Zwangsarbeit in Kelsterbach 1939 bis 1945

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Zwangsarbeit in Kelsterbach 1939 bis 1945
Das Durchgangslager für Zwangsarbeiter aus Osteuropa
In den Jahren 1942 bis 1945 gab es in Kelsterbach
Die toten Kinder wurden wie alle im Lager Verstorim heutigen Gewerbegebiet Taubengrund ein gro-benen auf einem eigenen Friedhof im Wald in der
ßes Durchgangslager, in dem Tausende von ZwangsNähe des Lagers beerdigt und 1961 auf den Gemeinarbeiterinnen und Zwangsarbeitern untergebracht defriedhof umgebettet.
waren. Sie wurden aus den von Nazi-Deutschland Am 6. Juni 2013 beschloss der Magistrat, auf die
besetzten Ländern in Osteuropa, vor allem aus Russ„Geschehnisse im Durchgangslager Kelsterbach" unland, Weißrussland und Polen, nach Deutschland ter anderem mit einer Gedenktafel hinzuweisen. Er
verschleppt und zur Zwangsarbeit in Fabriken undbat die „Initiative Stolpersteine" und andere an diein der Landwirtschaft eingesetzt, weil viele deutscheser Arbeit Interessierte um Vorschläge für die Form
Männer als Soldaten an der Front waren.
des Gedenkens. Der Text der Gedenktafel sollte der
Träger des „Durchgangslagers für Ostarbeiter" warStadtverordnetenversammlung zur Kenntnis gegedas Gauarbeitsamt Rhein-Main. Die Zwangsarbeiter ben werden.
erhielten Arbeitskarten und ihre Kleidung wurde mit
Stationen eines Lehrpfads
den Buchstaben „P" oder „OST" gekennzeichnet, so
dass sie als rechtlose „Polen" oder „Ostarbeiter" zuAm 1. September 2016 wird mit einer Gedenktafel am
erkennen waren. Von hier wurden sie zur Zwangs-Kelsterbacher Bahnhof die erste Tafel zur Erinnerung
arbeit auf Fabriken und Bauernhöfe in ganz Südhes-an das Zwangsarbeiteriager in Kelsterbach angesen verteilt.
bracht. Weitere Tafeln sind in Vorbereitung und solDie Zahl der Menschen, die durch das Lager gesich zu einem „Lehrpfad" verbinden. Am 1. Sepschleust wurden, ist unbekannt. Da das Lager Platzlen
tember
1939 überfiel die deutsche Wehrmacht auf
für 3.000 Menschen hatte, dürften es mehrere ZehnBefehl
Hitlers
das Nachbarland Polen. Der I.Septausend gewesen sein. Mehr als 200 Menschen sind
gilt heute in Deutschland als „Antikriegstag".
in dem Lager gestorben. Die Forschungen einer tember
(Ij Die Schülergruppe bestand aus Karin Diehl, Cla
Schülergruppe der Gesamtschule Kelsterbach brach- newald, Gernot Mansch, Annette Kaiser, Christoph
ten 1983 die schreckliche Wahrheit ans Licht, dassricht, Marion Opitz und Kerstin Reviol sowie Haral
ling als Tutor.
,, ,
in dem Lager mehrere Kinder ermordet wurden (1).
Bis 1961 bestand in der Nähe des Durchgangslagers für osteuropäische Zwangsarbeiter in Kelsterbach ein Fr
storbenen Menschen. 1961 wurden die Toten auf den „Ehrenfriedhof' des Gemeindefriedhofs umgebettet. D
dieser Broschüre beigefügten Stadtplan eingezeichnet (Seite 12). (Foto: Stadtarchiv Kelsterbach)
Deportation nach Deutschland
Über 12 Millionen Menschen aus vielen europäischen
Ländern wurden im Verlauf des Zweiten Weltkriegs zur
Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Im Sommer
1944 arbeiteten neben sechs Millionen zivilen Zwangsarbeitern auch zwei Millionen Kriegsgefangene und über
eine halbe Million KZ-Häftlinge im Deutschen Reich. Auch
in den besetzten Gebieten wurden zahlreiche Männer,
Frauen und Kinder zur Arbeit für den Feind gezwungen.
„Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz in
Deutschland" war Friedrich Sauckel (1894-1946). Eine
groß angelegte Propagandakampagne „Europa arbeitet
in Deutschland" sollte suggerieren, es handele sich um
einen freiwilligen Einsatz für den „Neuaufbau Europas"
und den „Kampf um die lebenswichtigen Voraussetzungen für eine glückliche Zukunft und Wohlfahrt der Völ- Das Foto zeigt ukrainische Jugendliche, die zur Zwangsar
ker im europäischen Raum". So stand es im Vorwort zunach Deutschland verschleppt wurden. Es stammt nicht
Kelsterbach. Lager für Zwangsarbeiter gab es in ganz Deuts
Millionen von Arbeitsbüchern der Zwangsarbeiter.
Nach den Plänen, die von dem Kelsterbacher Lager e
Sauckel sprach 1944 von 5 Millionen ausländischen land.
ten
sind,
es dort aber ganz genau so aus. (Foto: Scherl/
Arbeitern in Deutschland. Davon sind nach seinen Wor-deutsche sah
Zeitung)
ten „keine 200.000 freiwillig gekommen".
Für den Arbeitseinsatz in Deutschland wurden in den Iwan Gatsko war erst 14 Jahre alt, als er während der
besetzten Ländern eigene Arbeitsämter errichtet. Junge Rückzugsgefechte der deutschen Truppen im Jahr 1944 in
Menschen, aber auch ganze Familien wurden beim Ein-seinem weißrussischen Heimatdorf Teluscha in der Regikaufen auf den Marktplätzen oder auf der Straße festge-on Mogiljowan verhaftet wurde: „Ein Kommandant und
setzt und zum Arbeitseinsatz nach Deutschland deportiert.drei Bewaffnete kamen in unser Dorf und haben die älteren Kinder aus den Häusern geholt." Sie wurden zur
nächstgelegenen Eisenbahnstation gebracht und in GüAnkunft in Kelsterbach
terwaggons gepfercht. Nach zwölf Tagen kamen sie in
Frauen, Männer und Familien mit kleinen Kindern ka- Kelsterbach an. Nach einigen Tagen im Durchgangslager
men am Bahnhof in Kelsterbach an und liefen mit ihrem
Kelsterbach wurde er als Zwangsarbeiter in der FlugzeugGepäck auf der Mörfelder Straße zu dem „Durchgangs- industrie bei den Gerhard-Fieseler-Werken in Kassel einlager für Ostarbeiter", das 1942 errichtet wurde. Tomasz gesetzt. Ende April 1945 wurde er von den Amerikanern
Kiryllow aus dem Dorf Glubokoje in Weißrussland war im Lager Lohfelden befreit (www.kelsterbach.de > Pres17 Jahre alt, als er im April 1942 den Befehl erhielt, sich
semitteilung vom 27.4.2005).
auf die „Ausreise" nach Deutschland vorzubereiten. Die Auch Tomasz Kiryllow verbrachte nur wenige Tage in
Fahrt in einem mit Menschen vollgestopften Güterzug en-dem Lager Kelsterbach. Danach wurde er zur Zwangsdete in Kelsterbach:
arbeit in Wetzl
ar erverpflichtet. Dort wurde ihm Sabotage
.„Aussteigen!" schrie jemand. In einem solchen
Ton
vorgeworfen.
Über
das Arbeitserziehungslager Frankfurtteilte Befehle musste ich später einige Jahre
langmhören.
Heddernhei
kam
er
schließlich ins KonzentrationslaDie deutschen Aufseher bildeten eine Dreierkolonne,
und
ger
Buchenwal
d
und
von dort zu einer SS-Baubrigade in
bepackt mit Köjferchen, Kojfern und Bündeln
zogenNach
wir sei
Nordfrankreich.
ner erfolgreichen Flucht schloss
durch die Straßen des Städtchens. (...) Die
Häuser
waren
er
sich
dem
französi
s
chen
Widerstand an.
aus Stein, adrett und sauber, oft mit einem Gärtchen voller herrlicher Blumen, mit niedrigen Obststräuchern und
sorgfältig gepßegten Gemüsebeeten. (...)ZuNach
einer
den auf
demVierKelsterbacher „Ehrenfriedhof' beerdigten
ten gehörtTor
Wassili
telstunde betraten wir durch ein breites eisernes
das Lisenkow, ein russischer Arbeiter, der be
nemunsere
Bauern Koin der „Straße der SA", der heutigen Mainstr
Lager. Es war mit Stacheldraht umzäunt. Als
Be, arbeitete.
Zusammen mit 13 Kelsterbacher Bürgern k
lonne auf dem Lagerplatz war,fieldas große
eiserne Tor
am
17.2.1945
bei einem Bombenangriff im Alter von 24 J
krachend zu. Ich spürte es wie eine Peitsche.
Ich Leben.
begriff,
ren umsS.35)
dass ich in einer Falle war." (Tomasz Kiryllow,
ARBEITSBUCH
i!
F Ü R
A U S L Ä N D E R
Aus
Lager
1985 besuchte Tomasz Kiryllow, der seit dem Ende
desdem
Kriegs
in sind nur wenige Fotos erhalten. Das Foto aus
Privatbesitz
Polen lebte, auf Einladung des DGB die Stadt Kelsterbach.
Leh-zeigt Deutsche, die in dem Lager arbeiteten, vor
Baracke, die zum Verwaltungsteil des Lagers gehörte. D
rer Harald Freiling (links) und der Vorsitzende des ner
DGB-OrtskarLagerund
selbst
war bewacht und mit Stacheldraht eingezäunt. Z
tells Ludwig Börner erläutern eine von Schülerinnen
Schüzeugen berichteten,
dass es verboten war, sich dem Lager zu
lern der Gesamtschule gestaltete Ausstellung zur Geschichte
der
hern. (Foto: privat)
Zwangsarbeit in Kelsterbach.
Das Lagergelände war in einen „reinen" und einen „unreinen" Teil vor und nach der Desinfektion der Menschen
Das Durchgangslager wurde in bereits vorhandenen Bara-und Kleidungsstücke eingeteilt. Nach allen Berichten von
cken des Reichsarbeitsdiensts eingerichtet. Das Baracken-Zeitzeugen war das Lager bewacht und mit Stacheldraht
lager wurde nicht mehr benutzt, da die bereits begonne-eingezäunt. Zeitzeugen berichteten, dass es verboten war,
nen Arbeiten an der Autobahn nach Köln während des sich dem Lager zu nähern.
Von Kelsterbacher Einwohnern, die in dem Lager als
Kriegs nicht fortgesetzt wurden. Auf einer Luftaufnahme, die kurz vor Kriegsende von amerikanischen PilotenWachen oder in der Kantine arbeiteten, sind einzelne Fohergestellt wurde, sind das Lager an der Mörfelder Stra-tos aus dem Lager erhalten.
ße und die Brücke über die Autobahntrasse zu erkennen. In dem Lager wurden die Menschen erfasst und auf
Unter der Brücke wurden Flugzeuge vom nahegelegenenFabriken und Bauernhöfe in ganz Südhessen verteilt. Die
ausgestellten Arbeitspapiere tragen den Stempel „GauarFlughafen vor Bombern versteckt.
Alle Akten des Gauarbeitsamts, die Auskunft über beitsamt Rhein-Main Durchgangslager Kelsterbach" und
das Lager geben könnten, wurden nach Zeugenaussagendie Unterschrift des Lagerieiters. Von hier aus wurden
kurz vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen imdie Menschen einzeln oder auch im Familienverband eiMärz 1945 verbrannt. Nach dem Heimatbuch Kelsterbachner Einsatzstelle zugewiesen. Tomasz Kiryllow beschreibt
(Bandl, 1986) wurde das Richtfest des Durchgangslagers das Durchgangslager als „Sklavenmarkt":
„am 6. Juli 1942 in Anwesenheit des Gauleiters Sprenger"„Alle paar Tage kommen ,Käufer' aus den Fabriken
gefeiert (S. 182). Im Stadtarchiv Kelsterbach existiert ein Bauern hierher. Sie kaufen sich Arbeitskräfte. (...) H
Durchgangslager darf man nur drei Tage bleiben, do
Plan des Lagers, der der Akte zur Genehmigung des Angibt
auch solche Gerissenen, die sich ganze Wochen
trags von Georg Martin zum „Betrieb einer Schankwirtschaft im Durchgangslager Kelsterbach" vom 7.12.1943 umdrücken. Sie ivarten auf gute Arbeit." (S.37)
beigefügt ist. Auf dem Plan vom Oktober 1943 sind 15 Ba- Nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen am
racken zur Unterbringung der Zwangsarbeiter sowie Bara- 26. März 1945 übernahm die Gemeinde die Betreuung der
cken für die Lagerverwaltung, das Gauarbeitsamt und dieim Durchgangslager verbliebenen Menschen, die danach
Wachmannschaften, eine Sanitätsbaracke und die „Ent- als „Displaced Persons" (DP) galten.
wesungseinrichtungen" eingezeichnet.
Das Durchgangslager
Im Durchgangslager
wurden die Arbeitspapiere für den Einsa
Luftaufnahme des Lagers Anfang 1945 (Flug US 7GR/151,
Aufder Zwangsarbeiter in Deutschland ausgestellt. (Stadtarchiv)
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die Zwangsarbeiter aus Westeuropa als Angeh
Nach der Auflösung des Durchgangslagers warenWährend
dort zunächst
„höherwertiger
amerikanische Soldaten und ab 1947 heimatvertriebene
Deut- Rassen" angesehen wurden, wurden die Zwa
arbeiter
aus Osteuropa streng kontrolliert umd mit dem Ab
sche untergebracht. Dazu wurden die halbrunden
„Nissenhütten" aus Wellblech errichtet. (Foto: Stadtarchiv) chen „P" oder „OST" gekennzeichnet. (Abbildung: Stadtarc
Das Heimatbuch Kelsterbach spricht von „3.000 Ver- Im Staatsarchiv Darmstadt sind zahlreiche Bauanträge
schleppten", die „bevorzugt mit Lebensmitteln beliefert der Glanzstoff für neue Wohnbaracken für russische Arwerden mussten" (S.186).
beiterinnen und Arbeiter erhalten. Da die Produktion der
In dem Lager wurden zunächst amerikanische Solda-Glanzstoff unter anderem für die Herstellung von Fallten und von 1946/47 bis 1956 heimatvertriebene Deutscheschirmseide von militärischer Bedeutung war, wurden die
untergebracht. Dazu wurde das Lager mit Wellblechba- Anträge trotz Baustoffmangel schnell bewilligt.
racken, den sogenannten „Nissenhütten", erweitert. 1950 In der Landwirtschaft eingesetzte Zwangsarbeiterinnen
wurde ein Teil des Geländes von der Firma Flögel erworund Zwangsarbeiter bereiteten den Nazi-Behörden besonben, die dort eine Waffel- und Keksfabrik errichete.
deres Kopfzerbrechen, weil hier auch persönliche Kontakte zwischen Deutschen und ausländischen Zwangsarbeitern entstanden. Da insbesondere die osteuropäischen
Zwangsarbeiter in Kelsterbach
Arbeitskräfte als Angehörige einer „minderwertigen RasEine „Fremdarbeiterkartei" im Stadtarchiv der Stadt Kels- se" galten, sollten solche Kontakte weitgehend unterbunterbach dokumentiert die Namen von 1514 Männern undden wurden.
911 Frauen, die unmittelbar in Kelsterbach eingesetzt wur- Für die Unterbringung und die Freizeit wurden zahlreiden. Während die Zwangsarbeiter aus Holland (588), Bel-che Gesetze und Verordnungen erlassen. Zwangsarbeiter
gien (379) und Frankreich (157) direkt zur Arbeit in Fa- mussten das Abzeichen mit dem Buchstaben „P" (Polen)
briken, Handwerksbetrieben und in der Landwirtschaft oder „OST" (Ostarbeiter) an der Kleidung tragen. Wer gevermittelt wurden, wurden die osteuropäischen Zwangs- gen die Kennzeichnungspflicht verstieß, musste der Gearbeiter zunächst im Durchgangslager für Ostarbeiter re- heimen Staatspolizei (Gestapo) gemeldet werden.
gistriert. Die meisten kamen aus Russland (731), Polen
Eine „Aufnahme in die häusliche Gemeinschaft" war
(228) und Litauen (III).
streng verboten. Öffentliche Verkehrsmittel durften nur
Die Glanzstoffwerke waren mit Abstand der größte mit einer besonderen Genehmigung verwendet werden.
Einsatzbetrieb. Hier waren nach der Kartei im Lauf der Verboten war der Besuch von Gaststätten oder der allgeKriegsjahre 1673 Zwangsarbeiter gemeldet.
meinen Gottesdienste.
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A
Das Foto zeigt in Kelsterbach eingesetzte französische
WassiliZwangsLisenkow kam aus Baranowitsche (Weißrussland)
arbeiter, die größere „Freiheiten" hatten als die osteuropäischen
war in der Landwirtschaft der Familie Hess in der Straße d
Zwangsarbeiter. Ihre Kleidung war nicht gekennzeichnet
SA (Mainstraße)
und sie eingesetzt. Er starb am 17.2.1945 mit 13
wurden nicht regelmäßig bewacht.(Foto: privat) deren Menschen bei einem Bombenangriff. (Foto: H.Freilin
Bis 1961 existierte in der Nähe des Lagers ein Friedhoffür im
Durchgangslager verstorbene Menschen. Die Holzkreuze wurden
erst nach 1945 durch die Gemeinde angebracht. 1961 erfolgte
die Umbettung der Toten auf den „Ehrenfriedhof'. (Foto: privat)
Polnische Arbeiter, die Geschlechtsverkehr mit einer deutschen Frau hatten, wurden zum Tode verurteilt. Eine Frau
aus Kelsterbach, die „in würdeloser Weise das selbstverständliche Gebot uneingeschränkter Zurückhaltung erheblich verletzte", wurde von einem Sondergericht in
Darmstadt zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt (Hessische Landeszeitung von 14.10.1942). Da sie sich mit den
ausländischen Arbeitskräften nicht „in besonders ehrloser Weise eingelassen hatte" , sah das Gericht nach dem
Am 28.5.1961 wurde der „Ehrenfriedhof' für deutsche und
Bericht der Zeitung, die die Frau mit dem vollen Namen
nannte, „von einer Zuchthausstrafe ab". Regelmäßig be- ausländische Kriegsopfer eingeweiht. Die Namen der im Dur
verstorbenen Zwangsarbeiter, die in ein Masseng
richteten die Zeitungen über die Bestrafung von Bau- gangslager
umgebettet
ern, die mit ausländischen Arbeitern beim Essen am sel-H.Freiting) wurden, sind auf großen Tafeln verzeichnet. (Fo
ben Tisch saßen.
Einer der ersten Hinweise von Zeitzeugen galt dem „Russenfriedhof' und dem „Russenlager", wie das Durchgangs1982/1983 beteiligte sich eine Schülergruppe der Gesamt-lager von den Kelsterbachern genannt wurde. Schnell
schule Kelsterbach mit ihrem Klassenlehrer Harald Frei- machten die Namen von Frauen und Kindern auf Grabling an dem „Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte umsteinen auf dem „Ehrenfriedhof' am Rand des Kelsterbacher Gemeindefriedhofs klar, dass es in Kelsterbach kein
den Preis des Bundespräsidenten". Im Rahmen des Wettbewerbs, der alle zwei Jahre von der Körber-Stiftung ausge-Lager für Kriegsgefangene, sondern für osteuropäische
schrieben wird, sollen Schülerinnen und Schüler zu einemZwangsarbeiter gab. Der ursprüngliche Friedhof für die
wechselnden Rahmenthema die Geschichte ihres Wohnortsim Durchgangslager Kelsterbach verstorbenen Menschen
erforschen. Bei ihren Recherchen zum Thema „Alltag imlag in unmittelbarer Nähe des Lagers (Stadtplan 5). Die
Nationalsozialismus - Die Kriegsjahre" stießen Jugendli- Toten wurden 1961 auf den „Ehrenfriedhof' umgebettet
(Stadtplan 6).
che in vielen Städten und Gemeinden auf die Spuren der
Zwangsarbeit in Deutschland.
Geburten und Todesfälle wurden durch die Bürgermeisterei am Marktplatz beurkundet. Dabei wurden die
Geburten und Todesfälle im Durchgangslager wurden
nach
der
des Lagerleiters
zur Todesursache ungeprüft in
Mitteilung durch den Lagerleiter vom StandesamtAngaben
in
Kelsterbach
di
e
Sterbeurkunde
übernommen.
Auch für die Beerdibeurkundet. Die Kosten für die Beerdigungen wurden
dem
Gau-war die Gemeinde
gung
der
Toten
zuständig. Die Kosten
arbeitsamt in Rechnung gestellt. (Stadtarchiv)
von 30 Reichsmark pro Todesfall wurden mit dem Gauarbeitsamt abgerechnet. Die Holzkreuze mit den Namen
der Toten wurden erst nach dem Krieg angefertigt, als die
Gemeinde Kelsterbach zu einer „würdigen Ausgestaltung
der Gräber" verpflichtet wurde.
Bei der Umbettung der Toten auf den „Ehrenfriedhof'
wurden die sterblichen Überreste in einem Massengrab beerdigt und die Namen von 214 Menschen auf Sandsteinplatten verzeichnet. Auch unter den Einzelgräbern im vorderen Teil des „Ehrenfriedhofs", die ansonsten deutschen
Kriegsopfern vorbehalten sind,findetman die Namen von
osteuropäischen Zwangsarbeitern. Zu ihnen gehört Wassili Lisenkow, der am 17. Februar 1945 bei einem Bombenangriff auf Kelsterbach ums Leben kam.
Der „Russenfriedhof"
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Die Karteikarte von Iwan Oxenjuk aus Urewjatka 1988
im Kreis
Ko- Krystyna Walas, geborene Janas, das Grab
besuchte
walsky in Russland stammt aus dem Stadtarchiv Pfungstadt.
In
Schwester Wieslawa,
die im Alter von zwei Monaten im Du
Pfungstadt war er im Alter von 12 Jahren als „landwirtschaftgangslager Kelsterbach ermordet worden war. Die Tafel, d
licher Arbeiter" eingesetzt. Drei seiner Geschwister
im
in starben
Polen anfertigen
ließ, trägt die Inschrift: „Wieslawa Jans
Durchgangslager Kelsterbach: Pert wurde 3 Jahremordet
alt, Alexei
am 520.7.1944 im Lager Kelsterbach. Zur Erinnerung
Jahre und Anna 6 Jahre.
das Leiden und zur Mahnung für die Zukunft. Polen, 23.4.19
Die meisten IVIenschen, die in dem Lager starben, kamenracke untergebracht war, von einem Arzt und zwei Pfleaus Russland (137) und Polen (32). Bei 30 Personen ist gerinnen untersucht wurde. Das Kind starb, nachdem es
in den nach dem Krieg erstellten Listen keine Herkunft eine Spritze in die Wirbelsäule bekommen hatte. Sie selbst
angegeben. Die Todesursachen, die von den Lagerärztenwurde ohnmächtig, als der Arzt auch ihr Kind nehmen
angegeben wurden, lassen darauf schließen, dass viele wollte. Als sie wieder zu Bewusstsein kam, stellte sie fest,
Menschen bereits krank nach Deutschland kamen (Herz-dass ihr Kind hohes Fieber hatte und sich vor Schmerzen
erkrankungen) oder an ansteckenden Krankheiten und krümmte. Es starb noch in derselben Nacht. Sie musste ihr
durch Epidemien auf der Reise oder im Lager starben (Luntotes Kind in die Wäscherei tragen, wo auf einem Tisch
genentzündung, Lungentuberkulose, Fleckfieber, Ruhr). bereits mehrere tote Kinder lagen. Am nächsten Tag wurBestürzt mussten die Schülerinnen und Schüler 1982 de die ganze Familie Janas „zur Arbeit in der Landwirtbei der Auswertung der Listen aber auch feststellen, dassschaft abtransportiert".
sich unter den Toten sehr viele Kinder befanden. Unter den Tatsächlich verzeichnet die Liste der Sterbefälle rund
214 Toten waren 68 Kleinkinder im Alter bis zu 2 Jahren
um das Todesdatum von Wieslawa (Welislawa) Janas am
und 25 Kinder im Alter von 3 bis 8 Jahren.
20. Juli 1944 den Tod mehreren Kleinkinder. Für Wieslawa wurde „Scharlach" als Todesursache angegeben, für
die anderen Kinder unter anderem „Nierenleiden" und
„Lebensschwäche".
Der Tod von Kindern im Durchgangslager
Nachdem die Schülerinnen und Schüler diese WahrZu den toten Kindern gehören immer wieder auch mehrere
heit ans Licht gebracht hatten, gelang es in den folgenden
Kinder derselben Familie. Zwischen dem 7.4. und 3.6.1944Jahren, den weiteren Weg der Familie zu verfolgen. Krystarben drei Kinder der Familie Oxenjuk aus Grewjatka imstyna Walas, die ältere Schwester der kleinen Wieslawa,
Kreis Kowalsky in Russland. Pert war 3 Jahre alt, Alexeibesuchte 1988 auf Einladung des DGB und der Stadt das
5 Jahre und Anna 6 Jahre alt. Ein Foto ihres älteren BruGrab ihrer in Kelsterbach ermordeten Schwester.
ders Iwan Oxenjuk fanden wir später auf einer Karteikarte in Pfungstadt, wo er mit 12 Jahren als „landwirtschaft-Kazimiera Janas (Foto links) kam mit ihrem Mann und dre
licher Arbeiter" eingesetzt war.
dern aus dem Lager Kelsterbach auf einen Bauernhof in der
Erst kurz vor Abschluss der Wettbewerbsarbeit brach- von Weilburg. Die älteste Tochter Krystyna (unten links) k
te ein Schreiben der Zentralen Stelle der Landesjustizver-sich bei ihrem Besuch 1988 an ein gleichaltriges Mädchen
Bauernfamilie erinnern, mit dem sie spielen durfte. Die V
waltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbre- fentlichung
des Fotos in der Lokalzeitung führte nach 44 J
chen in Ludwigsburg Gewissheit, dass eine unbekannte ren zu einem
herzlichen Zusammentreffen.
Zahl von Kindern im Durchgangslager Kelsterbach durch
gewissenlose Ärzte ermordet worden war. Eine in Polen
gebildete „Hauptkommission zur Untersuchung der NaziVerbrechen" hatte Ende der sechziger Jahre überlebende
ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter über
ihre Erfahrungen in Deutschland und mögliche Straftaten befragt. Im Rahmen dieser staatsanwaltschaftlichen
Vernehmungen hatten mehrere Frauen unabhängig voneinander ausgesagt, dass ihnen im Lager in Kelsterbach
ihre Kinder weggenommen worden waren. Zu ihnen gehörte auch Kazimiera Janas aus dem Dorf Piotek Wielki
im Kreis Kalisz, die zusammen mit ihrem Mann und vier
Bündern im Altern von 4, 3 und 2 Jahren und der jüngsten
Tochter Wieslawa (Welislawa), die erst 2 Monate alt war,
im Juni 1944 in das Lager in Kelsterbach kam. Sie wurde Zeugin, als das Kind einer Frau, die in derselben Ba-
Während des Besuchs von Krystyna Walas (Foto unten,
(16) « l a a t w l » ,
l.von links) zelebrierte Pfarrer Herbert Köhl in AnweDar tt-rohrer im BuS lasu
senheit des Stadtverordnetenvorstehers Manfred Müller
(3. von links) und von Schülerinnen und Schülern der BBS I - l o . - 25.1.1945
Gesamtschule eine Totenmesse. Später besuchte Krystya u l a K.
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2.2.1918,
31aB«aioff««rk« Afl is~X*lst«rb«äh.
na Walas auch die Familie in der Nähe von Weilburg, woB « » M l P«.
Bartl«»
3 o l l T « l k r a f « I . O . TOB 17.12.1944
ihre Eltern auf einem Bauernhof zur Feld- und Hausardl«
beit eingesetzt wurden und auch die überlebenden Kin- •«ictislTitakuHr,
der freundliche Aufnahme gefunden hatten.
üratlloha S a a l r k a r a m l B l p a c
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2).1.1945
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Die Suche nach den Tätern
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Dass Kinder von Zwangsarbeiterinnen wie in Kelsterbach
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offensichtlich gezielt und absichtlich getötet wurden, ist
an keinem anderen Ort in Deutschland belegt. Allerdings
gibt es zahlreiche Informationen und Veröffentlichungen über Zwangsabtreibungen, über die Wegnahme von
neu geborenen Kindern, die zur Adoption durch kinderloSchwangere Ostarbeiterinnen wurden durch Arzte des „RuS
se deutsche Ehepaare freigegeben wurden, und über densens"
(Rasse- und Siedlungshauptamt der SS) untersucht. Da
elenden Tod durch Hunger und Verwahrlosung in Kin- bei wurde
festgestellt, ob das Kind „nach rassischen Gesich
derheimen.
punkten" erwünscht ist. (Dokument: HHStA Wiesbaden Ak
Auch für das Durchgangslager Kelsterbach sind 483/7362)
solche Zwangsabtreibungen belegt. Betriebe mussten dieDer für die Krankenstationen in Kelsterbach und in PafSchwangerschaft einer Ostarbeiterin dem Gauarbeitsamt fenwald, einem anderen hessischen Durchgangslager in
melden. Danach wurde eine Untersuchung durch SS-Ärz-der Nähe von Bad Hersfeld, zuständige Arzt Dr. Hans Welte aus dem Rasse- und Siedlungshauptamt (RuS) veran-cker (geboren 1898) berichtete in einem Schreiben an die
lasst, bei der festgestellt wurde, ob das Kind nach „ras- Arbeitsämter im Bereich des Gauarbeitsamts für Rheinsebiologischen Gesichtspunkten erwünscht ist". Dies war n und Kurhessen vom 24. Mai 1944 über die Zustände
beispielsweise dann der Fall, wenn der Vater des ungebo-Mai
in den beiden Hilfskrankenhäusern. Zahlreiche Ostarbeiterenen Kindes ein deutscher Mann war. In diesem Fall war
„die sich bereits im vorgeschrittenen Stadium der
das Kind auszutragen und in vielen Fällen zur Adoptionrinnen,
Schwangerschaft
seien „infolge Fehlens ausabzugeben. War es ein polnischer oder russischer Arbeiter,giebiger ärztlicherbefanden",
Instrumente
wieder an die Arbeitsämgalt das Kind als „minderwertig" und „unerwünscht". In ter zurückgeschickt" worden. (HHStA
483/7359)
diesem Fall wurde eine Zwangsabtreibung durchgeführt.
Für Südhessen war das „Hilfskrankenhaus" des Durchgangslagers Kelsterbach zuständig.
Die Liste der Sterbefälle im Lager Kelsterbach verzeichnet mehrere Todesfalle in Folge einer Abtreibung (sepsis
post abortum).
S-StuxvbanzifahTar.
Die Illustrierte STERN veröffentlichte 1998 eine zweiteilige Reportage über das Schicksal der Kinder von Zwangsarbeiterinnen.
Dabei griffen sie auch die Recherchen der Kelsterbacher Schüler
auf und besuchten Krystyna Walas und ihre Brüder Jozef und
Stanislaw in dem polnischen Dorf Piotek Wielki. Das Birkenkreuz vor ihrem Haus, so erzählte sie den Reportern, erinnere
sie täglich an ihre ermordete Schwester.
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/h der forlcuicii /.eile ist der Name von WelislawaTodesfälle
Janas ver-im Durchgangslager wurden vom Lagerleiter an
Standesamt
gemeldet. Dort wurde eine offizielle Sterbeurk
zeichnet, die am 20. Juli 1944 im Durchgangslager
Kelsterbach
ausgestellt.
Für Welislawa Janas wurde „Scharlach" als To
ermordet wurde. Im Rahmen des geplanten Lehrpfades
soll eine
ursache
angegeben. Heinrich Hoffmann, der während des K
Gedenktafel auf dem Friedhof über die Zwangsarbeit
in Kelsterseine Ausbildung
bei der Gemeindeverwaltung machte, e
bach und die Ermordung von Kindern im Durchgangslager
innert sich an die vielen Meldungen über den Tod kleiner Kin
formieren. (Foto: H.Freilingj
Der Aufforderung des russischen Arztes, dass sie zu
Das für das Lager Pfaffenwald zuständige Standesamt
einem späteren Termin erneut in das Lagerkranlcenhaus registrierte zwischen 1942 und 1945 750 Geburten von
kommen solhen, „wurde jedoch in den wenigsten Fäl- russischen und polnischen Kindern und den Tod von 52
le Folge geleistet". Offensichtlich hätten die Frauen „denSäuglingen. Susanne Hohlmann, die die Geschichte des
Wiedereinberufungsbescheid vernichtet", um „nunmehr Lagers erforschte, hält die Zahl für zu niedrig und berichdas zu erwartende Kind bis zur Entbindung auszutragen".tet, dass Frauen, die nach Pfaffenwald zur Entbindung
Weiter berichtete Welcker, dass in Kelsterbach „Un- kamen, die Neugeborenen im Lager zurücklassen mussterbrechungsfülle bis zum 5. Monat der Schwangerschaftten, damit die Mütter schnell wieder „arbeitsfähig" waren.
durchgeführt" werden. Die Abtreibungen wurden durch Dass die rassenideologische Unterscheidung von „errussische Ärzte durchgeführt, die selbst Zwangsarbeiter wünschten" und „unerwünschten" Kindern nicht nur für
waren. Der russische Arzt in Pfaffenwald führe im 4. und
ungeborene Kinder vorgenommen wurde, zeigt ein Brief
5. Monat der Schwangerschaft keine Abtreibungen durch,des RuS-Führers Rhein-Westmark vom 11.1.1943 an den
halte dagegen „Unterbrechungsfälle ab dem 6. Monat fürPräsidenten des Gauarbeitsamts Rhein-Main, dem auch
unbedenklich." (HHStA 483/7359)
die Lager in Kelsterbach und Pfaffenwald unterstanden:
„Im übrigen sollen auch die bereits von Auslände
geborenen
Kinder daraufhin überprüß werden, ob
Karteikarte aus dem Lager Pfaffenwald
wünschenswert anzuzeigen sind oder nicht. Ich ne
dass auch darüber die Arbeitsämter Angaben mach
nen und bitte, eine listenmäßige Aufgabe (!) zu v
sen." (HHStA 483/7359)
Dass die Tötung von Kindern im Durchgangslager Kelsterbach in Verbindung mit einer solchen Anweisung steht,
kann nicht belegt werden. Nachdem die Zeugenaussagen
von Kazimiera Janas und anderer Frauen, deren Kinder
in Kelsterbach getötet wurden, 1971 den deutschen Behörden zugeleitet worden waren, nahm die Staatsanwaltschaft Darmstadt Ermittlungen auf Im Rahmen des „Ermittlungsverfahrens gegen unbekannte Täter wegen des
Todes von Kleinkindern infolge medizinischer Eingriffe
im Durchgangslager Kelsterbach" wurde auch Dr. Hans
Welcker, seit 1941 Leitender Arzt beim Landesarbeitsamt
Hessen, vernommen.
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Die Hauptkommission zur Ermittlung der Hitlerverbrechen
Auch bei diein
sen Vorgängen spielt die Krankenstation im
Polen übersandte die Vernehmungsprotokolle zur
Tötung polniDurchgangsl
ager Kelsterbach eine wichtige Rolle. Aufscher Kinder im Durchgangslager 1971 an die deutsche
Zentralgrund ei
ner Anweisung des Gauarbeitsamts mussten alle
stelle zur Außlärung nationalsozialistischer Verbrechen
in
Ostarbei
t
eriLudnnen
Ostarbeiter, die bei ihrem Einsatz in
wigsburg. Danach leitete die Staatsanwaltschaft Hessen
Darmstadt
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an
Tuberkul
erkrankten, in das Hilfskranken„Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter haus
wegen
des
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Kel
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terbach
gebracht
werden. Dr. Welcker verdes von Kleinkindern infolge medizinischer Eingriffe im Durchanl
a
sste
danach,
dass
si
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in
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Landespflegeanstalt nach
gangslager Kelsterbach" ein. (HStAD)
Hadamar gebracht wurden, wo zwischen Januar und AuBei dieser Vernehmung erklärte Welcker, er sei nach demgust 1941 mehr als 10.000 behinderte und kranke DeutKrieg nie zu solchen Verfahren, „die NS-Gewaltverbrechensche in einer Gaskammer ermordet worden waren.
Auch nach der Einstellung der „Euthanasie-Morde"
zum Gegenstand der Untersuchung haben, vernommen
worden". Als zuständiger Arzt sei er „des öfteren in Kels-(„Aktion T4") im August 1941 diente Hadamar weiter
terbach gewesen, um dort Beschwerden entgegenzuneh-als Tötungsanstalt. Insgesamt wurden in Hadamar minmen". Er sei sich sicher, „dass sich die betroffenen Mütterdestens 600 körperiich kranke Zwangsarbeiter ermordet,
von denen etwa zwei Drittel mit der Diagnose Tuberkulodieser Kinder, die man dort umgebracht haben soll, mit ihse nach Hadamar eingeliefert wurden. Unmittelbar nach
ren Sorgen und Nöten mir anvertraut hätten" und er dann
dem Einmarsch der US-Truppen wurden mehrere Leichen
„von solchen Vorkommnissen erfahren hätte".
Der Wahrheitsgehalt dieser Aussagen muss auch auf exhumiert und obduziert. Die Untersuchung ergab, dass
dem Hintergrund des zitierten Schreibens von Dr. Welckerdie zum Teil noch sehr jungen Menschen keineswegs unzu den Abtreibungen in Kelsterbach bezweifelt werden. heilbar erkrankt waren.
Weitere Recherchen der Kelsterbacher Schülergruppe er- Bei seiner Vernehmung 1945 erklärte Welcker, er köngaben zudem, dass die Aussage Welckers, er sei noch nine
e „keine bestimmten Angaben machen", wie viele kranim Zusammenhang mit NS-Gewaltverbrechen vernommen ke Zwangsarbeiter auf seine Anweisung hin nach Haworden, wahrheitswidrig war. Dr. Hans Welcker wurde be-damar transportiert wurden: „Es können 200, aber auch
reits kurz nach Kriegsende am 22.5.1945 verhaftet und 400 gewesen sein." Er habe jedoch nicht gewusst, welches
wegen seiner Beteiligung an der Veriegung von tuberku-Schicksal die Menschen in Hadamar erwartete. Auch dies
losekranken Ostarbeitern aus Kelsterbach und Pfaffenwaldmuss heute bezweifelt werden, denn die Funktion Hadanach Hadamar verhört. Diese Verhaftung verschwieg er mars als Tötungsanstalt war in Deutschland allgemein bekannt. Unmittelbar vor der Einstellung der „Aktion T4"
bei seiner Vernehmung im Jahr 1977.
zur Ermordung von Behinderten hatte der Limburger Bischof Antonius Hilfrich in einem Brief an den ReichsjusDer für das Lagerkrankenhaus in Kelsterbach zuständige
tizminister Arzt
berichtet, dass „Schulkinder der Umgebung"
Dr. Hans Welcker wurde am 22. Mai 1945 verhaftet
und wegen
di
e
grauen
Autobusse, in denen die zur Tötung bestimmseiner Beteiligung an der Verlegung tuberkulosekranker
Zwangsten
Menschen
in Hadamar ankamen, mit den Worten komarbeiter nach Hadamar befragt. (Hauptstaatsarchiv
Wiesbaden)
mentierten:
„Da kommt wieder die Mordkiste."
Außerdem hatte Welcker selbst in einer Referentenim
Otbtatit n . Ittl 1 9 4 >
besprechung
beim Landesarbeitsamt Anfang 1945 zum
nerPiziüiiräsiiieni
Umgang mit tuberkulosekranken Zwangsarbeitern erklärt, „dass Hadamar für Westarbeiter nicht infrage käme"
(HHStA 461/31584, zit. nach Matthias Hammann, S.177).
KilÄ.-S41cr.
Zu den in Hadamar ermordeten Zwangsarbeitern aus
dem Lager Kelsterbach gehören auch fünf Menschen, die
wegen psychischer Erkrankungen nach Hadamar gebracht
wurden. Ihre Namen findet man auf der Gedenkstele im
Foyer des Landratsamts in Groß-Gerau, die an die ErmorEinlief erungs-Sistierungs-Anzeige
dung psychisch kranker und behinderter Menschen aus
g».iAh
dem Kreis Groß-Gerau erinnert.
Das Ermittlungsverfahren 2 UJs 11.269/77 gegen „unbekannte Täter" wurde am 16.12.1977 eingestellt, da „weitere Ermittlungen (...) weder erfolgversprechend noch
sachgerecht" seien.
2. lt.
•Fingerabdrucknahme iiichl erforderlich.
8.
Krimin»l-Konimigsariat
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• in das PolizeiRelängnis eingeliefert am
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Die hier links abgebildete Tafel aus der Ausstellung
zeigt eine Tafel, die von der Schülergruppe am Volkstrauertag am Grab von Wieslawa Janas niedergelegt wurde.
Die Ausstellung dieser Tafel in Kalisz in Polen führte dazu,
dass sich der Vater des ermordeten Kindes mit den Schülern in Verbindung setzte. Dieser Kontakt führte zu einer
Einladung der Stadt Kelsterbach. Da Herr Janas die Reise nach Deutschland aus gesundheitlichen Gründen nicht
unternehmen konnte, kam dann seine älteste Tochter Krystyna nach Kelsterbach (Seite 7).
Insbesondere im Zusammenhang mit der Debatte über
die Entschädigung von Zwangsarbeitern gab es einige
Anfragen an die Stadtverwaltung, die von ehemaligen
Zwangsarbeitern um Auskünfte und Unterlagen gebeten
wurde. Nach schwierigen internationalen Verhandlungen
wurde im Jahr 2000 die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ) gegründet. Deutsche Unternehmen beteiligten sich mit rund fünf Milliarden DM an
einem 10 Milliarden DM umfassenden Fonds zur Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter. Für viele Menschen kam diese Hilfe jedoch viel zu spät.
Der Umbruch nach dem Ende des Kalten Kriegs und
dem Zusammenbruch der Sowjetunion führte auch in den
Ländern Osteuropas zu einer neuen Bewertung der Geschichte der Zwangsarbeit. Insbesondere in der Sowjetunion litten viele ehemalige Zwangsarbeiter, die nach dem
Krieg aus Deutschland in ihre Heimat zurückgekehrt waren, unter dem Verdacht, sie hätten in Deutschland mit
den
Nazis kollaboriert. Die neue Reisefreiheit machte es
Die Recherchen der Kelsterbacher Schülergruppe wurden
möglich,
dass ehemalige Zwangsarbeiter mit Unterstütspäter noch einmal in einer großen Reportage der Zeitschrift STERN in ihrem Heft 50/1998 aufgegriffen („Ein zung von örtlichen Initiativen, Gemeindevertretungen
Mörder in Weiß"), ebenso in einem Beitrag für die ARD-und Kirchengemeinden noch einmal nach Deutschland
Sendung Panorama, der erstmals am 6. Mai 1999 ausge-kommen konnten, um die Orte zu besuchen, an denen sie
strahlt wurde und auch heute noch im Internet zugäng-gearbeitet und gelitten hatten, aber auch in Einzelfällen
persönliche Kontakte wiederzubeleben. Bei einer dieser
lich ist („Todeslager für Babys").
Im Rahmen des Schülerwettbewerbs des Bundesprä- Reisen entstand 2005 das links unten abgebildete Foto.
sidenten 1988/89 zum Thema „Die Kriegsjahre" waren auch für die Initiatoren des Wettbewerbs unvorhersehbar
Literatur
- sehr viele Gruppen in deutschen Städten und Gemeinden auf das Thema Zwangsarbeit gestoßen, das damalsKarin Diehl, Claus Grünewald, Gernot Mansch, Annette Kaiser,
stoph Längericht, Marion Opitz und Kerstin Reviol sowie Haauch wissenschaftlich überhaupt noch nicht erforscht war.Chri
rald Freiling als Tutor: Ausländische Arbeiter und KriegsgefanDie Schülerarbeiten gaben den Impuls für weitergehen- gene
in Kelsterbach 1939-1945. Ergebnisse einer Schükrarbeil
de Forschungen in Unternehmen und Regionen, die daszum Wettbewerb
Deutsche Geschichte um den Preis des BunThema bis in die Mitte der achtziger Jahre totgeschwie- despräsidenten 1982/1983. Kelsterbach 1987. Die Broschüre ist
gen hatten. Die Körberstiftung, die den Wettbewerb or- vergriffen und kann als PDF-Datei per E-Mail angefordert werganisiert, stellte Rechercheergebnisse der Jugendlichen in den ([email protected]).
einer Ausstellung zusammen, die in Polen und in der Soager mit Hilfskrankenhaus: www.lagis-hessen.de >
wjetunion gezeigt wurde und eine breite Debatte auslöste.Durchgangsl
NS-Topografie > Kelsterbach
Matthias Hammann: Die Morde an polnischen und sowjetischen
Zwangsarbeitern in deutschen Anstalten, in: Aussonderung und
Tod, hrsg. von Götz Aly u.a. Berlin 1987
Susanne Hohlmann: Pfaffenwald. Sterbe- und Geburtenlager
1942-1945. 2. Auflage, Kassel 1988, S.20
Kelsterbach (Suchbegriff) in: www.tenhumbergreinhard.de
Kerstin Kersandt: Doppelte Entrechtung. „Ostarbeiterinnen" und
ihre Kinder im Zweiten Weltkrieg im Raum Wiesbaden-Mainz.
In: Hedwig Brüchert, Michael Matheus (Hrsg.), Zwangsarbeit in
Rheinland-Pfalz während des Zweiten Weltkriegs. Mainzer Kolloquium 2002, online: www.regionalgeschichte.net
Tomasz Kiryllow: „Und ihr werdet doch verlieren", Erinnerungen eines polnischen Antifaschisten. Berlin 1985
Gustav Steubing u.a.: Heimatbuch Kelsterbach Band I. Kelsterbach 1986.
Jan Christoph Wiechmann und Andrea Röpke: Ein Mörder in
Weiß, in: Stern Heft 50/1998
Lehrpfad zur Geschichte Kelsterbachs in der NS-Zeit
m
Am 6. Juni 2013 beschloss der Magistrat, auf die „Geschehnisse im Durchgangslager Kelsterbach" unter anderem mit einer Gedenktafel hinzuweisen. Er bat die
KURT BAUER
„Initiative Stolpersteine" und andere an dieser Arbeit InJ9. 1919
EmeEWIESEN
1937
teressierte um Vorschläge für die Form des Gedenkens.
HEILANSTALT SCHEUERN
"VERLEGT' 18.3.19*1
Die „Initiative Stolpersteine" entwickelte die Idee eines
HADAMAR
„Lehrpfads", der den Weg der Zwangsarbeiterinnen und
ERMORDET 18.3.1941
AKTION T4
Zwangsarbeiter vom Bahnhof bis zum Durchgangslager
nachzeichnet und mit anderen Orten verbindet, die einen
Bezug zur Geschichte Kelsterbachs in der NS-Zeit haben.
Dabei werden auch die Orte einbezogen, die dringend ei-Am 21. März 2016 wurde vor dem Haus Feldbergstraße 3
ner Erklärung bedürfen oder an denen sich schon längerdem Kurt Bauer mit seiner Mutter und drei Brüdern lebte, e
Informationstafeln befinden.
Stolperstein verlegt. Kurt Bauer wurde 1941 im Alter von 2
Die erste Informationstafel des Lehrpfads wird am 1.Jahren in Hadamar ermordet. Im Rahmen der Aktion T4 wu
September 2016 der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Tag den in den Jahren 1940 und 1941 über 70.000 kranke und
wurde als Gedenktag an den Überfall der deutschen Wehr-hinderte Menschen getötet. (Foto: H.Blaumj
macht auf das Nachbarland Polen und den Beginn des 7. Jüdischer Friedhof und Nie-Wieder-Krieg-Denkmal
Zweiten Weltkriegs am I.September 1939 ausgewählt. DerIm Rahmen des Lehrpfads zur Geschichte Kelsterbachs in
1. September gilt heute in Deutschland als „Antikriegstag".der NS-Zeit soll es endlich auch eine Gedenktafel mit InAuf dem Stadtplan sind die geplanten Stationen des formationen zur Zerstörung des jüdischen Friedhofs in
Lehrpfads und die bereits vorhandenen Orte der Erinne-Kelsterbach in den Kriegsjahren geben. Der Friedhof wurrung an die Zeit des Nationalsozialismus in Kelsterbach de auf Anordnung von Bürgermeister Karl Busch, der auch
eingezeichnet:
Ortsgruppenleiter der NSDAP war, zerstört. Am Denkmal
der Trauernden Frau verweist eine Gedenktafel auf
1. Bahnhof
Hier kamen viele Tausend Zwangsarbeiter an, die in Gü-die wechselvolle Geschichte des Denkmals, das von der
terwagen nach Deutschland deportiert wurden. Auf der Kelsterbacher Bürgerschaft als „Nie-Wieder-Krieg-DenkMörfelder Straße liefen sie bis zum Durchgangslager. mal" gestiftet wurde.
8. Neukelsterbacher Straße und Synagoge
2. Rathaus
In
Eine Tafel vor dem neuen Rathaus in der Mörfelder Straße der Neukelsterbacher Straße wohnten zahlreiche jüdisoll an die Rolle der Gemeindeverwaltung bei der Beur-sche Familien. 2014 und 2016 wurden für alle jüdischen
kundung von Geburten und Sterbefällen im Durchgangs-Familien, die 1933 in Kelsterbach lebten, insgesamt 53
lager erinnern. Bis 1946 befanden sich die Gemeindever-Stolpersteine verlegt. In der Neukelsterbacher Straße findet man Stolpersteine vor den Häusern 1, 3-5, 13, 15, 21,
waltung und das Standesamt am Marktplatz.
39, 60-62 und 64. Die Synagoge befand sich bis 1938 im
3. Gesamtschule
Haus Nr. 17. Weitere Stolpersteine findet man in der RüsEine Tafel vor der Gesamtschule soll an die Kinder undselsheimer Straße 25, der Bergstraße 9 und 23, der UnterJugendlichen erinnern, die im Zweiten Weltkrieg zur gasse 4, der Mainstraße 68 und dem Schloßweg 5.
Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden.
9. „Heldendenkmal"
. 4./B.Durchgangslager und Lagerfriedhof
An dem Denkmal für die „Helden des Großen Kriegs" inAlle Spuren des Lagers wurden im Zug des Ausbaus des
formiert eine Gedenktafel über die Geschichte des DenkGewerbegebiets Taubengrund zerstört. Auch von dem na-mals, dem die „Trauernde Frau" weichen musste, die den
hegelegenen Waldfriedhof (5) gibt es keine Überreste. HierNazis ein Dorn im Auge war.
wurden über 200 Menschen beerdigt, die im Durchgangs10. Rathaus
lager gestorben sind.
Die „Initative Stolpersteine für Kelsterbach" hat angeregt,
6. Kriegsgräberfriedhof auf dem Gemeindefriedhof
an dem bis 1946 bestehenden Rathaus am Marktplatz eine
Im hinteren Teil des „Ehrenfriedhofs", auf den die im Lager
Informationstafel anzubringen, die an die Menschen aus
verstorbenen Zwangsarbeiter umgebettet wurden, finden Kelsterbach erinnert, die im Widerstand gegen die Nazisich mehrere Tafeln mit über 200 Namen der Menschen,Diktatur ihr Leben aufs Spiel setzten.
die im Durchganglager gestorben sind. Eine Gedenktafel,
die am Volkstrauertag 2016 vorgestellt werden soll, informiert über das Schicksal der Zwangsarbeiter und die
Tötung von Kindern im Durchgangslager.
Impressum und Copyright
Die Broschüre wurde anlässlich der Vorstellung des Konzepts
eines Lehrpfads zur Geschichte Kelsterbachs in der NS-Zeit
und der ersten Tafel am I.September 2016 von der Initiative „Stolpersteine für Kelsterbach" erstellt und aus Spendenmitteln der Initiative finanziert.
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• Fotos und Dokumente stammen aus den angegebenen
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Quellen, aus den Archiven der Stadt Kelsterbach und des
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Volksbildungswerks sowie aus dem Hessischen Staatsarchiv
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Darmstadt (HStAD) und dem Hessischen Hauptstaatsarchiv
in Wiesbaden (HHStA).
• Text und Layout: Harald Freiling, [email protected]
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7 1 9 4 4 1
Lehrpfad zur
Geschichte
Kelsterbachs in
der NS-Zeit
1933-1945
1
Bahnhof
Rathaus
Gesamtschule
Durchgangslager
Waldfriedhof
Kriegsgräberfriedhof
Jüdischer
Friedhof und
Opferdenkmal
8
Neukelsterbacher Straße
und Synagoge
„Heldendenkmal"
10 Altes Rathaus
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