprozesse könnte somit der Grund für die eigentümliche Transzendenz unseres
Selbstmodells sein, für den Glauben an einen freien Willen, welcher unverursacht
allen materiellen Prozessen vorausgeht.
Bemerkenswert ist, dass wir - trotz aller Überzeugung grundsätzlich frei zu sein in der Bewertung des eigenen und fremden Verhaltens sehr wohl zwischen freien
und unfreien Akten unterscheiden. Für erstere übernehmen wir Verantwortung,
für zweitere fordern wir Nachsicht.
Dieser Unterschied wird bewirkt durch den Bewusstheitsgrad der Motive. Nur
jene Motive erscheinen dem freien Willen unterworfen, die wir auch bewusst
erkennen. Jene Motive aber, die unbewusst wirken, unterliegen offenbar nicht
dem freien Willen.
Aus der Sicht der modernen Neurowissenschaft sind die Annahme einer Willensfreiheit und die Unterscheidung von freien und weniger freien Handlungen nicht
haltbar. Allen kognitiven Leistungen des Gehirns, so auch dem Entscheiden,
gehen Verarbeitungsprozesse in neuronalen Netzen voran. Diese determinieren
unseren Handlungsspielraum. Die Experimente von Benjamin Libet bestätigen
dies sehr eindrucksvoll.
Das Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen. Eine Nervenzelle kann mit
tausenden anderen Nervenzellen verbunden sein. In hoch organisierten Gehirnen
machen die Eingänge von den sensorischen Rezeptoren und die Ausgänge zu den
motorischen Effektoren nur einen verschwindend kleinen Prozentsatz der Verbindungen aus. Die meisten Verbindungen kommen von anderen Nervenzellen.
Das Gehirn beschäftigt sich also vorwiegend mit sich selbst. Das Gehirn kann die
eigene Tätigkeit, seine eigenen kognitiven Prozesse analysieren und bewerten.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Aus der wiederholten Anwendung der Kognition auf sich selbst resultiert dann
die Selbstwahrnehmung (Ichbewusstsein).
Willensentscheidungen sind mehrstufige Prozesse, bei denen sich immer das
stärkste Motiv durchsetzt. Soll ein Motiv einem anderen vorgezogen werden,
dann muss es auch gestärkt werden - beispielsweise durch überzeugende
Argumente in einem sozialen Dialog. Wir sind zwar im neurobiologischen
Mechanismus des Entscheidungsprozesses determiniert, aber sowohl durch
äußere Einflüsse als auch durch innere Denkakte kann es zu einer Umordnung der
Motivstärken, zu einer Neuorientierung des erlernten Wertesystems kommen.
Aber damit verschiebt sich nur die Determiniertheit. Ein nicht determiniertes,
freies Ich ist eine Illusion.
Trotz aller Determiniertheit unseres Wollens und Tuns haben wir einen gewissen
Spielraum. Wir können lernen unser Handeln und unsere Motive zu hinterfragen.
Wir können lernen selbstanalytisch und selbstkritisch zu agieren und gewinnen
damit Selbstdistanz, d.h. eine Distanz zu unseren Trieben und Zwängen. Dadurch
verlieren diese ihre unmittelbare Macht.
Eine kritische Selbsterkenntnis wird nur mühsam errungen, kann aber zu jenem
Spielraum führen, der ein verantwortungsvolles Entscheidungsverhalten ermöglicht. Soziale Verantwortung erscheint somit durchaus kompatibel mit der
Determiniertheit des Menschen.
Das trainierte, sich selbst reflektierende Bewusstsein erarbeitet sich ein Vetorecht,
welches ihm erlaubt, sich dem Zwang der subkortikalen Triebe und Gefühle
zumindest teilweise zu entziehen. Befriedigungsaufschub und auch Frustrationstoleranz sind trainierbar.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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[1.2] EIN BASISMODELL DER PSYCHE
Der Wiener Psychologe Hubert Rohracher (1903 - 1972) gliedert die Inhalte der
Psyche in zwei Erlebnisklassen:
Psychische Kräfte sind die angeborenen Instinkte und Triebe, die erlernten
Interessen, die Gefühle (Emotionen) und die Willenserlebnisse. Sie werden
subjektiv als drängend und zielsetzend erlebt.
Psychische Funktionen sind die Wahrnehmung, das Gedächtnis (Lernen) und das
Denken und Sprechen. Sie sind Werkzeuge zur Erreichung der gesetzten Ziele.
Der Zusammenhang wird durch das Prinzip der funktionalen Aktivierung erklärt:
es gibt keine funktionale Aktivität ohne einen inneren Antrieb oder einen äußeren
Anreiz.
Psychische Funktionen
Wahrnehmung:
Gedächtnis (Lernen):
Denken:
Sprechen:
Aufnehmen von Informationen.
Speichern und Abrufen von Informationen.
Verknüpfen von Informationen zur Problemlösung.
Weitergeben von Informationen durch phonetische
Artikulation von bewussten Erlebnisinhalten.
Psychische Kräfte
Instinkte und Triebe:
Angeborene Drangzustände, die überwiegend
zu lebenserhaltenden Aktionen führen.
Interessen:
Zumeist erlernte Drangzustände, die zur Ausführung
kultureller Aktionen streben.
Gefühle (Emotionen): Reaktive Erlebniszustände auf äußere oder innere
Reize, die angenehm oder unangenehm erlebt werden.
Wollen:
Bewusste Entscheidungserlebnisse.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Als Beispiel sei die Situation nach intensiver Sportbetätigung angeführt. Durch
den Flüssigkeitsverlust beginnt über einen Regelkreismechanismus ein Nervenzentrum (Durstzentrum) im tiefer gelegenen Stammhirn zu feuern, d.h. elektrochemische Erregungen zu produzieren. Diese steigen höher in das Großhirn und
erzeugen dort das unlustvolle Trieberlebnis des Durstes. Dadurch werden die
Wahrnehmung, das Gedächtnis und das Denken aktiviert, um in der Umwelt nach
durstlöschenden Objekten zu suchen. Nach deren Auffindung kommt es zur
lustvoll erlebten Triebbefriedigung (Trinken). Dabei werden über entsprechende
motorische Steuerungen passende Verhaltensweisen ausgeführt. Die Emotionen
Lust und Unlust dienen als sinnvolle Triebverstärkungen. Ursprünglich sind die
gestellten Handlungsziele auf Lebens- und Arterhaltung gerichtet. Mit Hilfe des
psychischen Apparates, insbesondere seiner Denkleistungen hat sich das
menschliche Gehirn einen entscheidenden Leistungsvorteil im täglichen Daseinskampf geschaffen.
Die bewussten Erlebnisse sind Systemfunktionen von komplex vernetzten, gegenseitig miteinander gekoppelten und hierarchisch gegliederten Teilbereichen des
zentralen Nervensystems, insbesondere der Großhirnrinde (Cortex). Zentrales
Nervensystem und Bewusstsein haben sich evolutionär entwickelt und dienen
letztendlich der optimalen Anpassung an die Umwelt. Unter Psyche versteht man
die Gesamtheit der bewussten Erlebnisse, aber auch der nicht bewussten (unbewussten) Vorgänge im zentralen Nervensystem. Der Begriff Seele wird hier
ausschließlich als Synonym für eine so verstandene Psyche verwendet.
Entsprechend der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Gehirns und des
zentralen Nervensystems durchläuft die Psyche unterschiedliche Ausbildungsstufen. Immer dann, wenn einfachere Formen sensomotorischer Informationsverarbeitung (z.B. Reflexe) zur Steuerung und Kontrolle des Organismus nicht
mehr ausreichen, hat sich eine höhere und leistungsfähigere Funktionsebene
entwickelt. Bei einfachen Reflexen wird ein Reiz von den peripheren Sensoren
(Sinnesorganen) aufgenommen und in eine spezifische Folge von elektrischen
Spannungsschwankungen verschlüsselt. Diese wird entlang von Nervenfasern
über das Rückenmark oder das Stammhirn zu den Effektoren (Muskeln, Drüsen)
weitergeleitet, wo der Reiz durch entsprechende motorische Reaktionen beantwortet wird. Etwas komplexer gestaltet sich der Ablauf einer Instinktreaktion.
Hier fließt der Informationsstrom über höher gelegene Stammhirn-Zentren im
zentralen Nervensystem. Als Beispiel sei das Hinaustreten aus einem dunklen
Raum in das helle Sonnenlicht genannt. Zunächst erfolgen reflektorische
Reaktionen (Pupillenreflex), dann instinktive Schutzreaktionen (Heben der Hände
zum Augenschutz) und schließlich noch komplexere Verhaltensweisen (Aufsetzen einer Sonnenbrille).
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Reichen reflektorisches und instinktives Verhalten zur Problemlösung nicht aus,
dann erfolgt die Informationsverarbeitung in den noch höher gelegenen Zentren
in der äußeren Rinde des Großhirns (Cortex). Hier werden unsere Wahrnehmungen bewusst erlebt und Handlungen bewusst veranlasst. Allen diesen bewussten
Erlebnissen liegen spezifische Erregungskonstellationen zugrunde, welche in
wechselseitig gekoppelten Gruppen von Nervenzellen (neuronale Ensembles)
ablaufen. Schließlich ziehen dann die entsprechenden elektrischen Signalfolgen
über die so genannte Pyramidenbahn abwärts zu den Muskeln und steuern dort
die willkürlichen Handlungen. Damit ist die höchste Stufe sensomotorischer
Regelkreise erreicht: Reize werden selektiv wahrgenommen und mit motorischen
Reaktionen bewusst beantwortet. Das Ergebnis des Verhaltens wird wiederum
wahrgenommen (Feed-back) und führt zu neuerlichen Reaktionen, usw.
Ein sensomotorischer Prozess wird bewertet (z.B. eine erfolgreiche Nahrungssuche), wenn Signale zu jenen tiefer gelegenen Nervenzentren an der Basis des
Großhirns und im Zwischenhirn übermittelt werden, wo Gefühle und Triebe
entstehen (limbisches System, Hypothalamus). Diese bewirken eine Bewertung
(z.B. Lust - Unlust) und eine Selektion der Information. Die Filterung erfolgt im
so genannten Thalamus im Zwischenhirn, das zwischen Stammhirn und Großhirn
liegt. So wird beispielsweise beim sehnsüchtigen Warten auf das Eintreffen eines
geliebten Menschen der Wahrnehmungsfilter durch psychische Kräfte wirksam.
Zum Zeitpunkt des Erscheinens der erwarteten Person werden andere Reize (z.B.
irgendein Vorfall in der näheren Umgebung) kaum wahrgenommen - die Wahrnehmung engt sich auf das entsprechende Objekt ein.
Auf dem Weg vom Sensor an der Körperperipherie bis zur Rinde des Großhirns,
also vom Reiz bis zu seiner bewussten Wahrnehmung, wird die Informationsmenge drastisch reduziert. Erstens werden durch die Bauart des Sensors nur
adäquate Reize aufgenommen und zweitens erfolgt eine Selektion der aufgenommenen Information durch die psychischen Kräfte, d.h. eine Sensibilisierung
der Wahrnehmung. Weil jeder sensorische Input emotional bewertet wird, kommt
es immer zu einer Filterung der Information. Daher haben verschiedene Individuen auch unterschiedliche bewusste Bilder von ein- und demselben Bereich der
Außenwelt. Was subjektiv für wirklich gehalten wird, hängt somit von den
individuellen Gefühlen, Trieben und Interessen ab. Die daraus resultierende
Divergenz der subjektiven Weltbilder führt nicht selten zu Konflikten.
Starke triebhafte oder emotionale Bewertungen von Inhalten und wiederholte
Rückkopplungen (Feed-back) von motorischem Verhalten und Sinnesrezeptionen
führen zur Ausbildung von so genannten synaptischen Verstärkungen in den
beteiligten Nervenbahnen. Dadurch werden die molekularen Grundlagen für das
Gedächtnis geschaffen.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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[1.3] METHODEN DER GEHIRNFORSCHUNG
[1.3.1] Stereotaktische Eingriffe (Läsion und Stimulation)
Mit Hilfe eines dreidimensionalen Hirnatlas und einem stereotaktischen (räumlich
ausgerichteten) Apparat werden Elektroden oder Kanülen, die auf bestimmte
Zielgebiete in der Tiefe des Gehirns gerichtet sind, durch eine Operation
eingesetzt. Über Elektroden kann elektrischer Strom in das Zielgebiet geschickt
werden, durch die Kanülen werden bestimmte chemische Substanzen eingebracht.
Das Zielgebiet kann irreversibel oder reversibel ausgeschaltet werden.
Bei der irreversiblen Läsion wird durch die isolierte Elektrode hochfrequenter
Wechselstrom geschickt, der durch Hitzeentwicklung an der Spitze das umgebende Gewebe zerstört (Elektrokoagulation). Selektiver wirken chemische
Läsionen, die nur die Zellkörper zerstören, aber nicht deren Ausläufer. Verwendet
werden dazu Kainsäure und auch Ibotensäure, die über eine Kanüle in das
Zielgebiet eingeschleust werden.
Reversible Läsionen erfolgen durch Kühlung mit Hilfe kleiner Mengen von
Kaliumchlorid-Lösungen. Sinn der Läsion eines umgrenzten Hirngebietes ist es,
jene Veränderungen zu registrieren, die nach der Läsion auftreten.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Im Gegensatz zu Läsionen werden bei Stimulationen die Zielgebiete nicht
ausgeschaltet sondern künstlich gereizt. Die Reizung erfolgt über eine isolierte
Elektrode mittels genau abgestimmter elektrischer Stromzufuhr. Es können aber
auch winzige Mengen von chemischen Substanzen über Kanülen oder Mikropipetten an die Synapsen transportiert werden, die dort als Agonisten oder Antagonisten von bestimmten Neurotransmittern wirken. Sinn der Stimulation eines
umgrenzten Hirngebietes ist es, jene Veränderungen zu registrieren, welche bei
der Stimulation auftreten. Durch solche gezielte Läsionen und Stimulationen kann
der kausale Zusammenhang von bestimmten Hirnregionen und bestimmten
Verhaltensweisen bzw. physiologischen Funktionen sehr gut erforscht werden.
[1.3.2] Enzephalogramme (EEG und MEG)
Das Elektroenzephalogramm (EEG)
1902 begann Hans Berger mit Experimenten an Hunden und Katzen, die ihn
soweit führten, daß er 20 Jahre später über außen an der Schädeldecke befestigte
Elektroden an einem siebenjährigen Patienten mit Hilfe eines empfindlichen
Saitengalvanometers erstmals spontane elektrische Spannungsschwankungen der
Hirnrinde registrierte.
Mindestens 2 Elektroden aus Silberlegierung werden an die Schädeldecke mit
einer Paste angeklebt. Sie sind mit einem Verstärker verbunden, der die
elektrische Potentialdifferenz der beiden Orte verstärkt und an ein Aufzeichnungsgerät weitergibt. Diese Messungen und Aufzeichnungen erfolgen in
bestimmten vorgegebenen zeitlichen Abständen. Dadurch ist es möglich, den
elektrischen Spannungsverlauf zwischen den beiden Elektroden zeitlich zu
erfassen. Zusätzlich werden sehr langsame Schwankungen und auch die
Gleichspannungsanteile herausgefiltert, so dass nur Wechselspannungen in einem
Amplitudenbereich von 1 - 200 mV und in einem Frequenzbereich von 1 - 50 Hz
registriert werden. Anstelle von nur 2 Elektroden werden zumeist die zeitlichen
Spannungsänderungen zwischen mehreren Elektroden aufgezeichnet, die an
typischen Schädelpositionen angebracht sind. (Polygraph mit bis zu 20 Ableitungspunkten).
Das mit Elektroden abgenommene elektrische Potential entsteht durch die
Summierung der exzitatorischen postsynaptischen Potentiale in der obersten
Rindenschicht des Großhirns. In Wirklichkeit werden die cortikalen Neuronen
durch vom Thalamus aufsteigende Erregungen angetrieben. Der Thalamus wirkt
somit als Tor für sensorische Impulsströme. Die Durchlässigkeit dieses Tores
hängt von den inhibitorischen Signalen ab, welche über absteigende Leitungen
vor allem vom präfrontalen Cortex (Stirnlappen) ankommen.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Durch den thalamo-cortikalen Feedback wird die selektive Aufmerksamkeit
reguliert. Je größer die Hemmung des Thalamus ist, umso langsamer und synchronisierter sind die EEG-Wellen. Je ungehemmter der Thalamus ist, umso
desynchronisierter und heftiger verlaufen die EEG-Schwankungen.
Je nach Wachheitsgrad des Bewußtseins treten verschiedene Wellenformen im
EEG auf. Im entspannten Wachzustand herrscht der Alpha-Rhythmus (8-13 Hz)
vor. Bei selektiver Aufmerksamkeit (visuell und auditiv) wird er blockiert und
geht in den höher frequenten Beta-Rhythmus (13-30 Hz) über. Frequenzen über
30 Hz werden als Gamma-Wellen bezeichnet. Sie haben eine sehr kleine
Amplitude (1-10 mV) und sehr hohe lokale Spezifität. Sie werden mit sich lokal
entladenden Zellenensembles (vernetzten Neuronengruppen) in Verbindung
gebracht. Die Theta-Wellen (4-8 Hz) und Delta-Wellen (unter 4 Hz) sind typisch
für den Schlaf. Beim Träumen werden die langsamen Delta-Wellen durch Thetaund Beta-Phasen unterbrochen (REM-Phasen: rapid eye movement, schnelle
Augenbewegungen).
Im klinischen Bereich wird das EEG zur Diagnose und zur Lokalisation von
Funktionsstörungen der Gehirntätigkeit verwendet: bei epileptischen Anfallsleiden, bei Tumoren, bei Durchblutungsstörungen und zur Abschätzung von
Pharmakawirkungen und Narkosetiefen.
Unter evozierten, ereigniskorrelierten Hirnpotentialen (EKP) versteht man alle
elektrocortikalen Potentialschwankungen, welche kurz vor, während und kurz
nach einem sensorischen, motorischen oder psychischen Ereignis im EEG
messbar sind. Diese EKPs sind von wesentlich kleinerer Amplitude als das
Standard-EEG. Durch spezielle mathematische Mittelungstechniken werden die
EKP-Signale aus der Hintergrundaktivität (Rauschen) hervorgehoben und
graphisch dargestellt. Diese Registrierungs- und Berechnungstechniken werden
von Computern schnell und zuverlässig durchgeführt.
Das Magnetenzephalogramm (MEG)
Jede elektrische Ladungsdifferenz zwischen zwei Orten (Dipol) erzeugt eine
Bewegung von elektrischer Ladung (Stromfluss). Jeder solcher Stromfluss ruft in
seiner Umgebung ein magnetisches Kraftfeld hervor, dessen Feldlinien
kreisförmig um die Stromrichtung verlaufen. Die hintereinander geschalteten
Neuronen in der äußeren Rindenschicht wirken wie elektrische Dipole und
erzeugen daher auch schwache Magnetfelder, die mit hochempfindlichen Detektoren, so genannten SQUIDS (superconducting quantum interference device)
nachgewiesen werden können.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Die SQUIDS werden ca. 10 mm über der Schädeldecke angebracht und
registrieren magnetische Feldstärkenveränderungen von weniger als einem
Hundertmillionstel der erdmagnetischen Feldstärke (also kleiner als ein Pico
Tesla). Mit den auf der Temperatur des flüssigen Helium gehaltenen SQUIDS
wurde 1968 erstmals Alpha-Aktivität und ab 1975 auch ereigniskorrelierte
Aktivität registriert.
Da mit dem MEG aus technischen Gründen nur zur Schädeldecke parallele
elektrische Ströme und mit dem EEG meist nur zur Schädeldecke vertikal
laufende Ströme gemessen werden, lassen sich durch Kombination von MEG und
EEG Quellen elektrischer Aktivität in der Cortex bis auf 2 mm Genauigkeit
lokalisieren. Dadurch wird eine räumliche und zeitliche Bestimmung der gehirnelektrischen Aktivität sehr genau ermöglicht.
[1.3.3] Bildgebende Verfahren (CT, PET und MRT)
Zur Ergänzung von EEG und MEG, die elektrische und magnetische Aktivitäten
in der Gehirnrinde registrieren, werden auch Bild gebende Verfahren in der
Gehirnforschung eingesetzt. Dabei werden verschiedene Hirnschichten röntgenologisch gescannt (CT, Computertomographie), oder die regionale Hirndurchblutung mit Hilfe von radioaktiven Markierungssubstanzen gemessen (PET,
Positronen-Emmissions-Tomographie), oder der Blutdurchfluss in bestimmten
Arealen über die dabei verstärkten kernmagnetischen Resonanzen von Wasserstoffionen registriert (MRT, Magnetische Resonanz-Tomographie).
Die Messergebnisse werden durch einen Computer ausgewertet und dann
schattierte oder verschieden gefärbte grafische Bilder der Hirnregionen hergestellt. Mit diesen Bildern lassen sich neuronale Aktivitäten auch in tieferen
Hirngebieten sehr gut darstellen. Der Nachteil liegt in ihrer trägen zeitlichen
Auflösung (meist werden nur Prozesse, die Minuten dauern, sichtbar). Zum Abschluss sollen diese Bild gebenden Verfahren näher beschrieben werden.
Röntgen-Computertomographie (CT)
Röntgenstrahlen entstehen beim Aufprall hoch beschleunigter Elektronen auf
einer Schwermetall-Anode. In der so genannten Röntgenröhre emittiert eine
Glühkathode Elektronen, die durch eine angelegte Spannung von etwa 30 kV zur
gegenüberliegenden Anode fliegen. Durch umgebende negativ geladene Platten
werden die Elektronen gebündelt (Wehnelt-Zylinder). Beim Aufprall auf der
Anode erreichen sie Geschwindigkeiten von rund 100 000 km/sec.. Durch die
Abbremsung beim Aufprall wird Energie in Form von kurzwelligen Röntgenstrahlen freigesetzt (10 -10 m Wellenlänge).
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Eine der wichtigsten Eigenschaften von Röntgenstrahlen ist ihr hohes Durchdringungsvermögen. Sie durchdringen viele Stoffe (Papier, Holz, Fleisch) fast
ungeschwächt und werden von Materialien absorbiert, welche chemische
Elemente mit hoher Ordnungszahl enthalten. Dazu zählt das Kalzium in den
Knochen. Auf der anderen Seite des durchstrahlten Körpers wird eine fotografische Platte angebracht, welche je nach Intensität der einlangenden Röntgenstrahlen mehr oder minder stark geschwärzt wird. Durch die Anordnung der
Schwärzungspunkte kann auf die Struktur des durchdrungenen Körpers rückgeschlossen werden.
Die Röntgendiagnostik ist ein sehr wichtiges Hilfsmittel in der Medizin; sie ist
aber nicht ungefährlich, weil sie wie jede kurzwellige elektromagnetische
Strahlung ionisierend wirkt und so die Zellen schädigen kann.
Zur Darstellung von Weichteilen eignet sich ein röntgen-technisches Verfahren,
die Computertomographie (CT), mit welcher kleinste Dichteunterschiede im
Gewebe ermittelt werden können (bis zu 0,5 %). Dabei wird der Patient
schichtweise mittels einer um ihn rotierenden Röntgenröhre mit niedriger Intensität durchstrahlt, wobei in den verschiedenen Richtungen die Strahlung verschieden stark absorbiert wird. Die Strahlung wird in ringförmig um den Patienten
angeordneten Zählern (Detektoren) gemessen. Aus den erhaltenen Daten wird
mittels Computer ein kontrastreiches Bild einer Schichtebene rekonstruiert. Danach wird der Patient in seiner Lage etwas verschoben und die nächste Gewebeschicht durchgescannt.
Die Abbildung zeigt das
Schema eines CT-Scans,
wobei der Röntgenemittor
schrittweise um 3° in jeder
Schicht gedreht wird.
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Radioisotopen-Tomographie
Ein Maß für die Aktivität einer bestimmten Körperregion ist der dortige Verbrauch von Sauerstoff und Zucker. Durch den erhöhten chemischen Stoffwechsel
kommt es zu vermehrter Bildung von sauren Zwischenprodukten bei der Zuckerverbrennung. Diese sauren Stoffwechselprodukte bewirken eine Erweiterung der
arteriellen Blutgefäße, was eine Erhöhung der lokalen Durchblutung zufolge hat.
Radioaktive Stoffe senden die so genannte Gamma-Strahlung aus, die noch
kurzwelliger und energiereicher und daher auch gefährlicher als die Röntgenstrahlung ist. Diese radioaktive Strahlung kann nur durch dicke Blei- und Betonplatten abgeschirmt werden. Durch den hohen Energiegehalt wirkt die radioaktive
Strahlung sehr stark ionisierend auf die Stoffatome der jeweiligen Umgebung.
Auf der ionisierenden Wirkung beruht auch der Strahlungsnachweis durch das
Geiger-Müller-Zählrohr.
Bei der Szintigraphie wird ein radioaktiver Markierungsstoff (tracer) in die Blutbahn gebracht. Seine Ausbreitung und Verteilung in bestimmten Körpergebieten
kann nun an Hand der von ihm ausgesendeten radioaktiven Strahlung mit Hilfe
von Geigerzählern gemessen werden.
Die Messdaten werden von einem angeschlossenen Computer zu grafischen
Bildern verarbeitet, an denen die Verteilung des Radioisotops in der Körperregion
ersichtlich ist. Dadurch können Rückschlüsse auf die jeweilige lokale Durchblutung des Gewebes gezogen werden. Die dargestellte Abbildung zeigt die
prinzipielle Messanordnung zur Feststellung der regionalen Gehirndurchblutung
mit Hilfe von intraarteriell injiziertem radioaktivem Xenon (Xe).
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Bei der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) werden die radioaktiven
Isotope biologisch wichtiger Atome (F, O, N, C) verwendet, die Positronen (ßStrahlung) freisetzen. Direkt am Ort ihrer Freisetzung treffen diese Positronen auf
die den Atomkern umgebenden Elektronen.
Eine solche Kollision führt zu einer Vernichtung beider Teilchen. Dabei wird die
vernichtete Masse in Energie umgewandelt, welche in Form von radioaktiver
Gamma-Strahlung auftritt. Diese Strahlung wird nun von rund um den Kopf des
Patienten angeordneten Detektoren registriert.
Aus Richtung und Intensität der Strahlung kann die räumliche Verteilung der, die
Positronen emittierenden Atome, ermittelt und dann graphisch dargestellt werden.
In der Nuklearmedizin werden vor allem Substanzen wie Wasser, Glukose oder
Aminosäuren mit den genannten Radioisotopen markiert.
Aus dem graphischen Verteilungsbild radioaktiv markierter Glukose kann dann
auf die lokale Durchblutung einer Region und somit auch auf ihre Aktivität rückgeschlossen werden.
Die Abbildungen zeigen verschieden stark durchblutete Gehirnregionen (sehr gut
ersichtlich an den Schwärzungen) bei unterschiedlichen sensorischen und motorischen sprachlichen Tätigkeiten. Die PET erlaubt auf diese Art und Weise die
Darstellung von Bildern der geistigen Aktivität des Gehirns.
Paukert: Ein Fenster zum Ich – Teil 1
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Magnetresonanztomographie (MRT)
Wie die Elektronen der Atomhülle haben auch die einzelnen Bausteine des
Atomkerns (Nukleonen) einen Eigendrehimpuls (Spin) und verhalten sich wie
winzige Magnete. Bei Atomkernen mit gerader Anzahl von Nukleonen können
sich die magnetischen Kraftmomente der Kernbausteine kompensieren, bei
ungerader Nukleonenanzahl kann dies nicht erfolgen. Der Kern besitzt dann einen
resultierenden Gesamtspin und ein magnetisches Kraftmoment. Der Atomkern
von Wasserstoff (H) besteht aus einem einzigen Proton und hat daher ein
magnetisches Moment.
Beim Anlegen eines starken äußeren Magnetfeldes beginnen die Atomkerne eine
kreiselförmige Bewegung um ihre Gleichgewichtslage auszuführen (Auslenkung,
Präzession). Die Geschwindigkeit dieser Kreiselbewegung (Präzessionsfrequenz)
ist proportional zur angelegten magnetischen Feldstärke.
Wenn die Atomkerne anschließend wieder in ihre energetisch günstigere Ausgangslage zurückkehren, senden sie genau jene elektromagnetische Frequenz aus,
welche sie zuvor absorbiert haben.
Diese Resonanzfrequenz des Atomkerns hängt einerseits vom angelegten äußeren
magnetischen Feld, andererseits auch von den lokalen Magnetfeldern ab, die
durch die Elektronen der Atomhülle erzeugt werden. Dadurch ist die Resonanz
auch stoffspezifisch und kann in der Chemie zur Strukturanalyse von unterschiedlichen organischen Verbindungen benutzt werden (nuclear magnetic resonance
spectroscopy, NRMS).
In der Nuklearmedizin werden die oben beschriebenen atomphysikalischen
Effekte in der so genannten Kernspintomographie verwendet (NMR-Tomographie oder auch MRT genannt). Der Großteil des menschlichen Körpers besteht
aus Wasser, dessen Verteilung mit Hilfe der MRT in Schnittbildern graphisch
dargestellt wird. Dadurch können Dichteunterschiede im Gewebe deutlich
sichtbar gemacht werden. Bei der Untersuchung befindet sich der Patient im
Inneren einer großen, von Strom durchflossenen Spule, die ein starkes, völlig
homogenes Magnetfeld erzeugt. Dadurch werden die Wasserstoffkerne zuerst
entsprechend diesem Felde ausgerichtet.
Mit zusätzlichen Hochfrequenz-Spulen lässt sich die Stärke des Magnetfeldes
räumlich variieren. Durch die kurzfristigen Zusatzimpulse werden die Wasserstoffkerne in einer bestimmten Schnittebene zur Kernspinresonanz angeregt.
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Die von den Kernen emittierte Resonanzstrahlung wird von Antennen empfangen, digital gespeichert und im Computer mit komplizierten Rechenverfahren zu
einem grafischen Bild verarbeitet. Nach Fertigstellung eines solchen Schichtbildes wird der Patient in der Spule weiterbewegt, so dass ein Bild von der
nächsten Schnittebene erzeugt werden kann. Medizinische Risken der Magnetresonanztomographie sind nicht bekannt.
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