- Busch

Werbung
®
Auf Effizienz programmiert.
Auf Komfort eingerichtet.
DIE NEUE GENERATION DER HAUS- UND GEBÄUDESTEUERUNG.
ERLEBEN SIE ES. // www.BUSCH-JAEGER.de
MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R
Energieeffizienz
puls 02 | 2010
Living Space
Null-Energie-Haus
surPlushome
von Manfred Hegger
Vernetzung und Automation –
Das intelligente Gebäude
Busch-ComfortPanel ®
Quo vadis, Nachhaltigkeit?
Öko-Konzepte – zu Besuch
bei Behnisch Architekten
www.BUSCH-JAEGER.de
02 | 2010
Christoph Reichelt
» Editorial
Ästhetisch anspruchsvolle und konsequent nachhaltige Architektur stellen für Architekt Werner
Sobek seit jeher keine Gegensätze dar.
Zur Sache: Nachhaltigkeit & Ästhetik
puls im Gespräch mit Werner Sobek
Ihre große Leidenschaft gilt der energieautar-
Erstens in einer Reduktion der „grauen“ bzw.
gungsästhetik gekennzeichnete Architektur
ken Architektur. Was treibt Sie an, diesen
„embodied“ Energie, also derjenigen Energie,
wird nie den Weg in die Herzen der Menschen
Weg so konsequent zu verfolgen?
die zur Gewinnung der Rohstoffe, der Herstel-
finden und damit à la longue auch nicht durch-
Nichts anderes als die Erkenntnis, dass wir
lung der Ausgangsprodukte bzw. Halbzeuge
setzbar sein. Nein: Nachhaltiges Bauen muss
nicht so weiterbauen dürfen. Wir nutzen wert-
sowie allen damit verbundenen Transport-
atemberaubend schön sein!
vollste Rohstoffe wie Erdöl oder Kohle, um
und Montagevorgängen erforderlich ist. Das
Energieeffizienz wird zwar unser Leben
Energie zu erzeugen, anstatt sie zur Herstel-
zweite große Einsparpotenzial liegt in einer
bestimmen. Aber kann die Evolution mit die-
lung hochqualitativer Kunststoffe zu bewah-
konsequenteren Nutzung der auf unsere Ge-
ser von Ihnen gewünschten radikalen Verän-
ren. Die Emissionen, die bei dieser Energieer-
bäude eingestrahlten solaren Energie. Das drit-
derung überhaupt Schritt halten?
zeugung entstehen, sind auch Ursache für das
te große Einsparpotenzial liegt im Energiema-
Ich denke: Ja. Angesichts der Veränderungen,
Global Warming, dem dritten großen ökologi-
nagement unserer Gebäude.
die die unterschiedlichen Gesellschaften auf
schen Problem unserer Zeit. Wir müssen des-
Sie haben mit Ihrem Wohnhaus R 128 bewie-
unserer Erde in den vergangenen zwanzig,
halb zu einer Architektur gelangen, die ohne
sen, dass energieeffiziente Gebäude durchaus
dreißig Jahren durchlaufen sind und die sie in
fossile Energieträger auskommt (und zwar bei
auch höchsten architektonischen Ansprüchen
den kommenden Dekaden noch durchlaufen
der Herstellung wie im Betrieb) und die eine
genügen können.
werden, ist der Schritt – trotz seiner Radikalität
maximale Recyclingquote hat.
Die Schaffung von Schönheit ist das alleinige
– hin zu einer nachhaltigen gebauten Umwelt
Energieeffizienz ist zum Schlagwort des 21.
Ziel meiner Arbeit. Dies ist untrennbar verbun-
hoher Gestaltqualität noch der am einfachsten
Jahrhunderts geworden. Worin liegt Ihrer
den mit dem Erzielen hoher Funktionalität und
zu bewältigende. Er ist auch gerade deshalb zu
Meinung nach in der Architektur das größte
Nachhaltigkeit. Letztere bedeuten das Beherr-
verwirklichen, weil man seine Notwendigkeit
Einsparpotenzial?
schen avancierter Technologien. Eine von Entsa-
jedem Bürger vermitteln kann.
02
puls 02 | 2010
Quo vadis, Nachhaltigkeit? – auf der Suche nach
einem neuen Baustil > S. 4 Siegesserie mit null
Energie > S. 14 Komfortables Wohnen dank
Gebäudesteuerung > S. 20 Schöne neue grüne
Welt > S. 26 „Nachhaltiges Bauen ist in erster
Linie gesunder Menschenverstand.“ > S. 30 Der
vertikale Garten von Jean Nouvel in Paris > S. 38
04
10
14
20
Titelbild: Thomas Ott
Bildbearbeitung:
Raphael Pohland / stilradar
26
Macro
Quo vadis, Nachhaltigkeit?
Von Falk Jaeger
Micro
Das intelligente Gebäude
Von Richard Staub
Praxis I
Siegesserie mit null Energie– zwei Siegerentwürfe des Solar Decathlon Wettbewerbs
Praxis II
Wohnkomfort neu erleben – Technik und
Ambiente in einem Wohnhaus bei Frankfurt
Visionen
Green buildings, neue Städte
30
36
38
40
42
43
Zu Besuch
Interview mit Stefan Behnisch,
Behnisch Architekten
Rückblende
Die Urahnen des Busch-Controlpanel
Material
Jean Nouvel über organisches Material
Einblicke
Informationen über Produkte aus
dem Hause Busch-Jaeger
Denkanstoß
Die Preisfrage zum aktuellen Thema
Impressum
03
H. G. Esch
» Macro
Das Atrium – ein mittlerweile
fester Bestandteil der nachhaltigen Büroarchitektur. Im
Lufthansa Aviation Center
konzipierten Ingenhoven Architekten die Bepflanzung als
Kälte-, Wärme- und Luftpuffer
und sorgten so für eine
gesunde Arbeitsumgebung.
Quo vadis, Nachhaltigkeit?
Anders als in ihren Anfängen sieht man heute nachhaltiger Architektur ihre
ökologische Intention nicht unbedingt gleich an. Es hat sich eine Vielfalt der
Stile entwickelt. Dabei stellt das breite Angebot an Verfahren zur Verbesserung der Ökobilanz den Architekten mitunter vor die Qual der Wahl. Auch
über die Kriterien, nach denen nachhaltige Architektur zu bewerten wäre,
herrscht noch wenig Einigkeit.
Von Falk Jaeger
Seit der Einführung von Walzstahlträger und Stahlbeton
die Entwicklung von Solarzellen einen Entwicklungs-
hat das Bauwesen nicht mehr einen solchen bautechni-
sprung bei der Effektivität, mal die Biogasanlagen. Neue
schen Umbruch erlebt wie im vergangenen Jahrzehnt.
verlustarme Stromübertragungstechniken machen plötz-
Alles, was Architekten entwerfen und was Ingenieure kon-
lich Windparks mitten in der Nordsee wirtschaftlich inter-
struieren, kommt auf den Prüfstand: Ist der Bau nachhaltig,
essant, ebenso wie die nahe liegende Idee, die leeren Wüs-
ist er energieeffizient, welche Ökobilanz hat er vorzuwei-
ten Nordafrikas zur Gewinnung von Sonnenenergie zu nut-
sen? Noch nie freilich waren die Kriterien, nach denen gut
zen. Das auf die Schiene gebrachte internationale Projekt
und böse zu unterscheiden waren, so unsicher, so schwam-
Desertec ist von der Größenordnung her bislang einzigar-
mig, so unpräzise – und so manipulierbar. Was ein „Passiv-
tig und soll 2050 15 Prozent des Energiebedarfs in Europa
haus“ ist, definiert im Zweifel die PR-Agentur des Bauträ-
decken. Geplant sind großflächige Parabolspiegelfelder, die
gers. Der Stararchitekt verkauft seinem Klienten das „Öko-
Sonnenlicht in einen Empfänger bündeln, wo ein Spezialöl
Hochhaus“, ungeachtet der Tatsache, dass ein Hochhaus
erhitzt wird, das wiederum Turbinen antreibt. Eine Schlüs-
ungefähr so ökologisch ist wie ein Formel-1-Renner, der mit
selrolle kommt dem Stromtransport von Nordafrika zu den
Biosprit gefahren wird.
Verbrauchern in Mitteleuropa zu, das Unternehmen BuschJaeger ist hier an zentraler Stelle an dem Projekt beteiligt.
Neue Techniken der Energiegewinnung
Wenn es um kostengünstige Systeme geht, wird wohl noch
Die Verunsicherung um die Möglichkeiten und Techniken
das Aufwindkraftwerk trotz geringerem Wirkungsgrad ins
beim Energieverbrauch ist beträchtlich, doch wie sollte sie
Spiel kommen. 30 Quadratkilometer „Treibhaus“ und ein
geringer sein als bei der Gewinnung von Energie? Solar-
tausend Meter hoher Thermikschacht mit Windturbine
strom, Windenergie, Erdwärme, eigentlich müsste sich
bedingen hohe Investitionskosten, doch der Betrieb mit
doch inzwischen herauskristallisiert haben, welche Verfah-
simpler Technik ist konkurrenzlos günstig. Aber vielleicht
ren Zukunft haben. Doch das Rennen läuft, und bei allen
macht die Produktion von Biomasse in Algenzuchtanlagen
Techniken sind Zwischenspurts zu beobachten. Mal macht
das Rennen, deren Entwicklung in den Anfängen steckt.
05
Ruedi Walti
Das Ökohaus
zur Gewinnung von Solarenergie. Architektonisch noch
Die Fortschritte der großtechnischen Nutzung alternativer
ungelöst ist die Gestaltung von Warmwasserkollektoren,
Energieformen kommen naturgemäß auch den Projekten
die so gut wie immer als unansehnliche Pakete auf dem
im Kleinen zugute. Doch auch hier scheinen die Protagonis-
Dach liegen, als schwarze Löcher in die Dachfläche ein-
ten von der Vielfalt der Ansätze herausgefordert. Ihren
schneiden oder aufgebockt auf dem Flachdach hocken.
Anfang nahm die Entwicklung des „Ökohauses“ in den
Integrierte Lösungen bringen unweigerlich die Abkehr
achtziger Jahren, nachdem die baubiologisch orientierten
vom herkömmlichen Bild des Hauses mit sich. Da dies
Architekten sich zusätzlich für Energiebilanzen zu interes-
ohnehin ein aktueller Trend ist, da Architekten heute ohne-
sieren begannen. Das frühe Ökohaus revolutionierte das
hin gerne mit dem Typus spielen, Satteldachhäuser ohne
Bild vom Einfamilienhaus, trotzdem wurde Nachhaltigkeit
Dachüberstand mit Außenhaut aus Edelstahl, Beton oder
kein Baustil. Der massive Kern des Hauses bildet die wärms-
gar Gabionen, Glas oder Faserplatten erdenken, müsste es
te Zone und ist von einem temperierten Glashaus umfan-
eigentlich möglich sein, auch mit den Wasserkollektoren
gen, das als Wärmepuffer wirkt. Eine grüne Hülle reagiert
radikale Konzepte zu verwirklichen. Der Solararchitekt Rolf
auf die Jahreszeiten. Auf der Nordseite schützen immergrü-
Disch aus Freiburg im Breisgau hat einen Ausweg gefun-
ne Rankpflanzen vor Wind, an West-, Süd- und Ostseite ver-
den, indem er Vakuumröhrenkollektoren als Brüstungsele-
schatten blattabwerfende Pflanzen im Sommer und ge-
mente seines Turmhauses „Heliotrop“ einsetzte, was inso-
währen der Sonne im Winter Einlass. Nicht ohne Geräteauf-
fern auch effektiv ist, als die Röhren auch in schräger Be-
wand kommt die wärmetechnische Organisation des Hau-
sonnung volle Leistung bringen. Und da sich das 1994
ses aus, die auf Verschattungssysteme, automatisch ge-
gebaute „Heliotrop“ mit der Sonne dreht, stehen die Kollek-
steuerte Luftwege zwischen den verschiedenen Zonen des
toren immer im besten Sonnenlicht. Das gilt natürlich auch
Hauses und den Wärmespeichern für das Energiemanage-
für die Photovoltaik, für die Disch die Radikallösung reali-
ment angewiesen ist. Später erkannte man die Vorzüge des
siert hat. Das Sonnensegel, eine Sonderkonstruktion oben
zweigeschossigen Kettenhauses als Passivsolararchitektur.
auf dem Bauwerk, vom Haus immer in die Sonnenrichtung
Die lichtdurchflutete Halle des
Patchwork-Hauses von pfeifer
roser kuhn architekten (links)
bildet nicht nur die kommunikative Verbindung zwischen den
beiden Wohnparteien, sondern
ist auch zentrales Element
eines ausgeklügelten Innenklimasystems. In Peking kombinierte
Mario Cucinella für die Universität SIEEB Solarpaneele mit
attraktiven Dachgärten (rechts).
gedreht, folgt auch durch den anpassbaren NeigungswinRadikallösung mit Sonnensegel
kel heliostatisch dem Sonnenstand und hält die Photozel-
Meist benötigt der Ökoarchitekt jedoch seine Dachfläche
len ständig in optimaler Stellung. Kein Rezept für jeder-
06
puls 02 | 2010
Daniele Domenicali
mann und jedes Haus natürlich, doch Disch zeigt Konse-
fantastische neue Gläser, die alle unerwünschte Strahlung
quenz auch beim „normalen“ Reihenhaus. „Solarsiedlung
abhalten, natürlich ohne sich selbst aufzuheizen, die
am Schlierberg“ nennt sich das ab 2000 nach und nach ent-
traumhafte Wärmedämmwerte erreichen und keinen Laut
standene Quartier mit „Plusenergiehäusern“, deren Gebäu-
passieren lassen. Man verweist auf die Lüftungsflügel, die
de eine positive Energiebilanz aufweisen. Die flach geneig-
sich bei Wind einen Spalt breit, ansonsten mindestens fünf
ten Satteldächer haben einen langen Schenkel nach Süden
Zentimeter öffnen lassen. Kurzum, die Doppelfassade,
aus Photovoltaikpaneelen. Es gibt keine herkömmliche
kaum entwickelt, ist schon wieder obsolet geworden. Denn
Dachdeckung mehr, sondern die Kollektoren selbst bilden
ihre Leistungen können heute durch eine einschalige Glas-
die Dachhaut, eine Ersparnis, die in die Gestehungskosten
fassade erbracht werden, so die Protagonisten. Diese ste-
der Anlage gegengerechnet werden kann.
hen allerdings in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation unter enormem Kostendruck, und so wird man den
Die ökologische Fabrik
Beteuerungen zunächst wenig Glauben schenken und kon-
Kein Verwaltungsgebäude, das heute nicht mit ökologi-
krete Erfahrungen und Messergebnisse abwarten müssen.
schen Versprechungen angepriesen würde. Nirgends wird
Die Entwicklung bedeutet aber auch, dass hinfort alle
derart mit Energie- und Ökobilanzen jongliert wie auf dem
Hochhausfassaden wieder gleich aussehen werden und
Tummelplatz der Investoren. Wie sieht ein ökologisches
dass sich ein architektonischer Typus des ökologischen
Hochhaus aus? Mögen Hochhäuser auch hier und da im
Hochhauses in der kurzen Zeit nicht hat herausbilden kön-
Betrieb eine akzeptable Energiebilanz aufweisen, auf eine
nen. Wohl aber beim normalgeschossigen Verwaltungsge-
wirtschaftliche (und damit auch ökologische) Bilanz kön-
bäude, das vor allem ein Element in allen Ausprägungen
nen sie nicht getrimmt werden, denn die Investitionskos-
variiert: das begrünte Atrium. Die Heizungs- und Lüftungs-
ten lasten als unaufgelöste Hypothek auf den Projekten.
konzepte beziehen das Atrium in verschiedener Weise mit
Aus Kostengründen hat man sich wieder auf einschalige
ein. Das ausgeklügelte Lüftungssystem arbeitet sowohl mit
Fassaden verlegt. Diese leiste, so die verkündete Überzeu-
einer Doppelfassade, an anderer Stelle mit innen liegenden
gung, dank neuer Techniken genauso viel wie die Doppel-
Kaminen und Deckenkanälen, mit einem Erdkanal zum
fassaden, benötige aber weniger Material, Konstruktions-
Kühlen im Sommer und Erwärmen im Winter sowie mit
aufwand und vor allem weniger Platz. Man verweist auf
dem Atrium, dessen Thermodynamik eine entscheidende
07
Rolle spielt. Bleibt die Frage nach einem allgemeingültigen
Typus der ökologischen Fabrik. Nur wenige Beispiele stehen zur Ansicht, denn Investitionen in ökologische Maßnahmen und Verhältnisse sind teuer und auf lange Sicht zu
bilanzieren, doch Werkshallen ist heute keine lange LebensMarcel van der Burg, primabeeld
dauer beschieden. Die „Ökofabrik“ ist deshalb bisher vor
Transparent und ökologisch:
Das gläserne Büro- und
Wohnhaus von Opus Architekten schließt in Darmstadt
eine Baulücke. Im Dach
befindet sich eine Photovoltaik- und Solarthermiefläche.
allem ein programmatisch kommunizierter Werbefaktor
im Prototypenstadium, das heißt, wer eine „Solarfabrik“
wie jene in Freiburg im Breisgau betreibt, produziert darin
Solartechnik, und wer eine „Nullemissionsfabrik“ gebaut
hat wie Solvis in Braunschweig, der ist nicht nur umweltbewusster Wohltäter der Menschheit, sondern er erforscht
und produziert in dem Gebäude solartechnische Heizsysteme. Das Solvis-Werk, entworfen von den Bochumer Architekten Elke Banz und Dietmar Riecks, unterscheidet sich
Die ungewöhnlich plastische Fassade von Marc Koehlers Ilburg Haus (oben) verwandelt sich im Lauf der Zeit in einen vertikalen Garten. Räume, die die Aura
großer Freiheit ausstrahlen und dank moderner Haustechnik sparsam mit
Energie umgehen: Der Neubau der Firma Solon in Berlin von Schulte-Frohlinde
Architekten (Mitte). Das mit Solarzellen bestückte Sonnensegel des 1994 von
Rolf Disch erbauten Heliotrops dreht sich mit dem Lauf der Sonne (unten).
auf den ersten Blick nicht von anderen neuen Fabrikanlagen. Die hoch gedämmten Wände fallen nicht auf, die
avancierten Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung
sind nicht zu sehen, die Anlieferungsboxen, die im Winter
ein Be- und Entladen der LKW bei geschlossenen Toren
ermöglichen, sehen wie große Garagen aus. Einzig die
Solarpaneele auf dem Dach prägen zeichenhaft das
Erscheinungsbild. Große Kollektorflächen über den Ladeboxen sind zusätzlich für die Energiegewinnung in Funktion.
Keine typusbildenden Elemente also, sondern Attribute,
die allerdings wegen der vom übrigen, streng kubisch
gegliederten Gebäude abweichenden schrägen Anordnung
viel Signifikanz und einen hohen Aufmerksamkeitsgrad
myrzik&jarisch © SOLON SE
haben. Ein Neubau der Firma Solon in Berlin weist den Weg
für künftige, mit dem Siegel der Nachhaltigkeit versehene
Gewerbearchitektur. Es ist eine Kombination aus architektonisch-konzeptionellen Überlegungen und einschlägiger
Haustechnik, die es den Architekten ermöglicht, Räume
von größerer Freiheit zu entwerfen und neue Typologien
der Arbeitsorganisation zu erproben. Solon stellt Photovoltaiksysteme her, die natürlich auch an diesem Bau Demonstrativcharakter haben. Nachhaltiger wird der Bau darum
nicht, doch Energieeffizienz folgt aus dem ganzheitlichen
Konzept, das zum Beispiel auch den Personentransport mit
einem neu entwickelten Paternoster einbezieht. Noch fehlen die Instrumente, Methoden und Normen, um die Nachhaltigkeit eines Gebäudes objektiv und vollständig bemessen und bewerten zu können. Die Bausteine, die Kriterien
dazu sind weitgehend bekannt, an den Evaluationsmetho-
Rolf Disch SolarArchitektur
den wird gearbeitet.
Prof. Dr. Falk Jaeger studierte Architektur und Kunstgeschichte in Braunschweig, Stuttgart und Tübingen und ist seit 1983 freier Architekturkritiker
und seit 2000 Professor für Architektur und Architekturtheorie an der TU
Dresden. Derzeit schreibt er an einem Buch über Stadienarchitektur, das
pünktlich zur Fußball-WM in Südafrika erscheinen soll.
puls 02 | 2010
Eibe Sönnecken
» Micro
Im Sinne einer energetischen
Nachhaltigkeit hat sich gerade
die integrale Gebäudeautomation bewährt: Bisher getrennte
Anlagen zur Raumklimaregelung, Beleuchtungs- und Sonnenschutzsteuerung werden in
einem System integriert.
Das intelligente Gebäude
Vernetzte Gebäude- und Raumautomation trägt maßgeblich zur Nachhaltigkeit
eines Gebäudes bei und erhöht gleichzeitig die Behaglichkeit der Raumnutzer.
Moderne Kommunikationstechnik ermöglicht den Übergang von Einzelanlagen zu
einem Gesamtsystem und schafft damit Synergien, die gerade auch im Sinne von
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit unbedingt genutzt werden sollten.
Von Richard Staub
Auf dem Weg zum Green Building werden die Möglichkei-
vor allem wenn dies auch durch ein entsprechendes Zertifi-
ten der Gebäudeautomation immer stärker beachtet.
kat belegt wird – in Deutschland steht diesbezüglich sicher
Neben einer optimalen Geometrie und Ausrichtung der
das Deutsche Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen DGNB im
Gebäude, einer hochgedämmten Hülle und einem hohen
Vordergrund.
Anteil an regenerativer Energie kann auch die Steuerung
und Regelung der Gebäudetechnik einen wichtigen Beitrag
Energetische Wirkung
zur Energieeffizienz leisten. Dies gilt ganz besonders auch
Grundsätzlich gibt es zwei Faktoren, wie die Gebäudeauto-
für ältere Zweckbauten, die oft wahre Energieschleudern
mation den Energieverbrauch beeinflussen kann:
sind. Veraltete Beleuchtungsanlagen mit schlechtem Wir-
- Bau/Umbau des Gebäudes: Senkung des Energiebedarfs
kungsgrad, Beschattungseinrichtungen ohne Automation,
überdimensionierte Lüftungs- und Klimaanlagen ohne
Wärmerückgewinnung, um einige Beispiele zu nennen.
Veraltete Automationsanlagen ohne Vernetzung und
durch effiziente Automatisierung und Regelung
- Betrieb des Gebäudes: Senkung des Energieverbrauchsdurch Überwachung, Optimierung und Kommunikation
der Systemkomponenten
Managementstationen, oft für jedes Gewerk ein anderes
Diese zwei Elemente umfasst die 2007 veröffentlichte
Fabrikat. Die Folge: Schlechte Behaglichkeit für die Nutzer
Norm „Auswirkungen der Gebäudeautomations-Funktio-
wie Zugluft, Blendung, aufwendiger und teurer Unterhalt,
nen auf die Energieeffizienz“ (EN 15232). Grundsätzlich geht
hohe Energiekosten und vieles mehr. Der Ersatz durch eine
es um die Vermeidung von „Betrieb ohne Nutzen“: Warum
zeitgemäße Gebäude- und Raumautomation schlägt quasi
soll die Beleuchtung im Büro brennen, wenn gar niemand
zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits werden der Kom-
anwesend ist? Warum soll sie auf voller Stärke leuchten,
fort, die Ergonomie und die soziokulturelle Akzeptanz
obwohl bereits zusätzlich genug Tageslicht einfällt, um sie
erhöht, was nachgewiesenermaßen die Produktivität mar-
reduzieren zu können? Warum soll die Lüftung auf voller
kant erhöhen kann. Andererseits wird die Energie effizien-
Leistung arbeiten, wenn in einem Open-Space-Büro mo-
ter eingesetzt, was den Wert einer Immobilie klar erhöht,
mentan nur wenige Mitarbeiter anwesend sind? Bereits
11
Eibe Sönnecken
vor drei Jahren kam die Hochschule Biberach in einer Stu-
die Vernetzung kann Synergie geschaffen werden. Ein Bei-
die über das Energieeinsparpotenzial durch Gebäudeauto-
spiel: Durch die Fenster eintretendes Sonnenlicht sorgt für
mation zu folgendem Ergebnis: In der Klimatechnik kön-
einen Wärmeeintrag in den Raum, der je nach Raumtem-
nen in einem Verwaltungsgebäude bis zu 40 Prozent und
peratur willkommen oder unwillkommen ist. Eine Ther-
bei der Wärmeenergie bis zu 25 Prozent eingespart werden.
moautomatik – die Raumtemperatur wird sowieso für die
Wird die Primärenergie betrachtet, kann der Bedarf um bis
Regelung Heizung/Lüftung gemessen – übernimmt in
zu 50 Prozent reduziert werden. Moderne Sensorik (zum
unbelegten Räumen nun die Kontrolle über den Sonnen-
Beispiel Präsenzmelder, Tageslichtfühler und Luftqualitäts-
schutz zur Unterstützung von Heiz- oder Kühlvorgängen.
sensoren) sowie die verknüpfte Steuerung und Regelung
So können im Sommer eine Überhitzung vermieden und
aller Gewerke im Raum durch integrale Raumautomation
im Winter die Heizung durch solare Gewinne entlastet
ermöglichen die Umsetzung.
und der Energieverbrauch für Kühlen und Heizen mini-
Effizienz durch Vernetzung:
Eine Thermodynamik, die die
Kontrolle über die Sonnenschutzvorrichtungen in Abhängigkeit von den Heiz- und Kühlvorgängen übernimmt, trägt
zur Energieersparnis bei.
miert werden. Zweitens ermöglicht die Raumautomation
Integrale Raumautomation
im „individuellen Raum“ wie Büro, Hotelzimmer oder
Die Norm EN 15232 definiert die vier Klassen A - D (A steht
Wohnraum die Möglichkeit, die individuell sehr unter-
für die höchste Effizienz, C entspricht dem Stand bisheri-
schiedlichen Anforderungen des jeweiligen Nutzers ein-
ger „normaler“ Anlagen) und beschreibt detailliert, welche
fach zu erfüllen. Darin liegt wohl der nachhaltigste Beitrag
Voraussetzungen in der Automation erfüllt sein müssen,
der Raumautomation, denn nur was vom Nutzer akzep-
um das Ziel einer die Energieeffizienz fördernden Klasse A
tiert wird, kann Bestand haben. Die Bedürfnisse der Nut-
oder B zu erreichen. Dabei zeigt sich, dass die Klasse A nur
zer sind dynamisch, je nach momentanem Befinden, Tätig-
durch eine integrale Raumautomation erreicht werden
keit und Alter benötigt das Individuum mal mehr oder
kann. Diese ist ein integriertes System, das die bisher
weniger Licht, Beschattung, Heizung oder Kühlung, um
getrennten Anlagen zur Beleuchtungs- und Sonnenschutz-
sich behaglich zu fühlen. Der moderne Mensch ist indivi-
steuerung sowie der Raumklimaregelung umfasst. Durch
duell und autonom, und so möchte er auch seinen Arbeits-
12
puls 02 | 2010
platz empfinden. Untersuchungen zeigen beispielsweise,
mehr Anwendungen wie Sprachübertragung („IP-Telefo-
dass schon die Möglichkeit, ein Fenster jederzeit öffnen zu
nie“, Unified Communications), Audio, Video und Sicher-
können, die Akzeptanz einer Lüftungsanlage entscheidend
heit (zum Beispiel Überwachungskameras) hinzu. Warum
erhöht. Möglich gemacht wurde die integrale Raumauto-
also nicht zusammenführen, was zusammengehört? Eine
mation durch die Entwicklung von modernen Bussyste-
Multi-Service IP-Plattform, welche die Kommunikation
men wie KNX, welche Sensoren (befehlsgebende Geräte
zwischen allen Gebäudetechniksystemen ebenso unter-
wie Taster oder Temperaturfühler) und Aktoren (befehls-
stützt wie kommerzielle Sprach-, Daten- und Video-Servi-
ausführende Geräte wie Lichtdimmer, Schaltgeräte für
ces. Das Resultat: vernetzte, intelligente Gebäude, die
Jalousieantriebe oder Ventilantriebe) über ein System
durch das Zusammenführen von IT-Netzwerken und
digital kommunizieren lässt. Die Funktionen werden
Gebäude-Automationssystemen echten Mehrwert brin-
durch Programmierung bestimmt und sind dementspre-
gen. Der Nutzen am konkreten Beispiel: Jedes Gerät am
chend flexibel anpassbar, was für ein einfaches Flächen-
IP-Netz – zum Beispiel das Telefon oder der PC am Arbeits-
management genutzt wird: Anpassung der Gebäudetech-
platz – wird fast kostenlos zur komfortablen Bedienein-
nik an veränderte Räume gemäß Achsensystem durch
heit. Der Architekt als „Generalplaner“ eines Gebäudes
Umparametrierung statt Uminstallation.
hat hier die Möglichkeit, zusammen mit dem Investor
oder Betreiber frühzeitig Weichen zu stellen, um auch
Optimierte Vernetzung
bezüglich Gebäude- und Kommunikationstechnik einen
Kilometer Netzwerkkabel gehören heute in modernen
nachhaltigen Weg vorzugeben.
Gebäuden ebenso zur Infrastruktur wie Leitungen für
Wasser, Elektrizität oder Gas. In der Datenübertragung
hat sich das Internetprotokoll IP/TCP als universeller
Transportstandard etabliert. In den letzten Jahren kamen
auf diesen Netzwerken neben der PC-Vernetzung immer
Richard Staub ist Elektroingenieur, Installateur und Systemintegrator.
Er leitet das 1998 in Zürich gegründete Beratungsunternehmen
BUS-HOUSE und arbeitet als Fachjournalist. Richard Staub ist zudem
Dozent und Verbandsleiter im Bereich Gebäudeautomation und intelligentes Wohnen.
13
» Praxis
Siegesserie mit null Energie
Mit dem „Plus-Energie-Haus“ haben Professor Manfred Hegger und seine Studenten der TU Darmstadt 2007 in den USA den Solar Decathlon gewonnen, den
prestigeträchtigen Wettbewerb für nachhaltiges Bauen. Jetzt tourt das zu einem
Prototypen weiterentwickelte Gebäude durch Deutschland. Auch Heggers neuester, abermals in Washington prämierter Entwurf für ein Null-Energie-Haus, das
„surPLUShome“, wird bald der breiten Öffentlichkeit vorgeführt.
Von Christof Bodenbach
Wer Ende Februar über den Frankfurter Rathenauplatz –
in diesem Sektor fördern. In Form einer Bauausstellung wer-
unweit von Börse, Alter Oper und der Haupteinkaufsstraße
den Prototypen gezeigt, die zukunftsorientierte Modelle des
Zeil – schlenderte, der rieb sich verwundert die Augen. Der
Bauens mit der Sonne vorstellen.
Blick fällt auf ein elegantes Gebäude, mit hölzernen Lamellen und flachem Dach. Ein neues Café? Mitnichten: Es han-
Solarer Zehnkampf
delt sich um das „Plus-Energie-Haus“, vom Bundesministe-
Energie sparen beim Bauen ist nicht erst neuerdings ein
rium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) auf
Thema, das auch in den USA an Boden gewinnt. Und so ist
Deutschland-Tour geschickt, um die Öffentlichkeit über
der „Solar Decathlon“ auch beileibe keine Insider-Veranstal-
energiesparendes und nachhaltiges Bauen zu informieren.
tung: Im Spätsommer 2007 verwandelte sich die breite
Seit 2009 tourt das Haus durch deutsche Großstädte, in
National Mall im Herzen der Hauptstadt Washington DC
Hamburg, Berlin und München warb es schon für zukunfts-
zum dritten Mal für zwei Wochen in ein solares Dorf. Über
fähige Bauweisen. Noch bis zum 21. Mai kann man den
150.000 Interessierte informierten sich über das energieeffi-
innovativen Bau nun in der Mainmetropole besuchen. Wie
ziente Bauen und die damit zusammenhängenden Techno-
kam es dazu? Vor dem Hintergrund der energie- und klima-
logien; Teams von zwanzig Universitäten aus aller Welt
politischen Ziele der Bundesregierung übernahm das
wetteiferten um das innovativste, funktionalste und schöns-
BMVBS im Jahre 2007 die Schirmherrschaft über den deut-
te Solarhaus. Die Qualität und Funktionalität der Modell-
schen Beitrag zum „Solar Decathlon“. Das ist nicht, wie man
Häuser wurde dabei als solarer Zehnkampf in zehn Teilwett-
zunächst vermuten könnte, ein Zehnkampf unter sengen-
bewerben (u. a. Architektur, Belichtung, Energiebilanz,
der Sonne, sondern ein vom US-Energieministerium seit
„Engineering“) unter Beweis gestellt und gewertet. Das von
2002 ausgeschriebener Hochschul-Wettbewerb. Er soll die
der Technischen Universität Darmstadt unter der Leitung
Potenziale des nachhaltigen und solaren Bauens einer brei-
von Professor Manfred Hegger entwickelte Haus gewann
ten Öffentlichkeit vorstellen und gleichzeitig die Innovation
den renommierten Wettbewerb mit einem Entwurf, der
14
Optimierte Verschattung trifft
auf Solartechnik: Hinter der
holzverkleideten Außenhülle
verbirgt das „Plus-EnergieHaus“ eine Kombination aus
energiesparenden Materialien
und Techniken.
puls 02 | 2010
Thomas Ott
BMVBS/Leon Schmidt (l.); Thomas Ott (M.); Leon Schmidt (r.)
nicht nur technisch, sondern auch gestalterisch überzeugte.
heit und Reduktion überzeugte. Das Haus mit seinen 75
Und das kam nicht von ungefähr. Deutsche Technologie in
Quadratmetern erzeugt mehr Energie, als es verbraucht, der
Sachen Energieeffizienz ist weltweit führend, die Studieren-
Überschuss, so Projektleiterin Barbara Gehrung, kann ins
den des Fachgebiets Entwerfen und Energieeffizientes Bau-
Netz eingespeist werden – oder ein Elektroauto antreiben!
en am Fachbereich Architektur der hessischen TU beschäfti-
„Eine Klasse für sich, ein Maximum an Innovation“, urteilte
gen sich seit Jahren unter der Leitung von Professor Man-
schließlich die Jury. Und der Student Hannes Guddat beton-
fred Hegger mit der Zukunft des Bauens. Als einzige europä-
te, dass es doch eine besondere Genugtuung bedeute, ausge-
ische Universität neben Madrid schafften die Darmstädter
rechnet „im Land der Energieverschwender“ zu gewinnen.
mit ihrem integrierten Konzept den Sprung in den amerika-
Denn dass der Wettbewerb vom US-Energieministerium
nisch dominierten Wettbewerb.
ausgeschrieben wird, beweist, dass weltweit – auch im ener-
Auf 75 Quadratmetern garantiert das Plus-Energie-Haus
behagliches Innenklima. Auch
von der ansprechend reduzierten Gestaltung des Prototyps
konnten sich Interessierte in
Frankfurt überzeugen.
gieverliebten Amerika – die Nutzung erneuerbarer Energien
Eine Klasse für sich
hohe und steigende Achtung erfährt. Das „Plus-Energie-
Drei Semester lang bearbeiteten die beteiligten Studenten
Haus“ des BMVBS, das nun in Frankfurt Station macht, ist
das Projekt und erhielten so die einmalige Chance, von der
ein vergrößerter Nachbau eben dieses Siegerhauses und
ersten Idee bis zur letzten Schraube im Team zu planen und
dient als prototypisches Anschauungsobjekt der BMVBS-
zu bauen. Nicht nur Architekten, auch Bauingenieure und
Forschungsinitiative „Zukunft Bau“, die seit 2006 mit einem
Elektrotechniker der TU arbeiteten mit, um schließlich
Gesamtbudget von rund 34 Millionen Euro Innovationen
einen schlichten, mit Eichenholz verkleideten Kubus über
am Bau fördert und ihren Fokus auf die angewandte For-
den Atlantik zu schicken, der auch im Inneren durch Klar-
schung legt. Die Umplanung und Weiterentwicklung des
16
puls 02 | 2010
„Solar Decathlon“-Siegers zum „Plus-Energie-Haus“ erfolgte
ohne technische Hilfsmittel ein weitestgehend behagliches
durch das von Professor Hegger und seinen Partnern Doris
und energieeffizientes Innenraumklima ermöglichen. Erst
Hegger-Luhnen und Günter Schleiff 1980 gegründete Büro
wenn die passiven Maßnahmen nicht mehr ausreichen, um
Hegger, Hegger, Schleiff Planer + Architekten AG aus Kassel
den geforderten Wohnkomfort einzuhalten, werden sie
in Zusammenarbeit mit dem „Entwicklerteam Gelber Pool“.
durch aktive Systeme wie zum Beispiel Photovoltaik oder
eine Wärmepumpe ergänzt. Das „Plus-Energie-Haus“ wurde
Kombination passiver und aktiver Elemente
nach den Gesichtspunkten und Kriterien des Passivhaus-
Das Grundkonzept des im „Plus-Energie-Haus“ eingesetzten
Standards entworfen. Dies bedingt, vor allem im Hinblick
energetischen Gebäudesystems besteht darin, möglichst
auf die gewählte Holzständerbauweise, den Schutz vor som-
wenig Energie über die Gebäudehülle zu verlieren sowie
merlicher Überhitzung (durch entsprechende Verschat-
sinnvoll und effizient Energie zu erzeugen. Dies wird durch
tungselemente) und die gleichzeitige Nutzung solarer
ein optimales Zusammenspiel verschiedener passiver (Low-
Gewinne bei flach stehender Sonne im Winter. Zusätzliche
Tech) und aktiver (High-Tech) Elemente erreicht. Dabei ist
thermische Speichermasse erlaubt die zeitversetzte Aufnah-
die ganzheitliche und sinnvolle Kombination der einzelnen
me und Abgabe von Raumwärme über den Tag. Der Innen-
Subsysteme sehr wichtig für ein optimiertes und innovati-
raum des Hauses ist offen, großzügig und flexibel nutzbar.
ves Gesamtsystem, das Bauteile und Gebäudetechnik inte-
Nicht einzelne Zimmer prägen das Bild, sondern ein großer
griert und Synergien nutzt. Im Sinne einer ganzheitlichen
Raum, der durch die Platzierung eines Sanitär- und Technik-
Betrachtung des Gebäudes sind bereits im Entwurfsprozess
kerns die große Fläche in verschieden nutzbare Zonen auf-
Baustoffe und Konzepte berücksichtigt worden, die auch
teilt. Nach Betreten des Gebäudes über den Haupteingang
17
im Norden gelangt man in eine Vorzone, die mit Fachbro-
PLUS“ steht dabei für den Mehrwert, den die Weiterentwick-
schüren und einem interaktiven Bildschirm den Besucher
lung aus Sicht ihrer Schöpfer bietet und der einen „neuen,
über das „Plus-Energie-Haus“, CO2-Gebäudesanierung und
effizienten Lebensstil“ ermöglichen soll. Dazu schlagen die
Förderprogramme informiert, dann gelangt man in den gro-
Darmstädter einen großen Raum über zwei Geschosse vor,
ßen Vortragsraum, der bis zu 40 Besuchern Platz bietet.
der durch Bodenversprünge und eine eingeschobene Galerie
Manfred Hegger legt Wert darauf, dass das Haus ausschließ-
gegliedert wird. Die innovative Kühldecke saugt bei Bedarf
lich Technik einsetzt, die bereits am Markt vorhanden ist.
warme Luft an und kühlt diese durch eine mit Salzhydrat
„Das hat nichts mit Zukunftsvisionen zu tun“, betont er.
gefüllte Platte um rund sechs Grad ab – eine Niedrigenergie-
Und auch vom Passivhaus spricht er nicht gern: „Passiv, das
Klimaanlage. Alle Hausgeräte sind zentral über ein Touch-
klingt in vielen Ohren eher negativ. Wir sollten es lieber
pad steuerbar, dabei wäre, so Hegger, auch eine Applikation
Aktivhaus nennen!“
möglich, die das Haus mittels Handy steuerbar mache. Statt
Im 2009 prämierten SurPLUShome minimiert innovative Haustechnik zusätzlich den Energiebedarf. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und
Lichteinfall lassen sich über
ein Touchpad steuern.
mit gewöhnlichen Glühbirnen wird das Haus mit LeuchtEin neuer Lebensstil
dioden erhellt, die mit ihrer langen Lebensdauer in Sachen
Am 16. Oktober 2009 wurde, wiederum in Washington DC,
Stromverbrauch selbst Energiesparlampen überflügeln.
der Sieger des vierten „Solar Decathlon“ bekanntgegeben:
Außen ist das „surPLUShome“ komplett mit neu entwickel-
„And the winner is ... Germany!“ Zum zweiten Mal in Folge
ten Dünnschicht-Solarzellen verkleidet, die nicht nur in der
gewann das Team der TU Darmstadt unter Leitung von Pro-
Produktion weniger energie- und materialaufwendig sind
fessor Manfred Hegger den hoch angesehenen Wettbewerb
als herkömmliche Zellen, sondern auch deutlich leistungs-
mit einer Weiterentwicklung, dem „surPLUShome“. „Sur-
fähiger. Sie liefern auch bei bedecktem Himmel noch Ener-
18
puls 02 | 2010
Eck-Detail
Detailschnitt
Thomas Ott
Energie-Konzept
gie, wodurch der Überschuss steigt. Für Hegger liegt hier ein
wesentlicher Ansatz: „Wir müssen Mobilität und Immobilie
zusammenbringen. Häuser können den Strom liefern, den
Elektroautos brauchen. Und die Fahrzeuge können umge-
Projektbeteiligte
kehrt Energiespeicher für’s Haus sein."
Das „Plus-Energie-Haus“ ist auf dem Rathenauplatz in
Wettbewerb
Frankfurt am Main noch bis zum 21. Mai 2010 dienstags bis
Solar Decathlon (2007, 2009)
sonntags jeweils von 11:00 - 18:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt
ist frei. Es werden kostenlose Führungen angeboten, zu
Architekten
denen keine gesonderte Anmeldung notwendig ist.
Manfred Hegger / TU Darmstadt
Anschließend wird das „Plus-Energie-Haus“ in Düsseldorf
Hegger, Hegger, Schleiff Planer + Architekten AG
und Hannover zu sehen sein.
Integrierte Produkte von Busch-Jaeger
Der aktuelle Gewinner, das „surPLUShome“, wird im Rah-
KNX-Sensoren, Controlpanel sowie
men der Kulturhauptstadt Ruhrgebiet vom 26. April bis
Bedienelemente der Schalterserie Future linear.
Ende Mai auf dem Essener Burgplatz präsentiert werden.
Weitere Informationen:
www.ee.architektur.tu-darmstadt.de
19
» Praxis
Wohnkomfort
neu erleben
Was Haustechnik heute im Wohnbereich
leisten kann, beweist der Besuch in einer
Villa nahe Frankfurt. Architekten, Licht- und
Elektroplaner arbeiteten hier erfolgreich
Hand in Hand und gestalteten ein stilvolles
und nutzerfreundliches Wohnambiente.
Von Peter Sieger Fotos Wolfram Schroll
Das „intelligente Haus“ ist schon lange keine Utopie mehr.
Doch einige Bauherren schrecken immer noch vor der
Investition in zukunftssichere Bustechnik zurück. Hauptgrund: Die Furcht vor einer komplizierten, vom Laien nicht
beherrschbaren Technologie. Das Beispiel einer perfekt und
nach modernsten Erkenntnissen ausgestatteten Villa bei
Frankfurt zeigt, dass diese Sorge unbegründet ist, wenn
Bauherr und Elektroplaner dieselbe Sprache sprechen. Und
wenn sie sich für Systeme entscheiden, die sich durch intuitive Bedienbarkeit auszeichnen, wie in diesem Fall für die
Raumsteuerung Busch-priOn® von Busch-Jaeger.
Perfekte Vernetzung
Bustechnik (Bus steht für Binary Unit System) unterscheidet sich von der traditionellen Form der Elektroinstallation
insbesondere dadurch, dass zusätzlich zur „normalen“ 230Volt-Stromversorgung ein Niedervoltkabel verlegt wird.
Diese Leitung transportiert Informationen und Impulse, die
für die Steuerung nahezu der gesamten Haustechnik
genutzt werden können. Führend in der Welt der Bustechnologie ist der KNX-Standard, der nicht nur die Vernetzung
von Beleuchtung, Heizung, Jalousien oder Alarmanlagen
ermöglicht, sondern auf Wunsch auch Waschmaschine und
HiFi-Anlage in das System mit einbezieht.
20
Einer der Technologieführer auf diesem Sektor ist die
vom Fünffach-Modul mit zentralem Drehregler und Dis-
Busch-Jaeger Elektro GmbH, die bereits sehr früh die viel-
play bis zum Dreifach-Schalter. Das elegante, flache Design
fältigen Möglichkeiten der Bustechnik erkannt hat. Der
des Busch-priOn®-Systems, formal konsequent ergänzt
Marktführer, der für seine Kunden ein Produktportfolio von
durch Steckdosen aus den Busch-Jaeger Programmen pur
über 5.500 Artikeln bereithält, hat durch Kooperationen mit
edelstahl und c a r a t®, harmoniert perfekt mit einem Inte-
Premiummarken die perfekte Vernetzung mit der Unter-
rieur, das Bodenbeläge aus Parkett und Naturstein auf
haltungselektronik, der Küchentechnik und der Badtechnik
allen Etagen mit abgestuften Weiß- und Grautönen sowie
realisiert.
schwarzen Akzenten kombiniert. In Verbindung mit meh-
Warme Holztöne treffen in
allen Etagen auf ein bevorzugt
in Weiß- und Grautönen gehaltenes Interieur. Wände und
Decken sind gezielt als Reflexionsflächen genutzt.
reren Displays und rund 140 Schaltaktoren steuern die
Intuitiv bedienbare Haustechnik
Busch-priOn®-Module nahezu alle Funktionen der Elektro-
Die Bauherren der im April 2009 fertiggestellten Villa nahe
technik im Gebäude und in den Außenanlagen. Geschätzte
Frankfurt entschieden sich für die Edelstahl-Variante, die
21 Kilometer Kabel wurden hier von Dörflinger Elektrotech-
sich durch ein weiteres besonderes Merkmal auszeichnet:
nik aus Liederbach in 500 Stromkreisen installiert.
Die matt schimmernden Oberflächen sind durch eine inno-
Geschäftsführer Andreas Dörflinger: „Uns kam es bei der
vative Beschichtung geschützt, die Fingerabdrücke zuver-
Elektroplanung darauf an, alle Ausstattungswünsche des
lässig verhindert. 55 Busch-priOn®-Module wurden in dem
Bauherrn so zu erfüllen, dass eine intuitive Bedienung auch
von der Architektengemeinschaft Ströbel & Gnabs aus Hof-
für Kinder und Gäste gewährleistet ist.“ Dies wurde insbe-
heim konzipierten viergeschossigen Wohnhaus installiert –
sondere in Form einer durchgängigen Belegung der Funk-
22
puls 02 | 2010
tionstasten der Busch-priOn®-Module erreicht. Egal, in wel-
Beheizt und mit warmem Wasser versorgt wird das Gebäu-
cher Etage und in welchem Raum man sich befindet,
de mit einer Luft/Luft-Wärmepumpe, von der aus warme
immer schaltet der oberste Taster das Licht ein und aus, der
Luft über im Fußboden verlegte Lüftungskanäle zu den
darunter liegende eine individuell für jeden Raum pro-
Ausströmern in den Außenwänden gelangt. Auf dem glei-
grammierte Szene und der dritte die Jalousie. Diese konse-
chen Weg erfolgt im Sommer die Klimatisierung des Hau-
quente Belegung wird unterstützt durch die eindeutige
ses. Zuständig für die Luftqualität ist einmal mehr das
Symbolik der hinterleuchteten Icons der Busch-priOn®-
KNX-System, das über Sensoren gesteuert für eine automa-
Wippen. Sollte es technische Probleme geben – beispiels-
tische Frischluftzufuhr sorgt. Der Spagat zwischen Effizienz
weise weil starker Wind die korrekte Jalousiefunktion
und Atmosphäre gelang Lichtplaner Michael Wichelhaus
beeinträchtigt – warnen blinkende LEDs. Eine ähnliche Sig-
von der Overdick GmbH in Neu-Isenburg durch eine ideen-
nalisierung erfolgt auf allen Etagen, wenn die Einbruch-
reiche Kombination aus LED-Komponenten sowie Halogen-
meldeanlage anspricht, die alle Bereiche des Hauses und
Hoch- und Niedervoltleuchten, wobei hier bereits die neu-
der Außenanlagen überwacht und perfekt in die Gebäude-
en, energiesparenden ECO-Leuchtmittel zum Einsatz
systemtechnik integriert ist.
kamen. Eine wichtige Rolle für die Lichtwirkung spielen
Wände und Decken des Gebäudes, die gezielt als Refle-
Höchstmaß an Energieeffizienz
xionsflächen genutzt werden. Auch bei der Lichtgestaltung,
Höchste Effizienz bei maximalem Komfort stand im Las-
die Architekturdetails des Hauses geschickt in Szene setzt,
tenheft der Planer in Sachen Heizung und Klimatisierung.
überzeugt die von den Busch-priOn®-Modulen gesteuerte
23
KNX-Installation durch höchsten Komfort, feinfühlige
Regelung der Helligkeit und einfache Bedienung. Die Freiflächen rund um das Gebäude werden bei Dunkelheit
durch energiesparende Außenleuchten illuminiert,
bestückt mit Leuchtstofflampen und LED-Leuchtmitteln.
Ebenfalls einbezogen in die nahezu lückenlose KNX-Steue-
Höchste Effizienz bei maximalem Komfort: Die Sensoren
des installierten KNX-Systems
sorgen für eine automatische
Frischluftzufuhr sowie für eine
individuell programmierbare
Steuerung der Beleuchtung.
rung: vier künstlich angelegte Wasserläufe und die Gartenbewässerung. Feuchtigkeitsfühler steuern die Bewässerung
vollautomatisch aus dem Reservoir einer vom Regenwasser
gespeisten Zisterne. Sollte der Wasservorrat nicht ausreichen, wird automatisch Frischwasser zugeführt. Wie überall im Haus gilt auch hier: eine manuelle Beeinflussung der
individuell voreingestellten Automatikfunktionen ist
jederzeit auf Fingertipp an allen Touchscreen-Displays im
Gebäude möglich. Weitere Highlights der Elektroinstallation sind die Multiroom-Audioanlage, die perfekten Musikgenuss in nahezu allen Räumen ermöglicht, und der großzügige Wellnessbereich im Untergeschoss. Um den Saunagang vorzubereiten, reicht eine Berührung am KNX-Display, und schon startet der Saunaofen sein Aufheizprogramm. Für Benjamin Schneider, zuständiger Projektleiter
von Dörflinger Elektrotechnik, ist das Wohnhaus bei Frankfurt ein hervorragendes Beispiel dafür, welche phantastischen Möglichkeiten KNX-basierte Elektroinstallation heute nicht nur im Industrie- und im Zweckbaubereich, sondern auch jedem privaten Bauherrn bietet. „Angst vor der
vermeintlich komplexen Technik ist unbegründet“, betont
Schneider. „Mit dem richtigen Konzept und bedienungsfreundlichen Komponenten eröffnet KNX für den Wohnkomfort ganz neue Dimensionen.“
Projektbeteiligte
Architekt
Ströbel & Gnabs GmbH, Hofheim
Lichtplanung
Overdick GmbH, Neu-Isenburg
Elektroplanung
Dörflinger Elektrotechnik, Liederbach
Integrierte Produkte von Busch-Jaeger
Der Bauherr entschied sich für die Edelstahlvariante des Busch-priOn® (Mitte). Um
die Multiroom-Audioanlage in Gang zu setzen oder den Saunagang im darunter
liegenden, großzügig gestalteten Wellness-Bereich vorzubereiten, genügt dank KNXTechnik ein Fingerdruck aufs Display der Bedieneinheit.
24
KNX-Raumsteuerung Busch-priOn®
KNX-Schaltaktoren und -Sensoren
Schalterprogramme pur edelstahl und c a r a t®
puls 02 | 2010
Vincent Callebaut
» Visionen
Schöne neue grüne Welt
Auffällig beim Blick auf visionäre Projekte im Kampf gegen den Klimawandel: Nicht mehr
das einzelne Haus steht im Fokus, sondern die integrale Planung eines Umfeldes – ob Stadt,
Oase oder Wohngebiet. Bestehende Städte sollen überlagert oder um Superstrukturen
ergänzt werden, um kleine autarke Inseln und funktionierende Gemeinschaften zu schaffen.
Vincent Callebaut: Dragonfly, New York
Der französische Architekt Vincent Callebaut hat in seinem Entwurf „Dragonfly“ die Ideen der UN-Ernährungskommission konsequent weitergedacht – und visualisiert. Angesichts des globalen Bevölkerungswachstums möchte Callebaut die Landwirtschaft in
die Herzen der Städte bringen. Sein Konzept des „Urban Farming“ soll künftig die Nahrungsversorgung in den Metropolen verbessern und die Transportwege erheblich verkürzen. Callebauts Entwurf zeigt diese Idee im Bezug auf die Dimensionen New Yorks als
vertikal übereinandergestapelte Felder, als metabolistischen Acker an der Südspitze von Roosevelt Island. Der gigantische Libellenflügel ist 700 Meter hoch und bietet 350.000 Quadratmeter Agrarfläche. Er versorgt sich selbst mit Energie aus Wind, Wasser und
Sonne, die Ausrichtung zur Sonne und die Folien an den Seiten sollen einen ganzjährigen Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse
ermöglichen. Die in Relation zur Nutzfläche überschaubar gehaltene Grundfläche wird durch eine Konstruktion möglich, die Callebaut detailgenau der Bauweise von Libellenflügeln abgeschaut hat. Im Inneren des Flügels verströmen die wabenförmig gestalteten Lofts urbanen Luxus: Großformatige Fenster geben abwechslungsreiche Blicke auf die grüne Außenhaut des Gebäudes frei.
26
puls 02 | 2010
» Visionen
Forschungsgruppe Baubotanik:
Living Plant Constructions
Bauen mit lebendem Material, das Konstruieren mit Bäumen und anderen Holzpflanzen ist der Forschungsschwerpunkt
der Gruppe „Baubotanik“ der Universität
Stuttgart. Mit der Unterstützung durch
eine temporäre und flexible Schlauch-
begehbaren Brücke wachsen und somit
eine grüne Fußgängerverbindung über
den deutsch-polnischen Grenzfluss Neiße
schaffen. Die organische Brücke ist nicht
klimaneutral, sondern bindet mittels
Photosynthese gar CO2 aus der Atmosphäre. Allerdings hat die 20 Meter überspannende Brücke eine lange Bau- bzw.
Wachszeit: Erst nach ungefähr sieben Jah-
Ferdinand Ludwig/Forschungsgruppe Baubotanik
struktur sollen junge Bäume zu einer
ren wird das aufblasbare Gerüst überflüssig und kann den Fußgängern weichen.
SMAQ: Xeritown, Dubai
Hitze, Trockenheit und extreme Temperaturschwankungen machen die Wüste zu einer lebensfeindlichen Umgebung. Und dennoch, für Dubai, eine
der am schnellsten wachsenden Städte der Welt, die einzige Möglichkeit das Stadtgebiet landeinwärts zu erweitern. Das Berliner Büro SMAQ entwarf
in Zusammenarbeit mit dem in Dubai beheimateten Büro X-Architects das nachhaltige Wohnquartier Xeritown (griech. xerós = trocken). Die Wüstenstadt, mit deren Realisierung noch dieses Jahr begonnen werden soll, schafft neuen Wohnraum für 7.000 Menschen. Mit ihrem Entwurf greifen die
Architekten Prinzipien der traditionellen arabischen Architektur auf, und mit ihrem Low-Tech-Ansatz gelingt es ihnen, günstige klimatische Bedingungen in Gebäuden und auf öffentlichen Plätzen zu schaffen. Großen Wert legen sie auf den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen und
die Nutzung erneuerbarer Energie. Der Städtebau wurde in Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen – Wind, Sonne und Wasser – entwickelt:
Zwischenräume in Windrichtung lassen die kühle Luft vom Meer in die Stadt strömen; Schutz vor der Sonne bieten sowohl die dichte Struktur und
die Nord-Süd-Ausrichtung der Gebäude als auch zahlreiche Arkaden. Die clusterförmige Anordnung der Bebauung wird durch Wasservorkommen
SMAQ
bestimmt, die unbebaut bleiben sollten.
CDMB Architects
CDMB Architects: Green Desert Mine
Der fortschreitenden Wüstenbildung ganzer Klimazonen begegnet der Architekt Christophe Barlieb mit einem innovativen Konzept künstlicher
Oasen. Riesige Aufwindkraftwerke sollen den Strom für ein energieautarkes Wüstendorf mit 1.400 Bewohnern erzeugen. Unter insgesamt vier Hektar
großen Glasschirmen wird warme Luft gesammelt, mit der mehrere Krafttürme betrieben werden. Gleichzeitig sollen darunterliegende Gärten und
kleine Seen, deren Verdunstungswasser gesammelt und zurückgeführt wird, zur Kühlung der Wohnungen und als Ackerfläche dienen. Als nahezu
komplett geschlossene Biosphäre erinnert Barliebs Entwurf an Buckminster Fullers in Cornwall verwirklichtes Eden-Projekt. Im Zusammenhang mit
den unter dem Namen Desertec bekannten Plänen gigantischer Sonnenkraftwerke in der Sahara scheint Barliebs Idee keineswegs abwegig – Israel
und Ägypten zeigten sich bereits an einer Realisierung interessiert.
tec und Arup: ECO CITY, Hamburg-Harburg
Auf dem Gelände einer ehemaligen Kammfabrik soll im
Binnenhafen von Hamburg-Harburg ein ökologisches
Stadtviertel der Superlative entstehen: Denkmalgeschütze Fabrikfassaden, Kleinturbinen der neuesten
Generation, solarbeheizte Lagergebäude und futuristische Wohntürme sollen sich zu einem Ensemble fügen.
tec architekten aus der Schweiz entwarfen in Zusammenarbeit mit dem renommierten Ingenieurbüro Arup die
neue Selbstversorger-Stadt, die ohne zusätzliche externe
Energie auskommen soll, aus konsequent ökologischen
Materialen gebaut wird und trotzdem den wirtschaftlichen Anforderungen des Investors genügt. Zwei große
Windturbinen sollen zum Markenzeichen der ECO CITY
werden und die Einmaligkeit des Projekts unterstreichen:
Noch nie wurden große Turbinen zur Stromerzeugung
direkt in Gebäude integriert. Diese Turbinen sollen über
tec architekten
10 Prozent des Energiebedarfs des gesamten Viertels
abdecken, den Rest liefern Photovoltaikanlagen und
Geothermie. Das Wasser der Elbe soll dem autarken
Stadtviertel als natürliche Kühlung dienen.
puls 02 | 2010
IwamotoScott: Hydro Net, San Francisco
Der Frage, wie San Francisco in 100 Jahren aussehen
könnte, ist der Wettbewerb „City of the Future“
nachgegangen, der vom amerikanischen History
Channel organisiert wird. Das Sieger-Büro IwamotoScott entwickelte für seine Heimatstadt das
unterirdische Netzwerk Hydro-Net, das als Verkehrsnetz für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge
dient. Gleichzeitig können auch Wasser und Energie über das Netzwerk gesammelt, gespeichert und
in der Stadt verteilt werden. Da in San Francisco bis
zum Jahr 2108 ein Anstieg des Meeresspiegels von
zwei bis fünf Metern erwartet wird, sollen die
überschwemmten Küstenstreifen als Anbaufläche
für Algen genutzt werden, die Nahrung und den
Treibstoff Wasserstoff produzieren. Dieser kann
mittels Kohlenstoffnanoröhren über das Netzwerk
verteilt werden. Futuristische Architektur markiert
die Verbindungspunkte des Hydro Nets mit der
oberirdischen Welt: Riesige Bauwerke, sogenannte
„Geothermal Mushrooms“, wandeln Erdwärme in
Energie um, die Trinkwasserversorgung der Stadt
die mit Algen bewachsenen Öko-Hochhäuser entlang der Küste San Franciscos werden die küstennahen Gebiete wieder bewohnbar.
IwamotoScott
übernehmen sternförmige Nebelfänger, und durch
» Zu Besuch
„Nachhaltiges Bauen ist in erster
Linie gesunder Menschenverstand.“
Immer wieder hat Stefan Behnisch bewiesen, dass nachhaltige Architektur
nicht auf die Energiebilanz reduziert werden sollte. Seine viel gelobten und ausgezeichneten Gebäude qualifizieren sich durch offene, einladende Strukturen,
die Kommunikation zwischen den Nutzern fördern. Technische Innovationen
und Ästhetik werden von ihm als gleichberechtigte Größen behandelt –
jüngstes Beispiel: das 2009 vollendete Hauptgebäude des Unilever-Konzerns.
Von Lasse Ole Hempel
Dass ein berühmter Vater für den Sohn nicht unbedingt
Später haben Sie diesen Ansatz in die USA exportiert und
Last und Bürde bedeuten muss, beweist der Erfolg des
für den Biotech-Konzern Genzyme den neuen Hauptsitz
Architekten Stefan Behnisch. Sein Vater Günter schuf mit
entworfen ...
dem Münchener Olympiastadion eine Ikone Nachkriegs-
Wir steckten mitten in der Planung, als George W. Bush an
deutschlands, Sohn Stefan hat sich mit Projekten wie dem
die Macht kam. Damals dachten wir, dass die nachhaltige
Neubau der Nord LB in Hannover einen Namen als ökolo-
Orientierung des Projektes dadurch gefährdet würde. Aber
gisch bewusster Gestalter gemacht, der Energiebilanz und
das Gegenteil war der Fall: Das Interesse an dem Projekt
Formwillen eindrucksvoll zu vereinigen weiß.
wuchs, auch auf Seiten des Bauherren, der übrigens ein
Transparenz und Kommunikation: Die Räume des GenzymeHauptgebäudes in Cambridge,
Massachusetts, sind um das
den Entwurf dominierende
Atrium gruppiert. Das Projekt
sollte auch die Angestellten
für ökologische Belange sensibilisieren.
Holländer ist. 2004 hat es als erstes kommerzielles GebäuHerr Behnisch, seit 1989 betreiben Sie Ihr eigenes Architek-
de die LEED Platin-Zertifizierung erhalten, die höchste Klas-
turbüro, vollends ins nachhaltige Bauen eingestiegen sind
sifizierung, die das US Green Building Council vergibt.
Sie aber offenbar mit dem Neubau des Instituts für Forstund Naturforschung im niederländischen Wageningen.
Was musste das Genzyme-Gebäude leisten, um sich diese
Das Institut war ein europäisches Pilotprojekt für ressour-
Anerkennung zu verdienen?
censchonendes und menschenfreundliches Bauen. Ein
Es handelt sich um ein hoch kommunikatives Gebäude,
Labor- und Verwaltungsgebäude für die Umweltbiologen
mit vielen Gemeinschaftsbereichen und Kommunika-
der damaligen Universität – mittlerweile ist das Institut
tionsflächen. Wir haben dort sehr gute Tageslichtbedin-
privatisiert. Die Bauherren waren natürlich damals abso-
gungen erreicht und gute, effektive Sonnenschutzeinrich-
lut die richtigen für solch ein Pilotprojekt, weil das Ver-
tungen eingebaut. Dazu haben wir ungefähr um 40 Pro-
ständnis bereits vorhanden war. Dieses Projekt hat sich
zent des Gebäudes eine Doppelfassade gezogen, um einer-
letztlich für unser Büro als ein ganz entscheidendes her-
seits den Sonnenschutz gegen Wind, Schnee und Eis zu
ausgestellt. Denn seitdem haben wir uns intensiv mit
schützen und andererseits eine Puffer-Klimazone zu schaf-
einer nachhaltigen Bauweise auseinandergesetzt.
fen. Schließlich haben wir die Betreiber eines nahe gelege-
30
puls 02 | 2010
Anton Grassl
Adam Mørk
nen Kraftwerks überzeugen können, ihren Kühlkreislauf
Prozent erst einmal gesunder Menschenverstand. Nach-
durch unser Gebäude zu schleifen. Energie, die sowieso
haltige Gebäude haben eine spezifische Architektur. Ich
vorhanden war, konnten wir für das Gebäude nutzbar
kann nicht irgendeine beliebige Architektur nachträglich
machen. Absorptionskühlgeräte und die Heizung werden
technisch hochrüsten, um diese dann in eine nachhaltige
aus dem Kühlkreislauf betrieben. Außer für den Strom ver-
zu verwandeln. Immer wenn die Architektur neue The-
wenden wir also sogenannte Abfallenergie. Wichtig war
men besetzt hatte, denken wir etwa an den Eiffelturm,
auch, dass das Gebäude seine Nutzer für das Thema Ökolo-
haben diese Themen sich stark prägend verhalten und in
gie sensibilisieren und so insgesamt ein schrittweises
einer neuen Ästhetik niedergeschlagen. Und ähnlich ist es
Umdenken in Gang setzen konnte. Der Bauherr hat etwa
jetzt bei der Nachhaltigkeit, die formal prägend wirken
bewusst keine Parkplätze zur Verfügung gestellt, dafür
wird. Gemeinsam sollten wir also durch unsere Arbeit
allerdings Monatskarten. Ich glaube, solche Einflüsse sind
daran mitwirken, dass sich eine wirklich nachhaltige
letztlich weitaus höher zu bewerten als die Einsparung,
Architektur auch im Formalen entwickeln kann. Wer das
die wir im Gebäude unmittelbar realisieren konnten.
will, sollte aber auch bereits beim ersten Entwurf Größen
Zwei Behnisch-Projekte Seite
an Seite in der Hamburger
Hafencity: Das Unilever-Hauptgebäude wurde 2009 eröffnet, im Marco Polo Tower
sind bereits die ersten
Wohnungen bezugsfertig.
wie Verschattung oder Kühlung in Betracht ziehen.
Kritiker meinen, dass Architekten lange Zeit den technischen Aspekt ihres Berufs vernachlässigt hätten. Kehrt
Wenn ich mir NordLB anschaue, fällt dann aber doch
nun mit der Belebung der nachhaltigen Architektur der
zunächst die Ästhetik ins Auge …
„Ingenieur im Architekten“ zurück?
Zum einen sicherlich, das Gebäude wurde in anderen kli-
Um nachhaltige Gebäude zu planen, muss ich als Archi-
matischen Verhältnissen gebaut als etwa das Genzyme-
tekt schon einigermaßen die Technik verstehen – weil ich
Gebäude. Die Formgebung ist hier schon durch die äußeren
sonst gar nicht die architektonischen Konsequenzen
Einflüsse geprägt. Da ist etwa die vorgelagerte Doppelfas-
abwägen kann. Und ein nachhaltiges Gebäude ist zu 60
sade, die die frische Luft aus dem Innenhof in die Büros
32
puls 02 | 2010
zieht. Sie ist aber auch Lärm- und Luftpuffer zu den befahrenen Straßen hin. 30 Prozent der elektrischen Energie, die
wir auf diesem Planeten produzieren, geht in Kunstlicht.
Wir waren damals noch nicht so weit, dass wir alles auf
LED-Technik basieren lassen konnten wie bei Unilever. Also
haben wir versucht, das Gebäude so zu organisieren, dass
80 Prozent der Jahresarbeitszeit bei natürlichem Licht stattfinden kann. Das macht viel aus und das hat unter anderem auch die Gebäudeform und den Glasanteil geprägt.
Heute würde man die Brüstungen höher dämmen. Aber
wir lernen ja auch dazu.
Sehr ehrgeizige Pläne in Sachen Energieeffizienz verfolgen
Sie aktuell in Harvard, beim Neubau eines Laborgebäudes.
In Harvard, wo wir den Allston Science Complex bauen,
wollten wir wissen, wie sich Forscher heute eigentlich in
ihren Labors bewegen. Die Theorie dahinter war die Annahme, dass sich eben die Forschung in den letzten Jahren
massiv verändert hat, das Layout der Labore dagegen aber
nicht. Also haben wir Shadow Studies betrieben, das heißt,
wir sind 14 Tage lang den Wissenschaftlern mit der Stoppuhr gefolgt. Letztlich haben wir festgestellt, dass tatsächlich heute Labors anders genutzt werden als man annimmt
und dass durch ein Umprogrammieren, eine Veränderung
des Layouts, 25 Prozent der Energie eingespart werden können. 50 Prozent der Energie in einem Labor sind nur den
Ventilatoren geschuldet. Also ist hier bereits ein gewaltiges
Einsparpotenzial. Dann haben wir zwischen dem Schreibtischbereich und den Laborbänken eine Glaswand eingeführt, mit Türen, die man leicht aufschieben kann. Dadurch
haben wir es geschafft, ein Büroklima und ein Laborklima
zu schaffen. Im traditionellen Labor sind beide Bereiche
noch in einer Raumeinheit untergebracht. Also konnten
wir das Luftvolumen, das wir wechseln mussten, erst mal
um ein Drittel senken. Im nächsten Schritt konnten wir die
Luftwechselzahlen reduzieren. Zu den Zielen gehören eine
Energieeinsparung um 60 Prozent gegenüber herkömmlichen Gebäuden und etwa 80 Prozent CO2-Reduzierung.
Wo sehen Sie selbst die größten Einsparpotenziale? In
Ihren Entwürfen präferieren Sie offenbar Effizienz
gegenüber der Möglichkeit, selbst eine regenerative Energiegewinnung ins Gebäudekonzept zu integrieren.
Dieser Bereich ist für mich weiter hinten angeordnet,
wenngleich es ein wichtiges Thema ist. Wärmeeintrag im
Sommer, geringes Heizen im Winter, effiziente Wärmetauscher, das sind alles Themen, die wichtig sind. Tageslicht,
effizientes Kunstlicht. Wir sitzen gerade an einem Projekt
mit der Firma Zumtobel, wo wir, gemeinsam mit verschiedenen weiteren Firmen wie den Klimaexperten von Transsolar oder den Lichtplanern von Bartenbach, darüber nach-
Adam Mørk
Das Unilever-Gebäude hat
nicht nur eine vorbildliche
Energiebilanz, sondern überzeugt auch durch kommunikative Strukturen und offene
räumliche Verbindungen zwischen den Ebenen.
denken, wie sich die Fassade in Zukunft entwickeln wird.
Die Ergebnisse werden auf der light+building 2010 ausgestellt. Wir gehen dem Gedanken nach, dass in nachhaltigen
Gebäuden wegen der thermischen Masse die abgehängten
Decken verschwinden werden. Die Anzahl der verschiedenen Gewerke wird geringer werden. Also werden wir veredelte Rohbauten bekommen, wie das Gebäude der NordLB
zum Beispiel – mit Bauteilkühlung und Bauteilheizung.
Wir werden wegkommen von vielen Innenverkleidungen,
hin zu thermischen Massen. Das hat natürlich Konsequenzen für die Technik. Ich will also den Rohbau dem Klima
aussetzen, um so im Sommer eine Kühlung zu erhalten. Um
die schnellen Schwankungen, die einerseits der Mensch
durch seine Anwesenheit, die Bürogeräte oder der natürliche Lichteinfall in den Räumen verursachen, auszugleichen
und zu nivellieren. Und so untersuchen wir gerade, ob
nicht die Fassaden immer intelligenter werden müssen.
Auch gerade weil ich viele der Gewerke in die Fassade integrieren kann – das heißt Verkabelung und Licht. Die Fassade ist bereits jetzt ein sehr komplexes Gewerk: Sonnenschutz und Belüftung, dann kommen noch die Wärmetauscher oder die Belüftungsmaschinen ins Spiel. Es entwickelt sich auf technischem Gebiet also einiges, was wiederum Folgen hat für die Architektur.
Sind im Unilever-Gebäude bereits Ideen einer komplexeren Fassade verwirklicht?
Unilever bedeutete sicherlich einen großen Schritt in die
richtige Richtung. Nehmen Sie die Doppelfassade, die
immer unter Architekten überbewertet wurde. Hat die
Doppelfassade sich doch immer wieder als kostenintensive Maßnahme erwiesen, die oftmals weniger gebracht hat
als erwartet. In Hamburg im Unilever-Gebäude leistet die
Doppelfassade eben das, was sie leisten muss, aber mit
einem geringeren materiellen Aufwand. Indem wir eine
Folie einsetzen, die tatsächlich viel leichter ist und
dadurch über kurz oder lang auch viel einfacher gehandhabt werden kann. Die Folie ist zugleich Sonnen- und
Windschutz und entlässt die Fassade dahinter aus der
Pflicht, unbedingt wasserdicht zu sein. Der WitterungsAdam Mørk, Torben Eskerod
schutz und der Wärmeschutz werden somit getrennt.
Das Iglu mit Wellnesskultur versöhnt: Die weißen, mit Glaselementen kombinierten Kugeln des neuen Thermalbads Bad Aibling (oben) sind innen wie die Gewölbe einer Sternwarte bemustert. An aufgezogene Schubladen erinnert das 2002
eröffnete Gebäude der Norddeutschen Landesbank in Hannover (rechts). Behnisch
Architekten sorgten hier für innovative Belüftungs- und Verschattungstechniken.
34
Das Unilever-Gebäude steht auch ganz im Zeichen von
Transparenz und Kommunikation. Sind dies die Themen,
die Sie besonders umtreiben?
Wenn wir Nachhaltigkeit rein quantitativ betrachten, auf
Kilowattstunden pro Quadratmeter pro Jahr, dann kommt
am Ende oft ein ganz scheußliches Gebäude heraus, das
niemand benutzen mag. Das heißt, ich muss immer auch
das Leben berücksichtigen, das in den Gebäuden stattfindet. Die große Frage, die wir uns hinterher immer stellen
puls 02 | 2010
Martin Schodder
müssen: War es das Gebäude wert, gebaut worden zu sein?
Aus funktionaler, menschlicher, kultureller und technischer Sicht. Alle Betrachtungsweisen sind hier entscheidend. Deshalb gehört der Aspekt der Kommunikation auch
zu den nachhaltigen Qualitäten eines Gebäudes. Dazu
kann es etwa gehören, dass Gebäude nicht nur horizontal
gedacht sind, sondern auch vertikal. Die Amerikaner
haben hier den Begriff des pancaking – das Stapeln von
Pfannkuchen. Wir Architekten neigen dazu, horizontal in
Grundrissen zu denken. Dabei sollen wir vielmehr die
dreidimensionalen Zusammenhänge beachten. Oftmals
stellen sich vertikale Verknüpfungen als die wichtigeren
heraus. Außerdem bringe ich die Nutzer so dazu, vermehrt
die Treppen zu benutzen und eben nicht auf die Fahrstühle zu warten. Denn Fahrstühle verbrauchen viel Energie.
Seit 1989 führt Stefan
Behnisch in Stuttgart ein
eigenes Architekturbüro.
Behnisch Architekten leitet
er gemeinsam mit den
Partnern David Cook und
Martin Haas. Im Zuge
eines verstärkten Engagements auf dem amerikanischen Markt wurden
Dependancen in Boston
und im kalifornischen
Venice eröffnet.
35
» Rückblende
Die Urahnen des Busch-Comfortpanel®
Der intelligente Umgang mit Energie steht nicht erst seit heute im Mittelpunkt des Busch-Jaeger Portfolios. Ein Blick zurück auf die Entwicklung
des Systems Busch-Timac X-10® zeigt, wie viel sich seitdem in Sachen
Gebäudeautomation getan hat und welche Entwicklungen nötig waren,
damit sich Produkte wie das Busch-Comfortpanel® durchsetzen konnten.
Von Dagmar Hohnecker
„Die Timac X-10 Technik von Busch-Jaeger macht die vor-
einheiten steuern. Zudem ließ sich auch bereits diese Lösung
handene Installationstechnik im Schulgebilde intelli-
problemlos in die vorhandene Hausinstallation integrie-
gent“, heißt es in einem Werbefilm aus dem Jahr 1987, der
ren. Später entwickelte Busch-Jaeger den Busch-Netzbus X-
auf der Videoplattform YouTube abrufbar ist. „So können
10®, der 1995 als Patent angemeldet wurde. Doch bald wur-
Sie Energie sparen, Kosten senken, ohne sich dabei einzu-
de auch dieses System weiterentwickelt, und auf dem
schränken“, klärt die sonore Sprecherstimme auf. Schon
Bereich der Gebäudeautomation bildete sich ein Firmen-
damals in den Pionierzeiten der modernen Gebäudeauto-
konsortium, die Konnex Association mit mittlerweile mehr
mation ließen sich mit Timac X-10 alle Funktionen eines
als 80 Partnern. Busch-Jaeger entwickelte auf Basis der EIB/
Gebäudes zentral steuern. Die Technik basierte auf der
KNX-Technologie die Systeme Busch-Powernet® KNX bzw.
Idee, die vorhandene Infrastruktur mittels neuer Technik
Busch-Installationsbus® KNX weiter. Mittlerweile hat sich
zu nutzen. Denn gerade bei geringen Datenmengen kann
der KNX zum weltweit einzigen offenen Standard für Haus-
das einfache Stromkabel problemlos und effektiv zur
und Gebäudesystemtechnik etabliert. Sensoren und Touch-
Datenbahn werden. Power Line Communication (PLC) lau-
panels, die heute in der Wand eines zukunftsfähigen Hauses
tet der Fachbegriff für diese Datenübertragung via Steck-
installiert sind, erinnern nur noch rudimentär an den Vor-
dose. So lassen sich über das vorhandene Stromnetz eines
läufer Busch-Netzbus X-10®. Wir haben es mit intelligenten
Gebäudes Informationen über Schaltvorgänge, Dimm-
Geräten zu tun, die stets aktuelle Informationen über den
funktionen oder Temperatur transportieren. Busch-Jaeger
Zustand des Hauses liefern und selbst komplexe Gebäude
optimierte so in den achtziger Jahren den Energiever-
mit wenigen Aktionen bedienen lassen. Das Busch-Com-
brauch von Schulen, indem Beleuchtung, Verschattung
fortpanel® oder die Bedieneinheit Busch-priOn® stehen für
und Raumtemperatur über das Stromkabel gesteuert
Eleganz, Exklusivität und intuitive Bedienung und bewei-
wurden. Einsparungen von bis zu 25 Prozent ließen sich
sen, dass die Gebäudesystemtechnik endgültig den Kinder-
damit erzielen. Das System Timac X-10® konnte bis zu 256
schuhen entwachsen und zu einer verlässlichen, unver-
einzelne oder in Gruppen zusammengeschlossene Geräte-
zichtbaren Größe der Gebäudeautomation geworden ist.
36
puls 02 | 2010
1
4
2
3
1 | Intelligente Installationstechnik: Mit dem Busch-Timac X-10® wurde Busch-Jaeger 1981 zum Vorreiter der Gebäudesystemtechnik.
2 | Szenen aus einem Busch- Jaeger Werbefilm aus dem Jahr 1987, der auf der Videoplattform YouTube abrufbar ist.
3 | Kontroll- und Steuereinheit des Busch-Timac X-10® 4 | 2008 präsentierte Busch-Jaeger das Busch-Comfortpanel® und damit
eine neue komfortable Kontroll- und Meldeeinheit für die Systeme Busch-Installationsbus® KNX und Busch-Powernet® KNX. Die
Bedienung erfolgt per Touchscreen.
37
» Material
Organisches Material
Materialien sind die Seele der Architektur. Sie geben
Gebäuden Charakter und Räumen Atmosphäre. Doch
was denken Architekten über „Material-Klassiker“
heute? puls hat sie zu ihren Ansichten befragt.
Antworten von Didier Brault, Partner bei Jean Nouvel, Paris
Architekten sind es gewohnt, bis zur kleinsten Fuge alles zu kontrollieren. Inwieweit ist dies bei „lebendigem“ Material möglich?
Der Architekt definiert den Rahmen und die Grenzen der Intervention, danach hängt das Wachstum der Pflanzen von der Pflege ab.
Interessant ist es, mit und nicht gegen die Pflanzen zu planen. Beim
Musée du Quai Branly waren es weniger die Architekten als die Feuerwehrleute, die nervös wurden: Sie befürchteten, dass die Entwicklung
der Vegetation die Öffnung der Fensterrahmen behindern würde.
Wie wirkt die grüne Wand in Paris auf die Passanten?
Die 20 Meter hohe grüne Wand beschäftigt die Passanten sehr, die
Menschen posieren unaufhörlich vor der grünen Fassade. Während
des Entwurfs waren wir sehr besorgt, dass die Wand, die bis auf den
Bürgersteig hinabreicht, womöglich beschädigt wird. Es gibt sicherlich Leute, die respektlos Teile von Pflanzen abreißen oder Blumen
pflücken, aber insgesamt läuft es sehr gut.
Eine grüne Fassade ist mit hohem Pflegeaufwand verbunden.
Lohnt sich die Mühe im Sinne einer nachhaltigen Äthetik?
Eine grüne Wand erfordert in der Tat ein Bewässerungssystem und
eine Tropfenversorgung der Pflanzen mit einer Nährlösung. Der Aufwand ist allerdings sehr niedrig und hängt von der Auswahl der
Pflanzen ab. Es gibt Arten, die wenig Licht benötigen und auch unter
besonderen Bedingungen gedeihen – wie parasitäre Pflanzen etwa.
Eine grüne Fassade trägt in jedem Fall zur ästhetischen Qualität der
gebauten Umwelt bei und muss unbedingt als Erweiterung der
Musée du Quai Branly
Roland Halbe; Raumprobe
architektonischen Formensprache gesehen werden.
Busch-Jaeger und SmartEnergy – der
intelligente Weg zu mehr Energieeffizienz
Klimaschutz beginnt mit einem Weniger an verbrauchten Ressourcen und kann bereits in den
eigenen vier Wänden äußerst effektiv verwirklicht werden. Viel kann mit einer verbesserten
Transparenz erreicht werden: Sparen und nachhaltiger Verbrauch – ermöglicht durch die optimale Aufbereitung wichtiger Informationen. Hier kommen die Elektronischen Haushaltszähler
(eHz) ins Spiel, die seit dem 1. Januar 2010 in Deutschland bei Neubauten und Kernsanierungen
Pflicht sind. Sie schaffen die Voraussetzung für das sogenannte Smart Metering, den Datentausch zwischen Kunde und Energieversorger. Ein flexibles Reagieren auf Tarife oder zu hohen
Energieverbrauch folgt im nächsten Schritt. Busch-Jaeger liefert Technologien, die auf die neuen
Möglichkeiten reagieren, den Verbrauch drosseln, bares Geld sparen und so gleichzeitig das Klima schonen. Durch SmartEnergy wird jedes Gerät im ganzen Haus erfasst, und über ein Bedienelement wie das Busch-Comfortpanel® kann der Verbraucher gezielt die Energieeffizienz seines
Hauses für Strom, Gas, Wasser, Heizöl oder Wärme selbst in die Hand nehmen.
40
puls 02 | 2010
» Einblicke
Stromanschluss
Bidirektionale Kommunikation zu Netzbetreiber, Drittanbieter Energiemarkt etc.
Kommunikation zu Verbrauchsabrechnung/
Zähler (Strom, Wasser, Heizung, Gas)
EEBus Kommunikationzwischen elektronischen Geräten, Steuerungszentrale und
Energiespeicher
04
02
Mehr Energieeffizienz durch
Smart Metering: Die Elektronischen Haushaltszähler (eHz)
sammeln Informationen, der
Energiedaten Gateway (MUC)
organisiert den Datenaustausch zwischen Energieversorger und Endverbraucher
und kommuniziert mit allen
Sensoren und Verbrauchsstellen im Haus.
01
03
01 Energiedaten Gateway (MUC)
02 Busch-EnergyDisplay 1,5“
03 Busch-EnergyControl 3,5“
04 Busch-ComfortPanel
Haussteuerung plus Energiemanagement
Die Ziele, den Energieverbrauch transparenter abzubilden
und Ressourcen sinnvoller einzusetzen, standen Pate bei
Entwicklungen wie dem Energiedaten Gateway (MUC) oder
dem Software-Update zum Busch-Comfortpanel®.
Busch-Jaeger bietet somit eine intelligente Systemlösung,
die wichtige Informationen verknüpft: Die Verbrauchsdaten aller Geräte werden gesammelt, der Austausch mit dem
Energieversorger ermöglicht den Vergleich der Tarife, und
die Haussteuerung übernimmt schließlich das effiziente
individuelle Energiemanagement. Der aktuelle Verbrauch
an Strom, Wasser, Gas oder Heizöl wird zentral und übersichtlich angezeigt. Der Verbrauch lässt sich visualisieren,
und Tarifprognosen sind über einen längeren Zeitraum
Das Busch-EnergyControl 3,5 (links) bildet den aktuellen und prognostizierten
Verbrauch grafisch ab. Einzelne Geräte lassen sich mittels Touchscreen abschalten. Mit dem Busch-EnergyDisplay 1,5 (rechts) sind Verbrauch, Kosten sowie
eine Tarifprognose ablesbar. Aktuell günstige Tarife werden farblich markiert.
ablesbar. SmartEnergy fügt sich in das Konzept eines intelligenten Hauses, das in jedem Raum über Sensoren verfügt.
Wird etwa die Anwesenheit von Personen registriert, können Licht und Wärme angepasst werden. Bei geöffneten
Fenstern schaltet die Heizung ab. Zu später Stunde regelt
die Nachtabsenkung die Temperatur. In Zukunft könnten
die Wasch- oder Spülmaschine genau zu Billigstromzeiten
in Betrieb gehen. Und bald wird womöglich das Elektroauto seine Batterien mit Solarstrom laden, den die eigene
Photovoltaikanlage liefert. Im Sinne der technischen Evolution des Lebensraums Haus hat Busch-Jaeger mit dem BuschEnergyControl 3,5 und dem Busch-EnergyDisplay 1,5 ergänzend zum Busch-Comfortpanel® zwei weitere leicht bedienbare Kontroll- und Regelinstrumente entwickelt. Diese bilden die benötigten Informationen grafisch ab oder zeigen
sie kompakt auf dem Display an. Ein bequemes, direktes
Eingreifen ins Energiemanagement ist jederzeit möglich.
Im Busch-Comfortpanel® vereinen sich sämtliche Steuerungsoptionen im Haushalt
– von Heizung, Jalousien und Lichtsteuerung über alle Elektrogeräte und Alarmmelder bis hin zu Kommunikations- und Unterhaltungsmedien. Der aktuelle Verbrauch
wird angezeigt, und jedes angeschlossene Gerät kann direkt gesteuert werden.
41
» Denkanstoß
Mit welchem Speichermaterial arbeitet die
Niedrigenergie-Klimaanlage
im SurPLUShome?
Thomas Ott
puls stellt in jeder neuen Ausgabe eine
Preisfrage. Die Gewinner erhalten eine
Belohnung in Form eines Buchpreises.
Ausfüllen, kopieren und faxen an:
+49 (0)1805-66 99 09
E-Mail an: [email protected]
Ja, ich will. Bitte senden Sie mir „puls“ künftig
regelmäßig frei Haus zu.
Vorschau puls 03/2010:
Sportstätten
Antwort
puls 03/2010 widmet sich den neuen Kathe-
Die Niedrigenergie-Klimaanlage des SurPLUShome arbeitet mit
kämpfen erst ihren Reiz verleihen.
dralen des Sports, die internationalen Wett-
Name
Rainer Rehfeld/artur
Büro
Straße
PLZ/Ort
Impressum
Telefon
puls
Zeitschrift für Bewegung in der Architektur
Fax
Herausgeber:
Busch-Jaeger Elektro GmbH
Freisenbergstr. 2
58513 Lüdenscheid
www.busch-jaeger.de
E-Mail
Zu gewinnen:
Unter allen richtigen Einsendungen verlost Busch-Jaeger je ein
Exemplar der Bücher Vertikale
Gärten, erschienen in der Deut-
Verlag:
Gesellschaft für Knowhow-Transfer
in Architektur und Bauwesen mbH
70771 Leinfelden-Echterdingen
www.gkt-publishing.de
Redaktionsteam Busch-Jaeger:
Dieter Lautz, Tobias Schlitzer,
Christiane Schulte, Mirko Simon
schen Verlags-Anstalt, sowie
Architecture of Change 2 aus dem
Gestalten-Verlag.
Redakteure Gesellschaft für Knowhow-Transfer:
Lasse Ole Hempel, Britta Rohlfing
Einsendeschluss: 15. Juni 2010.
Printed in Germany – Imprimé en Allemagne
Der/die Gewinner/in wird in der
© by Busch-Jaeger
Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere das Recht auf Verbreitung, Nachdruck von Text und Bild, Übersetzung in
Fremdsprachen sowie Vervielfältigung jeder Art durch
Fotokopien, Mikrofilm, Funk- und Fernsehsendung für alle
veröffentlichten Beiträge einschließlich aller Abbildungen.
Änderungen und Irrtümer vorbehalten.
nächsten Ausgabe veröffentlicht.
Gewinner des letzten Preisrätsels:
Eberhard Ritz, Viechtach, und
Hans Houben aus Stolberg.
®
Auf Effizienz programmiert.
Auf Komfort eingerichtet.
DIE NEUE GENERATION DER HAUS- UND GEBÄUDESTEUERUNG.
ERLEBEN SIE ES. // www.BUSCH-JAEGER.de
MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R
Energieeffizienz
puls 02 | 2010
Living Space
Null-Energie-Haus
surPlushome
von Manfred Hegger
Vernetzung und Automation –
Das intelligente Gebäude
Busch-ComfortPanel ®
Quo vadis, Nachhaltigkeit?
Öko-Konzepte – zu Besuch
bei Behnisch Architekten
www.BUSCH-JAEGER.de
02 | 2010
Herunterladen