N ATU R Rentier und Elch Während der Weihnachtszeit halten auch bei uns die Tiere aus dem hohen Norden zumindest symbolisch Einzug. Sie zieren Weihnachtsfenster, ihr Sujet leuchtet als Dekoration in Haus und Garten und sie werden in Weihnachtsliedern besungen. In der angelsächsischen Kultur und in Amerika sind die Tiere aus dem hohen Norden untrennbar mit Weihnachten verbunden. Eindrücklich ist, wie die beiden Tierarten in ihrer natürlichen Umgebung leben. Männlicher Elch (rr) Rentier und Elch gehören beide zur Familie der Hirsche. In ihrem Aussehen und Verhalten unterscheiden sich die Rentiere aber markant von ihren viel grösseren Verwandten. Am augenfälligsten lassen sich die Tiere anhand ihres Geweihs auseinanderhalten. Männliche Elche tragen ein mächtiges Schaufelgeweih, bei den Rentieren tragen beide Geschlechter ein stangenförmiges, weitverzweigtes Geweih. Während Rentiere in riesigen Herden auf der Suche nach Nahrung auf kargen Ebenen umherziehen, sind Elche Einzelgänger und Waldbewohner mit einem festen Revier. Rentier Rentiere zählen zu den am weitesten nördlich lebenden Grosssäugern. Sie bewohnen grosse Teile des nördlichen Nordamerikas und Eurasiens. Sogar auf hocharktischen Inseln wie Spitzbergen und Grönland leben Rentiere. Bei ihren jahreszeitlichen Wanderungen umfassen ihre Herden gebietsweise mehrere 100 000 Tiere und mit 5000 Kilometern machen sie die längste Wanderung von Landsäugern überhaupt. Das Rentier ist bis heute die einzige Hirschart, die domestiziert wurde. Seit mehreren tausend Jahren werden sie von den Menschen 54 Dezember 2016 Rentiere Weiblicher Elch als Last- und Zugtiere genutzt. Zudem fand fast jedes Körperteil Verwendung; das Fleisch und die Milch boten Nahrung, ihr Fell wurde zu Pelz und Leder verarbeitet und aus den Knochen und Geweihen wurden Werkzeuge hergestellt. Rentierzucht wird noch heute in Lappland und Nordrussland betrieben. In Norwegen und Schweden sind sie mit wenigen Ausnahmen den Samen vorbehalten. Etwa ein Drittel von der Fläche Schwedens ist Rentierzuchtgebiet. Weltweit gibt es etwa vier Millionen wildlebende und drei Millionen domestizierte Rentiere. Lebensweise Rentiere sind Herdentiere. Sie leben in kleineren Herden von bis zu hundert Tieren zusammen und sind auf der Suche nach Nahrung ständig in der kargen nördlichen Landschaft unterwegs. Zu den jahreszeitlichen Wanderungen finden sich die kleineren Herden zu Riesenherden von mehreren tausend Tieren zusammen. Erwachsene Rentier-Hirsche leben häufig als Einzelgänger. Je nach Jahreszeit ernähren sich Rentiere von Blättern, Kräutern, jungen Trieben, Wurzeln, Pilzen, Baum- und Erdflechten. Die Paarungszeit findet in den Monaten September und anfangs Oktober statt. Während dieser Zeit kommt es häufig zu Kämpfen unter den Männchen. Nach einer Tragzeit von rund 230 Tagen bringt die Rentierkuh ein bis zwei Kälber zur Welt. Die Neugeborenen werden sofort gesäugt. Schon eine Stunde nach der Geburt stehen sie auf eigenen Beinen und können der Mutter und somit der Herde folgen. Dies ist überlebenswichtig, da die Herde ständig weiterzieht. In der freien Natur können Rentiere bis 15 Jahre alt werden, in Gefangenschaft wird ein noch höheres Alter erreicht. Aussehen Das Rentier ist die einzige Hirschart, bei der beide Geschlechter ein Geweih tragen, bei allen anderen Hirscharten besitzen nur die männlichen Tiere diesen markanten Kopf- NAT UR Elche in Schweizer Tierpärken Wildnispark Zürich Langenberg Im Wildnispark Langenberg kann man während des ganzen Jahres auf verschiedenen Rundwegen durch den Wald Elche in ihrer natürlichen Umgebung beobachten. Im Elchhaus kann man den Elch-Test bestehen und sich beim Elch-Alarm vom Elchsammelfieber anstecken lassen. www.wildnispark.ch Tierpark Dählhölzli Der Tierpark Dählhölzli ist eingebettet zwischen der Aare und dem Dählhölzliwald. Entlang der einzigartigen Uferlandschaft können Elche und andere Wildtiere in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet werden. Der Tierpark ist das ganze Jahr geöffnet. www.tierpark-bern.ch schmuck. Das Geweih ist stangenförmig und weit verzweigt. Die Geweihstangen der Männchen können eine Länge von über einem Meter erreichen, die der Weibchen sind rund einen halben Meter lang. Das Geweih wird einmal im Jahr abgeworfen, bei den Männchen nach der Brunft, bei den Weibchen erst im Frühjahr. Rentiere werden durchschnittlich 1,40 Meter gross und wiegen zwischen 100 und 180 Kilogramm. Ihr dichtes Fell ist hell- bis dunkelbraun. Die Rentierkälber sind, anders als die gefleckten Jungen von anderen Hirscharten, einfarbig grau, weiss, braun oder beige. Gut geschützt Rentiere leben in Gegenden mit sehr kalten Wintern und müssen extrem tiefe Temperaturen aushalten. Vor der eisigen Kälte schützen sich die Tiere mit einem dichten Winterfell. Die Deckhaare sind an den Flanken fünf Zentimeter lang, an der Halsmähne können sie bis 30 Zentimeter lang sein. Unter den Deckhaaren befindet sich quasi ein «Unterhemd» aus besonders dichten, kurzen Wollhaaren. Speziell am Rentierfell sind die hohlen Deckhaare. Die eingeschlossene Luft verbessert die Wärmedämmung des Felles zusätzlich. Das lufthaltige, starre Haarkleid isoliert perfekt. Selbst bei minus 45 Grad ist der Stoffwechsel der Rentiere kaum erhöht. Bei den Rentieren erfolgt der Fellwechsel nur einmal im Jahr. Ihr Winterkleid werden sie mit einer einfachen Technik los. Die Rentiere stehen einfach da und schütteln sich, um die langen Winterhaare loszuwerden. Besonderes Rentiere sind gute Schwimmer und können mühelos Flüsse durchqueren. Ihr dichtes Fell mit den Lufteinlagerungen verschafft dabei unterstützend Auftrieb. Ihre Hufe sind sehr breit und die Klauen lassen sich weit spreizen, durch diese breitere Trittfläche sinken sie auf einer Schneefläche weniger ein. Die Rentiernase hat eine stark vergrösserte Oberfläche in den Nasenlöchern, dadurch wird die eingeatmete Luft aufgewärmt, bevor sie in die Lungen kommt. Wenn sich Rentiere fortbewegen ist ein regelmässiges, leises Klicken zu hören. Das Geräusch stammt von einer Sehne am Hinterbein, die beim Gehen über den Knochen streift. Es wird vermutet, dass diese Laute beispielsweise bei Schneestürmen, Nebel oder Dunkelheit der Herde helfen, zusammenzubleiben. Elch Der Elch ist der grösste, heute noch vorkommende Vertreter aus der Familie der Hirsche. Er kommt in mehreren Unterarten in Sibirien, Kanada, Alaska, Nordasien und Nordeuropa vor. Der europäische Elch kommt in grossen Beständen in Skandinavien und dem nördlichen Zentraleuropa vor. Kleine Ansiedelungen gibt es in Polen, Weissrussland und Tschechien. Noch zu Beginn des Mittelalters war der Elch über ganz Mitteleuropa verbreitet. In den letzten Jahren wurden in Österreich und Deutschland wieder vermehrt Tiere beobachtet, die einwandern. Das Revier eines Elchs kann bis zu 500 Hektaren umfassen. Bevorzugter Lebensraum sind lockere Mischwälder, Bruchwälder und Moore. Dort findet er seine Nahrung, die hauptsächlich aus Trieben, Zweigen, Flechten, Laub und Rinden von Weichhölzern besteht. Zudem frisst er Heide- und Beeren­ kräuter sowie Wasserpflanzen. Auch die E ­ lche wandern auf der Suche nach Nahrung täglich viele Kilometer. Aussehen Charakteristisch für den Körperbau des Elches ist der kurze massige Rumpf mit seinen relativ langen Gliedmassen. Auch der Kopf ist lang und ausgeprägt. Auffällig ist die vergrösserte, stark überhängende Oberlippe, die eine wichtige Hilfe beim Äsen und Abstreifen von Rinde ist. Einen Kinnbart tragen Bullen und Kühe. Die imposanten Elchbullen erreichen eine Schulterhöhe von über zwei Metern und können bei fast drei Meter Körperlänge bis zu 800 Kilogramm wiegen. Das weit ausladende Schaufelgeweih der Elchbullen kann bis zu zwei Meter breit und zwanzig Kilogramm schwer werden. Im Frühjahr nach der Brunftzeit fällt das Geweih ab und wächst bis zur nächsten Brunft wieder nach. Besonderes Elche sind ausdauernde und schnelle Läufer. Sie erreichen eine Geschwindigkeit von bis zu 60 Stundenkilometern. Mit seinen langen Beinen kann er in unwegsamen Wäldern auch grössere Hindernisse überwinden. Die hervorragenden Schwimmer können nicht nur weit und schnell schwimmen, sie können auch ihre Nasenlöcher schliessen, um mehrere Meter tief zu tauchen und unter Wasser zu fressen. Der Elch kann seine Augen so bewegen, dass er, ohne den Kopf zu drehen, fast im 360-Grad-Winkel Bewegungen erkennt. Auch die Nase leistet ihm perfekte Dienste. Da die Nasenlöcher weit auseinanderliegen, kann er, wie Forscher vermuten, Objekte sogar dreidimensional orten. Weiter kann der Elch seine Ohren in alle Richtungen bewegen und so über eine Entfernung von bis zu drei Kilometern mit seinen Artgenossen kommunizieren. Rentiere im Zoo Basel Im Frühling 2016 sind im Zoo Basel vier gesunde Rentiere zur Welt gekommen. Der Kindersegen ist für den Zoo Basel ein grosser Erfolg, denn früher waren die Neugeborenen oft zu schwach. Dank verbesserter Fütterung und einer neuen genetischen Zusammensetzung der Gruppe sorgen die Rentiere im Zoo Basel nun jährlich für reichen Nachwuchs. Bei Schnee und Kälte laufen die Rentiere im Zoo Basel zur Hochform auf. Ein Spurt durch den Neuschnee oder ein kurzes Geweihgefecht lassen sich in den Wintermonaten immer wieder beobachten. Wussten Sie, dass nach Weihnachten die Weihnachtszeit der Zootiere beginnt? Dann werden nicht verkaufte Weihnachtsbäume in den Tiergehegen verteilt. Die Freude darüber ist gerade den Rentieren richtig anzusehen. Unermüdlich scheuern sie das Geweih an den Tannenbäumen und fressen die Nadeln. www.zoobasel.ch Dezember 2016 55