21.12.2010 Referat: - Konzeptionelles - Klinisch relevante Zusammenhänge - ICD-10 zum Thema „chronischer Schmerz“ und eigene Anmerkungen - Abgrenzung von dysfunktionalen Mustern - Schmerz und Rechtsprechung - Fazit Schmerz als psychiatrisches Symptom H.G. Kopp Rehaklinik Bellikon 2 Chronischer Schmerz Referat: … Spektrum hinschtlich Manifestation … Spektrum von Zusammenhängen mit psychischen Faktoren - Konzeptionelles - Klinisch relevante Zusammenhänge - ICD-10 zum Thema „chronischer Schmerz“ und eigene Anmerkungen - Abgrenzung von dysfunktionalen Mustern - Schmerz und Rechtsprechung - Fazit 3 Schmerz als psychisches Symptom auf Schmerz bezogene kategoriale ICD-Diagnosen Cave! … eingeengte Sichtweise als mögliche Folge 4 Chronischer Schmerz macht oft (auch die Helfer) hilflos! „widespread pain“ (multilokulärer Schmerz) Trotz interdisziplinärem Ansatz bleiben i.d.R. Erklärungslücken korreliert mit Höherem Alter und niedriger sozialer Schicht und vermehrter körperlicher subjektiver Symptombelastung … psychiatrische Diagnose als „Lückenfüller“? …. Lebensereignisse/“distress“ körperlich und seelisch/ungesunder Lebensstil eher: echte interdisziplinäre Herausforderung! Häuser W. et al (2009) 5 6 1 21.12.2010 SCHMERZ Verhaltensebene …ein konzeptuelles Stiefkind in der ICD! Andere somatoforme Beschwerden Affektive Dimension Kognitionen Lernvorgänge Verhalten …Verhalten als Anlass für Medikalisierung! (dysfunktional erlernte Verhaltensmuster, AUF) „CopingMuster“ Systemische Zusammenhänge, soziale Rollen, Kontextfaktoren Ressourcen Persönlichkeitsstruktur Organ. Schädigung/Struktur Körper-Funktionen Neurophysiologie 7 8 Referat: Depressivität 9 Angst mehr Schmerz Ärger mehr Schmerz Traumatisierung Schmerz im Rahmen einer intrusiven Symptomatik 10 Im „Graubereich“ zwischen den (teils unscharf definierten) bisherigen ICD-Kategorien Referat: - Konzeptionelles - Klinisch relevante Zusammenhänge - ICD-10 zum Thema „chronischer Schmerz“ und eigene Anmerkungen - Abgrenzung von dysfunktionalen Mustern - Schmerz und Rechtsprechung - Fazit 11 mehr Schmerz („Rückfälle“, u.a. Chronifizierung Kopfschmerz) - Konzeptionelles - Klinisch relevante Zusammenhänge - ICD-10 zum Thema „chronischer Schmerz“ und eigene Anmerkungen - Abgrenzung von dysfunktionalen Mustern - Schmerz und Rechtsprechung - Fazit F 45.41 „Chronische Schmerzstörung“ mit somatischen und psychischen Faktoren = relativ pauschales Dachkonzept für die reale Vielfalt der Folgezustände von psycho-physischen und psychosozialen Zusammenhängen 12 2 21.12.2010 Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10: F45.41) • • • • • • F 45.4 Anhaltende somatoforme Schmerzstörung F 45.40 Schmerz Schmerz seit 6 Monaten Ausgangspunkt primär körperlich beziehungsweise physiologischer Prozess Psychische Faktoren wesentliche Rolle für Schweregrad, Exazerbation und Aufrechterhaltung Psychische Faktoren nicht initial ursächlich Schmerz Leiden, Beeinträchtigung nicht vorgetäuscht - anhaltend (> 6 Monate) schwer belastend im Focus der Aufmerksamkeit - „nicht adaequat körperlich erklärbar“ (- in Verbindung mit „entscheidend ursächlichen“ emotionalen Konflikten oder psychosozialen Problemen…) Definition = „Auslaufmodell“ Diskussionen über Neukonzeptualisierung Ab 01.01.2009! Nilges / Rief Schmerz (2010), Heft 3 13 14 Schmerz Somatoforme (Schmerz-) Störung? störungsspezifische multidimensionale mehr befundorientierte Erfassung … nicht (anhaltend) somatoform, wenn während: - Schizophrenie (F 20-29) - ausschliesslich während affektiver Störung (F 30-39) … liegt eine Störung aus dem somatoformen (F 45, F48) Spektrum vor? 15 16 Referat: Somatoformes störungsspezifisches Profil - Konzeptionelles - Klinisch relevante Zusammenhänge - ICD-10 zum Thema „chronischer Schmerz“ und eigene Anmerkungen - Abgrenzung von dysfunktionalen Mustern - Schmerz und Rechtsprechung - Fazit • Schmerz und ggf. weitere somatoforme Beschwerden • depressive/ängstliche komorbide Komponente • Dysfunktionales, typisch somatoformes Krankheitserleben und Patientenverhalten • disponierende Persönlichkeitsstruktur • allenfalls plausible individuelle Pathogenese Invalidisierte Kerngruppe Marelli, Kopp, Küchenhoff (2010) 17 18 3 21.12.2010 Fehlentwicklung auf Verhaltensebene „Symptomausweitung“ „Angst und Schmerz sind harte Lehrmeister!“ = ausgeweitete Einschränkung der Verhaltensmuster (=Vermeidung) Zieglgänsberger … „Selbstlimitierung“ Inkonsistenzen … keine F-Diagnose! 19 20 DD zu somatoformer Störung: „Symptomausweitung“ = Unspezifisch-dysfunktionaler Umgang mit (im Kern/initial organischem) Schmerz…F45.41 („symptom magnification“, „Symptomausweitung“) liegt vor: passiv vermeidende = dysfunktionale Schmerzbewältigung (F 45.41) • • • • • • • Ebenen: Schmerzbeschreibung: Übermässig stark, undifferenziert, allenfalls topografisch ausgeweitet Schmerzverhalten: inadäquat, demonstrativ Leistungsverhalten: inadäquat, Selbstlimitierung ausgeweitete Funktionseinschränkung Kognitiv passiv-hilflos-vermeidend / Delegation der Verantwortung Systemisch Schmerz bestimmt, wer was tun muss Konsistenz zahlreiche Inkonsistenzen Oliveri M et al (2006) Eher, wenn • nur Schmerz (= nicht multisomatoform) • monotoper Schmerz • relativ grosser „somatisch erklärbarer Anteil“ • vorwiegend passiv-vermeidende Muster (fear-avoidance) = wenig/kaum typische „somatoforme“ innere Dynamik/Kognitionen/Interaktionen, sondern „Legitimierung durch Schmerz“ (= „mit solchen Schmerzen kann man doch nicht...“) • Fehlen einer komorbiden, ängstlich/depressiven Komponente • psychosozialer Kontext (Arbeitslosigkeit, Fremdverschulden, … Migrationshintergrund) Schweiz Med Forum p. 420 ff 21 22 F 62.80: Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom Referat: - Konzeptionelles - Klinisch relevante Zusammenhänge - ICD-10 zum Thema „chronischer Schmerz“ und eigene Anmerkungen - Abgrenzung von dysfunktionalen Mustern - Schmerz und Rechtsprechung - Fazit - Kein definierender Text im ICD-10! - (gedanklich-konzeptuell) „reaktiv“ auf Schmerz eher: Resultat einer langen, komplexen multifaktoriellen Entwicklung! (soziale Auswirkungen, Kontextfaktoren), u.a. auf Grundlage einer disponierenden Persönlichkeitsstruktur 23 24 4 21.12.2010 „Foerster-Kriterien“ gemäss Bundesgericht (BGE 130V 352E) Foerster-Kriterien - … definieren Ausnahmefälle von der grundsätzlichen rechtlichen Vermutung der „Überwindbarkeit“ (der Folgen) einer Beschwerdesymptomatik (die „fachärztlich nicht durch schlüssig feststellbare Befunde hinreichend erklärbar ist“) betrifft: - somatoforme Schmerzstörung - Fibromyalgie - dissoziative Empfindungsstörung - HWS - rechtliches Konstrukt mittels medizinischer zwecks Entscheidfindung! oder aber: 1. Chronische körperliche Begleiterkrankungen oder mehrjähriger Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission 2. Ein ausgewiesener sozialer Rückzug in allen Belangen des Lebens 3. Ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr angehbarer innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten, psychischen aber entlastenden Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn) 4. Unbefriedigende Behandlungsergebnisse trotz konsequent durchgeführter ambulanter und/oder stationärer Behandlungsbemühungen (auch mit unterschiedlichem therapeutischem Ansatz) und gescheiterte Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener Motivation und Eigenanstrengung der versicherten Person Terminologie - Konstrukte verengen den ärztlichen Blick! 25 Die - nur in Ausnahmefällen anzunehmende - Unzumutbarkeit einer willentlichen Leidensüberwindung setzt voraus: Mitwirkende psychisch ausgewiesene Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer 26 Fazit Komplexität in allen Dimensionen beschreiben! (inklusive Bewältigungsmuster, Verhalten im Alltag) … wie sind die Zusammenhänge mit der „Psyche“? Interdisziplinärer Ansatz! bestehende Meinungsdifferenzen und Lücken im Verstehen als Herausforderung Diskussion, Konzeptentwicklung, Synthese 27 5