Massivholz-Prototyp mit CO2-neutraler Gesamtökobilanz Leitbild der IBA verwirklicht: Erster 5-Geschosser aus Massivholz Foto: IBA Hamburg/Martin Kunze, Woodcube Hamburg GmbH Sonderdruck aus: Heft 06|2013 . S. 14-19 . © 2013 Fachverlag Schiele & Schön GmbH · Nr. 9713 „Ein Passivhaus, welches nicht aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird, ist ein Widerspruch in sich.“ Erwin Thoma Planen 03 Massivholz-Prototyp mit CO2-neutraler Gesamtökobilanz Leitbild der IBA verwirklicht: Erster 5-Geschosser aus Massivholz Der Holzbau kehrt seit ein paar Jahren in die Städte zurück, ohne sich bisher als solcher präsentieren zu dürfen. Das ändert sich jetzt. Auf der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Hamburg weist ein hölzerner Kubus den Weg hin zu sichtoffenen Flächen und Tragwerken im (sub-)urbanen Raum. Mit seiner ganzheitlichen Bauphilosophie setzt der Woodcube komplett neue Maßstäbe – auch hinsichtlich der Energiebilanz. Text: Marc Wilhelm Lennartz Fotos und Grafiken: IBA Hamburg/Martin Kunze, Woodcube Hamburg GmbH Es hat lange gedauert, bis die Renaissance des Baustoffs Holz auch die Agglomerationen wieder erreicht hat. Errichteten die alten Baumeister doch schon im Mittelalter 6-geschossige Gebäude aus Holz. Im 21. Jahrhundert ist es nicht zuletzt dem Klimawandel und den dadurch induzierten Diskussionen um Energiebilanzen, CO2Emissionen und schwindender Ressourcen zu verdanken, dass das Holz wieder da ist. Im holzbaulich bis dato unbedarften Hamburg besetzt der vielseitige Baustoff den neuen Raum, den ihm die IBA durch die sozial-ökologische Ausrichtung unbewusst öffnete. Die Mehrzahl der Objekte der „Bauausstellung in der Bauausstellung“ präsentieren dem folgend holzbasierte Lösungen, von denen der Woodcube mit 900 Quadratmetern Wohnfläche die konsequenteste Umsetzung bereithält. Moderner Holzbau im Problemviertel Als vor 112 Jahren die Idee der IBA auf der Darmstädter Mathildenhöhe aus der Taufe gehoben wurde, sollte mit der wandernden Ausstellung ein permanenter städtebaulicher Diskussions- und Erneuerungsdiskurs initiiert werden. Damals beschwor man die Einheit von Kunst, Leben, Natur und Wohnkultur – ein Leitbild, das bis heute wenig an Aktualität verloren hat und nun auf der Elbinsel in Hamburg-Wilhelmsburg eine Erneuerung erfährt. Kein anderer Baustoff als das auf allen Kontinenten nachwachsende und CO2-speichernde Holz vermochte so dem hehren Anspruch der IBA Hamburg nach einem „energetischen, sozialen und städtebaulichen Umbau der Stadt des 21. Jahrhunderts“ gerecht zu werden. Im lange Zeit von der Hanseatischen Prosperität abgehangenen Stadtviertel Wilhelmsburg sind die stofflichen, baulichen und architektonischen Qualitäten des modernen Ingeni- 06|13 greenbuilding · www.greenbuilding-planning.de 1 Woodcube aus der Reihe der Smart Material Houses der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg setzt neue Maßstäbe im nachhaltigen Geschosswohnungsbau. eurholzbaus idealtypisch umgesetzt worden. Ob und in welchem Umfang ein baukultureller Wandlungsprozess auch einen dauerhaft strukturellen Aufschwung einer langjährigen Problemzone mit hoher Arbeitslosigkeit und ebensolchen Kriminalitätsraten befruchten und begleiten kann, wird einzig die Zeit weisen können. Gleichwohl gehen von den Wohn-, Gewerbe- und Misch- 04 Planen bauten in Wilhelmsburg-Mitte starke städtebauliche Signale aus. Unterteilt in vier Themenkomplexe (Smart Material Houses = intelligente Baustoffe, Smart Price Houses = preiswertes Bauen & Wohnen, Hybrid Houses = flexible Bau- & Wohnformen, Water Houses = Bauen am Wasser) offenbaren sie ein breites Spektrum zeitgemäßer Holzbaukompetenz. Vorbild Blockhausbau 2 Ursprünglich ging die Idee zum Woodcube aus einem Architekturwettbewerb hervor. Der Entwurf des Instituts für urbanen Holzbau (IFUH) um Philipp Koch wurde von der IBA Hamburg im Rahmen der Fallstudien zu den „Smart Price Houses“ zur Realisierung ausgewählt. Der Bauinvestor Matthias Korff nahm sich im Rahmen seines DeepGreen Developments des Projektes an. Er erkannte die Chance, einen Mehrgeschosser erstmals in rein ökologischer, massiver Holzbauweise zu realisieren und daraus ein „Smart Material House“ zu kreieren. Von der Architekturagentur aus Stuttgart ließ er die ursprüngliche Hybridkonstruktion dementsprechend modifizieren und die Holzgewerke von Folien, Verkapselungen, jedweder Bauchemie, Lacken, Leimen und künstlichen Dämmmaterialien befreien. Dadurch konnte eine Gesundheits- und Umweltbelastung durch Bauschadstoffe komplett ausgeschlossen werden. Vor allem die ökologischen und werkstofflichen Qualitäten einer der ältesten Bauweisen der Menschheitsgeschichte, des Blockund Massivholzbaus, hatten es Korff angetan. Diese wollte er im Woodcube fortgeschrieben sehen. Das Ergebnis zeigt ein für den städtischen Raum geradezu revolutionäres Bauwerk: Es besteht einzig aus unbehandeltem, getrocknetem, gesägtem und gehobeltem Holz, das sowohl im Außen- als auch Innenbereich sichtbar geblieben ist – ein Novum im postmodernen Städtebau. Stabiler Kraftschluss 2 Das 5-geschossige Mehrfamilienhaus ist eigebettet in die neue Quartiersstruktur von Hamburg-Wilhelmsburg. Der Woodcube setzt sich aus komplett vorgefertigten Wand-, Decken- und Dachelementen der österreichischen Systembauweise Thoma Holz100 (www.thoma.at) zusammen. Bedingt durch den hohen Vorfertigungsgrad konnte der hölzerne Rohbau innerhalb von 4 Wochen errichtet werden. Die massiven Holzelemente platzierte man auf das Kellergeschoss rund um den zentralen Erschließungskern mit Treppenhaus und Aufzug, die beide aus Stahlbeton gefertigt wurden. Die Elemente bestehen aus unterschiedlich dicken Brettlagen bzw. Pfosten aus Tannen- und Fichtenholz. Auf beiden Seiten einer senkrecht stehenden, 80 Millimeter messenden Kantholzlage werden verschiedene Brettschichten sowohl horizontal, vertikal als auch diagonal zu kompakten Bauteilen miteinander verbunden. Die 24 Millimeter dicken Brettschichten befestigt man mit relativ trockenen Buchenholzdübeln, die leicht befeuchtet hydraulisch in den Holzlagenverbund eingepresst werden. Danach quellen sie auf und ziehen sich in Richtung des etwas feuchteren Weichholzes fest. Aufgrund der unterschiedlichen Feuchtegrade in den Dübeln aus Hartholz und den Brettschichtlagen aus Weichholz entsteht ein extrem stabiler Kraftschluss im gesamten Element, der auf der natürlichen, ausgleichenden Feuchtebewegung im Holzkörper beruht. 3 Die Grundrisskonzeption des Prototyps ermöglicht eine Orientierung jeder Wohnung in drei Himmelsrichtungen. 3 06|13 greenbuilding · www.greenbuilding-planning.de Planen BRH = + 1.00 BRH = + 0.50 BRH = + 0.80 05 BRH = + 1.00 Kind 2 11.18 m² Kind 1 10.87 m² Mauerwerk, nichttragend Schlafen 13.19 m² Installationswand BRH = + 1.50 leichte Trennwand WE 6 Bad 12.83 m² Flur 10.20 m² 4 Grundriss Normalgeschoss Stehende Luftschicht Die Holz100 Elemente verfügen über eine hohe Wärmedämmung. Dies beruht zum einen auf den naturbedingt guten Dämmeigenschaften von Massivholz, dessen Wärmeleitfähigkeit gering ist. Zum anderen auf Lufteinschlüssen zwischen den einzelnen Brettlagen, die durch kleine, eingefräste Längsrillen entstehen. Nach dem Zusammenfügen der gerillten Brettlagen zu Massivholzelementen werden die Kopfenden mit einem Naturöl-Holzstaub-Gemisch verschlossen. Daraus resultiert eine sogenannte „stehende Luftschicht“, welche die Dämmwirkung des Gesamtelements verstärkt, ohne dessen Gewicht zu erhöhen. Der von DeepGreen weiterentwickelte Wandaufbau des Woodcube erreicht Niedrigenergiestandard. Der Lambdawert (Wärmeleitfähigkeit) der gefrästen Holzschichten beträgt nur 0,079 W/(mK) (Watt je Quadratmeter und Kelvin) (gegenüber einfachem Nadelholz mit 0,13W/mK) – ein Rekordwert. Der U-Wert der Wand beträgt 0,19W/m²K. 06|13 greenbuilding · www.greenbuilding-planning.de BRH = +1.00 TM 17 Stg. 17,5/ 28,5 Wohnen / Kochen / Essen 45.17 m² Balkon 1 8.83 m² Schlafen 19.31 m² BRH = +0.00 Der Wandaufbau des hölzernen Würfels misst 32 Zentimeter, inklusive einer 3 Zentimeter dicken Dämmschicht aus Holzweichfaserplatten. Geschützt zwischen zwei Brettlagen sorgt eine Fassadenschalungsbahn auf Zellulosebasis und Holzweichfaserdämmung für die nötige Wind- bzw. Luftdichtigkeit. Die Außenhülle bildet eine witterungsresistente Fassadenverkleidung aus unbehandeltem Lärchenholz, die mit der Zeit in Ehren ergrauen darf. Unter dieser stellt eine schmale Holzunterkonstruktion mit einer eigens ausgetüftelten Systematik die erforderliche Belüftung sicher. Damit besteht die gesamte Gebäudehülle des Woodcube einzig aus Holz bzw. Holzfasern. Die naturbelassene und puristische Bauweise verzichtet bei den Wand- und Deckenelementen bewusst auf jedwede Verleimungen, Nägel, Metalle, Folien oder Kunststoffbahnen. Die hölzerne Einstofflichkeit des Baukörpers vermeidet die bei mehrstofflichen Konstruktionen bekannten Problemfelder wie z. B. Schimmelbildung, Kondensation oder Anschlussfehler aufeinander treffender Gewerke mit unterschiedlichen Materialien. Doch ganz ohne Metall kommt auch der Woodcube nicht aus: Die Montage der Elemente ab der Bodenplatte erfordert Schrauben, Nägel, Winkel etc. als Verbindungsmittel. Je nach Gusto können beim Holz100 System die Innenseiten der Massivholzwände sichtoffen bleiben, alternativ mit einem Lehmputz versehen oder anderen Materialien verkleidet werden. Ebenso gibt es auch beim Außenbereich verschiedene Optionen: Holzverkleidungen, Putzfassaden oder auch Verklinkerungen sind möglich. Flur 7.62 m² Bad 8.85 m² BRH = +1.00 Einstoffliche Bauweise Treppenhaus WE 5 8.79 m² 101,29 qm BRH = + 0.80 Kind 2 14.07 m² Kind 1 14.78 m² BRH = + 0.50 Stahlbeton Balkon 2 8.83 m² BRH = + 1.00 Holzwand massiv BRH = + 0.00 BRH = ab OK FFB BRH = + 0.00 BRH = + 0.50 BRH = + 0.50 Balkon 3 8.82 m² Objektdaten Projekt 5-geschossiges Mehrfamilienhaus WOODCUBE aus der Reihe der Smart Material Houses der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg, Hamburg-Wilhelmsburg Bauträger Woodcube Hamburg GmbH / DeepGreen Development, www.woodcube-hamburg.de Entwurf Institut für urbanen Holzbau Architekt Architekturagentur Stuttgart Statik Ingenieurbüro Isenmann Baubiologie Baubiologische Beratung Wilfried Schmidt Haustechnik Inhaus GmbH Brandschutz Prof. Dr.-Ing. Tichelmann & Barillas TSB Ingenieure Holzbau Erwin Thoma Holz GmbH Ökobilanz ina Planungsgesellschaft mbH Energiekennzahlen Gebäudevolumen V Umfassungsfläche A A/V-Verhältnis Nutzfläche NF Transmissionswärmeverlust H’T Heizenergiebedarf Qh Endenergiebedarf QE Primärenergiebedarf QP 3.430 m³ 1.474 m² 0,43 998 m² 0,246 W/(m²K) 18 kWh/m²a 39,3 kWh/m²a 21,3 kWh/m²a (22 % Unterschreitung gegenüber KfW-40: 27,2 kWh/m²a) Gebäudetechnik Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung Regenerative Fernwärmeversorgung Sommerlicher Wärmeschutz gemäß DIN E 4108-2:2011-10 SPS BUS Verkabelung, PVC- und halogenfrei Aufzug mit Bremsenergierückgewinnung Photovoltaik Energiemanagementzentrale Smart Metering 06 Planen Das Raumklima in einem massiven Holzbau bewegt sich permanent in einem für den Menschen idealen Feuchtigkeitsbereich zwischen 35 und 55 Prozent relativer Feuchte. Denn Vollholz ist diffusionsoffen, d. h. es nimmt überschüssige Luftfeuchtigkeit auf, speichert diese, gibt sie erst bei Bedarf wieder an die Raumluft zurück oder führt sie bei Sättigung nach Außen ab. Dieses holzbauspezifische Raumklima beugt der Verbreitung von z. B. Milben oder Schimmelpilzen sowie der Feinstaubbelastung wirksam vor, da sich potenzielle Allergene erst ab einer Raumfeuchtigkeit von > 60 Prozent entfalten können. Des Weiteren speichert massives Holz Wärme und gibt diese bei Bedarf an den Raum zurück. Aufgrund dessen müssen massive Holzbauten bis zum Erreichen der persönlichen Behaglichkeit weniger hoch temperiert werden als mineralische Gebäude, was Einsparungen beim Energieverbrauch zur Folge hat. 5 Individuelle Raumaufteilung 6 Die massiven Außenwände, Boden- und Deckenelemente garantieren darüber hinaus eine sichere Statik. Eine konstruktive Besonderheit zeigt die Möglichkeiten im modernen Holzbau auf: Die 23 Zentimeter dicken Holzdecken und die Balkonplatten bestehen aus ein und denselben Elementen. Diese reichen vom Erschließungskern über den Innenraum und die Außenwände bis nach außen durch, ohne eine Wärmebrücke zu bilden, da das Bauteil ungestört bleibt. Damit benötigen die Räume auch keine weiteren Stützen oder tragenden Innenwände, was eine individuelle Raumaufteilung ermöglicht. Die nichttragenden Innenwände wurden hingegen bewusst nicht in massiver Holzbauweise ausgeführt, da die Querschnitte schallschutzbedingt so dick hätten ausfallen müssen, dass zu viel Wohnraum verloren gegangen wäre. Statt dessen hat der Bauträger hier auf schmale Metallständer-Leichtbauwände mit schalldämpfender, mineralischer Dämmung und Gipsfaserbeplankung gesetzt, die zudem bei verändertem Raumbedarf einfach versetzt oder ganz entfernt werden können. Der 15 Meter hohe, massive Holzkubus beherbergt auf fünf Geschossebenen acht Einheiten mit Wohnflächen zwischen 70 und 190 Quadratmetern und zwei bis sechs Räumen. Jede Wohnung gewährt einen Rundumblick in alle Himmelsrichtungen. Ganzheitliche Bauphilosophie 7 5 Die Vollholz-Deckenelemente setzen sich als Balkonplatten nach außen fort … 6 … und passen sich mit ihren verkleideten Untersichten der Fassade an. 7 Die witterungsresistente Fassadenverkleidung besteht aus unbehandeltem Lärchenholz. Der Woodcube erreicht in etwa Passivhaus-Level, wobei er die Voraussetzungen des förderfähigen KfW-Effizienzhauses 40 um 22 Prozent unterschreitet. Er trägt nicht nur den bekannten Förder(Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW) und Zertifizierungskriterien (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB e. V.) Rechnung, die er ohne Probleme erfüllt, sondern setzt mit seiner ganzheitlichen Bauphilosophie komplett neue Maßstäbe. Der Massivholz-Prototyp verfügt über eine CO2-neutrale Gesamtökobilanz, die von der Herstellung sämtlicher Baumaterialien über den Bauprozess und die Nutzung bis zum Rückbau inklusive Recycling eine geschlossen evaluierte Prozesskette mit Vorbildcharakter ausweist. Das unterscheidet ihn maßgeblich von der rechtsgültigen, gleichwohl zu kurz greifenden EnEV, die nur den Energieverbrauch der Gebäude während deren Nutzungsphase betrachtet. Die so- 06|13 greenbuilding · www.greenbuilding-planning.de Planen genannte „graue Energie“ aus der Herstellung der Baumaterialien bleibt unberücksichtigt. So lässt die EnEV die Energieverbräuche und Emissionen der Produktion von z. B. WDVS auf Polystyrol-Basis (Styropor) ebenso unbeachtet wie deren spätere eingeschränkte Recyclingfähigkeit als Sondermüll. Im konventionellen, mineralischen Baugeschehen, wo kontinuierlich mit WDV-Systemen gearbeitet wird, kann diese graue Energie den jährlichen Gebäudeenergiebedarf um das 100-fache übertreffen, auch wenn dasselbe Gebäude gemäß EnEV vorbildlich ist. Der Bauträger mochte dieser Einschränkung in der Evaluierung nicht folgen. Er beauftragte die ina Planungsgesellschaft (www.ina-darmstadt.de), ein Spin-off der TU Darmstadt des Fachbereiches Architektur/Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, mit der nicht vorgeschriebenen, jedoch sämtliche wichtigen Parameter aufgreifenden Ökobilanzierung des Woodcube. Die Analyse erfolgte nach den Vorgaben des Zertifizierungssystems der DGNB. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Woodcube ist sowohl in der Herstellung als auch im Betrieb vollkommen CO2-neutral und schadstofffrei. Mit den CO2-Emissionen, die beim Bau eines in Form und Größe vergleichbaren konventionellen, mineralischen Passivhauses entstünden, könnten 70 Woodcubes errichtet und betrieben werden. Das mag merkwürdig klingen, doch Holz wächst ohne fossilen Energieverbrauch und ohne Emissionen nach, produziert dabei Sauerstoff und speichert CO2. Die einstoffliche Elementbauweise aus Österreich ist nach dem cradle-to-cradle System in Gold zertifiziert. Das Holz100 Werk erzeugt durch PV-Elemente und Verwertung der Holzreste in einer Biomassefeuerung mehr Energie, als es für die Herstellung der Bauteile benötigt. Zudem entstammen die verwendeten Hölzer nachhaltiger Forstwirtschaft. Sämtliche im Holzkubus eingesetzten Materialien sind komplett recyclingfähig, biologisch abbaubar und baubiologisch einwandfrei. Und die Holzflächen des Woodcube müssen weder gestrichen noch anderweitig behandelt werden, das wäre einzig der Kosmetik geschuldet. „Intelligente“ Gebäudetechnik Im Gebäude minimiert und optimiert ein vernetztes Energiemanagementsystem die Verbräuche und stimmt sie auf die individuellen Nutzerverhalten ab. So werden z. B. Heizenergie, die dezentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung und Jalousien automatisch gesteuert bzw. ganz abgeschaltet, wenn der Bewohner auf Reisen ist. Die Verbräuche jedes einzelnen Energieabnehmers inkl. der Beleuchtung werden in einem Terminal dokumentiert, so dass der Bewohner seinen Stromverbrauch kennt und bei Bedarf gegensteuern kann. In den öffentlichen Bereichen wie Keller, Foyer und Treppenhaus arbeiten 1-Watt-LED-Leuchten, der Aufzug verfügt über eine Bremsenergierückgewinnung. Holzbau und Brandschutz: Aufklärung vonnöten Fester Bestandteil der Philosophie des Woodcube ist es, das Holz aus Brandschutzgründen weder hinter Verkapselungen oder fremdstofflichen Fassaden zu verstecken, noch es mit Schutzanstrichen zu versehen oder teure Sprinkler einzubauen. Doch genau das ver- 06|13 greenbuilding · www.greenbuilding-planning.de 07 langte die Hamburger Brandschutzvorschrift von 1995. Jedoch belegte die vom Bauträger daraufhin beauftragte TU Darmstadt um Professor Karsten Tichelmann in eigenen Brandschutzversuchen, dass der massive Holzbau ohne derlei Brandschutzmaßnahmen auskommt. Die Tests brachten hervor, dass die mächtigen Holzelemente 3- bis 5-mal länger Feuerwiderstand leisten als Beton- oder Ziegelkonstruktionen. Der in der Gebäudeklasse IV erforderliche F-90-Brandwiderstand bei 1.000 °C Dauerbeflammung wurde problemlos erreicht, die spezielle Konstruktion des Massivholz-Prototypen erzielte gar rekordverdächtige F 280. Wie schon in früheren Testverfahren bestätigt, zeigt sich massives Holz in Abhängigkeit des Durchmessers im Brandverhalten über einen langen Zeitraum hinweg als konstruktiv sicher. Der häufig vorgebrachte Einwand der vermeintlich höheren Brandgefahr bei mehrgeschossiger Holzbauweise im urbanen Raum beruht mehr auf psychologisch determinierten Ängsten als auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Denn eine massive Holzsäule trägt auch bei Vollbrand sehr lange zu 100 Prozent, bevor sie, im Gegensatz zu Stahlkonstruktionen, vorhersehbar einbricht. Allzu häufig mangelt es den Zulassungsbehörden hierbei an Erfahrungswerten. Zudem sind aufklärende Gespräche mit Brandschutzbeauftragten und den Feuerwehren notwendig, die die Möglichkeiten des modernen Ingenieurholzbaus (noch) nicht kennen. Das Woodcube-Konzept hat Zukunft Was kann humaner und sozialer sein, als in einem nachweislich wohngesunden und von der Herstellung des Baumaterials über den Bauprozess und den Rückbau inklusive Recycling 100 Prozent gesamtökologisch durchkonzipierten Gebäude zu leben und zu wohnen? Mehr und mehr Menschen zieht es gegenwärtig zurück in die Städte. Gleichzeitig leiden mehr und mehr Menschen an Allergien. Aufgrund dessen gilt es gerade in den Ballungsräumen mit ihren hohen Dichten und Emissionsraten gesunde und lebensfreundliche Wohnräume zu schaffen, die nach Ende der Nutzung nicht unter erheblichem Aufwand rückgebaut und problembehaftet entsorgt werden müssen. Insgesamt wurden für den Woodcube 500 Kubikmeter Holz verbaut. Dies entspricht einem Kohlenstoffanteil von umgerechnet 125 Tonnen, woraus eine CO2-Speicherung von über 458 Tonnen resultiert. Die energetische Versorgung erfolgt ebenfalls CO2-neutral: Auf dem Dach produzieren PV-Elemente mehr Strom als der öffentliche Bereich des Gebäudes benötigt, während die Energie für Warmwasser und Heizung durch regenerativ erzeugte Fernwärme sichergestellt wird. ] Marc Wilhelm Lennartz Jg. 1963; Diplom-Geograph, studierte 1985 bis 1992 Wirtschaftsgeographie, Städtebau, Siedlungswesen, Verkehrspolitik und Bodenkunde an der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn. Er lebt als unabhängiger Fachjournalist, Referent und Buchautor in der Südeifel. www.mwl-sapere-aude.com www.DeepGreen-Development.de Sie wollen neue Wege beschreiten? Wir haben das Ziel. Gestalten Sie die Zukunft. Bauen Sie nachhaltig. Planen Sie DeepGreen. Als Forschungs- und Referenzgebäude, hat DeepGreen Development im Rahmen der Internationalen Bauausstellung, IBA Hamburg 2013, den Woodcube entwickelt und realisiert. Unser Anspruch: das klimaneutralste und gesündeste Mehrfamilienhaus der Welt. Nutzen Sie unseren Erfahrungsschatz und unsere Expertisen, um Ihr Bauvorhaben zu realisieren. DeepGreen Development ist exklusiver Partner von Thoma Holz100, für Deutschland und weite Teile Europas. Wir beraten Sie hinsichtlich der geeigneten Massivholzkonstruktion und unterstützen Sie in allen Phasen des Projektes. Besuchen Sie uns auf der IBA (23. März - 03. November 2013) oder vereinbaren Sie einen individuellen Besichtigungstermin. DeepGreen Development Woodcube/IBA Hamburg Am Inselpark 7 21109 Hamburg www.woodcube-hamburg.de +49 (0)40.5550299.80