Endbericht zur Fledermausuntersuchung

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Endbericht zur Fledermausuntersuchung
Flächennutzungsplan Baugebiet Eben in Weisenbach
erstellt am 16. Oktober 2013
von
Diplom-Biologin Isabel Dietz,
Südring 49,
72160 Horb
07451/2953
[email protected]
www.fledermaus-dietz.de
Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Endbericht zur Fledermausuntersuchung
Flächennutzungsplan Baugebiet Eben in Weisenbach
Inhalt
Einleitung ................................................................................................................................... 3
Methoden.................................................................................................................................... 3
Überblick ................................................................................................................................ 3
Quartiersuche ......................................................................................................................... 4
Transektbegehungen............................................................................................................... 4
Automatische Lauterfassung .................................................................................................. 5
Übersicht ................................................................................................................................ 7
Artenliste ................................................................................................................................ 7
FFH-Richtlinie ....................................................................................................................... 8
Besonders und streng geschützte Arten ................................................................................. 8
Ergebnisse der Quartiersuche................................................................................................. 8
Ergebnisse der Transektbegehungen und der automatischen Lautaufzeichnungen ............... 9
Ergebnisse der Untersuchung von Transferstrecken des Mausohrs..................................... 10
Kurzbeschreibung nachgewiesener Arten ............................................................................ 12
Diskussion ................................................................................................................................ 19
Allgemeine Würdigung ........................................................................................................ 19
Gebietsspezifische Würdigung............................................................................................. 20
Eingriffsbewertung............................................................................................................... 21
Erhalt der Leitlinien und Transferstrecken........................................................................... 21
Eingriffe in Gehölzbestände, Baumfällungen und Schuppenabriss ..................................... 22
Ausgleichsmaßnahmen......................................................................................................... 22
Von Diplom-Biologin Isabel Dietz,
Südring 49,
72160 Horb
07451/2953
[email protected]
www.fledermaus-dietz.de
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Endbericht zur Fledermausuntersuchung
Flächennutzungsplan Baugebiet Eben in Weisenbach
Einleitung
Bei Weisenbach ist die Erweiterung des Baugebietes auf derzeitige Wiesen- und
Streuobstflächen geplant. Möglicherweise auftretende Auswirkungen auf im Gebiet
vorkommende Fledermauspopulationen sowie auf Transferstrecken der in der Weisenbacher
Kirche
vorkommenden
Mausohren
sollten
im
Rahmen
der
Erstellung
des
Flächennutzungsplanes untersucht und die Planung auf artenschutzrechtliche Verträglichkeit
geprüft werden.
Methoden
Überblick
Das Untersuchungsgebiet bei Weisenbach wurde am 17.06.2013, 30.06.2013, 06.07.2013,
15.07.2013 und 02.09.2013 von bis zu 3 Personen zeitgleich begangen. Am 17. Juni und 06.
Juli 2013 wurde tagsüber das Gesamtgebiet begangen und eine Bewertung der Fläche als
möglicher Lebensraum für Fledermäuse vorgenommen. Hierbei wurden verschiedene
Aspekte wie die Eignung als Quartier- und Jagdlebensraum, sowie die Anbindung an
angrenzende Teillebensräume und mögliche Transferstrecken untersucht. Die Kirche in
Weisenbach
wurde
am
15.07.2013
begangen
und
die
Kolonie
ausgezählt. Die
Streuobstbereiche wurden am 30.06. 2013 und 16. Oktober 2013 auf Baumhöhlen und auf
ihre Eignung als Quartier hin begutachtet, am 16.10.2013 wurden alle Höhlungen
endoskopiert.
An den Transektterminen wurde das Untersuchungsgebiet in Transekten abgelaufen und
Lautaufnahmen jagender Fledermäuse aufgezeichnet. Bei allen Begehungen wurde gezielt
während der Abend- und Morgendämmerung auf Fledermäuse geachtet, die möglicherweise
aus vorhandenen Baumhöhlen oder Gebäuden aus- bzw. einflogen. Am 17.06.2013 und
15.07.2013 wurden die Flugstraßen der Mausohren aus der Kirche mit drei Personen
nachverfolgt. Jagende und ausfliegende Fledermäuse wurden mit Fledermausdetektoren
(Pettersson D1000X) hörbar gemacht und die Laute digital aufgezeichnet. Darüber hinaus
wurden in der Obstwiese an 3 Standorten jeweils über 7 Nächte automatische
Lautaufzeichnungen vorgenommen (30.06.2013-06.07.2013).
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Quartiersuche
Fledermäuse können eine Vielzahl von Quartieren nutzen. Je nach Art und Jahreszeit können
dies Baumhöhlen, abstehende Rinde, Holzstapel, alle möglichen Spalten, Räume bzw.
Hohlräume an Gebäuden, aber auch Mauern, Stollen, Höhlen, Felsspalten und viele mehr
sein. Aufgrund der großen Anzahl an Quartiermöglichkeiten und der relativen Seltenheit der
Fledermäuse ist es kaum möglich alleine über Quartierkontrollen ein verlässliches
Arteninventar aufzustellen. Dennoch gibt es eine ganze Reihe von Quartiertypen, die bei einer
Kontrolle das Auffinden von zumindest einigen Arten ermöglichen.
Vorgehensweise
Bei der Quartiersuche wurden tagsüber am 30.06.2013 und am 16. Oktober 2013 die
betroffenen Gehölze und Schuppen eingehend untersucht. Hierbei wurde vor allem der
Aspekt zur Eignung als Quartier berücksichtigt. Vorhandene und zugängliche Baumhöhlen
wurden mit Hilfe eines Endoskops auf anwesende Fledermäuse oder deren Spuren (Haare,
Mumien, Kot) untersucht. Mit Hilfe eines Ultraschalldetektors wurde geprüft, ob Soziallaute
anwesender Fledermäuse hörbar waren.
Bei den Transektbegehungen wurde speziell während der Abend- und Morgendämmerung auf
Fledermäuse geachtet, die möglicherweise Tagesquartiere an Bäumen oder Gebäuden
verlassen. Um Quartiere aufzuspüren sind Begehungen in den Morgenstunden hilfreich, da
viele Fledermausarten vor dem Einflug in das Tagesquartier meist soziale Interaktionen
durchführen, die sich in Verfolgungsflügen und kreisenden Flugbewegungen vor dem
Quartier äußern können. Dieses Verhalten wird auch als „morgendliches Schwärmen“
bezeichnet.
Transektbegehungen
Fledermäuse orientieren sich mit Ultraschalllauten, die reflektierten Echos ermöglichen es
ihnen sich ein „Hörbild“ ihrer Umgebung und möglicher Beute zu erstellen. Mit der
Echoortung können auch sehr kleine und feine Strukturen wahrgenommen werden. Die
Struktur der Echoortungslaute ist weitgehend artspezifisch. Eine außerordentliche Variabilität
in der Anpassung an verschiedene Echoortungs-Aufgaben und sehr ähnliche Lautstrukturen
bei manchen Fledermausgattungen schränken eine Artbestimmung allerdings stark ein.
Die Ultraschalllaute der Fledermäuse können mit Fledermausdetektoren hörbar gemacht
werden. Frequenzwahl-Detektoren (Mischer-Detektoren) überlagern dabei das von den
Fledermäusen ausgesendete Signal mit einem frei wählbaren Mischsignal. Anhand dieses
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Mischsignals kann die Frequenz des nun hörbaren Lautes bestimmt werden. Mit einiger
Erfahrung können so eine ganze Reihe von Fledermausarten akustisch bestimmt werden
(Pipistrellus-, Nyctalus- und Eptesicus-Arten). Situationsabhängig ist jedoch eine ganze Reihe
an Fehlermöglichkeiten gegeben, weshalb zur genaueren Auswertung die Aufnahme der
Fledermauslaute erfolgt. Das Gebiet wurde an 5 Terminen (17.06.2013, 30.06.2013,
06.07.2013, 15.07.2013 und 02.09.2013) von 1-3 Personen begangen.
Bei den Transektbegehungen wurden Echoortungslaute von jagenden und vorbeifliegenden
Fledermäusen mit Pettersson D1000X Fledermausdetektoren hörbar gemacht und digital
aufgezeichnet. Eine anschließende Auswertung der Echoortungslaute am Computer mit dem
Auswerteprogramm Selena (© Lehrstuhl für Tierphysiologie, Uni Tübingen) machte
zusammen mit weiteren Daten aus Sichtbeobachtungen bzw. dem Flugverhalten und dem
Vergleich der aufgezeichneten Rufe mit Lauten aus einer umfangreichen ReferenzDatenbank, die alle europäischen Fledermausarten umfasst, in gewissen Grenzen eine
Artzuordnung möglich. Alle erstellten Lautaufzeichnungen wurden archiviert.
Automatische Lauterfassung
Um längerfristige Daten zur Nutzung des Gebietes zu erlangen, wurden automatische
Lautaufzeichnungen erstellt. Vom 30. Juni bis zum 06. Juli 2013 wurden zeitgleich drei
batcorder ausgebracht. Eines der Geräte war jedoch defekt, daher wurde an einem weiteren
Standort vom 07. Juli bis 14. Juli 2013 ein Ersatzgerät aufgehängt. Dabei wurden alle
Ultraschalllaute, die eine gewisse Intensitätsschwelle überschritten, digital aufgezeichnet und
abgespeichert. Die so über einen längeren Zeitraum erfassten Daten wurden mit speziellen
Computerprogrammen ausgewertet.
Bei der automatischen Lautaufzeichnung wurden ein digitaler Batcorder 3.0 der Firma
ecoObs eingesetzt. Die Auswertung erfolgte schrittweise entlang eines Entscheidungsbaumes
mit Hilfe des Statistik-Programms R basierend auf Datenparametern die mit den
Analyseprogrammen bcadmin und batident aus den Lautaufnahmen extrahiert wurden. In
einem ersten Analyseschritt wurden Sequenzen von Laubheuschrecken oder andere
Ultraschallquellen ausgesondert, die verbleibenden Aufnahmen schrittweise Artengruppen
und soweit möglich Arten zugeordnet. Dabei erfolgte ein Abgleich der Lautaufnahmen mit
einer umfassenden Referenzdatenbank. Einzelne fragliche Lautsequenzen wurden mit
bcanalyse und Selena (s.o.) ausgewertet und manuell nachbestimmt. Alle automatisch
erstellten Lautaufzeichnungen wurden archiviert.
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Karte 1: Untersuchungsgebiet mit Standorten der automatischen Lautaufzeichnung (Sterne)
und Abgrenzung des Transektgebietes (äußere pinke Linie).
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Ergebnisse
Übersicht
Insgesamt wurden im Rahmen der Untersuchung 10 Fledermausarten sicher nachgewiesen.
Bei der Quartiersuche wurden in den Höhlungen von zwei Obstbäumen Kotspuren gefunden.
Eine aktuelle Quartiernutzung wurde zu diesem Zeitpunkt weder an den Schuppen noch in
den Bäumen festgestellt. Die Kirche in Weisenbach wurde im Jahr 2013 von rund 150
Weibchen zur Jungenaufzucht aufgesucht, am 15. Juli 2013 waren zudem etwa 120 Jungtiere
anwesend.
Artenliste
In der folgenden Tabelle (Tabelle 1) werden alle vorgefundenen Arten sowie ihre
Gefährdungssituation aufgeführt. Nicht näher auf eine Art zu bestimmende Lautaufnahmen
sind aus Tabelle 2 ersichtlich. Bei den darin gelisteten Artengruppen dürfte es sich jeweils um
Vertreter der sicher bestimmten Arten handeln.
Tabelle 1: Liste der im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen Fledermausarten.
Art
Art
Rote Liste
BW
D
FFH
BNatG
Mausohr
Myotis myotis
2
V!
II+IV
S
Bartfledermaus
Myotis mystacinus
3
V
IV
S
Fransenfledermaus
Myotis nattereri
2

IV
S
Bechsteinfledermaus
Myotis bechsteinii
2
2!
II+IV
S
Zwergfledermaus
Pipistrellus pipistrellus
3

IV
S
Rauhhautfledermaus
Pipistrellus nathusii
i

IV
S
Breitflügelfledermaus
Eptesicus serotinus
2
G
IV
S
Abendsegler
Nyctalus noctula
i
V?
IV
S
Kleinabendsegler
Nyctalus leisleri
2
D
IV
S
Graues Langohr
Plecotus austriacus
1
2
IV
S
Erläuterungen: Rote Liste BW: BRAUN et al. (2003), D: MEINIG et al. (2009): 0 ausgestorben oder verschollen; 1 vom
Aussterben bedroht; 2 stark gefährdet; 3 gefährdet;  ungefährdet; R extrem seltene Arten; i gefährdete wandernde Tierart
(vgl. Schnittler et al. 1994); V Arten der Vorwarnliste; G Gefährdung unbekannten Ausmaßes; D Daten unzureichend; S
streng geschützte Art;  nicht bewertet; ! Deutschland in hohem Maße für die Art verantwortlich; ? eventuell erhöhte
Verantwortlichkeit Deutschlands, Daten ungenügend.
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Tabelle 2: Liste der im Untersuchungsgebiet nicht auf Artniveau bestimmbaren
Lautaufnahmen von Fledermäusen.
Art
Art
Rote Liste
FFH
BW
Mausohrfledermaus-Art
Myotis spp.
Nyctaloide-Art
Eptesicus/Nyctalus/
D
II/IV
S
IV
S
IV
S
Je nach Art
Vespertilio spec.
Langohr
BNatG
Plecotus spec.
Erläuterungen: Vgl. Tabelle 1.
FFH-Richtlinie
Alle nachgewiesenen Arten sind im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgelistet (vgl. Tabelle
1).
Besonders und streng geschützte Arten
Alle
im
Untersuchungsgebiet
nachgewiesenen
Fledermausarten
sind
nach
dem
Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt (vgl. Tabelle 1).
Die Bart- und Zwergfledermaus werden in Baden-Württemberg als gefährdet eingestuft, das
Mausohr, die Fransenfledermaus, die Bechsteinfledermaus, die Breitflügelfledermaus und der
Kleinabendsegler als stark gefährdet. Das Graue Langohr ist als vom Aussterben bedroht
klassifiziert. Der Abendsegler und die Rauhhautfledermaus gelten als gefährdete wandernde
Tierarten.
In der Roten Liste Deutschlands werden die Zwergfledermaus, die Rauhhautfledermaus und
die Fransenfledermaus als ungefährdete Arten aufgeführt. Die Bartfledermaus, das Mausohr
und der Abendsegler gelten als Arten der Vorwarnliste, das Graue Langohr und die
Bechsteinfledermaus als stark gefährdet und für die Breitflügelfledermaus wird eine
Gefährdung unbekannten Ausmaßes angenommen. Für den Kleinabendsegler ist die
Datenlage defizitär (vgl. Tabelle 1). Für Mausohr und Bechsteinfledermaus liegt eine
besondere Verantwortung Deutschlands vor.
Ergebnisse der Quartiersuche
Die Kontrolle von Spalten und Höhlungen an geeigneten Bäumen erbrachte bei den
Untersuchungen mit dem Endoskop keine direkten (anwesende Fledermäuse) aber zwei
indirekte Nachweise (Kot) von Fledermäusen (vgl. Karte 3): In einem Apfelbaum im
östlichen Bereich wurde Kot der Fransenfledermaus gefunden. In einem weiteren Apfelbaum
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
im zentralen Bereich war bereits bi einer Transektbegehung Kot in einer Baumhöhle
nachweisbar, im Oktober fanden sich bei der erneuten Kontrolle zudem Haare der
Bechsteinfledermaus am Quartierzugang. Des Weiteren wurden leere Puparien der Lausfliege
Basilia nana gefunden, die größtenteils an der Bechsteinfledermaus parasitiert. Im Bereich
dieses Quartierfundes waren auch Lautaufnahmen der Bechsteinfledermaus bei den
Transektbegehungen erfolgt.
Am Gebäude „Am Schöllkopf 3“ wurde am 30.06.2013 ein Quartier der Zwergfledermaus mit
mindestens 20 Individuen festgestellt. Die Tiere verließen das Quartier in Richtung der
Streuobstwiesen.
Die Kirche in Weisenbach stellt ein seit Jahrzehnten bekanntes Wochenstubenquartier des
Mausohrs dar. Am 15. Juli 2013 waren rund 150 Weibchen mit 120 Jungtieren anwesend. In
früheren Jahren betrug die Gesamtzahl bis zu 450 Tiere (A. Schaible, mündliche Mitteilung).
Die meisten jagenden Fledermäuse, insbesondere Mausohren, Zwerg-, Breitflügel- und
Langohrfledermäuse flogen allerdings aus Weisenbach kommend zu.
Ergebnisse der Transektbegehungen und der automatischen Lautaufzeichnungen
Im Rahmen der Untersuchung konnten 10 Fledermausarten sicher nachgewiesen werden. Der
Großteil der akustischen Nachweise im Gebiet betrifft die Zwergfledermaus, auf den
Transferstrecken dominierten die Mausohren und die Zwergfledermaus. Andere Arten traten
nur mit Einzeltieren oder kurzfristig in Teilen des Gebietes jagend auf: Abendsegler
überflogen relativ hoch das Gebiet, Fransen- und Bartfledermäuse jagten vereinzelt v.a. in den
Obstwiesen. Die Bechsteinfledermaus konnte mit wenigen eindeutigen Lautaufnahmen
nachgewiesen werden, etliche weitere Aufnahmen sind nicht eindeutig dieser Art zuzuordnen.
Kleinabendsegler und Rauhhautfledermaus konnten bei den beiden letzten Begehungen
vereinzelt am Waldrand im Nordosten des Gebietes nachgewiesen werden. Vom Grauen
Langohr
gelangen
bei
zwei
Begehungen
Lautaufnahmen
in
Kombination
mit
Sichtbeobachtungen, diese Art dürfte aufgrund der sehr leisen Ortungslaute deutlich
unterrepräsentiert sein.
Eine Abgrenzung von Jagdgebietsschwerpunkten ist aufgrund der stark unterschiedlichen
Verteilung der Arten und Individuen zwischen den Begehungsterminen nicht möglich.
Insgesamt wurden alle Streuobstbereiche stark genutzt, die Randbereiche der Siedlung und
v.a. die Rebfläche mit deutlich geringerer Aktivität.
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Ergebnisse der Untersuchung von Transferstrecken des Mausohrs
Mausohren nutzen beim Verlassen des Wochenstubenquartieres zum erreichen der
Jagdgebiete traditionelle Transferstrecken, sogenannte Flugstraßen. Diese orientieren sich oft
an linearen Leitlinien.
Am 17.06.2013 verließen knapp 80 Mausohren den Turm der Kirche. Hier wurde am
15.07.2013 der Hangplatz anhand der Kothaufen entdeckt. Es besteht keine Verbindung
zwischen Turm und Dach des Kirchenschiffes, so dass je nach Hangplatz unterschiedliche
Flugrouten gewählt werden. Vom Turm aus flogen alle Tiere zwischen den Gebäuden nach
Norden. Im Bereich der Straßenbrücke (über die Bahn) spaltete sich die Flugstraße auf, ein
Teil der Tiere flog weiter nach Norden, ein anderer Teil folgte der Hangkante nach oben in
Richtung Schützenhaus (Karte 2).
Am 15.07.2013 flogen etwa 150 Tiere aus dem Dach des Kirchenschiffes aus, hier war auch
tagsüber der Hangplatz lokalisiert worden. Alle Tiere flogen direkt den Bereich der
Bahngleise an. Während etwa 50 Tiere der beim vorherigen Termin genutzten Flugstraße
nach Norden folgten, flogen rund 100 Tiere nach Osten und v.a. südlich des
Kindergartengebäudes den Hang aufwärts, querten das geplante Eingriffsgebiet und erreichten
den Wald an der südöstlichen Begrenzung des Weinberges (Karte 2).
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Karte 2: Als Transferstrecken von den Mausohren genutzte Flugwege. Die Routen beim
Verlassen der Kirche (grüne Fläche) waren teilweise verschieden, je nach Hangplatz
im Turm (17.06.2013, blaue Pfeile) und im Dachstuhl (15.07.2013 rote Pfeile). Die
dünnen Pfeile entsprechen jeweils bis zu 30 Tieren, der dicke Pfeil über 50 Individuen.
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Kurzbeschreibung nachgewiesener Arten
Das Mausohr (Myotis myotis) ist während seiner Fortpflanzung auf große leicht zugängliche
Räume, wie z.B. Dächer von Kirchen, Rathäusern usw. angewiesen. In den Wochenstuben
kommen, räumlich getrennt, oft in Balkenkehlen adulte Männchen vor. Mausohr-Weibchen
zeigen eine ausgeprägte Treue zu ihrer Geburtswochenstube. Paarungsquartiere werden von
Männchen und Weibchen ebenfalls oft über Jahre hinweg genutzt. Die Jagdgebiete liegen im
Frühjahr und in der ersten Hälfte der Jungenaufzucht in Wäldern (bevorzugt Mischwälder
oder Laubwälder). Später im Jahr wechseln sie dann auf frisch gemähte Wiesen, Weiden oder
Streuobstwiesen. Gejagt wird in einem langsamen, niedrigen Suchflug, ca. 1 Meter über dem
Boden. Bejagt werden vorwiegend flugunfähige Insekten wie Laufkäfer, die aus dem Flug
heraus vom Boden aufgegriffen oder durch eine kurze Landung erbeutet werden. Bei
saisonalen
Massenvorkommen
wie
von
Maikäfern,
Dungkäfern,
Maulwurfsgrillen,
Nachtfaltern oder Wiesenschnaken werden diese bevorzugt und im Flug gefangen
Der nächtliche Aktionsradius von Mausohren beträgt 10 bis mehrere Kilometer. Transferflüge
werden zielgerichtet mit schneller Geschwindigkeit zurückgelegt und erfolgen oft in geringer
Höhe, es kann örtlich zu einer hohen Mortalität beim Queren von Straßen kommen.
Die Kirche in Weisenbach stellt ein seit Jahrzehnten bekanntes Wochenstubenquartier des
Mausohrs dar. Am 15. Juli 2013 waren rund 150 Weibchen mit 120 Jungtieren anwesend. In
früheren Jahren betrug die Gesamtzahl bis zu 450 Tiere (A. Schaible, mündliche Mitteilung).
Jagdnachweise erfolgten im gesamten Eingriffsgebiet. Zwei der Transferstrecken führten
ebenfalls durch das Eingriffsgebiet.
Die Bartfledermaus (Myotis mystacinus) ist eine typische „Fensterladen“-Fledermaus sie
besiedelt vor allem schmale Spaltenquartiere an Gebäuden. Es sind aber auch Kolonien aus
Wäldern und in Waldnähe außerhalb von Siedlungen bekannt. Die Jagdgebiete liegen in
strukturreichem Offenland, aber auch in Auwäldern und entlang von Gewässern. Während
einer Nacht werden die Jagdgebiete häufig gewechselt. Sie ist ein wenig spezialisierter Jäger
mit einem breiten Nahrungsspektrum. Sie beutet gerne Massenvorkommen wie z.B. von
Kohlschnaken aus. M. mystacinus jagt niedrig und bis in Höhen von 6-15 Metern,
Transferflüge erfolgen meist in 2-5 Metern Höhe. Neben der Zwergfledermaus stellt sie das
häufigste Verkehrsopfer dar, insbesondere auf Transferstrecken von Wochenstubenquartieren
aus ist die Mortalitätsrate vor allem unter Jungtieren sehr hoch. Die Art ist in den letzten
Jahren aufgrund ihrer Ansprüche an Quartiere und an naturnahe kleingekammerte
Jagdlebensräume lokal deutlich im Rückgang begriffen. Als Charakterart extensiver
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
landwirtschaftlicher Gebiete mit hohem Grünlandanteil und Streuobstwiesen und insgesamt
hohem Strukturreichtum ist sie auf den Erhalt entsprechender Landschaftsräume angewiesen.
Bartfledermäuse wurden v.a. in den Streuobstbereichen nachgewiesen, Einzelaufnahmen
gelangen auch am Waldrand.
Die Fransenfledermaus (Myotis nattereri) kann als eine typische Waldart angesehen werden.
Sie kommt sowohl in Laub- als auch in Nadelwäldern vor. Während des Sommerhalbjahrs
bevorzugt sie Baumhöhlen in Wäldern, Parkanlagen oder Streuobstwiesen als Quartier. Sie
bezieht aber auch Spalten an Gebäuden (Hohlblocksteine) oder Fledermauskästen. Die
Wochenstubenquartiere werden alle 1-4 Tage gewechselt. Darum ist es wichtig viele
Quartiermöglichkeiten in einem Radius von ca. 1 km zu erhalten bzw. neu in Form von
Fledermauskästen zu schaffen. Jagdgebiete liegen vor allem in Wäldern und strukturreichen
Offenlandhabitaten (dörfliche und landwirtschaftliche Strukturen). Die Populationsdichte ist
in der Regel überall gering. Die Fransenfledermaus ist sehr manövrierfähig und jagt oft sehr
nah an der Vegetation. Jagdflüge erfolgen meist sehr niedrig, dementsprechend wird sie von
Straßen beeinflusst, örtlich kann es zu einer hohen Mortalität beim Queren von Straßen
kommen.
Nachweise erfolgten durch vereinzelte Lautaufnahmen innerhalb der Streuobstbereiche. Im
östlichen Bereich erfolgte ein indirekter Quartiernachweis durch Kotfunde.
Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) ist eine spezialisierte Waldart die ihren
Verbreitungsschwerpunkt in naturnahen Laubwaldgebieten niedriger Lagen hat. Nadelwälder
werden meist nur angrenzend an optimale alt- und todholzreiche Laubwälder besiedelt. Als
Quartiere werden bevorzugt Baumhöhlen aufgesucht, die häufig, meist alle zwei bis drei Tage
gewechselt werden, Kolonien sind somit auf ein großes Quartierangebot angewiesen. Aber
auch Vogel- und Fledermauskästen werden genutzt. Kolonien sind in der Regel
Individuenarm und setzen sich aus 10-50 Tieren zusammen. In Waldrandnähe stellen auch
Hochstamm-Streuobstwiesen wichtige Quartier- und Jagdgebiete dar. Weibchen halten ihrer
Geburtskolonie vermutlich ein Leben lang die Treue, sind aber innerhalb ihres
Kolonielebensraums
mobil.
Sie
können
mit
Wasser-
und
Fransenfledermäusen
vergesellschaftet angetroffen werden. Die Wochenstubenverbände teilen sich häufig und
finden nach einiger Zeit erneut zusammen (fission-fusion-societies). Die Jagdgebiete der
Bechsteinfledermaus befinden sich meistens in unmittelbarer Nähe der Tagesquartiere und
sind relativ klein. Entfernungen liegen meist im Umkreis von wenigen 100 Metern und
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Maximal in Entfernungen von bis zu drei Kilometern. Zum Beispiel nutzt eine Kolonie von
20-30 Tieren in einem Laubwald bei Würzburg eine Waldfläche von 80-300 ha. In
Nadelwäldern werden die Flächen erheblich größer. Die Bechsteinfledermaus ist durch ihre
große Manövrierfähigkeit ein ausgezeichneter Jäger in dichter Vegetation. Beute wird geortet
oder akustisch durch Raschelgeräusche wahrgenommen und im Rüttelflug von der Vegetation
abgelesen. Die leisen Echoortungslaute sind nur in seltenen Fällen und in Kombination mit
Sichtbeobachtungen eindeutig bestimmbar. Artnachweise können am Besten durch Netzfänge
und teilweise auch durch Nistkastenkontrollen erbracht werden. Die Bechsteinfledermaus
reagiert aufgrund ihrer engen Lebensraumansprüche empfindlich gegenüber großflächigen
Eingriffen in ihre Umgebung, sie gilt als stark gefährdete Art. Offenlandbereiche und Straßen
werden sehr niedrig gequert wodurch ein großes Anprallrisiko besteht. Unterführungen an
Autobahnen werden zur Querung genutzt. Als Erhaltungsziel sind großflächige,
unzerschnittene und naturnah bewirtschaftete Laubwaldgebiete mit hohem Altholzanteil
anzustreben.
Einzelnachweise der Bechsteinfledermaus gelangen anhand von sicher klassifizierten
Lautaufnahmen und anhand eines indirekten Quartiernachweises in der Streuobstwiese (Kotund Haarfunde, Puparien eines Parasiten). Aussagen zur Raumnutzung der Art können
aufgrund der Datenlage nicht getroffen werden.
Bei der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) handelt es sich um einen extremen
Kulturfolger. Sie ist als Spaltenbewohner von Gebäuden die häufigste Fledermausart in
Baden-Württemberg. In der Auswahl ihrer Jagdgebiete ist sie relativ flexibel, bevorzugt aber
gewässerreiche Gebiete und Ränder von Gehölzstandorten. Während der Jungenaufzucht
werden die Quartiere häufig gewechselt. Obwohl sie überall recht häufig ist, ist sie dennoch
eine streng geschützte Art. Eingriffe in den Lebensraum der Zwergfledermaus sind überall
dort problematisch, wo eine große Zahl an Tieren betroffen ist, also in Wochenstuben, an
Schwärm- und Winterquartieren und auf Transferstrecken. Solche Orte können von hunderten
Tieren regelmäßig jedes Jahr aufgesucht werden und fortlaufende Gefährdungen können so
im Laufe der Zeit zu einer starken Beeinträchtigung lokaler Vorkommen führen. Die Art jagt
zumeist niedrig aber auch bis in Höhen von 20 Metern, Transferflüge erfolgen meist in 2-5
Metern Höhe.
Die Art konnte nahezu flächendeckend über Wiesen, Streuobstwiesen, Saumstrukturen und
entlang der Wege und Straßen gefunden werden. Am Gebäude „Am Schöllkopf 3“ wurde am
30.06.2013 ein Quartier der Zwergfledermaus mit mindestens 20 Individuen festgestellt.
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Die Rauhhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) ist eine Art der Tieflandlagen, wo sie in erster
Linie Baumquartiere, wie Höhlungen und Rindenspalten, aber auch Dehnungsfugen und
Spalten an Brücken bezieht. Sie jagt gerne entlang von linearen Strukturen, wie Waldwegen
und Waldrändern, und entlang der Schilf- und Verlandungszonen von nahrungsreichen
Gewässern. Ihr Flug, in Höhen von 3-20 Metern, ist dabei geradlinig und relativ langsam.
Bevorzugt hält sie sich in Au- und Feuchtwäldern auf. Bei der Rauhhautfledermaus handelt es
sich um eine Art die während ihrer Wanderung im Herbst sehr weite Strecken (bis zu 1900
km) zurücklegt. Während des Sommers kommen in Deutschland vorwiegend Männchen vor.
Die Reproduktionsgebiete der Rauhhautfledermaus liegen vor allem im Nordosten Europas,
östlich der Elbe. Von dort aus wandern die Weibchen im Herbst in süd-westliche Richtung.
Ab Mitte August bis Anfang November treten in Süddeutschland verstärkt Durchzügler auf,
wobei einzelne Individuen eine relativ hohe Ortstreue in den Durchzugsgebieten zeigen. Die
Männchen besetzen zu dieser Zeit bereits ihre angestammten Paarungsquartiere in
Baumhöhlen. Weibchen suchen diese während des Herbstzuges auf. Nach der Paarung setzten
sie ihren Zug in die Winterquartiere fort.
Einzeltiere waren bei den letzten Begehungen v.a. am Waldrand nachweisbar.
Die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) ist eine typische Gebäude-Fledermaus
niedriger Lagen, die ihre höchste Populationsdichte in den Niederungen von Rhein, Neckar
und Donau erreicht. Die Quartiere und Jagdgebiete liegen im Siedlungsbereich, in
gehölzreichen, parkartigen Landschaften mit hohem Grünlandanteil und in Gewässernähe.
Bei der Jagd zeigen Breitflügelfledermäuse unterschiedliche Strategien. So kommt sowohl die
Jagd entlang von Gehölzvegetationen in wenigen Metern Höhe als auch bis in die
Wipfelregionen vor. Diese Strategie ist vergleichbar mit der Jagd um Straßenlaternen, wo sie
häufig angetroffen werden kann. Des Weiteren gibt es Flüge in 3-8 Metern Höhe über
Weiden, Wiesen und Parkanlagen mit Sinkflügen bis knapp über den Boden. Gleich dem
Abendsegler kann die Breitflügelfledermaus aber auch bei der Jagd im freien Luftraum
beobachtet werden, hier zeigt sie allerdings einen langsameren Flug als der Abendsegler. Die
Art ist in ihren Lebensraumansprüchen relativ flexibel. Sie ist insbesondere durch den Verlust
geeigneter Quartiere an Gebäuden bedroht, im Jagdgebiet ist sie aufgrund des meist hohen
Jagdfluges (bis zu 10 Metern) kaum von Zerschneidungswirkungen, sehr wohl aber von
Habitatveränderungen betroffen.
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
Isabel Dietz, Oktober 2013
Nachweise wurden v.a. bei den ersten Begehungen durch bis zu 3 gleichzeitig über den
Wiesenflächen zwischen Streuobstbereich und Rebhang jagenden Individuen erbracht.
Der Abendsegler (Nyctalus noctula) ist ein Baumhöhlen-Bewohner, wobei er als Zwischenund Winterquartier auch gerne Spalten an Gebäuden besiedelt. Die Tiere nutzen gleichzeitig
mehrere eng benachbarte Quartiere, die häufig gewechselt werden, oft wird dabei auch die
Gruppenzusammensetzung geändert. Bei den während des Sommers nachgewiesenen Tieren
handelte es sich zumeist um Männchen, die den Sommer fernab der Fortpflanzungsgebiete,
die in Deutschland beispielsweise in Brandenburg liegen, verbringen. Nur während der
Zugzeit und im Winter treten in Südwestdeutschland regelmäßig Weibchen des Abendseglers
auf. Abendseglermännchen zeigen eine hohe Treue zu ihren Quartieren. Der Abendsegler ist
bei uns v.a. während der Durchzugszeit nicht selten. Jagdgebiete befinden sich vorwiegend in
Gewässer- und Waldnähe. Die Jagd erfolgt im freien Luftraum in großen Höhen im schnellen
Flug.
Es wurden relativ wenige Überflüge über dem gesamten Gebiet verzeichnet.
Der Kleinabendsegler (Nyctalus leisleri) ist eine typische Waldart, die zum größten Teil
Quartiere in Bäumen (z.B. Höhlen, Spechthöhlen, Astlöcher und Ausfaulungen), bevorzugt in
Laubwäldern aufsucht. Sie bezieht aber auch gerne Fledermauskästen. In ihren Quartieren
können sie vergesellschaftet mit Abendseglern, Rauhhaut-, Wasser-, Fransen- oder
Bechsteinfledermäusen angetroffen werden. Im Sommer werden die Tagesquartiere häufig,
oft täglich gewechselt. Winterquartiere befinden sich ebenfalls in Baumhöhlen, nur selten an
Gebäuden. Der Kleinabendsegler jagt bevorzugt in schnellem Flug in Wäldern und deren
Randstrukturen, kann jedoch auch über Wiesen, Weiden, Gewässern und an Straßenlaternen
beobachtet werden. Auf eine opportunistische Jagdweise kann geschlossen werden, da der
Kleinabendsegler auf ein breites Spektrum an Landschaftstypen als Jagdgebiete zurückgreift
und Nahrungsanalysen eine breite Palette an Insekten aufwiesen. Der Kleinabendsegler tritt
lokal und zeitlich eher begrenzt in Deutschland auf. Saisonbedingt wandert er weite Strecken
(bis zu 1000 km) von Nordosten nach Südwesten bzw. umgekehrt. Wochenstubenvorkommen
sind bei uns kaum bekannt und umfassen meist wenige Individuen. Aufgrund seines schnellen
Flugs und den damit häufigen Gebietswechseln scheint der Kleinabendsegler von
Fragmentierungen seiner Lebensräume nur indirekt beeinträchtigt zu sein. Zudem wird er
durch seinen Flug in großer Höhe entsprechend wenig von Straßen beeinträchtigt. Allerdings
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dürften Habitatveränderungen einen maßgeblichen Einfluss auf die Dichte anzutreffender
Tiere haben.
Die Art wurde ab dem Sommer vereinzelt am Waldrand aufgezeichnet.
Das Graue Langohr (Plecotus austriacus) ist in seinem Vorkommen auf niedrige Lagen
beschränkt, wo es in seinen Quartieren warme Bedingungen vorfindet. Es ist eine typische
„Dorffledermaus“, die nahezu ausschließlich Gebäude- und Spaltenquartieren besiedelt. Als
Jagdgebiet wird vor allem reich strukturiertes Offenland, aber auch der Siedlungs- und
Ortsrandbereich genutzt. Die Beute wird meistens im freien Luftraum in einer Höhe von 2-5
Metern erbeutet, aber auch eine Jagd knapp über dem Boden kann beobachtet werden. Auch
das Graue zeigt wie das Braune Langohr einen bodennahen Flug und ist somit von
Zerschneidungswirkungen, insbesondere durch Straßen stark betroffen. Straßen werden,
durch Unterführungen gequert, soweit diese vorhanden sind. Der Verlust von Grüngürteln im
Siedlungsgebiete ist zwangsweise mit dem Verlust von Jagdgebieten des Grauen Langohrs
gekoppelt. Die Vorkommen in Baden-Württemberg sind seit Jahrzehnten extrem rückläufig,
2012 waren landesweit nur noch 11 Kolonien nachweisbar, v.a. in den wärmebegünstigten
Lagen. Die nächstgelegene Wochenstube liegt bei Gernsbach.
Die Art konnte bei zwei Begehungen und bei der automatischen Lautaufzeichnung mit
Einzelsequenzen und Sichtbeobachtungen nachgewiesen werden. Da die Art sehr leise ruft
und nur unter sehr guten Bedingungen und aus nächster Nähe aufzuzeichnen ist, darf die
geringe Zahl der Nachweise nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich vermutlich um ein
wichtiges Nahrungshabitat der Art handelt. Aussagen zur Raumnutzung der Art können
aufgrund der Datenlage nicht getroffen werden.
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Karte 3: Untersuchungsgebiet mit Quartiermöglichkeiten in Bäumen: grün = genutzt, rot =
sehr gut geeignet, orange = geeignet und Gebäuden: blau = genutzt.
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Diskussion
Allgemeine Würdigung
Die Streuobstbestände des unteren Murgtales mit Anschluss an den Streuobstbereich der
Rheinebene stellen einen besonderen Lebensraum für viele seltene Tiere und Pflanzen dar.
Die Streuobstbereiche bieten geeignete Habitate einerseits für Arten des Offenlandes,
andererseits auch für einige Laubwaldarten. Insbesondere in den Schwarzwaldausläufern
kommt den Streuobstwiesen eine sehr große Bedeutung zu. Sie bieten einerseits
Rückzugsräume für Waldarten, die in den Nadelholz-dominierten Wäldern kaum mehr
vorkommen. Andererseits sind sie oftmals die letzten Vorkommensorte für Arten der
strukturreichen Offenlandschaft, die auf Agrarflächen keine Lebensräume mehr finden.
Andererseits sind die Streuobstbestände wie kaum ein anderer Lebensraumtyp durch
Zerschneidungswirkungen
Gewerbeflächen,
(v.a.
Straßenbau),
landwirtschaftliche
Ausweitung
Nutzung
von
Siedlungs-
(Grünlandumbruch,
und
Maisanbau),
Pestizideintrag aus umgebenden intensivlandwirtschaftlich genutzten Flächen oder eine
erhöhte Freizeitnutzung betroffen. So ist von dem ursprünglich nahezu durchgehenden
Streuobstgebiet des unteren Murgtales nur noch ein Flickenteppich übrig geblieben, häufig
mit gravierenden Randeffekten und Störeinflüssen wie Licht, Lärm, Pestizidbelastung etc..
Zudem sind die noch vorhandenen Obstbaumbestände größtenteils überaltert und in Teilen
bereits abgängig. Ein tragfähiges Schutzkonzept zum Erhalt dieses wichtigen Lebensraumtyps
der Kulturlandschaft als extensive Obstbauflächen, Naherholungsgebiete und nicht zuletzt
auch Naturschutzflächen existiert nicht.
Für Fledermäuse stellen die Streuobstflächen sehr wichtige Lebensräume dar, hier haben die
vom Aussterben bedrohten Arten Wimperfledermaus und Graues Langohr (beide mit
Wochenstuben in Gernsbach) oder der eigentliche Laubwaldspezialist Bechsteinfledermaus
ihre Hauptvorkommen. Diese Arten werden wie auch z.B. viele seltene Vogelarten nur zu
erhalten sein, wenn großflächig vernetzte und stabile Streuobstbestände erhalten werden
können.
Aus den oben genannten Gründen sind Eingriffe in die verbliebenen Restbestände von
Streuobstflächen sehr problematisch, da einerseits der Lebensraumtyp weiter verringert wird,
andererseits mit artenschutzrechtlichen Problemen zu rechnen ist. Andererseits bieten
Eingriffe
in
ohnehin
schon
stark
vorbelastete
Randbereiche
die
Chance
durch
Ausgleichsmaßnahmen andere Streuobstbereiche zu schützen und durch ein Pflegekonzept
aufzuwerten und langfristig zu erhalten.
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
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Gebietsspezifische Würdigung
Durch die Begehungen und die automatische Lautaufzeichnung wurde gezeigt, dass das
gesamte Gebiet von Fledermäusen als Jagdgebiet und Transfergebiet genutzt wurde, die
Hauptaktivität konzentrierte sich auf die Streuobstbereiche, angrenzende Heckenzüge und den
Waldrand. Quartiernutzungen liegen im geplanten Baugebiet selber in den StreuobstwiesenBereichen an Bäumen oder Schuppen vor. Direkt angrenzend an das geplante Eingriffsgebiet
konnte eine Wochenstube der Zwergfledermaus in einem neu errichteten Haus festgestellt
werden. In Weisenbach in der Kirche gibt es ein traditionelles Wochenstubenquartier des
Mausohrs. Die Tiere durchfliegen das Eingriffsgebiet und sind auf geeignete Leitlinien
angewiesen.
Innerhalb der Streuobstwiese wurden darüber hinaus zwei bedeutende Arten festgestellt: das
vom Aussterben bedrohte Graue Langohr und die stark gefährdete Bechsteinfledermaus, die
als Art des Anhanges II der FFH-Richtlinie besonders schützenswert ist. Beide Arten sind
akustisch nur schwer nachweisbar, eine Abschätzung des Raumnutzungsverhaltens ist nur
durch vertiefende Untersuchungen möglich. Die aufgezeichneten Laute erlauben zwar eine
eindeutige Artzuordnung, aber keine weitergehenden Aussagen über den reinen
Vorkommensnachweis hinaus. Beide Arten nutzen Streuobstwiesen als Jagdgebiete, die
Bechsteinfledermaus darüber hinaus auch als Quartiergebiet. Für beide Arten ist nach
derzeitigem Kenntnisstand von einem Vorkommen auszugehen und aufgrund der
Datenlage wäre eine worst-case-Betrachtung anzustellen. Diese würde die Annahme zur
Folge haben, dass es sich bei dem Eingriffsgebiet um ein Jagdgebietszentrum für das
Graue
Langohr
bzw.
ein
Quartier-
und
Jagdgebietszentrum
für
die
Bechsteinfledermaus handelt. Damit wäre die Erschließung des Baugebietes an vorher
mit Erfolg durchgeführte CEF-Maßnahmen gekoppelt, was teilweise einen sehr langen
Vorlauf zur Folge haben könnte. Alternativ wäre eine vertiefende Untersuchung mit
Netzfängen und ggf. Telemetrie erforderlich, um die Lage der Quartierzentren und der
Jagdgebietszentren detailgenau festlegen zu können.
Der Verlust der Streuobstgebiete durch das Baugebiet würde für einige Arten mit Sicherheit
eine deutliche Beeinträchtigung bedeuten, nach derzeitigem Kenntnisstand ist eine
Erheblichkeit für Graues Langohr und Bechsteinfledermaus anzunehmen, für das Mausohr ist
die Schaffung eines Transferkorridors erforderlich. Für alle Arten wäre der Ausgleich der
Jagdgebietsverluste erforderlich, da. v.a. der Wegfall siedlungsnaher und damit quartiernaher
Jagdgebiete zu erwarten ist. So sucht das Graue Langohr seine Jagdhabitate meist in
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
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Entfernungen von unter einem Kilometer von seinen Gebäudequartieren ausgehend auf, und
überquert
Ackerflächen,
dichte
Bebauung
oder
Wälder
kaum
und
ist
von
Zerschneidungswirkungen stark betroffen. Die Jagdgebiete der wenigen Kolonien in BadenWürttemberg liegen v.a. in den Streuobstbereichen, da diese im Offenland die geringste
Pestizidbelastung und damit die höchste Insektenverfügbarkeit aufweisen. Jagdhabitate sind
grundsätzlich zwar ausgleichbar, sie müssen jedoch erreichbar sein, gut vernetzt und
pestizidfrei und v.a. auf eine möglichst hohe und stabile Insektenproduktion ausgelegt sein.
Dies dürfte v.a. für den Ausgleich von Offenland-Jagdhabitaten das größte Problem in
Weisenbach darstellen, da nur noch geringe Streuobstflächen vorliegen und kaum
Offenlandbereiche für eine Neuanlage von Streuobstflächen vorliegen.
Eingriffsbewertung
Alle im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen Arten sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz
streng geschützt. Durch das Baugebiet werden Bereiche betroffen sein, die als Jagdgebiet und
vermutlich auch als Quartiergebiet genutzt werden. Besonders betroffen sind hierbei das
Graue Langohr, eine Art die in Baden-Württemberg als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft
ist, das Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Arten des Anhanges II der FFH-Richtlinie.
Das Baugebiet wird daher aus Sicht des Fledermausschutzes als sehr problematisch
eingestuft. Eine artenschutzkonforme Ausweisung des Baugebietes wäre nur durch die
nachfolgend
dargestellten
Minimierungs-
und
Ausgleichsmaßnahmen,
je
nach
Herangehensweise als CEF-Maßnahme(n), möglich.
Erhalt der Leitlinien und Transferstrecken
Die bestehenden Streuobstflächen stellen für die Fledermäuse, insbesondere für das Mausohr
wichtige Leitlinien dar. Ein wichtiger Teil der Wochenstubentiere aus der Kirche quert bei
Nutzung des Kirchenschiffes als Hangplatz die bestehende Streuobstwiese. Ein „umleiten“
der Flugstraßen ist in gewissen Grenzen möglich, die neue Flugstrecke darf allerdings nicht
wesentlich länger als die bisherige sein und muss durch eine alleeartige Bepflanzung oder
Heckenstrukturen von ausreichender Höhe und Dimensionen lineare Leitstrukturen bieten, die
zudem störungsarm und unbeleuchtet sind. Dabei ist auf ausreichend große Pflanzware und
einen möglichst langen Vorlauf zu achten. Die Lage einer möglichen neuen Leitlinie wäre
anhand des konkreten Bebauungsplanes unter Mitwirkung von Fledermausspezialisten
festzulegen.
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Eingriffe in Gehölzbestände, Baumfällungen und Schuppenabriss
Bei den Baumfällungen und dem Abriss der Schuppen ist sicherzustellen, dass keine Tiere in
den Quartieren sind. Dies kann am ehesten bei starkem Frost prognostiziert werden, da weder
die Bäume noch die Schuppen Wandstärken aufweisen, die eine Überwinterung zulassen
würden. D.h. die Fällungen und Abrissarbeiten müssen in den Wintermonaten (d.h. von
November bis März) bei Frosttemperaturen (am Besten < -10°C) erfolgen, um eine Tötung
von Tieren in möglichen Ruhestätten zu vermeiden.
Ausgleichsmaßnahmen
Der Verlust der Offenland-Jagdgebiete in den Streuobstbeständen könnte wie folgt
ausgeglichen werden:
-
extensive Nutzung (Beweidung oder zweimalige Mahd mit Abräumen des Mahdgutes)
von neu anzulegenden Wiesenflächen mit dem Ziel insektenreiche Offenland-Habitate
zu schaffen, die als Jagdgebiete genutzt werden können.
-
Neupflanzung von standorttypischen, hochstämmigen Apfel- und Birnbäumen in der
doppelten Anzahl zu fällender Bäume auf möglichst angrenzenden Flächen.
-
Pflegekonzept und Anlage von Streuobstwiesen in den Hangbereichen zwischen
geplantem Baugebiet und Bahnlinie.
-
Erhaltungs- bzw. Bewirtschaftungskonzept für die neu angelegte Streuobstwiese(n).
Der Verlust von Quartiermöglichkeiten kann übergangsweise durch Nisthilfen überbrückt
werden:
-
Rund- und Flachkästen in der dreifachen Anzahl der zu fällenden potentiellen
Quartierbäume.
-
Aufhängung in bestehenden Streuobstwiesen.
-
Jährliche Reinigung der Rundkästen im Winter, um Vogel- und Bilchnester zu
entfernen.
Langfristig ist die Schaffung eines natürlichen Baumhöhlenangebotes erforderlich
-
Langfristige Schaffung eines hohen natürlichen Quartierangebotes in angrenzenden
Waldrandbereichen durch Schaffung alt- und totholzreicher Laubholzbestände über
die Vorgaben des Alt- und Totholzkonzeptes hinaus.
Sollten die hier aufgeführten Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen in unmittelbarer
räumlicher Nähe (besonders für das Graue Langohr erforderlich) mit Erhalt der
Transferkorridore, dem Ausgleich des Verlustes von Quartieren durch künstliche Nisthilfen
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Baugebiet Weisenbach – Fledermäuse
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und des Jagdgebietsverlustes durch die Entwicklung neuer insektenreicher Streuobstwiesen
möglich sein, wäre auch aus Sicht des Fledermausschutzes der geplante Bebauungsplan
artenschutzrechtlichen möglich. Aufgrund der Situation in Weisenbach mit relativ wenigen
zur Verfügung stehenden Offenlandbereichen, die so aufgewertet werden könnten, dass der
Flächenverlust durch das Baugebiet aufgefangen werden kann, bestehen aber erhebliche
Bedenken. Daher müsste erst eine tragfähiges Ausgleichskonzept entwickelt werden, um
den Eingriff vollständig bewerten zu können.
Grundsätzlich wird für das Untere Murgtal eine Strategie zum Erhalt der Streuobstbestände,
z.B. im Zusammenhang mit einen Ökopunkte-Konto empfohlen, um dem Wegfall der
größtenteils überalternden Streuobstbereiche und dem drohenden Verlust des bedeutenden
Lebensraumes entgegen zu wirken.
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