MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R Wohnen puls 02 | 2013 Ein einzigartiger Platz. Für zwei. Kristallfassade am Rhein von römer partner architektur SCHUKO®-/USB-Steckdose. Die Kombination aus bewährter Unterputz SCHUKO®-Steckdose und USB-Netzteil. Mit Busch-Jaeger Patent. Für Smartphones, Tablets, Foto apparate oder MP3-Player. Erleben Sie Komfort neu auf www.BUSCH-JAEGER.de Interview mit Stefan Marte Wohnen im Mehrgenerationenhaus Jenseits der Schwelle – Architektur gegen die Gewohnheit www.BUSCH-JAEGER.de Die Zukunft ist da. 02 | 2013 » Editorial Vittorio Grassi war 9 Jahre lang Partner im Büro von Renzo Piano. Seit 2005 leitet er sein eigenes Architekturbüro in Mailand. Zur Sache: Wohnen und ewige Werte puls im Gespräch mit Vittorio Grassi Wir sind neugierig … wie wohnen Sie selbst? Ich glaube gar nicht, dass die Lebensumstände Welche Bedeutung werden ökologische Aspekte Ich selbst lebe im Herzen Mailands in einem einem so großen Wandel unterworfen sind. zukünftig für den Wohnungsbau haben? ausgebauten Dachgeschoss mit großzügiger Wie in der Vergangenheit sehnen sich auch Nachhaltigkeit kann nur funktionieren, wenn Terrasse. Sonnenlicht ist das wesentliche heute die Menschen nach Wärme, Zuneigung, soziale, ökonomische und ökologische Parame- Merkmal meiner Wohnung. Es scheint auf die Freundschaft und Liebe. Architektur für Wohn- ter gemeinsam betrachtet werden. Nirgendwo Pflanzen und dringt durch die großen französi- gebäude hat im Wesentlichen die Aufgabe, mit sonst können Menschen so unmittelbar schen Fenster und die Jalousien ins Innere. Ich neuen technischen Lösungen auf diese tradi- erreicht werden wie beim Wohnungsbau, des- schätze offene Räume und die Freiheit, diese tionellen Bedürfnisse einzugehen. wegen kann hier umso mehr ein Umdenken in Gang gesetzt werden, das der Gesundheit schnell und unkompliziert zu verändern. Was die Einrichtung angeht, ähnelt mein Zuhause Was bedeutet dies in der Praxis? einem unvollendeten Werk: stets offen für Ich persönlich setze bei meinen Entwürfen auf neue Ideen und Experimente – Work in Progress. große und helle Empfangs- und Wohnbereiche, Welche Rolle spielen hier Gebäudeautomations- unseres Planeten zu Gute kommt. hohe Decken und komfortable Möbel. Dies sind techniken wie zum Beispiel KNX? Waren Sie einmal bereits Ihr eigener Bauherr? die Orte, an denen man viel Zeit mit Freunden Gebäudeautomation ist für mich gleichbedeu- Oh ja, als mein eigener Bauherr bin ich sehr und Verwandten verbringt. Andererseits gehö- tend mit mehr Komfort, mehr Sicherheit und tolerant – besonders was den Zeitplan angeht. ren für mich auch großzügige Schränke und höherer Energieersparnis: Der Bedarf an Das liegt daran, dass ich voller Leidenschaft noch Abstellbereiche zu einer gelungenen Wohnum- Gebäude-Management-Systemen wächst kon- auf der Baustelle Verschiedenes ausprobiere. gebung. Insbesondere da durch elektronische tinuierlich. Diese Systeme sind wunderbar, sie Hilfsmittel unsere Erinnerung so weit entmate- sollten aber modular und so offen wie möglich Das gesellschaftliche Leben ändert sich. Beein- rialisiert wird, sollten jene geschätzten Objekte, angelegt sein. Außerdem plädiere ich dafür, flussen Entwicklungen wie die Patchwork- mit denen sich wichtige persönliche Erinnerun- dass die Einstellungen, die der Benutzer vor- Familie oder das Home Office Ihre Architektur? gen verbinden, mit Sorgfalt bewahrt werden. nimmt, einfach und nah am Alltag sind. 02 puls 02 | 2013 Architektur gegen die Gewohnheit > S. 4 Wohnen im Mehrgenerationenhaus > S. 8 Kristallfassade in Köln > S. 16 Modernes Wohnquartier mit hohem Aufenthaltswert > S. 22 Der „Mädchenturm“ und andere Wohnbauten von Marte.Marte Architekten > S. 32 Recycling-Ziegel – das Kunstmuseum Ravensburg > S. 38 Der Architekt Hadi Teherani und Busch-Wächter® MasterLINE > S. 40 04 08 16 22 Titelbild: Jens Willebrand Bildbearbeitung: Raphael Pohland / Minister von Hammerstein 28 Macro Jenseits der Schwelle von Wilhelm Klauser Micro Architektur für Mehrgenerationenhäuser von Insa Lüdtke Praxis I Stacheliger Kokon – die K-Star Residence in Köln Praxis II Leben im Hof – das Wohnquartier Hollerstauden in Ingolstadt Visionen Das Haus von morgen 32 38 40 42 43 Zu Besuch Interview mit Stefan Marte über den „Mädchenturm“ in Vorarlberg Material Lederer Ragnarsdóttir Oei über Ziegel als Material Einblicke Busch Wächter MasterLINE – ein neues Produkt aus dem Hause Busch-Jaeger Denkanstoß Die Preisfrage zum aktuellen Thema Impressum 03 Iwan Baan » Macro Nur wenige Architekten stellen so konsequent Wohngewohnheiten in Frage wie der japanische Architekt Sou Fujimoto. Sein nahezu vollends transparentes „House NA“ ist in Tokio bereits zu einem internationalen Pilgerort für Architekten geworden (links). Jenseits der Schwelle Damit Wohnen nicht gleichbedeutend mit Gewohnheit ist – Architekten und Bauherrn sollten Mut beweisen und an der bekannten Wohnstruktur aus Küche, Bad, Wohn- und Schlafzimmer rütteln. Schließlich verändert sich unsere Arbeits- und Lebenswelt so rasant, dass neue Ideen unentbehrlich sind. Interessante architektonische Lösungen sind jene, die individuelle Wünsche konsequent im Entwurf umsetzen. Von Wilhelm Klauser „Unter einer Wohneinheit sind nach außen abgeschlosse- Zur Wohnung gehören Werte ne, zu Wohnzwecken bestimmte, in der Regel zusammen Das Kind malt mit spitzem Stift den Grundriss: Blumen- liegende Räume in Wohngebäuden und sonstigen Gebäu- strauß in der Aufsicht, Teppich und Bett mit Wärmflasche. den mit Wohnraum zu verstehen, die die Führung eines Haustür. Flur. Garderobe. Toilette. Hände waschen, Wohn- eigenen Haushalts ermöglichen.“ Das also ist die Wohnung, zimmer. Aus den Augenwinkeln der Blick in die Küche. wenn es nach der Statistik geht. 40,47 Millionen davon gab Sofa. Lachen. Esstisch. Nachtisch. Fernsehen und dann ins es in Deutschland im Jahr 2011, und die durchschnittliche Bett. Vorher noch Badezimmer. Da fällt die Sorgfalt auf, mit Wohnungsgröße je Person betrug 43 Quadratmeter. der die Gegenstände vom Kind gemalt werden. Selbst das Muster auf dem Teppich wird gezeichnet. Offensichtlich Superlativ von Wohnen: Leben hat Wohnen nichts mit Reduktion zu tun. Mit der eigenen Haustür. Flur. Garderobe. Toilette. Hände waschen, Wohn- Wohnung vermitteln sich stattdessen Werte – Wertvolles – zimmer. Aus den Augenwinkeln der Blick in die Küche. individuell Wertgeschätztes. Eingezeichnet werden vom Sofa. Lachen. Esstisch. Nachtisch. Fernsehen und dann ins Kind deshalb Bezugspersonen. Meist wird in solchen Zeich- Bett. Vorher noch Badezimmer. Seltsam, wie verbissen sich nungen auch eine sehr konkrete Vorstellung vom manche Wohnvorstellungen halten. Bestimmte Raumkon- Zusammenleben sichtbar: Eine Katze, ein Hund, die Oma … stellationen tauchen immer wieder auf hinter der Haustür. Wohnen ist in solchen Zeichnungen kein ästhetisches Kon- Lebst Du schon – oder wohnst Du noch? Der Slogan des zept, sondern sozialer Kontext. Wenn sich der Tagtraum der großen Möbelhauses ist nicht schlecht, suggeriert er doch eigenen Wohnung später realisieren lässt, wenn Architek- die Einheit von Wohnen und Leben – besser noch: Der ten und Investoren die ureigenen Wünsche transkribieren Superlativ von Wohnen wäre also das Leben! Seltsam, wie – Material, Oberflächen, Raumbezüge, Ausblicke – dann bereitwillig die Idee des Öffentlichen und Sozialen, die Idee erst wird häufig auf die Menschen verzichtet. Für Architek- der Gemeinschaft aus der Vorstellung vom Leben ausge- ten ist nicht die Planung der Wohnung eine Herausforde- blendet wird. Das Leben ist privat. rung. Herausforderung ist die Planung von Wohnen. 05 Vinesh Gandhi George Dupin Öffentliches und Privates überlagern sich bung vom Wohnen? Richtig gemütlich wurde es erst im Politisch kann solch eine Aufgabe sein, manifestieren sich Biedermeier, mit der großbürgerlichen Familie. Die Woh- doch in der Gestaltung des individuellen Raums Machtkon- nung wird da zu einem Kokon, der alle Bewohner stellationen, die nicht einfach aufzulösen sind. Für Ehefrau- umschließt. Die Wohnung wird zur Gewohnheit, die zu en zum Beispiel ist bis heute in den meisten industriellen überwinden ist. Planungen kein eigenes Zimmer vorgesehen. Es gibt ein Kinderzimmer, ein Wohnzimmer, eine Küche … aber was Individualität versus Gewohnheit heißt das schon? Selten, dass in einer Familie nicht längst Wer hätte sich zum Beispiel vor 15 Jahren vorgestellt, dass beide Partner arbeiten. Elternzeit können beide beantra- Wohnen auf Industriefußboden salonfähig wird, dass zum gen, überkommene Rollenbilder werden abgelegt, was sich Beispiel dort erzogen, gegessen und geliebt wird, wo einst aber nicht unbedingt in den Wohnungen widerspiegelt. die Maschinen tobten? Man schätzt den offenen Grund- Individualität: „Maison L“ von Christian Pottgießer ist durch seine fünf Türme charakterisiert. (oben, r.). Konsequent an den regionalen Gegebenheiten orientieren sich das indische „Courtyards House“ des Architekten Sanja Puri (oben, l.) riss, setzt ihn gleich mit Freiheit und Unabhängigkeit: Das Private bleibt und wird praktisch. Was sagt aber ein Individueller Lebensstil statt Gewohnheit ist angesagt. Begriff wie Home Office eigentlich genau aus? Soll man im Das gelingt nicht immer, auch wenn die Küchenblock- Büro wohnen – oder soll man zu Hause arbeiten? In jedem nespresso-Lofts in der Innenstadt weggehen wie frisch Fall eine enorme Herausforderung, denn das Wohnkonzept geschnitten Brot. vom individuellen Rückzugsraum wird in Frage gestellt. In architektonischer Hinsicht überzeugen können jene Pro- Öffentliches und Privates überlagern sich. Wohnen verän- jekte, bei denen das Konzept breiter und langfristiger ange- dert sich, wird weiter gefasst, wenn die antrainierten Zeit- legt ist. Hier bedeutet Wohnen weit mehr als die berühmten strukturen sich auflösen, wenn soziale Medien den Alltag vier Wände, sondern beinhaltet den sozialen Kontext. Ein strukturieren. Die Lektüre der alten Romane führt noch in Wohnatelier, eine Senioren-WG, ein Studentenwohnheim – großbürgerliche Salons, in denen die private Enklave auch gemeinsames Essen, Austausch. Der starre Kokon wird nicht existiert: Belle Etage – hier ist der Raum für den durchbrochen, wenn neue Kräfte auftreten. Da ist auch der repräsentativen Empfang. Der Rahmen für soziale Interak- Architekt plötzlich unabhängig, kann Ungewöhnliches vor- tion ist prächtig. Die Damen ziehen sich zurück, die Herren schlagen – vorausgesetzt, sein Kunde kann sich artikulieren rauchen, Zeit existiert nicht. Spricht man in dieser Umge- und hat die Freiheit, seine Wünsche zu verwirklichen. 06 puls 02 | 2013 Adriano Pecchio Klarheit, Reduktion und Eleganz: Beim Umbau der toskanischen Villa Podere Bedano setzt Vittorio Grassi auf Raumkontinuen und abwechslungsreiche Materialien (oben). Leben im transparenten Setzkasten betont selbst: „Ich sage auch nicht: Werft all eure Möbel Die Bauherren, die bei dem japanischen Architekten Sou weg! Ich möchte nur zeigen, dass es vielleicht auch andere Fujimoto „House NA“ in Auftrag gaben, wollten in ihrem Möglichkeiten gibt zu wohnen.“ Haus leben wie Nomaden. Fujimoto ist Spezialist für eine solche Bauaufgabe und konsequent im Hinterfragen von Der Mailänder Architekt Vittorio Grassi, der lange Zeit als dem, was wir im Wohnen als selbstverständlich erachten. Partner im Büro von Renzo Piano gearbeitet hatte, sollte in Wenn Fujimoto entwirft, kehrt er zu den architektonischen der Toskana die aus dem 18. Jahrhundert stammende Villa Wurzeln zurück: Welche Funktion hat ein Zimmer, welche Podere Bedano erhalten und doch für die Gegenwart fit eine Wand. Kann ein Raum vielleicht auch ohne beides machen. Er entschied sich für hochwertige Materialien – auskommen? Sein „House NA“ hat daher auch nichts von ausgewähltes Parkett, Steinböden in gedeckten Farben. Die einem Rückzugsort, beim Anblick der voll transparenten Ausblicke in auf die umliegenden Olivenhaine sind unbe- Fassade könnte man auch an einen Setzkasten denken. In dingt Teil des Konzepts. Das Ergebnis ist eine luxuriöse den Innenräumen stößt der Besucher auf keine schweren Umgebung, die nicht mit ihren Werten prahlt, sondern Möbel. Ihre Aufgabe hat die Architektur selbst übernom- langfristig und nachhaltig angelegt ist (der Energiebedarf men: Treppenstufen werden zu Sitzgelegenheiten, Wand- für Haus und Pool wird zu 70 Prozent von der eigenen vertiefungen ersetzen Schränke. Vor- und Rücksprünge Solaranlage und der Geothermieheizung gedeckt). Grassi können als Balkone oder Dachterrassen genutzt werden. Im gelingt das Kunststück einer zeitlosen Architektur, die gesamten Haus gibt es so gut wie keine festgeschriebenen gleichwohl technisch auf dem neuesten Stand ist. Einen Funktionen. Die Bewohner selbst bestimmen, welche Funk- japanischen Bezug gibt es auch hier: Grassi umschreibt die tionen die gläsernen Kuben annehmen sollen. So ist es auch Villa gerne mit einem Verweis auf die japanische Kultur: gut möglich, den Arbeitsplatz gemäß dem Sonnenstand Dort steht „wabi-sabi“ für eine Ästhetik, die Eleganz in der mehrmals am Tag zu wechseln. Einfachheit und nicht in der prahlerischen Geste sucht. Wahrscheinlich kann das radikal reduzierte „House NA“ nur in Tokio stehen, wo auf engstem Raum Wohnkomfort geboten wird. Dabei muss es aber auch nicht darum gehen, das Wohnen fortwährend neu zu erfinden. Sou Fujimoto Dr. Wilhelm Klauser ist Architekt, Stadtplaner und Architekturkritiker. Kürzlich erschienen: „Baukultur Verkehr. Orte – Prozesse – Strategien“, eine Publikation der Bundesstiftung Baukultur. Herausgeber: Michael Braun, Wilhelm Klauser. 256 Seiten, ParkBooks Zürich. 07 » Micro Zuhause 2.0 – Mehrgenerationenwohnen in der Praxis Die Alterung der Gesellschaft und der Zerfall klassischer Familienstrukturen befördern die Idee des Mehrgenerationenhauses. Seit über zehn Jahren werden immer wieder erfolgreich Projekte realisiert, die ein gemeinschaftliches Wohnen mit Rückzugsmöglichkeiten kombinieren. Bei der Planung ist der Architekt oftmals auch als Vermittler und Moderator gefragt, technische Innovationen wie die Gebäudesteuerung bekommen dabei zusehends Bedeutung. Text Insa Lüdtke Leben im Generationenverbund ist historisch betrachtet eine gen Umfeld im Sinne von Wahlverwandtschaften wächst Selbstverständlichkeit. Dabei spielten weniger romantische unabhängig von Alter und sozialem Status. Selten geht es Vorstellungen einer trauten Großfamilienidylle eine Rolle als dabei um das Konzept der klassischen Wohngemeinschaft ganz pragmatische Gründe. Sinnbildlich steht das Altenteil mit Putzplan, sondern um ein Zusammenleben in Gemein- für Geben und Nehmen zwischen den Generationen. Mit der schaft auf Distanz. Übertragung des bäuerlichen Gutes an die junge Generation sicherten sich die Alten den Lebensunterhalt (z. B. durch Einer Lebensweise Raum geben Naturalien), ein lebenslanges Wohnrecht auf dem Hof sowie Eine Art Initialzündung auf diesem Feld gelang vor elf Jah- Dienstleistungen oder laufende Geldleistungen. ren dem Wiener Architekten Franz Sumnitsch, der mit sei- Klassiker unter den Mehrgenerationenprojekten: „Miss Sargfabrik“, initiiert vom Wiener Büro BKK-3, wurde 2001 eröffnet und ist heute Pilgerstätte für interessierte Architekten (rechts). nem Büro BKK-3 in enger Abstimmung mit den zukünftiKlassische Familienstrukturen lösen sich in Zeiten wach- gen Mietern eine ehemalige Sargfabrik zu einer modernen sender Singularisierung und Individualisierung mehr und Wohnanlage umbaute – im Sinne eines Quartiers der kur- mehr auf. Nicht nur beruflich ist Flexibilität gefragt, was zen Wege. Das Projekt „Miss Sargfabrik“ umfasst auf einer ein Leben der verschiedenen Generationen an einem Ort – Fläche von 3.000 Quadratmetern circa 40 Wohneinheiten. selbst wenn gewünscht – selten möglich macht. Mit stei- Räumliche Angebote für Kommunikation und nachbar- gendem Lebensalter eröffnet sich für die wachsende Zahl schaftliche Vernetzung wie z. B. eine Bibliothek und älterer Menschen die Chance, mit dem Renteneintritt noch Gemeinschaftsküche sollen eine „soziale Architektur“ einmal eine aktive Lebensphase zu beginnen. Was für die schaffen, in der sich alle Generationen wohlfühlen können. einen die Möglichkeit des freiwilligen sozialen Engage- „Hier wurde kein Wohnhaus geschaffen, sondern einer ments bedeutet, ist für andere schlichte Notwendigkeit – Lebensweise Raum gegeben,“ betonte Sumnitsch vor vier wenn etwa jemand keine Nachkommen hat. Der Wunsch Jahren im Editorial dieses Magazins. „Viele Bewohner sind nach einem selbstbestimmten Wohnen in einem lebendi- eingezogen, weil sie nicht mehr anonym wohnen wollten, 08 puls 02 | 2013 Hertha Hurnaus archimage/Meike Hansen sondern ihr Leben in einer Gemeinschaft verbringen möch- tet, gemeinsam wird der Garten genutzt. Für Peter Weber ten. Alleinerziehende Mütter oder Väter können zum Bei- besteht die Kernidee des Projekts darin, „sich im Alltag spiel vom Kindergarten über das Schwimmbad bis zum gegenseitig zu unterstützen“. Als Vorstand der Genossen- Veranstaltungssaal die volle Palette der Einrichtungen sehr schaft koordinierte er den Prozess der Entscheidungsfin- sinnvoll nutzen." dung für die Bewohnergruppe. Der Architekt als beratender Moderator „Die Berliner haben Vieles richtig gemacht,“ ist sich Anne „Miss Sargfabrik“ gilt bis heute als mustergültiges Mehr- Dellgrün sicher. Gruppen müssten vor allem ein tragfähiges generationenhaus, das Architekten aus ganz Europa und Konzept mitbringen, am besten eines mit sozialem Belang. interessierte Bewohner regelrecht als Pilgerstätte aufsu- Die Kölner Sozialwissenschaftlerin befürwortet den Ansatz chen. Das Projekt war zunächst Vorreiter und gilt nach wie der Gruppenstruktur aus Jung und Alt, Krank und Gesund, vor als Vorbild für generationenübergreifende Konzepte Familien und Singles. Dellgrün begleitet Wohngruppen auch in Deutschland: So leben seit fünf Jahren in einem beratend bei der Konzept- und Projektentwicklung. Ein Mix fünfgeschossigen ehemaligen Schulgebäude im Berliner sei ein gutes Fundament, gerade wenn es darum gehe, bei Vorort Karlshorst junge Familien Tür an Tür mit Alleinste- Partnern wie Banken oder der Wohnungswirtschaft vorstel- henden, behinderten Menschen und Älteren. Die Mieter- lig zu werden. Eine Nachbarschaft des guten Willens reiche genossenschaft SelbstBau e.G. ließ nach den Plänen des aber nicht aus, warnt Dellgrün. Für ein erfolgreiches Gelin- Berliner Büros Standort Architekten das denkmalge- gen gilt es von Beginn an, Wünsche der künftigen Bewoh- schützte Backsteingebäude aus dem Jahr 1899 zu einem ner in die Plaungen einfließen zu lassen. Gerade hier muss generationenübergreifenden, integrativen Wohnhaus der Architekt seine Kompetenzen als Berater, Moderator umgestalteten. Die Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen und Organisator ausspielen. So muss er zunächst die unter- sind zwischen 55 und 140 Quadratmeter groß, 16 der 21 Ein- schiedlichen Wohnbedürfnisse und letztlich Lebensentwür- heiten sind barrierearm, 5 sind rollstuhlgerecht ausgestat- fe ermitteln und diese in eine Planung übersetzen. Etwa in 10 Die Wohnungen des von Behnisch Architekten 2011 realisierten MehrgenerationenQuartiers in Ingolstadt-Hollerstauden gruppieren sich um ein zentrales glasüberdachtes Atrium (oben und rechts). puls 02 | 2013 archimage/Meike Hansen Form eines „neutralen“ Grundrisses, der mit ungefähr gleich- fügung zu stellen. Dellgrüns Erfahrungen nach bildet sich großen Räumen unterschiedliche Nutzungen zulässt oder als immer eine Kerngruppe von 8 bis 14 Personen, die die differenziertes Wohnungsangebot für die unterschiedlichen Grundlagenarbeit macht. Rund 3 Jahre Zeit braucht es, um Lebensphasen – letztlich stehen bei dieser Bauaufgabe soziale ein Projekt vom Konzept bis zum Einzug umzusetzen. Fragen und Kompetenzen im Fokus. Später muss er den künftigen Bewohnern womöglich auch unangenehme Entscheidun- „Im Quartiersbezug erkenne ich einen sinnvollen Ansatz, gen verkaufen, um das Projekt nicht zu gefährden. was das Mehrgenerationenwohnen betrifft,“ sagt Dr. MarieTherese Krings-Heckemeier, Vorstandsvorsitzende der Enge Bindung zu den späteren Bewohnern empirica AG. Das Forschungs- und Beratungsinstitut für die Generationenübergreifende Projekte entstehen von verschie- Wohn- und Immobilienwirtschaft war mit der Begleitung denen Seiten aus: Interessensgruppen finden sich lokal des Quartiersprojektes „St. Leonards Garten“ beauftragt, das zusammen („bottom up“), häufig handelt es sich hierbei um im Rahmen des ExWoSt-Programms (Experimenteller Woh- Wohneigentum. Immer mehr setzt sich auch im Mietwoh- nungs- und Städtebau) realisiert wurde. Durch die enge Ein- nungsbau die Erkenntnis nach dem Bedarf für gemeinschaft- bindung der späteren Bewohner von „St. Leonards Garten“ liches Wohnen durch („top down“). Dellgrün berät neben Bau- konnten bei dem neuen Wohnquartier mit rund 100 Wohn- gruppen auch die Wohnungswirtschaft bei der Quartiersent- einheiten und 50 Stadthäusern, das zwischen 2009 und wicklung. Hier können gemeinschaftliche Projekte einen 2012 auf einem ehemaligen Stadtbahndepot im Zentrum wichtigen Beitrag leisten und einen echten Mehrwert für das von Braunschweig entstanden ist, viele Nutzerwünsche von Umfeld bieten, wenn sie z. B. Räumlichkeiten für ein Café, vornherein in den Entwurfsprozess einbezogen werden. einen Service-Stützpunkt oder eine Tagespflege einplanen Hierdurch sollte das Zusammenleben der Generationen von und damit auf das Umfeld ausstrahlen. Das wiederum kann Beginn an gefördert und der Generationenwechsel, der sich ein Argument für die Wohnungswirtschaft sein, so einem Pro- mit den Jahren vollziehen wird, in den architektonischen jekt ein günstiges und zentral gelegenes Grundstück zur Ver- Planungen Berücksichtigung finden. 11 Jens Masmann Julia Knop Inmitten einer bestehenden Blockrandbebauung entsteht in München-Neuhausen bis 2016 unter dem Namen „Drei Höfe“ eine genossenschaftliche Wohnanlage, die Singles, Paare, Familien und Wohngemeinschaften offen steht. Generationengerechtes und nachhaltiges Wohnen Selbst das drittgrößte deutsche Wohnungsunternehmen Nachhaltigkeit sei jenseits energetischer Anforderungen Vivawest Wohnen GmbH setzt mit den „Johanniskirch- auch im sozialen Sinne das richtige Stichwort bei Mehrge- gärten“ in Essen auf ein Mehrgenerationen-Quartier. Seit nerationen-Wohnprojekten, weiß Alexander Grünenwald. 2007 entstanden auf einer Gesamtfläche von rund 30.000 Schon vor 20 Jahren hatte der Architekt (Grünenwald + Quadratmetern im gewachsenen Umfeld des Essener Heyl) für die städtische Wohnungsgesellschaft Sozialbau Stadtteils Altenessen durch Modernisierung und Neubau Kempten das Projekt „Integriertes Wohnen Kempten“ ent- rund 210 Mietwohnungen, die zum Teil als Maisonette wickelt: „Das Quartierscafé belebt noch heute ganze Teile oder im Loftstil gestaltet sind. Darüber hinaus sind elf der Altstadt, auch der Gemeinschaftsraum funktioniert Eigenheime in der Planung. Breite Laubengänge bieten hervorragend.“ Für die städtische Wohnungsgenossen- Raum für Begegnung und Gemeinschaft. Jung und Alt, schaft Ulmer Heimstädte war das Architekturbüro mit Familien und Singles, Menschen mit und ohne Behinde- der Planung eines Mehrgenerationen-Wohnprojekts rung sollen hier Wohnraum finden, der nicht hinter vier beauftragt, das 2011 bezogen wurde. Im Niedrigenergiest- Wänden endet. Die Wohnungen sind überwiegend barrie- andard kfw 55 entstanden 35 barrierefreie Mietwohnun- refrei. Sie haben bodengleiche Duschen, verbreiterte gen mit 1,5 – 4 Zimmern zwischen 50 und 105 Quadratme- Türen und schwellenlose Zugänge zu den Balkonen. Ein tern, ein zentraler Gemeinschaftsraum mit Küche am Ein- Mietertreff und das Kundencenter des Wohnungsanbie- gangsbereich, gemeinschaftliche Frei- und Grünbereiche, ters mit Concierge sind integraler Bestandteil. Kinderspielplatz, Fahrradabstellhäuser und Tiefgarage. Derzeit entsteht der „Generationengarten“, der den Bewohnern einen gemeinschaftlichen Freiraumbereich Von der Arbeitsgemeinschaft Baden-Württemberger Bau- mit Platz für nachbarschaftliche Aktivitäten bieten soll. sparkassen erhielt das Projekt den Preis der Initiative 2012 Ein umweltfreundliches Regenwasserkonzept sorgt für und den Sonderpreis des Landeswettbewerbs „So wollen ein gesundes Mikroklima in der gesamten Siedlung. wir wohnen – generationengerecht, integriert, nachhaltig". 13 Jens Masmann Technische Assistenzsysteme Einrichtungen im Quartier. Dazu wurden im Jahr 2008 Bei der Konzeption von generationenübergreifenden barrierefreie, anpassungsfähige Wohnungen im Bestand Wohnprojekten können technische Lösungen sinnvoll ein- geschaffen, sowie ein Pflegedienstleister in das Quartier fließen. So unterstützt der KNX-Standard seit 20 Jahren eingebunden. Im Bereich der sozialen Infrastruktur sind Aspekte von Komfort und Sicherheit in den eigenen vier somit professionelle Hilfeleistungen, Alltagshilfen und Wänden. Die damit verbundene Gebäudeautomation Beratungsangebote direkt vor Ort abrufbar, ergänzt um kommt allen Generationen zugute, die in einem Haus Infrastrukturangebote für Jung und Alt. Zur Aktivierung zusammen leben. Zusätzlich zum Stromnetz nutzt der der Bewohner und der Kommunikation im Stadtviertel tra- KNX-Standard eine Niedervoltleitung, so kommunizieren gen der Gemeinschaftsraum, ein Concierge und das Netz- die einzelnen Steuer- und Bedienelemente, Sensoren und werkerbüro sowie die Internetplattform Aktoren miteinander. Farbiges Orientierungslicht im Flur- www.pfingstweide.de bei. Jedem Bewohner seine individuelle Wohlfühlumgebung geben: mit technischen Assistenzsystemen oder speziellem Raum für Begegnung. So entsteht in den „Johanniskirchgärten“ in Essen derzeit der „Generationengarten“ (rechts). bereich, die Leseleuchte im Wohnzimmer oder die Küchenbeleuchtung können geschaltet werden. Außerdem kön- Generationenübergreifendes Netzwerk nen die Stereoanlage oder der Fernseher eingeschaltet wer- Damit in Zeiten wachsender Pluralisierung selbstbestimm- den, um dem Bewohner „seine“ individuelle Wohlfühlsum- tes Wohnen – ob als Familie oder Single und unabhängig gebung nach Bedarf zu bieten. Gerade aufgrund der intuiti- vom Alter – gelingen kann, braucht es zuallererst Anre- ven und selbsterklärenden Funktionen bewertet die ältere gung und Austausch. Nicht von ungefähr trug deshalb Generation KNX zunehmend positiv. wohl auch in diesem Jahr eine viel beachtete Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum den Titel „Netzwerk Auch die Vernetzung eines ganzen Wohnquartiers über Wohnen – Architektur für Generationen“. Die Schau in eine Internetplattform kann eine generationenübergrei- Frankfurt verwies auf 35 internationale Projekte, die die fende Nachbarschaft und Gemeinschaft fördern. Im Rah- Bedeutung eines generationenübergreifenden sozialen men des ExWoSt-Bundesmodellprogramms mit dem The- Netzwerks belegen. Dies bedingt einen individuellen, aber menschwerpunkt „Innovationen für familien- und altenge- eben auch einen kollektiven Bewusstseinsprozess, der rechte Stadtquartiere“ wurde von der BauWohnberatung nicht früh genug beginnen kann. Karlsruhe im Auftrag der LUWOGE für den Ludwigshafener Stadtteil Pfingstweide ein Wohnkonzept erarbeitet, das allen Generationen gerecht wird. Neben der Realisierung neuer Wohnformen ging es um den Aufbau von Service- 14 Insa Lüdtke ist Architektin und freie Journalistin. Mit ihrem Beratungsunternehmen „Cocon Concept“ hat sie sich auf „Wohnen im Wandel“ spezialisiert. Gemeinsam mit Eckhard Feddersen ist Insa Lüdtke Herausgeberin des Entwurfsatlas Wohnen im Alter (2009, Birkhäuser, Basel). puls 02 | 2013 Adrian Bedoy – VIVAWEST » Praxis Kunstgriff wider die Monotonie: Die Balkone sind bei der K-Star Residence etagenweise versetzt. So entsteht das eigenwillige geometrische Linienspiel, das dem Gebäude Charakter verleiht (links) . Stacheliger Kokon Auf Sichtweite zum Kölner Dom ist mit der K-Star Residence eine neue luxuriöse Wohnumgebung entstanden, die sowohl kleine Appartements als auch großzügige Penthouse-Wohnungen bietet. Mit der plastisch-kristallinen Fassadenstruktur gaben die Kölner Archtitekturbüros gatermann + schossig und römer partner architektur dem Gebäude ein Alleinstellungsmerkmal, das mit der besonderen innerstädtischen Wohnsituation korrespondiert. Text Lasse Ole Hempel Fotos Jens Willebrand „Unser Hauptthema ist zurzeit das Wohnen in der Stadt“, nutzt wurde. Gegenwärtig wird der langgestreckte Bau betont Bernd Römer. Seit über 20 Jahren leitet er in Köln entkernt, hinter der mit Säulen durchsetzten Fassade ent- sein eigenes Büro – 2007 gründete er gemeinsam mit stehen neue Büroflächen. Das Baugrundstück der K-Star Stephan Kögeler römer partner architektur. Nicht nur in Residence ist eine umgewandelte Bundesimmobilie. Die der Rheinregion hat sich das Büro mit vielen erfolgreichen Adresse „Altes Ufer“ weist darauf hin, dass der Rhein vor Projekten einen guten Namen erarbeitet. Im Kölner Rhein- gar nicht langer Zeit bis hierhin reichte. Entsprechend auhaufen haben sie gleich mit mehreren Bauten dazu bei- schwierig war der Untergrund, der dazu mit seinem leich- getragen, dass das Areal weit über die Grenzen der Stadt ten Gefälle noch als „Hanggrundstück“ eingeordnet wur- als Beispiel moderner Quartiersentwicklung bekannt wer- de. Diese Voraussetzungen und die besondere urbane den konnte. Hier wäre etwa die exklusive, modular struk- Struktur der Nachbarschaft machten für die Architekten turierte Wohnwerft zu nennen, die mit ihrer eigenwilligen das Projekt zu einer Herausforderung. „Die Macro-Lage ist Fassade das Rheinufer prägt, oder das moderne Büroge- erstklassig“, betont Stephan Kögeler. „Aber die Micro-Lage bäude Pier 15 (siehe Praxisbericht in puls Ausgabe 2/2009). ist speziell, weil wir es mit einem klassischen Gewerbeort zu tun haben. Uns wurde schnell klar, dass es schwierig Wohnen in gewerblich geprägtem Umfeld sein würde, hier Wohnraum zu etablieren.“ Die Genese ihres aktuellen Wohnungsprojekts konnten die Architekten quasi von den Fenstern des eigenen Büros Ein Teil des Gebäudes wendet sich in Richtung eines Park- aus verfolgen: Die K-Star Residence liegt im Kunibertsvier- hauses. Gleich in der Nähe befindet sich die Anlieferung tel und damit in bester innerstädtischer Lage, nur einen des in der Nachbarschaft befindlichen mariott Hotels. „So Steinwurf von Hauptbahnhof, Oper und Dom entfernt. In hat sich ergeben, dass die K-Star Residence im Grunde auf unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich die Bahndirek- sich selbst gerichtet ist“, betonen die Architekten. „Eine tion, ein klassizistisches Gebäude, das vor seinem Umbau Anlehnung an die Nachbarschaft schloss sich für uns von unter anderem von der Kölner Kunstmesse zwischenge- vorne herein aus. Das Gebäude hat daher eine sehr indivi- 17 duelle Ausstrahlung – ein Solitär, wenn man so will.“ So Alleinstellungsmerkmal erhält. Da es nur einen Treppen- erklärt sich auch die leicht abwehrende Geste, die von der kern mit Aufzug gibt, um den sich in den unteren Etagen Fassade ausgeht und das Leben im Inneren – wie bei pro Stockwerk 7 bis 8 Wohnungen gruppieren, ergaben sich einem Kokon – zu schützen scheint. Das siebenstöckige sehr tiefe, loftartige Räume. Eine möglichst hohe Versor- Gebäude bietet eine luxuriöse Wohnumgebung auf zum gung mit Tageslicht gewährleisten im fertigen Gebäude die Teil klein dimensionierten Grundrissen. Die kleinsten bodentiefen Fenster, die mit Aluminiumrahmen kombi- Wohneinheiten sind 47 Quadratmeter groß, die luxuriöse niert sind. Die Architekten sprechen gerne von einem Penthouse-Wohnung auf dem Dach erstreckt sich über leicht „technoiden Charakter“, der sich wunderbar mit dem 300 Quadratmeter. hohen technischen Komfort im Inneren verbindet. Eng damit verknüpft ist das anspruchsvolle Klima- und Ener- Die eigene Wohnung über das Smartphone steuern giekonzept. So kommt in der K-Star Residence eine Heiz- Die ungemein plastische Fassade, die von den Beteiligten und Kühldecke zum Einsatz – eine Technik, die ursprüng- abwechselnd als „Federkleid“ oder „Kristall“ beschrieben lich aus dem Gewerbebereich stammt und gegenüber einer wird, verleiht dem Gebäude seinen Charakter. Die Alumini- Fußbodenheizung den entscheidenden Vorteil hat, dass sie umpaneele nehmen im Abendlicht unterschiedliche Far- weniger träge ist. ben an, wenn beim Anbrechen der Dunkelheit in den Wohnungen die ersten Lichter angehen, beginnt die Fassade Von Beginn stand fest, dass ein Mix aus temporärem und leicht zu funkeln. Dabei ist der architektonische Entwurf dauerhaftem Wohnen die K-Star Residence prägen sollte. auch der Vorgabe geschuldet, dass möglichst alle Wohnun- Gemeinsam mit dem Bauherrn, der Lebenstraum Gesell- gen über einen Austritt verfügen sollten. Um einen mono- schaft für modernes Wohnen mbH, hat man eine Klientel tonen Charakter zu vermeiden, entschieden sich die Archi- ins Auge gefasst, das zwar in Köln arbeitet, aber nicht tekten, Balkone und Erker etagenweise zu versetzen. In der zwingend in der Stadt wohnt. Da insbesondere die Bewoh- Gesamtheit entsteht eine expressive Fassade, die durch ihre ner der Appartements in den unteren Etagen Manager Faltung und den Wechsel von Balkonen und Erkern ihr seien, die ihre Wohnungen nur eine begrenzte Dauer am 18 puls 02 | 2013 Sinn fürs Detail: Die Treppenläufe sind aus Eichenholz. Jede Wohnung ist dazu mit der neusten Serie des Busch ComfortPanel® ausgestattet – für eine individuelle Raumsteuerung (oben). Tag nutzen würden, entschied man sich für diese Lösung, tungen, die man aus der Hotelbranche kennt, werden auch die bei Bedarf einen schnellen Kühl- oder Heizvorgang innerhalb eines Wohnhauses angeboten. Dazu gehört garantiert. Entsprechend kommen alle Wohnungen ohne etwa der Concierge, der von den frühen Morgenstunden Heizkörper aus, was den Spielraum für die Gestaltung der bis spät abends im Erdgeschoss für die Besucher ansprech- Innenräume erhöht. Funktionen wie Heizung, Kühlung, bar ist. Hier kann man beispielsweise seinen Anzug in die Licht und Beschattung lassen sich in allen Wohneinheiten Reinigung geben, ein Taxi bestellen oder Tipps für einen über ein ComfortPanel® von Busch-Jaeger steuern. Über die Restaurantbesuch erhalten. KNX-Technik und die entsprechenden Schnittstellen ist es Hinter dem Treppenhausaufgang schließt sich der Spa- möglich, auch mittels Smartphone die Funktionen in der Bereich an. Da jeder Käufer einer Wohnung auch gleichzei- Wohnung zu regeln oder zu programmieren. So kann man tig das Betreiberkonzept erwirbt (In der K-Star Residence beispielsweise Lichtszenarien oder den innenliegenden gibt es ausschließlich Eigentumswohnungen), kann er Sonnenschutz einstellen, noch bevor man den Raum betritt. diese Dienste in Anspruch nehmen. Anders verhält es sich mit dem Kameha-Möblierungskonzept, das als Option Boarding-Konzept mit Concierge und Spa gegen Aufpreis angeboten wird. Zu den verschiedenen Um das Projekt noch besser auf die Zielgruppe abzustim- Ausstattungsoptionen gehört beispielsweise das Schalter- men, gingen Bauherr und Architekten einen Betreiberver- progrogramm future® linear von Busch-Jaeger, aber auch trag mit der LH&E Group ein, die Luxushotelerie anbietet. speziell für das K-Star-Konzept entworfene Sonderanferti- 2011 hat das Unternehmen das „Kameha Grand Bonn“ gungen. Der dunkle, edle Parkettboden ist dagegen in eröffnet, das im selben Jahr als „Hotel des Jahres“ ausge- allen Wohnungen selbstverständlich. zeichnet wurde. Mit K-Star hat LH&E eine neue junge Designmarke ins Leben gerufen, der das erfolgreiche Umlaufende Ringterrassen Hotelkonzept auf das Wohnen im Appartementhaus über- Die Appartements in den unteren 4 Etagen sind als offene trägt. Durch diese Kooperation wurde Realität, was die Grundrisse angelegt und zwischen 50 und 60 Quadratme- Architekten als „Boarding-Prinzip“ bezeichnen: Dienstleis- tern groß. Ab der 5. Etage erreichen die Grundflächen der 19 » Praxis Grundrisse 6. Etage (Penthouse-Wohnungen) Ansicht Altes Ufer Schützende Geste: Da die Nachbarschaft der K-Star Residence gewerblich geprägt ist, entschieden sich die Architekten gegen den Bezug zur Umgebung und für einen expressiven Solitär (links). Wohnungen bis zu 100 Quadratmetern. Ab diesem Stockwerk ist dann auch der in Köln so hoch geschätzte Domblick garantiert. Ab dem 6. Stock zieht sich die Fassade leicht zurück, so entstehen umlaufende Ringterrassen und Projektbeteiligte Penthouse-Wohnungen mit bis zu 300 Quadratmetern Fläche. Von hier aus kann der Blick bis weit zu Hadi Teheranis Kranhäusern im Rheinauhafen schweifen. „In Frankfurt oder München mit einem relativ hohen Projektentwickler und Bauträger Anteil an Unternehmensberatern und Bankern wäre ein Lebenstraum Gesellschaft für modernes Wohnen mbH Projekt wie die K-Star Residence sicherlich alltäglicher als hier in Köln“, führt Michael Müller aus, Geschäftsführer der Architekten (Arbeitsgemeinschaft) Lebenstraum Gesellschaft für modernes Wohnen mbH. gatermann + schossig, Köln „Köln ist vom Standort her noch etwas anders. Das Projekt römer partner architektur, Köln musste sich erst bewähren.“ Und das tat es in ökonomischer Hinsicht auf ganzer Linie. Im Schnitt kostet in der K-Star Bruttogeschossfläche (BGF) Residence der Quadratmeter 5.000 Euro, die Bauherren und 5712 Quadratmeter Architekten freuen sich, dass noch vor der Fertigstellung des Gebäudes alle Wohnungen verkauft sind. Schon im Integrierte Produkte von Busch-Jaeger Frühjahr 2013 kehrt mit den ersten Bewohnern Leben in das KNX-System Haus ein: Möbelwagen stehen vor der Tür, und die ersten Busch-priOn® Bedienelemente; Busch ComfortPanel®; Balkone sind bereits bepflanzt. Wenn wie geplant ins Erd- Busch-Welcome® Türkommunikation; geschoss bald ein Restaurant einzieht, wird hier im Herzen Schalterprogramm future® linear Kölns das feine, neue Wohnrefugium komplettiert. 21 » Praxis Leben im Hof Bei energieoptimierten Gebäuden wird an vielen Stellschrauben gedreht, und oft besteht bei begrenzten Budgets die Gefahr, dass der gestalterische Anspruch dadurch zurückstecken muss. Anders beim neuen Wohnquartier Hollerstauden in Ingolstadt. Bogevischs buero entwickelten im Rahmen eines Pilotprojekts gute und bezahlbare Lösungen für ein nachhaltiges Wohngebäude. Text Franziska Bettac Fotos Julia Knop Mit dem Modellvorhaben „e% – Energieeffizienter Wohnungsbau“ lobte der bayrische Staat ein Programm aus, das auf ein Neues versucht, die verschiedenen Parameter energieeffizienter Architektur auszuloten und Beispielprojekte zu schaffen, bei denen analog zu Vitruvs Trias von Firmitas, Utilitas und Venustas, so könnte man sagen, nun Ökologie, Ökonomie und Ästhetik ein harmonisches Gleichgewicht bilden sollen. Insgesamt 10 Wohnungsbauten wurden als Forschungsbauvorhaben subventioniert und begleitend untersucht. Das Quartier Hollerstauden ist ein solches Pilotprojekt, das unter dem e%-Label die Anforderungen der zu Planungsbeginn gültigen EnEV 2009 um 40–60 Prozent unterschreiten sollte, ohne den Kostenrahmen des geförderten Wohnungsbaus über Gebühr auszudehnen. Die soziale Akzeptanz und ansprechenden Gestaltung der Neubauten sollten – auch im Sinne der Nachhaltigkeit – eine ebenso große Rolle spielen. Ein lebendiges Quartier mit gestaltetem Freiraum Das Baufeld am westlichen Stadtrand von Ingolstadt verfügte bereits über eine Seniorenwohnanlage aus den 1990er-Jahren als Teilbebauung. Die hochwertige Residenz 22 Im Gesamtlageplan (links) sind das U-förmige Wohngebäude von Tobias Brand (blau), das Atriumhaus von Behnisch Architekten (violett) und die Laubenganghäuser von bogevischs buero (grün) ablesbar. Mittig der Bestand aus den 1990er-Jahren. 24 puls 02 | 2013 Gemeinschaftliches Grün, Sandkasten und Spielflächen sollen die soziale Akzeptanz der verdichteten Wohnbebauung erhöhen. Durch die große Tiefgarage entstand viel Platz, der nicht von Autos beansprucht werden kann (oben). wurde damals von Günter Behnisch realisiert und war Aus- haltsqualität. Der aufwendig gestaltete Grünraum mit teil- gangspunkt einer Weiterentwicklung des Bebauungsplans. weise neu geformter Topografie über den unterirdischen Das St-Gundekar-Werk, Bauherr und Grundstückbesitzer, Parkflächen schafft maßstäblich angemessene öffentliche lobte 2008 ein Plangutachten aus, aus dem die Münchner und leicht angehobene private Freibereiche innerhalb des Architekten bogevischs buero als Sieger hervorgingen. Das neuen Quartiers. Grundstück wurde in drei Abschnitte aufgeteilt und bogevischs buero sowohl für den Masterplan als auch mit dem Drei unterschiedliche Entwurfsansätze Hochbau der ersten Teilfläche, den Laubenganghäusern, Zum Modellprojekt gehört auch der Ansatz, die drei Bauab- beauftragt. Für die beiden weiteren, westlich gelegenen schnitte, die sich in ihrer Konstruktion und Bewohnerstruk- Grundstücke wurden die zweit- und drittplazierten Büros tur unterscheiden, über einen längeren Zeitraum zu beob- verpflichtet. Behnisch Architekten entwarfen ein Atrium- achten und zu bewerten. Während die Wohnungen der Lau- haus für generationenübergreifendes Wohnen, und das benganghäuser in vorgefertigter Holzbauweise mit privaten Ingolstädter Büro Tobias Brand realisierte ein Innenhofhaus Terrassen und Gemeinschaftshöfen konzipiert sind, bildet mit überwiegend Maisonettewohnungen. So entstanden im das in Holz und Beton konstruierte Atriumhaus eine große Quartier Hollerstauden 142 Wohneinheiten in verdichteter Gemeinschaftszone im überdachten Innengarten. Hier wur- Bauweise, jedoch ohne die Anmutung einer seriellen Groß- de auf eine generationenübergreifende Mieterstruktur siedlungen. Im Gegenteil, durch eine differenzierte und besonderen Wert gelegt. Im Innenhofhaus des in Massiv- durchdachte Grünraumgestaltung erhielt Ingolstadt ein bauweise errichteten dritten Bauteils schließlich sind die ausgewogenes, neues Wohnensemble mit hoher Aufent- Gärten und Terrasse sichtgeschützter angelegt. 25 Solaranlage mit Pufferspeicher lagerte Sichtbetontreppe sind an den Längsseiten mit Holzla- Viel Anerkennung der Fachwelt ernteten die Laubengang- mellen, die jeweils in einer unterschiedlichen Dichte ange- häuser von bogevischs buero, die im Lageplan zwei parallele bracht sind, zu einer optischen Einheit zusammengefügt. Von und einen keilförmigen Hof ausbilden. Dieser mittlere Hof den kurzen Südseiten über das Dach bis hinunter zur Nord- dient mit seinen Sitzbänken, Tischen und dem Spielplatz als seite werden die Wohnriegel von einem mit grauem Faserze- Gemeinschaftsfläche. Insgesamt 81 größtenteils öffentlich ment verkleideten Bügel gefasst, aus dessen Oberseite wie geförderte Wohneinheiten finden in den 4, von einem über- kleine Segel die Solarpaneele hervorragen. In die Häuser inte- dachten Querweg unterbrochenen, Riegeln Platz. An eine in griert sind zwei haushohe, 250.000 Liter fassende Stahltanks, Sichtbeton und verzinktem Blech ausgeführte Treppenkon- die mit dem Schwerlastkran von oben in die Gebäude einge- struktion docken die hochgedämmten kompakten Holzbau- lassen wurden. In diesen Pufferspeichern lagert das durch ten an, die einen jährlichen Heizenergiebedarf von unter 20 kWh/m2 haben, – dies ist insbesondere einer sorgfältigen die große Solaranlage erwärmte Wasser. Über ein Verteiler- Konstruktion ohne jede Wärmebrücke zur massiven Lauben- metauschern für Heizung und Frischwasser bedarfsgerecht gangtreppe zu verdanken. Die Grundrisse der Ost-West aus- nutzbar gemacht. Fernwärme deckt den darüber hinaus ver- gerichteten Zeilen verfügen über barrierefrei zugängliche bleibenden Wärmebedarf. Dass dieser in der Wohnanlage Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, teilweise als Maisonet- Hollerstauden so gering ist, ist auch dem kontrollierten ten im einzigen zweigeschossigen Riegel, und jeweils mit Raumluftwechsel zu verdanken – dabei ist die Technik der eigener Terrasse oder mit Balkon. Die mit braun lasierten Lär- Lüftungsanlage zentral in einem wetterfesten Lüftungsgerät chenholzpaneelen verkleideten Wohnkuben sowie die vorge- auf dem Dach installiert. 26 Die abwechslungsreich gestalteten Laubengänge der Wohnbebauung schaffen kommunikative Zonen. Auch für Fahrräder, Pflanzkästen und Kinderwagen bleibt genügend Platz (oben). netz wird die Wärme in den Wohnungen mit kleinen Wär- puls 02 | 2013 » Praxis Gesamtschnitt Grundriss Erdgeschoss Fassadendetails Ansicht Ausgewogenes Nachhaltigkeitskonzept Auch wenn die Bausumme der Wohnungen in Ingolstadt Projektbeteiligte etwas über den Durchschnittspreisen im sozialen Wohnungsbau liegt, stellt das Quartier Hollerstauden in punkto Haustechnik, Konstruktion und Kosten eine sehr ausgewogene Lösung dar, die im geförderten Wohnungsbau Schule machen könnte – und sollte. Die Planer hatten Bauherr beim Bau die Energiebilanz sowie die Kosten des gesam- St. Gundekar-Werk Eichstätt, Schwabach ten Lebenszyklus des Gebäudes, von einer langlebigen Gestaltung bis zum Abbruch und zur Entsorgung, im Architekt Blick – Faktoren, die den Begriff „Nachhaltigkeit“ eigent- bogevischs buero, München lich immer bestimmen müssen. Dass sich die gewählte Strategie der integrierten und doch Energiekonzept abwägenden Fachplanung ausgezahlt hat, beweist auch TB Stampfer, Salzburg der Gewinn des europäischen Architekturpreises „Energie + Architektur“, den der Bund Deutscher Architekten (BDA) Integrierte Produkte von Busch-Jaeger und der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZSHK) aus- Schalterprogramm Reflex SI lobte – und im Januar 2013 an das Projekt Laubenganghäuser Hollerstauden von bogevischs buero vergab. 27 Sou Fujimoto architects Das Haus der Zukunft Ein Ferienhaus, das angelegt ist wie ein Klettergerüst, eine Gründerzeitvilla im Patchwork-Look und eine offene Pyramide für New York – Wohnbauten, bei denen traditionelle Muster umschifft wurden und die Ausdruck gesellschaftlicher Veränderungen und neuer Ansprüche sind. Sou Fujimoto:„Solo Houses – Geometric Forest“,Cretas,Spanien Transparenz und die Schaffung kommunikativer Raumkontinuen sind das Spezialgebiet des japanischen Architekten Sou Fujimoto, der seit 2000 in Tokio sein Büro Sou Fujimoto Architects betreibt und jüngst mit der Gestaltung des nächsten Pavillons der Serpentine Gallery in London beauftragt wurde. Sein Ferienhaus „Geometric Forest“ ist sein erstes Wohnhausprojekt in Europa und steht wie das viel besprochene, 2010 in Tokio vollendete rundumverglaste Wohndomizil „House NA“ ganz im Zeichen von Fujimotos Begeisterung für ein höchst flexibles Wohnen, bei dem wie in einem Baum von einem Bereich in den anderen gesprungen werden kann. Das Ferienhaus „Geometric Forest“ kommt fast ohne Wände aus. Nur im inneren Kern sind wenige blickdichte Räume wie Schlaf- und Badezimmer verborgen. An die Stelle einer Fassade tritt ein dreidimensionales, archaisch anmutendes Gitterwerk aus unbehandelten Holzstämmen. Eine großzügige Terrasse bildet den Übergang vom Wohnraum zur umgebenden Natur und gibt den Blick frei auf die „spanische Toskana“. Eine frische Brise zirkuliert permanent durch die offene Bauweise, während die baulichen Elemente wertvollen Schatten spenden. In die Wege geleitet wurde das Projekt vom Architekturliebhaber Christian Bourdais, der im Süden der spanischen Provinz Aragonien mehreren internationalen Architekten die Möglichkeit gibt, sich weitgehend frei zu entfalten. Die Experimentierfreude wird lediglich durch ein einheitliches Kostenlimit gedrosselt, das den Beweis erbringen soll, dass zeitgemäße und gute Architektur zu einem vernünftigen Preis realisierbar ist. Die 10 Ferienhäuser, die höchst individuell ausfallen werden, können gekauft oder gemietet werden. 28 puls 02 | 2013 » Visionen BIG-Bjarke Ingels Group: West 57th, New York, USA Selbst in New York dürfte dieses Gebäude der dänischen Architektengruppe BIG die Blicke auf sich ziehen. In Manhattans 57th Street, direkt am Hudson River gelegen, vereint der spektakuläre Hybrid die Kompaktheit eines Atriumhauses mit der Imposanz eines Wolkenkratzers und lässt somit amerikanische und europäische Bautradition miteinander verschmelzen. Je nach Betrachterstandort erscheint das Gebäude als geöffnete Pyramide mit grünem Innenleben oder als keilförmig in den Himmel ragender Glasturm. Von den vier Gebäudeecken des Grundrisses streckt sich lediglich eine weit in den Himmel. Die daraus entstehende Neigung stellt eine Verbindung zu der flach bebauten Umgebung der Südseite und den hohen Wohnhaustürmen der West- und Nordseite dar. Das Gebäude soll Wohnungen unterschiedlicher Größe beherbergen. Für die unteren beiden Geschosse sind kulturelle und Shopping-Angebote vorgesehen. Durch die Öffnung des Atriums in Richtung des Hudson River gelangt Tageslicht bis tief in den Gebäudekomplex, während die Begrünung des nahegelegenen Hudson River Park mit dem offenen Gebäudeeinschnitt korrespondiert. Passanten können zwar von außen in den Innenhof einsehen, die Nutzung dieser Ruheoase bleibt jedoch ausschließlich den Bewohnern vorbehalten. Zusätzlich ins Auge fällt das die unregelmäßige Perforation der Fassade, die auf die individuell ausgeformten Balkone zurückgeht, die alle nach Süden ausgerichtet sind. Geometrische Muster bestimmen die Grundrisse und sind auch an der Fassade deutlich sichtbar. Die spitz zulaufenden Fenstervorsprünge sind jeweils denen der Nachbarwohnung zugewandt und sollen insgesamt BIG-Bjarke Ingels Group die Kommunikation zwischen den Bewohnern erleichtern. 29 Henning Larsen Architects Henning Larsen Architects: Villas in the Sky, Riad, Saudi-Arabien Auch Henning Larsen Architects reihen sich ein in die Riege europäischer Baumeister, die im arabischen Raum imposante Landmarken für die neuen, prosperierenden Metropolen entwerfen. Der Wohnturm „Villas in the Sky“ ist auserkoren, zum neuen Orientierungspunkt im King Abdullah Financial District von Riad zu werden. Das markante Gebäude soll sich über 34 Stockwerke erstrecken und sowohl privat als auch gewerblich genutzt werden. In einer Durchgangszone, nahe einem öffentlichen Platz gelegen, erschließen sich die Geschäfte der unteren 3 Etagen durch Fußgängerbrücken – den sogenannten „Sky Walks“ –, die eine Verbindung zu den umliegenden Gebäuden bilden. Auf weiteren 14 Stockwerken sollen Büroflächen und auf den obersten 12 Etagen des Gebäudes insgesamt 22 Wohnungen entstehen. Ein schlichter quadratischer Grundriss bildet die Basis des Turmes. Im oberen Bereich verschiebt sich diese Grundfläche im Wechsel zu zwei Seiten hin, wodurch sich der Turm fast in den Himmel zu schrauben scheint. Die besondere Konstruktion der Fassade birgt einen integrierten Schutz vor Sonneneinstrahlung: Im Schnitt betrachtet, bildet die Außenhaut eine Zickzacklinie, deren nach oben gerichteten Elemente zur Beschattung mit hellen Paneelen belegt sind. Die nach unten gerichteten Flächen erhalten für eine uneingeschränkte Sicht nach außen eine Verglasung. Die exzentrische Fassade soll mit dafür sorgen, den Energieverbrauch des Gebäudes zu senken. Schließlich streben die Architekten mit „Villas in the Sky“ eine LEED-Zertifizierung an. O3 Architekten: Wohnen am Innsbrucker Ring, München Einige Unternehmen versuchen, durch gezielte Neu- und Umbauten den in den Großstädten neuen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und so der aktuellen Preisspirale entgegenzuwirken. Die Vermietergesellschaft Gewofag lobte einen Wettbewerb aus, bei dem ein Wohnquartier im Münchener Stadtteil Berg am Lain entstehen sollte. Gewünscht war dabei auch, durch den kompakten Neubau die Lärmbelastung, die der stark befahrene Innsbrucker Ring hier verursacht, zu mindern. Das junge, ortsansässige Büro O3 Architekten überzeugte die Jury mit seinem Entwurf eines mehrmals geknickten fünf- bis achtgeschossigen Riegelbaus, den die Architekten an den Rand des Grundstücks schoben. Es ergibt sich eine Platzsituation, die den wertvollen, alten Baumbestand erhält. Mit einer zweiten Gebäudehülle wurde dem ©estudio obra/03 Arch Schallschutz Rechnung getragen. Ein an einen Turm erinnerndes 30 Gebäude markiert im Inneren den visuellen Ankerpunkt für die übergreifenden Nutzungseinheiten Einzelhandel, Kinderkrippe und Quartiersgarage. Besonderes Augenmerk gilt den verschiebbaren Lochblech-Elementen, die von den Bewohnern individuell variiert werden können und das Fassadenbild bestimmen. puls 02 | 2013 » Visionen Werner Aisslinger: Home of the Future, Berlin Seit 2007 steht Werner Aisslingers mobile Wohneinheit „Loftcube“ im Garten der kleinen, feinen Berliner Ausstellungsinstitution „Haus am Waldsee“. In diesem Frühjahr hatte der Berliner Designer die Ehre, das Haupthaus in ein „Home of the Future“ umzuwandeln. Dafür kleidete er die Fassade der Gründerzeitvilla mit einem Patchwork-Wollstoff ein und befreite das Haus so aus seinem historischen Zusammenhang, Davor parkt er ein mit der gleichen Ummantelung versehener Sportwagen aus den siebziger Jahren, womit Aisslinger das bürgerliche Status-Mantra „Mein Haus, mein Auto ...“ erfolgreich parodiert. Im Inneren umkreist Aisslinger auf zwei Ebenen anhand zahlreicher Möbel- und Objektbeispiele die Frage, wie wir morgen leben werden. Für ihn zeichnen sich durch die die Auflösung der traditionellen Familienstruktur und die Zunahme der Patchwork-Familien entscheidende Veränderungen für das Stauräume, ein Küchenlabor und Ausruhstationen sowie nachwachsende Möbel. Seit jeher spielen biologische Strukturen und Nachhaltigkeit im Wirken des Designers eine zentrale Rolle. „Upcycling“ nennt Aisslinger seine Vorgehensweise, die eine Symbiose von innovativer Technik und Natur anstrebt. So benutzte er für den Freischwinger Hemp Chair, der in der Ausstellung zu sehen ist, ein voll abbaubares Kompostmaterial. An anderer Stelle nutzt er Badezimmerdampf zur Pflanzenbewässerung. Die Ausstellung endete am 9. Juni. Mirjam Fruscella, Danielle Manducio; Bernd Borchardt Wohnen ab. Aisslinger präsentiert modulare Bausysteme als 31 » Zu Besuch „Wenn nötig, ignorieren wir alle Zwänge“ Berhard und Stefan Marte sind im österreichischen Vorarlberg aufgewachsen und lernten von Kindesbeinen an die Feinheiten des Bauens. Als Marte.Marte Architekten setzen sie auf Beton, Cortenstahl und Holz. Ihre Gebäude sind kompromisslos, wirken aber niemals deplaziert. puls traf Stefan Marte zu einem Gespräch über Originalität und die besondere Dynamik des Entwurfsprozesses. Interview Lasse Ole Hempel Fotos Anne Gabriel-Jürgens und Marc Lins Herr Marte, Anfang des Jahres hat die Erweiterung Ihres ser Ausgangslage hat sich dann der eigenständige Charak- eigenen Wohnhauses durch den sogenannten „Mädchen- ter des Anbaus quasi von selbst ergeben. Denn wenn wir turm“ sehr viel Anerkennung in der Fachwelt erhalten. Das schon zum bestehenden Haus eine weitere Einheit hinzu- Projekt wurde auch bereits prämiert. Hat Sie dieser Erfolg fügen, dann soll diese schon mehr leisten als drei, vier Kin- am Ende auch etwas überrascht? derzimmer, vielmehr sollte etwas Eigenständiges entste- Ja, es war schon überraschend. Anders als bei anderen Pro- hen. Eine zweite Wohneinheit, die dann über die nächsten jekten, die durchaus eine breitere Öffentlichkeit interessie- Generationen unserer Familie in welcher Form auch immer ren könnten, haben wir es hier mit einer pragmatischen sehr dienlich sein kann. Egal, ob dann eine unserer Töchter Anforderung an die Lebenssituation meiner Familie zu tun. das gesamte Wohnensemble bewohnen will oder sich zwei Im Jahreswechsel 1999 auf 2000 haben wir ja unser Wohn- oder drei zusammentun und in enger Nachbarschaft zu- haus fertiggestellt, das international durchaus Anerken- sammenleben. Da bieten sich nun viele Möglichkeiten an. Das Rapunzel-Motiv in Vorarlberg: Mit seinen großen Fensterflächen orientiert sich der Mädchenturm zum Haupthaus. Die drei übereinander gestapelten Kinderzimmer können auch als autarke Wohneinheit genutzt werden (rechts). nung gefunden hat. Dort habe ich einige Jahre sehr gut mit meiner Familie gewohnt. Mittlerweile haben wir fünf Haben Sie es genossen, ausnahmsweise Ihr eigener Töchter, somit wurde schlussendlich diese Erweiterung Bauherr zu sein? unumgänglich. Schon beim Haupthaus war es für mich eine schreckliche Erfahrung, Architekt und Bauherr in einem zu sein. Man Gelobt wird immer wieder, dass mit dem Mädchenturm entwickelt sich als Architekt stetig weiter, doch das Haus, ein eigenständiges Element entstanden ist, das autark das man selbst entworfen hat und jeden Tag betritt, ver- genutzt werden kann und doch mit dem Haupthaus ver- bleibt unveränderbar. Daher war jede Entscheidung für bunden ist. mich unvorstellbar schwierig. Beim ersten Haus war es Das ist eine der Raffinessen des Projektes. Mir fiel es ein- schon so, dass wir so spät die Pläne herausgegeben haben, fach schwer, ein Haus, das erst vor wenigen Jahren reali- dass der Polier angerufen hat und damit drohte, das Scha- siert wurde, in welcher Form auch immer zu erweitern. lungsbild selber zu machen. Unsere Häuser sind für uns Zumal das Haus in sich schon abgeschlossen war. Mit die- wie Kinder, da hängt unser ganzes Herzblut dran. 32 puls 02 | 2013 Anne Gabriel-Jürgens Marc Lins Hat Ihnen die Realisation des Mädchenturms auch Wir arbeiten generell, wenn es irgendwie geht, mit wichtige Erkenntnisse beschert? ursprünglichen und rohen Materialien. Daher setzen wir Der Mädchenturm steht heute als eigenständige Corten- beim Außenbereich auf Beton und Stahl – mitunter auch stahl-Skulptur neben dem Haupthaus. Bereits zu Beginn war auf Holz. Dabei ist Beton schon unser absolutes Lieblings- klar, dass wir ein skulpturales und homogenes Konzept material, da er komplexe Raumkompositionen zulässt, bei umsetzen wollten. Dies ging letztlich nur mit Cortenstahl, denen wir nicht Stütze für Stütze bedenken müssen. Und und dabei haben wir das Modell nahezu 1:1 umgesetzt. Wie- im Inneren folgt dann eine weiche, hölzerne Schale. Unsere der einmal hat sich bewiesen, dass meistens der erste Gedan- bevorzugte Kombination ist Sichtbeton außen und Birke ke der richtige ist. Aus Kostengründen haben wir zunächst innen. Birkenholz überzeugt immer wieder durch seinen nach Alternativen zum Cortenstahl gesucht, allerdings kann Wohlfühlcharakter, durch seine Weichheit ist es aber auch nur dieses Material all das leisten, was wir wollten. ein sehr empfindliches Material. ... ein Material, das in Ihrer Gunst ganz oben steht. Hat sich der Wohnungsbau von Beginn an als Ihre Lieb- Cortenstahl trotzt allen Witterungen und ist quasi überall lingsdisziplin herauskristallisiert? anwendbar. Wir haben es beim Turm und bei den Einschnit- Vorarlberg ist eine kleine, nicht sehr bevölkerungsreiche ten in den Seiten eingesetzt. Auch der Innenhof ist mit Cor- Region und dementsprechend sind auch die Bauprojekte tenstahl belegt. Selbst Klappen und kleine Elemente – ob überschaubar. Das hat den Vorteil, dass man als junger drehbar oder starr – konnten ungemein filigran ausgeführt Architekt mit privaten Wohnhäusern startet, weil der und messerscharf eingefügt werden. Diese Schlankheit in Markt dafür da ist. Es gibt hier auch ein großes, über lange der Gesamtkonstruktion ging nur mit Cortenstrahl. Mit Zeit gewachsenes Verständnis für Architektur. Rauer Charme: Der Mädchenturm erscheint durch seine Haut aus Cortenstahl skulptural und homogen. Durch seine Position verleiht er dem Zuhause der Familie Marte einen neuen Charakter und schafft einen intimen Innenhof (oben). Holz wären wir gescheitert, und auch mit Beton wäre die Ausführung vieler Details so nicht möglich gewesen. Die Region Vorarlberg steht aber auch für Hightech und eine hohe Lebensqualität. Kann man sagen, dass zu Ihrer Architektur eine raue, Durchaus. Wir haben sehr gut ausgebildete Handwerker, robuste und monolithische Schale gehört, die im Kontrast hochwertige Industrieproduktionen. Denkt man aber an zu sanften, wohnlichen Innenräumen steht? Weltstädte wie München, Mailand und Zürich, die uns 34 puls 02 | 2013 » Zu Besuch umgeben, ist hier alles in kleinerem Maßstab gehalten. Wir haben uns in den letzten Jahren über die Wettbewerbserfolge in Österreich positioniert. Natürlich interessieren wir uns auch sehr für die Wettbewerbe in Deutschland. … wo im letzten Jahr Ihr Entwurf für das Berliner Museum der Stiftung „Flucht, Vertreibung und Versöhnung“ den Wettbewerb entscheiden konnte. Ja, ein schöner Erfolg für uns. Doch nehmen wir an solchen Wettbewerben nicht um des internationalen Werbens willen teil, sondern weil die Projekte so reizvoll sind. Wir hoffen, dass das Berliner Museum Anklang finden wird und uns in Europa die Tür zu ähnlichen Projekten öffnet. Wie funktioniert die Büroarbeit mit Ihrem Bruder Bernhard? Wir ziehen in die gleiche Richtung, sind im Einklang in dem, was wir ästhetisch wollen, aber auf dem Weg dorthin sind wir eigentlich nie einer Meinung. Immer wenn wir ein Projekt starten, kommen wir aus unterschiedlichen Richtungen. Dabei haben Sie bereits Ihre Ausbildungsjahre gemeinsam verbracht. Lehranstalt besucht und eine fünfjährige Ausbildung erhalten. Dort wurden wir zu reinen Bautechnikern ausgebildet. Im Grunde waren wir danach bereits für die Baubranche gewappnet. Was jedoch Gestaltung und Entwurf Anne Gabriel-Jürgens Wir haben beide vor dem Studium die Höhere Technische betraf, hatten wir nur sehr wenig gelernt. Im Gegensatz zu Panoramablick: Durch den Neubau entsteht ein attraktiver Innenhof, der auch den Pool neu zur Geltung bringt (oben). Bernhard und Stefan Marte (Mitte) arbeiten seit 1993 gemeinsam in ihrem eigens gegründeten Büro Marte.Marte Architekten. Mit xy Mitarbeitern residieren sie im „Rheintalhaus“ ihrer Kindheit in Weiler, Österreich. Wohnbauten gehören bis heute zu ihren liebsten Projekten. Ihrer Heimat, dem Vorarlberg, fühlen sie sich stark verbunden, gleichwohl konnten sie in Deutschland den Wettbewerb für das neue Museum der Stiftung „Flucht, Vertreibung und Versöhnung“ gewinnen. Für den Standtort unweit des Anhalter Bahnhofs in Berlin konzipieren Marte.Marte Architekten den zweigeschossigen Neubau, in den die Dauerausstellung einziehen wird (unten). denen, die vom Gymnasium kamen, um zu lernen, sind wir in die Uni gegangen, um zu vergessen. Und um entwurfstechnisch offen für alles zu werden. Diese doppelte Ausbildung bringt uns am Ende viele Vorteile. Bei unserer Arbeit ignorieren wir am Anfang alle vorgegebenen Zwänge, damit wir Ideen und Innovationen Raum geben. Die Rahmenbedingungen werden zwar zur Kenntnis genommen, wir tendieren aber durchaus dazu, diese auszuloten, wenn es nötig erscheint. Unsere Herangehensweise ist möglichst unvoreingenommen und offen. Zwei Söhne, die fast parallel Bautechniker werden. Hat die Nähe zum Bauen in Ihrer Familie Tradition? Unser Vater war Holzbodenleger und hatte eine eigene Firma für Althaussanierungen. Insofern war er wenig angetan davon, dass wir Architektur studierten, sondern antreten. Aber so waren wir der Holzbearbeitung und dem Handwerk immer sehr nahe und haben unsere Kindheit und frühere Jugend auf Baustellen verbracht. Wir kennen die ganze Problematik des Bauens von der Baustelle her. Marte.Marte Architekten hat sich vielmehr gewünscht, dass wir einmal sein Erbe 35 Marc Lins Neben Ihrem Respekt vor guter handwerklicher Arbeit „Hobbitdorf“ vor: Mehrere Kuben, die in der Wiese stehen scheint auch die gelebte Auseinandersetzung mit Ihrem und über ein unterirdisches Zugangssystem verbunden Bruder ein Schlüssel zum Erfolg zu sein. sind. Indem wir in unseren Überlegungen einfach alles zu- In den letzten Jahren sind die spannendsten Konzepte gelassen haben – egal ob vernünftig oder unvernünftig –, eigentlich durch Missverständnisse zwischen Bernhard sind wir über fast skurrile Ansätze auf vier Kuben gekom- und mir entstanden. Wenn wir mit unseren Entwürfen men, die schön aneinander gereiht neben dem Haus ste- nicht weiter kommen, entwerfen wir, indem wir über das hen. Von den Kuben sind dann drei weggefallen, und ein Problem nur diskutieren. Dann hat der eine eine Idee, und hoher Kubus ist geblieben, der zum Turm wurde. Sensible Materialwahl: Die Außenhülle der 2011 vollendeten Schutzhütte im Laternsertal ließen marte.marte architekten aus gespritztem Beton fertigen (rechts). Im Inneren verbinden sich rohe Betonoberflächen und massives Eichenholz zu einem interessanten Materialgefüge (oben). der andere meint, dass er sich das gut vorstellen könnte. Dann beginnen wir beide wieder mit dem Zeichnen, und Als Dreingabe bekommen Sie durch diesen Anbau auch oft stellt sich heraus, dass das, was wir im Konsens einen schönen Innenhof. beschlossen hatten, völlig konträr aufgefasst wurde. Bereits am Modell hat man gesehen, dass die Konstellation der Bauvolumen harmonierte und stimmig war. Der Turm Können Sie dies mit einem Beispiel aus dem Entstehungs- ist genau mit seiner Mittelachse auf die Vorderkante des prozess des „Mädchenturms“ illustrieren? bestehenden Haus ausgerichtet. Durch eine Aneinanderrei- Das bestehende, erste Wohnhaus wird von zwei Hauptebe- hung von Zufällen und nach vielen Entwürfen wurde deut- nen dominiert. Dabei ist das Gebäude der Topographie und lich, dass der Turm so goldrichtig steht. Als wir dann mit der Hanglage angepasst. Deshalb war meine ursprüngliche dem Rohbau begonnen haben und der Innenhof baulich Überlegung: Wenn wir für die Mädchen etwas anbauen schon formuliert war, war die Innenhofsituation zu erah- müssen, dann großzügig und auf einer Ebene – wie ein nen, konkretisierte sich aber erst, als der Turm aufgestellt Glashaus im Park beispielsweise, etwas ganz Undramati- wurde, der aus drei übereinander gestapelten Holzboxen sches, Loftartiges, das über der Landschaft thront. Doch in besteht. Am Ende habe ich mir gesagt: Halleluja, jetzt hat's die Richtung ging halt nichts. Deshalb mussten wir uns was. Ich denke, dass es uns mit dem Mädchenturm gelun- gedanklich von der großzügigen Ebene verabschieden und gen ist, eine bestehende Situation weiterzudenken und in begannen querzudenken. Eine Zeit lang schwebte uns ein ihrer Position zu stärken. 36 puls 02 | 2013 Marc Lins » Material Ziegel Materialien sind die Seele der Architektur. Sie geben Gebäuden Charakter und Räumen Atmosphäre. Doch was denken Architekten über „Materialklassiker“ heute? puls hat sie zu ihren Ansichten befragt. Antworten von LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart Inwieweit verband sich Ihre Intention, mit dem Kunstmuseum Ravensburg ein Haus „auf den zweiten Blick“ zu schaffen, mit dem Material Ziegel? Ziegel ist uns im Bild der historisch geprägten Stadt vertraut und fügt sich somit wie selbstverständlich in die Umgebung. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass es sich beim Kunstmuseum Ravensburg um ein neu entworfenes Gebäude handelt. Viele kleine Steine ergeben ein großes Ganzes. Diese Maßstäblichkeit stellt einen klaren Bezug zur Stadt dar. Bietet sich das Material also besonders für zeitlose Architektur an? Das Material Ziegel verfügt über eine hohe Qualität. Es ist haptisch, langlebig, pflegeleicht, robust und ökonomisch. Dazu spiegelt es keine modischen Trends wider, wodurch sich Tradition und Fortschritt wie selbstverständlich miteinander verbinden lassen. Der bewusste Umgang mit der Fuge, wodurch das Ziegelmauerwerk seine ästhetische Wirkung erhält, ermöglicht das präzise Eingehen auf die Situation des jeweiligen Ortes. Warum favorisierten Sie in Ravensburg Recycling-Ziegel? Beim Thema Nachhaltigkeit lohnt es sich, über die Verwertung nachzudenken, anstatt ständig neu produzieren zu lassen. Warum nicht Materialien zum Bauen einsetzen, die sich seit hundert oder zweihundert Jahren bewährt haben und deren Haltbarkeit noch einmal mindestens doppelt so lange währt? Welches Potenziale steckt im Material Ziegel? Der Ziegelstein ist durch seine Maßstäblichkeit ein Material, das auf den Menschen zugeschnitten ist. So entsteht aus dem kleinen praktischen Modul eine Wand, ein Haus oder eine ganze Stadt. Roland Halbe Kunstmuseum Ravensburg Busch-Wächter® MasterLINE – technische Innovation in konsequent reduziertem Design von Hadi Teherani Nach der innovativen Schalterlösung Busch-iceLight Zeitloses, modernes Design präsentiert Busch-Jaeger ein neues Produkt aus der Die von Teherani entworfenen Bewegungsmelder der Zusammenarbeit mit dem Architekten und Designer Serie Busch-Wächter® MasterLINE demonstrieren ein har- Hadi Teherani. Einmal mehr beweist Teherani, der in sei- monisches Zusammenspiel zwischen Architektur und nen ersten Jahren als Architekt parallel auch als Mode- Sicherheit – und die erfolgreiche Reduktion aufs Wesent- schöpfer arbeitete, seinen ganzheitlichen Ansatz und liche. Bei der Gestaltung der Serie Busch-Wächter® Sinn für Eleganz. Wenn man die „menschlichen Sinne MasterLINE gelang Teherani ein zeitloses modernes zum wesentlichen Kriterium der Raumerfindung“ macht, Design. Der flache Korpus der neuen Bewegungsmelder so Teherani 2011 in einem Interview mit puls, wird der wirkt dezent und angenehm zurückgenommen. Passend architektonische Anspruch „umfassender“ und „schließt zur jeweiligen Fassade sind die Geräte in Weiß, Braun, das Design mit ein.“ Teherani betont, Architektur und Anthrazit und Silber Metallic verfügbar. Die strukturierte Design zu einer schlüssigen Synthese zusammenführen Oberfläche der Linse ist halbtransparent – die perfekte zu wollen. Als kreativer Kopf seines Design-Teams „Hadi Harmonie mit jeder Art von Material und Flächen. Die Teherani AG“ entwirft er seit 2003 erfolgreich unter Modellpalette wurde von Busch-Jaeger auf die unter- anderem Büromöbel, Sanitärobjekte und Bodenbeläge. schiedlichsten Anforderungen abgestimmt. 40 puls 02 | 2013 » Einblicke Hochwertiges Erfassungssystem Lebensqualität braucht Sicherheit – ob im Privathaus oder im gewerblichen Bereich. Die Busch-Wächter® Bewegungsmelder schalten das Licht ein, weisen den Weg und sorgen im Außen- und Innenbereich für Sicherheit. Ihr hochwertiges Erfassungssystem garantiert eine lückenlose Überwachung in jedem Bereich. Durch automatisches Ein- und Ausschalten des Lichts können sie dazu Anwesenheit simulieren. Funktionen wie Heizung und Klimaanlage lassen sich intelligent und zuverlässig in die Steuerung integrieren. Präzise Reaktion Busch-Wächter® 70 und Busch-Wächter® 110 MasterLINE sind flache Bewegungsmelder für die Wand. Durch ihre optisch dezente Anmutung eignen sie sich ideal für kleinere Flächen – beispielsweise in Reihenhäusern. Der Busch-Wächter® 70 MasterLINE erfasst in einem engen Winkel, 12 Meter nach vorne und 4 Meter zu jeder Seite. Durch mechanisches Verstellen des optischen Sensors kann dieser Bereich verkleinert werden. Auch bei frontaler Annäherung ist eine präzise Reaktion garantiert. So kann mit der integrierten Nahfeldüberwachung auch beim Heraustreten aus der Tür Licht eingeschaltet werden. Der Busch-Wächter® 110 MasterLINE bietet Extras wie etwa die Steuerung per Fernbedienung. Damit lassen sich Funktionen wie Dauer-Aus oder Anwesenheitssimulationen einfach und bequem aktivieren. Hat ein Auge auf alles: Der Busch-Wächter® 220/280 MasterLINE ist ein Bewegungsmelder mit besonders hohem Erfassungsbereich Die scheibenförmigen Bewegungsmelder Busch-Wächter® und auch für anspruchsvolle Architektur eine exzellente Wahl (oben) 220/280 MasterLINE zeichnen sich durch lückenloses Der Busch-Wächter® 70/110 MasterLINE eignet sich aufgrund sei- Erfassen aus – von 16 Metern zu allen Seiten. Der Erfas- nes reduzierten Erfassungsbereiches hervorragend für den Einsatz sungswinkel beträgt 220, in der größeren Variante bei Reihenhäusern (Mitte). Vier Erfassungsebenen sorgen selbst 280 Grad. Es sind verschiedene Varianten für individuelle bei frontaler Annäherung für eine präzise Wahrnehmung. Anforderungen erhältlich – mit oder ohne KNX. Alle Über eine Fernbedienung lassen sich viele Funktionen wie Dauerlicht Modelle sind fernbedienbar. Die Helligkeitsschaltschwel- oder Anwesenheitssimulationen bequem steuern (unten). le ist über die Fernbedienung regelbar. Unproblematische Montage auf unebenen Flächen Mit seinem klaren Design ist der neue Busch-Wächter® 220 MasterLINE auch für anspruchsvolle Architektur eine exzellente Wahl. Durch ein sich dem Untergrund anpassendes Element kann die Wandanschlussdose auch problemlos auf unebenen Flächen montiert werden. Neu ist der zusätzliche Diebstahlschutz, der verhindert, dass das Gerät direkt demontiert werden kann. Bisherige BuschWächter® Modelle lassen sich leicht gegen die neuen Busch-Wächter® 220 MasterLINE Modelle austauschen, da die Befestigungslöcher kompatibel sind. Mittels eines Sensors sind die KNX-Versionen der neuen Serie in der Lage, auch die Temperatur zu erfassen – für mehr Komfort und Energieeffizienz. 41 » Denkanstoß Wie viele Wohneinheiten bieten die Laubenganghäuser im Quartier Hollerstauden? Julia Knop puls stellt in jeder neuen Ausgabe eine Preisfrage. Die Gewinner können sich über einen Buchpreis freuen. Ihre Antwort schicken Sie bitte per E-Mail an [email protected] Für Busch-Jaeger weltweit unterwegs Vorschau puls 3/2013: Büro und Verwaltung Trendforscher sind überzeugt: Kommunikation Busch-Jaeger intensiviert den kommt in der Arbeitswelt der Zukunft eine Schlüs- Austausch mit Architekten selrolle zu. Architektonische Ideen sind gefragt. und Designern. In diesem Sinne ist Katrin Förster (Foto) seit Anfang 2013 als International Key Account Manager für Busch-Jaeger weltweit unterwegs, um die Schnittstellen zwischen der Architekturszene und Busch-Jaeger zu vertiefen. Im September kann man die Kommunikatorin bei der „100 % design“ in London treffen. Im Oktober besucht sie zunächst das World Architecture Festival in Singapur, um anschließend nach Berlin zur LEAF International (16. – 18. 10.) weiterzureisen: Bei dem internationalen Zusammentreffen zwischen führenden internationalen Architekten, Unternehmen und Designanbietern wird unter anderem der LEAF Interior Design Awards verliehen werden. Fest in ihrem Terminkalender vermerkt hat Katrin Förster auch die wichtige Hotelmesse SLEEP (20. – 21. 11. in London). Berichte über diese und andere Aktivitäten, bei denen Busch-Jaeger und Architekten zum direkten Austausch zusammenkommen, folgen in den nächsten Ausgaben von puls. Mit ihrem kosmopolitischen Hintergrund ist Katrin Förster für ihre neue Auf- Impressum gabe prädestiniert. Nach einer Hotelfachlehre im berühmten Brenners Park Hotel in Baden-Baden studierte sie Betriebswirtschaftslehre. Die gebürtige Münsteranerin lebte und arbeitete ein Jahr in den USA. Paris und Rio de Janeiro waren weitere Auslandsstationen. Zuletzt hat sie als Sales Manager für ein weltweit tätiges Sicherheitsunternehmen gearbeitet. Die kompetente internationale Ansprechpartnerin für Architekten und Designer freut sich über E-Mails an [email protected] Zu gewinnen: Unter allen richtigen Einsendungen zur Preisfrage (links) verlost Busch-Jaeger je ein Exemplar der Bücher Architecture Now! Houses. Vol. 3, erschienen im Taschen Verlag, sowie das deutsche Architektur puls Zeitschrift für Bewegung in der Architektur Herausgeber: Busch-Jaeger Elektro GmbH Freisenbergstr. 2 58513 Lüdenscheid www.busch-jaeger.de Verlag: Gesellschaft für Knowhow-Transfer in Architektur und Bauwesen mbH 70771 Leinfelden-Echterdingen www.gkt-publishing.de Redaktionsteam Busch-Jaeger: Katrin Förster, Andreas Jeide, Dieter Lautz, Tobias Schlitzer, Christiane Schulte, Mirko Simon Redaktion Gesellschaft für Knowhow-Transfer: Lasse Ole Hempel, Marina Schiemenz Printed in Germany – Imprimé en Allemagne Jahrbuch 2013/14, Prestel Verlag. Einsendeschluss: 2. September 2013. Gewinner des letzten Preisrätsels: Horst Fritsche aus Lammersheim und Jürgen Welbrink aus Königswinter. © by Busch-Jaeger Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere das Recht auf Verbreitung, Nachdruck von Text und Bild, Übersetzung in Fremdsprachen sowie Vervielfältigung jeder Art durch Fotokopien, Mikrofilm, Funk- und Fernsehsendung für alle veröffentlichten Beiträge einschließlich aller Abbildungen. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R Wohnen puls 02 | 2013 Ein einzigartiger Platz. Für zwei. Kristallfassade am Rhein von roemer partner architektur SCHUKO®-/USB-Steckdose. Die Kombination aus bewährter Unterputz SCHUKO®-Steckdose und USB-Netzteil. Mit Busch-Jaeger Patent. Für Smartphones, Tablets, Foto apparate oder MP3-Player. Erleben Sie Komfort neu auf www.BUSCH-JAEGER.de Interview mit Stefan Marte Wohnen im Mehrgenerationenhaus Jenseits der Schwelle – Architektur gegen die Gewohnheit www.BUSCH-JAEGER.de Die Zukunft ist da. 02 | 2013