PAUL WATSON - Tiere klagen an

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ZKZ 17897
#09 (03/2012)
Das Magazin für Menschen, die kein Fleisch essen.
PAUL WATSON
The Sea Shepherd
ZAUBERKESSEL
Auf ins vegane Mittelalter
ANTOINE F. GOETSCHEL
Kläger im Namen der Tiere
NICHT VON SCHLECHTEN ELTERN
Vegan leben in der Schwangerschaft
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Kläger im Namen der Tiere
antoine f. goetschel
Foto: Nicole Bökhaus
Tierschutz und der Einsatz für Tierrechte wird oft in erster Linie als ein ethisches Thema wahrgenommen.
Bei genauerer Betrachtung ergeben sich jedoch eine Menge Fragen biologischer wie juristischer Natur. Der
Schweizer Jurist Antoine Goetschel beschäftigte sich als offizieller „Tieranwalt“ mit diesen Themen und
veröffentlichte kürzlich sein neuestes Buch „Tiere klagen an“.
Herr Goetschel, wie sind Sie zum Tierschutz gekommen und welches Schlüsselerlebnis ließ Sie zum Vegetarier werden?
Mitte der Achtziger Jahre war ich bei einer Schlachtung
in Straßburg dabei, um in meinem juristischen „Kommentar zum eidgenössischen Tierschutzrecht“ zum Schlachtwesen auch aus eigener Sicht berichten zu können. Als
meine damals siebenjährige Tochter dann beim Abendessen fragte, warum wir dieses Huhn essen, welches sie sich
auseinanderzunehmen weigerte, konnte ich keine gute
Antwort geben. Seit damals habe ich auf jeglichen Fleischkonsum verzichtet. Anlässlich meiner Strafanzeige gegen
die Verantwortlichen der Umweltkatastrophe von Schweizerhalle Ende der Achtziger mit Tonnen vergifteter Fische
habe ich mich intensiv mit der Stress- und Schmerzempfindlichkeit dieser Tiere, sowie deren suboptimalen Haltungsbedingungen in der Fischzucht beschäftigt und esse
seitdem auch keinen Fisch mehr.
Sie sind Rechtsanwalt und waren seit 2007 als vorerst
letzter „Amtsinhaber“ Tieranwalt. Wie kam es zur Einführung dieses Amts?
Das Amt des Tieranwalts, also des „Rechtsanwalts für Tierschutz in Strafsachen des Kantons Zürich“, wurde Ende
der Achtziger Jahre als Alternative zum Verbandsbeschwerderecht von Tierschutzorganisationen gefordert.
Das geschah in Form der kantonalen Volksinitiative „für
ein Klage- und Kontrollrecht im Tierschutz“. Anlässlich
einer Volksabstimmung 1991 mit 83% der Stimmen zum
Gegenvorschlag wurde der „Tieranwalt“ als visionäre wie
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auch praktikable Rechtsstruktur angenommen. Ausgangspunkt war stillschweigend die Voraussetzung, dass Tiere
keine eigenen Rechte im Rechtssinne hätten, sondern bloß
einen schützenswerten Anspruch vor ungerechtfertigten
Leiden, Schäden und Ängsten. Deswegen reden wir verkürzt eher vom „Tieranwalt“ und weniger vom „TierrechtsAnwalt“. Ein eigener Anwalt wurde den Tieren in Strafverfahren gegen die Tierquäler zur Seite gestellt, welche ja in
der Regel für das Wohlbefinden der Tiere als Halter gerade
verantwortlich sein sollten und die sich naturgemäß bestens selbst oder mit der Hilfe eines Anwalts in solchen
Verfahren verteidigen können. Den strafrechtlichen Vollzug alleine der Staatsanwaltschaft oder den Ordnungswidrigkeitsbehörden zu überlassen und ihnen die genannten
Ansprüche der Tiere ganz anzuvertrauen, hat damals gar
nicht funktioniert.
Warum wurde der Tieranwalt während Ihrer Amtszeit
doch wieder abgeschafft?
Abgeschafft wurde das Amt vordergründig infolge einer
Novellierung und Vereinheitlichung des Schweizer Strafprozessrechts, welches nach – sehr umstrittener – Auffassung gewisser Behörden einen Zürcher Tieranwalt nicht
mehr zugelassen hätte. Hintergründig spielte das desolate
Abstimmungsergebnis über eine eidgenössische Volksinitiative einer großen Schweizer Tierschutzorganisation
2010 eine wichtige Rolle. Dabei ging es um die Einführung von Tieranwälten in der gesamten Schweiz. Dieser
Misserfolg wurde von einer rechtspopulistischen und bauernfreundlichen Partei überraschenderweise zum Anlass
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Den ganzen ersten Teil des Interviews findet sich im Heft Kochen ohne Knochen, Nr. 9 Erhältlich in Bahnhofkiosks Deutschlands und via www.kochenohneknochen.de zu € 3.50. Der zweite Teil des Interviews erscheint im Kochen ohne Knochen, Nr. 10 44
Tiere klagen an
(Antoine F. Goetschel)
Vegan Kochen
So klappt die Umstellung
(Celine Steen, Joni Marie Newman)
Der Schweizer Anwalt Goetschel kämpft seit
Die vegetarische Kochschule
Küchenpraxis – 250 Rezepte –
Warenkunde
(Christel Kurz)
30 Jahren für ein ethisch besseres Verhält-
Der Untertitel lässt es leider nicht zu, dass
nis zwischen Mensch und Tier. Er hat es tat-
ich mir einen Teil Kritik für den Schluss auf-
Ein enormer Wälzer ist dieses schon Ende
sächlich geschafft, dass die Schweiz als ein-
hebe, denn für eine Umstiegshilfe halte ich
2010 erschienene Grundlagenbuch, das zwar
ziges Land der Welt die Würde des Tieres in
das Buch nicht unbedingt. Die Zutatenlisten
nicht rein vegan ist, denn es kommen immer
der Bundesverfassung verankert hat. Er gibt
sind lang, beinahe jedes Rezept setzt Asia-
wieder Milchprodukte wie Sahne oder Crème
in diesem Buch den Tieren eine Stimme und
oder Bio-Läden sowie das nötige Kleingeld
fraîche (oder auch Eier) zum Einsatz, aber
klagt in keinster Weise an, sondern deckt
für den Einkauf voraus, viele Rezepte erfor-
da vor allem der Einsatz der verschiedens-
auf sehr sachliche Art und Weise unseren
dern Zeit und Erfahrung. Unabhängig davon,
ten Gemüsesorten im Vordergrund steht und
oft paradoxen Umgang mit den Mitgeschöp-
ob man sich in der veganen Umstellung
man mit etwas veganer Kocherfahrung pro-
fen auf. Tiere werden entweder vermensch-
befindet, für dieses Buch muss man auf Sel-
blemlos pflanzliche Alternativprodukte ein-
licht oder spielen für den Menschen eine
bermachen stehen. Wer sich wie ich sowieso
setzen kann, spricht das nicht gegen dieses
andere Rolle, werden aber als eigene Indi-
nie genau an Rezepte hält, kann hier und da
Werk. Dieses ist dreigeteilt in die Bereiche
viduen mit ihren ganz eigenen Bedürfnissen
auch improvisieren, um teure oder nicht ver-
Küchenpraxis, Rezepte und Warenkunde,
in den seltensten Fällen gesehen. Ob Ge-
fügbare Zutaten auszutauschen. Wenn man
die alle sehr schön bebildert sind, wobei
oder Verbrauchstier, im besten Fall erset-
sich dessen bewusst ist, ist das Buch aber ein
hier weniger auf stylishe Inszenierung als
zen sie Familienmitglieder – im schlechtes-
kleiner Schatz. Es ist schön anzusehen und
auf korrekte Darstellung Wert gelegt wird.
ten landen sie auf unserem Teller oder im
didaktisch schlüssig aufgebaut. Strukturiert
Das trifft auch auf die sprachliche Seite des
Versuchslabor. „Tiere klagen an“ verzich-
ist es in Kapitel, die sich unvegane Produkte
Buches zu, das nicht zur Selbstdarstellung
tet auf Phrasen oder Zeigerfingermentalität.
vornehmen und dann ersetzen (Milch, Ei,
dient, sondern eher den Charakter eines
Goetschel hat mit seinem Lektorenteam ein
Käse, Fleisch ...). Zusätzlich gibt es Kapitel,
kompetenten Fachbuchs hat. Im Küchen-
juristisch einfach verständliches und sach-
die sich dem Ersetzen von Soja, Gluten und
praxisteil lernt man in klaren, detailgenau
lich informatives Werk verfasst. Dabei ver-
Zucker widmen. Die Funktionen bestimm-
bebilderten Anleitungen, wie man beispiels-
liert er nie die Praxis aus den Augen, so dass
ter Zutaten werden am Anfang des Kapi-
weise Gemüsefond zubereitet, Tomatenes-
trockene Gesetzestexte und deren Ausle-
tels erläutert und die Rezepte sind mit einer
senz extrahiert, mit Tapioka- oder Pfeilwurz-
gung, ergänzt um Fakten und Fälle zum Teil
Legende versehen. Von heftig-deftig bis
mehl bindet oder Keime und Sprossen zieht.
aus seiner eigenen Praxis als Tieranwalt im
zuckersüß gibt es viele kreative und klassi-
Hier lernt man sogar noch etwas dazu, wenn
Kanton Zürich, durchaus spannend sind.
sche Rezepte. Besonders spannend sind die
man glaubt schon (fast) alles zu wissen. Der
Emotionen versucht Goetschel außen vor
selbstgemachten Käsesorten. Während der
nach Jahreszeiten gegliederte Rezeptteil bie-
zu lassen. Wer sich bereits mit dieser The-
Brie zwar lecker ist, aber eher an herzhaf-
tet viele Basics, aber auch Extravagantes
matik beschäftigt, kann erahnen, von wel-
ten Käsekuchen erinnert, bin ich ein absolu-
wie Veilchensorbet, bevor dann der lexikali-
chem Elend er berichtet. Dieses Buch rich-
ter Fan des büffeligen Mozzarellas aus Sei-
sche Warenkunde-Teil folgt, mit detaillierten
tet sich an alle Menschen, die eingefahrene
dentofu geworden, den ich jetzt am liebs-
Angaben zu Varianten (etwa von Tomaten),
Verhaltensweisen hinterfragen. Es schließt
ten auf meine Spinatpizza packe. Favorit ist
den wichtigsten Inhaltsstoffen, Einkaufstips,
mit einer Vielzahl an Fragen und sachlich
der Browniekuchen, der durch Kichererb-
Lagerung und Hauptsaison für (falls mög-
argumentierten Antworten, mit denen man
sen richtig schön saftig wird. Einen richtig
lich) einheimische Ware. Diese Rubrik ist
im Alltag konfrontiert wird, engagiert man
fetten Minuspunkt gibt es leider noch: das
aber nicht auf „Grünzeug“ beschränkt, auch
sich etwas mehr für Tiere. Mir ging es beim
Buch wurde in China gedruckt und gebun-
Algen, Getreide und Hülsenfrüchte wer-
Lesen so, dass in keinem Moment das typi-
den. Da darf man sich fragen, wie es um
den beschrieben. Ein nützliches, hilfreiches
sche „Ja, aber ...“-Gefühl aufkeimte, da Goe-
die ethischen und ökologischen Grundsätze
Buch, das als Grundlagenwerk im Küchen-
tschel immer vernunftbetont bleibt und die
bestellt ist.
schrank stehen sollte.
emotionale Ebene fast ganz ausblendet.
Daniela Große
Joachim Hiller
➜ Scherz Verlag, fischerverlage.de, 272 S.,
➜ Dorling Kindersley, dorlingkindersley.de,
➜ Christian, christian-verlag.de, 400 S.,
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Simon Brunner
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