Psychosen > Allgemeines 1. Das Wichtigste in Kürze 2. Vorbemerkung

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Psychosen > Allgemeines
Inhaltsverzeichnis
1. Das Wichtigste in Kürze
2. Vorbemerkung
2.1. Sozialrecht und Psychosen
3. Formen psychotischer Störungen
4. Auftreten und Verlauf
5. Ursachen
6. Symptome
6.1. Plussymptomatik
6.2. Minussymptomatik
7. Freizeit und Kommunikation
8. Verwandte Links
1. Das Wichtigste in Kürze
Psychotische Störungen (Psychosen) sind psychische Erkrankungen, die mit Veränderungen der Gedanken, der
Wahrnehmung und des Verhaltens einhergehen. Die Erkrankten können zeitweise nicht zwischen Wirklichkeit und
eigenen Vorstellungen unterscheiden. Sie sind sehr sensibel und oft auch sehr kreativ. Sie erleben sich selbst häufig
nicht als krank, ihre Wahrnehmungen sind ihnen selbst sehr real. Bei vielen Patienten spielen integrative, den
Tagesablauf gliedernde, Normalität herstellende Maßnahmen eine wichtige Rolle.
2. Vorbemerkung
Psychotische Störungen (Psychosen) sind zum Teil schwer exakt zu diagnostizieren. Psychosen können
beispielsweise nicht durch apparative Untersuchungen (z.B. mit bildgegeben Verfahren) festgestellt werden.
Zusätzlich berichten Erkrankte, krankheitsbedingt, nicht alle wesentlichen Informationen während des diagnostischen
Gesprächs. Im Anfangsstadium der Erkrankung besteht eine Krankheitseinsicht nur in den seltensten Fällen.
Verkomplizierend kommt hinzu, dass in den letzten Jahren
sich die Haltung "gegenüber" dem Patienten und die Arbeit mit dem Patienten wandelten,
neue Behandlungsansätze hinzugekommen sind,
verschiedene Lehrmeinungen und Terminologien miteinander konkurrieren und
ähnliche Symptome bei den verschiedensten Störungen auftreten.
Das betanet gibt aus medizinisch-therapeutischer Sicht nur einen kurzen Überblick - im Kern informiert es zu
sozialrechtlichen und psychosozialen Themen. Dies soll jedoch nicht heißen, dass die Autoren dem
sozialtherapeutischen Ansatz den Vorzug geben. Die Gewichtung medikamentöser, psychologischer und sozialer
Therapieelemente liegt in der Entscheidungshoheit von Arzt und Patient.
2.1. Sozialrecht und Psychosen
Betroffene, Angehörige und Therapeuten sollten sich bewusst machen, dass im Sozialrecht Formalitäten wie Anträge
und Fristen schwerwiegende Auswirkungen auf mögliche (finanzielle) Leistungen und den Versicherungsschutz
haben können. Nur sehr selten wird es gelingen, bei Behörden und Versicherungen eine abgelaufene Frist mit dem
Hinweis auf eine Akutphase verlängern zu können. Eine besondere Wachsamkeit ist hier beim Auslaufen des
Krankengelds und der damit verbundenen Gefahr des Verlusts des Krankenversicherungsschutzes erforderlich.
Das Sozialrecht ist schon für einen "normalen" Menschen nicht leicht verständlich. Patienten mit einer verzerrten
Sicht auf die Welt brauchen hier umso mehr Hilfe, wenn möglich in Form von Hilfe zur Selbsthilfe. In Akutphasen
müssen aber auch wachsame Betreuer und Angehörige entsprechende Briefe und Fristen ernst nehmen und sofort
darauf reagieren.
3. Formen psychotischer Störungen
Bei den psychotischen Störungen (Psychosen) werden folgende Formen unterschieden:
Organische Psychosen
Es gibt eine organische Ursache, z.B. Demenz, Hirnverletzungen.
Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis
Sehr unterschiedliche Erscheinungsbilder mit einem Schwerpunkt auf kognitiven Störungen bei Wahrnehmung
und Denken.
Affektive Psychosen
Veränderungen der Realitätsverarbeitung im Zusammenhang mit eher affektiven Störungen von Stimmung und
Antrieb in Richtung einer Depression oder Manie oder in beide Richtungen (= bipolare Störung).
Schizoaffektive Psychosen
Wechsel von Symptomen einer Schizophrenie, einer Depression und/oder einer Manie.
4. Auftreten und Verlauf
Psychotische Störungen sind relativ häufig; es wird davon ausgegangen, dass ca. 2 % der Bevölkerung im Lauf des
Lebens eine Psychose entwickeln, 1 % im Sinne von schizophrenen Psychosen, 1 % im Zusammenhang mit
Depression und Manie. Der Verlauf psychotischer Störungen ist sehr unterschiedlich und hängt neben der
diagnostizierten Störungsform auch vom Betroffenen und von den therapeutischen Maßnahmen ab.
Psychosen verlaufen in Phasen. In der akuten Phase sind die Symptome sehr ausgeprägt, die Patienten werden
dann möglichst dicht, häufig stationär betreut. In der sich daran anschließenden Stabilisierungsphase brauchen viele
Patienten Ruhe und Zeit zur Erholung. In der dritten, der Remissionsphase, gehen die Symptome stark zurück oder
verschwinden ganz. Direkt nach der Psychose berichten viele Betroffene von einer eingeschränkten
Konzentrationsfähigkeit. Rehabilitative Maßnahmen sowie Zeit können bei der Wiederherstellung unterstützend
wirken.
Ein Teil der Betroffenen durchlebt nur eine einmalige Akutphase. Manche müssen in Lebenskrisen mit erneuten
Phasen rechnen. Bei anderen kann es zu bleibenden Beeinträchtigungen kommen. Sie müssen lernen damit
umzugehen, können mit entsprechenden Hilfen aber ein eigenständiges und zufriedenstellendes Leben führen. In
vielen Fällen entwickelt sich eine Psychose chronisch und verläuft in Schüben, aber die Betroffenen können den
Umgang mit den zeitweisen Störungen lernen und dazwischen ihr Leben leben.
5. Ursachen
Mit Ausnahme der organischen Psychosen sind die Ursachen weitgehend unbekannt. Vermutet werden zum einen
Störungen des Hirnstoffwechsels, zum anderen anlagebedingte Faktoren (genetische Verletzlichkeit) im
Zusammenhang mit äußeren psychischen Belastungen. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass ein früher Konsum
von Drogen (z.B. Cannabis) und das Aufwachsen in einem städtischen Wohnumfeld mit zu den Risikofaktoren zählen.
Das derzeit aktuelle Vulnerabilitäts-Stress-Modell besagt, dass bestimmte Belastungssituationen wie etwa Auszug
aus dem Elternhaus, Eheschließung, Tod eines Angehörigen, Drogenkonsum etc. im Zusammenhang mit einer
angeborenen Vulnerabilität (Anfälligkeit) eine psychotische Störung auslösen könnten, d.h.: Einer Psychose könnten
genetisch-biologische und psychosoziale Ursachen zugrunde liegen. Bei extremer Reizüberflutung oder extremem
Reizentzug kann jeder Mensch gezwungen sein, aus der Realität auszusteigen. Das unterstreicht die
anthropologische Sicht, dass die Möglichkeit, psychotisch werden, zum Wesen des Menschen gehört.
6. Symptome
Nachfolgend eine Schilderung von Symptomen einer psychotischen Störung am Beispiel der Schizophrenie. Diese
Erkrankung tritt meist zwischen dem 15. und 35. Lebensalter das erste Mal auf.
Die Schilderung erfolgt in der Absicht, ein minimales Verständnis für das Erleben der Patienten zu erreichen.
Patienten können versuchen, vertrauten Menschen das zu schildern, was sie in einer akuten Psychose erlebt haben.
Angehörige, Betreuer und Therapeuten können versuchen, für diese Erlebnisse ein Verständnis zu entwickeln. Sie
sollten jedoch immer beachten, dass der Mensch nie nur aus psychotischen Symptomen besteht. Dies kann
gegenseitiges Verständnis fördern und Konflikte und gegenseitige Verletzungen reduzieren.
6.1. Plussymptomatik
In einer schizophrenen Akutphase erscheint Außenstehenden die gesamte Persönlichkeit des Betroffenen auf
verschiedene Art fremdgesteuert. Zu den sog. Plussymptomen (positive oder produktive Symptome) zählen:
Wahn
Eine nicht korrigierbare, "falsche" Beurteilung der Realität. Am häufigsten leiden die Patienten unter Verfolgungsund Beziehungsideen. Sie beziehen das Verhalten anderer Menschen wahnhaft auf sich selbst. Ein Wahn kann
sich sowohl mit als auch ohne äußere Wahrnehmungen entwickeln. Erkennbar für einen Laien wird eine
schizophrene Psychose meistens an der "Wahnsymptomatik", z.B. haben Betroffene die Überzeugung, eine
religiöse Aufgabe zu haben oder von Außerirdischen beobachtet zu werden. Häufig herrscht beim Patienten die
Überzeugung, dass sein Handeln oder seine Gedanken von Fremden gesteuert würden.
Halluzinationen
Empfunden wird eine Sinneswahrnehmung, der kein realer Sinnesreiz zugrunde liegt. Diese Täuschung kann alle
Sinnesorgane betreffen, wobei es am häufigsten zu akustischen Halluzinationen kommt. Etwa 84 % der
Erkrankten hören Stimmen. Selten sind dabei "befehlende" und am häufigsten "gedankenkontrollierende" oder
"beleidigende" Stimmen.
Ich-Störungen
Die Grenze zwischen der eigenen Person und der Umwelt wird als durchlässig empfunden. Körper, Gedanken
oder/und Gefühle werden als fremd erlebt. Auch kann es zu einem Gefühl der Beeinflussung oder Eingebung bzw.
auch dem Entzug der Gedanken kommen. Der Patient lebt zugleich in einer wirklichen und einer wahnhaften Welt.
Formale Denkstörungen: "Wie" jemand denkt und spricht
Darunter fallen Verzerrungen des herkömmlichen Denkablaufs, Zerfahrenheit mit sprunghaften und unlogischen
Gedankengängen oder Abbruch eines Gedankengangs ohne erkennbaren Grund. Der Patient verschmilzt
verwandte Wörter oder erfindet neue.
6.2. Minussymptomatik
Zu den sogenannten Minussymptomen (negative oder Defizienzsymptome) zählen
sozialer Rückzug,
emotionale Verarmung oder Verflachung,
Antriebsunlust,
Spracharmut,
Aufmerksamkeitsstörungen,
Willensschwäche,
mangelnde Körperpflege und
psychomotorische Verlangsamung.
Bei ausgeprägteren Schweregraden der Krankheit können sog. "katatone" Symptome erscheinen. Diese treten vor
allem bei psychomotorischen Störungen auf und können von starker Erregung bis hin zur körperlichen Erstarrung
reichen.
Manche Patienten berichten von einer Überempfindlichkeit gegenüber Licht oder Farben, Geräuschen, Gerüchen
oder Geschmacksempfindungen. Auch das Zeitempfinden kann gestört sein. Die intellektuellen Fähigkeiten sowie die
Persönlichkeit sind nicht beeinträchtigt.
7. Freizeit und Kommunikation
Wenn Patienten nicht mehr arbeiten (können), verfügen sie über sehr viel Freizeit. Sie sollten versuchen, verbliebene
Fähigkeiten wie Schreiben, Malen, Kochen oder auch körperliche Aktivitäten regelmäßig in den Tagesablauf
einzuplanen. Angehörige können hier unterstützend motivieren.
Erkrankte werden von den Symptomen selbst daran gehindert, Schritte gegen die Symptome einzuleiten.
Beispielsweise gehen Patienten mit einer schizophrenen Psychose, die ein hohes Misstrauen besitzen, nicht auf
andere Menschen zu. Eine krankheitsbedingte Aktionslosigkeit kann zu einer Verschlechterung des
Krankheitsverlaufs führen. Angehörige sollten daher mit in eine Therapie und in den Alltag eingebunden werden.
Um der sozialen Isolation vorzubeugen ist es sinnvoll, wenn der Patient - mit Unterstützung der Angehörigen Kontakt zu anderen Menschen aufnimmt. Möglichkeiten bieten folgende Einrichtungen:
Selbsthilfegruppen Psychiatrie-Erfahrener
Tagesstätten für psychisch kranke Menschen
Patientenclubs (Clubhaus für psychisch kranke Menschen)
Adressen bekommen Sie
bei Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen, siehe Psychische Krankheiten > Adressen,
von sozialpsychiatrischen Diensten.
8. Verwandte Links
Psychosen Schizophrenie
Psychosen > Arbeit
Psychosen > Autofahren
Psychosen > Behandlung
Psychosen > Familie
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Psychosen > Rechtliche Aspekte
Psychosen > Selbstschutz für Betroffene
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Psychosen > Umgang mit Psychosen
Psychosen > Wohnen
Gerontopsychiatrische Einrichtungen
Stand: 16.01.2017
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