MILESTONE 03 | BODENSTATION 'LUMBRICUS' BodenWorkshop 'Sherlock 'Worms' & Doktor 'Wanzn'' HEY! | Kognitiver Bereich YEAH! | Spielerischer Bereich im Rahmen des EU-Förderprojektes "Act Welll!" INFORMATIONSBEILAGE FÜR WORKSHOPLEITERINNEN Mag. Dr. Birgit Bühler Alexander Svoboda Fassung 01 | Wien, November 2014 D18034 AW! IB 01 BW_Sherlock 'Worms' BB AS GH Nov '14 V ER EI N 'U MW ELT B I LDU NG W I EN ' – G RÜ N E I NS EL c/o NationalparkCampLobau | 2301 Groß Enzersdorf | Lobaustraße 100 +43-2249-28711 | Fax +43-2249-287118 | [email protected] | www.ubw.at MILESTONE 03 | BODENSTATION 'LUMBRICUS' BodenWorkshop 'Sherlock 'Worms' & Doktor 'Wanzn'' HEY! | Kognitiver Bereich YEAH! | Spielerischer Bereich im Rahmen des EU-Förderprojektes "Act Welll!" INFORMATIONSBEILAGE FÜR WORKSHOPLEITERINNEN Dieses Dokument gilt auch für die BodenWorkshops 'Zu Gast bei Hubert Assel' und ' Wurmgetümmel'. 01 Was ist "Boden" und welche Lebensbedingungen herrschen vor In der Natur versteht man unter „Boden“ jene Materialschichten, die auf mineralischem Untergrund (Gestein) durch Wasser, Wind und natürlichen Abbau organischer Materialien abgelagert werden. Boden kann sowohl an Land als auch unter Wasser entstehen. In weiterer Folge wird auf Boden in Landlebensräumen eingegangen. Überall wo auf den Landmassen nicht blanker Fels die Oberfläche bildet, ist Gestein (Schutt, Geröll, Schotter, Kies, Sand) und organisches Material (Holz, Laub und andere Pflanzenteile) in variabler Zusammensetzung abgelagert. Diese meist unterschiedlichen Schichten können wenige Zentimeter bis mehrere Meter Mächtigkeit aufweisen. Abhängig vom geologischen Untergrund (Gesteinstyp), Klima (Temperatur, Niederschlag) und anderen lokalen Rahmenbedingungen (z.B. Grundwasserstand) sowie der davon abhängigen Vegetation bilden sich unterschiedliche Bodentypen aus. 01.1 Aufbau der Bodenschichten Gräbt man in den Boden ein Loch mit vertikalen Wänden, kann man unterschiedliche Bodenhorizonte erkennen, die sich aufgrund von Struktur (Körnung), Farbe, Feuchtigkeitsgehalt und Anteilen pflanzlicher Strukturen (Fallaub, Wurzeln) unterscheiden. Bodenlebewesen findet man bevorzugt in den obersten Zentimetern bis Dezimetern, wobei Pflanzenwurzeln auch mehrere Meter bis zum Grundwasser in die Tiefe reichen. Die obersten Dezimeter des Bodens stehen auch am stärksten in Austauschprozessen mit der Atmosphäre (Temperatur, Feuchtigkeit, Sauerstoff und andere Gase) und der Bodenoberfläche (Nährstoffe). An der Oberfläche beginnend befindet sich in Bereichen mit Pflanzenbewuchs eine Schicht aus Fallaub oder anderen Pflanzenresten (Streuschicht), die mit zunehmender Tiefe stärker zersetzt sind. Diese Schicht liegt üblicherweise locker auf dem eigentlichen Boden auf. Der oberste Bodenhorizont (in der Bodenkunde meist mit „A“ bezeichnet) ist die Humusschicht (nährstoffreicher Oberboden, „Erde“), in der auch noch hohe Anteile von mehr oder weniger zersetzten Pflanzenteilen zu finden sind. © Bühler, Svoboda & Hofer | Nov '14 2 | 7 D18034 AW! IB 01 BW_Sherlock 'Worms' BB AS GH Nov '14 Der folgende Bodenhorizont ist meist eine Mischform (B-Horizont) zwischen dem obersten A-Horizont und darunter befindlichen Schichten (verwittertes Gestein, Grundwasser-Stauhorizonte). Im Nahbereich von Gewässern sind im Untergrund meist Stauhorizonte mit unterschiedlichen Sauerstoffgehalten zu finden. 01.2 Lebensraum Boden Die belebten Bodenschichten sind mit zunehmender Tiefe von den üblichen Rahmenbedingungen für das Leben an der Erdoberfläche isoliert (Wind und Wetter, Tages- und Jahreszeiten). Dementsprechend gibt es weniger extreme Temperaturbedingungen und konstantere Feuchtigkeitsverhältnisse. Generell ist es jedoch finster, da selbst in den unteren Zentimetern der Streuschicht nur wenig Licht einfällt. Unter der Erde stehen, mit Ausnahme von Wurzeln und Knollen, keine frischen Pflanzenteile als Nahrung zur Verfügung. Daher ernähren sich die dort lebenden Tiere entweder räuberisch oder durch den Abbau pflanzlicher und tierischer Substanz. Abbauprozesse verbrauchen Sauerstoff, der im Boden nur begrenzt vorhanden ist (keine pflanzliche Sauerstoff-Produktion!). Abgesehen von einzelligen Lebewesen und mikroskopisch kleinen Tieren, die selbst im Lückenraum von Sand oder Erdkrümeln vorankommen, sind alle Bewohner des Bodens darauf angewiesen, sich einen Weg durch ihren Lebensraum zu graben. Je härter und verfestigter der Boden ist (z.B. durch Befahren mit schweren landwirtschaftlichen Geräten), desto schlechtere Lebensbedingungen (Austausch von Gasen und Feuchtigkeit, Grabetätigkeit) herrschen vor. 02 Lebewesen im Boden In einer Handvoll Erde findet man etwa eine Milliarde Bodenlebewesen. In besonders fruchtbarer und lockerer Komposterde sind sogar mehrere Milliarden Organismen enthalten (inkl. Mikroorganismen, Einzellern und Bakterien). Die meisten davon jedoch sind winzig. In dieser Informationsbeilage werden ein paar wenige Arten/Typen beschrieben, die auch mit bloßem Auge sichtbar sind. Manche „Bodenbewohner“ verbringen nur bestimmte Lebensphasen unter der Erde, wie z.B. der Engerling (= Maikäferlarve) oder graben ihre Wohnhöhlen ins Erdreich (Biber, Dachs, Kaninchen, Ziesel). Diese Arten sind nicht als eigentliche Bodentiere zu bezeichnen. Typische Bodentiere verbringen ihr gesamtes Leben auf der Bodenoberfläche (Streuschicht) oder grabend im Boden verborgen (z.B. Hundertfüsser, Springschwänze, Regenwürmer, Maulwurf). Aufgrund der speziellen Lebensbedingungen im Boden haben zahlreiche Arten nur schlecht ausgebildete Augen (sehen mitunter nur einen Hell-Dunkel-Unterschied) und sind an hohe Umgebungsfeuchtigkeit angepasst. Typische Grabwerkzeuge (z.B. Schaufelhände) sind nur bei wenigen Arten ausgebildet (Maulwurf, Maulwurfsgrille). Die meisten Arten sind sehr klein oder bewegen sich schubweise durch lockeres Erdreich (z.B. Regenwurm). Dementsprechend findet man zahlreiche wurmförmige Tierarten (lang gestreckt, geringer Körperquerschnitt, kurze Beine). Auch in der oberflächlich locker aufliegenden Streuschicht (Fallaub, etc.) bewährt sich diese Lebensweise des Kriechens und Krabbelns. Laut Österreicher (2011) leben pro Quadratmeter Boden (30cm tief) etwa: 200 Asseln 400 Ameisen 700 Spinnen 900 Käfer und ihre Larven 900 Larven anderer Insekten 1 800 Vielfüsser (Hundertfüsser u.a.) 2 000 Regenwürmer und 20 000 andere Wenigborster 40 000 Springschwänze 120 000 Milben 9 000 000 Fadenwürmer (… und manchmal auch ein Maulwurf) © Bühler, Svoboda & Hofer | Nov '14 3 | 7 D18034 AW! IB 01 BW_Sherlock 'Worms' BB AS GH Nov '14 02.1 Regenwürmer Keine Würmer sind: Blindschleichen (= beinlose Eidechse), Schlangen, Nacktschnecken, Insektenlarven (z.B. Engerlinge, Mehlwurm, Raupen, Fliegenmaden), Hundert- und Tausendfüsser, Glühwürmchen, Egel sowie zahlreiche meist nur mikroskopisch kleine Tiere (Fadenwürmer, Strudelwürmer). Die Familie der Regenwürmer (Lumbricidae) zählt zur Insektenordnung der Wenigborster (Oligochaeta), innerhalb des Stamms der Ringelwürmer (Annelida). Weltweit sind über 300 Arten bekannt, in Österreich etwa 50 Arten. Regen- und alle anderen Ringelwürmer sind durch ihren wurmförmigen Körper ohne Beine (aber mit wenigen Borsten) und der äußerlich sichtbaren Gliederung (Segmente) gekennzeichnet. Der typische Regenwurm wird etwa 10-15cm lang und weist eine rotbräunliche Farbe auf. Es gibt aber auch Arten, die nur 1-3cm lang werden. Der weitgehend einheitliche Körper weist im Längsverlauf eine verdickte Stelle auf (Clitellum). Diese Verdickung enthält besondere Drüsen, die bei der Fortpflanzung eine wichtige Rolle übernehmen (Sektretbildung). Regenwürmer sind Zwitter (jedes Individuum bildet beide Geschlechtsprodukte), benötigen zur Fortpflanzung aber jeweils einen Partner. Regenwürmer können lediglich Hell-Dunkel-Unterschiede wahrnehmen. Die Fortbewegung erfolgt über Bewegungen des Hautmuskelschlauchs (ähnlich dem Schluckvorgang in der Speiseröhre), wobei stets mehrere Segmente gleichzeitig zusammengezogen oder gestreckt werden. Die beweglichen Borsten können dabei wie Steigeisen mithelfen. Daher schlängelt der Regenwurm nicht wie eine Schlange über den Boden und kann sich so auch durch das Erdreich graben. Die Atmung erfolgt über die gesamte Hautoberfläche, die nur eine dünne Oberflächenmembran (Cuticula) aufweist. Deshalb sind bodenbewohnende Ringelwürmer stets der Austrocknungsgefahr ausgesetzt. Manche Arten leben bevorzugt in der Streuschicht, manche fressen zwar an der Oberfläche, graben aber tiefe Wohnröhren und andere wiederum graben Gänge nur bis etwa 30-50cm Tiefe. Dass Regenwürmer bei Regen an die Oberfläche kommen, liegt nicht am Sauerstoffmangel (keine Ertrinkungsgefahr) sondern an der ausreichenden oberirdischen Feuchtigkeit und dem durch die Feuchtigkeit verstärkten Bewegungsreiz. Als Nahrung dienen abgestorbene Pflanzenteile und Mikroorganismen. Manche Arten ziehen Pflanzenteile von der Bodenoberfläche in ihre Wohnröhren und lassen sie dort eine Zeit lang verrotten, bevor sie mit der Mahlzeit beginnen. Abgesehen von der Auflockerung des Bodens durch die intensive Grabetätigkeit der Würmer, ist auch der krümelige und kalkhaltige Regenwurmkot als Pflanzennahrung im Boden von großer Bedeutung. Der wehrlose Wurm kann lediglich bei Erschütterungen flüchten oder übelschmeckende Sekrete ausscheiden, was aber nur wenige Räuber davon abhält ihn zu fressen. Regenwürmer können aber bis zu einem gewissen Grad abgebissene bzw. abgerissene hintere Körpersegmente nachbilden. Regenwürmer können mehrere Jahre alt werden und überstehen Trocken- und Kältephasen zusammengerollt in ihren mit Schleim abgedichteten Höhlen. 02.2 Asseln Asseln (Isopoda) sind zwar vorwiegend Meeresbewohner, jedoch kommen auch wenige Arten im Süßwasser und an Land vor. Die Landasseln (Oniscoidea) sind eng mit den meeresbewohnenden Formen verwandt und werden etwa 2-20mm groß. Ihr Körper ist deutlich segmentiert und weist 7 Beinpaare auf. Der vertikal abgeflachte Körper lässt sich bei Gefahr zu einer Kugel zusammenrollen, sodass die wenig gepanzerte Bauchseite und alle empfindlichen Körperanhänge (Beine, Antennen) geschützt sind. Asseln sind mit Krebsen verwandt und atmen über kiemenartige Fortsätze an den Hinterbeinen. Deshalb sind Landasseln auch an relativ feuchte Umgebung angewiesen (Streuschicht und Boden, Keller, feuchtes Mauerwerk). Wichtig ist auch ein erhöhter Kalkgehalt im Boden, da dieser Mineralstoff für den Aufbau des Panzers benötigt wird. Dieser Panzer kann nicht mit dem Tier mitwachsen. Daher finden regelmäßig Häutungen statt, zu denen sich die Assel im Boden oder anderen Schlupfwinkeln versteckt. In Mitteleuropa leben Asseln bevorzugt in der Streuschicht. Da sie aber bis zu einen Meter tief in den Boden graben, tragen sie, ähnlich den Regenwürmern, viel zur Auflockerung und Nährstoffanreicherung im Boden bei. Landwirtschaftlich genutzte Böden werden eher gemieden, da diese vergleichsweise wenige Versteckmöglichkeiten bieten. Aufgrund ihrer kräftigen Mundwerkzeuge können Asseln auch nur wenig oder nicht zersetztes Pflanzenmaterial verarbeiten. Dies beschleunigt die Humusbildung, da das Pflanzenmaterial rascher re-mineralisert wird. In unseren Auwäldern können Asseln bis etwa ein Sechstel der jährlich anfallenden Laubstreu abarbeiten. Asseln sind außerhalb der Frostperiode aktiv (Boden nicht gefroren). Die aktivste Jahreszeit ist der Herbst. Im Sommer sind Asseln meist nachtaktiv. © Bühler, Svoboda & Hofer | Nov '14 4 | 7 D18034 AW! IB 01 BW_Sherlock 'Worms' BB AS GH Nov '14 02.3 Hundert- & „Tausendfüsser“ = Doppelfüsser Vielfüsser (Myriapoda) sind eine sehr alte (flugunfähige) Insektengruppe (Silur, ca. 400 Mio. Jahre), die einst verwandte Arten mit gut zwei Meter Körperlänge hervorgebracht hatte. Heute sind die größten lebenden Arten mit etwa 30cm Länge geradezu Winzlinge. Ihr Körper (Rumpf) besteht aus vielen (ca. 20 bis 200) gleichartigen Segmenten, die fast alle Laufbeinpaare tragen. Hundertfüßer (Chilopoda) tragen auf fast allen Segmenten je ein Beinpaar, Doppelfüßer (Diplopoda), oft auch „Tausendfüßer“ genannt, tragen jeweils zwei Beinpaare. Die Körpersegmente sind stark gepanzert. Die meisten heimischen Arten werden nur wenige Zentimeter lang. Alle heimischen Arten sind, ähnlich wie Landasseln, auf feuchte Umgebung angewiesen und daher bevorzugt am Waldboden zu finden. Hundertfüßer leben räuberisch und können mt ihren kräftigen Mundwerkzeugen auch die Menschenhaut durchdringen und schmerzhaft zubeißen (ähnlich Bienenstich)! Manche Arten lähmen ihre Beute mit Gift und spritzen anschließend ein Verdauungssekret ein. Nachdem dieses seine Wirkung getan hat (extraorale Verdauung), saugen sie die Beute aus. Andere Arten zerkauen ihre Beute mit den Mundwerkzeugen. Als Jäger können Hundertfüßer, trotz ihrer vielen Beinpaare, rasch laufen. Die weitaus „friedlicheren“ Doppelfüßer ernähren sich vorwiegend von toter pflanzlicher Materie. Sie sind daher zwar weniger wehrhaft als Hundertfüßer, scheiden aber bei Gefahr stark übelriechende und giftige Sekrete aus. Manche Arten können ihren Körper auch zum Schutz spiralförmig einrollen. Doppelfüßer der Streuschicht rammen ihren Körper wie einen Bulldozer durch die „Landschaft“ oder graben sich fressend durch den Boden. 02.4 Ameisen Ameisen sind nicht nur so fleißig wie Honigbienen, sie sind auch eng mit ihnen verwandt. Beide „Arten“ zählen zu den Hautflüglern (Hymenopteren) und sind darüber hinaus staatenbildende Insekten. Auch bei den Ameisen steht die eierlegende Königin im Mittelpunkt des Staates, umgeben von Gehilfinen mit unterschiedlichen Aufgaben. Im Gegensatz zu den kurzlebigen Männchen und den Königinnen, die zum Hochzeitsflug ausschwärmen, sind die Arbeiterinnen der Ameisen flügellos. Ein Nest der roten Waldameise (Formica rufa) kann etwa 100 000 Individuen umfassen. Abgesehen vom unterirdischen Teil des Nests kann, je nach Standort (Bedarf der Bodenfeuchtigkeit auszuweichen, Bedarf nach einem „Sonnenkollektor“), ein mehrere Dezimeter hoher „Ameisenhaufen“ Teil des Nests sein. Letzterer besteht vorwiegend aus Pflanzenmaterial. Die meisten Ameisenarten sind Allesfresser. Manche Arten legen unterirdische Pilzgärten an (z.B. tropische Blattschneiderameisen) oder ernten Zuckersaft von Blattläusen, die sie streng bewachen. Neben dem Eintrag organischer Substanz in ihre Nester ist vor allem die Grabetätigkeit als herausragende Bedeutung der Ameisen für den Boden zu nennen. Letztere wird nur von Regenwürmern übertroffen. 02.5 Spinnen & Milben Die Vertreter der Spinnentiere (Arachniden) weisen vier Beinpaare auf. Der meist kugelförmige Hinterleib ist oft deutlich größer als Kopf und Rumpf zusammen. Spinnen leben wie Skorpione räuberisch und meist solitär. Milben treten meist gehäuft (bis zu mehrere 10 000 bis 100 000 Individuen pro Quadratmeter) auf und ernähren sich räuberisch (Raubmilben) oder zersetzen pflanzliches Material. Während Spinnen ausgezeichnet sehen können, sind Milben meist blind oder auf die Wahrnehmung von Hell-Dunkel-Unterschieden beschränkt. Die meisten Milbenarten werden kaum einen Millimeter groß, Spinnen und Weberknechte hingegen können (inklusive Beine) durchaus Handtellergröße erreichen (heimische Arten). Zahlreiche heimische Spinnenarten bauen Fangnetze aus bis zu sieben verschiedenen Typen von Spinnenseide (Elastizität, Stabilität, Klebrigkeit), die sie von jeweils eigenen Drüsen am Hinterleib ausscheiden. So ist das Tragegerüst eines Radnetzes wenig dehnbar und stabil, die Fangspirale hingegen sehr flexibel und klebrig. Um selbst nicht in ihrem Fangnetz kleben zu bleiben, werden nur bestimmte Fäden mt „Kleber“ benetzt und anschließend von der Spinne nicht mehr betreten. Nicht mehr benötigtes Netzmaterial wird gefressen (Recycling). Manche Spinnenarten jagen hingegen aktiv nach Beute. Wie bei Hundertfüßern wird die Beute durch Gift gelähmt und nach Injektion und Einwirkzeit eines Verdauungssekretes ausgesaugt. Mitunter wird die gelähmte Beute in Kokons eingesponnen als Vorrat gelagert. © Bühler, Svoboda & Hofer | Nov '14 5 | 7 D18034 AW! IB 01 BW_Sherlock 'Worms' BB AS GH Nov '14 02.6 Schnecken Weltweit gibt es etwa 100 000 Schneckenarten (inklusive Wasserschnecken), in Deutschland immerhin über 200 Arten. Damit bilden sie die artenreichste Gruppe der Weichtiere (weder inneres noch äußeres Stützkelett). Berüchtigt sind Schnecken für ihre klebrige Schleimspur und ihre gleichermaßen schleimig-klebrige Hautoberfläche. Der eiweißhaltige Klebeschleim hilft ihnen bei der kriechenden Fortbewegung und erlaubt es ihnen sogar kopfüber Glasscheiben hinunter zu kriechen. Darüber hinaus schützt er die Haut (bedingt) vor Austrocknung. Berühmt sind sie hingegen für ihre rasch einziehbaren Stielaugen und Gehäuseschnecken auch für ihr Schneckenhaus. Mit den Augen können Schnecken nur Hell-Dunkel-Unterschiede wahrnehmen. Die meisten Schneckengehäuse sind im Uhrzeigersinn um das Zentrum gewunden und weisen Wachstumsringe wie Bäume auf (weniger Wachstum im Winter und anderen Ruhephasen). Gehäuseschnecken können sich bei Gefahr vollständig in ihr Haus zurückziehen und den Eingang (z.B. Trockenphasen, Winterstarre) versiegeln. Ihre fast ausschließlich pflanzliche Nahrhrung schaben sie mit einer Raspelzunge (Radula) ab. Wie die Regenwürmer sind auch Schnecken Zwitter und benötigen aber dennoch einen Partner für die Fortpflanzung. 02.7 Springschwanz Die winzigen Springschwänze (Collembolen) sind gerade einmal mit freiem Auge sichtbare Vertreter der Insekten. Die kleinsten Arten messen keinen halben Millimeter, die größten gerade einmal bis 5mm Länge. Wie alle Insekten haben sie drei Beinpaare und am Kopf, je nach Art, unterschiedlich lange Antennen. Springschwänze haben keine Flügel. Wie ihr Name erahnen lässt, benutzen sie schwanzähnliche Fortsätze (Sprunggabel) am Hinterleib, um sich bei Gefahr sprungartig in Sicherheit zu katapultieren. Diese ist in Ruhestellung bauchseitig eingerastet und kann reflexartig ausgeklappt werden. Abgesehen von diesen spontanen Sprüngen krabbeln diese Tiere nur langsam durch die Streuschicht oder Bodenhohlräume. Anstelle von Augen besitzen manche Arten Pigmentflecken. Sie können generell nur Hell-Dunkel-Unterschiede wahrnehmen. Der Lebensraum ist meist feucht (Boden, Streuschicht, morsches Holz, Pfützen, Schnee und Eis). Ihre Nahrung besteht aus Algen, vermoderndem Pflanzenmaterial und Bakterien. Pro Quadratmeter Boden kann man bei einer Tiefe von 30cm mehrere 10 000 dieser Winzlinge finden. 02.8 Ohrwurm Die meisten der etwa 2000 Ohrwurm-Arten (Dermapteren) weltweit sind entweder flügellos oder fliegen kaum. Dennoch zählen sie zu den geflügelten Insekten (Pterygoten) und sind keine „Würmer“. In Deutschland leben acht Arten, wobei aber auch Spezialisten der Sanddünen (Nord- und Ostseeküste) berücksichtigt sind. Die meisten werden etwa ein bis zwei Zentimeter lang und haben auffallende zangenförmige Schwanzanhänge (Cerci). Ihr flacher Körperbau eignet sich hervorragend, um sich in engen Spalten zu verstecken. Da sie auch im Gehörgang schlafender oder toter Menschen Versteck suchen, tragen sie ihren Namen nicht ganz zu unrecht. Sie richten dort, außer kitzeln und kratzen, keinen Schäden an. Im Falle von Leichen ist allerdings, wie bei vielen Bodentieren, die Möglichkeit der Aasverwertung gegeben. Ohrwürmer suchen in der Dämmerung und nachts nach Nahrung und fressen vorwiegend Pflanzen sowie tote oder geschwächte Insekten. Zur Eiablage und Überwinterung gräbt sich der Ohrwurm Erdröhren. 02.9 Larven von Käfern und anderen Insekten Zahlreiche Insekten, die als ausgewachsene Tiere, oft nur für wenige Tage bis Wochen, die Luft bevölkern, verbringen viele Jahre ihres Lebens unterirdisch als Larven. Die bekanntesten Arten sind die in Monatsetappen schlüpfenden Mai-, Juni- und Julikäfer. Maikäferlarven (Engerlinge) verbringen zwei bis vier Jahre im Boden und ernähren sich vor allem von Pflanzenwurzeln. Deshalb galten Maikäfer aufgrund alle paar Jahre wieder kehrender Massenaufkommen („Maikäferjahre“) lange Zeit als Schädlinge und wurden mit Chemikalien bekämpft. In natürlichen Lebensräumen werden diese Larven jedoch durch Räuber (Hundertfüßer, Maulwurf, Wildschwein) ausreichend dezimiert und stellen keine Bedrohung für die Vegetation dar. © Bühler, Svoboda & Hofer | Nov '14 6 | 7 D18034 AW! IB 01 BW_Sherlock 'Worms' BB AS GH Nov '14 02.10 Maulwurf Der zu den Insektenfressern (Eulipotyphla) zählende Maulwurf ist das einzige heimische Wirbeltier, das man als typisches Bodentier bezeichnen kann. Zahlreiche Amphibien und Reptilien verbringen zwar den Winter im Boden vergraben oder verstecken sich tagsüber unter Steinen (z.B. Blindschleiche), leben sonst aber meist oberirdisch. Nur zur Paarungszeit kommt der Maulwurf freiwillig aus dem Boden heraus (März-April). Den Rest seines Lebens verbringt er unterirdisch. Die Gänge werden durch beiseitedrücken des Erdreichs gegraben. Nur bei der Jagd nach Bodentieren wühlt der Maulwurf zur Oberfläche und wirft dabei die typischen lockeren Erdhügel auf. Er bevorzugt nicht zu sandige und nicht zu feuchte Böden. Mit seinen breiten, mit Krallen versehenen Schaufelhänden und dem schlanken, spitz-schnauzigen Kopf sowie dem kurzhaarigen Fell ist der Maulwurf perfekt an seine Untergrundtätigkeit angepasst. Seine Augen sind mangels Bedarf auch im Laufe der Evolution verkümmert (allenfalls Hell-Dunkel-Sehen, Sprichwort „Blind wie ein Maulwurf“). Mit Ausnahme der meist unangenehm schmeckenden und ätzendes Sekret ausscheidenden Doppelfüßer frisst er alle Bodentiere, denen er grabend über den „Weg“ läuft. Auch wenn seine Erdhügel in Kulturrasen lästig sind, unterstützen sein Gangsystem und die Hügel die Bewässerung und Durchlüftung des Bodens. Darüber hinaus vertilgt er zahlreiche Pflanzenschädlinge (z.B. Engerlinge). Für den Winter lagert er getötete Beutetiere in Vorratskammern ein oder „klebt“ seine Beutetiere an die Gangwände. 03 Bedeutung des Bodens für das Leben auf der Erde Viele Kulturen der Menschheit, insbesondere sogenannte „Naturvölker“, verehr(t)en den Boden als heiliges Element und Lebensspender („Gaia“, „Mutter Erde“). Im auch heute noch verwendeten Wort „Mutterboden“ ist diese Bedeutung erhalten geblieben. Natürlicher und unverseuchter Boden ist eine Lebensgrundlage und niemals „Dreck“, auch wenn wir mitunter unsere Kleidung damit beschmutzen. Fruchtbare Böden in Kombination mit sauberem Wasser stellen die wichtigste Nahrungsgrundlage aller Menschen in fast allen Regionen der Erde dar (Landwirtschaft). Abgesehen davon, dass fast alles pflanzliche Leben an Land auf Boden als Standort angewiesen ist (u.a. Verankerung mit Wurzeln), stellt er auch für landbewohnende Tierarten den sprichwörtlichen und tatsächlichen „Boden unter den Füßen“ dar. Im Boden gespeicherte Feuchtigkeit und Nährstoffe dienen Pflanzen als Grundbausteine (plus Energiezufuhr durch die Sonne). Sie stellen wiederum die Basis der Nahrungskette dar. Abgestorbene Pflanzen und Tiere werden zum Großteil am und im Boden zersetzt und so wiederum in pflanzenverfügbare Nährstoffe umgewandelt. Speziell Tonmineralien eignen sich besonders gut zur Wasser- und Nährstoffspeicherung aber auch zur Bindung und Umwandlung von Schadstoffen im Boden (vgl. Tonkugeln bei Hydrokultur-Zimmerpflanzen). Darüber hinaus dient der Boden selbst zeitweise bis zeitlebens als Lebensraum für zahleiche Organismen. Vor allem größere grabende Bodenorganismen (z.B. Ameisen, Regenwürmer, Maulwurf) durchmischen „laufend“ organische mit anorganischen Bodenanteilen und lockern bei ihrer Fortbewegung im Boden diesen auch auf. Zusätzlich wandeln sie ihre Nahrung in Ausscheidungen um, die wiederum als Nahrungsbasis für Pflanzen, Pilze und andere tierische Organismen im Boden dienen. Dies födert zudem die Bildung einer guten Krümelstruktur. Aufgrund der Fähigkeit Wasser zu speichern bzw. durch Verdunstung auch wieder an die Atmosphäre abzugeben, stellt der Boden, in Zusammenwirkung mit der auf dem Boden gedeihenden Vegetation, einen wichtigen Faktor als Klimaregulator (Feuchtigkeit, Temperatur) dar. Quellen: Dunger W (1983, 4. Auflage 2008) Tiere im Boden. Die Neue Brehm-Bücherei, Band327. Westarp WissenschaftenVerlagsgesellschaft mbH, Hohenwarsleben. Österreicher H (2011) Kinder lieben kleine Tiere. Verlag das Netz, Weimar & Berlin. © Bühler, Svoboda & Hofer | Nov '14 7 | 7