PORTRÄT campos-Serie Gehölzporträt 9/2011 Rosa rugosa Robuste Wildrose Die Kartoffelrose ist ein vielseitig einsetzbares und immer vital aussehendes Gehölz mit duftenden Blüten und leuchtenden, nutzbaren Hagebutten. Wer statt Zaun etwas Grünes will – Kartoffelrosen sind auch ziemlich wehrhaft. Herkunft & Name: Als sehnsüchtige Erinnerung für Ost- und Nordseeurlauber stellen wir dieses Mal die Kartoffel-Rose Rosa rugosa vor. Sie ist auch unter den Namen Runzel-, Apfel- oder Kamtschatka-Rose bekannt. Am passendsten zur Fruchtform scheint mir der Name und der Vergleich mit einer kleinen Kartoffel. Ihr Artname leitet sich von rugosus, ruga ab und bedeutet „runzelig“. Sie gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) und ist eine von insgesamt etwa 200 Wildrosenarten. Von ihnen eignen sich nur wenige zur Fruchtverwertung. Oben: Viel Vitamin C und eine Menge Pektin enthalten die Hagebutten der Kartoffelrose. Kinder interessieren sich nur für das „Juckpulver“. Mitte: An der Küste sieht man häufig die Kombination aus Rosen und Findlingen – fast unüberwindbar. Unten: Mit ihrem Duft ziehen die Blüten nicht nur Insekten an. Bilder: Lugert; pixelio.de/Rainer Brückner; pixelio.de/Maja Dumat Merkmale: Die Kartoffelrose ist ein stämmiger, aufrecht wachsender und dicht mit Stacheln und Borsten bewehrter Strauch. Er wird bis zu 2 m hoch. Das Wurzelsystem ist stark ausläuferbildend. Es ist fähig, aus Spross- oder Wurzelfragmenten auszutreiben. Die derben, dunkelgrünen und ledrig glänzenden, im Herbst gelben Blätter stehen wechselständig und sind fünf- bis neunteilig gefiedert. Die Länge variiert von 8 bis 15 cm. Die einzelnen 2 bis 5 cm großen Blättchen sind gesägt. Die lange Blütezeit der selten weißen, meist rosa bis purpur blühenden Kartoffelrose währt von Mai bis September. Man nennt das auch öfterblühend. Ihre duftenden Blüten sitzen an einem kurzen filzig behaarten Stiel und stehen in der Regel einzeln. Ab August bis etwa Oktober erscheinen die kugeligen bis abgeflachten, 2,5 cm dicken Hagebutten. Diese Scheinfrüchte leuchten von ziegel- bis scharlachrot. Die Kelchblätter bleiben dran, was sie mitunter wie bekrönt aussehen lässt. An einem goldenen Herbsttag mit Tau funkelnd – zum Reinbeißen! Der Kelch ist recht fleischig, was man umgehend probieren sollte. Die Hagebutte enthält auch jede Menge Samen und Härchen. Da erinnern sich viele an die Kindheit: Wir steckten uns gern gegenseitig die zerpflückten Hagebutten unters Hemd – damit’s schön juckt! Verwendung: Der natürliche Lebensraum der Kartoffelrose sind vor allem Dünen in Ostasien (auch Kamtschatka) und Nordamerika. Deshalb lässt sie sich auf sonnigen, leichten, sandigen und kalkarmen Standorten gut anpflanzen. Sie wird gern für flächige Begrünungen, Verkehrsstreifen- und inseln, zum Erosionsschutz und zur Besucherlenkung im Küstenbereich eingesetzt, da sie sehr tolerant gegen Salz ist. Im Küstenbereich wurde die Kartoffelrose als invasiv eingestuft, da sie hier ohne Einfluss durch menschliche Hand zu großen artenarmen Dominanzbeständen anwachsen kann. Man nennt sie deshalb auch Agriophyt. Gut geeignet ist die Pflanze als dichte Schutzhecke, siehe Dornröschen (Erklärung siehe Kasten). Rückschnitt wird gut vertragen. Was sie zu dieser Jahreszeit besonders interessant macht, ist ihr sehr hoher Vitamingehalt. Die Ernte für die Hausapotheke (zum Beispiel gegen den ersten Herbstkatarrh) geht dank der Größe der Früchte mit festen Handschuhen und Schere rasch vonstatten. Sie wird auch für die Veredlung genutzt. Für Tiere sind die harten Blätter nicht gut zu benagen. Übrigens: „Dornröschen“ ist botanischer Quatsch. Dornen sind botanisch gesehen umgewandelte Organe an Pflanzen, zum Beispiel Sprossachsen (Weißdorn, Christusdorn), Blätter (Berberitze, Kakteen), Blattspitzen (Disteln), Nebenblätter (Robinie) oder ganz selten Wurzeln. Stacheln dagegen sind Auswüchse an Organen wie Spross (Rose, Himbeere), Blatt (Brombeeren) oder Frucht (Stachelbeere, Kastanie), auch unterhalb der Epidermis. Sie lassen sich recht leicht abbrechen. Voll Vitamin C Wildrosen gelten als Heilpflanze gegen Erkältungskrankheiten, als Appetitanreger, zur Blutreinigung, bei Nieren-, Blasen- und Lebererkrankungen und mehr. Von einem Strauch kann man bis zu 8 kg Früchte ernten. Die Verarbeitung zu Mus, Gelee und Marmelade schadet dem Vitamin-C-Gehalt kaum. Er beträgt circa 850 mg/100 g Fruchtschale. Der Pektingehalt liegt mit 3,5 g Pektin/ 100 g Frischsubstanz doppelt so hoch wie bei der Schwarzen Johannisbeere. Die Weinkenner genießen den wunderbar aromatischen Wein aus vollreifen Früchten. Wie wäre es mit einem ein Herbstbuffet mit Hagebutten-Mandel-Torte oder kandierten Hagebutten in Honig? Weitere anbauwürdige Rosen für Vitamin- und Frucht-Liebhaber und für die Wildfruchthecke sind: Pillnitzer Vitaminrose PiRo3 (R. dumalis × R. pendulina) Apfelrose ( R. villosa, Syn. R. pomifera) Bibernellrose ( R. pimpinellifolia) Weinrose ( R. rubiginosa). Die Autorin Iris Lugert ist Obstgärtnerin und GaLaBauTechnikerin. Sie bildete sich weiter zur Kulturlandschaftsführerin und war zuletzt als Fachberaterin für NaturErlebnisRäume des Naturgarten e. V. tätig. Sie lebt mit ihrem Sohn in Thüringen. Bild: Fotolia.com/Jan Will 18