Leben auf acht Beinen – Spinnen und ihre Verwandten

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01|Überuns
scinexx.de-DasWissensmagazin
scinexx®-sprich['saineks],eineKombinationaus“science”und“next
generation”-bietetalsOnlinemagazinseit1998einenumfassenden
Einblick in die Welt des Wissens und der Wissenschaft. Mit einem
breiten Mix aus News, Trends, Ergebnissen und Entwicklungen
präsentiert scinexx.de anschaulich Informationen aus Forschung
undWissenschaft.
DieSchwerpunktthemenliegenindenBereichenGeowissenschaften,
Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik
sowie Energie- und Umweltforschung. Das Internetmagazin spricht
allewissbegierigenUseran-obinBeruf,StudiumoderFreizeit.
scinexx wurde 1998 als Gemeinschaftsprojekt der MMCD NEW
MEDIA GmbH in Düsseldorf und des Heidelberger Springer Verlags
gegründet und ist heute Teil der Konradin Mediengruppe mit dem
bekannten Magazin Bild der Wissenschaft sowie den
Wissensangeboten:wissen.de,wissenschaft.de,scienceblogs.de,
natur.deunddamals.de.
02|Inhalt
01
02
ÜBERUNS
INHALT
03
LEBENAUFACHTBEINEN
SpinnenundihreVerwandten
04
IMPRESSUM
03|LebenaufachtBeinen
Spinnenundihre
Verwandten
VONROMANJOWANOWITSCH
ObversteckteFallensteller,tödlicheGiftmischeroder
schwergepanzerteStachelträger-dieSpinnentierehaben
erstaunlicheLebensformenhervorgebrachtundausgefeilte
StrategienzumNahrungserwerbentwickelt.
VONWINZIGKLEINBISTELLERGROSS
D
ielfalt der Spinnen Von winzig kleinen, unscheinbaren
Exemplaren bis zu tellergroßen, dichtbehaarten
Monstern: Die Spinnen mit ihren 25.000 verschiedenen
Arten bilden die artenreichste und vielgestaltigste
Ordnung der Spinnentiere. Dabei kommen sie von den
Meeresküsten bis in Höhen von 7.000 Metern vor, sie haben
sämtliche Lebensräume vom Äquator bis zum 80. Breitengrad
besiedelt. Besonders in der Art ihres Beuteerwerbs unterscheiden
sichdieSpinnen.DiejenigenSpinnen,dieihreOpfernichtmiteinem
Netzfangen,habendieunterschiedlichstenMethodenentwickelt.Die
WolfsspinnenzumBeispielhabengutentwickelteAugenundhetzen
ihre Beute oder lauern ihr auf. Sie legen auch ein ausgeprägtes
BrutpflegeverhaltenandenTag.DieEierwerdenineinemKokonan
denSpinnwarzendieganzeZeitherumgetragen,sinddieJungenerst
einmal geschlüpft, werden sie von der Mutter noch eine ganze Zeit
langwiebeidenSkorpionenaufdemRückentransportiert.
Die
farbenprächtigen
Krabbenspinnen haben eine
ganzandereTaktikentwickelt.
Sie legen sich in Blüten auf
dieLauer,wobeisiedieFarbe
der Blütenblätter annehmen
und so mit dem Untergrund
verschmelzen. Landet ein
blütenbesuchendesInsektzur
Bestäubung, stürzt sich die
KrabbenspinneDysderacrocota©A.
Verbruggen
Spinne darauf und tötet es
durch einen Giftbiss. Falltürspinnen, die zu den Vogelspinnen
gehören,lebeninErdröhren,diesienurseltenverlassen.DieRöhren
werden mit einer scharnierartigen Falltür verschlossen, den die
Spinnen von innen festhalten. Er dient einerseits als Schutz vor
Feinden, andererseits als Tarnung der Röhre, die dadurch kaum
auszumachen ist. Zum Beutefang lauern die Spinnen unter ihrem
Deckel, bis ein Opfer vorbeikommt. Dann stürzt sich die Spinne auf
die Beute und zieht sie in ihre Röhre. Vogelspinne Brachypelma
boehmei © Hays' Tarantula Web PagesDen Prototyp der
“ekelerregenden” Spinne, die bei vielen Menschen Angst auslöst,
stellen wohl die Theraphosidae, die eigentlichen Vogelspinnen dar.
SietragenihrenNamenvölligzuUnrecht,dasiesichinderRegelvon
Insekten ernähren, Vögel fallen ihnen nur ausnahmsweise zum
Opfer. Zu ihnen gehören die größten und langlebigsten Spinnen
überhaupt,dieohneBeinezehnZentimeterlangundüber20Jahre
alt werden können. Bei Gefahr nehmen sie eine imposante
Verteidigungsstellung ein, indem sie sich auf die hinteren Beinpaare
stellen,dievorderenBeinehochreckenundoftdabeinocheinlautes
Fauchen erzeugen. Ihr Gift ist jedoch für Menschen nicht gefährlich,
wohlkönnensieaberalleineaufgrundihrerGrößemitihrenKlauen
schmerzhafte Wunden erzeugen. Zudem bürsten einige Arten bei
Bedrohung ihren dicht behaarten Hinterleib mit den Hinterbeinen
ab, bis eine kahle Stelle entsteht. Die umherfliegenden Haare sind
mitfeinstenWiderhakenbesetzt,diesichindieHauteinbohrenund
besondersaufdenSchleimhäuteneinstundenlanganhaltendes,sehr
unangenehmesBrennenverursachenkönnen.Einebemerkenswerte
Jagdstrategie hat die Speispinne Scytodes entwickelt. Hat sie eine
Beuteentdeckt,schleichtsiesichan undfesseltdasOpferdann mit
einigen Gespinstfäden an den Boden. Dazu schleudert die Spinne
einenklebrigenLeimfadenzickzack-förmigaufdasOpfer,sodasses
komplett von den Klebefäden bedeckt wird und sich nicht mehr
rühren kann. Bemerkenswerterweise wird bei diesen Spinnen das
Gespinst nicht von den Spinndrüsen, sondern in umgewandelten
Abschnitten der Giftdrüsen gebildet. Sogar das Wasser als
Lebensraum haben die Spinnen besiedelt. Die Wasserspinne
Argyroneta aquatica, die zu den Trichterspinnen gehört, lebt
zeitlebens im Wasser, obwohl sie über Lungen atmet und eigentlich
ein Landbewohner ist. Das Atemproblem löst sie, indem sie sich an
der Wasseroberfläche eine Luftblase holt und sie sich über den
Hinterleib,andemdieAtmungsorganeliegen,stülpt.Soistsiewieein
TauchermitPressluftvonderOberflächeunabhängig.Zusätzlichlegt
siesichzwischenWasserpflanzennachArteinerTaucherglockeeinen
Luftvorrat an. In dieser Luftglocke verbringt sie die meiste Zeit. Hier
frisstsieundziehtsogarihreJungendaringroß,bisdieseselbständig
werden.
KUNSTWERKEAUSPROTEINEN
S
ennetzeVieleSpinnensindLauerjäger.UngefährdieHälfte
von ihnen fängt ihre Beute mit Hilfe von Fangnetzen. Die
Fähigkeit zur Herstellung von Spinnfäden besitzen jedoch
alleechtenSpinnen.VieleArten,dieohneFanggewebeauf
Jagdgehen,benutzenihrNetzfürandereZwecke,beispielsweiseals
Wohnnetz. Zur Herstellung der Spinnfäden haben alle Spinnen
Spinnwarzen am Hinterleib ausgebildet. In diesen Warzen münden
die Spinndrüsen, die ein Sekret absondern, das an der Luft sofort
erhärtet. Der Spinnvorgang ist äußerst kompliziert und je nach
Spinne
unterschiedlich,
dabei
spielen
bei
den
KräuselfadenweberinnenauchnochandereStruktureneinewichtige
Rolle. Zusätzlich gibt es für verschiedene Funktionen verschiedene
SortenvonSpinnseide.SohatdieSeidedesWohngespinstesandere
EigenschaftenalsdiedesFangnetzes.
Kreuzspinnenhabensechsverschiedene
Drüsenformen, von denen jede einen
anderen Faden produziert. Ein einziger
Spinnfaden aus dem Netz einer
Kreuzspinne kann aus bis zu 200
Einzelfäden zusammengesetzt sein. Die
Spinnseide besteht aus verschiedenen
Proteinen und zeichnet sich durch eine
Radnetz©IMSIMasterclips
erstaunliche Elastizität aus. Der Faden
eines Spinnennetzes lässt sich um 22 Prozent verlängern, ohne zu
reißen. Seidenraupen produzieren Fäden, die sich höchstens um 13
Prozent ihrer ursprünglichen Länge ausdehnen lassen. Nicht
umsonst wurde schon oft versucht, Spinnseide wirtschaftlich zu
nutzen. So unterschiedlich die einzelnen Spinnenarten sind, so
verschieden sind auch die Netztypen, die zum Beutefang benutzt
werden. Die einfachsten Netze bestehen aus einer Wohnröhre, in
der die Spinne sitzt. An den Öffnungen der Röhre werden lange
FädenkreuzundquerinalleRichtungengespannt.SobaldeinOpfer
gegen einen dieser Signalfäden stößt, stürzt die Spinne heraus und
packtes.ZudenwohlbekanntestenundschönstenNetzengehören
die geometrischen Gespinste der Radnetzspinnen wie unserer
einheimischenKreuzspinne.DasSchemadesNetzbausistarttypisch
und wird vererbt. Jede Spinne baut instinktiv die Sorte von Netz, die
fürihreSpezies“vorgeschrieben”ist.DieKreuzspinnenbeginnenden
NetzbauimmermitdemtragendenBrückenfaden,derzwischenzwei
Befestigungspunkten gespannt wird. Anschließend kommt der
Rahmen hinzu. Als nächstes werden die Radien oder Speichen
eingezogen, im Zentrum werden diese Fäden durch ein
Maschenwerk,dieNabeverbunden.DieseNabegehtnachaußenin
eine Spirale über, die als Befestigungszone dient. Zum Schluss
werden die Fangfäden spiralartig in das Netz gewebt. Sie sind die
einzigen Fäden im Netz, die perlschnurartig von Leimtröpfchen
überzogensindundwerdenvonderSpinneimfertigenNetzniemals
betreten.DasfertigeNetzwirdvonderSpinnetäglichausgebessert,
vorallemdieSchäden,diebeimBeutefangentstehen,werdensofort
beseitigt.
WENNSPINNENSTONEDSIND
T
itätsuntersuchungen
von
Drogen
an
Radnetzspinnen Spinnen und ihre “Kunstwerke” machen
sich auf unerwartete Art nützlich: Um die Wirkungen von
Drogen zu untersuchen, haben Wissenschaftler der NASA
einige interessante Untersuchungen angestellt. Sie wollten
herausfinden, wie sich verschiedene Chemikalien auf den Netzbau
von Radnetzspinnen auswirken. Dabei diente ein normales Netz
einer unbehandelten Spinne als Referenz. Mit diesem wurden die
Netze verglichen, die die Spinnen webten, wenn ihnen vorher
bestimmtechemischeSubstanzenverabreichtwurden.
Spinnen,dieunterdemEinflussvonMarihuanastanden,fingenganz
normal mit dem Netzbau an, verloren aber nach einiger Zeit die
Konzentration und webten nicht mehr weiter. Offensichtlich waren
sie zu entspannt, um ihre Arbeit fertigzustellen. Verabreichten die
Wissenschaftler den Spinnen Chloralhydrat, einen wirksamen
Bestandteil von Schlafmitteln, so war das Ergebnis offensichtlich:
Nachdem der Rahmen und ein paar Speichen als Fundament
gesponnen waren, fielen die Spinnen vom Netz ab, schneller als sie
den
Netzbau
beenden
konnten. Benzedrin, ein
Amphetamin, veranlasste die
Spinnen,ihrNetzmitgroßem
Elan zu bauen, jedoch waren
sie so unkonzentriert und
planlos bei der Arbeit, dass
das Netz Löcher und
unfertige Stellen aufwies. Die
Spinnen waren geradezu
hyperaktiv,
wie
die
Wissenschaftleresvoneinem
Aufputschmittel
erwartet
hatten. Unter Koffeineinfluss
SpinnennetzeunterDrogeneinfluss©
sah das Ergebnis noch
NASA
schlimmer aus. Die Spinnen
waren unfähig, etwas Besseres zu weben als wild
durcheinandergeratene Fäden, die zufällig miteinander verknüpft
waren. Die Unregelmäßigkeiten der Netze hängen eng mit der
Toxizität und der Dosis der Drogen zusammen. Mit Hilfe eines
Computerprogramms haben die Forscher die Abweichungen
analysiertundversucht,siezuquantifizieren,umsodieToxizitätvon
Stoffen messen zu können. Auf diese Weise könnten die Spinnen
eineTestalternativezuSäugetierendarstellen.DadieFähigkeitender
Spinnen so offensichtlich durch den Einfluss von Drogen beeinflusst
werden, hoffen die Wissenschaftler, dass Spinnen dabei helfen
können,denEffektvonChemikalienzutestenunddieToxizitätneuer
Medikamentevorherzusagen.
LICHTSCHEUEGESELLEN
W
nspinnen - weit verbreitet und gefürchtet Wohl kaum
ein Vertreter der Spinnentiere hat ein so
furchterregendes Äußeres und versetzt so viele
Menschen in Panik wie die Walzenspinnen oder
Solifugae.Diesemitrund800ArtenumfangreicheOrdnungistzwar
bei uns kaum bekannt, kommt aber in fast allen subtropischen und
tropischen Regionen der Erde vor, wobei Steppen, Wüsten und
sonstigeödeLandschaftenbevorzugtwerden.
Die weit verbreitete Furcht vor Walzenspinnen hat verschiedene
Ursachen.ZumeinenistessicherdieErscheinungderSolifugenmit
ihren überaus zahlreichen, langen Sinneshaaren. Auch die
mächtigen, nach vorne gerichteten Cheliceren, die teilweise länger
sindalsderganzeVorderkörper,flößeneinengewissenRespektein.
Fühlt sich eine Walzenspinne bedroht, nimmt sie zudem eine
charakteristische Verteidigungsstellung ein. Sie biegt dann den stark
gewölbten Vorderkörper aufwärts und streckt dem Angreifer ihre
Cheliceren entgegen. Dabei reibt sie diese aneinander und gibt so
einlautes,fauchendesGeräuschvonsich.AlleinedieseDrohgebärde
lässt die meisten Menschen auf dem Absatz umdrehen.
Walzenspinnen bewegen sich aber auch absolut lautlos und extrem
schnell,sodasseskaumgelingt,einezu
fangen. Sie haben vor kaum einem Tier
Angst und sind sehr aggressiv, das gilt
insbesondere für befruchtete Weibchen.
Dazu
kommt
ihre
nächtliche
Lebensweise: Die Tiere sind größtenteils
nachtaktiv und haben die unangenehme
Angewohnheit, in der Dunkelheit vom
Walzenspinne©UCRInsect
Licht angelockt in Zelte und Häuser
FAQPage
einzudringen. Tagsüber verbergen sie
sichdiemeisteZeitinnatürlichenVersteckenoderselbstgegrabenen
Höhlen. Das hat ihnen auch ihren lateinischen Namen eingebracht,
denn Solifuge bedeutet soviel wie “vor der Sonne fliehen”. All diese
Eigenarten tragen dazu bei, dass diese Tiere überall wo sie
auftauchen gefürchtet werden. Im Mittelpunkt des Interesses hat
aber immer die vermeintliche Giftigkeit der Tiere gestanden. In
diesem Punkt jedoch ist die Furcht völlig unbegründet, da
Walzenspinnen überhaupt keine Giftdrüsen besitzen. Der Biss ist
eigentlich für den Menschen ungefährlich, kann aber trotzdem
unangenehmschmerzhaftseinundstarkblutendeWundenreißenbesonders bei den großen Exemplaren, die eine Länge von sieben
Zentimetern erreichen können. Problematisch ist auch die Tatsache,
dass die Mundwerkzeuge meist mit Nahrungsresten verunreinigt
sind,waszuSekundärinfektionenundBlutvergiftungenführenkann.
Ihre Beute überwältigen und töten die Walzenspinnen mit ihren
Cheliceren.DabeiernährensiesichauchvonTieren,dievielgrößer
sind als sie selber. Selbst Eidechsen und Frösche fallen diesen
gefräßigen Räubern zum Opfer. Um sich die Beute einzuverleiben,
habendieWalzenspinneneinebesondereTechnikentwickelt:Indem
sich die Kieferscheren fortlaufend öffnen und schließen und sich
gleichzeitig alternierend vor und zurück bewegen, werden die
Beutetiere von einem Körperende bis zum anderen durchgeknetet
und zermalmt, bis am Ende nur noch ein formloser Klumpen
übrigbleibt.GrößereTierewerdendirektinhandlicheStückezerlegt
unddannzerfetzt.DenzerkleinertenBreisaugendieWalzenspinnen
dann ein. Die Solifugen orientieren sich wie viele Spinnen auch
weniger optisch, sondern vielmehr mit Hilfe ihrer Tasthaare. Beim
LaufenbenutzensienormalerweisenurdiehinterendreiBeinpaare.
Das vordere Paar wird genau wie die Pedipalpen zum Abtasten des
Bodens und zum Erkunden der Umgebung benutzt. Dabei sind die
Haare extrem empfindlich: Berührt man auch nur eines ganz
vorsichtig,sofährtdasTierdirektherumundgehtzumAngriffüber.
Merkwürdige Gerüchte ranken sich um die Walzenspinnen. So
werden sie im amerikanischen Sprachraum auch “hair-cutter”
genannt. Angeblich schneiden sie Menschen und Tieren mit ihren
KieferscherenHaareab,umdamitihrenUnterschlupfauszupolstern.
Letztlich gehören diese Geschichten aber wohl ins Reich der Fabel,
bewiesenwurdediesesVerhaltenjedenfallsnochnicht.
DIEGIFTMISCHER
S
Spinnen und Skorpione gefährlich? Vor allem einige
SpinnenundSkorpionehabensichdurchVergiftungenund
TodesfälleeinenunrühmlichenNamengemacht.Esistaber
längst nicht so, dass alle Arten todbringende “Schädlinge”
sind.
Prinzipiell sind alle Spinnen bis auf eine Familie giftig, das heißt sie
besitzen Giftdrüsen und töten ihre Beute durch einen Biss mit den
Giftklauen.ObeineSpinnedenMenschenbeißenkann,hängtalleine
davon ab, ob ihre Kieferklauen die menschliche Haut durchdringen
können oder nicht. Dabei sind die großen Spinnen klar im Vorteil,
vonunsereneinheimischenSpinnenkannfastkeinedemMenschen
Schadenzufügen.DasGiftdientdenSpinneneinerseitszumLähmen
und Töten der Beute, andererseits wird die Beute dadurch
gleichzeitig schon vorverdaut. Dazu hat das Gift zwei wesentliche
Bestandteile:NeurotoxischeStoffesindfürdieAusfallerscheinungen
wie Lähmungen, Muskelzittern und Schwindelgefühl verantwortlich,
die hämolytischen Bestandteile zersetzen das Blutgewebe und
verursachen die schweren Lokaldefekte rund um die Bissstelle, wie
zumBeispielNekrosenundSchwellungen.
Zu den wirklich gefährlichen Spinnen gehören die Vetreter der
Gattung Latrodectus. Die bekannteste von ihnen ist die Schwarze
Witwe, Latrodectus mactans. Sie kommt am häufigsten auf dem
amerikanischen Kontinent vor. Andere Arten sind unter anderem in
Latrodectusmactans,die
schwarzeWitwe©Ralf
Rebmann
Australien häufig, wo sie
aufgrund ihrer Zeichnung
Redback genannt werden
unddurchihrstarkesGiftfür
zahlreiche
Unfälle
verantwortlichsind.Siehalten
sich gerne in der Nähe von
Atraxrobustus,dieSydneyFunnel-web
Menschenaufundsitzenzum
Spider©RalfRebmann
Beispiel
gerne
unter
Toilettenbrillen. Besonders Kinder sind durch sie gefährdet, da das
Gift bei ihnen aufgrund des geringeren Gewichts stärker wirkt.
Obwohl früher immer wieder Todesfälle dokumentiert wurden, sind
in jüngerer Zeit keine Menschen mehr durch diese Spinnen
umgekommen.EineandereSpinne,derenBisstödlicheFolgenhaben
kann, ist die Sydney Funnel-web Spider, die zu einer Familie der
Vogelspinnen gehört und ähnliche Netze wie die Trichterspinnen
webt. Atrax robustus, so der wissenschaftliche Name, ist äußerst
aggressiv und greift bei der kleinsten Störung an. Zudem besitzt sie
einwirksamesGiftundmächtigeCheliceren.StatistikenzuFolgesind
durch diese Spinne mehr Menschen umgekommen als durch
Schwarze Witwen, seit 1927 hat diese Spinne 13 Menschen getötet.
AtraxkommtjedochnurengbegrenztumSydneyvor.
MITSCHERENUNDSTACHEL
D
korpione Behende, gepanzerte Jäger mit gefährlichen
Werkzeugen und einer tödlichen Waffe: Die Skorpione
sind aufgrund ihres Giftstachels weithin bekannt. Sie
besiedeln die Tropen und Subtropen aller Erdteile und
dringen teilweise auch in die gemäßigten Zonen vor. Gut an
Trockenheit angepasst, stehen der großen Zahl von Wüsten- und
Steppenbewohnern nur wenige Skorpione gegenüber, die eine
feuchteUmgebungwieWälderbevorzugen.Aberfastüberallsindsie
ausgesprochene Nachttiere, die sich am Tag verbergen.
Fluoreszierender Skorpion © Luis AcostaSkorpione setzen ihre
Giftwaffe viel seltener ein, als es scheint. Beim Beutefang versuchen
siestetszuerst,ihreOpfermitdenScherenzuüberwältigen.Siesind
ihre Hauptwerkzeuge bei der Jagd. Erst wenn diese Versuche
fehlschlagen, nehmen die Skorpione den Stachel zur Hilfe. Dabei
stechendieTierenichtblinddrauflos,sondernführenihnbehutsam
am Opfer entlang, das sie mit den Scheren festhalten. Skorpione
zielen auf eine weiche Gelenkhaut, in die sie für einige Sekunden
einstechen können. Selbst große und wehrhafte Insekten sind
danachaugenblicklichgelähmt.EinGrundfürdensparsamenEinsatz
des Stachels könnte die Tatsache sein, dass nach einem Stich einige
Zeitvergeht,bisderSkorpionseinenGiftvorratwiederaufgefüllthat.
VonSkorpionenisteinemerkwürdigeVerhaltensweisebekannt:Setzt
man sie in einen Feuerkreis aus glühenden Kohlen oder
brennendem Holz, so richten sie nach vergeblichen
Ausbruchversuchen,beidenensiewildumsichstechen,denStachel
gegen sich selbst und begehen anscheinend “Selbstmord”.
Untersuchungen an diesen vermeintlich toten Skorpionen haben
ergeben, dass sie gar keine Stichwunde aufweisen und nur in eine
Art Hitzestarre gefallen sind. Nach einiger Zeit erholen sie sich von
dem Hitzeschock und erwachen wieder zum Leben. Zudem sind
SkorpionegegenihreigenesGifterstaunlichimmun.Sosind0,25bis
0,5 Milligramm des eigenen Giftes nötig, um einen Skorpion damit
umzubringen. Diese Menge würde ausreichen, um 100 bis 200
Meerschweinchen zu töten. Wie andere Cheliceraten auch, sind
SkorpioneausgesprocheneTasttieremitschlechtentwickeltenAugen.
Besonders die Pedipalpen mit den Scheren sind dicht mit langen
Tasthaaren besetzt, daher tragen die Tiere sie beim Laufen anmutig
vor sich her, um so die Umgebung zu erkunden. Wenn die Zeit der
Fortpflanzunggekommenist,übendieSkorpioneeineigentümliches
Hochzeitsritualaus.DabeitanzensieinartspezifischerWeise,wobei
dasMännchendasWeibchenandenScherenpacktundeshinund
her schiebt. Dieser Hochzeitstanz kann nach einer Stunde beeendet
sein, er kann sich aber auch über Wochen Nacht für Nacht
wiederholen. Hat die Besamung stattgefunden, entwickeln sich die
EierimKörperderMutter.NachderGeburtkletterndieJungtiereauf
den Rücken des Weibchens und bleiben dort sitzen, bis die erste
Häutung eintritt. Danach sind sie lebhafter und krabbeln auf dem
Rücken umher. Kurze Zeit später verlassen sie die bis dahin
fürsorglicheMutterundmachensichselbständig.
Skorpione
können
erstaunlicher Weise eine
Vielzahl von Lauten von sich
geben. Manche Arten reiben
hierzu Teile der Pedipalpen
und des ersten Beinpaares
aneinander. Andere Vertreter
erzeugen die Geräusche,
indem sie Chelicerenborsten
SkorpionPandinusimperator©Stephen
amRandihresVorderkörpers
Bullington
entlangstreifen.
Dabei
erzeugen sie stets ein lautes, fauchendes Zischen. Den Vorgang
bezeichnen Wissenschaftler ähnlich wie bei Grillen und
Heuschrecken als stridulieren. Warum die Skorpione stridulieren, ist
unklar.EntwederdienendieGeräuschezumAuffindendesPartners
zurPaarungodereskönntesichhierbeiauchumeinDrohverhalten
gegenüber Feinden halten. Der Panzer der Skorpione enthält
fluoreszierende Substanzen, die die Tiere unter ultraviolettem Licht
grünlich leuchten lassen. Diese Tatsache machen sich viele Sammler
aufderJagdnachihnenzunutze.
ACHTBEINE,KIEFERKLAUENUNDGIFTDRÜSEN
D
erkmalederChelicerataSpinnensindjedochkeineswegs
dieeinzigenVertreterdereigentümlichenTiergruppeder
Fühlerlosen oder Chelicerata. Zu ihnen gehören
zahlreiche Tiere, die bei vielen Menschen Unbehagen
auslösen.SystematikerteilendieCheliceratainzweiKlassenein.Die
eine Klasse enthält nur die Schwertschwänze, eigentümliche Wesen,
diesichseitMillionenvonJahrennichtveränderthabenundlebende
Fossiliendarstellen.
Die eigentlichen Spinnentiere bilden die zweite Klasse und werden
wissenschaftlich als Arachnida bezeichnet. Hier gehören die echten
Spinnen sowie ihre zahlreichen Verwandten hinein. So sind zum
Beispiel die Skorpione mit den Spinnen verwandt. Auch die
Weberknechte, die gar keine echten Spinnen sind, sondern eine
eigenständige Ordnung darstellen, bilden eine Schwestergruppe.
AußerdemgibtesvielezudenArachnidagehörendeOrdnungen,die
weithin unbekannt sind. Zu diesen zählen beispielsweise die
Walzenspinnen, Geißelspinnen und Geißelskorpione. Und wer hätte
gedacht, dass auch Milben und Zecken, die auf den ersten Blick
nichts mit Spinnen zu tun haben scheinen, zu den Spinnentieren
gehören?EntgegeneinemweitverbreitetenIrrglaubensindSpinnen
und ihre Verwandten keine
Insekten. Sie weisen viele
anatomische Merkmale auf,
die die Einordnung in eine
eigene Klasse nötig machten.
Eins
der
auffälligsten
Merkmale ist die Anzahl der
Beine. Während Insekten mit
sechs Beinen ausgestattet
sind, haben alle Spinnentiere
acht Beine. Auch die
Mundwerkzeugesindbeiden
Chelicerata völlig anders
gestaltetalsbeidenInsekten.
So besitzen sie ein Paar
mächtige Kieferklauen, die
auch Cheliceren genannt
werden und der gesamten
Gruppe
ihren
Namen
gegeben
haben.
Diese
besonderen Mundwerkzeuge
münden in einer Klaue, die
bei einigen Vertretern mit
einerGiftdrüseinVerbindung
steht und dazu dient,
Beutetiere durch Injektion
“Zebraspinne”Argiopetrifasciata©Bill
Tietjen
von Gift zu lähmen oder zu töten. Die Spinnentiere können damit
nicht kauen, sondern ihre Beute lediglich zerreißen. Diese
Mundwerkzeuge machen auch eine besondere Form der
Nahrungsaufnahme nötig. Da die Nahrung mit Hilfe der Cheliceren
nicht zerkaut werden kann und die Mundöffnung bei allen
Spinnentierenextremkleinist,mussdieVerdauungschonaußerhalb
desKörpersbeginnen.DazuspeiendieTiereihrenMagensaftindie
Wunde der getöteten Beute und saugen nach kurzer Zeit den
vorverdautenNahrungsbreiauf.Hierfürhabensieeinenmuskulösen
Vorderdarm entwickelt, der die Funktion einer Saugpumpe hat und
denBreiaufnimmt.DieseFormderVerdauungbezeichnenBiologen
alsextraintestinal,alsoaußerhalbdesVerdauungstraktes.Fühler,wie
sie bei den Insekten vorhanden sind, sucht man bei den
Spinnentieren ebenfalls vergeblich. Daher werden sie auch als
Fühlerlose bezeichnet. Statt dessen haben sie ein Paar Kiefertaster,
die wissenschaftlich als Pedipalpen bezeichnet werden. Sie dienen
den Chelicerata einerseits als Fühler zum Erkunden der Umgebung,
teilweiseauchalszusätzlicheLaufbeine,andererseitsspielensieaber
aucheinewichtigeRollebeiderFortpflanzung.MitihrerHilfeführen
die männlichen Spinnen ihren Samen in die Geschlechtsöffnungen
der Weibchen ein. Bei den Skorpionen tragen die Pedipalpen die
Scheren.
HÖRENMITDENHAAREN
D
innesorgane der Spinnentiere Die Spinnen und ihre
Verwandten sind größtenteils Jäger. Dabei sind sie
überauserfolgreichundhabensicheinenfestenPlatzin
der Nahrungskette ihrer jeweiligen Ökosysteme
geschaffen. Welche Mittel stehen ihnen bei der Jagd zum Aufspüren
der Beute zur Verfügung? Viele Chelicerata sind nachtaktiv. Daher
helfen ihnen ihre Augen nur bedingt bei der Jagd. Auch
Radnetzspinnen, die ein klassisches Netz zum Beutefang benutzen,
habeneinenäußerstschwachausgeprägtenoptischenSinn.
Obwohl sie acht Augen haben, können sie nur Hell-DunkelUnterschiedewahrnehmen.ImVergleichmitInsektenaugensinddie
Augen der Cheliceraten viel einfacher aufgebaut. Insekten besitzen
sogenannteKomplexaugen,dieausvielenkleinen“Einzelaugen”,den
Ommatidien, aufgebaut sind. Die Punktaugen der Chelicerata sind
zwarLinsenaugen,aberandersaufgebautalsdieAugenbeihöheren
Tieren. Von anderen Spinnen, wie zum Beispiel Springspinnen, die
ohneFangnetzjagenundtagaktivsind,istbekannt,dasssieUmrisse,
Formen und eventuell auch Farben erkennen können. Mit ihren
großen Frontaugen fixieren sie die Beute und orientieren sich rein
optisch.
Zum
Beweis
haben
Wissenschaftler
Attrappenversuche
durchgeführtunddabeifestgestellt,dass
eine Kreuzspinne sich auf alles stürzt,
wasmaninihrNetzschmeißt,undseien
esnurPapierkügelchen.
Pedipalpus©BillTietjen
Erst
wenn
sie
die
vermeintliche Beute mit den
Beinen betastet, merkt sie
den “Betrug” und lässt davon
ab.
Eine
Springspinne
reagiert erst dann auf die
Attrappe, wenn diese die
Form
eines
typischen
Beuteinsekts
hat.
In
Versuchen zeigte sich auch,
dass
sie
ihr
eigenes
Spiegelbild erkennen können
und dieses angreifen oder
anbalzen. In der Dunkelheit
viel
wichtiger
Sinnesorgane,
die
Wahrnehmung
sind
der
von
Trichobothrien(Sinneshaare)©BillTietjen
Erschütterungen oder Schwingungen dienen. Die Wissenschaftler
bezeichnen solche Organe als Mechanorezeptoren. Die Beine von
Spinnen sind über und über von Haaren bedeckt, die allesamt
Tastsinnesorgane sind. Hiermit können sie ihre Umgebung aktiv
ertasten.BesondersdieKiefertasterderSpinnenundSkorpionesind
mit sehr vielen Tasthaaren besetzt. Einige dieser Haare sind
besonders lang und wachsen aus einer Grube heraus, die mit einer
hauchdünnen Membran bespannt ist. Diese sogenannten
Trichobothrien oder Becherhaare dienen als Fernsinnesorgane und
können die feinsten Schwingungen wahrnehmen. So kann eine
Spinne eine Fliege, die noch in mehreren Zentimetern Abstand
vorbeifliegt, nur aufgrund ihres Flügelschlags orten. Durch die
Luftschwingungen werden die Haare bewegt und schon winzigste
Auslenkungen mit Hilfe der hauchdünnen Membran registriert und
andieNervenweitergeleitet.DieTasthaaresindsoempfindlich,dass
schondieBerührungeineseinzigenHaareseineReaktionderSpinne
auslöst. Spinnen besitzen zur Wahrnehmung von Erschütterungen
einsogenannteslyraförmigesOrgan.EsbefindetsichandenBeinen
und kann feinste Vibrationen wahrnehmen. So signalisiert es den
Radnetzspinnen durch die Erschütterungen des Netzes, wenn eine
Beute in die Falle gegangen ist. Zusätzlich haben Spinnen an den
Beinen Chemorezeptoren, mit deren Hilfe sie auf chemische Reize
reagieren können. Dass ein Geruchssinn vorhanden ist, haben
Forscher dadurch nachgewiesen, dass manche Spinnen bei
Annäherung einer stark riechenden Substanz fliehen. Dieser
Geruchssinn dürfte beim Auffinden des Geschlechtspartners, aber
auch beim Beuteerwerb eine Rolle spielen. Die Geruchsorgane
bestehen aus kleinen Einstülpungen an den Beinenden, den
sogenannten Tarsalorganen. Experimente haben gezeigt, dass
Spinnen deutlich zwischen bitteren und angenehm schmeckenden
Stoffenunterscheiden.SowendensiesichvoneinerChininlösungab,
während normales Wasser sofort aufgesogen wird. Auch haben
Spinnen in einem Versuch, bei dem sie die Wahl zwischen frisch
getöteten und länger toten Futtertieren hatten, nach intensivem
Betasten mit den Beinen die frisch getöteten bevorzugt. Dies zeigt,
dass sie mit ihren chemosensitiven Haaren an den Beinen
schmeckenkönnen.
SPINNENUNDSKORPIONEMITGEISSELN
U
giundAmblypygiAuchwennsieäußerlichanSkorpione
und Spinnen erinnern, haben die Geißelskorpione Uropygi - und Geißelspinnen - Amblypygi - doch
zahlreiche eigene Merkmale entwickelt, so dass sie als
eigeneOrdnungengezähltwerden.
DieGestaltderGeißelskorpioneerinnertsehrstarkandiederechten
Skorpione, zumal auch ihre Kiefertaster zu mächtigen Scheren
umgebildet sind, die dem Beutefang dienen. Der schwanzartige
Hinterleib ist allerdings weniger lang und dünn als bei den
Skorpionen,zudemträgterkeinenStachelanseinemEnde,sondern
einenlangen,geißelartigenFortsatz.DieserdientalseineArthinterer
Fühler. Giftdrüsen am Schwanz wie bei den Skorpionen wurden bei
den Geißelskorpionen keine gefunden. Zu ihrer Verteidigung haben
sie aber Wehrdrüsen entwickelt, die bei Gefahr ein stinkendes
Abwehrsekret zielsicher bis zu 30 Zentimeter weit versprühen
können. Es verteilt sich als feines Aerosol in der Luft und ruft ein
Brennen auf der Haut und den Schleimhäuten hervor. Bei der Art
Mastigoproctus beispielsweise besteht es aus Essigsäure und
Caprylsäure. Die Caprylsäure setzt die Oberflächenspannung herab,
so dass das übelriechende, ätzende Sekret auseinanderfließt und
sich noch besser auf dem Opfer verteilt. Zum Beutefang setzen die
GeißelskorpionenalleinedieScherenein.DabeipackendieTieredas
Opfer mit einer solchen Wucht, dass es durch die Scheren
zerquetscht und anschließend zerrissen
wird. Dann werden die Stücke an die
Cheliceren weitergereicht, die sie weiter
zerkleinern. Auch dem Menschen
können die größeren Arten tiefe
Wunden beibringen. Wie bei den
Solifugen stehen aber auch bei den
Uropygi
und
Amblypygi
die
Mundwerkzeuge nicht mit Giftdrüsen in
Verbindung.DieGeißelspinnenähnelnin
ihrer Gestalt weniger den echten
Spinnen. Nur der Bau der Cheliceren
undderovale,breiteHinterleiberinnern
an den Spinnen-Habitus. Wie auch bei
Geißelspinne©PerdePlace
Bjorn
den Geißelskorpionen sind die mit
Dornen besetzten Pedipalpen zu mächtigen Fanginstrumenten
ausgebildet, tragen jedoch keine Scheren. Eine weitere
Gemeinsamkeit mit den Uropygi findet sich im ersten Beinpaar.
Dieses ist überaus stark verlängert und dient als Tastorgan. Bei
manchen Arten messen diese Fühlerbeine von Spitze zu Spitze 25
Zentimeter, was die Körperlänge von 4,5 Zentimetern bei weitem
übertrifft. Aus diesem Grund laufen die Geißelspinnen nur auf den
letzten drei Beinpaaren und tasten mit dem ersten Paar stetig die
Umgebung ab. Müssen sie sich schnell in Sicherheit bringen, laufen
sieseitwärtsnachKrabbenart.
SCHMAROTZERUNDKRANKHEITSERREGER
M
n und Zecken Blutsauger, Parasiten und andere
unangenehme Krankheitserreger: Auch diese Formen
sind unter den Spinnentieren zu finden. Vertreten
werden sie durch die Milben und Zecken, die unter
demwissenschaftlichenBegriffAcaribekanntsind.Auchwennesauf
denerstenBlicknichtsoaussieht,habendieseTieredochMerkmale,
diesieindieVerwandtschaftderSpinnenstellen.
ZunächstbesitzensieebenfallsachtBeineundtragenCheliceren,die
besonders bei Formen, die sich blutsaugend ernähren, umgestaltet
sind.ZudenMilbengehörendiekleinstenFormen,dieesunterden
Gliederfüßerngibt.MancheerreichennichteinmaleineKörperlänge
von 0,1 Millimetern. Wenn auch nicht alle Milben parasitisch leben,
habensiedocheinegroßeAnzahlvonParasitenhervorgebracht,die
Krankheiten oder wirtschaftliche Schäden verursachen. Die
Nagemilben besiedeln die Hautoberfläche von Menschen und
ernähren sich hier von Hautschuppen. Ein übermäßiger Befall kann
zu einer Hautentzündung führen. Krätzmilben, die Verursacher der
berüchtigten Krätze, sind ebenfalls Hautverzehrer. Sie durchdringen
die obere Hornschicht und bohren Gänge in die Haut, in denen sie
leben. Daraus können Entzündungen der Haut resultieren. Unter
denMilben,diepflanzlicheProduktebefallen,sinddieMehlmilbenzu
nennen. Sie werden als
Vorratsschädlinge
verfolgt.
Die
allseits
bekannten
Hausstaubmilben
gehören
ebenfallsindieseGruppe.Sie
ernähren
sich
von
Hautschuppen und führen
durch ihren Kot und
abgestreifte
Häute
zu
allergischen Reaktionen wie
ZeckeIxodesscapularis©MichaelR.
Patnaude
Asthma und Hautausschläge.
Zu den Spinnentieren, die sich von Blut ernähren, gehören die
Zecken.SiedurchbohrendieHautmitdenlanggezogenenCheliceren
und Teilen der Kiefertaster und beißen sich fest. Manche Zecken
könnenbiszuzweiWochenaneinerStellesaugen,ohnevonihrem
Opfer abzulassen. Besondere Bedeutung haben die Zecken durch
die
Übertragung
von
Krankheiten
erhalten.
Die
Frühsommermeningo-Enzephalitis
(FSME)
ist
eine
Hirnhautentzündung, die durch ein Virus verursacht wird.
Unbehandelt kann sie zum Tod führen. Beim Stich übertragen
ZeckendieseVirenaufdenMenschen.EineweitereKrankheitistdie
Zeckenborreliose oder Lyme-Disease, die durch bestimmte
Bakterien,sogenannteSpirochaeten,übertragenwird.DieKrankheit
kannernsteSpätfolgenwiebleibendeLähmungserscheinungenoder
Demenznachsichziehen,wennsienichtbehandeltwird.
MEERESSPINNENOHNEKÖRPER
D
antopoden Sie sehen aus wie dünne Stäbchen mit acht
langen Beinen: die Asselspinnen oder Pantopoden.
Tatsächlich
bestehen
diese
absonderlichen
Meeresbewohner fast nur aus Extremitäten und diese
TatsacheschlägtsichauchinihremNamennieder,dennerbedeutet
wörtlichübersetzt“nurBein”.
Der Rumpf der Pantopoden ist maximal
sechs Zentimeter lang und in der Regel
faden- bis stabförmig. An ihm sitzen
neben den Cheliceren und Pedipalpen
vier bis sechs Paar Laufbeine, die den
Asselspinne©Peter
Brueggeman
Körper um ein vielfaches an Länge
übertreffen. Als Besonderheit besitzen
dieAsselspinnenvordenLaufbeinenein
Extremitätenpaar, das als Ovigera oder Eierträger bezeichnet wird.
AnihnentransportierendieMännchendieEierballen.DerKörperist
so eng bemessen, dass in ihm nicht einmal die wichtigsten inneren
Organe untergebracht werden können. Daher erstrecken sich zum
Beispiel Ausläufer des Darms und anderer Organe in die Beine
hinein, von denen jedes einzelne geräumiger ist als der Rumpf. Im
Gegensatz zu den übrigen Chelicerata haben manche Arten der
Asselspinnen neben den Eierträgern noch ein bis zwei Paar
zusätzliche Laufbeine. Eine weitere Besonderheit ist eine Art Rüssel
am Kopfende des Rumpfes, der zwischen den Cheliceren liegt und
die Mundöffnung trägt. Die Asselspinnen bewohnen die Meere von
den Küstenzonen bis in eine Tiefe von 4.000 Metern. Besonders im
Antarktischen Ozean sind sie mit einem erstaunlichen
Formenreichtum vertreten. Am Meeresboden klettern sie langsam
und behäbig zwischen Tangen, Korallen oder Schwämmen umher.
Dabei sind sie durch ihre langsame Fortbewegungsweise kaum
auszumachen,zumalsiemeistmitzahlreichenKleintierenbewachsen
sind. Obwohl sie auch schwimmen können, halten sich die meisten
der rund 500 Arten bevorzugt am Grund auf und bewegen sich
laufenderweise
fort.
Sie
können
extrem
niedrige
Wassertemperaturenaushalten,einigeExemplarewurdenschonaus
zwei Grad kaltem Wasser gefischt. Ihre Nahrung besteht
vorzugsweise aus Polypen, Korallen und Schwämmen, die die
Asselspinnen mit ihren Cheliceren anbohren und dann einzelne
GewebeteilchenmitdemRüsseleinsaugen.Unterihnengibtesauch
vieleArten,dieinoderananderenTierenparasitieren.Bezüglichder
Einordnung der Pantopoden ins zoologische System sind sich die
Wissenschaftlernochuneinig.DadiemeistenArtenimGegensatzzu
den übrigen Cheliceraten mit nur drei Gliedmaßenpaaren geboren
werden,werdensievielfachalsSchwestergruppederCheliceratenin
einem eigenen Unterstamm untergebracht. Andererseits haben sie
aber echte Cheliceren und auch sonst überwiegen spezielle
Merkmale der Chelicerata. Daher ist die heute vorherrschende
Meinung, dass die Pantopoden als Schwestergruppe der
SpinnentiereeineeigeneKlasseinnerhalbderCheliceratabilden.
EINLEBENDESFOSSIL
D
chwertschwänze Hufeisenkrebs, Pfeilschwanzkrebs,
Königskrabbe, Seemaulwurf und Schwertschwanz: Das
alles sind Bezeichnungen für die ursprünglichsten
Vertreter der Cheliceraten. Trotz ihres Namens gehören
sie nicht zu den Krebsen. Der lateinische Name einer Art, Limulus
polyphemus,bedeutetsovielwie“kleinerschielenderZyklop”.
Die Pfeilschwanzkrebse, die bis zu 60 Zentimeter lang werden
können,kommeninzweiweitvoneinanderentferntenGebietenvor:
AnderAtlantikküsteNordamerikasundandenKüstenSüdostasiens.
Diese getrennten Verbreitungsgebiete lassen sich aus der
erdgeschichtlichen Vergangenheit erklären. Die Schwertschwänze
warenvorMillionenvonJahrenvielweiterverbreitetalssieesheute
sind.DiesbelegenzahlreicheFossilfundeausAblagerungendesJura
und Oligozäns. Besonders in den jurassischen Schichten von
SolnhofenfindensichsehrvielefossileSchwertschwänze.Dieseund
andere europäischen Fundorte stellen genau das fehlende Areal
zwischen den beiden heutigen Verbreitungsgebieten dar. Demnach
warendieSchwertschwänzeinihrerBlütezeitvonNordamerikaüber
Europa bis in den Fernen Osten verbreitet, und die heutigen fünf
Arten sind nur die Überreste einer einstmals großen Tiergruppe.
Vertreter der Schwertschwänze kamen erstmals im Silur vor rund
440 Millionen Jahren vor, so dass man die heutigen Formen mit
gutem recht als lebende
Fossilienbezeichnenkann.Als
ausschließlich
marine
Lebewesen besiedeln sie den
Meeresgrund
der
Kontinentalschelfe bis in eine
Tiefe von 40 Metern. Hier
laufen sie über den Boden
undsuchenimSchlammnach
Nahrung, was ihnen den
Namen
Seemaulwurf
einbrachte. Sie können aber
auch sehr gut schwimmen
und kommen nicht selten ins
flache Wasser. Dort findet
auch die Fortpflanzung statt.
Die Schwertschwänze legen
in der Gezeitenzone ihre Eier
in Gruben ab, anschließend
werden diese von den
Männchen besamt. Manche
SchwertschwanzLimuluspolyphemus
Oberseite©PalaeontologicalMuseum,
UniversityofOslo
Artentragendiebefruchteten
Eier aber auch an den Beinen angeheftet mit sich herum. Die Tiere
können auf der Suche nach Nahrung Entfernungen bis zu 30
Kilometernzurücklegen.
Während landbewohnende Spinnentiere
durch Tracheen atmen, weisen sie
Schwertschwänze
eine
weitere
anatomische Besonderheit auf. Sie
haben
zur
Sauerstoffaufnahme
Bauchkiemen entwickelt, die hinter den
Laufbeinen an Blattfüßen sitzen und wie
Blätter eines Buches ins Wasser ragen.
Der Sauerstoff in ihrem Blut wird nicht
wie bei uns durch Hämoglobin
transportiert,
sondern
durch
Hämocyanin. Hat unser Blut durch das
eisenhaltige Hämoglobin eine rote
Farbe, so erscheint die Körperflüssigkeit
der Schwertschwänze bläulich, da das
Limuluspolyphemus
Hämocyanin Kupfer enthält und sich an
Unterseite©Palaeontological
Museum,UniversityofOslo
derLuftblaufärbt.InderMedizinhaben
die Schwertschwänze eine besondere Bedeutung erlangt. Forscher
habenherausgefunden,dassihrBlutgerinnt,sobaldmanbakterielle
Toxine hinzugibt. Diese Tatsache macht man sich zu Nutze, um
pharmazeutische Produkte für Menschen, zum Beispiel intravenöse
Lösungen,zutesten.SinddieseLösungenmitBakterienverunreinigt
und werden mit dem Blut von Schwertschwänzen versetzt, gerinnt
dieses und zeigt so die bakterielle Kontamination an. Auch zur
Erforschung menschlicher Augenkrankheiten werden die
Pfeilschwanzkrebse benutzt. Der Aufbau ihrer Augen unterscheidet
sich gänzlich von dem der restlichen Cheliceraten, und komplizierte
Untersuchungen über das Sehvermögen anhand von elektrischen
ImpulsendienenalsAnsatzpunktzurAnalysevonErkrankungen.
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