VERMARKTUNG AutoFOM-Klassifizierung Jetzt die Börge schwerer ausmästen! Wie groß sind die Unterschiede in der Teilstückausprägung zwischen Börgen und weiblichen Schweinen? Und welche Auswirkungen hat das auf das Verkaufsmanagement? Andreas Närmann von der GFS* berichtet über erste Auswertungen. B ei der Klassifizierung nach FOM lautet nach wie vor die Empfehlung, weibliche Schweine schwerer auszumästen. Für die AutoFOM-Klassifizierung gilt nach ersten Auswertungen jedoch genau die entgegengesetzte Marschrichtung: Wer nach AutoFOM vermarktet, sollte die Börge schwerer abliefern. Die Mäster sind verunsichert. Sie wollen wissen, wie ihre Verkaufsstrategie im Detail aussehen muss, um für möglichst viele Schweine die optimale Indexpunktzahl zu erreichen. Fast 6 000 Schlachtschweine ausgewertet Um Mästern klare Empfehlungen geben zu können, wurden im Rahmen der GFS-Nachkommenprüfung vom Mai 1999 bis Januar dieses Jahres Daten von insgesamt 5 821 Schlachtschweinen einzeln ausgewertet. Zur Erläuterung: Für die Nachkommenprüfung werden die Daten von Schlachtschweinen, die in Praxisbetrieben oder Leistungsprüfungsanstalten gemästet wurden, ausgewertet und in Zuchtwertschätzprogramme übertragen. Die Eber werden anschließend entsprechend ihrem Zuchtwert selektiert. Das obere Drittel wird dabei als „Top-Genetik“-Eber eingestuft, das untere Drittel wird gemerzt. * Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung eG S 18 top agrar 4/2000 Bei den hier ausgewerteten Tieren handelt es sich um vier Hybridherkünfte, die in sechs Betrieben gemästet und anschließend bei der Westfleisch im Schlachthof Hamm geschlachtet wurden. Die Schlachtdaten der Tiere wurden dabei sowohl mit dem FOM- als auch mit dem AutoFOM-Gerät ermittelt. In der Übersicht 1 sind die durchschnittlichen FOM- und AutoFOMSchlachtdaten der fast 6 000 Schweine wiedergegeben. Bei einem mittleren Schlachtgewicht von 93,3 kg erzielten die Tiere nach FOM-Klassifizierung ein Speckmaß von 16,90 mm und ein Fleischmaß von 62,78 mm. Aus diesen Daten errechnete sich dann ein mittlerer Magerfleischanteil von 56,2 % sowie ein Erlös von 208,23 DM je Tier bei einem unterstellten Basispreis von 2,28 DM/kg SG und Anwendung der aktuellen Nordwest-Maske . Im unteren Teil der Übersicht 1 sind zusätzlich die AutoFOM-Schlachtleistungen gegenübergestellt. Demnach erreichten die Schweine ein durchschnittliches Schinkengewicht von 17,72 kg. Die Lachsgewichte lagen im Schnitt bei 6,89 kg und jede Schulter wog im Mittel 8,10 kg. Die Bäuche erreichten bei einem mittleren Muskelfleischanteil (MFLWert) von 51,20 % ein durchschnittliches Gewicht von 14,72 kg. Legt man für die 5 821 ausgewerteten Tiere das zurzeit gültige AutoFOMPunktebewertungssystem der Westfleisch (siehe top agrar 1/2000, Seite S15) Übers.1: Leistungen nach FOM und AutoFOM1) Schlachtgewicht, kg FOM Rückenspeck, mm Fleischmaß, mm MFA, % Erlös FOM2) AutoFOM Schinken, kg Lachs, kg Bauch, kg Bauch, % MFL Schulter, kg Index-Punkte Erlös AutoFOM3) Mittelwert 93,30 16,90 62,78 56,20 208,23 DM 17,72 6,89 14,72 51,20 8,10 91,30 210 DM von 5 821 ausgewerteten Schweinen Basispreis: 2,28 DM/kg SG 3) 2,30 DM/Pkt. 1) 2) zu Grunde, dann erreichten die geschlachteten Schweine im Mittel 91,30 Indexpunkte. Bei einem Preisfaktor von 2,30 DM je Indexpunkt (Basispreis Nordwest: 2,28 DM pro kg Schlachtgewicht) brachte jedes Mastschwein so einen durchschnittlichen Erlös von 210 DM. In der Übersicht 2 ist für das AutoFOM-System dargestellt, welchen Anteil die jeweiligen Teilstücke am Gesamterlös ausmachen. Demnach hat der Schinken mit 94,64 DM einen Anteil von 45,1 % am Gesamterlös und der Lachs mit 53,81 DM einen Anteil von 25,6 %. Die Schulter fließt zu 15,1 % ein und der Bauch ist mit 14,2 % am Gesamterlös beteiligt. Deutlicher Unterschied in der Teilstückausprägung Um Klarheit darüber zu erhalten, ob es in punkto Teilstückgewichte und -qualität Unterschiede zwischen den Börgen und den weiblichen Tieren gibt, wurden die 5 821 Schweine geschlechtsgetrennt S C H W E I N Übers.3: Die weiblichen Tiere erreichen höhere Teilstückgewichte Übers. 2: Anteil der Teilstücke am Erlös1) Gesamterlös 14,2 15,1 25,6 Bauch in % Schinken in % 1) 45,1 Schulter in % Lachs in % bei Abrechnung nach AutoFOM ausgewertet. Das Geschlecht der Tiere wird im Rahmen der GFS-Feldprüfung bereits bei der Kennzeichnung der Ferkel mit erfasst. In der Übersicht 3 sind die entsprechenden FOM- und AutoFOMSchlachtdaten der 2 936 Börge und 2 885 weiblichen Schweine gegenübergestellt. Wie in der Übersicht zu sehen ist, waren die Schlachtgewichte beider Geschlech- Börge Weibl. Tiere Differenz ausgewertete Tiere 2936 Schlachtgewicht, kg 93,10 0,40 FOM Rückenspeck, mm 18,45 3,03 Fleischmaß, mm 61,85 1,82 MFA, % 54,80 2,80 AutoFOM Schinken, kg 17,30 0,80 Lachs, kg 6,70 0,30 Bauch, kg 14,80 0,20 Bauch, % MFL 49,40 3,50 Schulter, kg 8,00 0,20 Index-Punkte 89,20 4,10 1) Erlös AutoFOM 205,26 DM 9,26 DM 1) 2,30 DM/Indexpunkt ter annähernd gleich. Die männlichen Schweine wogen mit einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von 93,1 kg nur 0,4 kg weniger als die weiblichen Tiere. Deutlicher war der Unterschied zwischen beiden Geschlechtern allerdings im Hinblick auf den nach FOM ermittelten Magerfleischanteil (MFA). Während die Börge einen Magerfleischanteil von 54,8 % erreichten, lag der Wert bei den 2885 93,50 15,42 63,67 57,60 18,10 7,00 14,60 52,90 8,20 93,30 214,52 DM Um beim AutoFOMSystem die höchste Indexpunktzahl zu erreichen, sollten die Börge mit 93 bis 95 kg SG vermarktet werden und die weiblichen Tiere zwei bis drei Kilogramm leichter. Fotos: Heil, Närmann Die Schinken der weiblichen Tiere waren im Mittel 0,8 kg schwerer und die Bäuche um 3,5 % fleischreicher. weiblichen Schweinen um 2,80 % höher. Zu begründen ist dies durch die um 3,03 mm geringere Speckauflage sowie das um 1,82 mm höhere Fleischmaß. Der geringere Magerfleischanteil bei den Börgen wirkte sich auf die AutoFOM-Teilstückergebnisse aus. Während die Börge Schinkengewichte von 17,30 kg erreichten, lag der Wert bei den weiblichen Schweinen um satte 0,8 kg darüber. top agrar 4/2000 S 19 VERMARKTUNG S C H W E I N Übers. 4: Das Schinkengewicht steigt proportional zum Schlachtgewicht Übers. 5: Zwei Drittel der Börge erreichen optimale Schinkengewichte1) SG (kg) % Tiere 102 45 100 40 98 weiblich 35 96 30 94 25 92 90 20 88 15 Börge 86 84 82 14 – 16 Börge 10 weiblich 5 16 – 18 18 – 19 19 – 20 Schinken, schier (kg) 0 14 – 16 > 20 16 – 18 18 – 19 19 – 20 Schinken, schier (kg) > 20 Kennzeichnen Sie die Schweine getrenntgeschlechtlich, z. B. mit einem „B“ für Börge, um das für Ihre Tiere optimale Schlachtgewicht „auszuloten“! 1) Bei Einhaltung der empfohlenen Schlachtgewichte: Börge = 93 – 95 kg SG, weibliche Tiere = 91 – 93 kg SG Zwischen Schlacht- und Schinkengewicht besteht ein enger Zusammenhang – bei Börgen wie bei weiblichen Schweinen. S 20 top agrar 4/2000 16 Gewicht (kg) 52 MFL (%) 15,5 15 28,87 29,00 28,45 48,4 14,7 14,5 30 28 48 14 Erlös (DM) 49,6 49,8 49,8 50 15,1 28,03 26 44 13 42 98 – 96 96 – 94 94 – 92 – 98 – 96 96 – 94 94 – 92 – 90 92 98 – 96 96 – 94 94 – 92 92 24 40 90 12 logramm höheren Schlachtgewicht das optimale Schinkengewicht erreichen. Für Mäster sollte die Verkaufsstrategie deshalb wie folgt aussehen: Optimale Schinkengewichte lassen sich nur dann erzielen, wenn die Börge mit etwa 93 bis 95 kg Schlachtgewicht vermarktet werden, die weiblichen Tiere dagegen rund zwei bis drei Kilogramm leichter. Dass diese Verkaufsstrategie zumindest zur Orientierung richtig ist, bestätigt sich in Übersicht 5. Dargestellt ist hier, wie viel Prozent der männlichen und weiblichen Schweine optimale Schinkengewichte erreichen, wenn bei den Börgen Schlachtgewichte zwischen 93 und 95 kg bzw. bei den weiblichen Schweinen zwischen 91 und 93 kg eingehalten werden. Bei den Börgen weisen demnach 65,1 % aller Tiere Schinkengewichte zwischen 16 und 19 kg auf. Und bei den weiblichen Schweinen trifft dies auf immerhin 62,2 % aller Tiere zu. Hohe Schlachtgewichte: Was passiert mit den Bäuchen? 46 – Um die Differenzen im Auszahlungspreis zwischen männlichen und weiblichen Tieren zu verringern, sollten Mäster bei der Vermarktung nach AutoFOM darauf achten, dass vor allem das Schinkengewicht im Optimalbereich liegt. Zudem spielt der Muskelfleischanteil im Bauch eine entscheidende Rolle. Wie bereits erwähnt, wird der Erlös eines Mastschweines zu rund 45 % durch das Schinkengewicht bestimmt – egal, ob Übersicht 6: Erst bei Schlachtgewichten von über 96 kg sinkt die Bauchqualität bei den Börgen 92 Börge: Optimales Schinkengewicht bei 93 bis 95 kg SG Schwein das optimale Schinkengewicht zwischen 16 kg und 18 kg erreicht hat, ist äußerlich nicht zu sehen. Die einzigen Anhaltspunkte liefern das Geschlecht und das Schlachtgewicht. In Übersicht 4 sind die Zusammenhänge zwischen dem Schlacht- und Schinkengewicht dargestellt. Es wird deutlich, dass das Schinkengewicht proportional zum Schlachtgewicht ansteigt. Das gilt sowohl für die Börge als auch für die weiblichen Tiere. Die Übersicht macht zudem deutlich, dass die Börge gegenüber den weiblichen Tieren erst bei einem um rund zwei Ki- es sich dabei um weibliche Tiere oder Börge handelt. Als optimal wird ein Schinkengewicht zwischen 14 kg und 19 kg angesehen, da sich in diesem Gewichtsbereich die höchsten Indexpunkte erreichen lassen. Wird der Schinken schwerer als 19 kg, greift der erste drastische Abzug, etwa 10 DM bei nur 100 g Mehrgewicht. Anzustreben ist deshalb ein mittleres Schinkengewicht zwischen 16 und 18 kg bei einer möglichst geringen Streubreite. Doch zahlreiche Mäster sind nach wie vor verunsichert. Denn wann welches 90 Ein ähnliches Bild beim Lachs und bei der Schulter. Mit 7,0 kg bzw. 8,2 kg erreichten die weiblichen Schweine auch in diesen Merkmalen höhere Teilstückgewichte. Besonders deutlich war der Unterschied zwischen den Geschlechtern beim Muskelfleischanteil des Bauches. Mit 52,9 % erzielten die weiblichen Schweine gegenüber den Börgen 3,5 % höhere Fleischanteile im Bauch, während die Bauchgewichte um 0,2 kg niedriger lagen. Hier lässt sich gut die enge Korrelation des prozentualen Fleischanteils im Bauch zum bisher gemessenen Muskelfleischanteil nach FOM erkennen. Die völlig unterschiedliche Ausprägung der Teilstücke bei den Börgen und weiblichen Schweinen machte sich auch bei den Indexpunktzahlen bemerkbar. Während die weiblichen Schweine durchschnittlich 93,3 Punkte erzielten, erreichten die Börge im Schnitt nur 89,2 Indexpunkte. In punkto Erlös schnitten die weiblichen Tiere deshalb auch nach AutoFOM-Methode je Tier um 9,26 DM besser ab. Schlachtgewicht in kg Bis 96 kg Schlachtgewicht erhöht sich der Baucherlös, da der Bauch schwerer wird, der Muskelfleischanteil sich aber kaum verändert. Grafiken: Breithaupt (1), Orb (3) Bei der Bezahlung der Bäuche orientiert man sich beim AutoFOM-Abrechnungssystem am Gewicht und am Muskelfleischanteil des Bauches. Ein magerer Ladenbauch erhält die volle Punktzahl, wenn er über 50 % Fleischanteil aufweist. Fällt er in den Bereich zwischen 45 % und 50 % Muskelfleisch, reduziert sich der Erlös je nach Gewicht um sechs bis sieben Mark. Verfettet der Bauch noch stärker, so dass der MFL-Wert auf unter 45 % sinkt, halbiert sich sogar die Indexpunktzahl. Die Gefahr fetter Bäuche besteht in erster Linie bei den Börgen. Das ist be- kannt. Bedenkt man außerdem, dass die männlichen Tiere für das Erreichen des optimalen Schinkengewichtes schwerer ausgemästet werden sollten, stellen sich natürlich sofort die folgenden Fragen: Wie stark verfetten die männlichen Tiere tatsächlich? Und ab welchem Schlachtgewicht nimmt die Verfettung dramatisch zu? In Übersicht 6 sind die Bauchgewichte, -qualitäten (MFL-Werte) und -erlöse der Börge entsprechenden Schlachtgewichtsklassen zugeordnet. Die linke Spalte zeigt, dass das Bauchgewicht im Schnitt nur um 1 kg zunimmt, sobald das Schlachtgewicht von 90 auf 98 kg ansteigt. Der Muskelfleischanteil nimmt gleichzeitig, wie in der mittleren Spalte dargestellt, von 49,6 % auf 48,4 % ab. Deutlich zu erkennen ist aber, dass der Muskelfleischanteil erst bei Schlachtgewichten von über 96 kg drastisch zurückgeht. Bei Schlachtgewichten, die die 96 kg-Grenze nicht überschreiten, bleibt der MFL-Anteil bei den ausgewerteten Tieren nahezu konstant. In der rechten Spalte ist dargestellt, wie sich der Baucherlös bei steigendem Schlachtgewicht verändert. Während der Erlös bis 96 kg Schlachtgewicht zunimmt, fällt er bei Schlachtgewichten von über 96 kg wieder ab. Die Erlössteigerung bis 96 kg Schlachtgewicht ist dadurch zu erklären, dass der Bauch schwerer wird, und gleichzeitig der Muskelfleischanteil nahezu konstant bleibt. Erst wenn das Schlachtgewicht auf über 96 kg klettert, bricht der Erlös ein. Verantwortlich hierfür ist vor allem der drastisch abfallende Muskelfleischanteil bei hohen Schlachtgewichten. Fazit Auswertungen von 5 821 Hybridschweinen, die im Rahmen der GFSNachkommenprüfung in Praxisbetrieben gemästet und anschließend geschlechtsgetrennt ausgewertet wurden, haben gezeigt, dass es bei der Teilstückausprägung große Unterschiede zwischen Börgen und weiblichen Tieren gibt. Die weiblichen Schweine erreichen bei gleichem Schlachtgewicht deutlich höhere Teilstückgewichte, was wiederum Auswirkungen auf die Vermarktung hat. Börge sollten demnach mit Schlachtgewichten zwischen 93 und 95 kg vermarktet werden. Die weiblichen Schweine können den Stall zwei bis drei Kilogramm leichter verlassen. Um sich an das einzelbetriebliche Optimum beim Verkauf heranzutasten, ist es empfehlenswert, die Schlachtschweine beim Verladen geschlechtsgetrennt zu kennzeichnen. Das kann z. B. durch die Aufnahme eines zusätzlichen Buchstabens in den Schlagstempel erfolgen. top agrar 4/2000 S 21