1910 1. WK 1914–1918 1920 1930 Zwischenkriegszeit 1918–1939 1940 2. WK 1939–1945 1950 1960 1970 1980 Die Zeit des Kalten Krieges 1945–1989 1990 2000 2010 Die neue Weltordnung 1989–heute Die Zwischenkriegszeit (1918–1939) Was bedeutet „Zwischenkriegszeit“? In Italien, Deutschland und anderen Ländern ka. Bereits 1938 men Diktatoren an die Macht stand die Welt wieder an der Schwelle eines globalen Krieges. Viele Zeitgenossen empfanden die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen angesichts der vielen politischen Krisen nicht als wirklichen Frieden, sondern eher als langen Waffenstillstand. Die Zwischenkriegszeit war eine Zeit des Aufbruchs. Die Menschen versuchten, neue Lebenskraft zu finden und vor allem in den Städten stand das Bemühen, die Wirtschaft wieder zu beleben, im Mittelpunkt. Dieses Foto zeigt Berlin im Jahr 1930. ➤ Welchen Eindruck vermittelt dir dieses Bild? ➤ Suche ein Bild, das deine Heimatstadt oder deinen Heimatort um 1930 zeigt. I. Die Zwischenkriegszeit (1918–1939) Mit dem Ersten Weltkrieg ging die jahrhundertelange politische und wirtschaftliche Vorherrschaft Europas zu Ende. Sowohl die Verliererstaaten als auch die Siegermächte waren nach Kriegsende wirtschaftlich erschöpft. In den 1920er Jahren kam es zu einer wirtschaftlichen Erholung; diese sollte allerdings nicht lange andauern. Der Börsenkrach von 1929 führte erneut zu Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Not innerhalb der Bevölkerung. 5 1. Die Zeit der Friedensverträge 1910 Ende des Ersten Weltkrieges (1918) Ende des Deutschen Kaiserreiches (9.11.1918) 1920 1930 Weimarer Republik (1919–1933) Friedensverträge mit Deutschland und Österreich (1919) Deutschland und der Versailler Vertrag M it der Abdankung des deutschen Kaisers Wilhelm II. (1859–1941) am 9. November 1918 endete das Deutsche Kaiserreich und die Weimarer Republik (1919–1933) wurde ausgerufen. Im Jänner 1919 begannen schließlich in mehreren Vororten von Paris die Friedenskonferenzen der Siegermächte (Pariser Vororteverträge). So zum Beispiel in: •Versailles – Friedensverhandlungen mit Deutschland, •Saint-Germain-en-Laye – Friedensverhandlungen mit Österreich, •Trianon – Friedensverhandlungen mit Ungarn. I. Die Zwischenkriegszeit (1918–1939) Bei diesen Verhandlungen versuchten die siegreichen Staaten (27 Staaten, darunter führten die USA, Großbritannien, Frankreich und Italien die Verhandlungen an), ihre Interessen durchzusetzen: z.B. forderte Frankreich von Deutschland das Rheinland sowie die Kohlegruben im Saarland für sich ein. Die Siegermächte verlangten auch eine finanzielle Wiedergutmachung für die erlittenen 6 Die Weimarer Republik Erstmals wurde in Deutschland eine Regierung parlamentarisch gewählt. Die Umsetzung der Versailler Vertrages und die politische Verantwortung dafür fielen den Politikern der jungen Weimarer Republik zu. Die Verfassung der Republik wurde in der deutschen Stadt Weimar beschlossen, daher wurde diese Republik „Weimarer Republik“ genannt. Die Regierung führte einige wichtige soziale Neuerungen ein: Die Gleichberechtigung von Mann und Frau wurde als Grundrecht in der Weimarer Verfassung verankert, die Anerkennung der Gewerkschaften wurde gewährleistet und das Sozialversicherungssystem wurde weiter ausgebaut. Verluste (= Kriegsschuldzahlungen, auch Reparationszahlungen genannt). Die Verliererstaaten (= die Mittelmächte, darunter Bulgarien, das Osmanische Reich, Deutschland, Österreich-Ungarn) waren von den Verhandlungen ausgeschlossen und durften zu den Friedensbedingungen nur schriftlich Stellung nehmen. Diese lösten bei den Verlierern Entsetzen aus. Sie mussten die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg tragen und für sämtliche dadurch entstandene Schäden aufkommen. Grenzverschiebungen nach dem Versailler Vertrag: Ein Teil der deutschen Bevölkerung wurde nach 1919 z.B. zu BürgerInnen Polens oder Frankreichs. ➤ Liste auf, welche ehemals deutschen Gebiete infolge des Versailler Vertrags an andere Staaten fielen. Der Versailler Vertrag Am 28. Juni 1919 kam es zum Abschluss des Friedensvertrages zwischen Deutschland und den Ententemächten. Deutschland musste dabei die Kriegsschuld auf sich nehmen, verlor darüber hinaus seine Großmachtstellung, alle Kolonien, seine Flotte und rund 15 % seines Staatsgebiets und wurde zu Reparationszahlungen (Geld- und Sachleistungen) an die Siegermächte verpflichtet. Sollte die Weimarer Republik als Nachfolgestaat des Deutschen Reiches die Friedensbedingungen ablehnen, drohten die Siegermächte mit der Wiederaufnahme des Krieges und der Besetzung Deutschlands. Was bedeutet der Begriff „Pariser Vororteverträge“? Welche Folgen hatte der Vertrag von Versailles für Deutschland? Was versteht man unter der Weimarer Republik? 1910 1920 Zerfall Österreich-Ungarns (1918) Ausrufung der Republik Deutsch-Österreich (12.11.1918) 1930 Das Burgenland fällt an Österreich (1921) Volksabstimmung in Kärnten (10.10.1920) Staatsvertag von Saint-Germain-en-Laye (10.9.1919) Österreich und der Vertrag von Saint-Germain-en-Laye K aiser Franz Joseph I. starb 1916. Sein Nachfolger, der politisch unerfahrene Kaiser Karl I., konnte den Zusammenbruch des Reiches nicht verhindern. 1918 riefen die Tschechen, Slowaken, Polen, Ungarn und Südslawen ihre Unabhängigkeit aus und gründeten eigene Staaten. Kaiser Karl I. dankte am 11. November 1918 ab und verzichtete auf jegliche Regierungsbeteiligung. Am 12. November 1918 wurde von der provisorischen (= vorläufigen) Natio­ nalversammlung die Republik Deutsch-Österreich ausgerufen. Dieses Datum markiert den Beginn der Geschichte des modernen Österreichs. Die rechtliche Grundlage für die­se Veränderungen wurde durch den geschaffen, Vertrag von Saint-Germain-en-Laye Sopron in dem Deutsch-Österreich die Selbstständigkeit der Tschechoslowakei, Polens, Ungarns und Jugoslawiens anerkennen und Südtirol sowie das Kanaltal an Italien abtreten musste. Bei den Friedensverhandlungen 1919 wurden Österreich und Deutschland als Nachfolgestaaten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie bzw. des Deutschen Kaiserreiches für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verantwortlich gemacht. Die Verträge von St. Germain untersagten darüber hinaus Deutsch-Österreich den Anschluss an Deutschland, den sich viele Menschen, die das „kleine“ Österreich für nicht überlebensfähig hielten, erhofft hatten. Der Staatsname Deutsch-Österreich musste in Österreich umgeändert werden. Polen Tschechoslowakei Österreich Italien Ungarn Rumänien Jugoslawien Österreich nach den Verträgen von Saint-Germain-en-Laye ➤ Lege anhand des Informationstextes und der Karte eine Tabelle über die wichtigsten Punkte der Friedensverträge von Saint-Germain-en-Laye an. Volksabstimmungen entscheiden über die Grenzen Österreichs In Südkärnten und in Westungarn konnten die Menschen in Volksabstimmungen selbst über ihr Schicksal entscheiden. Südkärnten: 59,04 % der Bevölkerung sprachen sich am 10. Oktober 1920 für Österreich aus. Seither gilt dieser Tag als Kärntner Landesfeiertag. In der Abstimmungszone sprach die Bevölkerungsmehrheit Slowenisch. Die Minderheitenrechte der Slowenen wurden im Staatsvertrag von 1955 (➝ S. 76) niedergeschrieben. ➤ Recherchiere in Presse und Internet die aktuelle Situation der Slowenen in Kärnten. Westungarn: Durch den Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye fiel Deutsch-Westungarn an Österreich und erhielt den Namen Burgenland. Somit wurde es zum jüngsten Bundesland Österreichs. Jedoch nicht alle Bevölkerungsgruppen waren damit einverstanden und es kam am 14. und 16. Dezember 1921 im Gebiet um Sopron (= Ödenburg) zu Volksabstimmungen, in denen sich die Mehrheit der Bevölkerung gegen Österreich und für Ungarn entschied. Wie erfolgte die Auflösung der Habsburgermonarchie? Welche Gebiete umfasste Österreich 1921? Warum können Südkärnten und Westburgenland als „Sonderfälle“ bezeichnet werden? 1. Die Zeit der Friedensverträge Südkärnten 7 1910 1920 Der Völkerbund (1920–1946) Vertrag von Rapallo (1922) Besetzung des Ruhrgebiets (1923) 1930 1940 Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund (1926) Vertrag von Locarno (1925) Der Völkerbund – ein Vorläufer der Vereinten Nationen D ie Pariser Vororteverträge enthielten keine Bestimmungen zur Aussöhnung der Staaten, die im Ersten Weltkrieg gegeneinander gekämpft hatten, keine Vorschläge zur Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme, nichts um die jungen, ungefestigten Demokratien zu stützen. Die Politik Großbritanniens und Frankreichs zielte darauf ab, Deutschland als Großmacht auszuschalten. Es war also notwendig, sich um ein Friedenskonzept zu bemühen. Q US-Präsident Woodrow Wilson (1856–1924) hatte bereits 1918 in seinem 14 Punkte-Plan davon gesprochen, dass „eine allgemeine Vereinigung der Nationen gebildet werden müsse zum Zweck gegenseitiger Sicherheit für die politische Unabhängigkeit der großen und kleinen Nationen“. des französischen Außenministers Aristide Briand (1862–1932) entspannte sich die Situation wieder. Es kam zum Vertrag von Locarno (1925), in dem Deutschland ausdrücklich den Versailler Vertrag anerkannte und sich zur friedlichen Regelung aller Grenzstreitigkeiten verpflichtete. Frankreich zog sich aus dem Ruhrgebiet zurück. Die Entspannung der deutsch-französischen Gegensätze wurde 1926 mit der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund gewürdigt. Die Ruhrbesetzung I. Die Zwischenkriegszeit (1918–1939) (Mayer S. (Hg.): Kriege des 20. Jahrhunderts. Zollikon: o.J.) 8 Am 10. Jänner 1920 kam es zur Gründung des Völkerbundes (Sitz in Genf, CH), dessen Grundregeln auch im Friedensvertrag von Versailles verankert waren (➝ S. 11). Die Verlierermächte des Ersten Weltkrieges wurden nicht als Mitglieder akzeptiert. Ebenso erging es dem 1917 kommunistisch gewordenen Russland. Die USA traten aus Protest gegen die Pariser Friedensverträge dem Völkerbund nicht bei. Ohne die USA aber war die Wirkung des Völkerbundes von Anfang an begrenzt. 1946 wurde er schließlich aufgelöst und durch die 1945 gegründeten Vereinten Nationen (UNO) ersetzt (➝ S. 63). Französische Truppen in Essen, Plakat 1923 In den bilateralen (= zwischenstaatlichen) Beziehungen kam in den 1920er Jahren Bewegung in die europäische Politik. Deutschland und Sowjetrussland vereinbarten 1922 im Vertrag von Rapallo, gegenseitig auf die Wiedergutmachung von im Krieg entstandenen Schäden zu verzichten und diplomatische Beziehungen wieder aufzunehmen. Frankreich und Deutschland standen erneut am Rande eines Konflikts: 1923 besetzte Frankreich das deutsche Ruhrgebiet, um gegen die Verzögerung der deutschen Kriegsschuldzahlungen Druck zu machen. Die Weimarer Republik reagierte mit passivem Widerstand – die Arbeiter produzierten so wenig als möglich. Erst durch die Politik des deutschen Außenministers Gustav Stresemann (1878–1929) und Ein englischer Journalist berichtete im April 1923 aus Essen: Q „Eine Kommission war […] in die Kruppwerke entsandt worden, um […] Automobile zu beschlagnahmen. Wie stets, wenn die Franzosen Werke betraten, heulte […] die Fabriksirene als Signal für die Niederlegung der Arbeit. Die Belegschaft ergoss sich wie ein schwarzer Strom in die enge Straße […]. Die Franzosen warteten. Sie sahen die ungeheure Masse der Arbeiter […]. Der schon nicht mehr junge Offizier wurde immer nervöser, verlor schließlich den Kopf und befahl zu feuern […]. 13 Arbeiter wurden getötet […], 15 weitere schwer und 30 leicht verletzt.“ (W. Siefkes: Erinnerungen. Leer 1979. S. 80) Welche Ziele hatte der Völkerbund? Warum war die Wirkung des Völkerbunds von Anfang an beschränkt? Was prägte die Außenpolitik Deutschlands von 1919–1926? 1900 1910 1920 Beginn der Produktion des Ford-Modells T (1908) 1930 Übergreifen der „Goldenen Zwanzigerjahre“ auf Europa (1925) Die „Goldenen Zwanzigerjahre“ in den USA (1922–1929) Die USA und die so genannten „Goldenen Zwanzigerjahre“ ie USA hatten auf ihrem Territorium – im Gegensatz zu Europa – durch den Ersten Weltkrieg keine materiellen Schäden erlitten. Nach der Umstellung der US-Wirtschaft von Kriegs- auf Friedensprodukte stieg die Nachfrage nach Konsumgütern stark an und ab 1922 erlebte die USA einen enormen Wirtschaftsaufschwung, der großen Teilen der Bevölkerung zu Wohlstand verhalf. Die Einführung des Fließbands hatte die Massenproduktion von Gütern, die nun wesentlich billiger als früher waren, ermöglicht, sodass sie nun für breite Gesellschaftsschichten erschwinglich wurden. Besonders groß war die Nachfrage nach den neuen Elektro-Haushaltsgeräten (Kühlschränke, Staubsauger, Mixer, Rasierer…) und nach Pkws. Vom damals beliebtesten Modell – dem Ford „T“ (➝ S. 36) – wurden von 1908 bis 1924 fünfzehn Millionen Stück verkauft. Gleichzeitig sank der Preis von 850 US-$ (1908) auf 290 US-$ (1924). Für jene, die sich die neuen Produkte dennoch nicht leisten konnten, boten Banken und Unternehmen Kredite und Ratenzahlungen an. Bald wurden zwei Drittel aller Produkte durch Kredite bezahlt. begann in den USA der In den 1920er Jahren Siegeszug der Freizeitindustrie. Die Menschen entspannten sich nach der Arbeit oder am Wochenende in Tanzsälen, in den neuen Kinos oder bei Radiosendungen. Jazz-SängerInnen und Filmstars waren die neuen Vorbilder der Massen. Tänze wie der Charleston lösten die biederen Square-Dances ab. Die aus den Südstaaten stammende DixielandMusik wurde sehr beliebt. Für den Musikgenuss zu Hause entwickelte die Industrie immer bessere Platten­spieler. Auch der Sport begeisterte die Massen: Star-Boxer und Baseballer sorgten für volle Stadien. Angeheizt wurde das neue Lebensgefühl durch eine nach Sensationen heischende Presse. Reporter berichteten hautnah von den Großereignissen und vermittelten den Menschen das Gefühl, selbst dabei gewesen zu sein. Bottich-Waschmaschine, Beatty „Modell F”, 1930er Jahre ➤ Rollenspiel „Wäsche waschen im Laufe der Zeit“: Drei Wäscherinnen aus unterschiedlichen Zeiten treffen sich in der Gegenwart und unterhalten sich über ihre Tätigkeit. Welche Unterschiede bemerken sie? Die „Goldenen Zwanzigerjahre“ in Europa Fifth Avenue in New York (Manhattan), Foto um 1925 Diese Entwicklung der USA beeinflusste alsbald auch die Lebensweise in Europa. Hier ging der Prozess jedoch etwas langsamer vor sich. Die europäische Wirtschaft erholte sich nun schrittweise und die Staaten Europas erlebten ebenfalls einen Wirtschaftsaufschwung. In den Großstädten verbreitete sich das neue Lebensgefühl ab etwa 1925, jedoch in deutlich abgeschwächter Form. Diese Zeit wurde im Nachhinein als die „Goldenen Zwanzigerjahre“ bezeichnet. Wie kam es zum Wohlstand der US-Gesellschaft in den 1920er Jahren? Was bedeutet Freizeitindustrie? Was bedeutet „Goldene Zwanzigerjahre“? 1. Die Zeit der Friedensverträge D 9