Die wichtigsten Impffragen Die wichtigsten Impffragen

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43.Internationaler Oster-Seminar-Kongress
für pädiatrische Fortbildung
28. März bis 3. April 2010
Brixen (Südtirol)
Die wichtigsten Impffragen
in der Praxis bei Kindern
Wolfgang Jilg
Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
Universität Regensburg
Warum gegen Diphtherie, Polio oder
Hämophilus influenzae impfen?
Eine junge Mutter, bei deren drei Monate alten Tochter die
ersten Impfungen anstehen, möchte von Ihnen wissen, ob es
denn wirklich notwendig sei, gegen Tetanus, Diphtherie,
Keuchhusten oder Kinderlähmung zu impfen - die Krankheiten
gäbe es doch gar nicht mehr! Sie habe auch noch nie von einem
Kind gehört, das an Hämophilus influenzae erkrankt sei, und
mit Hepatitis B infiziere man sich beim Sex oder durch Drogen –
warum also schon die Kinder dagegen impfen?
l wie häufig sind die Infektionen, gegen wir unsere Kinder
impfen?
l warum impfen wir schon Säuglinge gegen Hepatitis B?
Häufigkeit impfpräventabler Infektionskrankheiten in Deutschland (RKI 2003-2008)
Erkrankung
Tetanus
Diphtherie
Pertussis
Poliomyelitis
Hämophilus infl. Typ b-Inf. (invas., Kleinkinder)
Hepatitis B
Masern
Mumps
Röteln
Varizellen *
invasive Pneumokokkeninfektionen (Kinder)*
Meningokokkeninfektionen Typ C (Kinder)*
* vor Einführung der Impfung
Fälle/Jahr
10-15
0-2
ca. 12.000
0
10-20
2.000-6.000
150-2.300
ca. 400
ca. 200
ca. 700.000
ca. 430
ca. 230
impfpräventable Krankheiten in der BRD
warum wir weiter dagegen impfen müssen
Tetanus: Erreger weltweit verbreitet, Impfung vermittelt
nur Individualschutz!
Diphtherie: Erreger wird durch weltweite Impfung
allmählich zurückgedrängt, Impfung antitoxisch, daher
Trägertum bei Geimpften möglich!
Diphtherie weltweit, Durchimpfungsrate
1980 - 2007
impfpräventable Krankheiten in der BRD
warum wir weiter dagegen impfen müssen
Tetanus: Erreger weltweit verbreitet, Impfung vermittelt
nur Individualschutz!
Diphtherie: Erreger wird durch weltweite Impfung
allmählich zurückgedrängt, Impfung antitoxisch, daher
Trägertum bei Geimpften möglich!
Pertussis: Erreger zirkuliert weiterhin, akute Infektionen
durch Impfung zurückgedrängt, gegenwärtig eher wieder
ansteigend
Gemeldete Pertussiserkrankungen und
Hospitalisierungen in Deutschland
Von 2002 - 2007 wurden in
den alten Bundesländern
68 - 115 / 100.000 Säuglinge
wegen Pertussis hospitalisiert
Hellenbrand et al, BMC Infect Dis 2009; 9:121-4
impfpräventable Krankheiten in der BRD
warum wir weiter dagegen impfen müssen
Tetanus: Erreger weltweit verbreitet, Impfung vermittelt
nur Individualschutz!
Diphtherie: Erreger wird durch weltweite Impfung
allmählich zurückgedrängt, Impfung antitoxisch, daher
Trägertum bei Geimpften möglich!
Pertussis: Erreger zirkuliert weiterhin, akute Infektionen
durch Impfung zurückgedrängt, gegenwärtig eher wieder
ansteigend
Poliomyelitis: in Europa, Amerika, weiten Teilen Asiens
u. Afrikas eliminiert, aber in 4 Ländern noch endemisch
Poliomyelitis weltweit 2010
Länder mit Poliofällen (Aug 09-Feb 10)
WHO Feb 2010
Afghanistan
Afghanistan
Pakistan
Pakistan
Indien
Indien
Nigeria
Nigeria
Poliofälle 2009
weltweit:
1597
-in Endemiegebieten:
1247
-in NichtEndemieländern: 350
Einschleppung von Poliomyelitis
2004/05
impfpräventable Krankheiten in der BRD
warum wir weiter dagegen impfen müssen
Hämophilus influenzae Typ b: Erreger zirkuliert
weiterhin, Impfung verhindert nur invasive Infektionen in
der Kindheit.
Hepatitis B: Erreger wird durch Impfung in vielen
Teilen der Welt allmählich zurückgedrängt, zirkuliert
aber nach wie vor weltweit!
Hepatitis B in Deutschland
l ca. 500 000 chronische Virusträger
l 2 000 - 4 000 Neuinfektionen pro Jahr
gemeldete akute Hepatitis-B-Fälle 2008:
805
l ca. 1 500 Todesfälle pro Jahr
Hepatitis B in Deutschland: 2002 / 2008
Erkrankungen pro 100 000 Einwohner nach Alter und Geschlecht
5
4
2002
männlich
weiblich
3
2
1
0
3
2008
2
RKI. Infektionsepidem.
Jahrbuch 2002
1
0
1
2
3
4
5
10 15 20 25 30 40 50 60 70 Jahre
RKI. Infektionsepidem.
Jahrbuch 2008
impfpräventable Krankheiten in der BRD
warum wir weiter dagegen impfen müssen
Hämophilus influenzae Typ b: Erreger zirkuliert
weiterhin, Impfung verhindert nur invasive Infektionen in
der Kindheit.
Hepatitis B: Erreger wird durch Impfung in vielen
Teilen der Welt allmählich zurückgedrängt, zirkuliert
aber nach wie vor weltweit!
Masern, Mumps, Röteln: Erreger durch Impfung
zunehmend zurückgedrängt, durch unzureichende
Durchimpfungsraten aber weiterhin vorhanden, daher
immer wieder kleinere Ausbrüche.
Impfraten bei Schuleingangsuntersuchungen - Deutschland 1996/2002/2007
RKI. Epidem Bull 2009; Nr.16
impfpräventable Krankheiten in der BRD
warum wir weiter dagegen impfen müssen
Varizellen: Rückgang durch Impfung, in Deutschland
Effekt noch nicht bemerkbar
Anti-VZV i. d. deutschen Bevölkerung
Wutzler et al, Vaccine 2002; 20: 121
80
60
40
Lebensmonate
Lebensjahre
70-
60-69
50-59
40-49
30-39
20-29
18-19
16-17
14-15
12-13
10-11
8-9
6-7
4-5
2-3
10-12
7-9
0
4-6
20
1-3
seropositiv %
100
impfpräventable Krankheiten in der BRD
warum wir weiter dagegen impfen müssen
Varizellen: Rückgang durch Impfung, in Deutschland
Effekt noch nicht bemerkbar
Pneumokokken: bei Kindern Abnahme invasiver
Infektionen feststellbar
Meningokokken: Rückgang invasiver Infektionen
durch Typ C sichtbar, Herdeneffekt?
Impfung gegen Pertussis
Impfung gegen Pertussis
Eine junge Mutter kommt mit ihrer 5 Wochen alten Tochter zur
U3. Sie informieren sie über die nächsten Termine und kommen
dabei auch auf die demnächst fälligen Impfungen zu sprechen.
Sie erwähnen, dass insbesondere die Keuchhustenimpfung für
die Kleine besonders wichtig sei. Die junge Frau möchte nun
wissen, was denn am Keuchhusten - den sie eher als harmlose
Kinderkrankheit kennt – so gefährlich sei, und was man denn
sonst dagegen tun könne?
l warum ist Keuchhusten gefährlich?
l was kann / muss man noch tun, außer die Kleine zu impfen?
Besonderheiten der Pertussis-Infektion
l schwerer Krankheitsverlauf bei Säuglingen
(ca 800 Hospitalisierungen pro Jahr)
Keuchhustenanfall bei einem Säugling
Besonderheiten der Pertussis-Infektion
l schwerer Krankheitsverlauf bei Säuglingen
(ca 800 Hospitalisierungen pro Jahr)
l kein sicherer Nestschutz; auch bei regulärer Impfung
kein Schutz vor 5. Lebensmonat
l Schutzdauer sowohl nach Impfung als auch nach
natürlicher Erkrankung begrenzt (ca. 10 Jahre)
l Infektionen bei Erwachsenen oft symptomlos oder
atypisch, bei engem Kontakt Übertragungen möglich!
Impfung gegen Pertussis
Grundimmunisierung
l Kinder nachdem kein monovalenter Pertussisimpfstoff
mehr vorhanden ist, müssen Auffrischimpfungen
„ 3 mit
Dosen
Abstand von
4-8 Wochen
der im
Kombination
Tdap
oder Tdap-IPV
„ 1 Dosis 6-12 Monate nach 3. Dosis
durchgeführt werden
Auffrischimpfung (Kinder, Jugendliche, Erwachsene)
„ 1 Dosis
Empfehlungen der STIKO
zur Pertussis-Impfung
l Grundimmunisierung zum frühestmöglichen
Zeitpunkt (nach Vollendung des 2. Lebensmonats)
l eine Auffrischimpfung bei allen vollständig
Immunisierten im Alter von 5-6 Jahren
l
eine Auffrischimpfung im Alter von 9-17 Jahren
l einmalige Impfung von Personen, die häufig Umgang
mit Neugeborenen u. Kleinkindern
haben
(berufl.: Pädiatrie, Geburtshilfe, Kinderkrippen;
Familie)
Impfung
mit Kombinationsimpfstoff
auch kurz
Empfehlungen
der
STIKO
nach vorausgegangener Impfung mit T od Td
möglich, wenn bisherige
Impfungen in normazur Pertussis-Impfung
2009
lem Abstand erfolgten u. gut vertragen wurden!
l Impfung von Personal im Gesundheitsdienst sowie in
Gemeinschaftseinrichtungen, sofern in den letzten 10
Jahren keine Pertussis-Impfung stattgefunden hat
l bei allen Erwachsenen sollte die nächste fällige
Tetanus- bzw. Tetanus-Diphtherie-Impfung mit
Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Kombinationsimpfstoff
erfolgen
Impfung gegen Varizellen
Impfung gegen Varizellen
Ein 6jähriger Junge wird von seiner Mutter zur Tdap-Impfung
gebracht. Der Kleine wurde im ersten und zweiten Lebensjahr
vier mal mit dem hexavalenten Impfstoff geimpft. Im Alter von
12 Monaten erhielt er die MMR und die Varizellenimpfung, drei
Monate später die zweite MMR-Impfung.
l sollte er ein zweites Mal gegen Varizellen geimpft werden ?
l wenn ja – jetzt oder später?
Impfung gegen Varizellen
l Lebendimpfstoff
attenuiertes, auf menschl. diploiden Zellen (MRC-5)
vermehrtes Varizella-Zoster-Virus (Stamm Oka)
l Grundimmunisierung
Stand 2007
Kinder ab 9. Monat bis 13 Jahre
1 x 0,5 ml s.c.,
ältere Kinder, Jugendl., Erwachsene 2 x 0,5 ml s.c.
(Mindestabstand 6 Wochen)
l Schutzdauer
mindestens 10 Jahre, wahrscheinlich wesentlich
länger; lebenslang?
Varizellenerkrankungen und Durchimpfungsrate in Antelope Valley, Kalifornien 1995-2004
Chaves S et al. N Engl J Med 2007;356:1121-1129
Durchbruchsinfektionen bei als Kleinkinder Geimpften in Antelope Valley, Kalifornien
auch Kleinkinder müssen wahrscheinlich
zwei Varizellenimpfungen zur Grundimmunisierung erhalten!
Chaves S et al. N Engl J Med 2007;356:1121-1129
Impfung gegen Varizellen
1.Dosis im Alter von 11 bis 14 Monaten
(entweder simultan mit der 1. MMR-Impfung oder
frühestens 4 Wochen später).
l Lebendimpfstoff
2.Dosis im Alter von 15 bis 23 Monaten
attenuiertes, auf menschl.
diploiden
(Mindestabstand
zwischenZellen
2 Dosen (MRC-5)
4-6 Wochen)
vermehrtes Varizella-Zoster-Virus (Stamm Oka)
l Grundimmunisierung
alle Altersstufen
2 x 0,5 ml s.c.
l Schutzdauer
mindestens 10 Jahre, wahrscheinlich wesentlich
länger; lebenslang?
Impfung gegen Varizellen
STIKO 2009: Empfehlungen zur 2. Varizellenimpfung
l Zeitpunkt der zweiten Varizellenimpfung: in einem
Alter von 15 bis 23 Lebensmonaten,
l auch bei Kindern und Jugendlichen, die bisher nur
eine Varizellenimpfung erhalten haben, soll eine
zweite Impfung erfolgen,
l beide Impfungen können sowohl mit einem
monovalenten Varizellenimpfstoff als auch mit einem
Kombinationsimpfstoff (MMRV) durchgeführt werden.
STIKO Epid Bull 2009, Nr. 32;328-336
Impfung gegen Hepatitis B
Impfung gegen Hepatitis B
nach 10 Jahren auffrischen?
Ein jetzt 14jähriges Mädchen wurde vor 10 Jahren gegen
Hepatitis B geimpft. Die Mutter ist Krankenschwester, kennt
also die Hepatitis-B-Impfung, und fragt Sie nun, ob nicht wie bei
ihr auch die Hepatitis-B-Impfung ihrer Tochter aufgefrischt
werden muss?
l Wie ist der Schutz des Mädchens 10 Jahre nach der
Hepatitis-B-Impfung zu beurteilen?
l Ist eine Auffrischimpfung notwendig?
Antikörperstatus bei als Säuglinge geimpften Kindern (n=1212)
Wiederimpfung d. Kinder mit
Anti-HBs < 10 IU/l (n=342)
100
100
80
80
60
40
20
0
36
64
Probanden (%)
Probanden (%)
10 Jahre nach
Grundimmunisierung
60
40
20
0
0-10
> 10
anti-HBs (IU/l)
Zanetti et al Lancet 2005; 366: 1379-1384
3
0-10
11
11-100
anti-HBs (IU/l)
86
> 100
Antikörperstatus bei als Säuglinge ge95%
aller
als
Säuglinge
Geimpfter
impften Kindern (n=1212)
100
100
80
80
60
40
20
0
36
64
Probanden (%)
Probanden (%)
weisen nach 10 Jahren noch
Antikörper >Wiederimpfung
10IU/l auf oder
zeigen
10 Jahre nach
d. Kinder
mit
Grundimmunisierung
Anti-HBs < Immunantwort
10 IU/l (n=342)
eine anamnestische
60
40
20
0
0-10
> 10
anti-HBs (IU/l)
Zanetti et al Lancet 2005; 366: 1379-1384
3
0-10
11
11-100
anti-HBs (IU/l)
86
> 100
Schutzdauer nach Hepatitis B-Impfung
derzeitiger Wissensstand
l Schutz vor Infektion gebunden an Anti-HBs von > 10 IU/l
l Immunologisches Gedächtnis vermittelt Schutz vor Erkrankung auch nach Verschwinden der spezifischen Antikörper
l Auffrischimpfung bei erfolgreich Geimpften (Anti-HBs nach 3.
Impfung ≥100 IU/l) vor Ablauf von 10 Jahren n i c h t nötig
(auch zwischenzeitliche Anti-HBs-Kontrollen nicht sinnvoll)
l derzeit geschätzte Mindestschutzdauer etwa 15 Jahre (gilt
auch für als Säuglinge geimpfte Kinder)
l nach neueren Untersuchungen aber auch Persistenz des
immunologischen Gedächtnisses begrenzt
(kein
lebenslanger Schutz!)
Impfung gegen FSME
Impfung gegen FSME
Was tun nach Zeckenstich?
Eine ängstliche Mutter sucht Sie mit ihrem 11jährigen Sohn auf. Der
Junge hat eine Zecke in der Kniekehle, die er sich wahrscheinlich
am Tag zuvor beim Spielen im Wald zugezogen hat . Beide leben in
einem FSME-Endemiegebiet (Bayerischer Wald). Der Junge wurde
als Dreijähriger regulär gegen FSME geimpft (drei Dosen zum
Zeitpunkt 0, nach einem und nach 12 Monaten). Sie entfernen die
Zecke – und jetzt stellt sich die Frage nach dem weiteren Vorgehen.
l
Wie ist der FSME-Schutz des Jungen - 7 Jahre nach
Grundimmunisierung - zu beurteilen?
l
Was ist zu tun?
Spez. Antikörper nach Grundimmunisierung gegen FSME bei 18-49jährigen
cut-off
Rendi-Wagner et al, Vaccine 2004; 22: 2743-2749
Was tun nach Zeckenstich?
l bei bereits Geimpften
„ wenn Auffrischimpfung indiziert: sofort 1 Dosis
„ bei V.a. FSME Diagnostik erschwert
(durch impfinduzierte Ak)
l bei bisher Ungeimpften
„ sofortige Impfung ohne Effekt auf stattgehabte Infektion
(keine Inkubationsimpfung!)
„ bei V.a. FSME Diagnostik erschwert
(durch impfinduzierte Ak)
„ daher besser: Grundimmunisierung vier Wochen nach
Zeckenstich beginnen
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