Jagd

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Jagd als Opernmotiv: Der Freischütz
Schaurige Romantik in der Wolfsschlucht
Carl Maria von Webers „Der Freischütz“ ist wohl die bekannteste deutsche Oper – zumindest
unter uns Jägern. Aber auch Tausende jagdferne Kunst- und Opernliebhaber jährlich lassen
sich in den Bann von Freikugeln, Jägerburschen und Probeschießen ziehen. Im März steht
„Der Freischütz“ auf dem Spielplan der Bayerischen Staatsoper. Franz Zwingmann gibt hier
einen intensiven Vorgeschmack.
Handlungsort sind
die dunklen, tiefen
böhmischen Wälder
Das in drei Akten aufgeführte Werk in deutscher Sprache spielt in den dunklen,
tiefen böhmischen Wäldern
des 17. Jahrhunderts.
Der Jägerbursche Max, der
bei einem Preisschießen leer
ausgegangen war, wird von
dem Sieger Kilian, einem
reichen Bauer, gehänselt.
Kuno, Erbförster des böhmischen
Fürsten
Ottokar,
trennt die Streitenden und
führt Max die Wichtigkeit
des Probeschusses am folgenden Tag vor Augen, bei
dessen Gelingen ihm die
Erbförsterei übertragen werde und er Kunos Tochter
Agathe heiraten dürfe. Da
Max Angst hat zu versagen,
lässt er sich auf das Angebot
Kaspars, des zweiten Jägerburschens, ein, um Mitternacht in der Wolfsschlucht
Freikugeln zu gießen. Sechs
Kugeln treffen jedes Ziel, die
siebte aber gehört dem Teufel und wird nach dem
Wunsch des Bösen gelenkt:
„Sechse treffen, sieben äffen“. Kaspar, der sich dem
schwarzen Jäger Samiel verschrieben hat, triumphiert:
Auf diese Weise will er Max
der Hölle zuführen und sich
selbst retten.
Agathe hat währenddessen
böse Vorahnungen und
Träume. Das Bild ihres Großvaters fällt von der Wand,
und statt des Brautkranzes
befindet sich ein Totenkranz
in der Schachtel der Brautjungfern. Deswegen windet
Ännchen, eine junge Verwandte, einen Brautkranz
aus den weißen Rosen, welche ein Eremit Agathe geschenkt hatte.
Nur die Teufelskugel bleibt Max
zum Probeschießen
Carl Maria von Weber, geboren 1786
in Eutin, gestorben 1826 in London,
komponierte den Freischütz 1817.
Bei der fürstlichen Jagd am
Tag des Preisschießens verbraucht Max leichtfertig drei
seiner vier Freikugeln, um
dem Fürsten seine wieder gefundene Treffsicherheit zu
beweisen. Max bittet um Kaspars letzte Kugel. Dieser erlegt jedoch schnell und seines Sieges bewusst einen
Fuchs.
Beim Probeschießen bleibt
Max somit nur die aufgesparte siebte Kugel. Ottokar fordert ihn auf, die weiße Taube
vom Baum zu schießen. In
diesem Moment stürzt Agathe herbei und ruft, sie sei
die Taube – der Schuss fällt,
und sie stürzt zu Boden. Alle
glauben, Max habe seine
Braut getroffen, doch diese
wurde von des Eremiten Rosen beschützt. Dafür lenkte
der Teufel Samiel, der als
schwarzer Jäger in allen drei
Akten auftritt, die siebte
Freikugel gegen Kaspar, welcher sich sterbend in seinem
Blute wälzt und Samiel und
den Himmel verflucht. Ottokar fordert Max auf, die Begebenheit zu erklären und
verbannt ihn daraufhin des
Landes. Trotz Bitten um Gnade von Seiten Agathes, Kunos
und der Gefolgschaft bleibt
er hart. Erst der Eremit kann
den Fürsten überzeugen,
dass Max aus großer Verzweiflung gehandelt habe,
aber im Grunde kein schlechter Mensch sei. Um in Zukunft niemanden mehr in so
große Bedrängnis zu stürzen,
verlangt er die Abschaffung
des Probeschusses. Max jedoch solle ein Jahr Zeit zur
Der zweite Jägerbursche Kaspar stirbt, von der siebten Freikugel getroffen, die der Teufel Samiel auf ihn gelenkt hatte.
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2/2008
Fotos: Bayerische Staatsoper, Wilfried Hoesl
„Was gleicht wohl auf Erden
dem Jägervergnügen? Wem
sprudelt der Becher des Lebens so reich? Beim Klange
der Hörner im Grünen zu liegen, den Hirsch zu verfolgen
durch Dickicht und Teich.“
– Wer kennt ihn nicht, den
Jägerchor aus dem Freischütz?
Die erste deutsche Volksoper
ist ganz der Romantik der
Jagd verschrieben und feiert
seit ihrer Uraufführung 1821
in Berlin größte Erfolge.
Der Stoff stammt aus der Feder des Librettisten Johann
Friedrich Kind, der ihn dem
1810 veröffentlichten „Gespensterbuch“ von August
Apel und Friedrich Laun entnahm. Die Arbeit an seinem
großen Operntriumph begann Weber 1817.
Die Wolfsschluchtszene bietet eine „Schauerromantik“, die Jäger teilweise selbst bei Gewitter, Hagel und Sturm auf dem Ansitz erleben.
Bewährung bekommen, um
dann Agathe heiraten zu
dürfen. Durch den Rat des
Eremiten beruhigt, willigt
der Fürst schließlich ein.
Zischendes Blei,
verzerrte Geister
und Zauberfeuer
Bei der wohl bekanntesten
Arie der Hauptrolle des Jägers Max nimmt uns der
Komponist musikalisch an
die Hand. „Nein länger trag
ich nicht die Qualen“, singt
Max, begleitet durch aufgewühlte und schwermütige
Klänge des Orchesters. Doch
die Klarinette leitet die glücklichen Momente des Jägers
ein, wenn er davon träumt,
„durch die Wälder, durch die
Auen“ zu ziehen, was ihn
für kurze Zeit mit seinem
Schicksal versöhnt.
In der Wolfsschluchtszene
betrat Carl Maria von Weber
völlig neues Musikterrain.
Die märchenhafte Bilderwelt
des Werkes bietet alles, was
auch wir Jäger teilweise an
„Schauerromantik“ bei Ansitz und Pirsch in Feld und
Flur, bei Gewitter, Hagel und
Sturm, aber auch auf aufreibenden Treib- und Drückjagden erleben. Symbolträchtige Erscheinungen wuchern
in einem sich ständig steigernden optisch-akustischen
Drama: der bleiche Mond,
das zischende Blei, der Totenkopf, das Schlagen der
Uhr um Mitternacht, Kugelsegen, die Eule mit den feurig rädernden Augen (Webers
Anweisung zur Uraufführung: „Machen Sie die Augen
der Eule tüchtig glühend, ordentliche Fledermäuse umherflattern, lassen Sie sich‘s
auf ein paar Gespenster und
Gerippe nicht ankommen“),
das Zauberfeuer, Donner, die
verzerrten Geister Toter und
Lebendiger, Peitschenknall
und Pferdegetrappel, der
Schwarze Keiler, schließlich
die Wilde Jagd und das Wilde
Heer und am Ende der Wilde
Jäger Samiel selbst.
Die Weber‘sche Musik in der
Wolfsschluchtszene ist ein
Feuerwerk von Motiven und
Klangbildern – ein ständiger
Wechsel von Lautstärken,
Harmonien und Disharmonien wie auch eine neuartige
Mischung aus Sprechen und
Singen. Diese bahnbrechende Art romantischer Musik
war eine Zäsur zwischen der
barocken und klassischen
Oper in den Zeiten vor Carl
Maria von Weber und den
Opern und Musikdramen des
19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Das in der Jägerschaft wohl
bekannteste Musikstück ist
der Jägerchor. Nach der
durch das Schicksal gedämpften Frauenszene in Agathes
Stube beginnt das letzte Bild
in entgegengesetzter Stimmung. Wir kehren zurück
ins Freie und zu einer gesunden, kräftigen Männerwelt.
Thema Jagd erfährt
starke Rolle in der
romantischen Musik
Obwohl es keinerlei Verknüpfung Webers mit der
Jagd in Familie und im Freundeskreis gab, vertont er leidenschaftlich und für die
Musikwelt richtungweisend
die Geschichte des Jägers
Max.
Denn Carl Maria von Weber
fühlte sich ganz dem Zeitgeist der Frühromantik verpflichtet. Wie die Brüder
Grimm, E. T. A. Hoffmann
und viele andere Kunstschaffende und Philosophen des
frühen 19. Jahrhunderts entdeckt er den Wald, die Jagd
und das Volksmärchen als
Ausdruck der neuen geistigen Bewegung. In der Romantik treten die Regeln der
Logik und der Vernunft hinter den Gefühlen zurück. Romantische Werke sind – wie
die Komponisten, die sie geschrieben haben – sehr expressiv, leidenschaftlich und
hochdramatisch.
Wenn die Kunst der Romantik in der Folgezeit als spezifisch deutsch galt, dann auch
deshalb, weil ihre bevorzug-
ten Motive aus der für
Deutschland typisch geltenden Natur herrühren. Beispiele sind Caspar David
Friedrichs
Landschaftsgemälde, wo die Natur nicht
nur Kulisse sondern Hauptthema ist, oder auch die mit
dunklen Wäldern und verfallenen Burgen ausstaffierten Romane Ludwig Tiecks.
Ohne Zweifel gehört auch
Webers Freischütz in diese
Reihe, der Prototyp der deutschen Nationaloper.
Die Jagd als musikalisches
Thema erfährt eine starke
Rolle in der romantischen
Musik. Sie ist auch Bindemittel zwischen dem Wald, den
mystischen Welten und den
Menschen. In Smetanas Moldau ist die Jagd Scharnier
zwischen der jungen Quelle,
der Hochzeit und dem Feenreigen. Bei Wagners Tannhäuser ist sie die Trennung
zwischen Venusberg und
fürstlicher Gesellschaft.
Warum nicht die Jagd und
ihre Gefühle auch einmal
auf der Bühne erleben?
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Aufführungen der
Bayerischen Staatsoper
im Nationaltheater, MaxJoseph-Platz 2, 80539 München, Tel: 089/218501 Fax:
089/21851133: 2. März, 19
Uhr, 5. März, 19 Uhr und
9. März, 17 Uhr
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