Gutachten Kliestower See Artengruppen: Fledermäuse, Avifauna, Amphibien, Libellen & Mollusken Natur+Text, Oktober 2015 Gutachten Klietower See Artengruppen: Fledermäuse, Avifauna, Amphibien, Libellen & Mollusken Auftraggeber: TERRA URBANA GmbH Ringstraße 58 14727 Premnitz Bearbeitung: Natur+Text GmbH Friedensallee 21 15834 Rangsdorf Tel. 033708 / 20431 [email protected] Dipl.-Biol. Dr. Arne Hinrichsen Dipl.-Biol. Tino Siedler Dipl.-Geogr. Jendrik Terasa Rangsdorf, 29.10.2015 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1.1. Anlass und Aufgabenstellung 1.2. Untersuchungsgebiet 2. Methodik 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 3. Fledermäuse Avifauna Amphibien Libellen Mollusken (Großmuscheln) Ergebnisse 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. Fledermäuse Avifauna Amphibien Libellen 3.4.1. Bestandsbeschreibung 3.4.2. Bestandsbewertung 3.5. Mollusken (Großmuscheln) 4. Auswirkungen und Empfehlungen 4.1. Auswirkungen 4.1.1. Fledermäuse 4.1.2. Avifauna 4.1.3. Amphibien 4.1.4. Libellen 4.1.5. Mollusken (Großmuscheln) 4.2. Empfehlungen 4.2.1. Fledermäuse 4.2.2. Avifauna 4.2.3. Amphibien 4.2.4. Libellen 4.2.5. Mollusken (Großmuscheln) 5. Literatur- und Quellenverzeichnis Natur + Text 1 1 1 3 3 3 3 4 4 5 5 9 12 15 15 16 17 19 19 19 19 20 20 21 21 21 21 21 22 22 23 I Faunistisches Gutachten– Kliestower See Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Untersuchungsgebiet (Grundlage: Orthofoto, © LGB)........................................................ 2 Abbildung 2: Verortung der Fledermausnachweise aus den Detektorbegehungen, Teilkarte Nord (Grundlage: Orthofoto, © LGB)........................................................................................................ 7 Abbildung 3: Verortung der Fledermausnachweise aus den Detektorbegehungen, Teilkarte Süd (Grundlage: Orthofoto, © LGB)........................................................................................................ 8 Abbildung 4: Revierkarte Avifauna (Grundlage: Orthofoto, © LGB) ...................................................... 11 Abbildung 5: Nahrungshabitat des Kranichs.......................................................................................... 12 Abbildung 6: Röhricht im südlichen Abschnitt des Kliestower Sees ...................................................... 13 Abbildung 7: Amphibiennachweise (Grundlage: Orthofoto, © LGB)...................................................... 14 Abbildung 8: Grosmuschelkarte (Grundlage: Orthofoto, © LGB) .......................................................... 18 Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Begehungstermine Fledermäuse............................................................................................. 3 Tabelle 2 Begehungstermine Avifauna.................................................................................................... 3 Tabelle 3 Begehungstermine Amphibien................................................................................................. 4 Tabelle 4 Begehungstermine Libellen ..................................................................................................... 4 Tabelle 5: Häufigkeitsklassen für Libellennachweise (adulte Tiere)........................................................ 4 Tabelle 6 Begehungstermine Großmuscheln .......................................................................................... 4 Tabelle 7: Nachgewiesene Rufe aus den Detektorbegehungen der Transekte sowie Aktivitätseinstufung.......................................................................................................................... 6 Tabelle 8: Nachgewiesene Fledermausarten am Kliestower See mit Schutzstatus................................ 6 Tabelle 9 Artenliste der nachgewiesen Vogelarten mit Rote Liste Status und Angaben zur Gefährdung sowie Angaben zum Trend und Revieren........................................................................................ 9 Tabelle 10 Liste der nachgewiesenen Amphibienarten mit Angaben der Gefährdung nach den Roten Listen für Brandenburg (SCHNEEWEISS ET AL. 2004) und Deutschland (KÜHNEL ET AL. 2009) sowie der Einstufung in die Anhänge der FFH-Richtlinie und Angaben zum Schutz nach Bundesnaturschutzgesetz (BNATSCHG 2010) bzw. Bundesartenschutzverordnung (BARTSCHV 2009).......................................................................................................................... 12 Tabelle 11: Artenliste der Libellen am Kliestower See .......................................................................... 15 Tabelle 12 Liste der nachgewiesenen Großmuschelarten mit Angaben der Gefährdung nach den Roten Listen für Brandenburg (HERDAM & LUCKAU 1992) und Deutschland (JUNGBLUTH & KNORRE 2011) sowie der Einstufung in die Anhänge der FFH-Richtlinie und Angaben zum Schutz nach Bundesnaturschutzgesetz (BNATSCHG 2010) bzw. Bundesartenschutzverordnung (BARTSCHV 2009).......................................................................................................................... 17 Natur + Text II Faunistisches Gutachten– Kliestower See 1. Einleitung 1.1. Anlass und Aufgabenstellung Anlass der faunistischen Untersuchungen ist die geplante Sanierung zur Verbesserung des ökologischen und chemischen Zustandes des Kliestower Sees. Dies soll durch partielle Sedimententnahme in ausgewählten Bereichen, Röhrichtmahd, d.h. Rückdrängung des Schilfröhrichtgürtels auf ein naturschutzfachlich vertretbares Maß und eine Wasserspiegelanhebung umgesetzt werden. Derzeit stehen vier Varianten zur Anhebung des Wasserspiegels am Kliestower See im Diskurs: • • • • Variante 1: Nullvariante Variante 2: Zuleitung von Nuthewasser Variante 3: Zuleitung von Grundwasser Variante 4: Anhebung von Wasserspiegel des Amtgrabens Im Fokus der Kartierungen stehen die Artengruppen Fledermäuse, Vögel (Brutvögel, insbesondere Schilfbrüter), Amphibien, Libellen und Mollusken (Großmuscheln). Im folgenden Bericht werden die Ergebnisse der Kartierungen sowie potentielle Auswirkung und Empfehlungen dargestellt. 1.2. Untersuchungsgebiet Das Untersuchungsgebiet (UG) befindet sich südöstlich von Kliestow und westlich der Bahntrasse Trebbin-Luckwalde. Es umfasst ca. 18 ha und beinhaltet den Klietower See und dessen angrenzenden Strukturen in einem Radius von ca. 30 m. Im UG befinden sich Gebäude, welche durch den „Anglerverein Trebbin“ genutzt werden. Neben einem Bootssteg im Nordosten gibt es zahlreiche Anglerstege auf der Ostseite des Sees. Der See wird mit Ruderbooten befahren, aus denen auch geangelt wird. Zudem gibt es eine Badestelle am Ostufer. Das Gewässer weist einen ausgeprägter Röhrichtgürtel auf, der nur an der Badestelle, den Stegen unterbrochen ist. Die stärkste Röhrichtsausprägung befindet sich im Südteil des Sees. Der Kliestower See wird im Süden und Südwesten von Wiesen gesäumt, ansonsten säumen Gehölzbestände unterschiedlicher Ausprägung den Uferbereich. Eine unversiegelte Zuwegung führt von der Westseite, über den Nordrand, zur Badestelle und darüber hinaus. Lediglich die Wiesen weisen keine befahrbaren Wege auf. Im Süden des Sees gibt es einen Graben, der vom Westen her ins Gewässer führt. Natur + Text 1 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Abbildung 1: Untersuchungsgebiet (Grundlage: Orthofoto, © LGB) Natur + Text 2 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 2. Methodik 2.1. Fledermäuse Die Kartierung der Fledermäuse erfolgte mittels Detektorbegehung an zwei Nächten im Juni und Juli. Zum Einsatz kam ein automatisches Aufzeichnungsgerät für Fledermausrufe vom Typ Batlogger (Elekon AG). Die Transektbegehung erfolgte in Nähe zum Seeufer und umfasst die gesamte Uferlänge. Die Rufanalyse wurde manuell mit Hilfe der Software BatExplorer (Version 1.10.4.0) durchgeführt und die Ergebnisse in einer Karte dargestellt. Die Quartiersuche tagsüber erfolgte anhand der Hinweise, welche aus den zwei Begehungsterminen gewonnen wurden. Hierbei wurde im Uferbereich bis zu einer Tiefe von 50m augenscheinlich nach potentiellen Quartiermöglichkeiten für Fledermäuse gesucht. Zum Einsatz kamen Fernglas, Batlogger, Endoskop und Leiter. Tabelle 1 Begehungstermine Fledermäuse Begehungstermine Witterung 15.06.2015 (Detektor) 06.07.2015 (Detektor) 10.07.2015 (Quartiersuche) 15°C, 0% Bedeckung, windstill 21°C, 0% Bedeckung, windstill 19°C, 40% Bedeckung, leichter Wind 2.2. Avifauna Die Kartierung der Brutvögel erfolgte angelehnt an den Standard nach SÜDBECK ET AL. (2005), wobei fünf Begehungen erfolgten. Die genauen Termine sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Die Kartierung umfasste das gesamte UG. Bei der Brutvogelkartierung wurden alle singenden und rufenden Tiere sowie weitere Hinweise auf Reviere, wie z.B. Nester oder Nistmaterial tragende Altvögel, aufgenommen. Tabelle 2 Begehungstermine Avifauna Begehungstermine Tageszeit 16.04.2015 23.04.2015 22.05.2015 28.05.2015 05.06.2015 Morgens Dämmerung/Nacht Morgens Morgens Morgens 2.3. Amphibien Es wurden drei Begehungen durchgeführt (vgl. Tabelle 3) an denen das Gewässer verhört und abgesucht wurde. Da ein Keschern aufgrund der vorhandenen Strukturen nicht möglich war, wurden an einem Termin, über Nacht, 10 Reusen ausgebracht. Dies geschah mit freundlicher Unterstützung des Anglervereins „Anglerverein Trebbin“. Neben rufenden Tieren wurden auch Laich, Kaulquappen und gesichtete adulte Tiere aufgenommen. Soweit möglich wurde bei den adulten Tieren zwischen Männchen und Weibchen differenziert. Insbesondere die Schilfbereiche standen im Fokus der Amphibienkarterungen, da hier geeignete Flachwasserbereiche vorzufinden waren. Natur + Text 3 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Tabelle 3 Begehungstermine Amphibien Begehungstermine Tageszeit 16.04.2015 23.04.2015 18./19.05.2015 Tag Dämmerung/Nacht Reusen über Nacht 2.4. Libellen Es wurden vier Begehungen zur Libellenerfassung durchgeführt. Dabei wurden die Imagines per Sichtbeobachtung (Fernglas) und Kescherfang erfasst und im Gelände determiniert. Ergänzend wurden beiläufig Exuvienaufsammlungen durchgeführt. Tabelle 4 Begehungstermine Libellen Begehungstermine Witterung 5.6.2015 2.7.2015 3.8.2015 20.8.2015 sonnig sonnig sonnig sonnig Es erfolgte eine semiquantitative Einstufung der Häufigkeiten adulter Tiere entsprechend dem in Tabelle 5 dargestellten Schema. Tabelle 5: Häufigkeitsklassen für Libellennachweise (adulte Tiere) Klasse Kleinlibellen Segellibellen übrige Großlibellen Einzeltier sehr vereinzelt vereinzelt mäßig häufig häufig sehr häufig 1 Tier / 100 m Ufer 2-4 Tiere / 100 m Ufer 5-9 Tiere / 100 m Ufer 10-19 Tiere / 100 m Ufer 20-29 Tiere / 100 m Ufer >29 Tiere / 100 m Ufer 1 Tier / 100 m Ufer 2 Tiere / 100 m Ufer 3-4 Tiere / 100 m Ufer 5-9 Tiere / 100 m Ufer 10-19 Tiere / 100 m Ufer >19 Tiere / 100 m Ufer 1 Tier / 100 m Ufer nicht vergeben 2-3 Tiere / 100 m Ufer 4-5 Tiere / 100 m Ufer 6-9 Tiere / 100 m Ufer >9 Tiere / 100 m Ufer Das Auffinden von Exuvien oder frisch geschlüpfter Tiere wurde als Nachweis, Eiablagen und Paarungen als starke Hinweise und deutliches Revierverhalten männlicher Großlibellen oder ein nicht nur vereinzeltes Auftreten der adulten Tiere als weniger starke Hinweise auf eine Reproduktion in dem entsprechenden Gewässer gewertet. Die Determination erfolgte nach BELLMANN (2007) und HEIDEMANN & SEIDENBUSCH (2002). 2.5. Mollusken (Großmuscheln) Die Untersuchung der Großmuscheln erfolgte auf 4 Probeflächen, welche über den Kliestower See verteilt lagen und möglichst unterschiedliche Strukturen aufwiesen. Aufgrund des fast vollständigen Röhrichtgürtels wurden die Probeflächen anhand der Besonnungslage ausgesucht. Somit lagen die Probeflächen im Norden, Osten, Süden und Westen. Die südliche Probefläche wurde in den Mündungsbereich des Zuflusses gesetzt. Alle Probestellen lagen im Uferbereich. Die ersten Sondierungen fanden im Mai im Rahmen der Reusenausbringung für die Amphibien statt. Die Hauptuntersuchung erfolgte im Juli. Die Kartierung wurde mittels Boot, Sichtgerät und Keschern durchgeführt. Tauchgänge waren aufgrund der ungenügenden Sichtverhältnisse nicht sinnvoll. Tabelle 6 Begehungstermine Großmuscheln Begehungstermine Witterung 18.05.2015 06.07.2015 Sonnig und frischer Wind Sonne Natur + Text 4 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 3. Ergebnisse 3.1. Fledermäuse Im UG konnten mindestens neun Fledermausarten nachgewiesen werden (siehe Tabelle 7). Unter den beiden nicht näher bestimmbaren Myotis-Rufen befinden sich möglicherweise noch weitere Myotis-Arten als die nachgewiesene Wasserfledermaus. Die starke Aktivität der Fledermäuse in beiden Untersuchungsnächten weist auf darauf hin, dass der Kliestower See gute Jagdhabitateigenschaften besitzt. Die Aktivitätszentren befinden sich entlang der Waldkante sowie im Uferbereich. Letzterer wird besonders durch die Wasserfledermaus, als typische Jägerin über Gewässern, stark frequentiert. Das Offenland wurde deutlich weniger oft überflogen (siehe Abbildung 2 und Abbildung 3). Bei den nachgewiesenen Arten ist zumindest das Graue Langohr nach der Roten Liste Deutschlands als "stark gefährdet" einzustufen. Die übrigen Arten sind "ungefährdet", Arten der Vorwarnliste oder die Datenlage ist defizitär (vgl. Tabelle 8). Die dominanteste Art scheint die Zwergfledermaus zu sein, welche mit 57 registrierten Rufen nachgewiesen wurde. Zwischen dem ersten und zweiten Begehungstermin weist diese Art jedoch einen Rufnachweisanstieg von fast 500% auf. Dies kann durch das Ausfliegen von flüggen Jungtieren erklärt werden, welches darauf schließen lässt, dass sich im Umfeld des Kliestower Sees entsprechende Wochenstuben der gebäudegebundenen Art befinden müssen. Diese können jedoch auch außerhalb des UG, z.B. in dem südlichen Ausläufern der Ortschaft Trebbin liegen, da die Tiere einen recht großen Aktivitätsradius haben. Der Abendsegler wurde mit 32 Rufen registriert. Diese Art nutzt den Kliestower See als Jagdhabitat. Potentielle Quartiere sind in einem Radius von bis zu 10 Km zu erwarten. Als baumgebundene Art kommen im näheren Umfeld des Kliestower Sees die umgebenden Waldareale in betracht. Jedoch können die Tiere z.B. auch aus dem südlich gelegenen ehemaligen Truppenübungsplatz Sperenberg kommen. Die Wasserfledermaus, welche mit 31 Rufen registriert wurde, ist bezüglich der Jagd auf Gewässer angewiesen. Ihre Quartiere sind aufgrund des geringeren Aktionsradius in den Waldarealen, im Umfeld des Kliestower Sees zu erwarten. Die übrigen nachgewiesenen Arten nutzen den Kliestower See lediglich sporadisch als Jagdhabitat. Quartierhinweise oder -nachweise gab es für keine nachgewiesene Art. Es wurden zwar einige Höhlenbäume im Uferbereich aufgefunden, welche potentiell als Quartier infrage kämen, jedoch konnte kein aktueller Besatz festgestellt werden. Somit ist davon auszugehen, das potentielle Quartiere außerhalb des UG liegen. Natur + Text 5 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Tabelle 7: Nachgewiesene Rufe aus den Detektorbegehungen der Transekte sowie Aktivitätseinstufung Pipistrellus pygmaeus Pipistrellus nathusii Myotis daubentoni Myotis spec. Plecotus auritus Plecotus austriacus 15.06.2015 06.07.2015 Nachweise gesamt Pipistrellus pipistrellus Datum Nyctalus leisleri Art Nyctalus noctula Detektorbegehung 15 17 32 5 5 10 47 57 1 1 3 1 4 17 14 31 2 2 2 2 1 1 Gesamt 45 90 135 Tabelle 8: Nachgewiesene Fledermausarten am Kliestower See mit Schutzstatus Lfd. Nr. Deutscher Name Wissenschaftlicher Name FFH RL D RL Bbg1 IV * 4 II/IV - - I Gattung Myotis 1 Wasserfledermaus Myotis daubentonii 2 Myotis-Arten Myotis spec. II Gattung Nyctalus 3 Kleinabendsegler Nyctalus leisleri IV D 2 4 Abendsegler Nyctalus noctula IV V 3 III Gattung Pipistrellus 5 Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii IV * 3 6 Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus IV * 4 7 Mückenfledermaus Pipistrellus pygmaeus IV D - IV Gattung Plecotus 8 Braunes Langohr Plecotus auritus IV V 3 9 Graues Langohr Plecotus austriacus IV 2 2 Signaturen: FFH - Schutz nach der FFH-Richtlinie (Anhänge): II - für die Art sind Schutzgebiete auszuweisen; IV - streng geschützte Art (Quelle: FFH-RICHTLINIE 1992) RL D - Rote Liste Deutschland 2008: 0 - ausgestorben oder verschollen; 1 - vom Aussterben bedroht; 2 - stark gefährdet; 3 - gefährdet; G - Gefährdung unbekannten Ausmaßes; R - extrem selten; V - Arten der Vorwarnliste; D - Daten unzureichend; * - ungefährdet (Quelle: MEINIG et al. 2009) RL Bbg - Rote Liste Brandenburg 1991: 0 - ausgerottet; 1 - vom Aussterben bedroht; 2 - stark gefährdet; 3 - gefährdet; 4 - potentiell gefährdet; - zum Erscheinungsdatum noch unbekannt (Quelle: DOLCH et al. 1991) 1 = Rote Liste Brandenburg ist aus dem Jahr 1991 und somit veraltet. Natur + Text 6 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Abbildung 2: Verortung der Fledermausnachweise aus den Detektorbegehungen, Teilkarte Nord (Grundlage: Orthofoto, © LGB) Natur + Text 7 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Abbildung 3: Verortung der Fledermausnachweise aus den Detektorbegehungen, Teilkarte Süd (Grundlage: Orthofoto, © LGB) Natur + Text 8 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 3.2. Avifauna Im UG konnten 48 Arten nachgewiesen werden. Davon hatten 27 Arten Reviere im UG (vgl. Abbildung 4). Von diesen 27 Arten sind zwei Arten dem Anhang I der EU-VSchRL zugeordnet und fünf Arten werden in der Vorwarnstufe der Roten Listen Deutschland/Brandenburg geführt. 21 der kartierten Arten nutzten das UG als Nahrungshabitat oder Durchzugsgebiet. Der Kranich brütete im südlichen Schilfgürtel des Kliestower Sees und nutzte die anliegenden Wiesen als Nahrungshabitat (vgl. Abbildung 5). Der Neuntöter wurde ebenfalls im Süden, am Rand des Schilfgürtels, in den dort vorhandenen Gebüschstrukturen (mit 2 Revieren) lokalisiert. Die in der Tabelle 9 aufgeführten Arten Feldlerche und Grauammer haben ihre Reviere im Süden außerhalb des UG, auf den angrenzenden Offenlandflächen mit Gehölzstrukturen. Gleiches gilt für den Girlitz. Rotmilan, Turmfalke und Rauchschwalbe nutzen den Kliestower See als Nahrungshabitat. Ein Rotmilan-Horst konnte im UG nicht festgestellt werden. Beim Haubentaucher konnte ein Bruterfolg von vier, später nur noch drei Jungtieren beobachtet werden. Tabelle 9 Artenliste der nachgewiesen Vogelarten mit Rote Liste Status und Angaben zur Gefährdung sowie RL D RL BB SPEC BArtSchV Trend BB EU-VSchRL Angaben zum Trend und Revieren Anzahl Reviere im UG Amsel Turdus merula ∗ ∗ E § 0 2 Blaumeise Parus caeruleus ∗ ∗ E § 0 2 Blessralle Fulica atra ∗ ∗ ∗ § 0 1 Buchfink Fringilla coelebs ∗ ∗ ∗ § 0 2 Buntspecht Dendrocopus major ∗ ∗ ∗ § 0 2 Dorngrasmücke ∗ ∗ E § 0 - V V ∗ §§ +2 3 Eichelhäher Sylvia communis Acrocephalus arundinaceus Garrulus glandarius ∗ ∗ ∗ § +1 - Feldlerche Alauda arvensis 3 3 3 § -1 - Fitis Phylloscopus trochilus ∗ ∗ ∗ § -1 - Arten Drosselrohrsänger wissenschaftlicher Name Gartenbaumläufer Certhia brachydactyla ∗ ∗ E § 0 - Girlitz Serinus serinus ∗ V E § -1 - Goldammer Emberiza citrinella ∗ ∗ E § 0 1 Grauammer Emberiza calandra 3 ∗ 2 §§ +2 - Grünfink Carduelis chloris ∗ ∗ E § -1 3 Grünspecht Picus viridis ∗ ∗ 2 §§ +1 - Graugans Anser anser ∗ ∗ ∗ § +2 1 Grauschnäpper Musicapa striata ∗ ∗ 3 § 0 - Haubentaucher Podiceps cristatus ∗ V ∗ § 0 1 Heckenbraunelle Prunella modularis ∗ ∗ E § -1 - Höckerschwan Cygnus olor ∗ ∗ E § +2 1 Natur + Text 9 Kohlmeise Parus major ∗ ∗ Kranich Grus grus ∗ ∗ Kuckuck Cuculus canorus V ∗ Mäusebussard Buteo buteo ∗ Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla ∗ Misteldrossel Turdus viscivorus ∗ Trend BB ∗ EU-VSchRL ∗ BArtSchV Sitta europea SPEC Kleiber RL BB wissenschaftlicher Name Arten RL D Faunistisches Gutachten– Kliestower See Anzahl Reviere im UG ∗ § 0 1 ∗ § 0 2 2 §§ +2 1 ∗ § 0 2 ∗ ∗ §§ 0 - ∗ E § +2 3 ∗ E § 0 - Nebelkrähe Corvus cornix ∗ ∗ Neuntöter Lanius collurio ∗ V Pirol Oriolus oriolus V Rauchschwalbe Hirundo rustica Rohrammer Emberiza schoeniclus Rohrschwirl Locustella lusciniodes I ∗ § 0 - 3 § -1 2 V ∗ § 0 2 V 3 3 § -1 - ∗ ∗ ∗ § 0 1 ∗ ∗ E §§ 0 - E § 0 1 2 §§ 0 - I Rotkehlchen Erithacus rubecula ∗ ∗ Rotmilan Milvus milvus ∗ 3 Singdrossel Turdus philomelos ∗ ∗ E § 0 1 Star Sturnus vulgaris ∗ ∗ 3 § -1 2 Stieglitz Carduelis carduelis ∗ ∗ ∗ § -1 - Stockente Anas platyrhynchos ∗ ∗ ∗ § 0 - Sumpfmeise Parus palustris ∗ ∗ 3 § +1 - Sumpfrohrsänger Acrocephalus palustris ∗ ∗ E § 0 2 Teichralle Gallinula chloropus V ∗ ∗ §§ +2 1 Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus ∗ ∗ E § 0 7 Trauerschnäpper Ficedula hypoleuca ∗ ∗ E § -1 2 Turmfalke Falco tinnunculus ∗ V 3 §§ 0 - Zaunkönig Troglodytes troglodytes ∗ ∗ ∗ § 0 1 Zilpzalp Phylloscopus collybita ∗ ∗ ∗ § 0 5 Signaturen: RL D RL BB EU-VSchRL BArtSchV SPEC I Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (SÜDBECK et al. 2007) 1: Vom Aussterben bedroht; 2: Stark gefährdet; 3: Gefährdet; R: Extrem selten; *: Ungefährdet; V: Vorwarnliste Rote Liste Brandenburg (RYSLAVY et al. 2008) EU-Vogelschutz-Richtlinie; Art im Anhang I der Richtlinie aufgeführt Bundesartenschutzverordnung; § besonders geschützte Art, §§ streng geschützte Art Species of European Conservation Concern Arten des Anhang I EU-Vogelschutzrichtlinie SPEC: Vogelarten mit europäischer Schutzrelevanz (Species of European Conservation Concern; nach BURFIELD & VAN BOMMEL 2004) SPEC 1: Weltweit bedrohte Art Arten der Roten Listen SPEC 2: Arten mit > 50 % des Weltbestandes in Europa und negativer Bestandsentwicklung bzw. ungünstigem Erhaltungszustand in Europa. Arten der Vorwarnlisten SPEC 3: Arten mit negativer Bestandsentwicklung bzw. ungünstigem Trend BB: Bestandsentwicklung in Brandenburg Erhaltungszustand in Europa, die aber nicht auf Europa konzentriert sind. 1995-2006 (RYSLAVY & MÄDLOW 2008) E: non SPEC, Arten mit > 50 % des Weltbestandes in Europa, aber mit günstigem Erhaltungszustand -2: Abnahme um mehr als 50 % (EW.): Arten deren Winterbestände in Europa konzentriert sind (> 50 % -1: Abnahme zwischen 20 und 50 % des Weltbestandes), und die einen günstigen Erhaltungszustand aufwei0: stabil oder leicht schwankend zwischen -20 sen und +20 % +1: Zunahme um 20 bis 50 % +2: Zunahme um mehr als 50 % Natur + Text 10 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Abbildung 4: Revierkarte Avifauna (Grundlage: Orthofoto, © LGB) Natur + Text 11 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Abbildung 5: Nahrungshabitat des Kranichs 3.3. Amphibien Am Kliestower See konnten lediglich zwei Amphibienarten nachgewiesen werden (vgl. Tabelle 10). Ein Vorkommen des Teichmolches (Lissotriton vulgaris) konnte während der drei Untersuchungsgänge nicht bestätigt werden. Dies entspricht jedoch keinem Negativnachweis. Aufgrund der vorhandenen Strukturen, war ein Keschern, welches oft zum Nachweis von Molchen führt, nur in wenigen Bereichen möglich. Aus diesem Grund wurde ein Reusengang durchgeführt, welcher ebenfalls zum Nachweis von Molchen geeignet ist. Die Vorkommen der nachgewiesenen Amphibien lagen in den Schilfbereichen im Norden, Südosten und Westen des Kliestower Sees (vgl. Abbildung 7). In diesen Bereichen findet auch die Reproduktion statt, da hier ungestörte Flachwasserzonen ohne Anglerstege vorhanden sind. Tabelle 10 Liste der nachgewiesenen Amphibienarten mit Angaben der Gefährdung nach den Roten Listen für Brandenburg (SCHNEEWEISS ET AL. 2004) und Deutschland (KÜHNEL ET AL. 2009) sowie der Einstufung in die Anhänge der FFH-Richtlinie und Angaben zum Schutz nach Bundesnaturschutzgesetz (BNATSCHG 2010) bzw. Bundesartenschutzverordnung (BARTSCHV 2009). Rote Liste FFHBrandenDeutschland Richtlinie burg Art Erdkröte (Bufo bufo) Teichfrosch (Pelophylax esculentus) Signaturen: Rote Liste Deutschland: Schutzstatus: Natur + Text * N * * V Schutz gem. BNatSchG/ BArtSchV §/§ §/§ ** mit Sicherheit ungefährdet/* ungefährdet/V Vorwarnstufe/3 gefährdet/2 stark gefährdt/1 vom Aussterben bedroht/G Gefährdung unbekannten Ausmaßes/D Daten unzureichend §§ streng geschützte Art ; § besonders geschützte Art 12 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Der Reusenfang brachte keine Amphibienfangerfolge. Dafür konnten zahlreiche Wasserkäfer wie z.B. der Gelbrandkäfer (Dytiscus marginalis) und Libellenlarven sowie junge Hechte (Esox lucius), d.h. Prädatoren von Amphibienlarven, nachgewiesen werden. Zudem fressen Enten Amphibienlaich. Der Fischbesatz im Kliestower See ist mit als Ursache für die geringe Nachweisdichte der Amphibien anzunehmen. Die Erdkröte ist eine der wenigen einheimischen Arten, die mit einem ausgeprägten Fischbesatz zu recht kommt, da ihr Laich bzw. ihre Larven nicht von Fischen gefressen werden. Auch die adulten Tiere werden nur von wenigen Prädatoren gefressen, wobei diese die drüsenreiche Haut verschmähen. Der Teichfrosch als weit verbreitete Art konnte nur mit wenigen Individuen nachgewiesen werden. Da junge Teichfrösche lange Wanderwege zurücklegen, ist davon auszugehen, dass der Kliestower See immer wieder „neu besiedelt“ wird. Dafür spricht auch, dass sich der Teichfrosch als anspruchslose Art u.a. in Gräben oder anderen Kleingewässern reproduziert. Eine kleine Teichfrosch Population ist am Kliestower See aber dennoch anzunehmen. Neben dem Fischbesatz fehlen ausgedehnte Flachwasserbereiche, welche für Amphibien essentiell sind. Die vorhandenen Flachwasserbereiche befinden sich fast ausschließlich in den Schilfbereichen, womit nur wenige voll besonnte Bereiche vorhanden sind. Die Bereiche, die nicht im dichten Röhrichtgürtel liegen sind durch Angler oder Badegäste frequentiert. Für Amphibien liegen am Kliestower See nur suboptimale Habitatstrukturen vor. Abbildung 6: Röhricht im südlichen Abschnitt des Kliestower Sees Natur + Text 13 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Abbildung 7: Amphibiennachweise (Grundlage: Orthofoto, © LGB) Natur + Text 14 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 3.4. Libellen 3.4.1. Bestandsbeschreibung Am Kliestower See wurden insgesamt 20 Libellenarten angetroffen, davon waren 13 zumindest wahrscheinlich bodenständig. Fünf Arten wurden als häufig oder sehr häufig eingestuft. Tabelle 11: Artenliste der Libellen am Kliestower See Art Zygoptera - Kleinlibellen Gebänderte Prachtlibelle (Calopteryx splendens) Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca) Große Binsenjungfer (Lestes viridis) Gemeine Federlibelle (Platycnemis pennipes) Großes Granatauge (Erythromma najas) Kleines Granatauge (Erythromma viridulum) Große Pechlibelle (Ischnura elegans) Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) Fledermaus-Azurjungfer (Coenagrion pulchellum) Anisoptera – Großlibellen Kleine Mosaikjungfer (Brachytron pratense) Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) Keilflecklibelle (Aeshna isoceles) Herbst-Mosaikjungfer (Aeshna mixta) Kleine Königslibelle (Anax parthenope) Gemeine Smaragdlibelle (Cordulia aenea) Glänzende Smaragdlibelle (Somatochlora metallica) Vierfleck (Libellula quadrimaculata) Großer Blaupfeil (Orthetrum cancellatum) Blutrote Heidelibelle (Sympetrum sanguineum) Gemeine Heidelibelle (Sympetrum vulgatum) RLD RLB FFH Kliestower See sv V e 3 v sh R e V h R mh (R) mh (R) mh (R) 3 3 2 G V V 3 v (R) v (R) e v (R) v (R) h R e (R) h (R) h R sv sv Signaturen: RLD, RLB: Rote Listen Deutschland (OTT & PIPER 1998) bzw. Brandenburg (MAUERSBERGER 2000), FFH: Anhang der FFHRichtlinie, in welchem die Art genannt wird; e: Einzeltier, sv: sehr vereinzelt, v: vereinzelt, mh: mäßig häufig, h: häufig, sh: sehr häufig; R!: Reproduktion nachgewiesen, R: Reproduktion sehr wahrscheinlich, (R): Reproduktion anzunehmen, jedoch durch Befunde nicht ausreichend belegt. Natur + Text 15 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Mit der Kleinen Königslibelle konnte eine Art mit regionalem Gefährdungsstatus nachgewiesen werden, zwei weitere mutmaßlich bodenständige Arten besitzen einen bundesweiten Gefährdungsstatus. 3.4.2. Bestandsbewertung Der Artenbestand kann für ein Gewässer dieser Größe als durchschnittlich bezeichnet werden, allerdings mit der Einschränkung, dass die Zahl der bodenständigen Spezies möglicherweise geringer ist als die Gesamtliste erkennen lässt. Der überwiegende Teil der Arten wurde nur in geringen Individuenzahlen nachgewiesen, die auch zugeflogen sein können. Speziell für die Gebänderte Prachtlibelle ist dies ausdrücklich anzunehmen. Für die in Brandenburg als gefährdet eingestufte Kleine Königslibelle ist trotz der geringen Individuendichte von einer Reproduktion im Kliestower See auszugehen. Die Art besiedelt im Regelfall große Stillgewässer. Aus dieser relativ engen Bindung leitet MAUERSBERGER (2000) die Gefährdung der Art für Brandenburg ab, da sie eine weitgehende Beschränkung auf die Seenlandschaft entlang der Endmoränen nach sich zieht. Insofern kann das Vorkommen im Kliestower See als lokaler Vorposten eines großen zusammenhängenden Siedlungsraumes zwischen Brandenburg/Havel und Lieberose gedeutet werden. Darüber hinaus sind jedoch keine spezifischen Anpassungen erkennbar, insbesondere gilt die Kleine Königslibelle aufgrund der bewegungsarmen Lebensweise der Larven als relativ unempfindlich gegenüber benthivoren Fischarten, deren häufiges Vorkommen in dem Gewässer vorausgesetzt werden muss. Der Deutsche Name des deutschlandweit gefährdeten Frühen Schilfjägers verweist bereits auf eine benötigte Ressource: aufgelockerte Großseggen- oder Röhrichtbestände, vor und in denen die Männchen auffällige Patrouillenflüge absolvieren. Gleichzeitig dienen die Rhizome des Röhrichts den Larven als Lebensraum. Meist werden größere Gewässer besiedelt, da sowohl freie Wasserflächen (laut W ILDERMUTH & MARTENS 2014 mindestens 100 m2) als auch reichlich submerse und emerse Vegetation vorhanden sein müssen. Die geringe Individuendichte am Kliestower See lässt einen suboptimalen Lebensraum vermuten; dies könnte mit dem überwiegend einheitlichen und dichten Schilfgürtel im Zusammenhang stehen. Im Gegensatz zu den vorgenannten Arten wurde die ebenfalls deutschlandweit gefährdete Fledermaus-Azurjungfer als „mäßig häufig“ eingestuft, was bei dieser fast immer nur in geringen Individuendichten auftretenden Art bereits auf einen guten Lebensraum hindeutet. Dies ist allerdings nur lokal der Fall, da die stärker als andere Libellen Schatten ertragende Art stellenweise in einem schmalen Gewässersaum Gürtel zwischen Röhricht und Wald in größerer Zahl zu finden war. Solche Strukturen waren insbesondere auf der Westseite des Sees zu finden. Es ist anzunehmen, dass die Larvalhabitate im Kliestower See auf diese Areale beschränkt bleiben, da nur hier ein ausreichender Schutz vor Fischen gegeben ist. In der Summe ist die Bedeutung des Kliestower Sees für den Schutz gefährdeter Arten gering bzw. nur auf kleine Anteile beschränkt. Natur + Text 16 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 3.5. Mollusken (Großmuscheln) Es konnten zwei Großmuschelarten nachgewiesen werden, welche in Tabelle 12 aufgeführt sind. Die Große Teichmuschel (Anodonta cygnea) ist wahrscheinlich bis auf den südlichen Uferbereich im gesamten Kliestower See verbreitet. Die Gemeine Teichmuschel (Anodonta anatina) konnte lediglich am Westufer nachgewiesen werden. Zudem konnten von beiden Arten nur Schalen nachgewiesen werden. Lebende Großmuscheln wurden nicht gefunden. Insgesamt weist der Kliestower See eine ausgeprägte Schlammschicht auf, welches für die Große Teichmuschel kein Problem darstellt, da sie große Dichten auf schlammigfeinsandigem Untergrund ausbildet. Sie bevorzugt Stillgewässer, wie z.B. Seen oder Altwässer. Ihre Wirtsfische sind u.a. Rotfeder, Blei, Flussbarsch und Hecht. Die Gemeine Teichmuschel bevorzugt i.d.R. grob sandige Untergründe, die ins schlammige gehen können, womit die stark ausgeprägte Schlammschicht des Kliestower Sees nur suboptimal für diese Art ist. Die geringen Funde scheinen dies zu bestätigen. Die Gemeine Teichmuschel besiedelt alle Gewässerbereiche, wobei ein Vorkommen tiefer als acht Meter selten ist. Sie kommt in langsam fließenden oder stehenden Gewässern vor. Als Wirtsfische dienen u.a. Flussbarsch, Güster, Stint, Schleihe oder Plötze. Die Gemeine Teichmuschel und die Große Teichmuschel sind Schwesternarten. Tabelle 12 Liste der nachgewiesenen Großmuschelarten mit Angaben der Gefährdung nach den Roten Listen für Brandenburg (HERDAM & LUCKAU 1992) und Deutschland (JUNGBLUTH & KNORRE 2011) sowie der Einstufung in die Anhänge der FFH-Richtlinie und Angaben zum Schutz nach Bundesnaturschutzgesetz (BNATSCHG 2010) bzw. Bundesartenschutzverordnung (BARTSCHV 2009). Art Gemeine Teichmuschel (Anodonta anatina) Große Teichmuschel (Anodonta cygnea) Rote Liste BrandenDeutschland burg1 FFH-Richtlinie Schutz gem. BNatSchG/ BArtSchV * V - §/§ 3 3 - §/§ Signaturen: Rote Liste Deutschland: ** mit Sicherheit ungefährdet/* ungefährdet/V Vorwarnstufe/3 gefährdet/2 stark gefährdt/1 vom Aussterben bedroht/G Gefährdung unbekannten Ausmaßes/D Daten unzureichend Schutzstatus: §§ streng geschützte Art ; § besonders geschützte Art 1 = Rote Liste Brandenburg ist aus dem Jahr 1992 und somit veraltet. Natur + Text 17 Faunistisches Gutachten– Kliestower See Abbildung 8: Grosmuschelkarte (Grundlage: Orthofoto, © LGB) Natur + Text 18 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 4. Auswirkungen und Empfehlungen 4.1. Auswirkungen 4.1.1. Fledermäuse Baubedingte Auswirkungen Da die Bautätigkeiten vermutlich ausschließlich tagsüber stattfinden sind keine baubedingten Auswirkungen zu erwarten. Langfristige Auswirkungen Die langfristigen Auswirkungen im Falle der zuvor genannten Zielerreichung besteht in der Anhebung der Wasserqualität sowie in der Erhöhung der Insektenarten durch eine vielgestaltigere Uferzone. Da Fledermäuse den See bzw. seine Uferbereiche zum Trinken bzw. Jagen nutzen, ist hiermit eine Verbesserung für die lokale Population zu sehen. Zudem wird durch die Schilfmahd, die Entschlammungsmaßnahmen als auch durch die Zuleitung von Wasser einer fortschreitenden Verlandung des Gewässers entgegengewirkt. 4.1.2. Avifauna Baubedingte Auswirkungen Baubedingte Auswirkungen entstehen bei einer Röhrichtmahd innerhalb der Vogelbrutzeit (März bis September). Hier kommt es zu erheblichen Störungen und einem potentiellen Verlust von Niststätten. Insbesondere die Röhrichtbrüter wie z.B. Kranich, Graugans oder Sumpfrohrsänger, welche im südlichen Röhrichtgürtel brüten wären betroffen. Störungen sind auch für die am Rand des Röhrichts brütenden Vögel wie z.B. dem Neuntöter zu erwarten. Eine Aufgabe von Niststätten durch die Störung kann nicht ausgeschlossen werden. Gleiches ist für die Sedimententnahme anzunehmen, wenn diese in der Vogelbrutzeit durchgeführt wird. Langfristige Auswirkungen Eine Reduzierung des Röhrichts führt zu einer geringeren Lebensraumgröße (Niststättenhabitat), d.h. zu einem Kapazitätsverlust des Lebensraums der Röhrichtbrüter. Insbesondere die Niststätte des störungssensiblen Kranichs, welche aktuell im südlichen Röhrichtgürtel nachgewiesen wurde, kann durch eine Verringerung des Röhrichts im südlichen Gewässerabschnitt verloren gehen. Entsprechend ist dies für die Graugans und die anderen Röhrichtbrüter zu werten. Ein Verlust von Niststätten aufgrund der geringeren Lebensraumkapazität (intra- und interspezifische Konkurrenz) kann nicht ausgeschlossen werden. Natur + Text 19 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 4.1.3. Amphibien Baubedingte Auswirkungen Während der Frühjahrswanderzeiten der Amphibien (Februar bis Mai) kann es durch Bauund bauvorbereitende Aktivitäten (z.B. Transporte) zu potentiellen Schädigungen bzw. Tötungen von Amphibien kommen. Röhrichtmahd und Sedimententnahmen im Uferbereich, während der Entwicklungsphase des Laichs, können zu Schädigungen des Amphibienlaichs führen. Eine Sedimententnahme in den Wintermonaten kann ebenfalls zu Tierverlusten führen, da einige Arten im Gewässer überwintern. Langfristige Auswirkungen Die Schilfbereiche stellen den Laichplatz für Amphibien dar, da hier benötigte Flachwasserbereiche und ein Schutz vor Prädatoren (Fische) gegeben ist. Eine Verringerung des Röhrichts führt somit möglicherweise zu einer Reduzierung potentieller Laichplätze. Eine verbesserte Wasserqualität durch Sedimententnahme kommt den Amphibien zu gute, jedoch kann dies auch zu einem Verlust von essentiellen Flachwasserbreichen führen, wenn Sedimente im Ufernahen Bereich entnommen werden und es anschließend zu einem Abrutsch des bestehenden Flachwasserbereichs kommt. Eine Wasserstandserhöhung wird zu einer Verschiebung der Flachwasserbereiche führen. Auswirkungen auf die Amphibien sind dadurch nicht zu erwarten. 4.1.4. Libellen Baubedingte Auswirkungen Baubedingte Auswirkungen könnten durch eine Röhrichtmahd und Sedimententnahme im Rahmen der Variante 4 eintreten. Der Röhrichtgürtel und die Übergangsbereiche zum Wald sind für fast alle angetroffenen Arten relevante Habitatstrukturen. Die zu erwartenden vorübergehenden Beeinträchtigungen dürften jedoch keine langfristigen Auswirkungen haben, da ausschließlich regional weit verbreitete Arten betroffen sind, die selbst im Falle eines lokalen Aussterbens die ggf. neu entstehenden Lebensräume aus der Umgebung rasch wieder besiedeln können. Langfristige Auswirkungen Die langfristigen Auswirkungen im Falle einer Zielerreichung im Hinblick auf eine Verringerung der Trophiestufe, der Sedimentauflage und des Algenwachstums sowie eine Ausdünnung des Schilfgürtels kann die Ansiedlungsmöglichkeiten für Libellenarten verbessern. Zum einen steht zu erwarten, dass die Uferzonen vielgestaltiger werden und daher zunehmend den Ansprüchen unterschiedlicher Arten gerecht werden, zum anderen könnten sich die Sichtverhältnisse im Wasser verbessern, was für Libellenlarven als (mindestens fakultative) Augenjäger einen Vorteil darstellen würde. Eine Erhöhung des Wasserstandes hätte keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Libellenfauna. Das entscheidende Kriterium in diesem Zusammenhang ist die Verfügbarkeit von (pflanzenreichen) Flachwasserzonen. Natur + Text 20 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 4.1.5. Mollusken (Großmuscheln) Baubedingte Auswirkungen Baubedingte Auswirkungen sind im Zuge der Sedimententnahme zu erwarten, da das Sediment Lebensraum von Großmuscheln ist. Auch können Muscheln durch die Mahd des Röhrichts geschädigt bzw. getötet werden. Langfristige Auswirkungen Eine Verringerung der Trophiestufe und des Algenwachstums sowie die Sedimententnahme führen zu Verbesserungen der Wasser- und damit der Habitatqualität für Großmuscheln. 4.2. Empfehlungen 4.2.1. Fledermäuse Als Vorzugsvarianten aus Sicht der Artengruppe der Fledermäuse sind alle Varianten zu sehen, welche einer fortschreitenden Verlandung des Gewässers entgegenwirken. Im vorliegenden Fall sind das die Varianten 2-4. 4.2.2. Avifauna Sedimententnahmen, Röhrichtmahd und andere Bauaktivitäten sollten nur außerhalb der Vogelbrutzeit erfolgen. Zudem ist nach § 39 Abs. 5 Satz 3 des BnatSchG ein Röhrichtrückschnitt zwischen dem 1. März und dem 30 September verboten. Eine Röhrichtmahd sollte nur an Stellen durchgeführt werden, wo keine Beeinträchtigungen für den Kranichnistplatz entstehen, d.h. keine Röhrichtsmahd im südlichen Uferabschnitt. Die Nahrungsflächen für den Kranich, d.h. die umliegenden Wiesen sollten erhalten bleiben, ebenso die Gehölze entlang des südlichen Röhrichtabschnitts, welche dem Neuntöter als Niststätte dienen. Bei einer Reduzierung des südlichen Röhrichtgürtelabschnitts sollte während der Vogelbrutzeit ein gewässerseitiger Mindestabstand zum Röhrichtgürtel eingehalten werden, um Störungen zu vermeiden. Dies kann z.B. mit Hilfe von Bojen umgesetzt werden. Für die Avifauna ist es wichtig, dass die Nahrungshabitate, d.h. die umliegenden Wiesen in ihrer Vielfalt erhalten bleiben bzw. gefördert werden. 4.2.3. Amphibien Röhrichtsrückschnitte sollten nicht in den Bereichen erfolgen, welche den Amphibien als Laichplatz dienen, d.h. besonnte Flachwasserbereiche mit geringem bis keinem Zugang von Fischen. Sedimententnahmen sollten nicht im Winter erfolgen, da das Sediment, im Gegensatz zu der an Land überwinternden Erdkröte, vom Teichfrosch als Winterquartier genutzt wird. Gewässersanierungen, insbesondere die Sedimententnahmen sollten im Zeitraum Oktober bis November stattfinden. Während der Frühjahrswanderzeiten der Amphibien (Februar bis Mai) sollten keine Bau- oder bauvorbereitende Aktivitäten (z.B. Transporte) in der Dämmerung oder Nacht erfolgen. Als Vorzugsvariante ist bezüglich der Amphibien die Variante mit dem höchsten Vernässungsgrad der angrenzenden Wiesen zu empfehlen. Dies würde die Eignung entsprechender Flächen als Sommerlebensraum unterstützen und bei potentieller Teilüberstauung der Wiesen im Frühjahr Laichgewässer bieten. Natur + Text 21 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 4.2.4. Libellen Als Vorzugsvariante aus Sicht der Libellenfauna ist die Variante 4 zu werten, da sie mit den begleitenden Maßnahmen Röhrichtmahd und Sedimententnahme unmittelbar einen positiven Einfluss ausüben könnte. Spezielle Rücksichtnahmen während der Ausführung sind nicht erforderlich. 4.2.5. Mollusken (Großmuscheln) Bei der Sedimententnahme sollte das entnommene Sediment auf Großmuschel geprüft werden und der Besatz umgehend ins Gewässer zurückgesetzt werden. Die zu mähenden Röhrichtbereiche sollten vor der Mahd auf einen Großmuschelbesatz hin geprüft werden. Bei einem Besatz sollten die Großmuscheln umgesetzt werden. Eine Vorzugsvariante zwischen den Varianten 2-4 gibt es nicht. Natur + Text 22 Faunistisches Gutachten– Kliestower See 5. Literatur- und Quellenverzeichnis Gesetze, Erlasse und Richtlinien BartSchV: Bundesartenschutzverordnung vom 16. Februar 2005 (BGBl. I S. 258 (896)), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2873). BNatSchG: Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) FFH-Richtline (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie): Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. -Abl. EG Nr. L 206, zuletzt geändert durch Richtlinie 97/49/EG vom 27. 10. 1997 – Abl. EG Nr. L 305: 42. Literatur BELLMANN, H. (2007): Der Kosmos-Libellenführer, Stuttgart. 279 Seiten. BURFIELD, I. & BOMMEL, F.V. (2004): Birds in Europe Population estimates, trends and conservation status. – BirdLife International, Conservation Series No. 12, Cambridge. HEIDEMANN, H. & SEIDENBUSCH, R. (2002): Odonata II. Die Libellenlarven Deutschlands. Handbuch für Exuviensammler. In: Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile nach ihren Merkmalen und nach ihrer Lebensweise 72. – Keltern, 328 S. HERDAM, V. & LUCKAU, J. (1992): Rote Liste Weichtiere (Mollusca, Gastopoda & Bivalvia) – In: , Ministerium für Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg (Hrsg.) Rote Liste Gefährdete Tiere im Land Brandenburg. JUNGBLUTH, J.H. & KNORRE, D. 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