Wahlfach Mensch – Kultur – Religion Ethik/Argumentieren Ethik – Grundlagenwissen zu den Themen Ethik, Moral, Recht 1. Ethik 1.1. Die Aufgabe der Ethik Moralische Normen bilden die Basis menschlichen Zusammenseins. Der Mensch zeichnet sich von anderen Lebewesen dadurch aus, dass er diese Normen selbst bestimmen kann. Die Spannung zwischen den realen Menschheitsmoralen und dem Ideal einer Menschheitsmoral prägt auch unser heutiges Dasein. Es wird immer wieder der Versuch gemacht, die Komplexität menschlichen Lebens mit Hilfe einer Norm zu regeln wie etwa die "goldene Regel": "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg' auch keinem anderen zu". Moral prägt das Zusammenleben in Partnerschaften, Familien, Gruppen, Gemeinschaften, Ländern, Kulturen und der Weltgemeinschaft. Die Moral (oder besser: die Moralen) regelt das zwischenmenschliche Leben und hat somit eine ordnende Funktion. Woher bezieht aber die Moral ihre Legitimation? Von Gott? Aus der Tradition? Aus der Vernunft? Die abendländische Tradition, vor allem seit der Neuzeit, gibt folgende Antwort: Aus der Freiheit. Freiheit ist somit das Prinzip, auf dem die Moral gründet. Menschen sind (grundsätzlich) frei, sich so oder anders zu verhalten. Einer Regel aus moralischen Gründen zu folgen heißt folglich, dieser Regel freiwillig zu folgen. Stimmen Sie dieser Beschreibung zu, oder gibt es auch Fälle, wo Menschen nicht frei entscheiden können? Während die Moralität die Moral praktisch begründet, geht es bei der Ethik um die Reflexion über Moral und Moralität. Ethik ist also die Wissenschaft von der Moral. Ein häufig auftretendes Problem in Zusammenhang mit der Begründung von Moral ist die Frage des Relativismus: Die verschiedenen Moralen scheinen keinen Raum für das Prinzip der Moralität übrig zu lassen. Die ethische Reflexion ist angespannt zwischen zwei Polen: entweder neigt sie zum Relativismus, indem sie die verschiedenen Moralen beschreibt und sich der Begründung von Normativität enthält, oder sie tendiert zum formalen Dogmatismus und gibt den Bezug zur Komplexität des Realen auf. Zusammenfassend halten wir Folgendes fest: MORAL: im Sinne der lebendigen Traditionen einer Gruppe, Region, Nation oder Kultur MORALITÄT: als die freie Grundhaltung des Gutseinwollens ETHIK: als die kritische Reflexion über das Verhältnis zwischen Moral und Moralität RECHT: im Sinne der institutionalisierten Prinzipien und Regeln, deren Anwendung von der staatlichen Gewalt abhängt und deren Verletzung eine Strafe mit sich zieht. Die Ethik hat mit kontingenten (= nicht notwendigen) menschlichen Handlungen und somit mit einer begrenzten Handlungsfreiheit zu tun (“Faktizität”). Kontingente Handlungen bedeutet, dass es eine bestimmte Art von menschlichen Handlungen gibt, die nicht notwendig (oder deterministisch) sind, sondern nur möglich. Das gibt Anlass nicht nur zu unterschiedlichen Werten, Normen und Traditionen, sondern auch zu unterschiedlichen Formen von Konflikten sowohl innerhalb einer Tradition als auch zwischen verschiedenen Kulturen. Das Gebiet der Ethik ist beratender Natur. Sie berät über Normenbegründung und Normenkonflikte innerhalb und zwischen Recht und Moral. 1 Wahlfach Mensch – Kultur – Religion Ethik/Argumentieren Ein entscheidender Durchbruch dieses beratenden Prozesses auf globaler Ebene ist die “Allgemeine Erklärung der Menschenrechte”. Diese sind nicht im Sinne einer “Supermoral” zu verstehen, sondern sie unterstehen der ethischen Reflexion in Bezug auf ihre konkrete Anwendung. Weshalb sind aus ethischer Sicht gewisse menschliche Handlungen kontingent, also nicht notwendig, sondern lediglich möglich? Machen Sie Beispiele von kontingenten Handlungen, welche für die Ethik von Bedeutung sind. 1.2 Ethik als praktische Wissenschaft Seit Aristoteles ist die Disziplin der Ethik Teil der Praktischen Philosophie (philosophia praktike), wozu auch die Politik, oder die Wissenschaft vom sozialen Leben in der polis sowie die Ökonomie als Wissenschaft des Lebens in der häuslichen Gemeinschaft (oikos) gehören. Das Verhältnis zwischen Ethik, Politik und Ökonomie hat sich seit der Antike mehrmals grundlegend gewandelt. Ähnlich wie im Falle von Ethik und Politik, ist das Verhältnis von Ethik und Recht in einem stetigen Wandel begriffen. Die Vorherrschaft des Rechts in einem Rechtsstaat stellt die Ethik (und die Moral) nicht außer Kraft (Legalismus), sowenig, wie die Moral als eine höhere Instanz gegenüber dem Recht aufzufassen ist (moralischer Fundamentalismus). Auch die Ethik kann keinen Vorrang gegenüber Recht und Moral für sich beanspruchen (ethischer Rigorismus). 1.3 Grundfragen der Ethik Fragt man im Alltag nach dem konkreten Inhalt ethischer Reflexion, so findet man immer wieder folgende Bereiche: Ethik und Moral haben mit Freiheit zu tun, oder auch mit dem Ziel oder dem Sinn menschlichen Lebens und schließlich auch mit dem Guten und dem Bösen. Zu diesen drei Bereichen: Glück, Freiheit, Gut und Böse, versucht die Ethik eine Orientierung zu geben. Glück ist das klassische Thema der ethischen Reflexion seit der Antike. Die Neuzeit verhielt sich zwiespältig diesem Thema gegenüber: während Kant die Frage nach dem Glück aus der Begründung von Moral ausschloss, galt Glück für den Utilitarismus als Ziel und Zweck moralischen und politischen Handelns. Unsere heutige Gesellschaft ist in vieler Hinsicht eine auf dem Vorrang des Glücks gegründete Gesellschaft. Was aber ist Glück? Wie verhält sich das Glück zum tugendhaften Handeln? Freiheit ist das große Thema der Neuzeit. Im Namen der Freiheit wurden Weltkriege geführt und Imperien gegründet. Menschliche Freiheit ist aber nicht absolut, sondern sie ist immer Freiheit-in-Kontext. Menschliches Handeln ist auf Möglichkeiten hin offen, die er aber weder ganz überblicken, noch ganz in ihren Folgen abschätzen, noch in ihrer Ganzheit realisieren kann. Freiheit ist zum einen "Freisein von etwas", sich also loslassen von bestimmten individuellen oder sozialen Zwängen. Zum anderen bedeutet Freiheit auch "Freisein zu etwas", sich also auf Ziele verständigen und die Mittel zur Erreichung dieser Ziele einsetzen. Freiheit befindet sich also in einer Spannung zwischen dem Willen zu autonomen Handeln und dem Zwang in bestimmten Situationen zu stehen, die der Autonomie Grenzen setzen und dazu zwingen sich "nach einem anderen" (heteronom) zu richten. In der abendländischen Tradition hat die Reflexion über das Gute und das Böse vor allem auf der Grundalge des jüdisch-christlichen Denkens stattgefunden. Aber auch das griechische Denken, vor allem Platons "Idee des Guten", hat zur Entfaltung dieser Reflexion wesentlich beigetraben. Eine besonders heftige Reaktion auf das ethische Denken von "Gut und Böse" stellt das Denken Friedrich Nietzsches dar. Wer ist für das Gute bzw. für das Böse verantwortlich? Die Frage nach dem Ursprung des Bösen beschäftigt das theologische Denken im Sinne einer möglichen Rechtfertigung der Güte Gottes (Theodizee). Für die Neuzeit und für das moderne Denken hat diese Frage mit der Verantwortung des einzelnen Menschen zu tun 1.4 Ziele und Grenzen der Ethik Die ethische Reflexion beschäftigt sich mit den Regeln menschlichen Handelns und mit ihrer möglichen Legitimation. Ethische Reflexion ersetzt aber nicht die moralische Praxis. Die ethische Reflexion macht Menschen auch nicht moralisch. Dies geschieht ausschließlich durch die Praxis. Die Ethik ist auch keine Supermoral, die den Menschen einen Normenkatalog vorschreibt. Sie beschränkt sich damit, die Moral zu begründen und Optionen des Handelns darzulegen. Ethik ist somit auch keine bloße Fallsammlung (oder "Kasuistik"), auch wenn die Fallanalyse zum Bestandteil ethischer Reflexion gehört. 2 Wahlfach Mensch – Kultur – Religion Ethik/Argumentieren 1.5 Grundformen moralischer und ethischer Argumentation Ein Ziel der Ethik ist, über die verschiedenen Formen moralischen und ethischen Argumentierens nachzudenken. Bei den ersten geht es um die verschiedenen Bezugsrahmen, worauf die Legitimität von Handlungen beurteilt wird. Bei dem zweiten geht es um die verschiedenen Legitimationsverfahren. In der Alltagspraxis wird die Rechtmäßigkeit einer geschehenen Handlung mit Bezug auf “gute Gründe” beurteilt. Pieper unterteilt solche Begründungsstrategien in sechs Klassen, nämlich: 1) Bezugnahme auf ein Faktum: in einem solchen Rekurs bringt sich in der Regel eine allgemein als verbindlich anerkannte Norm zum Ausdruck. Beispiel: ‘Warum helfe ich einem Menschen?’ ‘Weil er mein Freund ist’. Ob dies der Fall ist, d.h. ob tatsächlich ein allgemeiner Konsens besteht, muss aber von Fall zu Fall geklärt werden. 2) Bezugnahme auf Gefühle: In der Weise z.B.: “Weil ich einfach nicht anders konnte und helfen musste”. Solche Argumentationen sind nicht moralisch hinreichend, sondern es muss nach dem Werturteil gefragt werden. 3) Bezugnahme auf mögliche Folgen: In der Weise z.B.: “Weil die Kinder darunter leiden müssten”. Das ist die Argumentationsform des Utilitarismus. Es ist aber die Frage, ob eine gebotene Handlung immer an das Glück der Betroffenen gebunden sein muss. Folgenüberlegungen sind zwar unabdingbar, aber für eine moralische Begründung nicht hinreichend. 4) Bezugnahme auf einen Moralkodex: Dabei gilt, daß die angeführte Norm von Fall zu Fall neu problematisiert werden muß. Auch ändern sich die Normen entsprechend den wechselnden Bedürfnissen. 5) Bezugnahme auf moralische Kompetenz: Anerkannte Personen oder Instanzen die als Autoritäten gelten, ersetzen nie die persönliche Begründungspflicht. 6) Bezugnahme auf das Gewissen: Das Gewissen ist aber nicht unfehlbar. Es müssen “gute Gründe” hinzukommen. ___________________ Begriffsklärungen / Fragen / Kommentare 3 Wahlfach Mensch – Kultur – Religion Ethik/Argumentieren 1.6 Anwendung Versuchen Sie mit Ihren NachbarInnen möglichst viele Aspekte des Gelesenen am Beispiel dieses Bildes zu repetieren und anzuwenden. Quelle: Capurro, Rafael, Einführung in die Ethik, Teil 1, http://www.capurro.de/ethikskript/kap3.htm (04.04.2016), bearbeitet und ergänzt. 2. „Wenn Gott nicht existiert, ist alles erlaubt.“ (Dostojewski) – Ethisch Argumentieren 2.1 Grundtypen ethischer Argumentation Teleologische Ethik Deontologische Ethik (griech.: Telos = Ziel, zielorientierte Ethik) Pflichtethik) (griech. Deon = das, was nötig ist, auch: auch: Autonome Heteronome Ethik (das Gute ist etwas dem Ethik Mensch gibt sich seine Handlungsrichtlinien in Entscheidung und Selbstbestimmung selbst). (der Menschen Vorgegebenes, es wird ihm gleichsam „von außen“ befohlen). freier auch: Verantwortungsethik (Handle so, dass du das jeweilige Ziel erreichst bzw. dass du das Wünschbare förderst!) Das Wohlverhalten wird meist auf das natürliche Streben des Menschen nach Wohlbefinden bezogen. Ein Handeln wird als sittlich „gut“ qualifiziert durch das, was es „Gutes“ hervorbringt. ___________________________ _______________ Beispiele: 1. Eudaimonistische Ethik (von altgriechisch ευδαιμονια Glückseligkeit) auch: Gesinnungsethik (Handle so, dass du das Gute um seiner selbst willen tust!) Das Wohlverhalten wird auf ein Gesetz bezogen, das unabhängig von menschlichen Bestrebungen gültig ist. Ein Handeln wird als sittlich „gut“ qualifiziert durch die Gesinnung, in der es geschieht. ___________________________________________ Beispiele: 1. Naturrechtliche Ethik > Aristoteles, Cicero, T.v.Aquin, Paulus in Rö 1, kathol. Tradition, von der ev. Theologie der „Schöpfungsordnungen“ integriert. 2. Religiöse Gebotsethik (auch theonome Ethik, wobei man mit „theonom“ jede Ethik bezeichnen kann, die mit Gott bzw. mit seinem Handeln begründet wird) 3. Pflichtethik > Kant 4. Werteethik (z.B. Gerechtigkeit, Nächstenliebe) > Scheler, Hartmann Hedonismus (das Wünschbare ist das persönliche Wohlergehen/ der Lustgewinn; 4 Wahlfach Mensch – Kultur – Religion Ethik/Argumentieren auch „ethischer Egoismus“ genannt) > Epi- kur, Hobbes Ähnlich: Individueller Eudaimonismus (das Wünschbare ist das recht zu verstehende eigene Wohl wie z.B. Selbstentfaltung, Vervollkommnung) Quelle: Friedrich-König-Gymnasium Würzburg, http://www.fkgwuerzburg.de/inhalte/schule/faecher/religion/fachreferent/dokumente/Material%20Ethik/ Grundtypen%20ethischer%20Argumentation.pdf (04.04.2016), überarbeitet und ergänzt. Sozialer Eudaimonismus (das Wünschbare ist mit dem Wohl des Einzelnen zugleich das Wohl der Gemeinschaft) > Aristoteles Ähnlich: Utilitarismus (das Wünschbare ist das möglichst große Glück einer möglichst großen Anzahl Menschen: „greatest happiness principle“) > Bentham, Mill 2. Verantwortungsethik (eigens ausgeführt) (Handle so, dass du für die voraussehbaren Folgen deines Handelns aufkommst! Menschliches Handeln muss verträglich sein mit der Perseveranz echten menschlichen Lebens! Nicht weiter werfen, als man sehen kann!) > Weber, Jonas 3. Ethisch argumentieren in der Praxis 3.1 Möglichkeiten der Argumentation Beim ethischen Argumentieren geht es darum, ethische Argumente oder Prinzipien zu nutzen, um ein Thema zu erörtern und zu einem moralischen Urteil zu kommen. Argumente bzw. Prinzipien wären: Gewissen (z.B.: ‚Bauchgefühl‘) Vereinbarungen (z.B.: Verfassung) Folgen (z.B.: Utilitarismus) Fakten (z.B.: Studien) Autoritäten (z.B.: ExpertInnen) Gesetze (z.B.: Strafgesetzbuch) Gebote/Verbote (z.B.: Dekalog) Tradition (z.B.: Umgangsformen) Erfahrungen (z.B.: Persönliche Erlebnisse) 5 Wahlfach Mensch – Kultur – Religion Ethik/Argumentieren Umstände (z.B.: Krieg, Wirtschaftskrise) Weisheit (z.B.: Goldene Regel) Welche Vor- und Nachteile bringen diese Argumentationsformen? Diskutieren Sie mit den NachbarInnen. 3.2 Logik: Der Syllogismus Die Logik (vom griechischen "logos": Wort, Rede, Aussage, Behauptung, Vernunft) wurde als "Wissenschaft vom richtigen Schließen" von Aristoteles (384-322) begründet und hat, durch Mittelalter bis zu Kant und Hegel, die verschiedensten philosophischen und theologischen Erweiterungen erfahren. Logik ist demnach die Lehre von den Prinzipien des richtigen, d. h. schlüssigen Denkens und Beweisführens. Als logisch richtig wird diejenige Beziehung zwischen Voraussetzungen und Schluss angesehen, bei der wahre Voraussetzungen zu einem wahren Schluss führen. Ein gutes Beispiel für diese Form des ‘richtigen Schliessens’ ist der Syllogismus. Dabei wird aus zwei Prämissen (Annahmen, Voraussetzungen) ein logischer Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere gezogen. Hier ein Beispiel: Zwischen der Gültigkeit einer Beweisführung und der Richtigkeit eines Schlusses muss allerdings unterschieden werden. Wenn eine oder mehrere Voraussetzungen einer Schlussfolgerung falsch sind, kann der Schluss einer in sich formal gültigen Beweisführung falsch sein. So z. B. geht die gültige Beweisführung "Alle Säugetiere sind Vierfüßer, alle Menschen sind Säugetiere, also sind alle Menschen Vierfüßer" von einer falschen Voraussetzung aus und führt deshalb zu einer falschen Aussage. Andererseits kann ein ungültiger Schluss unter Umständen zu einer wahren Aussage führen: "Einige Tiere sind Zweifüßer, alle Menschen sind Tiere, daher sind alle Menschen Zweifüßer". Lernen Sie, bei Argumentationen die Qualität und Gültigkeit von Prämissen zu überprüfen. Achten Sie darauf, dass die Schlussfolgerung möglich ist. Quelle: http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/DENKENTWICKLUNG/Logik.shtml (19.04.2016), überarbeitet und ergänzt. 3.3 Argumentieren: Überzeugen statt Überreden: Eine schlüssige Argumentation ist zentral, um die eigene Position plausibel zu machen und andere zu überzeugen. Die eigene Meinung muss veranschaulicht werden und so formuliert sein, dass andere sie nachvollziehen können. Eine Argumentation vollständig und verständlich aufzubauen, kann man trainieren. So besteht ein vollständiges Argument aus drei Teilen, die im Argumentationsprozess in unterschiedlicher Reihenfolge miteinander verknüpft werden: 1. 2. 3. Standpunkt/Appell (wofür oder wogegen ist man?) Grund (warum ist man dafür oder dagegen?) Fakten (worauf stützt sich die eigene Einschätzung?) Um verständlich zu argumentieren sollte man darauf achten, nicht zu lange Sätze zu verwenden und nicht zu viele Informationen in einen Satz zu packen. Was die Formulierung betrifft, ist es wichtig, positiv zu argumentieren. 6 Wahlfach Mensch – Kultur – Religion Ethik/Argumentieren Argumentiert wird vorwiegend mit Sprache. Und mit Sprache kann nicht nur ‘Wahrheit’ vermittelt, sondern auch manipuliert werden. So können rhetorisch begabte Menschen, also Menschen, die gut reden und sicher auftreten können, ihre Positionen oft viel überzeugender präsentieren als solche, die sich sprachlich nicht so gut auszudrücken vermögen. Ein überzeugendes Auftreten und eine flammende Rede bedeuten aber noch lange nicht, dass die Argumente wirklich gut und schlüssig sind. Folgende Tipps helfen Ihnen, die Qualität von Argumenten zu beurteilen: Deduktion: Vom Allgemeinen zum Speziellen. Z.B. Syllogismus Induktion: Von der Einzelbeobachtung zum Allgemeinen: Z.B. Sonnenaufgang/-untergang = die Erde ist eine Scheibe. Ad hominem: Position oder These eines Streitgegners durch einen Angriff auf persönliche Umstände oder Eigenschaften seiner Person anfechten. Ad verecundiam: Argument, das eine These durch die Berufung auf eine Autorität, wie zum Beispiel einen Experten oder einen Vorgesetzten, beweisen will Sein-sollen-Fehlschluss: Prinzip, wonach nicht von einem Sein auf ein Sollen geschlossen werden kann. In der Natur werden schwache Lebewesen ausgesondert. Daraus folgt, dass auch in der Gesellschaft Schwächere eliminiert werden sollen. Strohmann-Argument: Statt auf die tatsächliche Position des Gegners und seine Argumente einzugehen, wird gegen einen nicht anwesenden, fiktiven Gegner – den „Strohmann“ – argumentiert Dammbruch-Argument (slippery slope): Argumentation, die davor warnt, ein bestimmtes Handeln zu erlauben, da die Handlung unausweichlich zu einer Folge von Ereignissen mit unbeabsichtigten, weitreichenden Konsequenzen führen könnte. Falsches Dilemma: Täuscht vor, es gäbe nur zwei Möglichkeiten, obwohl weitere existieren. Auf diese Weise suggeriert es ein Dilemma, das keines ist. Ad populum: Stärkung der eigenen Position durch Verweis auf die Mehrheit. Anekdote: Lebhafte Schilderung eines Einzelfalls anstelle eines nachvollziehbaren Arguments. Machen Sie eigene Beispiele zu den verschiedenen Argumentationstypen. 7