Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 2012 Rätien und die römischen Legionen Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini. -2- 2012 Rätien und die römischen Legionen Nigel Pollard Pollard Nigel: Die Legionen Roms. 240 S. - Theiss-Verlag Stuttgart 2012 -3- S. 50: -4- S. 51: Die Standorte der Legionen im frühen 3. Jahrhundert nach Christus, wie von Cassius Dio (55.23) überliefert. -5- S. 54: Gallien und die Rheingrenze während des Prinzipats. Die Germania inferior ("Niedergermanien") erstreckte sich westlich des Rheins im heutigen Gebiet von Luxemburg, den südlichen Niederlanden, Teilen von Belgien und Nordrhein-Westfalen. Die Germania superior ("Obergermanien") umfasste das heutige Gebiet der westlichen Schweiz, des französischen Jura, des Elsass und den Südwesten Deutschlands. -6- S. 63: XVI Gallica Eine kleine in Nordafrika gefundene Silbermünze mit dem Kopf des jungen Octavian auf der einen und einem Löwen sowie der Beschriftung LEG XVI auf der anderen Seite gilt als Nachweis, dass die XVI Gallica im Vorfeld der Schlacht von Actium 31 v. Chr. von Octavian ausgehoben wurde und ihr Emblem der Löwe war. Die Münze könnte auch bedeuten, dass sie einige Zeit in Afrika verbrachte, aber dafür gibt es sonst keine Beweise. S. 64: Der Titel Gallica impliziert, dass die Legion in Gallien stationiert war, möglicherweise während der Feldzüge des Drusus (13-9 v. Chr.). Man glaubt, dass die Legion dann an der Donau eingesetzt wurde. Wenn dies stimmt, dann bildete sie zusammen mit der XXI die erste Garnison der Raetia (der neuen Provinz an der oberen Donau, die Tiberius 16-14 v.Chr. schuf) und wurde erst später an den Rhein verlegt, wo sie vermutlich in Moguntiacum (Mainz) stationiert war. Dort fand man zahlreiche Inschriften mit Bezug zur 16. Legion, keine älter als ein paar Jahre vor der Varusschlacht 9 n. Chr. Am Rhein Im Jahr 6 n. Chr. war die XVI Gallica eine der Legionen, die mit Tiberius gegen den König der Markomannen Marbod ziehen sollte, aber der Feldzug wurde aufgegeben, als der Pannonische Aufstand ausbrach. Nach der Varusschlacht 9 n. Chr. war die XVI eventuell in Oppidum Ubiorum (Köln) stationiert, ab 14 n. Chr. aber auf jeden Fall in Moguntiacum (Mainz). Tacitus berichtet, dass sie hier dem neuen Kaiser Tiberius (im Gegensatz zu vielen anderen Legionen) "uneingeschränkte Treue" schwor. Vor Claudius Tod im Jahr 54 ging die XVI Gallica von Moguntiacum nach Novaesium (Neuss) in der Germania inferior, was mit dem Krieg gegen die Chauken und Friesen 47 n. Chr. in Verbindung stehen mag oder mit der Umverteilung von Legionen vor der Invasion Britanniens 43 n. Chr. Die XVI Gallica ersetzte die XX Valeria Victrix, die mit weiteren Truppen von Novaesium nach Britannien zog. Die meisten Beweise für die Anwesenheit der Legion in Novaesium sind Ziegelstempel, von denen einige das Löwenemblem zeigen. Als Nächstes hören wir von ihr während des Bürgerkriegs 68/69 n. Chr.: Tacitus (hist. 1,55) berichtet, dass sie zögerte, mit den anderen germanischen Legionen den Eid auf Galba zu leisten. Abteilungen der Legion kämpften -7- später in Italien für Vitellius und zogen mit ihm in Rom ein, wo (wie eine Inschrift zeigt) einige ihrer Soldaten Mitglieder der Prätorianergarde wurden. Tacitus beschreibt die niedrige Moral der Truppe, als sie von Rom aus nach Cremona geschickt wurde, um im Oktober 69 n. Chr. gegen Vespasian zu kämpfen: Die Soldaten hatten keine Energie und zeigten keine Begeisterung. Sie marschierten lustlos in einer langgestreckten Reihe, zogen ihre Waffen hinter sich her, ihre Pferde waren erschöpft. Sie konnten die Sonne, den Staub und die Stürme nicht ertragen und waren nicht bereit, sich anzustrengen, aber umso mehr, sich zu streiten. Tacitus, hist. 2,99 XVI Gallica Beiname Gallica Emblem Löwe Basis Novaesium (Neuss) Wichtige Feldzüge: Drusus Germanenfeldzüge(13-9 v Chr.)? Bürgerkrieg, (Vexillation, 69 n. Chr.) Wie zu erwarten, wurde Vitellius Armee besiegt (s. S. 134f.) und die Vexillation der XVI Gallica wahrscheinlich aufgerieben. Ein Rest der Legion stand noch in Novaesium und wurde bald in den Bataveraufstand verwickelt. S. 80: XXI Rapax Beiname Rapax Emblem Steinbock Basis Moguntiacum (Mainz) Wichtige Feldzüge Pannonischer Aufstand (6-9 n. Chr.), Germanicus gegen die Chatten (9-14 n. Chr.), gegen die Turonen (21 n. Chr.), Bürgerkrieg (69 n. Chr.), Bataveraufstand (69- 70 n. Chr.), Domitians Krieg gegen die Chatten 83 n. Chr.), Domitians Krieg gegen die Sarmaten (92 n. Chr.) -8- XXI Rapax Die Frühgeschichte der XXI Rapax ("räuberisch") ist unklar. Emil Ritterling glaubte, sie sei von Augustus zur Eroberung der Alpen aufgestellt worden, aber eventuell stammt sie aus der Triumviratszeit. Augustus könnte die Legion für seine Feldzüge im spanischen Kantabrien verwendet haben, aber es gibt keine sicheren Beweise. Stationiert war sie in der neu annektierten Provinz Raetia, vielleicht in Castra Regina (Regensburg), und 6 n. Chr. sollte sie an Tiberius später aufgegebenem Krieg gegen Marbods Markomannen teilnehmen. Statt dessen muss sie an der Unterdrückung des Pannonischen Aufstands 6-9 n. Chr. beteiligt gewesen sein. Umzug nach Germanien Nach der Varusschlacht 9 n. Chr. wurde die Legion in die Germania inferior geschickt, wo sie sich mit S. 81: der V Alaudae das Lager Vetera teilte und an Germanicus Feldzügen gegen die Chatten teilnahm. Nach Augustus Tod 14 n. Chr. war sie eine der Legionen, die aufgrund der schlechten Dienstbedingungen meuterten, und ergab sich am Ende Germanicus (s. S. 78). Grabstein von Quintus Marcius Balbus und seinem Sohn Celer, Legionäre der XXI Rapax (CIL 13, 6951a). Beide starben während die Legion ihr Lager in Moguntiacum hatte. (Landesmuseum Mainz). -9- Die Legion blieb bis ca. 43 n. Chr. in Vetera, aber eine gemischte Vexillation der XXI Rapax, I Germanica und XX Valeria Victrix wurde 21 n. Chr. nach Gallien geschickt, um einen Aufstand der Turonen niederzuschlagen (CIL 14, 3602). Die Legion scheint zudem an Caligulas germanischem Krieg teilgenommen zu haben. Bei der Neuordnung der germanischen Legionen im Vorfeld von Claudius) Invasion in Britannien 43 n. Chr. wurde die XXI Rapax in die Germania superior versetzt, wo sie eventuell kurz in Argentoratum (Strassburg) stand, was durch Ziegelstempel belegt ist. Dann übernahm sie Vindonissa (Windisch) von der XIII Gemina. Vielleicht war auch nur eine Vexillation in Argentoratum stationiert, während sich die Legion selbst in Vindonissa befand. Ab 47 n. Chr. war die Legion sicher in Vindonissa, wo sie für den Ausbau des Lagers in Stein verantwortlich war. Ein paar Inschriften, die in und um Vindonissa gefunden wurden, belegen dies. Im Vierkaiserjahr schlug sich die XXI Rapax auf die Seite des Statthalters der Germania inferior, Titellius. Mit ihm und anderen Legionen der Provinz marschierte sie nach Italien und siegte gegen Otho in der ersten Schlacht von Bedriacum, dann marschierte sie nach Rom. Noch vor Jahresende wurde die Armee jedoch in der zweiten Schlacht von Bedriacum von den Donaulegionen besiegt (s. S. 134 f.). Nach dieser Niederlage wurden alle besiegten Legionen, die Vitellius unterstützt hatten, nach Illyricum versetzt, kehrten aber schnell nach Germanien zurück, um den Bataveraufstand (69/ 70 n. Chr.) und den Aufstand in Augusta Treverorum (Trier) niederzuschlagen, ausserdem war die XXI Rapax Teil der siegreichen Armee in Vetera. Dann wurde sie nach Bonna (Bonn) in die Germania inferior geschickt, wo sie die I Germanica ersetzte und das Lager in Stein neu baute. 83 n. Chr. kam die Legion noch einmal zurück in die Germania superior, um an Domitians Krieg gegen die Chatten teilzunehmen. Ihre permanente Basis war wohl Moguntiacum (Mainz), aber man hat in kleineren Kastellen entlang der Grenze 81 Ziegelstempel mit dem Namen der Legion gefunden. 88 n. Chr. war die XXI Rapax auf jeden Fall in Moguntiacum, wo sie zusammen mit der XIV Gemina den aufständischen Statthalter Lucius Antonius Saturninus unterstützte. - 10 - Manche Forscher meinen, dass die XXI Rapax nach dem Aufstand des Saturninus nach Pannonien geschickt wurde, wo 92 n. Chr., so Sueton (Dom. 6), eine Legion von den Sarmaten vernichtet wurde, die oft als die XXI identifiziert worden ist. In letzter Zeit jedoch nimmt man eher an, dass die Legion nach dem Aufstand aufgelöst wurde. S. 173: Illyricum war etwa 32 v. Chr. römısche Provınz geworden Moesien, ein Nachbar von Makedonien, wurde 29 v. Chr. unterworfen, und Noricum und Rätien, die am nächsten an Italien gelegenen Balkanprovınzen, 16/ 15 v. Chr. von Tiberius und Drusus erobert Das römısche Illyricum wurde im Pannonischen Krıeg von 12-9 v. Chr. nach Osten erweitert, aber nach dem Pannonischen Aufstand 6- 9 n. Chr. wurden zwei Provınzen daraus Pannonia im Norden und Dalmatia im Süden Dacia wurde im Jahr 106 Provinz. - 11 - S. 199: Die Legionen der Raetia Die Provinz Raetia wurde im Jahr 15 v. Chr. gegründet und umfasste das heutige Tirol sowie Teile Bayerns und der Schweiz, hier verliefen wichtige Routen nach Italien über die Alpenpässe. Obwohl Truppen in der Provinz stationiert waren, hat man erst während der Markomannenkriege eine ganze Legion hierher gelegt, die neue III Italica unter dem Befehl des Statthalters. III Italica Cassius Dio (55,24,4) berichtet, die III Italica sei von Kaiser Marcus Aurelius ausgehoben worden, zusammen mit der II Italica - vermutlich ca. 166 n. Chr., zum Zeitpunkt der Markomannenfeldzüge, bei denen die Legion dabei war. Eine Inschrift (AE 1980, 959) hält fest, dass C. Annius Flavius, ein Tribun der Legion, für seine Rolle im "Germanenkrieg" dona militaria erhielt. Der Beiname Italica legt nahe, dass beide Legionen zunächst in Italien stationiert waren. Anfänglich hatte die Legion noch einen anderen Beinamen, Concors ("harmonisch", CIL 3, 11989a). III Italica Beinamen Italica, Concors, Gordina Emblem Storch (das Symbol der Concordia) Basis Castra Regina (Regensburg) Wichtige Feldzüge Marcus Aurelius Markomannenkriege (166-80 n. Chr.) Severus Bürgerkriege (193-97)? Caracallas Partherkrieg (Vexillation [?], 216-17), Perserkrieg Gordians Ill. (Vexillation [?], 244) Der erste Stützpunkt der Legion ist unbekannt, aber eine Inschrift verrät, dass ihr erster Legat C. Julius Vettius Sabinianus Hospes hiess (AE 1920, 45). Schon früh muss die Legion wie die II Italica Teil der mobilen Reserve gewesen sein, die in den Markomannenkriegen Q. Antistius Adventus unterstand (ILS 8977). Beide könnten der Armee des Pertinax angehört haben, welche die Markomannen schliesslich zurückschlug. Eine Weile nach diesem Sieg (ca. 172-79) könnte die III Italica in Abusina (Eining) in Noricum verbracht haben, wo Ziegelstempel mit der Aufschrift Leg III Ital Con (CIL 3, 11989a-c, IBR 496a-b) gefunden wurden. Gegen Ende der - 12 - Regierungszeit des Marcus Aurelius wurde das Kastell der Legion in Castra Regina (Regensburg) errichtet. Es hatte für diese Zeit ungewöhnlich imposante Mauern. Meilensteine aus severischer Zeit zeigen, dass Kastell und zugehörige Siedlung gemeinsam "Legio" genannt wurden. Die Legion blieb dort bis ins 5. Jh. n. Chr., aber ihr Legat, der Provinzstatthalter, sass in der Provinzhauptstadt Augusta Vindelicorum (Augsburg), und Epitaphien zeigen, dass ihm dort einige Mitglieder der Legion unterstanden (z.B. CIL 3, 58140). Überreste des Ostturms der porta praetoria von Castra Regina (Regensburg). Marcus Aurelius Titel in der Bauinschrift (CIL 3, 11965) datiert sie auf 179 n. Chr. Andere Inschriften (hauptsächlich von Grabmälern) und Ziegelstempel nennen die III Italica. Das 3. Jahrhundert n. Chr. Münzen von Septimius Severus zeigen, dass die Legion ihn nach Pertinax Tod 193 unterstützte. Die Grabinschrift (AE 1898, 122) eines Mitglieds der Legion (mit dem Beinamen Antoniniana) in Perinthus (Türkei) lässt vermuten, dass eine Vexillation 216/17 an Caracallas Partherfeldzug teilnahm. Vexillationen könnten auch 244 mit Gordian III. gegen die Sassaniden gekämpft haben, denn eine Inschrift (CIL 3, 5768) in Brigantium (Bregenz) gibt ihr den Beinamen Gordiana. Gallienus (260-68) hatte ihr zuvor als Auszeichnung im Kampf - 13 - gegen seinen Rivalen Postumus den Beinamen VI Pia VI Fidelis verliehen ("sechsmal pflichtbewusst und loyal", man hat sogar VII gefunden), wie Münzen aus ihrer Dienstzeit zeigen. Im 3. Jh. wurde das permanente Kastell der Legion in Regensburg komplett neu gebaut. Die Notitía dignitatum hält fest, dass die Legion im frühen 5. Jh. n. Chr. dem dux Raetiae unterstand und in fünf Einheiten unterteilt war, die in Kastellen entlang der Donau sassen, darunter Regensburg. Eine sechste Vexillation wurde nach Illyricum versetzt. S. 214: Die Standorte der Legionen der Grenzarmeen (limitanei) und Feldarmeen (comitatus),wie sie in der Notitia dignitatum (ca. 395-420 n. Chr.). festgehalten sind. - 14 - S. 216: S. 221: Waffen und Taktik der Spätantike Trotz der Verbesserung des Status der Kavallerie und der wachsenden Zahl solcher Einheiten blieb die schwere Infanterie auch in der Spätantike der Kern des römischen Heers. Die Legionäre sahen zwar anders aus als ihre Vorgänger, waren technisch betrachtet jedoch ziemlich ähnlich. - 15 - Ausrüstung Die markante lorica segmentata der frühen und mittleren Kaiserzeit war verschwunden, aber die Legionäre der Spätantike trugen dennoch Rüstungen, Ketten- wie Schuppenpanzer. Die Behauptung des Vegetius (1,20), man habe nach Gratian (375-83) weitgehend keine Rüstungen mehr getragen, wird weder durch archäologische Funde noch durch literarische und künstlerische Darstellungen bestätigt. Wie solche spätantiken Rüstungen aussahen, zeigen Darstellungen (z.B. in Dura-Europos in Syrien) von langen Kettengewändern (ähnlich den mittelalterlichen Kettenhemden) mit Ärmeln und Kapuze (ähnlich der mittelalterlichen Bundhaube). Daneben gab es Helme wie den Typ Intercisa, benannt nach einem Fundort in Ungarn, und den Spangenhelm, mit einer Schüssel aus vier bis sechs Segmenten, die durch Metallstreifen zusammengehalten wurden. Wie ihre Vorgänger trugen auch die spätrömischen Legionäre Schilde. In der spätantiken Kunst dargestellte Exemplare sind meist gross und oval oder rund. Bei den Angriffswaffen setzten sich die Trends des 3. Jh. n. Chr. fort. Archäologische Funde und spätantike Literatur zeigen, dass die römische Infanterie der Spätantike verschiedene Wurfwaffen S. 222: mit Bezeichnungen wie spiculum, verutum und lancea verwendete. Vegetius (1,17) weist darauf hin, dass palatinische Ioviani- und Herculiani-Legionen mattio barbuli verwendeten, mit Blei beschwerte Wurfpfeile, die von Diokletian eingeführt wurden. Er sagt, jeder Soldat habe fünf Stück hinter seinem Schild getragen, um sie beim Nahkampf gegen den Feind zu schleudern, das Blei verbesserte die panzerbrechende Wirkung. Wie im 3. Jh. war das wichtigste Schwert der römischen Infanterie die spatha, dessen lange Klinge eher zum Schlagen als zum Stechen geeignet war. Vegetius (1,12) kontrastiert die zu seiner Zeit angewandte Technik mit der früheren Stichtechnik und plädiert für eine Rückkehr zu Praxis und Ausrüstung der Vergangenheit. Vegetius (1,15, 3,14) empfiehlt auch, einen Teil der Rekruten als Bogenschützen auszubilden und diese in die hinteren Reihen der schweren Infanterie zu integrieren, zusammen mit Soldaten, die Speere und veruta plumbatae (weitere mit Blei beschwerte Pfeile) verwenden. - 16 - Zwar ist seine Darstellung stellenweise konfus und anachronistisch, doch er erwähnt auf Karren montierte Katapulte, manuballistae, Schleudern und Stockschleudern an Stangen montierte Schleudern, bei denen die Hebelwirkung für höhere Reichweite und Geschwindigkeit sorgte. Solche Waffen sind für die Spätantike literarisch und archäologisch belegt. Legionen der Spätantike in der Schlacht Trotz des höheren Prestiges der Kavallerie blieb die disziplinierte Infanterie auch für den Erfolg der spätantiken römischen Armeen entscheidend. Zum Beispiel beschreibt Ammianus Marcellinus (16,12,36-7), wie sich Kavallerie und Infanterie gegenseitig unterstützten und welche Rolle die Legionen dabei spielten, eine geschlagene Kavallerie zu sammeln - z.B. in der Schlacht von Argentoratum (Strassburg) im Jahr 357, wo Julian die germanischen Alamannen besiegte. Belagerung und Verteidigung befestigter Städte sind ein wichtiges Kapitel der spätrömischen Kriegsführung, Rom verliess sich im Westen auf seine uneinnehmbaren Stützpunkte gegen germanische Übergriffe und versuchte sich im Osten gegen ausgefeilte sassanidische Belagerungstechniken zu behaupten. Viele Legionen waren in solchen Städten stationiert, und in Kriegszeiten wurden weitere Legionen herbeigerufen, um die Garnisonen zu verstärken. Ammianus informiert uns über die Besatzung der Garnisonen während der persischen Invasion von Mesopotamien 359, darunter Amida (18,9,3), dessen reguläre Besatzung, die V Parthica, durch sechs Legionen verstärkt wurde, u.a. die "barbarischen" Legionen von Magnentius und Decentius (s.o., S. 214), die mit der Stadt untergingen, und "auch Soldaten der dreissigsten und zehnten, auch Fortenses genannt, und die Superventores und Praeventores". X Fortenses könnte eine Verballhornung des Titels der X Fretensis sein, die zu dieser Zeit noch existierte, in der Garnison von Palaestina. Doch die Notitia dignitatum nennt auch eine spanische Feldarmee-Legion namens Fortenses (wohl abgeleitet von fortís, "tapfer") und eine Legion Superventores ("Schützen"), aber weder Praeventores (ähnliche Bedeutung) noch eine 30. Legion (vielleicht die alte XXX Ulpia Victrix?). - 17 - Die V Parthica taucht in der Notitia dignitatum etwa ein halbes Jahrhundert später auch nicht mehr auf, sie muss beim Sturz von Amida aufgerieben worden sein. Sicherlich war sie von Septimius Severus ausgehoben worden, um Mesopotamien zu besetzen, und war nach den I-III Parthica benannt. "Kammhelm" (Anfang 4. Jh. n. Chr.), bei Berkasovo in Serbien gefunden. Der Typ Intercisa ist ein Untertypus des Kammhelms. Er bestand aus einer eisernen Schale in zwei Teilen, die, anders als die früheren einteiligen Helmschalen, durch einen prominenten Kamm verbunden waren. Sie hatten grosse Wangenstücke mit Ausschnitten, die das Hören ermöglichten, und einen Nackenschutz. Dieses Exemplar ist versilbert, andere waren noch mehr verziert, mit Halbedelsteinen und falschen Edelsteinen aus Glaspaste. S. 223: Das Ende der Legionen Die Spätantike gilt oft als eine Zeit des Niedergangs. Dennoch überlebten viele Aspekte der römischen Institutionen und Kultur jahrhundertelang, sowohl im Byzantinischen Reich im Osten als auch in den germanischen Königreichen im Westen, viele Forscher betonen diese Kontinuität. Auch wenn man z.B. die Niederlage der Römer gegen die Goten in der Schlacht von Adrianopel 371 als Symbol des baldigen Endes der Legionen ansehen könnte, deren Geschichte wir nun über ein Jahrtausend verfolgt haben: Die militärische und politische Macht Roms überlebte im Westen noch das folgende Jahrhundert - und im Osten erstarkte sie wieder und florierte noch mehrere Jahrhunderte lang. - 18 - Die Identität einzelner Legionen bestand noch bis ins frühe 7. Jh., als der byzantinische Historiker Theophylaktos Simokates (2,6,9) einen Soldaten nennt, der den Quartoparthoi (auf Griechisch Kouartoparthoi) im syrischen Beroe (Aleppo) angehört. Dies ist ganz klar der Titel der IV Parthica, die in der Notitia dignitatum in Syrien verortet wird. Der Titel bietet eine Verbindung zu den Legionen Parthica I -III des Septimius Severus und von dort zu denen der mittleren und frühen Kaiserzeit. Doch selbst heute noch, wo die römischen Legionen längst Geschichte sind, ist und bleibt der Begriff "Legion" ein Synonym für militärisches Können. Internet-Bearbeitung: K. J. Version 09/2013 --------