NJO Summer Academy Nationales Jugendorchester Niederlande John Adams Mittwoch 27. August 2008 20:00 Bitte beachten Sie: Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an der Garderobe Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus. Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Handys, bei sich haben: Bitte schalten Sie diese zur Vermeidung akustischer Störungen aus. Wir bitten um Ihr Verständnis dafür, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis dafür, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzert zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause einnehmen. Sollten Sie einmal das Konzert nicht bis zum Ende hören können, helfen wir Ihnen gern bei der Auswahl geeigneter Plätze, von denen Sie den Saal störungsfrei und ohne Verzögerung verlassen können. NJO Summer Academy Nationales Jugendorchester Niederlande John Adams Dirigent Mittwoch 27. August 2008 20:00 Pause gegen 20:45 Ende gegen 22:00 2 Richard Strauss 1864–1949 Don Juan op. 20 TrV 156 (1888) Tondichtung (nach Nikolaus Lenau) für großes Orchester Allegro molto con brio Jean Sibelius 1865–1957 Sinfonie Nr. 7 C-Dur op. 105 (1914/15–1924) Adagio – Vivacissimo – Adagio – Allegro molto moderato – Allegro moderato – Vivace – Presto – Adagio – Largamente – Affetuoso – Tempo I Pause John Adams *1947 Doctor Atomic Symphony (2005) für Orchester The Laboratory The Bedroom Panic Trinity Benjamin Britten 1913–1976 Four Sea Interludes op. 33a für Orchester aus der Oper »Peter Grimes« op. 33 (1944–45) Dawn Sunday Morning Moonlight Storm 3 Zu den Werken des heutigen Konzerts Richard Strauss: Don Juan op. 20 TrV 156 Richard Strauss war gerade 24 Jahre alt, als er 1888 seine sinfonische Dichtung Don Juan komponierte. Ein Geniestreich, der ihn mit einem Schlag berühmt machte. Die Uraufführung fand ein Jahr später in Weimar unter seiner Leitung als Hofkapellmeister statt – für den glühenden Liszt-Verehrer umso bedeutender, als Franz Liszt hier vierzig Jahre zuvor ebenfalls als Kapellmeister gewirkt und sich der Gattung der sinfonischen Dichtung gewidmet hatte. Richard Strauss wählte als literarische Vorlage für seine sinfonische Dichtung das Vers-Epos Don Juan von Nikolaus Lenau. Unzählige Male war die Sage des Don Juan bereits für das Theater und die Opernbühne bearbeitet worden. Der Stoff über den verzogenen Sohn eines spanischen Admirals, den seine maßlose Liebesgier ins Verderben stürzt, war zur Vertonung wie geschaffen. Mit seiner Tondichtung betrat Strauss – selbst ein treuer Ehemann – die musikalische Bühne als kühner Neuerer. Auch wenn für ihn »das poetische Programm doch nichts weiter war als der Form bildende Anlass zum Ausdruck und zur rein musikalischen Entwicklung meiner Empfindungen«, komponierte er ausgesprochen bildhaft. Wie in Lenaus Poem zeichnet Strauss »seinen« Don Juan als zerrissenen, gespaltenen Helden, der nicht, wie etwa in Mozarts Don Giovanni, durch äußere Einwirkung zu Fall kommt, sondern an sich selbst zerbricht. Ein abgebrühter Verführer, den zunehmend die Langeweile und der Ekel am eigenen Treiben erfasst und der sich schließlich im Duell ohne Gegenwehr erstechen lässt. Stürmisch bäumt sich zu Beginn der einsätzigen Tondichtung das Orchester auf. Eine vor Kraft strotzende, elementare Bewegung, der sich das spanisch angehauchte Holzbläserthema des Titelhelden anschließt. Mit weiten Sprüngen stürmt es »hinaus und fort nach immer neuen Siegen / So lang der Jugend Feuerpulse fliegen«. Lyrische Geigen, zarte Oboen und seufzende Flöten skizzieren die Sphäre der unzähligen Frauen, die Don Juan verführt und rasch wieder verlässt – nicht ohne eine Schneise der Zerstörung zu hinterlassen. »Flebile«, »klagend, weinend« soll das Motiv der Frauen gespielt werden. Aber auch bei Don Juan deuten sich bald erste Anzeichen von Ermüdung an, mit einem chromatisch abwärts führenden Motiv: »Ich fliehe Überdruss und Lustermattung«, wie es bei Lenau heißt. Auch der ersten großen Liebesszene mit ihrem verführerisch süßen Violinsolo folgt mit der Triolenfigur Überdruss auf dem Fuße. 4 Wonne und Ekel liegen eng beieinander. Das gleißende Licht zu Beginn hat sich verdunkelt. Statt sprühendem E-Dur beherrscht düsteres g-Moll die Szenerie. Der Part der Frauen wird jetzt von der Oboe angestimmt, denn »kein anderes Instrument könnte in so herzbezwingenden Tönen das süße Geheimnis keuscher Liebe uns verraten«, wusste der große Klangmagier Strauss. Attackiert wird die zarte Oboenmelodie von drängenden Motiven in Celli und Bratschen. Kein erfüllter Liebesakt wird hier besungen, sondern mit schneidend dissonanten Sekundakkorden Don Juans wild entschlossene Lust. Hörner stimmen das berühmte DonJuan-Thema an, seit dem Mittelalter ein Symbol der Jagd – und nicht nur für die Jagd nach Wild. Ungeschminkt tritt Don Juans Aggressivität zutage, wieder lässt er sein Opfer zurück. In Lenaus Poem stürmt Don Juan weiter zu einem Maskenball. Noch einmal steigert sich hier seine unstillbare Gier in höchste Ekstase, dann verklingt die Musik nach einer überraschenden Generalpause »ersterbend«. Bei Lenau schließt Don Juan mit den Worten: »Es war ein schöner Sturm, der mich getrieben, er hat vertobt und Stille ist geblieben. Scheintot ist alles Wünschen, alles Hoffen; Vielleicht ein Blitz aus Höh’n, die ich verachtet, hat tödlich meine Liebeskraft getroffen, und plötzlich war die Welt mir wüst, umnachtet; vielleicht auch nicht; der Brennstoff ist verzehrt, und kalt und dunkel wird es auf dem Herd.« Jean Sibelius: Sinfonie Nr. 7 C-Dur op.105 »Die Sinfonien sind ja doch mehr Glaubensbekenntnisse von mir als meine anderen Werke«, bekannte Jean Sibelius 1914, zu einer Zeit, in der er bereits »Pläne für eine ›Symphonische Phantasie‹« schmiedete mit dem Ziel »die Konzeption des Symphonischen« zu erweitern. Zehn Jahre später, am 24. März 1924, brachte Sibelius in Stockholm seine Fantasia sinfonica zur Uraufführung. Den Titel zog der finnische Komponist allerdings wieder zurück, er bezeichnete das ungewöhnliche Werk stattdessen als 7. Sinfonie. Ungewöhnlich war vor allem die formale Anlage dieser Sinfonie, da Sibelius die ursprünglich skizzierten vier Sätze später zu einem einzigen Satz verschmolz. Anders als die sinfonischen Dichtungen von Liszt oder Strauss waren die Sinfonien von Sibelius allerdings »zuerst und zuletzt Musik und ohne äußeren Anlass erdacht.« Sibelius’ Siebte 5 war seine letzte vollendete Sinfonie und eines seiner letzten Orchesterwerke überhaupt. Eine 1929 verfasste achte Sinfonie vernichtete er. Übermäßiger Alkoholkonsum hatte seine schöpferischen Kräfte versiegen lassen. In den folgenden dreißig Jahren seines Lebens komponierte Sibelius keine weiteren Werke mehr. Gleichwohl gilt er als einer der bedeutendsten Komponisten Finnlands. Nicht nur formal bricht Sibelius in seiner letzten Sinfonie mit der klassischen Gattungstradition, indem er aus wenigen thematischen Kerngedanken das gesamte Werk entwickelt. Auch harmonisch gehört sein Opus 105 zu den revolutionärsten Werken aus seiner Feder, da er tonale, atonale und modale Strukturen miteinander verbindet. Gleich das eröffnende Klangbild bleibt rhythmisch und harmonisch verschwommen, der erste rhythmische Impuls der Pauke wird von synkopisch einsetzenden Kontrabässen in der Schwebe gehalten. Nordisch wirkt das Kolorit durch die Verwendung des dorischen Modus. Ein verspieltes, arabeskenhaftes Motiv setzt die Musik erstmals in Gang. Mit einem innigen Choral der Streicher und dem anschließenden majestätischen Hauptthema der Posaunen in ungetrübtem C-Dur wird der erste Höhepunkt erreicht. Ein Moment im Angesicht Gottes, wie Sibelius diese Stelle selbst bezeichnete. Über die gewählte Tonart schrieb der englische Komponist Ralph Vaughan Williams: »Heute kann nur noch Sibelius oder Gott in C-Dur schreiben.« Das Posaunenthema bezeichnete Sibelius in Skizzen mit »Aino«, dem Vornamen seiner Frau. Eine versteckte Liebeserklärung? Denkbar angesichts der Krisen, denen die Ehe aufgrund seines steigenden Alkoholkonsums ausgesetzt war. Der erste sinfonische Höhepunkt verklingt allmählich. Ein Accelerando leitet über in ein tänzerisch bewegtes Vivacissimo, dem sich ein zweiter Abschnitt anschließt. Synkopen und häufige Wechsel der Tempi versetzen die Musik in einen schwebenden Zustand. Wieder erscheint das Aino-Thema, diesmal in Moll. Dichte polyphone Strukturen bauen eine dramatische Spannung auf. Ein markiger Paukenschlag leitet den dritten Abschnitt ein, den Sibelius selbst als »hellenisches Rondo« bezeichnete. Synkopenketten der Streicher schrauben sich immer weiter in die Höhe, bis ein energischer Paukenschlag den Höhepunkt des Satzes ankündigt: den Streicherchoral, der auch den Höhepunkt des ersten Abschnittes herbeigeführt hat, und erneut das anschließende Aino-Thema. Die Musik sinkt zurück ins Pianissimo, um sich noch einmal aufzubäumen und schließlich in strahlendem C-Dur zu verklingen. 6 John Adams: Doctor Atomic Symphony Doctor Atomic ist das fünfte Bühnenwerk des amerikanischen Komponisten John Adams. Wie in vielen anderen Opern greift Adams auch in Doctor Atomic auf ein reales Ereignis aus der Geschichte zurück: die Vorbereitungen zur Zündung der ersten Atombombe im Juli 1945 in der Wüste von New Mexico. Das Libretto der 2005 uraufgeführten Oper stammt von Peter Sellars, der hierfür originales Quellenmaterial verwendete: aufgezeichnete Interviews, persönliche Erinnerungen der Wissenschaftler, technische Details aus der Nuklearphysik und freigegebene Dokumente der amerikanischen Regierung, außerdem Gedichte von Baudelaire, John Donne und Muriel Rukeyser. Teile seiner Oper verarbeitete John Adams schließlich in der rund halbstündigen Doctor Atomic Symphony. Er ließ sich musikalisch inspirieren von Filmmusik aus Stanley Kubricks Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben und dem 1954 uraufgeführten Stück Déserts von Edgard Varèse, zu dem Varèse selbst schrieb: »Déserts bedeutet für mich nicht nur die physischen Wüsten, Sand, Meer, Berge und Schnee, äußeren Raum, leere Straßen in den Städten – nicht nur diese Aspekte, die Natur, Sterilität, Ferne und die Existenz außerhalb der Zeit wachrufen, sondern auch diesen fernen, inneren Raum, den kein Teleskop erreichen kann, wo der Mensch allein ist, in einer Welt der Geheimnisse und völligen Einsamkeit.« So kreist der Plot der Oper Doctor Atomic um den letzten Monat vor dem eigentlichen »Trinity«-Test und gibt so Einblicke in die politische Situation des beginnenden Kalten Krieges. Er reflektiert den moralischen und politischen Druck auf die Protagonisten in dem Forschungslabor Los Alamos in der Wüste von New Mexico und schließlich die dramatische Entwicklung des 15. Juli 1945, dem eigentlichen Tag der Zündung. Zentrale Charaktere sind der Physiker und Projektleiter Robert Oppenheimer, »Vater der Atombombe«, seine Frau Kitty, Edward Teller, »Vater der Wasserstoffbombe« und General Leslie Groves, Kommandeur der US Armee für dieses Projekt. Adam überschreibt die vier Sätze seiner Sinfonie mit The Laboratory, The Bedroom, Panic und Trinity, die zentralen Siedepunkte der Oper. Im ersten Satz The Laboratory vermitteln explosive Einwürfe der Blechbläser im dreifachen Fortissimo, pulsierende Pauken und geballte Akkorde der Streicher die unheilschwangere, gespannte Atmosphäre im Forschungslabor. Im anschließenden langsamen Satz The Bed- 7 room erweist sich John Adams als Meister der Orchestrierung und der Klangfarben. Oppenheimer und seine Frau sind alleine in ihrem Haus in Los Alamos. Wiegende Sextolen, abwechselnd in Harfe und Celesta, Streichern und Holzbläsern, zeichnen ein impressionistisches, bisweilen bis ins dreifache pianissimo zurückgenommene Farbenspiel, das an Debussys Daphnis et Chloé erinnert und den Blick auf die Beziehung der Eheleute lenkt. Jäh bricht der dritte Satz Panic in diesen ruhigen Moment ein, mit treibenden, minimalistisch repetierenden Sechzehntelketten der Streicher, lang anhaltenden Flötentönen im höchsten Register, mit auf- und abschweifenden Glissandi und zunehmend rascher aufeinander folgenden Tempowechseln. John Adams verarbeitet hier Ausschnitte aus der »electric storm music«, jenem Teil der Oper, in dem kurz vor der geplanten Zündung der Bombe ein schweres Unwetter aufzieht und sich Panik unter den Wissenschaftlern ausbreitet. Im vierten Satz steigert sich die Spannung hin zum eigentlichen Höhepunkt: der Zündung Trinity. Das Forschungslabor Los Alamos gleicht einer Außenstelle des Todes. Wissenschaftler und Mitglieder der Armee hocken reglos in ihren Bunkern. Nach dem Abschuss zweier Warnraketen wird die automatische Zündung in Gang gebracht. Nur die monotone Stimme der automatischen Ansage des Countdowns ist zu hören. Ein Techniker aktiviert den Schalter, der ausgelöste Schaltkreis schnurrt in rasender Präzision ab. Eine unheimliche Stille breitet sich aus. Dann explodiert die Bombe. In der Sinfonie übernimmt im höchst expressiven Finale Trinity ein elegisches Trompetensolo die klagende Arie Oppenheimers auf ein Sonnet des englischen Dichters John Donne »Batter my heart, three-person’d God«. Uraufgeführt wurde die Doctor Atomic Symphony am 21. August 2007 in der Royal Albert Hall mit dem BBC Symphony Orchestra unter der Leitung des Komponisten. Benjamin Britten: Four Sea Interludes op. 33a »Die meiste Zeit meines Lebens verbrachte ich in engem Kontakt mit dem Meer. Das Haus meiner Eltern in Lowestoft blickte direkt auf die See, und zu den Erlebnissen meiner Kindheit gehörten die wilden Stürme, die oftmals Schiffe an unsere Küste warfen und ganze Strecken der benachbarten Klippen wegrissen. Als ich ›Peter Grimes‹ schrieb, ging es mir 8 darum, meinem Wissen um den ewigen Kampf der Männer und Frauen, die ihr Leben, ihren Lebensunterhalt dem Meer abtrotzten, Ausdruck zu verleihen – trotz aller Problematik, ein derart universelles Thema dramatisch darzustellen.« (Britten, 1945) Mit seiner ersten Oper Peter Grimes gelang Benjamin Britten gleich der große Wurf. Als bedeutendstes Werk des englischen Musiktheaters seit Henry Purcells Dido and Aeneas wurde sie nach ihrer Uraufführung am 7. Juni 1945 in London gefeiert. Britten war sich der Bedeutung seines Werkes offenbar bewusst, als er in der Werkeinführung schrieb, sein Hauptziel sei es gewesen, »Glanz, Freiheit und Lebendigkeit der englischen Musik zu erneuern, die seit Purcells Tod verloren waren.« Ein Glanz, der Opern von Frederick Delius, Gustav Holst oder Ralph Vaughan Williams in England nicht beschieden war. Ihren Erfolg verdankte die Oper Peter Grimes vielleicht auch dem Umstand, dass Britten hier ein betont englisches Thema aufgriff, obwohl erste Skizzen in Amerika entstanden waren, wohin der Pazifist und Kriegsdienstverweigerer 1939 vor der drohenden Kriegsgefahr in Europa mit seinem Lebensgefährten Peter Pears geflohen war. Den Stoff zu Peter Grimes fand Britten in der 1810 entstandenen Verserzählung The Borough von George Crabbe über ein Fischerdorf an der Ostküste der Grafschaft Suffolk, wo Britten selbst aufgewachsen war. Britten fand hier nicht nur einen Stoff, der ihn mit der fernen Heimat verband, fasziniert war er auch von der düsteren Kraft der Hauptfigur Peter Grimes. Ein Außenseiter, dem der Mord an seinem Lehrling angelastet wird und der schließlich aufgrund der drückenden Last der Anklage den Freitod im Meer sucht. Allerdings sollte die Titelfigur in seiner Oper nicht wie bei Crabbe als schreckliche Gestalt »bar jeder Reue und ohne jede Scham« gezeichnet werden. Britten wollte Peter Grimes als »gemarterten Idealisten« zeigen, als gesellschaftlichen Außenseiter und »visionären und konfliktbeladenen Charakter«. In seiner plastischen, weitgehend tonalen Musiksprache bedient sich Britten kompositorischer Mittel aus verschiedenen Epochen und Stilrichtungen. Der Kritiker Hans Heinz Stuckenschmidt beschrieb sie als »verblüffend und fesselnd in der Wahl der Klangfarben, asketisch und raffiniert zugleich. Mit einem Orchester, das Orgel, Celesta, Tuba und reiches Schlagwerk zur normalen Besetzung fügt, werden Klänge von unerhörter Plastik gewonnen, stechende, messerscharfe Bläserakzente, Töne des tiefen Flötenregisters, Harfenterzen, die im Ohr bleiben.« Aus vier der insgesamt sechs instrumentalen Zwi- 9 schenstücke seiner Oper stellte Britten eine Konzertsuite zusammen: die Four Sea Interludes op. 33a. Expressive Bilder der rauen Ostküste Englands, bedrohlich, gewaltig und unberechenbar, die zugleich die Seelenlage des tragischen Helden wie durch ein Brennglas fokussieren. Wie kreischende Möwen kreisen Flöten und Geigen im hohen Register in Dawn (»Dämmerung«). Zwischen Nacht und Tag wogt das Meer mit tanzenden Schaumkronen in auf- und absteigenden Terzenkaskaden. Eine raffinierte Instrumentierung stimmt in Sunday morning (»Sonntagmorgen«) ein Geläut von hohen und tiefen Glocken an. Rhythmisch und melodisch fast unbewegt beginnt Moonlight (»Mondschein«), das sich mit unregelmäßigen Akzenten von Flöte, Harfe und Xylophon allmählich steigert – bis zum »Sturm« (Storm). Hier bestimmen heftige, rasch dahinjagende Impulse das Geschehen. Dunkle Klangregister überwiegen, nervöse Staccati münden in ein furioses Orchestertutti. Rasende Läufe, schrille Intervallfolgen, dynamisch aufgepeitscht von den Pauken, besiegeln das tragische Ende von Peter Grimes. Sylvia Systermans 10 Das Nationale Jugendorchester Niederlande Talentierten, zukünftigen Berufsmusikern ermöglicht das Nationale Jugendorchester Niederlande (Nationaal Jeugd Orkest NJO) schon seit über 50 Jahren das Spielen in Orchester- und Ensembleformationen auf höchstem Niveau. Die vom NJO organisierten Projekte ergänzen die individuelle instrumentale Ausbildung und bieten den jungen Musikern wichtige Praxiserfahrungen. Wesentlicher Bestandteil der Aktivitäten des NJO sind die Konzerte, mit denen die Arbeitsphasen abgeschlossen werden. 2001 rief das NJO eine internationale Ensemble- und Orchesterakademie unter der künstlerischen Leitung von Reinbert de Leeuw ins Leben, die sich unter dem Namen NJO Summer Academy in kurzer Zeit zum Leitprojekt entwickelte. Reinbert de Leeuw leitete dieses innovative, ambitionierte und in Europa einzigartige Projekt für junge Musiktalente in Europa inzwischen schon zum siebten Mal. Einen Monat lang arbeiten ungefähr 140 junge, talentierte Musikstudierende aus dem In- und Ausland an einem vielseitigen musikalischen Programm unter der Leitung von dreißig Dirigenten und Coaches. Ein Composer in residence wird intensiv in die Programmgestaltung eingebunden. Das Repertoire reicht von Musik für großes Sinfonie orchester bis zum Kammerorchester und von zeitgenössischer Ensemblemusik bis zu Sinfonien der Wiener Klassik, aufgeführt in historischer Aufführungspraxis unter der Leitung von Spezialisten wie Philippe Herreweghe und Jos van Immerseel. Jeder Teilnehmer beteiligt sich an drei bis vier Konzertprogrammen, die alle während der vier Wochen dauernden Arbeitsphase aufgeführt werden. Das NJO wird unterstützt durch das Ministerium für Unterricht, Kultur und Wissenschaft, die Provinz Gelderland, die Stadt Apeldoorn, die Kunststiftung NRW, die Société Gavigniès, VSBfonds, die Prins Bernhard Cultuurfonds, die Nederlands Fonds voor Podiumkunsten, die kfHein fonds, die Stichting Nationaal Muziekinstrumenten Fonds, die Stichting Kunst en Cultuur Gelderland/ Gelderland Cultuurland und die Univé Versicherung als Hauptsponsor. In der Kölner Philharmonie ist das Nationale Jugendorchester Niederlande heute zum ersten Mal zu Gast. 11 Die Mitglieder des Nationalen Jugendorchesters Niederlande Violine I Camille Béreau Konzertmeisterin Maia Frankowski stv. Konzertmeisterin Sharon Lisa Baylis Anna Nora Kelemen Inger van Vliet Eva Petrarca Hao Zhou Alexandra Van Beveren Marta Linkmeyer Gabino Laufey Jensdottir Willemijn Steenbakkers José Néstor Tomás Loba Eduardo Lucio-Villegas Sanz de Lara Anna Sophie Torn Jens Lynen Niels Grosemans Violine II Katarzyna Kadziolka Stimmführerin Cristina Ocaña Rosado Stimmführerin Mireia Linkmeyer Gabino Daphne Oltheten Marina Solís Vilar Laurent Robert Corsyn Laben Mariam Laura Gaya Gabàs Gudbjorg Hlin Gudmundsdottir Tomas Alcaide Albero Lizette Bertelsmann Pilar de Sena Tómás Aradee Iamsakulpanit Malin Helena Katarina Lund Laura Vermeulen Viola Zsche Chuang Rimbo Wong Stimmführerin Marion Plard Stimmführerin Katrijn De Backer Jasmien van Hauthem Ander Ispizua Joanne Endedijk Ivan Fotev Mariana Blanc Maria Elena Szilagyi Chebi Laura Erra Torras Milica Mihailovic Aldara Velasco Violoncello Sophie Marie Jomard Solo Carla Sanfelix Joyce Kuipers Yasmina Muro Suescun Hwa Young Lim Charlotte Dafni Vavourakis Camille Guittet Anna R. Schweizer Mareike Kirchner Eduard Raventós Roca Kontrabass Bram Decroix Solo Nienke Kosters Solo David L.D. Desimpelaere Ilin-Dime Goce Dimovski Javier Vacas SanchezEscribano Bas Vliegenthart Ana Magan-Lopez Michael Neumann Flöte Jillian Rose Norton Ilonka Kolthof Delphine Roche Piccolo Oboe Ruth Lopez Mathilde Lebert Roormán Enrique Álvarez May Klarinette Lieke van den Beuken Hannah C Morgan Hilde Kaizer Fagott Marijke Zijlstra Katharina Sophia Groll Filip Vlad Bobe Kontrafagott Horn Steve Boehm Gilbert Camí Farràs Mirjam Alards Konrad Balint Trompete Brad S Hogarth Niek Jacobs Marcos Garcia Vaquero Yuval Shapiro Frans Bemelmans Posaune Johan de Wijs Wilbert Zwier Kenneth Zandbergen Bassposaune Tuba Hugo Portas Ricoy Pauke Bart Jansen Schlagzeug Robert van den Bosch Paula Christine Brouwer Nico Eijlers Tim van Klompenburg Celesta Yshani Perinpanayagam Harfe Stella Angela Farina 12 John Adams 1947 in Worcester an der amerikanischen Ostküste geboren, erhielt John Adams Klarinettenunterricht von seinem Vater und später von Felix Viscuglia vom Boston Symphony Orchestra. Bereits mit zehn Jahren begann er zu komponieren, so dass er schon als Teenager Aufführungen seiner Werke erlebte. Von 1965 bis 1971 studierte er Komposition an der Harvard University bei Leon Kirchner, Earl Kim, Roger Sessions, Harold Shapero und David Del Tredici. Nach seinem Umzug an die Westküste 1971 unter richtete er zehn Jahre lang am San Francisco Conservatory of Music und schloss sich der Neue-Musik-Szene der Bay Area an, die stark von der Minimal music geprägt war. Von 1982 bis 1985 war er Composer in residence beim San Francisco Symphony und begründete dort die erfolgreiche Reihe »New and Unusual Music«. Etliche seiner Kompositionen für Orchester schrieb er für das San Francisco Symphony, das u. a. Harmonium (1981), Grand Pianola Music (1982), Harmonielehre (1985) und El Dorado (1992) uraufführte. 1985 begann John Adams’ Zusammenarbeit mit der Dichterin Alice Goodman und dem Regisseur Peter Sellars, aus der die beiden international viel beachteten Opern Nixon in China (1985–87) und The Death of Klinghoffer (1990–91) hervorgingen. Seither arbeitet John Adams für die Bühne ebenso intensiv wie für den Konzertsaal. In seiner jüngsten, in Wien uraufgeführten und von Mozarts Die Zauberflöte inspirierten Oper A Flowering Tree (2006) verarbeitete er eine südindische Erzählung. Anlässlich des ersten Jahrestages der Angriffe auf das World Trade Center schrieb er 2002 für das New York Philharmonic das Stück On the Transmigration of Souls und erhielt dafür 2003 den Pulitzer-Preis für Musik. Die CD-Einspielung wurde mit zahlreichen weiteren Preisen ausgezeichnet. Zu seinen jüngsten Orchesterwerken zählen Dharma at Big Sur (2003), My Father Knew Charles Ives (2003) und die Doctor Atomic Symphony (2005), in der er Musik aus seiner gleichnamigen Oper über den Atombombenkonstrukteur Robert J. Oppenheimer aufgriff. John Adams ist gegenwärtig der meistgespielte zeitgenössische amerikanische Komponist. Mit seiner Musik wurden bereits internationale Festivals in London, Rotterdam und Stockholm ausgerichtet. 2003 veranstaltete das Lincoln Center in Washington das zweimonatige Festival »John Adams: An American Master«. Von 2003 bis 2007 war John Adams Composer in residence an der New Yorker Carnegie Hall. Neben seiner Tätigkeit als Komponist tritt er regelmäßig als Dirigent der großen, international bedeutenden Orchester in Erscheinung. In seinen Programmen kombiniert er immer wieder eigene Arbeiten mit Kompositionen von Debussy, Strawinsky, Bartók, Ravel, Zappa, Ives, Reich, Glass und Ellington. Als Gastdirigent und Leiter von Musikfestivals in den USA und Europa trat er mit Orchestern wie dem New York Philharmonic, dem Cleveland Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra, dem Königlichen Concertgebouworchester Amsterdam, dem 13 London Symphony Orchestra und dem Ensemble Modern auf. Als »Artist-in-Association« leitet er regelmäßig das BBC Symphony Orchestra im Londoner Barbican Centre und bei den jährlichen Proms in der Royal Albert Hall. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen zählen der vom französischen Kultusministerium verliehene Chevalier dans l’Ordre des Arts et des Lettres, die Centennial Medal der Graduate School of Arts and Sciences der Harvard University, der Michael Ludwig Nemmers Prize in Musical Composition der Northwestern University und der California Governor’s Award for Lifetime Achievement in Arts. 1997 wurde er in die American Academy of Arts and Letters gewählt. In der Kölner Philharmonie dirigierte John Adams zuletzt im Februar 2007 anlässlich seines sechzigsten Geburtstages das London Symphony Orchestra. 14 KölnMusik-Vorschau Donnerstag 28. 08. 2008 12:30 Sonntag 31. 08. 2008 15:00 Filmforum Filmforum PhilharmonieLunch – Karlheinz Stockhausen 80 Karlheinz Stockhausen 80 Frank Scheffer: HELIKOPTER-STREICHQUARTETT (Niederlande, 1995) OmU Frank Scheffer: HELIKOPTER-STREICHQUARTETT (Niederlande, 1995) OmU (Regie: Frank Scheffer, Musik: Karlheinz Stockhausen) (Regie: Frank Scheffer, Musik: Karlheinz Stockhausen) Im Rahmen von PhilharmonieLunch KölnMusik gemeinsam mit Kino Gesellschaft Köln PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln ermöglicht. Donnerstag 04. 09. 2008 12:30 Medienpartner Kölnische Rundschau PhilharmonieLunch Eintritt frei Gürzenich-Orchester Köln Markus Stenz Dirigent Freitag 29. 08. 2008 20:00 Filmforum Karlheinz Stockhausen 80 Experimentelle Kurzfilme mit Musik von Karlheinz Stockhausen Quay Brothers: In Absentia Mary Bauermeister: Experimente José Montes-Bacquer: Examen Mit freundlicher Unterstützung des Westdeutschen Rundfunks KölnMusik gemeinsam mit Kino Gesellschaft Köln Samstag 30. 08. 2008 20:00 Filmforum Karlheinz Stockhausen 80 Iara Lee: MODULATIONS – cinema for the ear (USA, 1998) OmU (Regie: Iara Lee, Musik: Karlheinz Stockhausen) KölnMusik gemeinsam mit Kino Gesellschaft Köln PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln ermöglicht. Medienpartner Kölnische Rundschau Eintritt frei Sonntag 07. 09. 2008 16:00 Sonntags um vier 1 Matthias Loibner Lyra Thierry Nouat Lyra Ensemble Baroque de Limoges Christophe Coin Leitung, Violoncello und Baryton Joseph Haydn Konzert für zwei Lyren und Orchester G-Dur Hob. VIIh:3 Notturno Hob. II:26 sowie Divertimenti Hob. X:10 und Hob. II:17 Alexandre Pierre François Boëly Sestetto D-Dur nach einer Symphonie von A. P. F. Boëly 15 Mittwoch 10. 09. 2008 20:00 Samstag 13. 09. 2008 21:00 Operette und ... 1 Radstadion Anne-Kathrin Fischer Mezzosopran Sandra Danyella Sopran Jana Hruby Sopran Milko Milev Bariton Radoslaw Rydlewski Tenor Sebastian Reinthaller Tenor Andreas Rainer Tenor Alexander Voigt Bariton Folker Herterich Bass Andy Warhol The Chelsea Girls (USA, 1966) USA 1966 Chor und Orchester der Musikalischen Komödie, Leipzig Stefan Diederich Dirigent Carl Millöcker Der Bettelstudent – Konzertante Aufführung Donnerstag 11. 09. 2008 12:30 PhilharmonieLunch WDR Sinfonieorchester Köln Pietari Inkinen Dirigent PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln ermöglicht. Medienpartner Kölnische Rundschau Regie: Andy Warhol Mit: Nico, Ondine, Ingrid Superstar, Eric Emerson, Ari Boulogne u. a. Filmmusik: The Velvet Underground mit Live-Musik von Trance Groove KölnMusik gemeinsam mit dem Landesmusikrat NRW, Kino Gesellschaft Köln, Popkultur Köln e.V. und DokPop Sonntag 14. 09. 2008 16:00 Kinder-Abo 1 | Kinderkonzert für Kinder ab 6 Christine Marx Schauspielerin Hans-Dieter Heiter Schauspieler Elbipolis – Barockorchester Hamburg Henry Purcell Die Feenkönigin. Ein märchenhaftes Konzert nach Shakespeares »Sommernachtstraum« Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V. Eintritt frei Sonntag 14. 09. 2008 20:00 Donnerstag 11. 09. 2008 20:00 Orgel 1 Thierry Escaich Orgel Thierry Escaich Improvisation über »Danse sur un thème de la Renaissance« u. a. außerdem Werke von Olivier Messiaen, Charles Tournemire, Jehan Alain und Maurice Duruflé sowie freie Improvisation über ein Thema von Olivier Messiaen Matthias Goerne Bariton Martin Fröst Klarinette Viviane Hagner Violine Matthew Barley Violoncello Thomas Larcher Klavier Thomas Larcher Böhmen liegt am Meer Kompositionsauftrag der KölnMusik Uraufführung Olivier Messiaen Quatuor pour la fin du Temps Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V. Philharmonie Hotline +49.221.280280 www.koelner-philharmonie.de Informationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner Philharmonie! Kulturpartner der Kölner Philharmonie Herausgeber: KölnMusik GmbH Louwrens Langevoort Intendant der Kölner Philharmonie und Geschäftsführer der KölnMusik GmbH Postfach 102163, 50461 Köln www.koelner-philharmonie.de Redaktion: Sebastian Loelgen Textnachweis: Der Text von Sylvia Systermans ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. Fotonachweis: Nic Limper S. 10; Klaus Rudolph S. 12 Corporate Design: Rottke Werbung Umschlaggestaltung: Hida-Hadra Biçer Gesamtherstellung: adHOC Printproduktion GmbH Foto: Ruth Walz Mittwoch 14.01.2009 20:00 Hans Werner Henze »Phaedra« Konzertoper in zwei Akten nach einem Text von Christian Lehnert Konzertante Aufführung in deutscher Sprache Roncalliplatz 50667 Köln Philharmonie Hotline 0221/280 280 www.koelner-philharmonie.de in der Mayerschen Buchhandlung Neumarkt-Galerie 50667 Köln Natascha Petrinsky Mezzosopran (Phaedra) Marlis Petersen Sopran (Aphrodite) John Mark Ainsley Tenor (Hippolyt) Axel Köhler Altus (Artemis) Lauri Vasar Bariton (Minotaurus) Ensemble Modern Michael Boder Dirigent 19:00 Einführung durch Jens Schroth Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V. € 25,– zzgl. VVK-Gebühr Konzertant 3 | Philharmonie für Einsteiger 3