April 2013 - Verbraucherzentrale NRW

Werbung
April 2013 • Heft 2 • 21. Jahrgang
Knack•Punkt
20
Aktuelles für Multiplikatoren im Bereich Ernährung
Schwerpunkt
Ernährungserziehung in der Familie –
Wenn Hänschen gute Vorbilder hatte ...
Schwerpunkt
NN NN
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
Unabhängige und glaubwürdige Zeichen für mehr Tierschutz
Neue EU-Richtlinie bedroht Qualität der Wasserversorgung
Lebensmittelüberwachung in globalisierten Märkten
ck•
Pun
kt
unab
ng
hä
Neues aus Wissenschaft und Praxis
Erreger in pflanzlichen Lebensmitteln unterschätzt?
Forschungsziel „Lebensmittel gegen Demenz”
Kna
re
Fragen aus der Beratung
Wie kann Weißbrot eigentlich eine Ballaststoffquelle sein?
20 Jah
ig -
w e r b e fr
ei
H e ra us geb e r i n : Ve r b ra u ch e r ze n t ra l e N RW f ü r d i e A r b e i t s ge m e i ns cha f t „ Ko o p e ra t i o n
Verbraucherinformation im Ernährungsbereich in Nordrhein-Westfalen“
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Herausgeberin:
Verbraucherzentrale NRW e. V.
Mintropstraße 27 • 40215 Düsseldorf
Seite
3
Editorial
3
3
Kurzmeldungen
Warum Light-Produkte bevorzugt werden
Klimabilanz von Tiefkühlkost
Federführend für die Arbeitsgemeinschaft
„Kooperation Verbraucherinformation im Ernährungsbereich in Nordrhein-Westfalen”, gefördert durch das
Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz des Landes NordrheinWestfalen.
4
4
4
5
5
6
7
8
8
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
Studie zur Lebensmittelqualität – Trends, Sicherheit und Marken
Projekt „Alte Obstsorten”
Wertschätzung für Brot steigern – Abfälle in Bäckereien reduzieren
Lebensmittelüberwachung in globalisierten Märkten
Damit Kekse nicht rosten
Unabhängige und glaubwürdige Zeichen für mehr Tierschutz
Kennen Sie Kleinfleisch?
Neue EU-Richtlinie bedroht Qualität der Wasserversorgung
Wasserfilter im Haushalt
Kooperationspartner:
• AOK Nordwest
• AOK Rheinland/Hamburg
• Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e. V.
• Landwirtschaftskammer NRW
• Rheinischer LandFrauenverband e. V.
• Westfälisch-Lippischer Landfrauenverband e. V.
• STADT UND LAND e. V.
• Universität Paderborn,
Ernährung und Verbraucherbildung
• Verbraucherzentrale NRW e. V.
9
Fragen aus der Beratung
Wie kann Weißbrot eigentlich eine Ballaststoffquelle sein?
10
Schwerpunkt
Wenn Hänschen gute Vorbilder hatte ...
15
15
15
16
Neues aus Wissenschaft und Praxis
Forschungsziel „Lebensmittel gegen Demenz”
Fruktose: Mehr Gewicht durch geringere Sättigung
Raps als Eiweißquelle für Lebensmittel
Erreger in pflanzlichen Lebensmitteln unterschätzt?
Bücher und Medien
18
Sich die Ernte teilen... – Einführung in die solidarische Landwirtschaft
18
Das EU-Schulobstprogramm NRW
18
Sport und Ernährung
19Essstörungen
19
Quellenverzeichnis
20
Termine
20
Internet
Interessantes im Netz
Knack•Punkt
ISSN 1868-3363
Editorial
Foto: 5 am Tag / www.machmit-5amtag.de
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Inhalt
Die Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung haben ein
Sprechergremium gewählt
Um künftig gemeinsam Positionen zu entwickeln und untereinander abzustimmen, aber auch, um verstärkt in den Dialog mit Politik und Öffentlichkeit zu gehen, wurde von den 16 bundesweiten Vernetzungsstellen
Schulverpflegung ein „Sprechergremium“ gebildet.
→ Seite 2
„Klima-gesund“ und nachhaltig – Anforderungen an eine zeitgemäße und zukunftsfähige Schulverpflegung
Klimawandel und Ressourcenknappheit gehören zu den wichtigsten
globalen Herausforderungen. Der Ernährungssektor zählt zu den zentralen Handlungsfeldern nachhaltigen Wirtschaftens, da der Bereich
Ernährung ca. 20% der Ressourcenverbräuche verursacht. Auch die Außer-Haus-Verpflegung, zu dem die Schulverpflegung gehört, ist an den
Treibhausgasemissionen im Bereich Ernährung beteiligt.
→ Seite 4
Aktuelle Fortbildungsangebote für das Frühjahr 2013
Erfahrungsaustausch und Fortbildung stehen im Mittelpunkt der zahlreichen Workshops, Fachtagungen und der Ganztagsschulemesse.
→ Seite 8
2
die Schule als Lebensraum und Lernort eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, sich mit
Fragen rund um das tägliche Essen und
Trinken auseinander zu setzen. Dabei geht
es nicht ausschließlich um eine gesundheitsfördernde Schulverpflegung, sondern
es bieten sich darüber hinaus Chancen sich
mit einer „Klima-gesunden“ Verpflegung
zu beschäftigen. Ganztagsschulen, die im
Rahmen ihres Bildungs- und Erziehungsauftrag Nachhaltigkeit und Gesundheit
in Unterricht und außerunterrichtlichen
Handlungsfeldern zum Thema machen,
tragen dazu bei, dass Schüler/-innen gesundheitsfördernde und nachhaltige Konsumkompetenzen erwerben können. In dieser Ausgabe (Fortsetzung in der nächsten
Ausgabe) finden Sie einen ersten Beitrag zu
diesem so wichtigen Thema.
Schülerfirmen sind eine Möglichkeit,
Schüler/-innen für dieses Thema zu begeistern. Sie sind ein Beispiel dafür, wie
nachhaltige Bildung im Schulalltag praktisch umgesetzt werden kann. Information, Diskussion und Erfahrungsaustausch
finden im Rahmen eines Fortbildungsangebotes statt. Erfahrungsaustausch über
erfolgreiche Entwicklungen in zehn Jahren
Ganztagsschule stehen auch im Mittelpunkt
der diesjährigen Ganztagsschulmesse in
Hamm.
Vielleicht sind diese Veranstaltungen auch
für Sie von Interesse (siehe Seite 8).
Ihre
Ursula Tenberge-Weber
Knack •Punkt
äng
ig - w er
fr e
a
Vernetzungsstelle Schulverpflegung Nordrhein-Westfalen
i
un
bh
5. Jahrgang / Heft 1 / April 2013
Redaktion:
Verbraucherzentrale NRW e. V.
Bernhard Burdick (verantwortlich)
Angela Clausen (AC)
Telefon: 02 11 / 38 09 – 121, Fax: 02 11 / 38 09 – 238
E-Mail: [email protected]
Texte:
Ulrike Becker (ul)1, Margarete Besemann (Bes)3,
Christina Blachnik2, Angela Clausen (AC)3,
Mechthild Freier (mf)4, Philip Heldt (Hel)3,
Sabine Klein (Kn)3, Stefanie Lehmann (SL)3,
Frank Waskow (WF)3
1
Fachjournalistin für Ernährung, Gießen
Landesverband NRW der Lebensmittelchemiker/-innen
im öffentlichen Dienst
3
Verbraucherzentrale NRW e. V.
4
Fachjournalistin für Ernährung, Korschenbroich
2
Vertrieb und Abonnentenbetreuung:
Verbraucherzentrale NRW e. V.
Andrea Sandvoß
Telefon: 02 11 / 38 09 – 121, Fax: 02 11 / 38 09 – 238
E-Mail: [email protected]
Jahre
20
Aktuelles aus der
Fachliche Betreuung und Koordination:
Verbraucherzentrale NRW e. V.
Bereich Spezielle Verbraucherthemen
Gruppe Ernährung
be
Dieser Knack•Punkt-Ausgabe ist das Heft 1/2013 der Zeitschrift
der Vernetzungsstelle Schulverpflegung NRW mit dem Schwerpunktartikel „‚Klima-gesund’ und nachhaltig – Anforderungen an
eine zeitgemäße und zukunftsfähige Schulverpflegung – Teil 1”
beigelegt. Weitere Beiträge u.a.: „Die Vernetzungsstellen Kita- und
Schulverpflegung haben ein Sprechergremium gewählt” sowie „didacta – 19. - 23. Februar 2013 in Köln”. Die Artikel werden ergänzt
durch aktuelle Termine und Neuerscheinungen zum Thema Schulverpflegung.
Bezugsbedingungen:
Jahresabonnement (6 Hefte) Inland 18,00 €, Ausland
26,00 € inklusive Versand, gegen Rechnung. Das
Abonnement verlängert sich um ein Jahr, wenn nicht
spätestens zwei Monate vor Ende des Bezugszeitraums schriftlich gekündigt wird. Die vollständigen
Bezugsbedingungen sind nachzulesen unter
t www.vz-nrw.de/knackpunkt oder können bei uns
angefordert werden.
Nächste Ausgabe:
Juni 2013, Redaktionsschluss 15. Mai 2013
Die Verbreitung unserer Informationen liegt uns sehr
am Herzen. Trotzdem müssen wir uns vor Missbrauch
schützen. Kein Text darf ohne schriftliche Genehmigung der Herausgeberin abgedruckt werden.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht
unbedingt die Meinung der Herausgeberin wieder.
Gestaltung, Satz, Druck:
Verbraucherzentrale NRW e. V.
Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier – ausgezeichnet
mit dem Blauen Engel.
ISSN 1866-6590
April 2013
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
April 2013 • Heft 2 • 21. Jahrgang
Knack•
k
20
A k t u e l l e s f ü r M u l t i p l i ka t o r e n i m B e r e i ch E r n ä h r u n g
Schwerpunkt
Ernährungserziehung in der Familie –
Wenn Hänschen gute Vorbilder hatte ...
Schwerpunkt
S
chwerpunkt
NN
N
NNN
NN
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
Unabhängige und glaubwürdige Zeichen für mehr Tierschutz
Neue EU-Richtlinie bedroht Qualität der Wasserversorgung
Lebensmittelüberwachung in globalisierten Märkten
Neues aus Wissenschaft und Praxis
Erreger in pflanzlichen Lebensmitteln unterschätzt?
Forschungsziel „Lebensmittel gegen Demenz”
20 Jah
Kna
re
Fragen aus der Beratung
Wie kann Weißbrot eigentlich eine Ballaststoffquelle sein?
cks
Pun
kt
ng
hä
sondern lediglich die Rückrufe der
betroffenen Firmen gebündelt veröffentlichen. Immerhin hat die Politik es
nun binnen kürzester Zeit geschafft,
eine weitere LFGB-Änderung (§ 40,
Abs. 1, Satz 4a) durchzusetzen. Dieser
erscheint allerdings als Papiertiger:
Die Behörden müssen laut BMELV bei
erwiesener erheblicher Täuschung
informieren. Bei hinreichendem
Verdacht auf erhebliche Täuschung
sollen sie informieren, genau wie sie
heute bereits vor dem Verdacht auf
Gesundheitsgefährdungen informieren sollen. Wie die Bundesverbraucherschutzministerin mitteilte, ist
mit der Gesetzesänderung der letzte
bisher noch offene Punkt des DioxinAktionsplans in nationales Recht
umgesetzt. Der Skandal war übrigens
Anfang 2011.
Demnächst dürfen Verbraucher
also nicht nur wissen, wer sie gefährdet, sondern auch, wer sie in letzter
Zeit massiv betrogen hat – nur dass
die Produkte dann längst verzehrt
sind. Im Skandalfall dürfte das weiterhin nicht reichen. Statt bei jedem
unab
das Jahr 2013 ist erst etwas mehr als
ein Vierteljahr alt, trotzdem können
wir wohl schon jetzt sagen, dass es
als annus horribilis in die Lebensmittelgeschichte unserer Zeit eingehen
dürfte. Jahrelange Verbrauchertäuschung durch die Verwendung von
Pferdefleisch anstelle v on Rind,
jahrelange Ermittlungen gegen
hunderte betrügerische Eierproduzenten, gefolgt von zu hohen
Aflatoxin-Gehalten in Milch aufgrund
aflatoxinverseuchten Tierfutters. Immer die erste Reaktion: Wir brauchen
mehr Kontrollen und mehr Transparenz. Für mehr Information der
Verbraucher hätte eigentlich schon
§ 40 LFGB (Abs. 1 a) sorgen sollen.
Doch z. B. im Pferdefleischskandal
war die Regelung nicht anwendbar
– die Voraussetzung für die Information der Öffentlichkeit, nämlich ein
zu erwartendes Bußgeld von mehr
als 350 Euro, war nicht gegeben.
Deswegen durften die Länderbehörden die betroffenen verdächtigen
Pferdefleischprodukte nicht nennen,
ig -
w e r b e fr
ei
H e r a u s g e b e r i n : Ve r b r a u ch e r ze n t r a l e N R W f ü r d i e A r b e i t s g e m e i n s cha f t „ Ko o p e r a t i o n
Verbraucherinformation im Ernährungsbereich in Nordrhein-Westfalen“
neu aufgedeckten Missstand die
bestehenden Gesetze nachzubessern
und neue Informationsportale einzurichten, wäre es an der Zeit, endlich
ein in sich konsistentes Konzept zur
Transparenz und Information der Öffentlichkeit auf den Weg zu bringen.
Eine interessante Lektüre wünscht
Ihre Redaktion
Kurzmeldungen
Warum Light-Produkte bevorzugt
werden
Forscher des National Consumer
Research Centre und der Universität Helsinki haben eine Studie zu
Produkten zur Gewichtskontrolle veröffentlicht. Die Untersuchung, basierend auf acht Fokusgruppen-Diskussionen mit 68 Personen (38-77 J.), ist
Teil eines finnischen Forschungsprojekts zum Gewichtsmanagement (KULUMA, 2009-2011). Analysiert wurde
die Einstellung von mittelalten und älteren Finnen zu Lebensmitteln zur Gewichtskontrolle. Es zeigte sich, dass
für die Auswahl geeigneter Lebensmittel nicht nur die Nährwerte (Energie, Fett, Zucker) und die Fettqualität
berücksichtigt wurden, sondern auch
die grundsätzliche persönliche Vorstellung von einem guten Lebensmittel eine wichtige Rolle spielt. Heraus
kam ein Paradoxon: Obwohl Verbraucher eine eher ungünstige Meinung
von Light-Produkten im Allgemeinen haben, würden sie sich für diese Produkte entscheiden, wenn sie
sich gerade „auf Diät” befinden. Für
April 2013
Verbraucher gehören demnach Gewichtsmanagement und gesundes
Essen nicht zwangsläufig zusammen.
Abnehmen kann man auch mit ungesunden Essgewohnheiten. (AC)
Quelle: Niva M et al. (2013): If I drink it anyway,
then I rather take the light one. Appropriation of
foods and drinks designed for weight management among middleaged and elderly Finns.
Appetite 64: 12-19. doi: j.appet.2012.12.019
Klimabilanz von Tiefkühlkost
Das Öko-Institut e. V., Freiburg, hat
im Auftrag des Deutschen Tiefkühlinstituts eine Studie zur Klimabilanz
von Tiefkühlkost erstellt. Exemplarisch wurden fünf beliebte Tiefkühlprodukte (Brötchen, Hühnerfrikassee, Erbsen, Pizza und Reibekuchen)
untersucht und mit anderen industriellen Angebotsformen (Konserve,
Kühlware) und mit haushaltsüblicher
Zubereitung verglichen. Danach ist
die Höhe der Treibhausgasemissionen bei den verschiedenen Angebotsbzw. Zubereitungsformen vergleichbar. Zwar verbraucht die ständige
Tiefkühlung von der Produktion bis
zur Zubereitung mehr Energie als die
Lagerung der alternativen Produkte.
Dies wird jedoch durch die hoch effiziente Herstellung, energieeffiziente
Anlagen in Verarbeitung und Handel
sowie die schnelle Zubereitung im
Verbraucherhaushalt
kompensiert.
Allerdings wird von einer sehr kurzen
Verweildauer der TK-Produkte im Einzelhandel (1,3-5 Tage) ausgegangen.
Bei Erbsen ist die Verpackung entscheidend: Die Produktion von Konservendosen und Gläsern ist erheblich energieaufwändiger als die der
TK-Verpackung. Die Berechnungen beruhen auf der Annahme, dass TK-Lebensmittel maximal 14 Tage im Haushaltsgefriergerät gelagert werden. Mit
längerer Lagerung verschlechtert sich
die Bilanz. Die Studie und ein Faltblatt
mit Verbraucherinformationen stehen
im Internet zum Download. (Kn)
Quelle: Öko-Institut e. V.; Deutsches Tiefkühlinstitut: Klimabilanz Tiefkühlkost. Ergebnisbericht:
Vergleich von Angebotsformen und Identifikation der Optimierungspotentiale für ausgewählte
Tiefkühlprodukte, 06.09.2012
tt www.tiefkuehlkost.de/info-center/
studien/klimabilanz-studie
Knack •Punkt
3
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
... kurz gefasst
Studie zur Lebensmittelqualität –
Trends, Sicherheit und Marken
Wie schätzen Verbraucher die Lebensmittelqualität und
-sicherheit in Deutschland tatsächlich ein? Welche Kriterien spielen beim Lebensmitteleinkauf die entscheidende
Rolle? Und genießen etablierte Marken automatisch einen
Vertrauensvorschuss? Eine repräsentative forsa-Umfrage
mit 1000 Teilnehmern sollte im Auftrag von Dr. Oetker und
dem F.A.Z.-Institut Fragen rund um das Thema Lebensmittelqualität und -sicherheit – insbesondere in Bezug auf die
Verbrauchererwartungen – ermitteln.
66 % der Verbraucher in Deutschland ist demnach eine klare
Zutatenbezeichnung besonders wichtig, wichtiger noch als
gute Erfahrungen mit dem Produkt, ein hoher Frischegrad
oder eine einfache Zubereitung. Während ältere Menschen
weniger Wert darauf legen (56 %), halten 77 % der befragten Personen zwischen 19 und 29 Jahren eindeutige Angaben bei den Zutaten für besonders wichtig. Für 84 % aller
Verbraucher/-innen ist eine verständliche Zutatenliste ein
wichtiger Anhaltspunkt für ein sicheres Lebensmittel.
Spannend sind auch die regionalen Unterschiede. So besteht in NRW ein überdurchschnittlich großes Vertrauen in
die Lebensmittelsicherheit, die NRW-Bürger sind aber auch
bereit für strenge Kontrollen mehr zu zahlen. Die regionale
Herkunft ist hier weniger wichtig.
Alle Umfrageergebnisse sind in der kürzlich veröffentlichten
Publikation „Themenkompass 2012: Lebensmittelqualität”
nachzulesen.
t www.oetker.de/oetker/file/debi-94llty.de.0/
Themenkompass_Lebensmittelqualitaet_2012.pdf
Projekt „Alte Obstsorten”
Um Informationen über die Geschichte alter Obstorten,
ihre Verbreitung und ihre erstmalige Beschreibung zu bekommen, muss man in alten Obstbüchern und Zeitschriften suchen. Diese gibt es aber nur in Bibliotheken mit den
unterschiedlichsten Standorten bzw. zu hohen Preisen in
Antiquariaten. Durch ein neues Projekt des Bund für Umwelt und Naturschutz, Ortsgruppe Lemgo, wird die Suche
nun wesentlich erleichtert. Dafür wurden mehr als 200 alte
Sortenwerke, Zeitschriften, regionale Obstsorten-Listen und
zum Teil alte Baumschulkataloge ausgewertet. Die Sortenlisten wurden nun zum kostenfreien Download ins Internet
gestellt. Durch die Hilfe der Suchfunktion reicht es, den Sortennamen einzugeben, um sofort aufgezeigt zu bekommen,
wo die entsprechende Obstsorte in der Literatur beschrieben wurde. Die abgebildeten Apfelsorten „Rother Herrenapfel” (Pomme de Seigneur) und „Grosßer Faros” (Grand Faros) stammen aus dem 1774 in Nürnberg von Johann Mayer
veröffentlichten Sortenwerk „Pomona Franconica”.
Quelle: PM BUND Lemgo vom 24.02.13
t www.bund-lemgo.de/alte-obstsorten.html
Wertschätzung für Brot steigern –
Abfälle in Bäckereien reduzieren
Wer kurz vor Ladenschluss eine Bäckerei oder einen Supermarkt betritt, ist manches Mal verwundert, wie viele frische
Brote und Brötchen in der Auslage noch
auf Käufer warten. Viele Bäcker bieten
die übrig gebliebenen Waren am folgenden Tag verbilligt an oder arbeiten
mit den Tafeln zusammen. Trotz solcher
Maßnahmen landen aber immer noch
große Mengen essbarer Nahrungsmittel in der Mülltonne.
Ein Forschungsprojekt an der Fachhochschule Münster
hat sich nun zum Ziel gesetzt, die Warenvernichtung bei
Brot und Backwaren zu reduzieren und Innovationen zu
entwickeln, die an den Schnittstellen zwischen Bäckerei,
Handel und Verbraucher ansetzen. Das im Dezember 2012
gestartete, zweijährige Projekt will die Backbetriebe dabei
unterstützen, ihren Wareneinsatz zu reduzieren und die
Rücklaufquote übrig gebliebener Waren zu minimieren.
Die Verbraucher wiederum sollen noch mehr für das Thema
Lebensmittelverschwendung sensibilisiert werden. „Es ist
wichtig, die Menschen umfassend über die Zusammenhänge der Verschwendung von Ressourcen zu informieren”, sagt
Projektleiter Prof. Dr. Guido Ritter. Er ist davon überzeugt,
dass sich mit diesen Ansätzen letztlich Kosten einsparen,
Wissensvorsprünge schaffen und die Wertschätzung für das
Lebensmittel Brot steigern lassen.
Das Projekt ist in vier Phasen unterteilt. Nach einer detaillierten Ausarbeitung der Projektschritte sollen Interviews und
Befragungen von Unternehmern und Verbrauchern Klarheit
über den Stand der Dinge schaffen und tragfähige Daten
liefern. Sind diese ausgewertet, werden Lösungsstrategien
und Maßnahmen entwickelt, die Verbrauchern und Unternehmern in Workshops vermitteln werden sollen. Darüber
hinaus werden die Ergebnisse in die Entwicklung von Schulungskonzepten, Informationsmaterialien und Ideen für innovative neue Dienstleistungen sowie in einen Leitfaden für
Bäckereien einfließen. (AC)
Quelle: PM FH Münster vom 24.01.13
4
Knack •Punkt
April 2013
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
Herausforderung für den Gesetzgeber
Kurioses
Lebensmittelüberwachung in
globalisierten Märkten
Damit Kekse nicht
rosten
I
D
n den letzten Jahren ist die weltweite Verflechtung/Globalisierung über
alle Bereiche der Wirtschaft, Politik,
Kultur, Umwelt, Kommunikation etc.
stetig gestiegen. Ermöglicht haben
dies der technische Fortschritt, insbesondere in den Kommunikationsund Transporttechnologien, sowie die
politischen Entscheidungen zur Liberalisierung des Welthandels. Riesige
multinationale Konzerne sind dabei
entstanden, die durch ihren harten
Preiskampf viele kleinere, lokal ansässige Unternehmen verdrängen.
Die Globalisierung erweitert das Angebotsspektrum bei begrenzter Nachfrage. Dies führt zu massiven Überproduktionen. Verbraucher sollte es
freuen, sie könnten von stark verbilligten Preisen und einem breiten Angebot profitieren. Auf der anderen Seite
stellt sich die Frage nach der Qualität
der Produkte im ständigen Kampf der
Firmen um die Gunst der Verbraucher. Permanenter Preisdruck und
Gewinnmaximierung gehen eindeutig
zu Lasten des Verbrauchers. Die Auswirkungen sind bei einer Vielzahl von
Lebensmitteln, aber auch bei Bedarfsgegenständen spürbar – in Form von
gesundheitsschädigenden Produkten
(z. B. Benzol in Spielwaren, Weichmacher in Puppen, Azofarbstoffe in Babyschuhen, Formaldehyd in Geschirr
aus Melamin) oder als Verbrauchertäuschung. Aktuelle Beispiele sind
die Verarbeitung von Pferdefleisch
anstelle des deklarierten Rindfleischs
irgendwo auf den verschlungenen Wegen des Rohstoffs durch Europa oder
die aflatoxinbelasteten Futtermittel
vom Balkan, die sich hier in der Milch
wiederfinden.
Die Europäische Kommission
aber auch der nationale Gesetzgeber tragen eine besondere Verantwortung für den gesundheitlichen
Verbraucherschutz. Die erkannten
Risiken im Bereich der Lebensmittel
und Bedarfsgegenstände konnten in
gemeinsamer Anstrengung von Behörden und der nationalen bzw. europäischen Wirtschaft durch Festlegung
von Höchst- bzw. Grenzwerten für
gesundheitlich bedenkliche Stoffe in
April 2013
einer Vielzahl von Verordnungen auf
ein Minimum gesenkt werden. Einen
wesentlichen Anteil an diesem Erfolg
haben die regelmäßig durchgeführten
Kontrollen und Untersuchungen durch
die unabhängige amtliche Lebensmittelüberwachung.
Aufgrund der Öffnung der Märkte für Drittländer ist das Risiko für
Verbraucher wieder deutlich gestiegen. Dieses ist auch an der stark gestiegenen Anzahl von Meldungen im
EU-Schnellwarnsystem
(RASFF) und den damit
verbundenen Rückrufaktionen sichtbar. Eine Handlungsoption ist die vermehrte Kontrolle bei Zolleinfuhren in die EU. Durch
Einfuhrkontrollen (einschließlich Untersuchungen) sollen gesundheitlich
bedenkliche Lebensmittel oder Lebensmittelbedarfsgegenstände erst
gar nicht auf den europäischen Markt
gelangen. Diese Einfuhrmaßnahmen
stellen einen dynamischen Prozess
dar. Grundlage hierfür sind die Häufigkeit und Relevanz der im Rahmen
des Europäischen Schnellwarnsystems gemeldeten Lebensmittelvorfälle und die Ergebnisse von Auditbesuchen der EU-Beauftragten in den
Drittländern. Beispiele für sicherheitsbedingte, besondere Einfuhrmaßnahmen sind Pestizidüberwachung ausgewählter Obst- und Gemüsesorten,
Mykotoxinkontrolle bei Haselnüssen
und Pistazien oder Untersuchungen
auf nicht zugelassenen Gen-Reis in
Reiserzeugnissen.
Ein weiteres großes Problem
stellt derzeit der illegale Verkehr von
gesundheitlich bedenklichen Nahrungsergänzungsmitteln dar, die zum
Beispiel verbotene Arzneistoffe in
Schlankheitsmitteln enthalten.
Der Vertrieb dieser kritischen Produktgruppe in großem Umfang über
das Internet und der fehlende lebensmittelchemische Sachverstand in vielen zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden verhindern derzeit
eine effektive Kontrolle.
Autorin: Christina Blachnik
Landesverband NRW der Lebensmittelchemiker/
-innen im öffentlichen Dienst
iese Kuriosität verdanken wir einem aufmerksamen Verbraucher.
Im vollen Bewusstsein seiner Verpflichtung als sich gründlich informierender und verständiger Konsument
studierte er die Zutatenliste einer in
Nordrhein-Westfalen erworbenen Tüte
mit Blätterteigkleingebäck „Schweineöhrchen”.
An der eigentlichen Rezeptur –
Mehl, Margarine, Zucker, Salz und
Honig – war nichts auszusetzen. Doch
dann stieß er auf „Rostschutzmittel
(Ascorbylpalmitat, Tocopherolhaltiger
Extrakt)” als Bestandteil der verwendeten (zusammengesetzten) Zutat
Pflanzenmargarine und wunderte sich
sehr.
Des Rätsels Lösung liegt natürlich
nur in einem Übersetzungsfehler, in
allen anderen Sprachen heißt es auf
der Verpackung korrekt „Antioxidationsmittel”. (AC)
Haben auch Sie in Ihrer Umgebung Lobenswertes oder Kurioses entdeckt? Schicken Sie uns
ein Foto davon und berichten
darüber. Wir lassen alle Leserinnen und Leser an Ihrem Erlebnis
teilhaben.
t [email protected]
Knack •Punkt
5
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
Tierschutz-Label
Unabhängige und glaubwürdige Zeichen für mehr Tierschutz
S
eit diesem Jahr gibt es im deutschen Handel Fleischprodukte mit
zwei unabhängigen Tierschutzlabeln.
Hierbei handelt es sich zum einen um
das Label „Für mehr Tierschutz” des
Deutschen Tierschutzbunds und
zum anderen um „Tierschutz-kontrolliert” der Tierschutzorganisation Vier
Pfoten. Bereits zuvor fanden sich
im Handel Auslobungen wie „tiergerecht”, „tierfreundlich” „artgerecht”
oder „Tierwohl” – diese stammten
allerdings von den Anbietern selbst.
Mangels verbindlicher Definition ist
lässlichen Tierschutzetikettierung thematisiert, um das vorhandene Nachfragepotenzial zu nutzen. Im Rahmen
des „Welfare Quality”-Projekts ließ
die EU-Kommission die Grundlagen
für wissenschaftliche Tierschutzindikatoren erarbeiten. In ihrer „Tierschutzstrategie 2012-2015” kündigte
sie an, „einen neuen EU-Rahmen für
die Einführung einer Tierschutzkennzeichnung zu prüfen”. Eine einheitliche europäische Lösung ist trotz des
langen Diskussionsprozesses und
umfangreicher
wissenschaftlicher
für sein umfassendes Tierschutzanliegen, Transparenz und Glaubwürdigkeit. Es gibt verbindliche Anforderungen an Tierhaltung, Tiertransport,
Schlachtung und tierbezogene Kriterien sowie neutrale Kontrollen sowohl
für die „Einstiegsstufe” (1 Stern) als
auch für die „Premiumstufe” (2 Sterne). Bereits die Einstiegsstufe bietet eine deutliche Verbesserung des
Tierschutzes, der Premiumstandard
steht für ein hohes Niveau tiergerechter Haltung. Langfristiges Ziel ist
es, Tierschutz-Kriterien für alle landwirtschaftlichen Nutztierarten zu entwickeln. Da dies sehr aufwändig ist,
wurde zunächst mit Masthühnern und
Mastschweinen begonnen. Das Angebot im deutschen Lebensmitteleinzelhandel ist derzeit noch nicht flächendeckend, wächst aber laut Angaben
des DTSchB stetig. Verschiedene Supermarktketten sowie ein Discounter
bieten Labelprodukte überwiegend in
bestimmten Regionen an.
die Aussagekraft solcher Begriffe fragwürdig und Verbraucher halten sich
beim Kauf tiergerechter erzeugter –
und damit teurerer – Produkte zurück.
Die neuen Label der Tierschutzorganisationen signalisieren Verbrauchern ein vertrauenswürdiges Mehr
an Tierschutz gegenüber dem gesetzlichen Mindeststandard.
Arbeiten in näherer Zukunft nicht zu
erwarten. Das BMELV förderte 2010
das Forschungsprojekt „Perspektiven für ein europäisches TierschutzLabel”. Dieses kam, ebenso wie der
Label „Tierschutz-kontrolliert”
Das Label der internationalen Tierschutzorganisation Vier Pfoten ist
vergleichbar mit dem des DTSchB: Es
gibt ebenfalls eine „Einstiegsstufe”
und eine „Premiumstufe”, letztere
trägt bei Vier Pfoten allerdings drei
Sterne. Die inhaltlichen Anforderungen sind sehr ähnlich. Auch hier gibt
es eine neutrale Zertifizierung und
Kontrollen sowie „Überkontrollen”
durch die jeweilige Tierschutzorganisation selbst. Vier Pfoten begründet
seine Sterne-Systematik („Premiumstufe” mit 3 statt 2 Sternen) u. a. damit,
dass man als internationale Organisation Produkte auch in Ländern labele,
Hintergrund
Die bisher vorhandenen Label und
Kennzeichnungen für eine extensive
oder „tierfreundliche” Erzeugung beruhen auf Initiativen der Agrar- und
Ernährungswirtschaft. Angesichts der
zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutung des Tierschutzes entstehen
immer mehr unternehmenseigene
„Tierschutz”-Marken und -Label, insbesondere für Geflügel- und Schweinefleisch. Die zugrunde liegenden
Tierschutzkriterien
unterscheiden
sich sehr stark, was für Verbraucher
nicht transparent ist.
2005 initiierte die EU-Kommission einen Diskurs über eine europäische
Tierschutzkennzeichnung.
Als Fazit aus einer EurobarometerUmfrage wurde im „Aktionsplan
Tierschutz” die Bedeutung einer ver-
6
Knack •Punkt
Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik des BMELV 2011, zu dem
Ergebnis, dass mit einer verlässlichen
Tierschutzkennzeichnung die Situation in der Nutztierhaltung verbessert
und den Verbraucherwünschen Rechnung getragen werden kann. Es wird
nationaler Handlungsbedarf für eine
Pionierlösung gesehen. Allerdings
strebt das BMELV derzeit keine nationale Initiative an, sondern will die
„Arbeiten auf EU-Ebene weiter unterstützen”.
Label „Für mehr Tierschutz”
Als Gegenkonzept zu den unternehmenseigenen Tierschutz-Labeln entstand das zweistufige Label „Für mehr
Tierschutz” unter der Trägerschaft
des Deutschen Tierschutzbundes
(DTSchB). Es steht allen Erzeugern
und Unternehmen offen. Für eine
Zertifizierung müssen die Richtlinien
erfüllt und durch eine unabhängige,
vom DTSchB zugelassene Institution
kontrolliert werden. Der DTSchB steht
April 2013
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
wo bereits Tierschutz-Siegel mit zwei
Sternen etabliert seien, deren Niveau
unter dem der Vier Pfoten-Premiumstufe läge und von dem man sich
abheben müsse. Bisher liegen Richtlinien für Masthühner, Schweine und
Rinder vor. Erstes und bisher einziges
von Vier Pfoten gelabeltes Produkt ist
das „FairMast”-Hähnchen des Geflügelunternehmens Friki, welches bei
Kaufland angeboten wird.
Position der
Verbraucherzentrale NRW
Beide Tierschutz-Label sind aus Sicht
der Verbraucherzentrale NRW geeignete Instrumente, den Tierschutz
in der Nutztierhaltung zu verbessern.
Produzenten können durch die Nutzung dieser unabhängigen TierschutzLabel ihre höheren Tierschutzleistungen transparent und nachvollziehbar
darstellen und als Vorreiter ihre Wettbewerbsbedingungen verbessern. Damit entstehen Anreize für die gesamte
Fleischbranche, ihre Erzeugung auf
einen strengeren Tierschutz auszurichten. Beide Label eignen sich aufgrund einer deutlichen Verbesserung
des Tierschutzes gegenüber dem gesetzlichen Mindeststandard zur Abgrenzung von Pseudo-Tierschutzkennzeichnungen. Dabei sind Produkte der
Einstiegsstufe eine Alternative für Verbraucher, die trotz knappem Budget
mehr Tierschutz möchten. Wer bisher
Biofleisch gekauft hat, für den ist die
Einstiegsstufe keine Option. Eine wirklich tiergerechte Haltung ist erst in der
– teureren – Premiumstufe gegeben.
Es ist zu bedauern, dass sich
die beiden Tierschutzorganisationen
nicht auf ein gemeinsames Label verständigt haben, da konkurrierende
Tierschutz-Label für Verbraucher verwirrend sind und die Transparenz im
Bereich dieses Fleischmarktes verringern. Da die Kriterien beider Label für
Fleisch von Masthühnern und Mast-
schweinen etwa vergleichbar sind –
auch wenn es punktuell leichte Vorteile teils bei dem einen, teils bei dem
anderen Label gibt – empfehlen die
Verbraucherzentralen beide Label
im Gegensatz zu unternehmenseigenen Siegeln gleichrangig.
Deutliche Kritik üben die Verbraucherzentralen jedoch an der
unterschiedlichen Auslobung mit
zwei bzw. drei Sternen für die jeweilige Premiumstufe. Sie erachten es
als unerlässlich, dass die Tierschutzorganisationen angemessene Darstellungsformen finden, die die jeweils
andere Organisation nicht vermeintlich abwerten, möglicherweise durch
Verzicht auf die Sterne-Systematik.
Diese beiden Tierschutz-Label
sind eine geeignete Übergangslösung, bis es zu einer gesetzlichen
Regelung auf nationaler oder europäischer Ebene kommt.
Bis dahin sind Fleischwirtschaft
und Handel aufgefordert, sich im Sinne
einer branchenweiten, transparenten
Tierschutzkennzeichnung an den neutralen Tierschutz-Labeln zu beteiligen.
Forderungen an die Politik
So gut die neuen Label auch sind,
ist das grundsätzliche Problem der
nicht tierartgerechten Haltung damit
noch lange nicht gelöst. Daher fordert
die Verbraucherzentrale NRW in
Übereinstimmung mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband, eine
EU-einheitliche obligatorische Kennzeichnung tierischer Lebensmittel mit
dem jeweiligen Tierschutzstandard
bzw. Haltungsform, um Transparenz
für Verbraucher zu schaffen.
Darüber hinaus fordern sie Landes- und Bundespolitik sowie EUKommission auf, die gesetzlichen
Mindestanforderungen für die Tierhaltung deutlich zu verbessern, um
tt die Tiere besser als bisher zu
schützen,
tt ihnen die Ausübung essentieller
arteigener Verhaltensweisen zu
ermöglichen,
tt zu verhindern, dass Tieren routinemäßig Körperteile amputiert
werden und
tt den Tieren im Regelfall ein Leben
ohne Arzneimittelgabe bis zum
Schlachtalter zu ermöglichen.
(Kn/AC)
tt www.vz-nrw.de/tierschutz-labelfuer-fleisch
tt www.tierschutzbund.de/
tierschutzlabel.html
tt www.vier-pfoten.de/service/
tierschutzlabel
Warenkunde
Kennen Sie Kleinfleisch?
E
ine Verbraucherin hatte in einem
Supermarkt zwei Packungen „Kleinfleisch” erworben, dachte dabei an so
etwas wie Geschnetzeltes. Tatsächlich
enthielt die Packung 80-90 % in Stücke geschnittene Knochen, die wie
Gulasch aussahen.
Kann das Rechtens sein? Tatsächlich heißt es in den „Leitsätzen für
Fleisch und Fleischerzeugnisse” des
Deutschen Lebensmittelbuchs: „Bei
folgenden Bratenstücken wird nicht
ausdrücklich auf das Vorhandensein
April 2013
von Knochen und/oder Knorpeln hingewiesen:” […] Kleinfleisch sind neben Spitzbein, Schnauze, Rüssel und
Ohren fleischtragende Brustknochen
und Rippen (Schälrippchen, Bratenrippchen, Spareribs, Brustspitz) sowie Wirbelknochen des Schweines
einschl. Schwanz. Beim Rind werden
fleischtragende Knochen als Fleischknochen, beim Kalb auch als Kalbskleinfleisch bezeichnet.”
Angeblich wird in den Leitsätzen „die Verkehrsauffassung der am
Lebensmittelverkehr Beteiligten beschrieben, [...] unter Berücksichtigung
der Erwartung der Durchschnittsverbraucher an die betreffenden Lebensmittel.”
In diesem Fall, da waren sich die
Verbraucherzentrale NRW und die
Verbraucherin einig, erwarten Verbraucher bei der Bezeichnung „Kleinfleisch” kein derartiges Produkt. (Kn/
AC)
Quelle: www.bmelv.de/SharedDocs/
Downloads/Ernaehrung/Lebensmittelbuch/
LeitsaetzeFleisch, S. 62, Ziffer 2.510.12
Knack •Punkt
7
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
Trinkwasser in Gefahr?
Neue EU-Richtlinie bedroht Qualität
der Wasserversorgung
A
bzocke mit der Trinkwasserversorgung ist in Deutschland die Ausnahme. Trotz Kartellverfahren in Wetzlar und kritischer Preisvergleiche in
der Presse ist Wasser in Deutschland
mit durchschnittlich 2 € pro Kubikmeter relativ günstig. Das Trinkwasser
kommt in der Regel von kommunalen
Unternehmen, die sich der Daseinsvorsorge verpflichtet sehen.
Die aktuell diskutierte EU-Konzessionsrichtlinie (KOM (2011) 897) könnte das jedoch ändern. Sie sieht vor,
öffentliche Dienstleistungen EU-weit
auszuschreiben, um mit der Marktöffnung den Wettbewerb zu fördern.
Mögliche Folgen für Verbraucher: Um
Gewinne zu realisieren oder sogar zu
maximieren kommt es zu Preiserhöhungen und einer Verschlechterung
der Trinkwasserqualität. Auch ein
privater Investor hätte genau wie die
Info-Film-Tipps
Water Makes Money
t www.youtube.com/
watch?v=dLaVwYjfejw
Wasser bald 10 mal teurer?!
t www.youtube.com/
watch?v=njwigU8DtLk
kommunalen, nicht ausschließlich
gewinnorientierten Wasserversorger
ein Monopol innerhalb der Kommune.
Verbraucher sind also völlig abhängig
von dessen Tun und können kein Leitungswasser eines anderen Anbieters
beziehen. Das ist der größte Unterschied zum Strommarkt, in dem die
Liberalisierung den Anbieterwechsel
ermöglicht hat.
Privat agierende Unternehmen
wollen Gewinne machen. Aus Frankreich und Großbritannien gibt es genügend Beispiele – zu sehen in der
Doku „Water makes money” – , in denen das Rohrleitungsnetz von privaten
Investoren vernachlässigt wurde oder
die Wasserpreise sprunghaft stiegen.
Ein erstes Beispiel aus Deutschland
sind die Berliner Wasserbetriebe,
deren Preise nach Einstieg von Veolia und RWE innerhalb kurzer Zeit
um ca. 30 % anstiegen. Erst ein Bürgerbegehren samt Gerichtsverfahren
führten zur Offenlegung der Gewinnvereinbarungen der Privaten mit den
Berliner Wasserbetrieben.
Die von den Gewerkschaften gestützte Bürgerinitiative right2water
bündelte die Bedenken der EU-Bürger
gegen die Liberalisierung des Wassermarktes und sammelte bereits 1,2
Mio. Unterschriften. Ebenso plädieren
Grüne, Linke und SPD für die öffentli-
Zum Abraten
Wasserfilter im Haushalt
Z
iele der Trinkwasser-Behandlung
sind meist die Enthärtung, die Entfernung von „Schadstoffen” oder auch
die „Belebung” („Levitation”, „Energetisierung”, „Harmonisierung”, „Vitalisierung” oder „Transformation”)
des Wassers. Diese esoterischen Formen der Wasseraufbereitung sind wissenschaftlich nicht belegt.
Die Patronen von Tischfiltern
kombinieren häufig Ionenaustauscher und Aktivkohle. Obwohl die ge-
8
Knack •Punkt
nannten Verfahren tatsächlich die genannten Stoffe zurückhalten können,
rechtfertigen sie nicht den Einsatz der
Filter. Dazu müssten die jeweiligen
Stoffe tatsächlich im Trinkwasser vorhanden sein bzw. den gesetzlichen
Grenzwert übersteigen.
Die Enthärtung des Leitungswasser oder die Entfernung potenzieller
Schadstoffe daraus ist nach Meinung
der Verbraucherzentralen unnötig,
teuer und birgt neue Risiken wie Ver-
che Daseinsvorsorge. Entsprechende
Anträge im Bundestag wurden aber
von CDU und FDP abgelehnt.
Der EU-Binnenkommissar Barnier kündigte nach den Protesten an,
dass die Richtlinie weniger Versorger
betreffen solle als bisher vorgesehen.
Nämlich nur Unternehmen, die über
20 % des Umsatzes mit Trinkwasser
außerhalb der Kommune erwirtschaften. Das wären immer noch ca. 400
Versorger in Deutschland.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert, die Trinkwasserversorgung aus der Konzessionsrichtlinie auszuschließen. Wasserversorger
sollten aber ihre Preisgestaltung für
Verbraucher transparent machen.
Noch schöpfen die Wasserversorger die Richtwerte der Trinkwasser-Norm nicht aus und liefern eine
bessere Qualität als sie es müssten.
Auch hier steckt für private ein legales Sparpotential. Um so wichtiger ist
es, dass die Wasserversorger noch
offener über ihre Wasserqualität sprechen und aktuelle Analyseergebnisse
öffentlich zugänglich machen.
Ein neuer Entwurf zur Diskussion
zwischen EU-Kommission und EUParlament liegt noch nicht vor. Es
besteht also Hoffnung, dass die vielen kritischen Stimmen Gehör finden
und die öffentliche Daseinsvorsorge
im Sinne der Öffentlichkeit bleibt und
nicht durch Profitstreben ersetzt wird.
(Hel)
tt www.right2water.eu
tt http://ec.europa.eu/internal_
market/publicprocurement/docs/
concessions/conc_act_de.pdf
keimung oder die plötzliche, konzentrierte Abgabe der bisher zurückgehaltenen Stoffe (Filter-Durchbruch).
Ionenaustauscher
Ionenaustauscher bestehen aus
Kunstharzkügelchen, die Calciumoder Magnesium-Ionen („Kalk”) aus
dem Wasser gegen Natrium- oder
Wasserstoff-Kationen bzw. Chloridoder Hydroxid-Anionen des Harzes
austauschen.
Sie werden zur Wasserenthärtung, zum Entzug von Nitrat, Phosphat
und Schwermetallen eingesetzt. Nicht
zurückgehalten werden Medikamente, Pestizide sowie polyaromatische
April 2013
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
Kohlenwasserstoffe (PAK). Bei Tischgeräten muss das Austauscherharz
regelmäßig gewechselt werden.
Risiko von Ionenaustauschern
ist die erhöhte Rückgabe von Ionen
(Durchbrechen) an das Trinkwasser,
wenn der Austauscher erschöpft ist.
Eine Anzeige dieses Zeitpunkts ist im
Privathaushalt nicht gegeben, was
beispielsweise bei Nitrat und Säuglingsernährung gesundheitsschädlich
werden könnte. Außerdem besteht
Verkeimungsgefahr des Trinkwassers,
wenn es längere Zeit im Vorratsbehälter steht, oder wenn Geräte und Anlagen längere Zeit nicht betrieben werden. Je nach System kann es auch zu
einer Erhöhung des Natrium-Gehalts
des Wassers kommen, welches dann
möglicherweise für die Säuglingsernährung nicht mehr geeignet ist.
Aktivkohle
Aktivkohle ist verkohltes und gereinigtes organisches Material (Steinkohle, Torf) mit besonders poröser
und dadurch sehr großer Oberfläche.
Aktivkohle kann organische Wasserinhaltsstoffe zurückhalten, eignet sich
daher für die Entfernung von chlo-
rierten Kohlenwasserstoffen, Chlor,
Pestiziden und Medikamenten. Nicht
zurückhalten kann sie Kalium oder
Magnesium, Schwermetalle und Nitrat. Die Aktivkohle-Pads müssen regelmäßig ausgetauscht werden.
Risiken und Nachteile von Aktivkohlefiltern sind ähnlich denen von
Ionenaustauschern, sprich die mögliche Verkeimung und die Wiederabgabe der unerwünschten Stoffe, wenn
die Aktivkohle voll beladen ist. Eine
Anzeige dieses Zeitpunkts ist im Privathaushalt ebenfalls nicht gegeben.
Zur Verhinderung der Verkeimung
geben einige Filter Silber an das Wasser ab, wobei es auch schon silberresistente Bakterien („atypische Mykobakterien”) gibt. Das Silber im Wasser
kann aber ebenso die „guten” Bakteriensysteme in den städtischen Kläranlagen schädigen und sollte auch
nicht regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden.
Fazit
Insbesondere aus hygienischer Sicht
ist von Trinkwasserfiltern abzuraten.
Zu berücksichtigen ist auch, dass erheblich größere Mengen von Schwer-
metallen und organischen Giftstoffen
durch den Verzehr von Fleisch und
Fisch als über das Trinkwasser aufgenommen werden. In der Regel reicht
es völlig aus, Leitungswasser vor dem
Trinken 30 Sekunden ablaufen zu lassen. Bleileitungen allerdings sollten
unbedingt ausgetauscht werden.
Hartes Wasser ist gesundheitlich
und technisch unbedenklich. Nur bei
sehr hartem Wasser (Härtebereich
3 oder 4) sollte überhaupt über eine
Wasserbehandlung zur Vermeidung
von Kalkablagerungen im Warmwasserbereich nachgedacht werden.
Durch eine Absenkung der Temperatur im Wasserspeicher von 80 °C auf
60 °C lässt sich die Kalkbildung deutlich reduzieren und spart außerdem
Energie. Wasserkocher können mit
Essig, Kaffee- und Espressomaschinen sowie Dampfbügeleisen sollten
mit Zitronensäure entkalkt werden.
Für diese Geräte ist Essig tabu, da er
Metall- und Kunststoffteile angreifen
kann. Waschmaschinen werden durch
Waschmittel entkalkt. (AC)
Quelle: Verbraucherzentralen, Stand: Oktober
2012
Frage
Fragen aus der Beratung
A
Wie kann Weißbrot eigentlich
eine Ballaststoffquelle sein?
uf der Verpackung von normalem
weißem Toastbrot wird auf der
Vorderseite mit „Ballaststoffquelle”
geworben. Kann das sein? Immerhin
kann die Kennzeichnung von Weißbrot als Ballaststoffquelle bei Verbrauchern den Eindruck erwecken, es
handele sich hierbei um ein besonders wertvolles Lebensmittel, welches
möglicherweise sogar (nicht gelabelten) Vollkornprodukten vorzuziehen
sei.
Das fragliche Brot enthält laut
Nährwertkennzeichnung 3 
g Ballaststoffe pro 100 g. Tatsächlich ist
„Ballaststoffquelle” im Anhang der
Health Claims-Verordnung (VO (EU)
1924/2006, HCVO) definiert. Danach
muss ein als Ballaststoffquelle bezeichnetes festes Lebensmittel mindestens 3 g Ballaststoffe pro 100 g,
April 2013
ein flüssiges Lebensmittel mindestens 1,5 g Ballaststoffe pro 100 kcal
enthalten.
Da stellt sich natürlich die Frage,
wieso in der Verordnung eine derart
niedrige Menge an Ballaststoffen festgelegt wurde, wenn damit im Prinzip
fast jedes Weißbrot als „Ballaststoffquelle” beworben werden darf. Bei
Vitaminen und Mineralstoffen gilt laut
HCVO unter Bezug auf die NährwertKennzeichnungsverordnung und deren Anlage 1 die Regel, dass 15 % der
empfohlenen Tagesmenge enthalten
sein sollen, um als „Quelle von” zu
gelten.
Der Hersteller des Toastbrots
gibt den prozentualen Anteil an der
empfohlenen Tageszufuhr eines Erwachsenen (bei 3 g Ballaststoffen)
mit 12 % an. Er bezieht sich hier auf
die Empfehlungen der FAO/WHO von
25 g Ballaststoffen/Tag. Würde hier
die 15 % Regel angewendet, müssten mindestens 3,75 g Ballaststoffe
enthalten sein. Einen solchen Wert
erreichen nur wenige Weizenprodukte. Zöge man die DGE-Empfehlungen
für die Ballaststoffzufuhr (30 g / Tag)
heran und nähme ebenfalls die 15 %
als Maßstab, würden erst 4,5 g Ballaststoffe pro 100 g – also 50 % mehr
– als „Ballaststoffquelle” gelten. Dann
dürfte kein normales Weißbrot (max.
4,3 g /100 g) mehr derartig beworben
werden.
Ein Fall von legaler Verbrauchertäuschung! (Bes/AC)
Knack •Punkt
9
Schwerpunkt
Ernährungserziehung in der Familie
Wenn Hänschen
gute Vorbilder hatte ...
Das Essverhalten der Kinder wird im Wesentlichen in den frühen Kindheitsjahren
und damit im Elternhaus geprägt, so heißt es. Gesunde, glückliche Kinder sind
der Wunsch aller Eltern und sie tun in der Regel auch ihr Bestes, um dieses zu erreichen. Was ist aber das Beste, um Kinder an ein genussvolles, abwechslungsreiches, bedarfsgerechtes und nach ernährungswissenschaftlichen Maßstäben
„gesundes” Essen heranzuführen? Interessierte Eltern können sich vielfältig Rat
holen, sei es durch persönliche Beratung oder Informationsschriften und Internetauftritte verschiedenster Institutionen. Die Tipps, die gegeben werden, sind
– mehr oder weniger – immer dieselben, z. B. für eine entspannte Atmosphäre am Esstisch sorgen, nicht mit Essen belohnen und bestrafen usw. In diesem Schwerpunkt fragen wir nach, worauf diese Regeln beruhen und vor allem möchten wir
wissen: Funktionieren sie auch?
Wenn auch fast zwei Jahrzehnte in
Kita und Schule das Essverhalten unserer Kinder beeinflussen, so wird es
dennoch maßgeblich in den ersten
Lebensjahren und im Elternhaus geprägt. Die Familie wird als wichtigste
Sozialisations- und Enkulturationsinstanz angesehen. Hier lernen Kinder
von ihrem ersten Lebenstag an, ihren
Platz in der Familie und in der Gesellschaft zu finden.
Sozialisation = Aneignung der Fähigkeit zur sozialen Teilhabe an einer Gesellschaft
Enkulturation = Aneignung der Fähigkeit zur kulturellen Teilhabe an der Gesellschaft
(Methfessel 2005)
Essen lernen heute
Genetisch ist der Mensch nicht besonders gut auf unsere heutigen Lebensbedingungen eingerichtet. Der Körper
funktioniert wie eh und je, aber nun
herrschen Mangel an Bewegung und
Überfluss an Nahrung vor, statt genau
umgekehrt. In der Folge ist ein Teil der
Kinder und Jugendlichen übergewichtig, ein weiterer Teil essgestört. Die
klassische Rollenverteilung von Mutter und Vater, feste Tagesabläufe, Traditionen und Regeln – auch beim Essen – befinden sich in der Auflösung.
Neue Anforderungen an die Eltern, die
über das reine Sattmachen der Kinder
hinausgehen, bringen Verunsicherung: Heute muss die Ernährung ausgewogen und gesund sein, möglichst
auch noch nachhaltig in allen Facetten. Die Werbung für angeblich besonders gesunde Lebensmittel appelliert an das Gewissen der Eltern. Kein
10
Knack •Punkt
Wunder, dass die Eltern unter Druck
stehen und nervös werden, wenn ihre
Kinder am Essen herummäkeln und
im Extremfall nur eine Handvoll Speisen überhaupt mögen.
Essverhalten – Einflüsse
und Ratschläge
Ratschläge für eine gelingende Ernährungserziehung gibt es in Hülle und
Fülle und zum Glück widersprechen
sich die Ratschläge größtenteils nicht.
Sie lassen sich aus evolutionsbiologischen, prä- und postnatalen, physiologischen, psychologischen und
sozio-kulturellen Mechanismen und
Einflüssen ableiten. Wir stellen einige
wichtige im Folgenden vor. Studien
zur Überprüfung der Ratschläge gibt
es nur sehr wenige und meist aus dem
englisch-sprachigen Raum. Daher lassen wir Ernährungsexpert/-innen zu
Wort kommen, die aus ihren ganz persönlichen Erfahrungen berichten.
Hunger- und Sättigungsmechanismus
Mit diesem Selbstregulationsmechanismus, zunächst ein rein primäres,
physiologisches Bedürfnis, kommen
Kinder auf die Welt. Er stellt sich
aber sehr rasch, quasi mit der ersten
Mahlzeit an der Brust der Mutter, als
psycho-physiologischer Prozess dar.
Denn diese erste und alle darauf folgenden Mahlzeiten sind mit Emotionen verbunden. Der Säugling nimmt
mit der Mahlzeit im Arm der Mutter/
des Vaters/der Bezugsperson – egal
ob gestillt oder mit der Flasche ernährt – Wärme, Geborgenheit, Ge-
liebtsein, Akzeptanz, Verständnis für
und Antwort auf sein Hungergefühl
wahr. Im Laufe seines Lebens wird
dieser Mechanismus immer stärker
von außen beeinflusst, z. B. durch
feste Essenszeiten, aber auch vorgegebene Portionsmengen. Wichtig ist,
dass das natürliche Gefühl für Hunger
und Sättigung nie vollkommen verloren geht oder es zu Fehlinterpretationen kommt.
&& Kinder und Jugendliche essen einen Tag mal mehr, einen anderen
Tag mal weniger, Eltern sollten
das akzeptieren.
&& Wenn gegessen wird, sollten ablenkende Nebenbeschäftigungen
(Fernsehen, PC, Lesen, Streit am
Tisch) unterbleiben.
&& Kleine Portionen wählen oder aus
XXL-Packungen in kleinere Gefäße
umfüllen.
„Meine Tochter (8) am Mittagstisch: ‚Mama, eigentlich
möchte ich noch einen Nachtisch, aber mein Bauch sagt mir, dass
ich satt bin.’”
„Ich habe den Kindern, als sie klein
waren, Süßigkeiten und Knabberzeug
immer in Schälchen abgefüllt. Lange
Zeit haben sie das selbst so übernommen, meine Tochter (17) macht es heute noch so, mein Sohn (19) leider nicht
mehr.”
Geschmack und
Geschmackspräferenzen, Neophobie
Kinder kommen mit sehr sensiblen
Geschmacksnerven auf die Welt. Sie
April 2013
Schwerpunkt
präferieren einzig die Geschmacksrichtung „süß”, diese Vorliebe ist angeboren. Und das ist gut so, denn die
Muttermilch ist süß und würde sonst
abgelehnt. Außerdem sind praktisch
alle natürlichen süßen Lebensmittel
nicht giftig und damit essbar. Weiterhin lernen die Kinder über die präund postnatale Prägung Aromen aus
dem Essen und Trinken ihrer Mutter
kennen und präferieren. Bitter, salzig,
sauer, umami sowie weitere Aromen
müssen die Kinder durch Erfahrung
und Erlernen nach und nach hinzu gewinnen.
Nicht zu vernachlässigen sind
Eindrücke, die über die übrigen Sinne, wie z. B. Sehen und Tasten vermittelt werden, so dass es nicht verwundert, wenn Kinder auf Unbekanntes,
evtl. sehr intensiv Schmeckendes,
zunächst ablehnend reagieren. Diese
Neophobie ist angeboren.
&& Sowohl in der Schwangerschaft
als auch in der Stillzeit abwechslungsreich essen und trinken.
&& Speisen, insbesondere von kleinen Kindern, nicht stark würzen.
&& Lebensmittel und Speisen attraktiv dekorieren und anrichten.
&& Den Geschmack der Kinder ernst
nehmen und akzeptieren.
„Meine Tochter hat bis zum Alter von zwei Jahren alles sehr
gut gegessen. Dann hat sie
sich entschieden, nur noch einzelne
Komponenten zu mögen, bevorzugt
Reis, Nudeln, Kartoffeln, am liebsten
mit Butter. Kein gekochtes Gemüse,
kaum Fleisch, etwas Rohkost (Möhre,
Gurke), gerne Salziges, Brot (kein Vollkornbrot), Frischkäse, rote Marmelade.
So sah der Speiseplan viele Jahre aus.
Von meinen drei Kindern war sie am
wenigsten oft krank, sie ist bis jetzt die
Größte als mittleres Kind. Bis heute (17)
hat sich der Speiseplan erst ganz langsam erweitert. Auswahl erfolgt immer
nach Farbe, Konsistenz und Geruch.”
Neugier, mere-exposure-Effekt
Einerseits lehnen Kinder Neues ab,
andererseits sind sie jedoch auch
neugierig. Ist ihr Interesse geweckt,
möchten sie das Neue (aus)probieren.
&& Phantasienamen für Speisen,
interessante Dekorationen, Beteiligung beim Zubereiten wecken
die Neugier.
April 2013
Durch häufiges Probieren (mere exposure) einer neuen Speise findet eine
Gewöhnung statt bis hin zu einer Gewohnheit, vielleicht sogar einer neuen Vorliebe. Auch hier kommt unsere
genetische Veranlagung wieder zum
Tragen. Wir lieben das Essen, was wir
essen, weil wir erfahren haben, dass
dieses Essen „sicher” ist.
&& Unbekanntes mehrmals anbieten
(mindestens acht- bis zehnmal),
damit es zur Gewöhnung kommt.
„Meine Kinder mochten keine
gekochten Kohlrabi. Oma
kochte dann ausnahmsweise
bei uns Kohlrabi mit weißer Soße und
servierte sie unter der Bezeichnung
‚Herbstspargel’. Die Kinder lieben
jetzt Herbstspargel – obwohl sie inzwischen natürlich längst gemerkt haben, was das ist!”
„Meine Tochter musste in der Kita,
trotz meines massiven Protests,
Erbsen und Möhren probieren. Die
Erzieherinnen bestanden auf der
‚einen-Bissen-muss-man-jedes-Malprobieren-Regel’. Einmal hat meine
Tochter sich daraufhin aus lauter Ärger und Wut übergeben. Später im
Hort haben sie und andere Kinder
Strategien entwickelt, so zu tun, als
ob sie unliebsame Dinge probieren,
sie aber in irgendeiner Form entsorgt.
Auf der weiterführenden Schule wollte
sie nicht am Mittagessen teilnehmen.
Erst nach klarer Absprache, dass sie
selbst entscheidet, was sie isst und
es keinen Probierzwang gibt, war sie
bereit über Mittag zu bleiben. Bei uns
zuhause wollte ich diesen Zwang zum
Probieren nicht. Daher habe ich mich
bemüht, ihr ‚das mag ich nicht’ zu akzeptieren. Auch Dinge zu kochen, die
sie nicht mag, hat Durchhaltevermögen gekostet. Im einfachen Fall hat
sie Kartoffeln oder Reis pur gegessen
oder ein Brot bekommen. Doch mit
zunehmendem Alter hat sie von sich
aus Dinge probiert, die wir gegessen
haben, beispielsweise Sushi. Die fand
sie erst gar nicht lecker, hat aber immer wieder mal aus eigenem Antrieb
trotzdem probiert. Dann kam hinzu,
dass Klassenkameraden davon erzählt
haben, wie toll sie Sushi finden. Heute
fragt sie von sich aus nach Sushi.”
Spezifisch-sensorische Sättigung
Einerseits werden bekannte Speisen
von Kindern bevorzugt gegessen. An-
dererseits entsteht genau dadurch
eine Abneigung gegenüber der geliebten Speise, der ebenfalls evolutionsbiologische Mechanismus der spezifisch-sensorischen Sättigung. Dieser
sorgt für eine breitere Nahrungswahl,
sodass eine ausgewogene Nährstoffzufuhr gesichert ist.
&& Gelassen hinnehmen, wenn Kinder
über einen längeren Zeitraum nur
noch ihre Lieblingsspeise essen
möchten – irgendwann legt sich
das von allein und sie mögen auch
wieder andere und neue Speisen.
Aversionen
Aversionen können aus der spezifisch-sensorischen Sättigung heraus
entstehen oder wenn der Verzehr einer Speise mit einer unangenehmen
Erfahrung verbunden ist, entweder,
weil sich anschließend Übelkeit eingestellt hat (die aber nicht von der
Speise ausgegangen sein muss) oder
weil die Rahmenbedingungen beim
Essen als negativ empfunden wurden,
z. B. heftiger Streit am Tisch.
&& Kinder nicht zwingen, etwas zu
essen, was sie nicht mögen.
&& Für eine angenehme, entspannte
Essatmosphäre sorgen.
„Mein Sohn hat früher von mir
fast immer Möhren zum Butterbrot bekommen. Jetzt (27)
lehnt er rohe Möhren – egal in welcher
Kombination – ab und bezeichnet sie
als sein ‚Kindheitstrauma’.”
Assoziatives Lernen
Beim assoziativen Lernen werden zwei
Ereignisse miteinander verknüpft.
Bei der klassischen Konditionierung
(Pawlowsche Konditionierung) löst
ein Reiz, der nicht unbedingt direkt
etwas mit Essen oder Trinken zu tun
hat, Verlangen oder Ablehnung aus.
Die Aversion gegen ein Lebensmittel
ist ein Beispiel dafür. Ebenso kann
das Läuten der Kirchenglocke Hunger
auslösen, wenn dies das Signal z. B.
für den Beginn der Abendmahlzeit ist,
oder ein Kinobesuch kann die Lust auf
Popcorn auslösen, wenn dies miteinander verknüpft ist.
&& Mahlzeiten nicht mit anderen Reizen, wie Fernsehen, Kinobesuch,
Buch lesen, am Computer spielen
usw. koppeln.
Knack •Punkt
11
Schwerpunkt
Operantes Konditionieren bedeutet
Lernen durch eine, auf eine bestimmte Handlung/Verhalten erfolgte, positive Konsequenz. Löst der Verzehr
eines Lebensmittels oder einer Speise (beispielsweise Schokolade) eine
positive physiologische Wirkung aus,
z. B. Wohlbefinden, so wird dieses
Gefühl mit dem Lebensmittel assoziiert, so dass beim nächsten Anblick
des Lebensmittels das zu erwartende
Wohlgefühl den Wunsch nach Verzehr
hervorruft.
Ebenso kann eine atmosphärische Wirkung eintreten, wenn der
Verzehr des Lebensmittels mit einem
besonders schönen Erlebnis verbunden ist, z. B. eine besonders schöne
Geburtstagsfeier.
&& Gesundheitsfördernde Lebensmittel und Speisen in einer angenehmen Atmosphäre essen oder
mit angenehmen Erlebnissen
verbinden.
Zu dem operanten Konditionieren gehört auch die Erfahrung, dass ein Kind
die Aufmerksamkeit und Zuwendung
der Eltern erregen kann, wenn es behauptet, ein bestimmtes Lebensmittel
nicht zu mögen und daher nicht essen
zu wollen oder äußert, gar nichts essen zu wollen usw.
&& Eltern sollten dem Kind nicht zu
viel Aufmerksamkeit widmen und
sich schon gar nicht auf einen
Streit um das Essen einlassen.
„Da wir drei Kinder mit sehr
unterschiedlichen Abneigungen und Vorlieben haben,
habe ich keine Rücksicht darauf genommen, wenn jemand mal eine Zeitlang etwas nicht mochte. Ich habe
dem nur sehr wenig Beachtung geschenkt, so dass inzwischen alle Kinder fast alles essen, weil es ihnen
auch immer wieder angeboten wurde
mit häufig variierenden Zutaten, weil
jeder auch mal mitkocht.”
Flavour-Flavour-Lernen
Ein neues Lebensmittel wird eher akzeptiert, wenn es mit einem bereits
bekannten und akzeptierten Lebensmittel oder einer Speise kombiniert
angeboten wird. Auch dies ist eine
Form von assoziiertem Lernen.
&& Lebensmittel wie eine neue Gemüseart einführen, indem es z. B.
12
Knack •Punkt
mit der geliebten Soße angerichtet wird.
&& Bisher nicht akzeptierte Lebensmittel ebenfalls mit einem akzeptierten kombinieren.
„Um in meiner Familie Müsli zu
einer lieben Frühstücksgewohnheit werden zu lassen,
habe ich es mit wechselnden Zutaten
angeboten. Von Zeit zu Zeit melden sich
meine beiden Mädchen (inzwischen 12
und 14) mit Wünschen für ‚Sondermischungen’. Die Kleinkindvariante waren
Flocken mit Milch und ein paar Schokostreusel, zurzeit ist Apfel und drei
Stückchen Banane obendrauf, die aber
nicht so reif sein darf, gewünscht. Wenn
es weiter nichts ist, dann erfülle ich diese moderaten ‚Specials’ sehr gern –
Verwöhnen ist doch etwas Schönes!”
„Den ungeliebten Rosenkohl kombiniere ich immer mit den geliebten Möhren. So picken die Kinder hin und wieder auch mal ein Rosenkohlröschen
auf und probieren es.”
&& Aufregung, Langeweile, Trauer,
Angst, Schmerz u. a. können bei
Kindern Stress auslösen. Nicht
mit Essen darauf reagieren, sondern andere Entspannungsmöglichkeiten anbieten.
Genuss contra Verstand
PD Dr. Thomas Ellrott, Institut für
Ernährungspsychologie der Universität Göttingen schrieb 2010:
„Mit Essen und Trinken ist an erster
Stelle ein hedonistisches, also ein
Genussmotiv verbunden”. Es erklärt,
warum mit Appellen an die Vernunft
des Menschen wenig bewirkt werden
kann. Dies gilt auch für Kinder. „Nun
iss doch – dieses Gemüse hat so viele Vitamine!” – damit lässt sich zwar
Wissen vermitteln, gegessen wird das
Gemüse aber trotzdem nicht, wenn es
nicht schmeckt.
&& Den Geschmack und den Genuss
bei der Ansprache hervorheben:
Probier mal, das schmeckt echt
lecker.
Essen und Emotionen
„Zu den wichtigsten Funktionen des
Essens gehört, dass es emotionale Sicherheit vermittelt”, so Prof.
Hirschfelder, Universität Ravensburg (2007). Nicht nur deswegen ist
Essen – und das macht eine Verhaltensänderung sehr schwer – einer der
bedeutsamsten positiven Verstärker.
Hinzu kommt, dass es vor allem in
der Überflussgesellschaft überall und
immer in vielfältigen Variationen zur
Verfügung steht. Da es von Geburt an
mit Wohlgefühl verbunden ist, ist die
Verführung groß, es sowohl zum Trost
oder zur Beruhigung nach unangenehmen Erlebnissen als auch zur Belohnung nach angenehmen Ereignissen
einzusetzen. Damit wird es aber zu
einem Erziehungsmittel.
&& Mit Essen weder belohnen, noch
trösten oder beruhigen.
Stress macht – eigentlich –
appetitlos
Evolutionsbiologisch lösen Gefahrensituationen (früher z. B. durch wilde
Tiere) Stress und Stressreaktionen
aus. Die Reaktionen bestehen dann
jedoch nicht in Essen, sondern in
Weglaufen oder Angreifen, heute eher
im übertragenen Sinne.
„Ich hatte nie das Bedürfnis
zu sagen ‚das ist aber gesund’ weil ich selber nur unter dem Aspekt des Genusses koche
und esse.”
Belohnungsaufschub,
Abschreckungspädagogik, „gesund”
Im kindlichen Denken ist das Wörtchen „gesund” abstrakt. Ebenso
denken Kinder nicht in die Zukunft,
denn sie ist für sie nicht vorstell- und
erlebbar, schon gar nicht in Bezug
auf Ereignisse, die womöglich erst in
mehreren Jahren eintreten. Daher ist
das Argument „Wenn du viel Gemüse isst, dann bleibst du gesund oder
wirst später nicht krank” für Kinder
ein Belohnungsaufschub, der für sie
nicht nachvollziehbar ist. Ebenso ist
die Drohung „Wenn du so viel Süßes
ist, bekommst du Karies” als Abschreckung für ein Kind nicht nachvollziehbar, wenn das Kind feststellt, dass
es, obwohl es Gemüse gegessen hat,
am nächsten Tag einen Schnupfen
bekommt bzw. trotz Süßigkeiten am
nächsten Tag keine Zahnschmerzen
hat. Die Eltern verlieren an Glaubwürdigkeit und das Gemüse weiter an Attraktivität, während die Süßigkeiten
an Reiz gewinnen.
April 2013
Schwerpunkt
&& „Gesund” und „krank” als Argu-
mente für gesundheitsförderliches Essen und Trinken aus dem
Wortschatz gegenüber Kindern
und Jugendlichen streichen.
&& Auf Prophezeiungen über eintretende Konsequenzen verzichten.
„Ein Jugendlicher, bei uns zu
Gast, erzählt: ‚Bei uns gab es
Schokofondue. Ich habe noch
weiter gegessen, als alle anderen
schon fertig waren. Meine Mutter
meinte, mir würde bestimmt schlecht,
wenn ich noch weiter esse. – Mir wurde aber nicht schlecht!’”
Verknappung und Verbote
Werden bestimmte, besonders „ungesunde” Lebensmittel, z. B. Süßigkeiten, rationiert oder gar ganz verboten,
so löst dieses einen besonderen Reiz,
ein besonderes Verlangen aus: Die Kinder versuchen, die Restriktionen oder
Verbote zu umgehen und kaufen sich
die Lebensmittel selbst oder essen sie
beim Freund, wo sie vielleicht frei verfügbar sind. In Experimenten konnte
beobachtet werden, dass Kinder bei
Verboten/Restriktionen von den betroffenen Lebensmitteln sogar mehr
aßen als Kinder, denen keine strengen
Restriktionen auferlegt wurden.
&& Weniger gesundheitlich förderliche Lebensmittel und Speisen
nicht zu stark reglementieren.
„Den Umgang mit Süßigkeiten habe ich auf verschiedene
Weisen ausprobiert – mit unterschiedlichem Erfolg. Nicht bewährt
hat sich die ‚Wochenration Süßes’ für
jedes Kind. Bereits Mitte der Woche
war alles gegessen – auch die Ration
der Schwester und das mehrmals!”
„Ich esse gerne Süßigkeiten und hab
sie auch alle die Jahre immer offen
herumstehen lassen. Beide Kinder (24
und 20) essen nicht gerne Süßes.”
Fernsehen, Werbung
Fernsehen begünstigt Übergewicht,
denn in dieser Zeit bewegen die
Kinder sich nicht. Eventuell essen
und trinken sie sogar dabei, nehmen dann aber nicht die wichtigen
Innenreize der Sättigung wahr. Die
Werbung im Fernsehen hat jedoch
anscheinend keinen Einfluss auf das
April 2013
Körpergewicht. Allerdings verstärken
Lebensmittelverbote/-Restriktionen
durch die Eltern die Werbewirkung:
Das Verlangen nach dem beworbenen
attraktiven Lebensmittel wird erhöht,
wenn Eltern den Konsum verbieten
oder mit vernünftigen Argumenten
versuchen, davon abzuhalten.
&& Zeit vor dem Fernseher, Spielekonsole, Computer einschränken.
&& Beim Lesen, Fernsehen usw. nicht
essen und trinken.
oder -spieße – auch mal mit Schokolade – zu machen. Sie bekommen immer viel Lob von den Gästen. Die Kinder machen es nun auch häufig nur
für sich oder für bzw. mit ihren Freunden.”
„Brotgesichter mit Kindern zu machen
geht schnell, macht Spaß und ist vielseitig für die Ernährung.”
„Mein Sohn (19) kauft sich
schon mal Chips und isst die
Tüte vor dem Computer komplett auf, egal ob sie klein oder groß
ist. Immerhin isst er nur eine halbe
Tüte, wenn ich ihn auf den Effekt der
Ablenkung aufmerksam mache.”
Kinder kooperieren gerne,
werden gerne einbezogen
Wenn Kinder sich angenommen und
wertgeschätzt fühlen, kooperieren
sie gerne. Sie sind dann auch bereit,
von neuen Lebensmitteln und Speisen zu probieren. Dies verweigern sie
aber, wenn sie dazu gezwungen werden. Zur Wertschätzung gehört auch,
dass sie in Tätigkeiten der Speisenzubereitung – altersgemäß – einbezogen werden. Kinder und Jugendliche möchten für die Familie und die
Gemeinschaft wertvoll sein und sie
verspüren den Wunsch nach Erwachsenensein. Durch Partizipation erwerben sie Sicherheit und Selbstständigkeit. Hinzu kommt: Im Umgang mit
Lebensmitteln wird nebenbei all das
Wissen angeeignet, das mit Ansprachen auf rein kognitiver Ebene zum
Scheitern verurteilt ist. Und: es wird
eine „Beziehung” zum Lebensmittel
und zur Speise „gestiftet”, die dazu
führt, dass es eher akzeptiert und gegessen wird (Methfessel 2005).
&& Kinder und Jugendliche mit
Selbstverständlichkeit in die Zubereitung von Speisen einbinden.
&& Zum Probieren von neuen Lebensmitteln ermuntern, aber nicht
zwingen.
&& Zeigen, dass man selbst mit Freude und Genuss Speisen zubereitet
und isst.
„Bei unseren Partys ist der
Job unserer Kinder (9 und 12)
seit vielen Jahren, Obstsalat
Sozialisation am Esstisch
Die gemeinsame Mahlzeit ist die ursprünglichste aller Gemeinschaften.
Nach Barlösius (1999) gilt es als
„unbestritten”, dass es „keine andere
soziale Institution gibt, die in ähnlicher Weise Gleichheit, Gemeinschaft,
Zugehörigkeit symbolisiert.” Am Tisch
gelten familieninterne Regeln und
Rituale, werden Fähigkeiten und Fertigkeiten gelernt, die den Kindern Sicherheit auch in der Gesellschaft verleihen. (s. Knack•Punkt 6/2010, S. 10ff)
&& Gemeinsam mit der Familie
das Essen zubereiten und Tisch
decken.
&& Gemeinsam in der Familie essen
und trinken – so oft wie möglich.
&& Gemeinsam Regeln und Rituale
festlegen, damit sich jeder bei der
Mahlzeit wohl, angenommen und
sicher fühlt.
&& Kein Zwang, kein Streit am Familientisch.
Beobachtungslernen,
Nachahmungslernen
Das wichtigste aller Lernprinzipien ist
das Lernen am Modell. Modelle sind
– möglichst positiv besetzte – Vorbilder: In den ersten Lebensjahren die
Eltern und andere Bezugspersonen,
die positive Beziehungen zu den Kin-
Knack •Punkt
13
Schwerpunkt
dern besitzen. Nach und nach kommen Freunde, Lehrer, Prominente und
andere hinzu.
Dieses Prinzip geht weit über die
oben beschriebenen Mechanismen
und daraus abgeleiteten Tipps und
Tricks hinaus, denn es erwartet von
den Eltern nicht nur, dass sie von den
Kindern ein bestimmtes Verhalten
verlangen, sondern sie müssen sich
auch selbst daran halten. Was immer
sie an Regeln, Ritualen, Vereinbarungen, Erwartungen an das Essen und
das Essverhalten ihrer Kinder haben,
sie müssen es selbst vormachen.
Und dann geschieht in der Regel alles
ganz von alleine: Die Kinder machen
es nach! Das gilt übrigens auch für
die Zeit, in der Jugendliche sich im
Bestreben nach Autonomie, Abgrenzung und Zugehörigkeit zu ihrer Peer
Group Junk Food zuwenden. Denn die
Zuwendung beschränkt sich auf die
Zwischenmahlzeiten und nicht auf die
Familienmahlzeiten.
&& Vorbild sein – auch beim Essen
und Trinken! Bis die Kinder aus
dem Haus sind!
„Meine Tochter (17) passt regelmäßig
auf einen Grundschüler auf, in dessen
Familie es meistens Fertiggerichte
gibt. Inzwischen hat sie mit dem Kind
einfache Gerichte gekocht und nimmt
sich auch mal Möhren mit, wenn der
Abend lang wird. Für den Jungen ist
das ‚echt cool’ und viel interessanter
als Gummibärchen.”
„Von Anfang an wurden die Kinder in
die Arbeiten in der Küche miteinbezogen. Wir haben uns vorher immer die
Hände gewaschen und eine Schürze
umgebunden. Das machen die Kinder
heute (15 und 14) immer noch.”
Eigentlich ganz einfach …
Die Familie hat es also ganz wesentlich in der Hand, ein gesundheitsförderndes Essverhalten zu vermitteln.
Eigentlich lässt sich alles auf einfache
Formeln bringen:
&& Die Eltern sollten die Verantwor-
tung für das übernehmen, was
sie den Kindern zum Essen und
Trinken anbieten und wie sie dies
tun (Regeln, Atmosphäre), und sie
sollten den Kindern die Verantwortung dafür überlassen, sich
aus dem Angebot auszusuchen,
was und wie viel sie essen möchten, ganz im Vertrauen darauf,
dass die Kinder sich von ihren
Gefühlen für Hunger, Sättigung
und Geschmack lenken lassen.
&& Die Eltern sollten ein gutes Vorbild abgeben und selbst gesundheitsförderlich essen und trinken.
Dabei sollten sie Essen mit
Genuss, Freude und Entspannung
verbinden.
&& Das Ganze sollten die Eltern mit
Gelassenheit angehen und sich
in keinen Kampf um das Essen
einlassen.
„Wer 20 Jahre lang richtig gegessen
hat, kann auf die Stabilität seines Essverhaltens bauen und erwarten, auch
später nicht übergewichtig zu werden
– wenn zusätzlich auch die Bewegung
stimmt.”, so Prof. Volker Pudel.
… und doch ohne Garantie!
Wie den Berichten der Kolleginnen zu
entnehmen ist: Manches Mal haben
die Regeln funktioniert, manches Mal
aber auch nicht, ohne dass sich unbedingt eine Ursache dafür finden ließe.
Eine Garantie, dass sich ein gesundheitsförderndes Essverhalten entwickelt, gibt es nämlich leider nicht! Die
Erfahrung zeigt, so das Frankfurter
Zentrum für Ess-Störungen, dass
Kinder, bei denen die Eltern vieles
„falsch” gemacht haben, dennoch
ein gutes Essverhalten aufweisen
können. Bei Eltern, die alles „richtig”
gemacht haben, können die Kinder
trotzdem seltsame Essgewohnheiten
bis hin zu Essstörungen entwickeln.
Denn es gibt eine Fülle von weiteren
Einflussfaktoren, von der genetischen Veranlagung über Persönlichkeitsmerkmale, Familienstrukturen,
Lebensumstände usw., die zu einer
Essstörung führen können. Dabei
trifft niemanden eine Schuld (siehe
Rezension S. 19)! Ernährungsberater/innen sollten sich davor hüten, einen
bestimmten Stil der Ernährungserziehung als Ursache für Übergewicht
oder eine Essstörung des Kindes anzusehen oder zu bezeichnen.
Allerdings, darauf weist Dr. Thomas Ellrott, hin: Essstörungen ist
gemeinsam, dass das Essen einer
rigiden Kontrolle unterliegt und der
Affektregulation dient. Daher ist es
klug, in der Erziehung auf Verbote, Belohnung, Bestrafung und Trost mittels
Essen zu verzichten.
Prof. Beate Herpertz-Dahlmann, Kli-
„Bei uns gab und gibt es sehr
viel Bio. Nachdem er im Alter
von 12/13 Jahren eine vegetarische Phase hatte, beschwerte sich
mein Sohn mit 15 Jahren: ‚Immer dieser
Öko-Kram – ich kann es nicht mehr sehen.’ Ich bin da nicht drauf eingegangen und habe einfach weiter Bio und
auch mal vegetarisch gekocht. Heute
hat er (27) seinen eigenen Haushalt
und kauft noch mehr Bio ein als ich.”
14
Knack •Punkt
Dieses entspricht einem wertschätzenden (autoritativen) Erziehungsstil, der als vielversprechendster Erziehungsstil angesehen wird. Jesper
Juul, ein dänischer Familientherapeut
(2002), spricht davon, „sich unter
Einbeziehung des Kindes direkt, persönlich, einfühlsam und respektvoll
zu verhalten”. Die oben aufgeführten
einzelnen Tipps können dabei hilfreich sein, sollten aber individuell gehandhabt und authentisch gelebt werden. Und dann heißt es für die Eltern:
Warten, warten, warten …
nik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Aachen,
empfiehlt Eltern, die das Gefühl haben, dass das Thema „Essen” einen
zu großen Raum in der Familie einnimmt, sich professionell beraten zu
lassen. (mf)
Quellen: S. 19
Wie bedanken uns ganz herzlich bei den
Kolleginnen, die zu diesem Schwerpunkt
beigetragen haben, auch wenn nicht alle
Berichte berücksichtigt werden konnten.
April 2013
Neues aus Wissenschaft und Praxis
... kurz gefasst
Forschungsziel „Lebensmittel gegen Demenz”
Am 2. November 2012 wurde in Lausanne, Schweiz, das
Nestlé Institute of Health Sciences (NIHS) offiziell eingeweiht. Aufgrund der gleichen bzw. ähnlichen Abkürzung
ist es leicht zu verwechseln mit der japanischen Behörde
National Institute of Health Sciences (NIHS) und der USBehörde National Institutes of Health (NIH). Beim Nestlé
Institute handelt es sich jedoch um privatwirtschaftliche
Forschung, die die kontinuierlich und rasant zunehmende
Prävalenz von komplexen chronischen Krankheiten durch
ein präventives Konzept bekämpfen will. In erster Linie konzentriert man sich dort auf die Verbesserung/ Verlängerung
des Leben durch eine ausgewogene Ernährung, angepasst
an die individuellen Alters-, Genetik- und Lebensumstände.
Es geht dabei um Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf- und
neurologische Erkrankungen sowie Alterung. Wie Dr. Emmanuel E. Baetge, anerkannter Stammzellenforscher und wissenschaftlicher Leiter des NIHS, zur Eröffnung des Instituts
sagte, gehe es vor allem darum, die Beziehung zwischen
dem individuellen Genom einer Person, ihrer Ernährung und
ihrem Lebensstil zu verstehen. Basierend auf diesem Wissen und einer umfassenden molekularen Diagnostik sollen
dann Ernährungskonzepte auf personalisierter Basis entwickelt werden, die in der Lage sind, die Entwicklung von Diabetes oder Alzheimer-Demenz zu verzögern.
Derzeit konzentrieren sich bis zu 150 hoch qualifizierte Wissenschaftler auf die Themen „metabolische Gesundheit”,
„gastrointestinale Gesundheit” und „Hirngesundheit”. Insbesondere beim Thema Hirngesundheit/Demenz wird ein
Bedarf an innovativen Lösungen gesehen, da die zum kognitiven Verlust führenden biologischen Prozesse vermutlich
10-20 Jahre vor den ersten klinischen Symptomen bzw. der
Diagnose einsetzen. Die Prävention muss also schon sehr
früh beginnen. Derzeit versucht man potenzielle molekulare
Marker für eine präklinische Demenz zu identifizieren. Parallel dazu werden Lebensmittelinhaltsstoffe und Pflanzenextrakte auf ihre Fähigkeit getestet, Demenzerkrankungen
zumindest zu verzögern. Das Institut wird außerdem das neu
gegründete Nestlé Health Science Unternehmen bei der
Entwicklung von innovativen Konzepten und Produkten „an
der Schnittstelle zwischen Lebensmittel- und Pharmaindustrie” unterstützen.
Quellen: Forschungsziel personalisierte Ernährung. Ärzte Zeitung online
vom 08.01.13  www.nestleinstitutehealthsciences.com, abgerufen
08.01.13
Fruktose: Mehr Gewicht durch geringere Sättigung
Die stark gestiegene Verwendung von Fruktose bzw. „High
Fructose Corn Syrup” anstelle von Saccharose oder Glukose als Süßungsmittel steht seit einigen Jahren im Verdacht,
zum Anstieg der Übergewichtsprävalenz beizutragen.
Noch vor einigen Jahren wurde der Einsatz von Fruktose
positiv bewertet, da Fruktose den Blutglukosespiegel nicht
ansteigen lässt und kein zusätzliches Insulin ausgeschüttet
werden muss. Inzwischen wird das anders gesehen. Das hat
u. a. dazu geführt, dass es seit Oktober 2012 keine Diabetiker-Lebensmittel mehr gibt.
April 2013
Insulin gehört zu den Sättigungshormonen. Untersuchungen
an der Yale University School of Medicine in New Haven
haben nun Hinweise darauf gegeben, dass es bei Verwendung von Fruktose bei gleicher Kalorienmenge zu einem geringeren Sättigungsgefühl kommen könnte: 15 Minuten nach
der Aufnahme eines Getränks mit 75 g Glukose kam es zu
einem Abfall des regionalen Blutflusses im Hypothalamus
– dort befindet sich das Hungerzentrum –, den Prof. Kathleen Page als Sättigung interpretiert. Nach dem mit 75 g
Fruktose gesüßten Getränk blieb diese Wirkung aus. Die Ergebnisse korrelierten mit den Angaben der Probanden zur
Sättigung, die nach dem Glukose-Getränk früher eintrat als
nach dem Fruktose-Getränk. Die Blutuntersuchungen zeigten, dass das Glukose-Getränk zum erwarteten Anstieg von
Blutzucker und Insulin führte. Aus Versuchen an Nagern ist
bekannt, dass die Injektion von Glukose in die Hirnventrikel
die Nahrungsaufnahme herabsetzt, während sie nach der
Injektion von Fruktose zunimmt. Allerdings liefert die Studie
nur eine Erklärung, nicht den Beweis für eine solche Wirkung
der Fruktose – immerhin schmeckt ein solches Getränk auch
deutlich süßer. Zum Beweis wären klinische Humanstudien
über längere Zeit erforderlich.
Quellen: Page KA et al. (2013): Effects of Fructose vs Glucose on Regional
Cerebral Blood Flow in Brain Regions Involved With Appetite and Reward
Pathways. JAMA 309 (1): 63-70. doi:10.1001/jama.2012.116975  Erhöhte
Aufnahme von Fruktose ist für Diabetiker nicht empfehlenswert. Stellungnahme BfR 41/2009 vom 06.03.09
Raps als Eiweißquelle für Lebensmittel
An der Universität Jena wurde die weltweit erste Studie zur
Verwertung von Rapseiweiß beim Menschen durchgeführt,
deren Ergebnisse kürzlich publiziert wurden. 2010 wurden
in der EU 12,8 Mio. Tonnen Rapsschrot (ca. 20 % Eiweiß) verfüttert. Prof. Jahreis: „Wir sind sehr daran interessiert, diese
wertvolle Eiweißquelle direkt für die menschliche Ernährung
zu erschließen”. Es gab keine Unterschiede in der Bioverfügbarkeit zwischen den beiden Proteinträgern Soja und Raps.
Konkret: Soja könnte vollständig durch heimisches Rapsprotein ersetzt werden. Für die Studie haben 28 Studienteilnehmer vergleichend Raps- bzw. Sojaprotein gegessen. Nach
der Mahlzeit wurden jedem Studienteilnehmer acht Blutproben entnommen und die Aminosäurenanflutung im Blut
analysiert. Die Ergebnisse waren gleich, egal ob Soja- oder
Rapsproteine aufgenommen wurden. Rein technisch gesehen ist die Proteinextraktion aus Raps etwas aufwändiger
– dafür entfallen die Transportkosten aus Südamerika. Da
Raps-Eiweiß nicht schon vor dem 15. Mai 1997 in nennenswertem Umfang in der EU verzehrt wurde, gilt es als neuartiges Lebensmittel und muss nach Novel-Food-Verordnung
(VO (EG) 258/97) zugelassen werden. Ein Antrag auf Zulassung durch eine Schweizer Firma (Bioresco Ltd., Basel) liegt
seit Juni 2012 vor. Die Food Safety Authority of Ireland
(IRL) hat dem Einsatz bereits zugestimmt. (AC)
Quellen: PM Universität Jena vom 28.01.13  www.agrarheute.com/eiweissimporte, Stand: 05.06.12, abgerufen am 15.03.13  http://ec.europa.
eu/food/food/biotechnology/novelfood/app_list_en.pdf, abgerufen am
01.03.13
t http://dx.doi.org/10.1016/j.clnu.2012.11.005
Knack •Punkt
15
Neues aus Wissenschaft und Praxis
Lebensmittelhygiene
Erreger in pflanzlichen Lebensmitteln
unterschätzt?
T
iramisu mit rohen Eiern oder frisches Hackfleisch sind bekanntlich
kritische Speisen, weil sich hier Bakterien schnell vermehren können. Doch
auch pflanzliche Lebensmittel können
Krankheiten übertragen. Das haben
der heftige Brechdurchfall durch verunreinigte Tiefkühl-Erdbeeren und der
dramatische Ausbruch von EHEC über
Sprossen deutlich gezeigt.
Anfang Oktober 2012 erkrankten
laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 10.950 Personen an
schwerem Durchfall mit Erbrechen.
Betroffen waren überwiegend Kinder und Jugendliche sowie Betreuungspersonal von insgesamt 390
Gemeinschaftseinrichtungen, vor allem Kindertagesstätten und Schulen.
Das Robert Koch-Institut (RKI) bezeichnet den Ausbruch als den „bisher größten lebensmittelbedingten
Ausbruch an akutem Brechdurchfall
in Deutschland”. Ursache waren mit
großer Wahrscheinlichkeit aus China
importierte tiefgekühlte Erdbeeren,
die mit Noroviren infiziert waren. Über
Nachtisch, der unerhitzte oder nicht
ausreichend erhitzte Früchte enthielt,
verbreiteten sich die Viren in mindestens zehn regionalen Küchen eines
Cateringunternehmens.
Geradezu bedrohlich wirkte die
sich schnell ausbreitende EHEC-Infektion im Frühsommer 2011. Dabei
trat ein außergewöhnlicher Stamm
des enterohämorrhagischen Escherichia coli, EHEC-Stamm O104:H4, in
Erscheinung, über den bis dato wenig
bekannt war. Diese Darmbakterien
verursachten heftige blutige Durchfälle mit schwerwiegenden Komplikationen, bis hin zu akutem Nierenversagen,
hämolytisch-urämisches
Syndrom (HUS) genannt. Diese von
Mai bis Juli 2011 auftretenden Infektionen gelten bezogen auf die Anzahl
der Komplikationen mit HUS-Fällen
als weltweit größter EHEC-Ausbruch.
Ingesamt erkrankten 3.842 Menschen, 53 starben. Eine Ursache, gegen die man hätte vorgehen und die
eine weitere Ausbreitung hätte verhindern können, war lange nicht in Sicht.
Zwar konnten letztlich rohe Sprossen,
16
Knack •Punkt
die aus kontaminierten ägyptischen
Bockshornkleesamen gezüchtet wurden, als Überträger ermittelt werden.
Doch der Erreger selbst ließ sich in
den Samen nicht aufspüren. Weitere
Ausbrüche über unerhitzte bzw. nicht
ausreichend erhitzte Mungobohnensprossen oder über portionierte
Wassermelonen aus Südamerika unterstreichen, dass auch Pflanzliches
durchaus ein Risiko in sich birgt. Experten weisen darauf hin, dass derzeit
für die meisten Lebensmittel geeignete Nachweisverfahren fehlen. Auch
hinsichtlich der Übertragungswege
und einer effektiven Bekämpfung besteht Forschungsbewwwwwdarf.
Mehr pflanzliche
Lebensmittel betroffen?
Wenn mindestens zwei Personen im
Zusammenhang mit dem gleichen
Lebensmittel erkranken, besteht der
Verdacht auf einen lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch. Seit
2005 dokumentiert das BfR solche
Fälle. Eine im September 2012 veröffentlichte Statistik führt insgesamt
90 Krankheitsausbrüche für das Jahr
2011 auf, bei 50 ließ sich die Ursache
eindeutig auf ein Lebensmittel zurückführen.
An den meisten Erkrankungsfällen (34) waren Salmonellen beteiligt;
von besonderer Bedeutung erwiesen
sich zudem Noroviren (14). Campylobakter, Bacillus cereus und Histamin
spielten als Auslöser ebenfalls eine
nennenswerte Rolle. Die Erreger verbreiteten sich hauptsächlich über
Fertig-Lebensmittel und zubereitete
Speisen, gefolgt von Gerichten mit
Fleisch. Frischgemüse findet sich zusammen mit feinen Backwaren wie
Torten schon auf dem 3. Platz der verursachenden Lebensmittelgruppen.
Betrachtet man die einzelnen Auslöser, zeigt sich, dass die Anzahl der
Infektionen durch Salmonellen in den
letzen Jahren relativ gleich geblieben
sind. Auffällig ist im Vergleich zu den
Vorjahren ein deutlicher Anstieg von
Erkrankungen aufgrund von Bacillus
aureus, Campylobakter und Noroviren.
Rund ein Drittel der erfassten Fälle
traten aufgrund eines Restaurantessens auf; mit 20 % spielte der Privathaushalt eine deutlich größere Rolle
als Schulen und Kindergärten (10 %),
oder Betriebskantinen (8 %). Schlusslichter sind mit 4 % Krankenhäuser
oder medizinische Einrichtungen und
nur in 2 % der Fälle Altersheime.
Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat 2012
gezielt untersucht, welchen Anteil
pflanzliche Lebensmittel am Ausbruch lebensmittelbedingter Infektionen haben. Es zeigte sich, dass
nach wie vor tierische Lebensmittel
mit 90 % eindeutig dominieren. Im
Zeitraum der Datenerfassung zeichnete sich allerdings eine Zunahme an
pflanzlichen Lebensmitteln als Auslöser ab. Dabei gehen Infektionen über
pflanzliche Lebensmittel mit mehr Erkrankungsfällen einher; bezogen auf
die Zahl der Krankenhausaufenthalte
und Todesfälle fallen sie aber weniger
heftig aus.
Was sind die Gründe, was ist zu tun?
Erklärungsansätze, warum bakterielle
Ausbrüche über pflanzliche Lebensmittel zunehmen, gibt es einige. Im
Hinblick darauf, dass Restaurants und
Privathaushalte die Liste anführen,
sind mangelnde und unzureichend
umgesetzte Hygiene-Kenntnisse sicher eine wesentliche Ursache. Unzureichende Kühlung halten die Behörden für das größte Manko. Wer
außerdem Gemüse und Obst vor dem
Verzehr nicht gut wäscht, riskiert,
dass sich mögliche pathogene Erreger
vermehren. Pflanzliche Lebensmittel
sollten über Messer und Schneidbretter nie in Kontakt mit rohem Fleisch,
April 2013
Neues aus Wissenschaft und Praxis
insbesondere Geflügel, kommen.
Auch unzureichendes Händewaschen
ist zu nennen. Hier gilt es, zum einen
die Verbraucher besser zu schulen
und von klein auf in Bildungseinrichtungen praktische Küchen- und Hygienefertigkeiten zu vermitteln. Zum
anderen müssen staatliche Überwachungsämter Restaurants vermehrt
kontrollieren und die Ergebnisse publik machen. Genau dazu wäre die
bundesweite Implementierung des
Smiley-Systems oder eines Kontrollbarometers für die Gastronomie wegweisend. Mit dem einfachen Symbol
könnten Verbraucher auf einen Blick
erkennen, ob ein hoher Hygienestandard herrscht oder eben nicht. In
Nordrhein-Westfalen gibt es zumindest einige Betriebe (ca. 460), die im
positiven Sinne gekennzeichnet sind
(s. Knack•Punkt 2/2011, S. 12f).
Das ganzjährige Angebot aller
Gemüse- und Obstsorten unabhängig von der Jahreszeit führt – ebenso
wie die Suche nach immer billigeren
Lebensmitteln – zu steigenden Lebensmittelimporten. Die Erzeugnisse
des globalen Warenverkehrs lassen
sich jedoch schwerer kontrollieren.
Begrenzte Budgets für Essen in der
Gemeinschaftsverpflegung wie Kindergärten oder Schulen, machen
ebenfalls nicht selten die Suche nach
dem günstigsten Anbieter nötig. So
hat das Cateringunternehmen, das
für den Noroviren-Ausbruch im letzten Oktober verantwortlich war, sicher
wie viele Anbieter das Problem, dass
Schulessen nicht viel kosten darf.
Und statt im Herbst, wo es reichlich
einheimische Früchte gibt, auf das
jahreszeitliche, regionale Angebot
zurückzugreifen, war es offensichtlich
günstiger, tiefgekühlte Erdbeeren aus
Fernost zu importieren. Gleichzeitig
muss hier von mangelnder Sorgfaltspflicht ausgegangen werden. Denn
Noroviren gelten bekanntermaßen als
besonders kälteresistent und können
selbst in tiefgekühltem Zustand jahrelang infektiös bleiben. Inzwischen
weist ein aktuelles BfR-Merkblatt
Mitarbeiter in der Gemeinschaftsverpflegung explizit daraufhin, dass
Risikogruppen Sprossen und Tiefkühlbeeren nicht ohne ausreichende
Wärmebehandlung verzehren sollten.
Das betrifft Säuglinge und Kleinkinder bis 5 Jahre, (betagte) Senioren,
Schwangere sowie Menschen mit
schwachem Immunsystem.
April 2013
Eine Rolle spielt sicher auch der Einsatz immer mehr vorverarbeiteter
Produkte wie vorgeschnittene Salate,
fertige Nudelsoßen etc. im Privathaushalt, in der Gastronomie und auch in
der Gemeinschaftsverpflegung. Ob
bei Tiefkühlkost, deren Absatzzahlen
immer weiter steigen, stets eine ununterbrochene Kühlkette gewährleistet werden kann, scheint ebenfalls
fraglich.
Bio ein Problem?
Ob Bio-Produkte eher mit gesundheitsgefährdenden Erregern belastet
sein können, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Das BfR schreibt
dazu in seinem Abschlussbericht zur
EHEC-Infektion, dass in organischen
Düngemitteln durchaus Krankheitserreger und andere pathogene Keime
vorhanden sein können, die ein Gesundheitsrisiko darstellen könnten.
Über Oberflächenwasser, in das Keime
aus dem Kot bei Weidehaltung gelangen können, ist eine Kontamination
ebenso möglich wie über belastetes
Tränkwasser für die Nutztiere. Ausreichende Erhitzung bei der Lebensmittelherstellung tötet mögliche Krankheitserreger zwar ab, nicht jedoch
hitzeresistente Sporenbildner. Ein
hygienisches Risiko ist daher durch typische Düngemittel wie Mist und Jauche nicht auszuschließen. Das Forschungsinstitut für Biologischen
Landbau (FiBL) schließt in einer Stel-
lungnahme dazu ein Restrisiko zwar
ebenfalls nicht aus – das gelte aber
genauso für die konventionelle Landwirtschaft mit ihrer Gülleausbringung.
Ein höheres Risiko des Bio-Landbaus
lasse sich durch die beobachteten
Ausbrüche in der Vergangenheit nicht
erkennen. Wissenschaftler des FiBL
sind sogar überzeugt, dass die Fütterungsvorschriften im Bio-Landbau
zu weniger pathogenen Erregern in
den Tieren führen würden. Die hohe
Bodenfruchtbarkeit und fachgerechte Aufbereitung der Hofdünger sorgten zudem für ein rasches Absterben
möglicher Krankheitserreger.
Pflanzen als unbekannte Überträger
Inwieweit die steigende Zahl an Infektionen über Gemüse und Obst auch
mit bestimmten, noch wenig erforschten Mechanismen humanpathogener
Erreger zu tun hat, damit beschäftigen
sich Biologen der Universität Gießen. So zeigen neuere Berichte, dass
Salmonellen nicht nur passiv überleben, sondern auch aktiv Pflanzen infizieren können. Diese Bakterien sind
nach aktuellen Kenntnissen in der
Lage, an der Oberfläche der Pflanzen
zu haften und aktiv in das Innere zu
gelangen. Weitere Studien müssen
zeigen, wie sich diese Erkenntnisse
nutzen lassen. Möglicherweise spielt
der Klimawandel ebenfalls eine Rolle.
Experten gehen davon aus, dass die
zu erwartenden höheren Temperaturen auch zu mehr Infektionen führen
werden. Statistische Analysen wiesen
auf einen deutlichen Zusammenhang
zwischen Temperatur und der Häufigkeit von über Lebensmittel übertragenen Krankheitserregern hin. Ein Beispiel sei der Campylobacter, der als
Auslöser bereits häufiger beteiligt ist.
Als Gefahr sehen die Experten auch
eingeschleppte Bakterien, die hier
künftig bessere Überlebenschancen
finden werden.
Fazit
Erreger auf Lebensmitteln werden sich
nicht völlig vermeiden lassen. Die
Beachtung und Schulung von gründlicher Hygiene in Betrieben sowie
Privathaushalten sind entscheidende
Ansatzpunkte, um ihre Ausbreitung
zu verringern. Mehr Kontrollen von
Gemüse und Obst auf krankheitsauslösende Keime sind von Herstellern
wie von behördlicher Seite zu fordern.
Über ein schnelles Warnsystem müssten Verbraucher über die Ergebnisse
umgehend informiert werden. Bisher
sind Unternehmen zwar verpflichtet,
die Verbraucher vor gesundheitsschädlichen Produkten zu warnen,
unter anderem über die Internetseite
lebensmittelwarnung.de. Doch wie
schnell die Warnung wirklich online
gestellt wird, überlässt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit den Herstellern
und Händlern. Die Ausbreitung pathogener Erreger bekommt durch eine
wachsende Anzahl an resistenten Keimen noch zusätzliche Brisanz. (ul)
Quellen: S. 19
tt www.umwelt.nrw.de/
verbraucherschutz/lebensmittel/
smiley
tt www.bfr.bund.de/de/
presseinformation/2013/05/
tiefkuehlbeeren_vor_
dem_verzehr_besser_gut_
durchkochen-133013.html
tt www.lebensmittelwarnung.de
Knack •Punkt
17
Bücher und Medien
S. Wild (Hrsg.)
MKULNV und MSW (Hrsg.)
C. Raschka, S. Ruf
Sich die Ernte teilen ...
– Einführung in die
Solidarische Landwirtschaft
Das EU-Schulobstprogramm
Nordrhein-Westfalen
Sport und Ernährung
D
as Konzept der Solidarischen
Landwirtschaft der „Community
supported agriculture – CSA” wird bereits seit über 30 Jahren in vielen Ländern erfolgreich praktiziert, wobei die
konkrete Ausgestaltung von den Bedingungen des jeweiligen Hofes und
den Bedürfnissen der Personen vor
Ort abhängig ist. In der Solidarischen
Landwirtschaft arbeiten bäuerliche
Betriebe, die eine Gruppe von Verbrauchern direkt mit Lebensmitteln
versorgen. Diese Gruppe finanziert
die landwirtschaftlichen Tätigkeiten,
teilt sich die Ernte und trägt die Risiken des Betriebes gemeinsam mit
den Bauern. So werden sie quasi zu
Mit-Bauern in „ihrem” Betrieb und
tragen Mitverantwortung für die Art
und Weise der Bewirtschaftung und
die Zukunft des Bodens. Das Konzept
gründet sich auf den fünf Pfeilern „Zusammenschluss von Erzeugern und
Verbrauchern”, „Sichere Finanzierung
der landwirtschaftlichen Tätigkeit”,
„Teilung der Risiken, z. B. bei Produktions- und Ernteausfällen”, „Umwelt
und Ressourcen schonende Anbauweise – lokal-regionale Versorgung
für Verbraucher” und dem „Hof als
Begegnungs- und Lernort”.
Teil 1 der Broschüre beschreibt
ganz praktisch die Entwicklung von
der Initiative über die Planung bis zur
Gründung und zeigt wie Vereinbarungen, Rechtsform und Finanzierung
aussehen können. In Teil 2 wird die
Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft in Deutschland und weltweit beschrieben. Teil 3 enthält Projektberichte von fünf in Deutschland
nach den Prinzipien der Solidarischen
Landwirtschaft arbeitenden Höfen. Im
Anhang findet sich ein Serviceteil mit
wichtigen Dokumenten für die Praxis.
Die Broschüre bietet Interessierten einen Einstieg in die relevanten Aspekte für den Aufbau von solidarischen
Landwirtschaften, gibt Erfahrungswissen weiter und enthält Hinweise für
weiterführende Informationen. (WF)
Wild, Stephanie (Hrsg.): Sich die Ernte teilen …
– Einführung in die Solidarische Landwirtschaft,
90 Seiten, Printsystem Medienverlag, Heimsheim 2012, ISBN 978-3-938295-61-8, 13,80 €
18
Knack •Punkt
D
as Schulobstprogramm der EU
wird bereits seit 2010 an nordrhein-westfälischen Grund- und Förderschulen durchgeführt. Derzeit
erhalten etwa 110.000 Kinder an 580
Schulen kostenlos Gemüse und Obst.
Außerdem können die beteiligten
Schulen sich seit dem letzten Schuljahr auch für eine Unterrichtseinheit
mit einer der nordrhein-westfälischen
LandFrauen anmelden. In den dritten Klassen der Schulen sprechen sie
mit den Kindern darüber, was alles
zu einem gesunden leckeren Frühstück gehört. Auch praktisch dürfen
die Schüler mitmischen, denn Frühstücksbrote und Gemüse-Fingerfood
werden im Praxisteil der Unterrichtseinheit selbst hergestellt. Weitere
Informationen über das Programm
bietet ein neues Faltblatt. Es informiert über Ziele und praktische Programmumsetzung sowie die Teilnahmebedingungen und gibt Tipps und
Anregungen, wie die gesunde Ernährung von Kindern auch zu Hause unterstützt werden kann. (AC)
tt www.umwelt.nrw.de/
verbraucherschutz/pdf/faltblatt_
schulobst_2012.pdf
tt www.schulobst.nrw.de
M
it vielen Definitionen, einer gut
verständlichen Sprache und
zahlreichen Praxistipps präsentiert
sich dieses Buch. Die Autoren legen
großen Wert auf wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse, welche durch
die in jedem Kapitel aufgeführten
Quellen gut nachvollziehbar sind.
Inhaltlich greift das Buch eine große
Bandbreite an Themen rund um die
Christoph Raschka, Stephanie Ruf: Sport und
Ernährung. Wissenschaftlich basierte Empfehlungen und Ernährungspläne für die Praxis,
202 Seiten, Thieme Verlag, Stuttgart 2012, ISBN
978-3-13-167151-6, 39,99 €
Sporternährung auf, angefangen von
ernährungsphysiologischen Grundlagen über verschiedene Energiequellen
bis hin zur durchaus auch kritischen
Auseinandersetzung mit Supplementen (Vitamine, Mineralstoffe, Proteine), Wettkampfernährung, Trinkempfehlungen, leistungssteigernden
Substanzen und Essstörungen bei
Sportlern. Die Lebensmittelpyramide
für Sportler macht die Empfehlungen
sehr anschaulich. Welche Fragen auch
immer ein Leser zur Sporternährung
haben mag, die Wahrscheinlichkeit,
in diesem Buch Antworten darauf zu
finden, ist hoch.
Das Buch ist sowohl für fachkundige Leser als auch für interessierte
Sportler ohne ernährungswissenschaftlichen Hintergrund eine echte
Hilfe – u. a. durch die im letzten Teil befindlichen Ernährungspläne, Rezepte
sowie Links zu Fachzeitschriften und
empfehlenswerten Internetseiten. (SL)
April 2013
Bücher und Medien
Quellenverzeichnis
Stiftung Warentest (Hg.)
„Wenn Hänschen gute Vorbilder hatte ...”,
S. 10ff
Essstörungen
W
eder die Betroffenen selbst auf zurzeit gültige Diagnosekriterien
noch die Angehörigen trifft eine ein und grenzt die Erkrankungen von
Schuld! – Dies ist der Leitgedanke des einem gestörten Essverhalten ohne
aktuellen Ratgebers der Stiftung Wa- Krankheitswert ab. Sie weist aber
rentest zu Essstörungen. Und dieser
auch darauf hin, dass über die Hälfte
Gedanke kann alle frei machen für das aller Essstörungen sich nicht diesen
Erkennen einer Essstörung, für einen drei Krankheitsbildern zuordnen laseinfühlsamen Umgang sowohl mit ess- sen, etwa die Erkrankungen Purginggestörten Menschen als auch mit ih- Disorder und Night-Eating-Syndrom,
ren Angehörigen sowie für die Einsicht auf welche Nolte näher eingeht.
der Dringlichkeit einer professionellen
Auf zehn Seiten widmet sie sich
Behandlung der Essstörung. Auch mit dem sensiblen Umgang mit Essstöanderen Vorurteilen räumt das Buch rungen in Familie und Partnerschaft,
auf: Essstörundabei
gibt
gen sind keisie ganz konnesfalls reine
krete
HilfeFrauenkrankstellungen,
heiten,
Essinsbesondere
gestörte sind
wie mit dem
auch
nicht
heiklen Theträge, schlamma
„Essen”
pig, dumm …
umgegangen
noch wollen
werden kann.
sie AufmerkDas
längste
samkeit erreKapitel
des
gen. Sie haben
Buches ist mit
auch keinen
über 40 Seiten
Schlankheitsder Therapie
tick oder eivon Essstörunnen Spleen.
gen gewidmet.
Stattdessen
Dabei
wermacht
das
den
sowohl
Buch deutlich:
SelbsthilfeEssstörungen
möglichkeiten
sind schwere
als auch die
p s y c h i s c h e Stiftung Warentest (Hg.): Essstörungen – Hilfe bei Anore- verschiedenen
Erkrankungen xie, Bulimie und Binge-Eating, 2013 Stiftung Warentest, psychotheraBerlin, 160 Seiten, ISBN 978-3-86851-126-0, 18,90 €
mit z. T. gefährpeutischen
lichem
und
Angebote und
langwierigen Verlauf und sie entste- Medikationen vorgestellt. Da Essstöhen aus einem komplexen Gefüge von rungen oft mit weiteren psychischen
biologischen, psychologischen und Begleiterkrankungen
einhergehen,
sozio-kulturellen Ursachen, Einflüs- werden auch diese Störungen in eisen und Auslösern.
nem eigenen Kapitel beschrieben. Ein
Die Medizinjournalistin Anke kleines Kapitel geht auf PräventionsNolte hat in Zusammenarbeit mit remöglichkeiten in der Familie sowie in
nommierten Experten aus Medizin, der Schule ein.
Psychologie und Pharmazie InformaAls Ratgeber enthält das Buch
tionen, Ratschläge und Hilfemöglich- eine Fülle von Hinweisen zu Literakeiten zusammengetragen – auf dem tur, hilfreichen Adressen, Selbsthilneuesten Stand der Wissenschaft. feprogrammen, Telefon- und OnlineDas Buch richtet sich vorwiegend an Beratungen, Therapieangeboten usw.
Angehörige (Eltern, Geschwister, Part- Außerdem werden unseriöse, Essstöner) und Betroffene, jedoch werden rungen verherrlichende Internetseiten
auch Lehrerinnen und Lehrer sowie benannt und vor ihnen gewarnt. Der
Arbeitgeber angesprochen.
Weg, eine Essstörung wahrzunehmen
Die Autorin beschreibt die Essstö- und Hilfe anzunehmen, wird mit dierungen Anorexia nervosa, Bulimia ner- sem Buch erleichtert. (mf)
vosa und Binge-Eating-Störung, geht
April 2013
Methfessel B (2005): Fachwissenschaftliche
Konzeption: Soziokulturelle Grundlagen der
Ernährungsbildung. Paderborner Schriften zur
Ernährungs- und Verbraucherbildung Band
7/2005 w Barlösius E (2009): Wie lernen Kinder
Essen und Trinken? ErnUmschau 56 (10): 574-5 w FKE
(Hg.): Empfehlungen für die Ernährung von Kindern
und Jugendlichen, 7. Aufl., (2012) w Juul J: Was gibt’s
heute? Beltz Verlag (2005) w DGE-Qualitätsstandard
für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für
Kinder, 3. Auflage 2011 w Ellrott T: Die Entwicklung
des Essverhaltens im Kindes- und Jugendalter.
Kinderernährung
aktuell,
Umschau
Verlag
(2009) w Ellrott T, Barlovic I (2012): Einflussfaktoren
auf das Essverhalten von Kindern und Jugendlichen.
Kinderärztl Praxis 83 (4) 213-7 w Ellrott T (2007):
Wie Kinder essen lernen. Ernährung 2007 1:16773,
doi
10.1007/s12082-007-0041-3 w Burger
J, von Rutenberg J: Eltern, hört endlich auf, von
gesundem Essen zu reden! Zeit online, 20.04.11,
www.zeit.de/2011/17/Genuss-Interview w  Pauen
S (2012): Wie lernen Kleinkinder. www.bpb.de/
apuz/136762/wie-lernen-kleinkinder?p=all,
abgerufen am 27.02.2013 w Klöckner J: Gesundes
Essen zu mögen, kann man trainieren. Zeit online,
14.09.12, www.zeit.de/wissen/gesundheit/2012-11/
Moller-Guter-Geschmack w 
Klotter C: Einführung
Ernährungspsychologie. Ernst Reinhardt Verlag
(2007) w Pudel V: So macht Essen Spaß. Beltz
Verlag (2002) w Ellrott T (2010): Jugendesskultur.
ErnUmschau 57 (8): 440-1 w Kersting M (Hg):
Kinderernährung
aktuell.
Umschau
Verlag
(2009) w Pudel V (2007): Anmerkungen zur
Ernährungspsychologie. Ernährung 1: 162-6, doi
10.1007/s12082-007-0039-x w  Hirschfelder
G
(2007): Die kulturale Dimension gegenwärtigen
Essverhaltens. Ernährung 1: 156-61, doi 10.1007/
s12082-007-0042-2 w pers.
Mitt.
Frankfurter
Zentrum für Ess-Störungen 
w 
pers. Mitt. Dr.
T. Ellrott, Institut für Ernährungspsychologie,
Göttingen w pers. Mitt. Prof. B. Herpertz-Dahlmann,
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und
-psychotherapie, Aachen [alle März 2013]
„Erreger in pflanzl. Lebensmitteln”, S. 16f
www.rki.de/DE/Content/InfAZ/L/Lebensmittel/
Gastroenteritis_Ausbruch_2012/Gastroenteritis_
Ausbruch.html w BfR.
EHEC-Ausbruch
2011:
Ein Resümee aus Sicht der Risikobewertung,
45/2011,
23.12.11 w www.bfr.bund.de/cm/350/
ehec-ausbruch-2011-aufklaerung-des-ausbruchsentlang-der-lebensmittelkette w  www.bfr.bund.
de/cm/343/an-krankheitsausbruechen-beteiligtelebensmittel-in-deutschland-im-jahr-2011.pdf [alle
abgerufen am 11.03.13] w EFSA untersucht Risiken
für die öffentliche Gesundheit durch Lebensmittel
nicht tierischen Ursprungs, Webnachricht , 08.01.13,
abgerufen am 08.03.13 w Tiefkühlbeeren vor dem
Verzehr besser gut durchkochen, BfR 05/2013
vom 13.03.2013 w BfR (Hrsg). Sicher verpflegt
– Besonders empfindliche Personengruppen
in Gemeinschaftseinrichtungen. Merkblatt vom
13.03.13 w FiBL. Medienmitteilung 19.06.11 w Niggli
U et al. EHEC – kein spezifisches Problem
nachhaltiger Landwirtschaft, http://orgprints.
org/18904/ [abgerufen am 12.03.13] w Schikora
A et al. (2012): Plants as alternative hosts for
Salmonella Trends in Plant. Science 17 (5): 2459w Stark et al. (2009): Die Auswirkungen des
Klimawandels. Welche neue Infektionskrankheiten
und gesundheitlichen Probleme sind zu erwarten?
Abstract, BundesGesBl 52 (7): 701
Abbildungsnachweis
Titelbild: AOK-Mediendienst
S. 4: BUND Lemgo
S. 5: Klaus Hoffmann
S. 9, 16: Angela Clausen
S. 10: Burkhard Freier
S. 13, 14: Hildegard Hansmann-Machula
Knack •Punkt
19
Internet
World Wide Web
Interessantes im Netz
Essenswert – Netzwerk zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen in deutschsprachigen Ländern
www.essens-wert.net
Te r m i n e
• Coburg • 25. April 2013 – Fachtagung „Für ein gesundes Aufwachsen” –
www.in-form.de/fileadmin/Termine/Gi-Kitas_Tagung.pdf
• Karlsruhe •
29./30. April 2013 – Besser essen. Mehr bewegen. KINDERLEICHT-REGIONEN:
Evaluationsergebnisse zum Modellvorhaben – www.in-form.de/fileadmin/Termine/
TagungMRI_Kinderleicht_Evaluation-1.pdf • Wolfsburg • 25.-27. April 2013
– Gemeinsamer Bundeskongress des VDD und BDEM – www.vdd.de/fileadmin/
downloads/Kongress_2013/VDD_ProgrammKongress2013.pdf
• Gießen •
3./4. Mai 2013 – UGB-Tagung: Wie unabhängig ist die Ernährungsforschung? – www.
ugb.de/Tagung • Bonn • 14. Mai 2013 – 16. aid-forum: Verflixtes Schlaraffenland
– Wie Essen und Psyche sich beeinflussen – www.aid.de/termine/aid_forum.php
• Recklinghausen • 28. Mai 2013 – Nachhaltige Schülerfirmen in Mensa und
Cafeteria – www.vz-nrw.de/nachhaltige-schuelerfirmen-in-mensa-und-cafeteria
• Dortmund • 7. Juni 2013 – Gesunde Mittagsverpflegung in der Ganztagsschule
mit der Optimierten Mischkost – www.fke-do.de/temp/explorer/files/pdf/FKE_
Fortbildungen_2013.pdf • Duisburg • 8. Juni 2013 – Fach-Fortbildung zur
Ernährung von Säug­lingen – www.vz-nrw.de/duisburg-veranstaltung • Neuss •
9. Juni - 15. September 2013 – Niederrheinische ALTernativen – als das Altbier
noch jung war. – www.clemens-sels-museum-neuss.de/cms/front_content.
php?idcat=159 • Fulda • 10./11. Juni 2013 – Zukunft Ernährung: kulinarisch und
gesund? – www.pariserve.de/aktuellesdetail/aid/67 • Hannover • 12./13. Juni
2013 – III. Zukunftsforum Ernährungswirtschaft mit Fokus „Zeit”. Fachkongress,
Ausstellung und Award „Future Food Concepts” – www.ttz-bremerhaven.de/
zukunftsforum • Duisburg • 24. Juni 2013 – Workshop: Schulverpflegung
mit Genuss und Qualität – Speisenplangestaltung nach dem Qualitätsstandard
für die Schulverpflegung – www.vz-nrw.de/schulverpflegung-mit-genuss-undqualitaet---speisenplangestaltung-nach-dem-qualitaetsstandard-fuer-dieschulverpflegung • Bonn • 28. Juni 2013 – Netzwerk Junge Familie: Fortbildung
Säuglingsernährung – www.gesundinsleben.de/fuer-fachkraefte/fortbildungen/
saeuglingsernaehrung
Monitoring Info des Fukushima
Prefectural Government mit den aktuellen Messdaten zur Radioaktivität
in Lebensmitteln in Japan
www.new-fukushima.jp/
monitoring/en/result.php
Deutscher Bauernverband: Webcam
im Sauenstall (Abferkelbereich)
www.bauernverbandsh.de/
webcam.html
EU: Fragen und Antworten zum
Pferdefleisch-Skandal
http://ec.europa.eu/food/food/
horsemeat
Ernährungsportal NRW:
Wissenschaftlich fundierte
Ernährungsthemen ohne
Werbung für Verbraucher
www.ernaehrungsportal.nrw.de
Online-Bibliothek Europeana:
Digitale Bestände aus Europas
Museen, Bibliotheken, Archiven
und audio-visuellen Sammlungen
www.europeana.eu
Die Partner der Arbeitsgemeinschaft „Kooperation Verbraucherinformation im
Ernährungsbereich in Nordrhein-Westfalen“ im Internet:
April 2012 • Heft 2 • 20. Jahrgang
• AOK Nordwest t www.aok.de/nordwest
Knack•
• AOK Rheinland/Hamburg t www.aok.de/rheinland-hamburg
k
A k t u e l l e s f ü r M u l t i p l i ka t o r e n i m B e r e i ch E r n ä h r u n g
• Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e. V. t www.milch-nrw.de
Schwerpunkt
S
chwerpunkt
Alles
A
lles g
gesünder?
esünder?
Früher
da
Früher waren
waren LLebensmittel
ebensmittel zzum
um EEssen
ssen d
a
• Landwirtschaftskammer NRW t www.landwirtschaftskammer.de
t www.vz-nrw.de/
knackpunkt_2_2012
• Rheinischer LandFrauenverband e. V. t www.rheinische-landfrauen.de
• Westfälisch-Lippischer Landfrauenverband e. V. t www.wllv.de
• STADT UND LAND e. V. t www.stadtundland-nrw.de
• Universität Paderborn, Ernährung und Verbraucherbildung
t http://dsg.uni-paderborn.de
• Verbraucherzentrale NRW e. V. t www.verbraucherzentrale-nrw.de
20
Knack •Punkt
Ab sofort steht Heft
2/2012 zum kostenlosen Download zur
Verfügung. Nutzen
Sie den folgenden
Link oder den abgedruckten QR-Code:
Schwerpunkt
Alles gesünder?
Früher waren Lebensmittel zum Essen da
Aktuelles aus Nordrhein-Westfalen
Previkids NRW – Präventionsernährung für Kinder in NRW
Kein neues Mindesthaltbarkeitsdatum
EU-Schulobstprogramm NRW wirkt!
Fragen aus der Beratung
Warum ist Alkohol eigentlich appetitanregend?
Neues aus Wissenschaft und Praxis
Brot (fast) ohne Getreide
Fairtrade und die Rückverfolgbarkeit
Nahrungsergänzungsmittel mit Bio-Siegel
H e r a u s g e b e r i n : Ve r b r a u ch e r ze n t r a l e N R W f ü r d i e A r b e i t s g e m e i n s cha f t „ Ko o p e r a t i o n
Verbraucherinformation im Ernährungsbereich in Nordrhein-Westfalen“
August
Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier – ausgezeichnet mit
dem2009
Blauen Engel.
Herunterladen