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MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R
Hybride Gebäude
puls 01 | 2014
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Interview mit Wiel Arets
Köbogen – Daniel Libeskind
ordnet Düsseldorfs City neu
Hybrid – die Kunst der wilden Mischung
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Die Zukunft ist da.
01 | 2014
» Editorial
Seit der Ausgabe 1/2012 ist puls auch als kostenlose
App-Version für iPhone, iPad oder iPod touch erhältlich. Dieses Mal bietet die App unter anderem zusätzliche Bilder des Bürobaus in Haarlem, der durch Theatertechnik zum Veranstaltungsraum wird.
Katrin Förster (Busch-Jaeger) im Gespräch mit Vanessa Brady
Zur Sache: Innenarchitektur & Networking
puls im Gespräch mit Vanessa Brady, Interior Design Services, London
Als renommierte Innenarchitektin planen Sie
Welche Vorteile kann ein ausgedehntes Netz-
tionsproblematik und ein Beitrag zu mehr
weltweit exklusive Innenräume. Was macht
werk für das Erreichen von Zielen in diesem
Sicherheit und die Aufrechterhaltung hoher
gute Innenarchitektur für Sie aus?
Beruf haben?
Standards sein kann.
Als Designerin verkaufe ich Ratschläge. Ich
Das Leben ist sehr kurz, ich möchte positive
war immer der Meinung, dass diese gemessen
Menschen um mich haben. Ich weiß, dass ich
Widmen Sie sich als Innenarchitektin auch
und bewertet werden sollen, damit der Kunde
keine Zeit mit unprofessionellem Verhalten und
Fragen der Gebäudeautomation?
genau weiß, was er bekommt. Klare, objektive
unprofessionellen Menschen verschwenden
Auf jeden Fall. Eine Immobilie ohne Gebäude-
Geschäftsbedingungen sind der Schlüssel zum
darf, auf keiner Ebene. Ich mache Geschäfte mit
steuerung könnte die enormen Funktionen
Erfolg. Die einzelne Design-Empfehlung ist
Menschen, das Geld kommt dann automatisch.
moderner Anwendungen, die ich angebe und
empfehle, nicht bewältigen. Forschung und Ent-
individuell, die Richtlinien sollten jedoch branIn dieser Ausgabe von „puls“ beschäftigen wir
wicklung erlauben es mir, eine funktionierende
uns vorwiegend mit hybriden Gebäuden – was
Infrastruktur zu schaffen, in der innovative Pro-
Sie sind Präsidentin und Gründungsmitglied
verbinden Sie mit diesem Begriff?
dukte ihr Potenzial voll ausschöpfen können.
der Society of British Interior Design, sitzen in
Gerade in diesem Jahr betreue ich an der Arts
zahlreichen Jurys und schreiben eine monatli-
University Bournemouth die Abschlussprüfun-
Hat schon einmal ein besonders designter Schal-
che Kolumne. Sind Sie ein echtes Multitalent?
gen für Innenarchitektur. Dort wurde ein For-
ter Ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen?
Nein, ich bin nur eine Designerin mit unter-
schungsprojekt zu hybriden Gebäuden im Kon-
Oh ja, ich habe in meinen Leistungsbeschrei-
nehmerischen Fähigkeiten oder eine
text der weltweiten Katastrophengebiete und
bungen zahlreiche Ein-, Zwei- und Drei-Weg-
Geschäftsfrau in Sachen Design. Ich habe ein
Überschwemmungen in Auftrag gegeben. Das
Schalter sowie Multifunktions-Isolierplatten
Faible für hervorragende Leistungen und
Erstellen vorgeformter Einheiten beseitigt auf
verwendet. Aber als ich Busch-priOn sah, ist
Geschäftsentwicklung in der Kreativwirt-
lokaler Ebene vielfältige Probleme. Ich denke,
mir klar geworden, wie sehr sich die Branche
schaft und unterstütze dies mit Nachdruck.
dass dies eine perfekte Antwort zur Investi-
weiterentwickelt hat, seit ich angefangen habe.
chenweit gelten.
02
puls 01 | 2014
Hybrid – die Kunst der wilden Mischung > S. 4
Büro mit Flaschenzug > S. 10 Daniel Libeskinds
Kö-Bogen > S. 14 Glitzernde Türme in Abu Dhabi
> S. 20 Visionäre Multifunktionsgebäude > S. 28
„Ein hybrides Gebäude ist schön“ > S. 32 Die
Textilfassade für die King-Fahad-Nationalbibliothek
in Riad > S. 38 Busch-free@home – eine neue
Dimension der Haussteuerung > S. 40
04
10
14
22
Titelbild: DBI Design
Bildbearbeitung:
Raphael Pohland / Minister von Hammerstein
28
Macro
Hybrid – die Kunst der wilden Mischung
von Jochen Stöckmann
Micro
Werbeagentur in Haarlem – ein Büro
verwandelt sich in einen Veranstaltungsraum
Praxis I
Mit dem Kö-Bogen-Areal ordnet Daniel
Libeskind Düsseldorfs City neu
Praxis II
Etihad Towers – der Hotel-, Wohn- und Bürokomplex in schwindelerregender Höhe
Visionen
Hybride Gebäude von morgen
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Zu Besuch
Flexible und wandlungsfähige Gebäude –
Wiel Arets über hybride Architektur
Material
Prof. Eckhard Gerber über
textile Fassadengestaltung
Einblicke
Busch-free@home – das Zuhause mit dem
Tablet oder Smartphone steuern
Denkanstoß
Die Preisfrage zum aktuellen Thema
Impressum
03
Emile Ashley
» Macro
Allzweckraum mit multifunktionalen Möbeln: Für das Kultur- und Bibliothekszentrum im
norwegischen Vennesla entwickelten Helen & Hard rippenförmige Holzkonstruktionen, die
zugleich Sitzgelegenheit und
Bücherregal sind (links).
Hybrid – die Kunst der
wilden Mischung
Flexibilität und Multifunktionalität sind Eigenschaften, die von den Gebäuden
unserer Zeit verlangt werden. Folgerichtig findet der Hybrid, der mehrere
Gebäudeformen räumlich oder temporär in sich vereinigt, immer mehr
Anhänger. Zeit also für eine Begriffsbestimmung und für einen genauen Blick
auf Projekte, die mehrere Einzelteile zu einem neuen Ganzen fusionieren.
Von Jochen Stöckmann
„Das Gebäude sieht aus wie ein Berg, nicht weil es einen
Die Stärken einer Sowohl-als-auch-Architektur
Berg symbolisieren soll, sondern weil es wie ein Berg
Als Technik ist collagieren, wörtlich übersetzt: kleben oder
funktioniert.“ Den Hybridcharakter, die Doppel- und
leimen, nicht empfehlenswert. Es sei denn, materialbe-
Mehrfachfunktionen seiner Entwürfe, stellt BIG-Chef
wusste Könner wie NL Architects sind am Werk. Die
Bjarne Ingelsen gerne augenfällig – und wortreich – zur
damals noch jungen Niederländer reüssierten 1998 mit
Schau. Etwa bei The Mountain, einem Apartmentkomplex
ihrem ersten Projekt WSO8, einer Wärmetauscherstation
in Kopenhagen, der mit vorgelagerten Gartenterrassen
bei Utrecht, die von außen wirkt wie eine abstrakte, form-
über einem Parkhaus aufgetürmt ist. Nicht nur in den
schöne Skulptur. Entscheidend war eine Polyurethanhaut,
Naturwissenschaften gilt ein Hybrid, die Kreuzung von
mit der die Architekten sich über allzu starren Definitionen
zwei oft sehr unterschiedlichen Pflanzen, als besonders
hinwegsetzten. Bei der Entwicklung eines Hybrids näm-
anpassungs- und widerstandsfähig. Aber was in freier
lich ist die säuberliche Abgrenzung separater Elemente wie
Wildbahn als Mischling nahtlos zusammenwächst, lässt
Dach, Wand und Boden nur hinderlich. Und auch eine frü-
sich in der Architektur nicht einfach mechanisch
he Festlegung auf Ziegel für das Dach, Putz für die Fassade
anschrauben oder -flanschen. Wenn also das Hybridhaus
oder Beton für Wände und Decken führt selten zum Ziel.
eine Vielzahl ökologischer, sozialer und nicht zuletzt öko-
Dabei hatten NL Architects mit ihrer „Verpackung“ für die
nomischer Anforderungen in einem einzigen Baukörper
Wärmetauscherstation mehr im Sinn als nur die Kombina-
integrieren soll, dann setzt dies planerisches, konstrukti-
tion von technischer Infrastruktur mit Kunst im öffent-
ves Denken voraus. Davon war bis vor wenigen Jahren,
lichen Raum. Es war von vornherein damit zu rechnen,
etwa in den eher künstlerisch orientierten Manifesten
dass der Standort von WOS8 hinter einem idyllischen Bau-
der Postmoderne, selten die Rede. So gab Robert Venturi
ernhof sich binnen weniger Jahre verändern würde durch
zu Protokoll: „Ich habe Dinge gern, die hybrid sind statt
die rasante Ausdehnung des benachbarten Vororts. Um
,rein', kompromissbereit statt ‚sauber', verschoben und
dem Vandalismus der Vorstadtgangs vorzubeugen, instal-
verdreht statt ,geradeheraus', zweideutig statt ,klar arti-
lierten die Architekten Griffe an der Außenhaut, schufen
kuliert' ... Ich habe ein vitales Durcheinander lieber als
einen regelrechten Klettergarten und konnten ohne Weite-
oberflächliche Einheitlichkeit.“
res einen Basketballkorb hinzufügen. Schließlich wurden
05
Tim Hursley
auch noch Nistkästen für Mauersegler angebracht. Möglich
Der Hybrid als Anpassungskünstler
wurde diese Mehrfachnutzung durch eine Sowohl-als-auch-
Schon in den 1920er-Jahren deutete sich eine Zäsur der
Architektur, geeignet sowohl für technische Zwecke als auch
Stadtplanung an: Gegen Le Corbusiers Aufteilung der Stadt
für Sport; ein Kunstobjekt, das zugleich städtebaulicher
in Funktionszonen, seine von maßstabssetzenden Monu-
Katalysator ist. Diese Entwicklung wurde und wird angetrie-
menten im Zentrum ausgehende Hierarchisierung der
ben durch theoretische Phantasie. Aber auch handwerklich-
Gebäude sahen Ludwig Hilberseimers Stadtutopien flä-
praktische Experimente haben die Evolution des Hybrids
chendeckend alle Nutzungen in ein und demselben Gebäu-
vorangebracht: Der Architekt und Umweltaktivist Joseph F.
detyp vor. Ob Hochhausscheibe oder flacher Riegel, in allen
Kennedy hat insbesondere in Afrika auf der Suche nach
Gebäuden sollten Arbeit und Gewerbe, Wohnen und Frei-
„Appropriate Technologies“, nach regional angemessenen
zeit, Geschäft und Vergnügen gleichermaßen Platz haben.
Bautechniken, mit einem Materialmix von Lehm, Stroh und
In den Niederlanden sind aktuell mehrere Hybridbauten
Palmwedeln sowie Beton, Ziegeln oder Polyethylenfolie
von Wiel Arets zu bewundern: Auf dem Campus Hoogvliet
musterhafte Beispiele gefunden.
bei Rotterdam beispielsweise dient ein und derselbe Gebäu-
In Europa und den USA dagegen wird avancierte Technik
detypus in sechs leicht variierten Ausführungen als Sport-
eingesetzt und am Computer entworfen – mit Blick auf
zentrum Kunststudio, Büro- oder Wohngebäude. Als
neuartige Werkstoffe aus der Retorte. Bereits 1999 hat Peter
Hybridhäuser sind diese Gebäude gerüstet für fast jede
Zellner („Hybrid Space“) zusammengefasst, welche Gebäu-
Funktion, nach der konjunkturbedingt gerade die größte
de diese digitale Architektur hervorbringen kann, die aller-
Nachfrage herrscht. Mit keinem baldigen Wechsel in der
dings selten über das Rendering-Stadium hinauskommen.
Nutzerstruktur haben dagegen Gigon / Guyer bei der Ent-
Manfred Wolff-Plottegg, Wiener Ordinarius für Gebäude-
wicklung des Forum Würth im schweizerischen Rorschach
lehre, urteilt denn auch verhalten, „dass die Computerent-
kalkuliert: Ein Verwaltungszentrum wird durch die Verbin-
wicklung mit ihren neuen Geometrien ... Einiges an ver-
dung mit der firmeneigenen, hoch angesehenen Kunst-
krusteten Architekturen zumindest vordergründig auflös-
sammlung zum neuen Aushängeschild der Unternehmens-
te. Von der Pflicht, Bilder zu machen, befreit, könnten sich
kultur. Über längere Zeiträume wird innerhalb des 1993 in
Architekten wieder auf ihr Kerngebiet konzentrieren, dies
den Niederlanden aufgelegten Wohnbauprogramms VINEX
jedoch unter den neuen Regeln der Computerarchitektur.“
geplant: Um den demographischen Wandel abzufangen,
06
21C Museum Hotels heißen die
von Deborah Berke gestalteten
Kombinationen aus Hotel und
24-Stunden-Museum. Nach den
Häusern in Louisville und Cincinnati wurde 2013 ein Museum
Hotel in Betonville (Arkansas)
eröffnet (oben und rechts).
puls 01 | 2014
Tim Hursley
sind hybride Gebäudetypen für einen Funktionswechsel
migen Holzkonstruktionen gliedern den Allzweckraum,
ausgelegt, können ohne größere Umrüstung als Schule oder
wirken wie Akustiksegel, dienen als Belüftungs- und
Wohnhaus genutzt werden. Dabei muss etwa bei der Größe
Elektronikschächte, sind zugleich Sitzgelegenheit oder
der Fenster oder der Deckenhöhen darauf geachtet werden,
Bücherregal. Mit individuellen, orts- und umgebungsspezi-
dass weder die eine Funktion überbetont wird noch ein
fischen Lösungen setzt sich die Hybridarchitektur zuneh-
buchstäblich „mittelmäßiger“ Kompromiss allen Nutzern,
mend durch. Etwa in der Ausprägung des Monolithen, der
sowohl Schülern wie Mietern, nur Nachteile beschert. Meist
hinter seiner einheitlichen Fassade das ganze Spektrum
wird nach ökonomischen Gesichtspunkten entschieden:
großstädtischen Lebens zu verbergen weiß. Dabei ist allein
zugunsten der Wohnfunktion, die am Ende die größte Ren-
das kommerzielle Interesse ausschlaggebend, in einem
dite abwirft. Diesem Dilemma versucht ein Projekt des
möglichst großen Baukörper möglichst viele Nutzungen
experimentellen Wohnens vom Architektur Contor Müller
unterzubringen: Im John Hancock Center in Chicago wur-
Schlüter in Wuppertal zu entgehen: Im Inneren sind die
den 1969 Geschäfte, Parkplätze, Restaurants, Wohnungen
drei Häuser für Studierende weitgehend durch nichttragen-
und ein Fernsehstudio übereinandergeschichtet. Das Kon-
de Wände gegliedert, die Fassade besteht aus verschiebba-
zept des „One Hundred Story Building“ sah in einem einzi-
ren Holztafelmodulen. So lassen sich die Einzelapartments
gen Gebäude Fabriken, Märkte, Büros, Theater, Wohnun-
jederzeit zu größeren Wohnungen erweitern.
gen, Hotels und einen Vergnügungspark vor.
Zu den ökonomischen Faktoren kamen jüngst im Fall des
Ein Hotel, das auch Museum ist
„21c Museum Hotel“ städtebauliche Überlegungen hinzu.
Die Problematik einseitiger Prioritätsvorgaben ist vom
Im Zentrum von Louisville (Kentucky) hat Deborah Berke
Hybrid-Design seit Längerem bekannt. Wird sehr viel Wert
einen denkmalgeschützten Block von fünf leerstehenden
auf den guten Drucker gelegt, ist das Multifunktionsgerät
Lagerhäusern 2006 in eine Kombination von Hotel und 24-
als Scanner allenfalls passabel – und als Fax kaum zu
Stunden-Museum für die Kollektion der Kunstsammler
gebrauchen. Umso bemerkenswerter ist ein in jeder Hin-
Steve Wilson und Laura Lee Brown transformiert. Das Kon-
sicht ausgewogenes Modul, das Helen & Hard für den
zept scheint erfolgreich: Die Architektin konnte 2009 in
Innenausbau eines Kultur- und Bibliothekszentrums im
Cincinnati und im vergangenen Jahr in Bentonville (Arkan-
norwegischen Vennesla entwickelt haben: Die rippenför-
sas) zwei weitere „21c Museum Hotels“ bauen. Die wesent-
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liche Aufgabe bestand nicht darin, einzelne Räume für beide Funktionen nutzbar zu machen, sondern nahtlos
Museumssäle und Hotelzimmer „in einem großen Ganzen
aufgehen zu lassen“. Auch darin mag der Schweizer Architekt Piet Eckert keinen echten Hybridbau erkennen – den er
unterscheidet vom Multifunktionsgebäude. Zu sehr steht
Wie an einem Berghang
stapelten BIG in einem Kopenhangener Apartmentkomplex
vorgelagerte Gartenterrassen
über einem Parkhaus. Sie
tauften das Projekt „The
Mountain“ (rechts).
für ihn ein einseitiges Kalkül im Vordergrund: das Museum
bringt Gäste fürs Hotel. Zu wenig wird in seinen Augen
experimentiert mit Wechselwirkungen von Mehrfachnutzung, Ressourcenschonung, städtebaulicher Ausstrahlung
und neuartiger Formgebung. In nächster Zukunft schon
wäre ein Hybridkomplex denkbar, in dem die Abluft aus
Restaurants oder einer kleinen Fabrik für Wohnbereiche
genutzt wird. Realisiert hat Eckert mit seinem Zürcher Büro
e2a für die Berliner Heinrich-Böll-Stiftung einen ebenso
schlichten wie raffinierten Glaskubus, der das repräsentative Foyer samt Auditorium mit einem sparsam gebauten
Büro- und Verwaltungstrakt kombiniert. Für knapp 10 Millionen Euro Baukosten ergab das 7.500 Quadratmeter Fläche. Vor allem aber konnte der Architekt bei dieser Planung
die für ihn so wichtige Erfahrung sammeln: „Ein hybrides
Gebäude ist etwas anderes als ein multifunktionales
Gebäude: Es geht darum, aus einem Typus und der Verwendung eines anderen Typus einen neuen, dritten zu entwickeln, der eben plötzlich mehrdeutig wird. Und das kann
Iwan Baan
typologisch zu einer neuen Entdeckung führen.“
Das Terrain für solche Entdeckungen scheint derzeit nirgends günstiger als in Berlin. In der Nähe des Ostbahnhofs,
wo bisher im Rahmen einer „Mediaspree“-Planung komEine ganze Vielzahl von Funktionen vereinigt das Heydar Aliyev Center von Baku,
der Hauptstadt von Aserbaidschan – für viele Zaha Hadids „flüssigster Bau“,
der ihren postmodernen Ansatz am besten versinnbildlicht. Der Kulturblob
beinhaltet neben einer Konferenzhalle ein Museum, eine Bibliothek und ein Café
sowie weitere Funktionen (Mitte und oben). Die Berliner Büros Kleihues + Kleihues sowie Graft arbeiten derzeit an dem komplexen Holzmarkt-Projekt, zu dem
unter anderem fünf Wohnhäuser und ein stilisiertes Dorf gehören (unten).
merzielle Baublöcke wie Firmenzentralen und Event-Center entstanden, betreibt eine aus der Club- und Kreativszene hervorgegangene Genossenschaft im Gegenzug das
utopisch anmutende Holzmarkt-Projekt: Fünf Wohnhochhäuser aus Holz und Glas, untereinander verbunden durch
einen „Bergpfad“, im Zentrum ein stilisiertes „Dorf“ und
der „Mörchenpark“ für „Urban gardening“, dazu das Hotel
mit vielfältigem Zimmerangebot von der rustikalen
Schlafkoje bis zur prächtigen Suite und ein „Eckwerk“ als
Technologiezentrum für Start-ups mit studentischem Wohnen und „professioneller Landwirtschaft“ auf dem Dach.
Zwei ganz gegensätzliche Büros sollen die ausufernden Pläne in einer überzeugenden Architektur zusammenfassen –
die eher funktional und mit rationalistischem Kalkül arbeitenden Architekten von Kleihues+Kleihues und die „jun-
Graft / Kleihues+Kleihues
gen Wilden“ von Graft. Eine interessante Ausgangslage für
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den vielleicht nächsten Hybrid in Deutschland.
Jochen Stöckmann arbeitet als Hörfunkjournalist und Autor in Berlin. Bis 2000
Redakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, seither freier Journalist
u.a. für FAZ, DeutschlandRadio, deutsche bauzeitung und stylepark.com. Seit
1997 außerordentliches Mitglied des BDA Niedersachsen.
puls 01 | 2014
Bjarke Ingels Group
» Micro
Büro mit Flaschenzug
Ein paar Handgriffe genügen, um das Büroloft der Werbeagentur Heldergroen im
niederländischen Haarlem in einen variabel nutzbaren Veranstaltungsraum zu
verwandeln. Die beteiligten Architekten sprechen von einer dualen Nutzung, die in
Großstädten durchaus Nachahmer finden könnte. Der Bauherr freut sich über
einen Imagegewinn und setzt auf eine Verbesserung der „Work-Life-Balance“ sowie
ein angenehmes Betriebsklima.
Text Lasse Ole Hempel Fotos Jaroslaw
Das Konzept für die Innenräume der Werbeagentur Stu-
eine innovative Mehrfachnutzung ein und derselben
dio Heldergroen in Haarlem ähnelt im wahrsten Sinne
Räumlichkeit – eine Antwort auf steigende Mieten und
des Wortes einem Drahtseilakt. Am Morgen, wenn die
ein verknapptes Raumangebot in Metropolen.
Wie von Zauberhand verschwinden die Arbeitstische in
der Decke und machen Platz
für andere Aktivitäten (rechts).
ersten Mitarbeiter das Gebäude betreten, werden die
Bürotische aus Massivholz langsam von der Decke her-
Eine Wand aus recycelten Autotüren
untergefahren. Sie hängen an Drahtseilen, die Schränke
„Für uns war der Gedanke befremdlich, dass überall abends
stehen auf Rädchen. Mittags werden die Tische meist
die Lichter ausgehen und alle Büros leer stehen, bis am
wieder in der Decke versenkt, dann sitzt das Team um
nächsten Tagen der Erste wieder reinkommt“, betonte San-
einen großen Esstisch und macht gemeinsam Mittags-
der Veendendaal, der Chef der Agentur, gegenüber der Onli-
pause. Abends verschwinden die drei Schreibtische mit-
ne Nachrichtenplattform „spiegel-online“. Dabei handelt es
samt den Computern wieder in der Decke, die Schränke
sich beim Studio Heldergroen um keine gewöhnliche Wer-
werden zur Seite gerollt. Das etwa 200 Quadratmeter gro-
beagentur. Schon im Namen wird der besondere Schwer-
ße Büro verwandelt sich in eine Veranstaltungsfläche, die
punkt deutlich: Heldergroen bedeutet im Niederländischen
auch von Außenstehenden genutzt werden kann – für
hellgrün. Das Büro entwirft vor allem Kampagnen für klei-
Partys, Yoga-Kurse oder Kunst-Workshops, Modeschauen
nere Unternehmen, die sich für nachhaltige Ziele engagie-
oder Festessen. Das Konzept zu dem ungewöhnlichem
ren. Unter den Kunden befinden sich auch eine grüne Bank
Büro stammt von einem multidisziplinären Team, das
und das Tourismusbüro Südafrikas, das umwelt- und sozi-
sich aus dem Architekturbüro Zecc aus Utrecht, der Wer-
alverträgliche Reisen anbietet. Dass sich das Büro auch
beagentur Heldergroen und dem Möbeldesigner Teun
intensiv mit dem Thema Recycling auskennt, fällt einem
Vrolijk zusammensetzt. Die Architekten von Zecc spre-
bei eingehender Betrachtung des Interieurs ins Auge: Für
chen bezogen auf das Projekt von einer „dualen Nutzung“,
die Büroräume wurde eine ganze Wand aus platt gedrück-
für sie können die Büroräume in Haarlem Vorbild sein für
ten Autotüren gefertigt, die massiven Tische wurden aus
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puls 01 | 2014
11
ausrangierten Strommasten gefertigt. „Nachhaltigkeit
Das Studio Heldergroen ist an drei Seiten von Glas umge-
kann sehr attraktiv sein“, lautet passend dazu die Botschaft
ben – das schafft Transparenz und bietet den Mitarbei-
des Büros. Die martialisch anmutenden elektrischen Win-
tern einen fantastischen Ausblick auf den Fluss Spaarne
den, die an die Tische montiert sind und diese in die Höhe
und das Stadtzentrum von Haarlem. An einer Seite ist das
hieven, erinnern an die industrielle Vergangenheit des
Studio komplett geschlossen. Hier sind alle für das Büro
Gebäudes. Insgesamt verweisen die Gestalter durch die
erforderlichen Versorgungseinrichtungen integriert, etwa
Wahl der Materialien Beton, Holz und Stahl auf die ur-
Toilette, Garderobe, Küche, Wandschränke und Server-
sprüngliche Nutzung des Gebäudes als Silo einer Schoko-
raum. Die Wand im Großraumbüro ist funktional geglie-
ladenfabrik.
dert, wirkt jedoch aufgrund der integrierten Bänke,
Sichtbeton, Holz und Glas
sind die dominierenden Materialien des Büros. Die transparenten Fensterflächen bieten einen hervorragenden
Ausblick auf die Innenstadt
und den Fluss Spaarne (oben).
Schränke und Deckenrücksprünge für die hochgezogenen
Weiße Schläuche verbergen die Kabel
Tische plastisch.
Der Flaschenzug ist natürlich der Clou des Konzepts, er
wurde von Fachleuten für Theatertechnik entwickelt. Die
Veritable Aufwertung
Tische verschwinden in großen Boxen an der Decke, in die
Seit die neuen Räume vor vier Jahren eröffnet wurden,
LEDs und die akustische Anlage integriert sind. Die Kabel
stieß das Konzept auf positive Resonanz, und das Projekt
der Computer verlaufen in flexiblen, weißen Schläuchen,
erhielt auch viel Zuspruch von jenen, die die „Work-Life-
die normalerweise in der Medizintechnik eingesetzt wer-
Balance“ unabdingsbar für einen Unternehmenserfolg hal-
den. Die Temperaturregelung erfolgt über den polierten
ten. „Die Leute müssen gerne zur Arbeit kommen“, betont
Betonfußboden. Im Winter sorgt durchlaufendes Heißwas-
Veenendaal, der selbst oftmals bei den abendlichen Yoga-
ser für angenehme Wärme, im Sommer wird der Boden
Stunden teilnimmt. „Die Balance aus Arbeit und Büro muss
durch Kaltwasser temperiert. Die Außenluft lassen die Pla-
stimmen.“ Dazu erfuhr das Büro durch die variable Nut-
ner durch Spiralheizkörper leiten, die die Temperatur der
zung eine veritable Aufwertung, da es nicht mehr nur als
Luft entsprechend anpassen.
Arbeitsumgenbung begriffen wird. Außenstehende, die die
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Grundriss
Schnitt AA
Detail Flaschenzug
abendlichen Angebote nutzen, wurden auf die Werbeagentur erst aufmerksam. Ganz nebenbei bieten die hochfahrbaren Tische auch einen Sicherheitsaspekt: Einbrecher, die
es auf die Computer abgesehen haben, würden vor erhebli-
Projektbeteiligte
che Probleme gestellt werden.
Forsetzung folgt?
Laut Bart Kellerhuis, dem Geschäftsführer von Zecc Architecten, ist das Feedback des Auftraggebers bislang sehr
positiv. Leider hat das temporäre Hybridkonzept der
Auftraggeber
Architekten bislang noch keine Nachahmer gefunden, die
Studio Heldergroen, Haarlem
die in Haarlem realisierten Ideen für eigene Räume übernehmen oder adaptieren möchten. Denkbar wären auch
Architekten
weitere mögliche dualen Nutzungskonzepte – warum
Zecc Architekten
nicht etwa auch mal ein Büro und Café an einem Ort ver-
(in einem Team mit Studio Helödergroen und dem
binden? Bart Kellerhuis könnte sich vorstellen, den Fla-
Möbeldesigner Teun Vrolijk)
schenzug in einem größeren, multifunktionalen Gebäude
einzusetzen. Inspiration für die Heldergroen Werbeagetur
Fläche
fand Kellerhuis unter anderem bei der Art and Architec-
Circa 200 Quadratmer
ture Galeriefassade, die Steven Holl in den 1990er-Jahren
in New York verwirklicht hat: Flexible Fassadenelemente,
die den Innenraum zur Straße öffnen und für das Gebäude identitätsstiftend sind.
13
» Praxis
An der Kö
Mit dem Kö-Bogen stellt Daniel Libeskind die
historische Verbindung zwischen Königsallee
und Hofgarten wieder her. Wo vorher Straßenbahnen wendeten, ist nun ein attraktiver Büround Luxus-Shopping-Komplex entstanden – zwei
Häuser, deren beschwingte Geometrie zum
Schauen und Flanieren verführt.
Text Uta Winterhager
Im März diesen Jahres ist der von Daniel Libeskind geplante Kö-Bogen mit dem MIPIM-Award als „Best Urban Regeneration Project“ ausgezeichnet worden. Viele mag das
überrascht haben, denn die von der Stadt Düsseldorf großflächig angelegte Stadtreparatur ist bis zuletzt überaus
kontrovers diskutiert worden. Den Anstoß, über eine städtebauliche und verkehrstechnische Neuordnung des ehemaligen Jan-Wellem-Platzes in diesem Maßstab nachzudenken, gab der Bau einer neuen, unter der Innenstadt hindurchgeführten U-Bahnlinie. Der Jan-Wellem-Platz, der als
zentraler ÖPNV-Knotenpunkt keinerlei Platzqualitäten
mehr bot, lag als nahezu unüberwindbare Barriere zwischen der Königsallee und dem Hofgarten. Mit dem Bau der
U-Bahn nahm die Stadt die Gelegenheit wahr, auch den
Autoverkehr – fließend wie ruhend – unter der Erde verschwinden zu lassen. Zu einem großen Aufreger wurde
hierbei der Abriss des sogenannten „Tausendfüßlers“, einer
autogerechten Stadt 1962 als Teil einer Nord-Süd-Verbindung durch die Innenstadt gebaut wurde. Durch die Tieferlegung des Verkehrs war nun ein infrastrukturell perfekt
angebundenes Grundstück in allerbester Innenstadtlage
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Krischer Fotografie
Hochstraße, die von Friedrich Tamms mit der Vision der
Krischer Fotografie
freigeworden, und es ergab sich damit die Chance, Nutzung
dratmetern unterirdisch extrem intensiv. Dennoch gelingt
und Bebauung heutigen Bedürfnissen anzupassen. Zudem
es Libeskind, mit einer lebhaften Architektursprache auf
bot sich die Möglichkeit, die nach dem Krieg verloren
die individuellen Qualitäten des Umfeldes zu reagieren. So
gegangene historische Verbindung zwischen Königsallee
konnte auch das im Osten angrenzende Ensemble aus Drei-
und Hofgarten wieder herzustellen. Schon zu Beginn der
scheibenhaus und Schauspielhaus aus seiner Isolation
Planungen war vom Jahrhundertprojekt Kö-Bogen die Rede.
befreit und wieder in den urbanen Kontext gesetzt werden.
Düsseldorf, als schuldenfreie Großstadt eine Rarität in
Mit den zwei sechsgeschossigen Baukörpern „Haus Königs-
Nordrhein-Westfalen, konnte es sich erlauben, in dem inter-
allee“ und „Haus Hofgarten“, die sich die Adresse Königsal-
national ausgeschriebenen Bieterverfahren hohe Forderun-
lee 2 teilen, nimmt Libeskind die dichte Blockstruktur der
gen an den Verkauf des Grundstücks zu knüpfen. Innerhalb
Innenstadt auf. Er führt die Baulinie der Königsallee an der
der den zehn Teams, die sich beteiligt hatten, setzte sich
Westseite des Grundstücks fort und folgt an der dem Hof-
schließlich das Tandem von „die developer“ (Düsseldorf)
garten zugewandten Nordseite dem leichten Schwung der
und Studio Daniel Libeskind (New York) durch.
Landskrone. Mit der Verlängerung dieses Weihers im Rah-
Mit dem „Haus Königsallee“
und „Haus Hofgarten“ nimmt
Libeskind die dichte Blockstruktur der Innenstadt auf. In
Richtung des Hofgartens platzierte der Architekt eine großzügige Promenade mit vorgelagerten Sitzstufen (oben)
men der städtebaulichen Neuordnung konnte die historiDie Fassade erinnert an einen locker fallenden Vorhang
sche Gestaltung des Hofgartens von Maximilian Friedrich
Der im Oktober 2013 nach nur drei Jahren Bauzeit eröffnete
Weyhe aus dem Jahr 1804 wieder aufgenommen werden.
Büro- und Einzelhandelskomplex nutzt das 9.000 Quadratmeter große Grundstück mit einer Bruttogeschossfläche
Auf dieser der Stadt abgewandten Seite plante Libeskind
von 39.000 Quadratmetern oberirdisch und 36.000 Qua-
eine großzügige Promenade mit zum Wasser ausgerichte-
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puls 01 | 2014
Studio Daniel Libeskind; Murphy Facade Studio
Ikonographie erwünscht: Der
Wechsel zwischen verschieden
gestalteten Fassaden und die
noch weiter zu begrünenden
„Cuts“ sorgen für Dynamik
und machen aus dem Büround Shopping-Areal einen typischen Libeskind-Bau.
ten Sitzstufen. An der Ostseite, die dem Schauspielhaus
Grüne „Cuts“ und eine Fassade wie ein Barcode
zugewandt ist, und an der Südseite zur Stadt löst sich die
Auffällig – und an dieser Stelle war schon früh der Wunsch
strenge, vom Umfeld bestimmte Linienführung der Gebäu-
nach einer Architekturikone ausgesprochen worden – sind
dekontur in eine Welle auf. Wie die Fassade von Bernhard
jedoch die Fassaden der beiden Häuser. Gleich drei unter-
Pfaus benachbartem Schauspielhaus erinnert sie an einen
schiedliche Typen hat Daniel Libeskind dafür entwickelt,
locker fallenden Vorhang. Getrennt oder verbunden – je
und alle tragen deutlich lesbar seine Handschrift. Auf der
nach Sichtweise – werden die beiden Baukörper von der
dem Hofgarten zugewandten West- und Nordseite sind die
ebenfalls geschwungenen Hofgartenpassage. Vom Scha-
Fassaden vergleichsweise kleinteilig gegliedert. Dabei
dowplatz kommend führt sie direkt auf eine neu angelegte
erinnert die vertikale Struktur an einen Barcode. Durch den
Fußgängerbrücke zu, die den Passanten über den Weiher
Wechsel von hellem römischem Travertin und dunkel
zum Hofgarten leitet und den Blick von der Stadt ins Grüne
getöntem Glas entsteht eine mehrschichtig wirkende Gra-
und vom Hofgarten in die City öffnet. Die eigenwillige
fik, die die ursprünglich modulare Ordnung der Element-
Form des Grundrisses wird bis zur Traufe schlicht in die
fassade wie auch die Geschossigkeit nur noch erahnen
Höhe projiziert, sodass die beiden Baukörper im Straßen-
lässt. Wie eine Leinwand ist die Fläche vollkommen eben,
bild nicht durch eine exzentrische Kubatur auffallen, die
nur einzelne Travertinelemente, zum Lüften nach außen
dem eben so sorgsam wieder zusammengefügten Stadtbild
geschoben, durchstoßen die glatte Gebäudehülle.
nur schaden würde.
Mit tiefen Einschnitten, den sogenannten „Cuts“, greift
Libeskind ein inzwischen zu seinem Markenzeichen gewordenes Gestaltungselement auch in Düsseldorf wieder auf.
17
Matthias Kunde
Doch wo im Jüdischen Museum in Berlin schmale Schlitze
Seiten kein auffälliger Schriftzug, kein Schild und kein
Mit dem Kö-Bogen gelang eine
Licht in den massiven Baukörper fallen lassen, wird hier
Banner die rigide Gestaltung der Gebäudehülle. Für die
Verlagerung der Achse Königs-
demnächst üppig wachsendes Grün einen weiteren
Händler war dies gewöhnungsbedürftig, da auch die
allee bis zum Hofgarten. Auch
Anknüpfungspunkt zum Hofgarten bilden. Damit die
Schaufenster keine großen Flächen bieten, dabei zeigt die
das benachbarte Dreischeiben-
Pflanzen in dieser ungewöhnlichen Position auch mit-
Erfahrung der vergangenen Monate, dass die Markenar-
haus rückt näher ans Zentrum
spielen, wurden die schräg in die Stahlkonstruktion der
chitektur Zeichen in ausreichender Menge aussendet, um
heran (oben).
Cuts eingestellten Tröge mit einem eigens dafür entwi-
potenzielle Kunden anzulocken.
ckelten Heiz-, Bewässerungs- und Beleuchtungssystem
versehen, um die klimatischen Bedingungen dem Bedarf
Das Spiel unterschiedlicher Fassaden
der Pflanzen optimal anpassen zu können. Auch aus den
Ein vollkommen anderes Gesicht präsentiert der Kö-Bogen
Innenräumen – sei es Büro, Gastronomie oder Einzelhan-
auf der Innenstadtseite. An der Ecke zur Königsallee stößt
del – sind die grünen Einschnitte, die Daniel Libeskind
eine Ganzglas-Vorhangfassade mit vertikal angeordneten
gemeinsam mit dem Düsseldorfer Landschaftsplaner
starren Aluminiumlamellen als Sonnenschutz an die Tra-
Sebastian Fürst speziell für den Kö-Bogen entwickelt hat,
vertin-Glas-Fassade. Dieser harte Bruch provoziert die Seh-
in der Fassade durch eine dahinterliegende klare Vergla-
gewohnheiten, denn man mag kaum glauben, dass es sich
sung zu erleben.
hier um ein einziges Gebäude handelt. In diesem System
variierten nicht nur die Tiefe und Länge der Lamellen, son-
Obwohl umlaufend alle Erdgeschosse als Ladenlokale
dern auch ihre rhythmisch gestaffelte und nach oben hin
oder Gastronomie genutzt werden, stört an diesen beiden
zunehmend verdichtete Anordnung. Doch schon folgt nach
18
puls 01 | 2014
Krischer Fotografie
E. Breuninger GmbH
einem schrägen Schnitt ein erneuter Bruch, als würde ein
abzeichnet, wurde in den Obergeschossen mit Büronut-
Das Kaufhaus Breuninger
Vorhang zur Seite geschoben werden. Nur wenige Meter
zung eine Doppelfassade mit integriertem Sonnenschutz
bezog bereits Ende 2013 die
weiter westlich verwendet Libeskind wieder Travertin und
eingesetzt, im unteren Bereich vor den Verkaufs- und
neuen Räumlichkeiten im
Glas, an dieser Stelle jedoch horizontal gegliedert. Diese
Gastronomieflächen genügte eine Einfachfassade. Die
Shoppingareal Kö-Bogen.
urbane Interpretation der Hofgartenseite macht die sechs
bewegte Form des Gebäudes findet sich auch in bis zu
Geschosse ablesbar, doch stören einzelne verschobene Ele-
18,5 Meter tiefen Bürogrundrissen der Obergeschossen
mente die Ordnung, bevor sie allzu klassisch werden könn-
wieder, die sich der individuellen Nutzungsanforderung
te. Die Systematik dieser Fassaden erlaubt es, die Schau-
entsprechend flexibel gliedern lassen. In beiden Häusern
fenster der im Erdgeschoss liegenden Ladenlokale groß-
umschließen die Büros einen drei Etagen tiefen begrün-
flächig und offen zu gestalten und der mehrfach vor und
ten Innenhof, der nicht nur Tageslicht, sondern auch noch
zurück schwingenden Fassade in die Hofgartenpassage
einmal Grün mitten in das Gebäude bringt.
hinein zu folgen, wo sich eine zweigeschossige Brücke
daraus entwickelt, die beide Häuser in 16 Meter Höhe mit-
Nachhaltigkeit betrifft den gesamten Lebenszyklus
einander verbindet. An der hier anschließenden Ecke von
Der Ausbau der Ladenlokale erfolgte in Absprache mit
„Haus Hofgarten“, an der sich der Eingang des vierge-
den jeweiligen Mietern, die ausnahmslos alle dem Ruf der
schossigen Luxuskaufhauses befindet, wiederholt sich
Kö als Luxusmeile entsprechen. Besonders augenfällig ist
das Spiel der beiden unterschiedlichen Fassaden, wobei
der „Store“ einer kalifornischen IT-Firma, die sich durch
hier die Travertin-Glasbänder bis zur Promenade herum-
die gesamte Tiefe von „Haus Königsallee“ eine travertin-
gezogen sind. Ohne dass sich es sich nach außen hin
verkleidete doppelgeschosshohe, fast heilige Halle einge-
20
puls 01 | 2014
» Praxis
Skizze Studio Daniel Libeskind
Ansicht vom Gustav-Gründgens-Platz
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss 3. Geschoss
richtet hat, an deren Stirnseite der Blick bis in den Hofgarten fällt.
Projektbeteiligte
Es mag verwundern, aber dieser hochkomplexe Stadtbaustein ist ein „Green Building“ , das mit LEED Platinum die
höchste Stufe der amerikanischen Zertifizierung anstrebt.
Auftraggeber
Nicht nur die bepflanzten Cuts und das Gründach
die developer
machen den Kö-Bogen zu einem Grünen Gebäude, sondern insbesondere die Nachhaltigkeit seines gesamten
Architekten
Lebenszyklus – vom ressourcenschonenden Bauen, der
Studio Daniel Libeskind
Nutzung erneuerbarer Energien, Flexibilität der Nutzung,
ÖPNV-Anbindung bis hin zur Recyclingfähigkeit der Bau-
Fläche
materialen. Die besondere Leistung des Kö-Bogens
40.165 Quadratmer
besteht jedoch darin, die Stadt mit einem mutigen Schritt
für heute und morgen weiterzubauen.
Integrierte Produkte von Busch-Jaeger
Tastsensoren future linear 84; UP Bewegungsmelder
(pur edelstahl) und Präsenzmelder 6131
21
» Praxis
Eindrucksvolle Korona aus blitzenden Türmen: Ihre gekrümte
Form entlehnten die Etihad
Towers unter anderem den
geblähten Segeln der Dhaus,
der traditionellen arabischen
Segelschiffe (links).
Funkelnde Korona
Ihre Größe und die Komplexität der unterschiedlichen Nutzungen heben die Etihad
Towers in den Rang eines weltweit einmaligen Bauwerks. Das vom australischen Büro
DBI entworfene Hochhausensemble kombiniert in Abu Dhabi Wohn-, Hotel-, Büro-,
Restaurant-, Konferenz- und Shopping-Areale. Die Gebäudeautomationstechnik KNX
erfüllt erfolgreich die hohen Ansprüche des Bauherren an Architektur und Komfort.
Text Christian Brensing Fotos DBI Design
Hochhaustürme, die wie Palmen aus dem Wüstensand
Traditionelle Säbel und Muschelperlmutt
schießen, gibt es derart viele in den wirtschaftlich prospe-
Die Baukosten des exklusiven Vorhabens nahe der mondä-
rierenden Ländern des mittleren Ostens. Oftmals handelt es
nen Corniche im vornehmen Stadtteil Al Ras Al Akhdar
sich dabei um singuläre Bauten mit wenig Bezug zu ihrem
und gegenüber dem bekannten Emirates Palace Hotels
städtebaulichen Umfeld. Demnach ist es schwer, von „Städ-
betrugen 1 Milliarde US Dollars. Im Jahr 2006 erfolgte der
ten“ im europäischen Sinn zu sprechen, vielmehr handelt es
Baustart für diese eindrucksvolle Korona aus blitzenden
sich um Ansammlungen von Bauten, die sich, vergleichbar
Türmen mit insgesamt 500.000 Quadratmetern BGF, die
einer Sternenansammlung, zu Clustern zusammenballen.
sich auf 54 bis 75 Etagen verteilen und eine Höhe von bis zu
So geben sie aus der Ferne eine beindruckende Skyline ab.
300 Meter erreichen. Aus diesem Grund sind die Türme als
Ein solches Hochhaus-Cluster bilden auch die aus insgesamt
ein prestigeträchtiges „Super Tall Tower Project“ einzustu-
fünf Hochhäusern bestehenden Etihad Towers in Abu
fen. Sie bilden einen baulichen wie funktionalen Hybrid
Dhabi. Die Architekten von DBI Desgin konnten sich 2005 in
aus Wohnen, Hotel, Büro, Konferenzen, Wellness, Restau-
einem international ausgelobten Architekturwettbewerb
rants und Einkaufen. Ihre gestalterische Form entlehnen
gegen eine Phalanx von weltweit bekannten Büros durch-
die gekrümmten Türme zugleich den geblähten Segeln der
setzten und anschließend ihren ersten internationalen
arabischen Dhaus, der traditionellen arabischen Segelschif-
Großauftrag verwirklichen, der auch die Innenarchitektur
fe, sowie den Klingen arabischer Säbel. Zudem erinnern die
und Landschaftsgestaltung umfasste: „Das Hochhausen-
schlanken, reflektierenden Fassaden an das Perlmutt der
semble der Etihad Towers hat eine extrem skulpturale Aus-
Muscheln aus dem Arabischen Golf. Um ein einheitliches
bildung“, betont Warren Coyle, der Geschäftsführer des
Bild des Hochhausensembles zu erreichen, weisen die ins-
Architekturbüros. „Der Investor wünschte sich einen ikono-
gesamt 135.000 Quadratmeter großen Doppelfassaden
graphischen Stil und eine Landmarke mit entsprechender
abwechselnd eine zweifarbige Gestaltung aus silbernen
städtebaulicher Bedeutung für Abu Dhabi. An dieser Vorga-
und blauen Gläsern auf. Die dadurch gewonnene vertikale
be orientierten wir unseren Entwurf.“
Eleganz verbindet sich mit den im Grundriss zueinander
23
jeweils versetzten Einzelhochhäusern zu einem funkeln-
den 199 „Serviced Apartments“ von der Jumeirah Group –
den, wenn nicht sogar „tanzenden“ Cluster. Ein jeder der
die auch das weltbekannte Burj Al Arab Hotel bewirtschaf-
Türme hat ungehinderten Ausblick auf das Meer. Städte-
tet – betrieben. Die Lobby mit ihren 15 Meter hohen Decken
baulich bieten zudem die Etihad Towers auf der dem Meer
und der Aussicht auf den Golf, das Konferenzzentrum und
zugwandten Seite ein geschlossenes, fünfgeschossiges
der 2.200 Gäste fassende Ballsaal bestechen sowohl durch
Podium, das drei der Türme miteinander verbindet. Dort
ihr zeitlos funktionales Design als auch durch ihren „klas-
befinden sich auf vier Tiefgeschossen 3.200 Parkplätze.
sisch opulenten“ Luxus, der in den unterschiedlichsten
Darüber siedeln sich u.a. die Hotellobby, ein Konferenz-
Materialien, Oberflächen und Designobjekten zum Tragen
zentrum und die 6.500 Quadratmeter große Einkaufs-
kommt. So versahen die Planer Wände und Böden mit
passage an.
handverlesenen großflächigen Natursteinfliesen. Aufwen-
Eine Folge von thematisch
höchst unterschiedlich gestalteten Vorräumen prägt
die Innenräume der Etihad
Towers. Dabei verbindet sich
klassischer opulenter Luxus
mit einer KNX-Technologie,
die Komfort und Energieeffizienz bietet.
dig handgetuftete Teppiche geben den Räumlichkeiten
Klassisch opulenter Luxus
eine exotische Note. Die Oberflächen dieser Einzelanferti-
Drei der Türme sind ausschließlich Wohnzwecken vorbe-
gungen bestehen aus abstrakten Mustern, die mit dekorati-
halten. Sie verfügen über insgesamt 884 Wohnungen und
ven, traditionellen Elementen des Landes kombiniert wur-
luxuriöse Penthouse-Apartments mit bis zu fünf Schlafzim-
den. Das elegante zeitlose Mobiliar namhafter italieni-
mern. Ein weiterer Turm dient der Büronutzung. Auf
scher Designer passt sich in die luxuriöse Umgebung ein.
46.000 Quadratmetern erstrecken sich auf über 48 Stock-
Architektur, Licht und Materialien gehen hier eine beson-
werken vermietbare und individuell auszubauende Büroe-
dere Symbiose ein, die auf spezielle Effekte und Wirkungen
tagen. Optimalen Komfort zur Abrundung des architekto-
abzielt. In ihrer Inszenierung greifen die Raumfolgen
nischen Designs bietet der 581 Zimmer umfassenden Hotel-
unterschiedliche Themen auf. Aus der weitläufigen und
turm. Das 5-Sterne Hotel wird mit seinen 382 Zimmern und
hohen Eingangshalle betritt man eine Vielzahl von varia-
24
puls 01 | 2014
bel gestalteten, – und im Vergleich zu der klassischen Ele-
cardschalters ein Präsenzmelder zur Erfassung der Anwe-
ganz der Lobby – regelrecht „dramatisch“ wirkenden Vor-
senheit des Gastes im Hotelzimmer zum Einsatz. Je nach
räume, die wiederum zu den eigentlichen Konferenzsälen
Zimmerbelegung wechselt das KNX-System zwischen
und Veranstaltungsräumen leiten. Die Palette der Materia-
Energiespar- und Komfortmodus. Flure, Keller, Lager, Auf-
lien und Formen wird zudem von einer fein abgestimmten
züge und Parkplätze werden über ein Beleuchtungssystem
Beleuchtung hervorgehoben, die am Tag eine warme wie
mit einer leicht zu bedienenden Benutzerschnittstelle
Willkommen heißende und am Abend und der Nacht eine
gesteuert. Zu allen Zeiten informiert das KNX System über
glitzernde Atmosphäre verbreiten.
den aktuellen Verbrauch, der bei jeden Lastausgang anfällt,
„Sei einzigartig“ heißt es im Credo von DBI Interior Design.
und berechnet die Brenndauer der Leuchtmittel.
Diese Haltung lässt sich nahtlos auch auf die technische
Innenausstattung übertragen, die für die Gäste und Hotel-
Hohe Wirtschaftlichkeit
bediensteten im Wesentlichen über eine bedienungs-
Eine KNX-Lösung kam zur Anwendung, da der Kunde eine
freundliche KNX-Technologie erfolgt. In jeder Hinsicht
technische Einrichtung auf dem neuesten Stand der Tech-
lagen die Wünsche und Ansprüche des Bauherrn und des
nik forderte, die sich gleichermaßen elegant und effektiv
Betreibers in einer für Gäste, Zimmerservice, Belegschaft
dem architektonisch-funktionalen Konzept anpassen ließ.
und Ingenieure wirtschaftlichen und einfachen Bedienung
Sie bietet zudem einen intuitiven Zugang zu allen Zimmer-
bzw. Steuerung der haustechnischen Belange. Des Weiteren
funktionen in Verbindung mit einer herstellerunabhängi-
musste eine Integration an das Gebäudemanagement
gen Basis für künftige Weiterentwicklungen. Heutige Tech-
(„Property- & Building Management System“) mit Hilfe
nologien müssen bedingungslos einen energetisch niedri-
eines offenen Protokolls erfolgen. Um eine möglichst hohe
gen, sprich nachhaltigen Standard, erfüllen und so steht
Energieeffizienz zu erreichen, kommt anstatt eines Key-
die Energieeinsparung bzw. die Wirtschaftlichkeit bei fast
25
» Praxis
Wie Szenen aus tausend und
einer Nacht: Die Größe der
Etihad Towers und ihre höchst
exklusiven Angebote lassen
die Türme zu einem weltweit
einmaligen Bauprojekt werden.
allen Bauvorhaben an oberster Stelle. Im Vergleich zu herkömmlichen „Guest Room Management Systems“ (GRMS)
können mit Hilfe der KNX-Technologie Einsparungen von
bis zu 30 Prozent erreicht werden. Diese kann zum Beispiel
Projektbeteiligte
über die Regelung des Raumklimas, der Beleuchtungssteuerung und der Beschattung erreicht werden. Das Schalten
und Dimmen unterschiedlicher Lichtszenarien, die Präsenzsteuerung, Rolladen- und Jalousiesteuerung, die Überwachung von Stromkreisen, komplexe Logikverknüpfun-
Bauherr
gen, die Zeitsteuerung und die Visualisierung über einen
Sheikh Suroor Projects Departement (S.S.P.D.)
PC gehören zum Komfort eines KNX-Systems. Sobald der
Gast in der Rezeption eingecheckt hat, wird das Zimmer in
Architekten
den Komfortmodus versetzt, was eine Anpassung des Tem-
DBI Design
peratursollwertes und der Lüftergeschwindigkeit der Klimageräte zur Folge hat.
Flächen / Elemente
ca. 46.000 Qm Büroflächen im Büro-Tower
Die Größe der Etihad Towers und die Komplexität der unter-
885 Apartments, auf drei Türme verteilt
schiedlichen Nutzungen, angefangen bei der Parkraumbe-
6.500 Qm internationale Ladenfläche
wirtschaftung bis zu den im gesamten Bauwerk verteilten
581 Apartments im Jumeirah- und Etihad Hotelturm
zwölf exklusiven Feinschmeckerrestaurants, des Talise Spa
Wellnessbereichs und zwei weiteren Fitnesszentren, lassen
Integrierte Produkte von ABB
die Türme zu einem weltweit einmaligen Bauprojekt wer-
KNX-System
den. Die KNX-Technologie ist wie geschaffen, die hohen
Ansprüche an Architektur und Komfort zu erfüllen.
27
» Visionen
BIG
Alles unter einem Dach
Höchst unterschiedliche Lösungen, mehrere Funktionen in einer Gebäudehülle zu integrieren: Ein
New Yorker Büro geht in die Höhe, im chinesischen Taichung ist ein Park wichtiger Bestandteil des
Konzepts – und das Londoner Büro Orproject interpretiert eine Vision von Buckminster Fuller neu.
BIG: Amager Resource Center, Kopenhagen, Dänemark
Die dänische Hauptstadt Kopenhagen wäre wegen ihres kühlen Klimas eigentlich ein geeigneter Ort für Skisportaktivitäten. Jedoch findet man hier
statt Bergen sanfte Hügellandschaften und flache Inselgruppen. BIG (Bjarke Ingels Group) versuchen sich daher als Baumeister eines alpinen Bergs: Die
40 Jahre alte Müllverbrennungsanlage Amagerforbrænding sollte einem neuen modernen Werk weichen, das gleichzeitig zum Skigebiet mutiert. Die
Insel Amager ist momentan mit industriellen Bauten auf der einen Seite und Wohnkomplexen auf der anderen Seite besiedelt, die sich bezuglos und isoliert aneinander reihen. Das neue Kraftwerk mit Freizeitzentrum würde eine Landmarke darstellen, die den Ort zusammenführen und so attraktiver für
Anwohner und Besucher macht. Von außen wäre die Form eines spitz zulaufenden, spiralförmigen Körpers zu erkennen, der nach unten hin sanft ausläuft. Eine feine Rasterung und Begrünung strukturierten die flächigen Fassadenansichten. Besonders reizvoll ist die Aufteilung des Daches in dynamisch geformte Serpentinen. Drei klassische Abfahrten, die durch eine besondere Beschichtung auch im Sommer nutzbar sind, führen nach unten. Von
einer Ebene aus gelangt man direkt auf die schwarze Piste. Über einen Aufzug ist das Dach erschließbar. Während der Fahrt nach oben eröffnet sich dem
Besucher ein spektakulärer Blick in das Kraftwerk. Im Inneren wird Abfall in Strom und Wärme umgewandelt. Der mächtige Umfang des Schornsteins
weist auf die Menge an Schadstoffen hin, die bei der Verbrennung entstehen. Pro Tonne CO2, die produziert wird, spuckt der Schlot einen 30 Meter breiten
Rauchring aus. Wie ein Warnsignal hängt dieser in der Luft und konfrontiert die Öffentlichkeit mit den Nebenwirkungen von Wachstum und Konsum.
28
puls 01 | 2014
REX: Equator Towers, Kuala Lumpur, Malaysia
Ein 380 Meter hoher und 80-stöckiger Bau soll nach der Idee
des New Yorker Architekturbüros REX im malaysischen Kuala Lumpur entstehen. Durch die geografische Nähe zum
Äquator steht der Turm mittags im Zenit und wird einer
extremen Sonnenbestrahlung ausgesetzt. Die Planer reagierten darauf mit einer originellen Designsprache. Sie entwarfen Sonnenblenden, die sich über den Baukörper ziehen und
so die Form vorgeben. Unter dem Sonnenschutz wird die
geradlinige Kontur des Turms lediglich durch schmale, vorspringende Träger unterbrochen. Von diesen drei reizvoll
hervorgehobenen Ebenen verlaufen die mit PTFE (Polytetrafluorethylen) überzogenen Blenden schräg zu den je mittig
dazu positionierten Etagen. Dies erweckt den Anschein, der
Bau sei zusammengeschnürt wie ein Korsett. Von außen
erinnert der Entwurf deshalb an die abstrahierte und puristische Variante einer asiatischen Pagode. Die Außenhaut der
Blenden wurde silbern gestaltet, um die Sonnenstrahlen
zurückzuwerfen. Dies ermöglicht eine angenehme Raumtemperatur. Die 85-prozentige Deckkraft des Sonnenschutzes
verhindert zudem maßgeblich die Blendung. Von innen
blickt man auf mit Fiberglas verstärkte Stoffbahnen. Über
die offen strukturierten Bürobereiche – die ergänzt werden
durch ein Auditorium, Restaurants und Bars, Business Clubs
sowie kleine Läden – ergibt sich ein sensationeller Panoramablick über die Stadtlandschaft. Die 4,20 Meter breiten Sonnenschutzbahnen können individuell reguliert werden. Bei
Nacht wird der „Schleier“ komplett zurückgezogen und enthüllt den schlanken, elegant anmutenden Turm. In der
ten Baus wie ein Juwel in der Skyline von Kuala Lumpur.
REX
Abenddämmerung leuchtet die Silhouette des transformier-
29
OMA
OMA: Bryghusgrunden, Kopenhagen
Am Kopenhagener Hafen gelegen, ist das alte Brauereigelände Bryghusgrunden das letzte zentral gelegene Grundstück am Wasser. Es diente den Architekten von OMA als
Grundlage für den Entwurf von Bryghusprojektet. Rem Koolhaas entwickelte zusammen mit OMA-Projektpartnerin Ellen van Loon die Idee eines Hybridkomplexes, der die City
mit der historischen Uferkante und dem kulturell reichen Stadtteil Slotsholmen verbinden und so zwischen den unterschiedlichen Standorten vermitteln soll. Hierfür bildet
das moderne Gebäude mit seiner konsequent orthogonalen Formensprache und den unterschiedlich großen Quadern einen neuen Knotenpunkt. Bewusst steht es dabei im
Kontrast zu den benachbarten historischen und denkmalgeschützten Bauten wie dem Christiansborg-Palast und der alten Brauerei. Transparente Fassaden und die offene
Anordnung der Baukörper ermöglichen einen fließenden Übergang zwischen Außen- und Innenbereichen. Durch Überdachungen bilden sich Zwischenzonen zum urbanen
Umfeld. Eine zentrale Hauptstraße führt direkt durch den Bau, der sich teils grünlich oder farblos zu allen Seiten öffnet und der so in das städtische Leben eingebunden wird. In
der Manier eines typischen Rem-Koolhas-Entwurfs ist auch bei diesem Projekt eine labyrinthische, collageartige Gebäudestruktur tonangebend. Das Areal besteht aus verschobenen Volumen, die komplexe und urbane Wegbeziehungen auf stufenartig angeordneten Etagen entstehen lassen. Mittig im Bau sind die neuen Räume des Architekturzentrums platziert, das durch umliegende Restaurants, Läden und private Wohnbereichen ergänzt wird. Die großzügigen Eingänge der verschiedenen Nutzungen sind in Richtung
der Uferstraße Christians Brygge ausgerichtet. Teils verläuft die Uferkante bündig mit der Fassade oder geht über in künstlich geschaffene Stege.
Sane architecture: Taichung City Cultural Center
Die Wettbewerbsaufgabe bestand darin, einen komplexen Raum zu entwickeln, der
im chinesischen Taichung Museumsfunktion, Bibliothek und Park in einem Gebäudekomplex vereint und zudem auf die klimatischen und kulturellen Gegebenheiten
der Stadt eingeht. Der Entwurf des französischen Büros Sane architecture führt
Kunst, Bildung und Freizeit synergetisch zusammen und wurde 2014 für den MIPIM
Award in der Kategorie „Cultural“ nominiert. Es entstand die Idee eines Hybridbaus
aus balkenförmigen, auskragenden Gebäuden. Das landesweit bekannte Museum
und die öffentliche Bibliothek sollen im Erdgeschoss über die große Lobby zusammengeführt werden, die auch als zusätzliche Ausstellungsfläche nutzbar sein soll.
Sane architecture
Hier reicht der Park bis in den Innenraum, da Rasenflächen partiell in den Boden der
30
Lobby integriert sein sollen. Dachbegrünungen und eine transparente Bauweise sind
wichtige Pfeiler des nachhaltigen Baukonzepts. Zur vorbildlichen Energiebilanz soll
die unkonventionelle Windkraftanlage beitragen, die mittels ihrer vertikal in die Fassade integrierten Trichtern den Wind einfängt und in Energie umwandelt.
puls 01 | 2014
Orproject: Bubbles
Die wachsenden Megacitys haben zunehmend mit extremen
Belastungen durch Smog zu kämpfen. Das Londoner Architekturbüro Orproject unterhält Dependancen in Neu Delhi und Peking
und erlebt somit die ökologische Problematik täglich vor der
eigenen Haustür. Als Lösung für die bedrohten Städte entwickelten die Architekten mit den „Bubbles“ eine große autarke Schutzhülle, die den Stadtbewohnern als abgekapselte Refugien dienen
sollen. Ein netzartig strukturiertes, transparentes Dachsystem
überzieht die in den Stadtkern eingebetteten Parkanlagen, in
denen Blumen aus allen Klimazonen Platz finden sollen. In ihrer
Formensprache passt sich die Überdachung der Umgebung an
und erinnert an fragile, schwebende Seifenblasen. Die Luftsituation soll weitgehend unabhängig von der umgebenden Metropole gesteuert werden können. Ein Erdwärmetauschersystem
reguliert Temperatur und Feuchtigkeit und steht unter ganzjähriger Beobachtung.
Bereits in den 1960er-Jahren ist Buckminster Fuller mit seinen
Entwürfen für eine Kuppel über New York zu den bekanntesten
Vorreitern auf diesem Gebiet geworden. Jedoch war sein
Lösungsansatz rein konzeptionell und konstruktiv nicht ausführbar. Das Büro Orproject hingegen konzipierte mit Fachplanern und Wissenschaftlern ein gebogenes Leichtbausystem, um
besonders große Spannweiten zu erreichen. Durch die Analyse
von Blattadern und Schmetterlingsflügeln während der Entwicklungsphase näherten sich die Forscher der konstruktiven
Lösung an. In die Dachtechnik eingearbeiteten Photovoltaikzellen liefern die Elektrizität, die auch für die allseitig angrenzenden Gebäude reicht. Diese sind mit dem optimierten Lüftungssystem verbunden und profitieren von der sauberen Atmosphäre. Der flexible Entwurf erlaubt eine individuelle Anpassung
an die jeweiligen Gegebenheiten. Denkbar wäre es auch, Spiel-
Orproject
plätze und Schulhöfe in die urbane Blase zu integrieren.
31
» Zu Besuch
„Ein hybrides Gebäude ist schön“
Der niederländische Architekt, Theoretiker und Urbanist Wiel Arets setzt sich intensiv mit
neuen Gebäudeformen auseinander. Entsprechend innovativ und ungewöhnlich sind viele
seiner Entwürfe. Befragt von puls formuliert er ein Plädoyer für hybride Gebäude, die vieles
gleichzeitig bieten und durch Wandlungsfähigkeit glänzen. Arets erläutert aktuelle Projekte
wie das neue Allianz-Hauptquartier in Zürich – ein Gebäude, das der Baumeister mit einer
„horizontalen und vertikalen Landschaft“ vergleicht.
Interview Lasse Ole Hempel Fotos Jan Bitter
Wiel Arets ist bekannt als begnadeter Redner, der überall auf
Sie sind bekannt für Ihre Hybriddesignlösungen. Welche
der Welt sein Publikum zu unterhalten und in Bann zu zie-
Kriterien stehen für Sie bei der Planung eines Hybrid-
hen weiß. Mit berühmten Architekten wie Rem Koolhaas
baus an erster Stelle?
gehört der 1955 geborene Niederländer zu den postmodernen
Ich bin sehr an der Idee interessiert, dass Gebäude auf
Erneuerern der internationalen Baukultur. Wiel Arets Archi-
hybride Art und Weise entwickelt sind und dass sich ihre
tects gründete er in Amsterdam. Mittlerweile operiert das
Funktionen im Laufe der Jahre ändern können. Dafür
Büro auch von Dependancen in Maastricht und Zürich aus.
scheint es mir unbedingt nötig, Räume überdimensional
Gegenwärtig sind zwei Projekte des mehrfach ausgezeichne-
zu gestalten und zum Beispiel die Decke nicht zu niedrig
ten Büros für den German Design Award nominiert.
anzulegen. Somit wären die Voraussetzungen für Räume
Über fünf Stockwerke
erstreckt sich im AvB Tower
in Den Haag die Verbindungszone zwischen den einzelnen
Gebäudefunktionen wie
Shops, Restaurants, Büros
und Bibliotheken (rechts).
und Gebäude geschaffen, die auf verschiedene Art und
Weise nutzbar sind. Ich bin der Überzeugung, jedes Gebäude sollte auf diese Art und Weise entwickelt werden.
Ein Multifunktionsgebäude, das lediglich verschiedene
Nutzungsbereiche übereinander stapelt, ist für viele
nicht unweigerlich auch ein Hybridbau. Was macht Ihrer
Meinung nach die Qualität eines hybriden Gebäudes aus?
Das Euroborg Stadion in Groningen zum Beispiel verknüpft mehrere bauliche Kategorien: eine Schule, Kino,
Restaurant, Parkhaus, Apartements, ein Hotel, ein Kasino,
einen Supermarkt, ein Sport-Center, ein Wellness-Center –
es gibt kein Museum, aber warum eigentlich nicht? Ich bin
selbst mächtig stolz, dass wir all diese verschiedenen
Architekt, Theoretiker und Urbanist: Wiel Arets
32
Funktionen verbinden konnten und dass das Gebäude so
puls 01 | 2014
gut funktioniert. Indem wir ein solches hybrides Gebäude
Als hybrid könnte man auch den B’ Tower in Rotterdam
geschaffen habe, ist das Stadion auch keines, in dem ledig-
bezeichnen, haben Sie hier doch die Möglichkeit geschaf-
lich alle zwei Wochen etwas passiert – wie in den übrigen
fen, zu einem späteren Zeitpunkt die Apartments in ein
Stadien. Heute gibt es dort ein 24/7 Programm. Das Hotel
gemeinschaftliches Wohnkonzept einzugliedern. Welche
ist zum Beispiel das ganze Jahr über belegt. Ich glaube
architektonischen Kunstgriffe haben Sie hier angewen-
auch, das Gleiche sollte für eine Stadt gelten – hybrid sollte
det, um dies zu erreichen?
das Leben in der Stadt sein.
Diese Verwandlung der Apartments in gemeinschaftliches
Die Wohnungen im B’ Tower
können in naher Zukunft in
gemeinschaftlichen Wohnraum verwandelt werden
(oben). Vernetzte Universität:
Hörsaal im AvB Tower von
Den Haag (rechts)
Wohnen wird dadurch möglich, dass die Apartments sehr
Schauen wir einmal auf ein anderes Wiel Arets-Projekt,
großzügig geschnitten sind. Sie werden augenblicklich
das gerade erst im Frühjahr 2014 eröffnet wurde: Das
vollständig möbliert vermietet, was bedeutet, dass sie in
Allianz-Hauptquartier in Zürich. In der Pressemitteilung,
dem gegenwärtigen Zustand mehr oder weniger bleiben
die Ihr Büro herausgegeben hat, ist von einem „Hyper-
werden, bis der Veränderungsprozess einsetzt. Es handelt
hybrid Programming“ die Rede, das das Innere des
sich also um äußerst flexible Wohneinheiten. Wohnbau-
Gebäudes verstärkt.
ten sind jene Gebäudeform, die sich am leichtesten in
Dieses spezielle Gebäude ist komplett als horizontale und
andere Formen verwandeln lassen.
vertikale Landschaft konzipiert. Das Gebäude besteht aus
einem 20 Stockwerke umfassenden Turm und einem
Im letzten Jahr wurde der AvB Tower in Den Haag fertig-
fünfstöckigen Anbau. Die Angestellten, die hier arbeiten,
gestellt – ein Hybrid aus Shops, Lobby, Restaurant, Büros,
sind in der Lage, den Bürokomplex zu umrunden, ohne
Vorlesungssaal und Bibliothek. Wie haben Sie diese
den Gebäudekern zu betreten. Dieser Pfad ist wie ein
unterschiedlichen Themen verbunden? Welche Vorteile
Zick-Zack-Lauf: Hin und zurück und rauf und runter. Die
ergeben sich für die Studenten, die in dieser Universität
Wegführung beeinflusst die Kommunikation unter den
wohnen und studieren werden?
Mitarbeitern, indem sie etwa spontane und zufällige
Begegnungen provoziert. Die Lobby und das gesamte Erd-
Die beschriebenen Bereiche dieses hybriden Gebäudes
geschoss sind für die Öffentlichkeit zugänglich, somit
sind durch den gigantischen Luftraum verbunden, der sich
durchflutet fast ununterbrochen Bewegung diese Zone.
über die ersten fünf Stockwerke des Gebäudes erstreckt.
34
puls 01 | 2014
Der Vorteil dieser Kombination liegt darin, dass die Stu-
Haben die Niederlanden tatsächlich so viel gute Architek-
denten alle Tätigkeiten, die zu einem akademischen Alltag
tur? Man könnte sagen, dass die Niederlande die Moderne
gehören, unternehmen können, ohne auch nur das Gebäu-
förmlich umarmt und damit verinnerlicht haben. In die-
de zu verlassen (was selbstverständlich auch vorkommen
sem Sinne kann man schon an vielen Gebäuden, die hier
wird). Im Grunde haben wir es bei diesem Gebäude mit
entstehen, eine gewisse „Hybridness“ erkennen.
einer weitgehend autarken Universitätsumgebung zu tun,
in der sich der Alltag der Studenten und der Fakultät abspielt.
Meistens wird der räumliche Hybrid thematisiert. Wie
realistisch sind in Zukunft temporär und flexibel nutzba-
Welche Rolle kann die Hybridarchitektur im Zuge der
re Räumlichkeiten? Wenn sich zum Beispiel ein Büro-
städtischen Verdichtung spielen?
raum allabendlich in ein Tanzstudio verwandelt?
Ich denke, wir sollten uns die folgende Frage stellen: Wie
Ich habe nie an Masterpläne geglaubt, da ich sie für sehr
bewegen sich Menschen, wie funktioniert die Logistik?
altmodisch und absolut unflexibel halte. Wenn du an
Wie verschmelzen Funktionen wie Wohnen, Produktion,
einem Tag eine Idee hast, kann diese am nächsten Tag
Freizeit und Kultur miteinander in einem hybriden
bereits in eine ganz andere Richtung gehen. In der nahen
Gebäude?Und wie kann die Struktur eines solchen Gebäu-
Zukunft werden wir es mit neuartigen Gebäuden zu tun
des angelegt sein? Wenn all diese Fragen im Entwurf
haben, und wir werden neue Gebäudefunktionen erfin-
beantwortet werden könnnen, dann haben wir es meiner
den. Ich gebe Ihnen gerne ein Beispiel: Vor sechs Jahren
Meinung nach mit einem gelungenen Gebäude zu tun.
riet mir jemand, nach Tokio zu reisen, da es dort etwas
Und, ist es auch schön? Ja. Für mich gehören Schönheit
phänomenal Neues gäbe: einen neuen Gebäudetyp. Ich
und hybrider Charakter absolut zusammen. Hybrid
fuhr also hin, beim Betreten des Gebäudes musste ich mei-
bedeutet schön.
ne Kreditkarte vorzeigen. Das Gebäude sah wie ein großer
Shop aus, es gab etwas zu essen und DVDs, und dann gab
Ist es ein Zufall, dass viele hybride Entwürfe in den
es dort auch Kabinen. Es war kein Hotel, es war kein Shop.
Niederlanden entstehen?
Sondern eine hybride Kreation, in der man verweilen oder
Ich werde oft gefragt, warum es viele gute Architektur aus
schlafen, Filme sehen oder essen konnte. Ich fragte also,
den Niederlanden gibt. Aber man könnte auch fragen:
wie dieses Gebäude zu nennen sei, und man sagte mir,
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dass es keinen Namen habe. Sie hatten einen neuen Typus
Welche Bedeutung kann Gebäudeautomation für hybride
erfunden, und für einen Architekten war es schockierend,
Bauten erlangen?
dass es keine Form hatte. Aber für mich als Architekten
Betrachten Sie etwa Mies van der Rohes Villa Tugendhat
war es auch ungemein spannend zu erfahren, dass man
im tschechischen Brno: Technologie – so wie wir sie heute
sich dort wohl fühlen konnte – in einem Gebäudetyp ohne
kennen – steckte damals zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Form. Diese neuartigen Infrastrukturen sind auf dem Vor-
noch in ihren Kinderschuhen. Seit 1930, als das Haus fertig
marsch, und ich glaube, Infrastruktur wird die Quelle vie-
wurde, hat sich die Technik in einer kaum vorstellbaren Art
ler neuer Gebäudetypen sein.
und Weise entwickelt, und viele Techniken, die uns heute
Die Natursteinfassade der
Züricher Allianz-Zentrale
gewinnt durch das Zusammenspiel mit der Glasfassade
und den aluminiumbeschichteten Vorhängen ihren ganz
besonderen Reiz.
zum Heizen und Kühlen zur Verfügung stehen, haben sich
Wie eng ist der Gedanke der Nachhaltigkeit mit dem The-
im Vergleich zu jenen vergangener Zeiten sehr stark verän-
ma Hybridbau verknüpft, und wie realistisch ist der spar-
dert. In dem Maße, in dem Technologie immer mehr Teil
samere Umgang mit Ressourcen (zum Beispiel durch die
der Architektur wird und Gebäude zusehends einen hybri-
Nutzung von Abluft) in diesem Zusammenhang?
den Charakter entwickeln, wird sich auch Gebäudeautoma-
Hybride Gebäude sind zugleich nachhaltige Gebäude.
tion immer mehr durchsetzen. Automation wird insoweit
Wenn das Gebäudekonzept bereits eine Verwandlung vor-
deutlich werden, als unsere heutigen Techniken – Heizung,
sieht, wenn die Räume im Fluss sind, sodass sie sich kon-
Klima, Beleuchtung, Müllentsorgung usw. – im Gebäude
tinuierlich an veränderte Gegebenheiten anpassen las-
selbst von Menschen kontrolliert werden. Die Technologie
sen, dann kann man von einem hybriden Gebäuden spre-
wird Umgebungen für uns analysieren und kontrollieren –
chen. Wenn ein Gebäude hybrid ist, wurde sein flexibler
wir selbst werden gleichzeitig immer mehr mit unseren
Charakter bereits im Entwurfsstadium angelegt. Gelten
Gebäuden verstrickt sein. Diese intelligenten Gebäude wer-
diese Voraussetzungen, dann bedeutet dies in der Konse-
den uns nicht nur Schutz bieten, sondern unsere Bewegun-
quenz auch, dass energiesparende Lösungen und Systeme
gen ein Stück weit vorausahnen können.
automatisch zum Konzept gehören.
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puls 01 | 2014
Textilfassade
Alt und Neu sind in der wiedereröffneten King Fahad
Nationalbibliothek in Riad eindrucksvoll miteinander
verbunden. Textile, vorgespannte Sonnenschutzsegel
umhüllen die Fassade des Neubaus.
Antworten von Prof. Eckhard Gerber, Gerber Architekten
Welcher Gedanke leitete Sie, die King-Fahad-Bibliothek mit einer
Textilfassade auszustatten?
Der Neubau soll Transparent und offen sein und ist deshalb
außen gänzlich mit einer Glasfassade versehen. Die vorgespannte
Textilfassade bietet dem Gebäude eine ständige und dauerhafte
Sonnenschutzanlage. Die Textilsegel, die in die vor der Glasfassade liegende Stahlseilkonstruktion eingespannt sind, lassen die
von oben schräg einfallenden Sonnenstrahlen nicht ins Gebäude
eindringen. Sie ermöglichen aber trotzdem Blickbeziehungen zwischen Innen und Außen.
Welche Auswirkungen haben die Textilsegel für die Innenräume?
Die Textilsegel verleihen den Innenräumen – trotz starker ständiger Sonneneinstrahlung am Tage – ein blendungsfreies, gefiltertes, leicht gedämmtes Tageslicht. Aufgrund der hohen Lichtkonzentration in Saudi-Arabien entsteht so in den Innenräumen ein
angenehmes Lichtklima.
Welche Materialeigenschaften muss ein Textil für den Außenbereich mitbringen?
Die Textilflächen sind mit Teflon beschichtet, sodass sie sich selbst
reinigen können. Gerade in Bezug auf die Sandablagerungen nach
Sandstürmen hat sich dies als praktisch und sinnvoll erwiesen.
Werden Sie das Material auch bei anderen Projekten einsetzen?
Wir verwenden textile Materialien vor allem auch für gespannte
Deckenabhängungen im Innen- und Außenbereich, wie zum Beispiel bei der Prince Salman Science Oasis in Riad und auch bei der
Olaya-Metrostation, ebenfalls in Riad.
Christian Richters
KIng Fahad National Library
» Material
Busch-free@home® – der unkomplizierte Zugang
zum intelligenten Wohnen
Unsere Welt wird digitaler, Computer und Smartphones
der Anwender die Benutzeroberfläche auf dem Computer,
sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Entspre-
Tablet oder Smartphone abrufen und einmal vorgenommene
chend setzt sich auch eine komfortable Haussteuerung in
Einstellungen problemlos selbst ändern. Besonders komforta-
Privat- und Bürobauten immer mehr durch. Mit der Welt-
bel funktioniert das mit der kostenlosen Busch-free@home®
neuheit Busch-free@home® hat Busch-Jaeger während der
App, die alle Darstellungen für die Displays der Mobilgeräte
Messe Light + Building 2014 in Frankfurt ein innovatives
optimiert. Die Bedienung ist intuitiv. Das Programmieren von
System vorgestellt, das über die Einbeziehung von Compu-
Lichtszenen oder Zeitprogrammen zur Steuerung von Hei-
ter, Smartphone oder Tablet-PC den unkomplizierten
zung oder Jalousien wird zum Kinderspiel. Dabei lässt sich die
Zutritt zum Smart Home ermöglicht. Das Besondere:
innovative Haussteuerung der gewünschten Nutzung jeder-
Gegenüber einer konventionellen Elektroinstallation ent-
zeit anpassen. Selbstverständlich kann über ein Laptop mit
stehen nur geringe Mehrkosten. Voraussetzung für die
Standardbrowsern wie Mozilla Firefox oder dem Internet
Inbetriebnahme sind ein vorhandenes Netzwerk oder eine
Explorer ebenfalls auf alle Funktionen von Busch-free@home®
Ad-hoc-Verbindung über WLAN. Einmal eingerichtet, kann
zugegriffen werden.
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puls 01 | 2014
Komfortable Haussteuerung von überall: Einmal eingerichtet, kann der Anwender die Benutzeroberfläche von Buschfree@home auf dem Computer, Tablet oder Smartphone
abrufen und Einstellungen selbst ändern. Zu Hause dient
das Busch-free@homePanel als zentrale Steuerungseinheit, die zugleich den Zugriff auf alle Funktionen des Türkommunikationssystems Busch-Welcome® ermöglicht.
Die Busch-free@home Bedienelemente – wie Schalterwippe und Raumtemperaturregler – sind mit den meisten
Busch-Jaeger Schalterprogrammen kombinierbar, wie
zum Beispiel future® linear.
Die Busch-free@home® Bedienelemente sind in Ausführun-
Bus umgesetzt werden. Besonders komfortabel kann etwa die
gen erhältlich, die mit den Busch-Jaeger Schalterprogrammen
Einrichtung eines Willkommen-Szenarios sein: Sobald es an
future linear®, Busch-axcent®, carat, solo, Reflex SI und Reflex
der Haustür klingelt, geht das Licht im Treppenhaus an. In
Duro harmonieren. Somit ist eine hohe Designqualität für die
Verbindung mit einer Busch-Welcome® Außenstation Video
individuelle Gestaltung des eigenen Zuhauses gewährleistet.
ist es ebenfalls möglich, Bilder der Besucher vor der Tür aufzu-
Zusätzlichen Komfort und Sicherheit bietet das Türkommuni-
zeichnen. So zeigen von unterwegs auch Tablet oder Smart-
kationssystem Busch-Welcome®, das hervorragend mit
phone bei der Verwendung der kostenlosen App, wer vor der
Busch-free@home® korrespondiert. Dabei fungiert das neue
Haustür steht oder gestanden hat.
Busch-free@homePanel als Bindeglied zwischen beiden Systemen. Es unterstützt die von Busch-Welcome® bekannten
Mit Busch-free@home® senkt Busch-Jaeger die Schwelle für
Komfortfeatures der Türkommunikation. Alle Funktionen las-
den Zugang zur Welt des intelligenten Wohnens und bietet
sen sich über ein und dasselbe Panel steuern, Busch-Welcome®
ein Höchstmaß an Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz.
Befehle bzw. Ereignisse können auf dem Busch-free@home®
Das Ergebnis: eine neue Dimension der Haussteuerung.
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» Denkanstoß
Wie viele unterschiedliche Fassadentypen
hat Daniel Libeskind für das Kö-Bogen-Areal
in Düsseldorf entwickelt?
Murphy Facade Studio
puls stellt in jeder neuen Ausgabe eine
Preisfrage. Die Gewinner können sich über
einen Buchpreis freuen.
Ihre Antwort schicken Sie bitte per
E-Mail an [email protected]
Starker Auftritt auf der Weltleitmesse Light + Building
Vorschau puls 2/2014:
Umnutzung / Transformation
Aus Alt macht Neu – die puls Ausgabe 2/2014
210.000 Besucher zählte die
stellt Bestandbauten vor, die durch architektoni-
Messe Light + Building, die
sches Können erfolgreich verwandelt wurden.
vom 30. 3. bis zum 4. 4. 2014 in
Frankfurt/Main stattfand. Auf
einem exklusiven zweistöckigen Stand mit 1.250 Quadratmetern präsentierte sich
Busch-Jaeger als Tochter des
Weltkonzerns ABB in Halle 8.
Für großes Interesse sorgte
der Produktbereich Busch-
pitsou kedem architects
free@home: Die neue Generation smarter Haus- und Gebäudeautomation von
Busch-Jaeger für junge Familien und Bauherren, die auf modernen Komfort in
ihrem Zuhause nicht verzichten möchten (s. Seite 40f.). Eine weitere Neuerung:
die integrierte Zutrittskontrolle für die eleganten Türsprechanlagen Busch-Welcome aus Edelstahl, die sowohl mit Pincode-Tastatur, Fingerprint-Leser oder
RFID-Leser erhältlich sind. Nun wird auch das Öffnen der Tür über das Mobiltelefon mit NFC-Chip möglich. In der Schaltergalerie, die die ganze Auswahl an
Busch-Jaeger Schalterprogrammen präsentierte, fanden jene Lichtschalter
besonders viel Beachtung, die berührungsloses Schalten ermöglichen. Dazu
stellte Busch-Jaeger die neuen, im zurückhaltenden und flachen Design gehal-
Impressum
tenen Rauchmelder vor. Aus der ganzen Welt kamen Freunde, Kunden und Kollegen, um den Stand von ABB und Busch-Jaeger zu besuchen. Schön war zum
Beispiel das Wiedersehen mit Frank Krueger, dem erfolgreichen Creative Director und Gründungsmitglied des Architekturbüros logon. Er kam extra aus
Shanghai angereist, um sich wie viele andere Kollegen die Neuheiten von
Busch-Jaeger vor Ort in Frankfurt präsentieren zu lassen.
Katrin Förster, die internationale Ansprechpartnerin für Architekten und
Designer bei ABB/Busch-Jaeger, freut sich über E-Mails an
Zu gewinnen:
Unter allen richtigen Einsendungen
zur Preisfrage (links) verlost BuschJaeger je ein Exemplar der Bücher
Eckhard Gerber. Baukunst, erschienen im jovis Verlag, sowie den Ausstellungskatalog Ai Weiwei – Evi-
puls
Zeitschrift für Bewegung in der Architektur
Herausgeber:
Busch-Jaeger Elektro GmbH
Freisenbergstr. 2
58513 Lüdenscheid
www.busch-jaeger.de
Verlag:
Gesellschaft für Knowhow-Transfer
in Architektur und Bauwesen mbH
70771 Leinfelden-Echterdingen
www.gkt-publishing.de
Redaktionsteam Busch-Jaeger:
Katrin Förster, Dieter Lautz, Wolfgang Schallenberg,
Tobias Schlitzer, Christiane Schulte, Mirko Simon
Redaktion Gesellschaft für Knowhow-Transfer:
Lasse Ole Hempel, Cornelia Krause
Printed in Germany – Imprimé en Allemagne
dence, erschienen im Prestel Verlag.
Einsendeschluss: 31. August 2014.
Gewinner des letzten Preisrätsels:
Helmut Keller aus 67373 Dudenhofen und Manfred Nierobisch aus
46242 Bottrop.
© by Busch-Jaeger
Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere das Recht auf Verbreitung, Nachdruck von Text und Bild, Übersetzung in
Fremdsprachen sowie Vervielfältigung jeder Art durch
Fotokopien, Mikrofilm, Funk- und Fernsehsendung für alle
veröffentlichten Beiträge einschließlich aller Abbildungen.
Änderungen und Irrtümer vorbehalten.
MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R
Hybride Gebäude
puls 01 | 2014
Busch-free@home®.
Haussteuerung einfach wie nie.
Busch-free@homePanel 7"
Glitzernde Korona
Busch-free@home® macht Ihr Zuhause intelligent.
von DBI Design
Ob Jalousie, Licht, Heizung, Klima oder Türkommunikation – alles ist
miteinander vernetzt. Und ganz einfach zu bedienen: per Schalter,
App oder über das Busch-free@homePanel. Mehr Informationen auf
www.BUSCH-JAEGER.de / freeathome
Interview mit Wiel Arets
Köbogen – Daniel Libeskind
ordnet Düsseldorfs City neu
Hybrid – die Kunst der wilden Mischung
www.BUSCH-JAEGER.de
Die Zukunft ist da.
01 | 2014
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