© Robert Kneschke - fotolia Kommunikation + Agenturen Apotheke Pharmawerbung kommt beim Patienten nicht an Der Weg zum Medikament führt OTC-Käufer laut einer Studie von Harris Interactive nicht über Werbung in die Apotheke. Der Stellenwert von Kampagnen wird von den Verbrauchern sogar nur als gering eingestuft. Ein Grund für die Pharmaindustrie, ihre Werbekanäle zu überprüfen. Mehr als die Hälfte der in einer Studie befragten Apotheken-Käufer kennen überhaupt keine Werbung zu ihrem gekauften Medikament. Das ist ein Ergebnis der Studie ‚Apotheken-Journey – Der Weg zum Medikament‘ des Hamburger Marktforschungsinstituts Harris Interactive. Ziel der Studie war es, herauszufinden, auf welchem Weg Patienten zu ihrem Medikament gelangen und welche Entscheidungsgründe sie dabei haben. Die Ergebnisse zur Wirkung der Werbung kommen unerwartet: Nur sieben Prozent kennen das gekaufte Medikament von Kampagnen. Dementsprechend gering stuften die Studienteilnehmer den Stellenwert der Werbung bei der Entscheidung für ein Produkt ein. Wird etwa zu wenig Werbung gemacht? Ist Werbung womöglich überflüssig? Edith Franczok, Associate Director der Harris Interactive AG, erklärt gegenüber ‚Healthcare Marketing‘ das überraschende Ergebnis: „Es gibt unterschiedliche Gründe, die zu diesem Ergebnis führen. Der Medikamentenkauf für akute Krankheiten basiert sehr auf Erfahrungen und man lässt sich weniger von der Werbung leiten als in anderen Bereichen, weil das Thema Gesundheit für den Menschen einen sehr hohen Stellenwert hat.“ Die Studie zeigt: Den Patienten beim Kauf eines Arzneimittels zu beeinflussen gestaltet sich schwierig, da der Kunde zielorientiert ein OTC-Produkt kaufen will. Es ist daher wichtig, dass der Patient eine Loyalität zum Medikament aufbaut. Nur wenige erwarten eine Beratung vom Apotheker oder suchen den günstigsten Preis. Als ausschlaggebende Faktoren für den Arzneimittelerwerb nannten die Befragten eine schnelle Genesung (79 Prozent), die bisherigen Erfahrungen mit dem Medikament (77 Prozent) und die sofortige Verfügbarkeit (75 Prozent). Eigene Erfahrungen entscheiden Bei der Kaufentscheidung üben Ärzte und Apotheker, Familienmitglieder, Freunde und Kollegen mehr Einfluss aus als Werbung. Mehr als drei Viertel der Befragten vertrauen beim Kauf von Präparaten auf ihre eigene Erfahrung. Werbung als Kaufgrund spielt nur eine untergeordnete Rolle. Laut Franczok liegt das daran, dass Patienten Werbung im Gesundheitsbereich als einen kritischen Healthcare Marketing 9/2013 27 Kommunikation + Agenturen Bekanntheit der gekauften Medikamente Empfehlung des Medikaments Aus Erfahrung 78% Vom Arzt Von Bekannten/Freunden 21% 11% Aus der Werbung 7% Aus dem Internet 4% Sonstiges Edith Franczok, Associate Director bei Harris Interactive: Gesundheitswerbung wird kritisch wahrgenommen 4% 01 0 02 10 03 20 04 30 05 40 06 50 07 60 08 70 0 80 Ein Großteil der Käufer kennt das Medikament aus seinen Erfahrungen. Werbung spielt bei der Bekanntheit nur eine untergeordnete Rolle Faktor wahrnehmen. „Bedingt durch das hohe Involvement sind Käufer wesentlich kritischer gegenüber Werbeaussagen und nicht so empfänglich“, sagt Franczok. Um das Vertrauen der Patienten zu gewinnen, müsse die Pharmaindustrie über andere Kanäle gehen als bei der Konsumentenwerbung. Laut Franczok eignet sich Werbung am PoS, über die beste Freundin, über Foren, Veranstaltungen und über das Internet. „Die Unternehmen treten bislang nicht wirklich in den Dialog mit den Patienten und verpassen so die Chance, tiefere Kundenbedürfnisse wirklich zu verstehen“, sagt sie. Gesundheitswerbung bleibt nicht hängen Wer sein Medikament nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern auch aus der Werbung kennt, nennt als Medium zumeist das Fernsehen (31 Prozent), gefolgt von Apothekenwerbung (18 Prozent), Anzeigen in Zeitschriften (14 Prozent) und im Internet (6 Prozent). Nur vier Prozent der befragten gingen vor dem Apothekenkauf auf die Website einer Firma oder einer Marke. Sogar nur zwei Prozent haben vorher in der Zeitung über das entsprechende Produkt gelesen. Auffällig bei den Ergebnissen war die unterschiedliche Wahrnehmung der Kampagnen je nach Geschlecht. 44 Prozent der Männer konnten sich an keinerlei 28 Healthcare Marketing 9/2013 Werbung erinnern, bei den Frauen waren es 57 Prozent. Gleichzeitig beurteilten Männer Werbung bei ihrem Kaufentscheid kritischer. Franczok vermutet: „Die Erinnerungsrate bei Werbungen im Gesundheitsbereich ist deutlich geringer. Dies kann an mangelnder Aufmerksamkeit, an falschen Kanälen, an falscher Art der Kommunikation liegen.“ Weiterhin merkt Franczok an, dass die Ergebnisse auf die Eigeneinschätzung der Befragten beruhen: „Man gibt ungerne zu, sich von Werbung leiten zu lassen. Die Wirkung ist eher unbewusst und wird daher nicht unbedingt wahrgenommen.“ Das Ergebnis müsste daher durch psychologische Werbemitteltests überprüft werden, um besser verstanden zu werden. Innerhalb der Apotheke fallen rund einem Drittel der Käufern vor allem Flyer und Plakate als Werbemaßnahmen auf, auch die reichweitenstarke ‚Apothekenumschau‘ bekommt mit 23 Prozent relativ viel Aufmerksamkeit. Als besonders wertvoll nehmen die Patienten jedoch die direkte Beratung wahr (82 Prozent), gefolgt von Apothekenaktionen (69 Prozent). Bekanntheit der Medikamenten-Werbung Total n=396 Werbung zum Medikament Werbung im TV 31% Den gesamten Sie Werbung in der ApothekeArtikel können 18% in Werbung unserer aktuellen ‚Healthcare in Zeitschrift 14% Marketing‘-Ausgabe ab Seite 27 lesen. Werbung im Internet 6% Wenn unser Heft2%noch nicht bezieWerbungsie im Radio Werbung auf Postern hen, abonnieren sie1%jetzt hier! Sonstige Ich habe noch nie Werbung hierfür gesehen/ gehört 2% 53% 01 0 02 10 03 20 04 30 05 40 06 50 0 60 Fast jeder Dritte hat schon einen TV-Spot zu seinem Medikament gesehen. Mehr als die Hälfte der Befragten kennt jedoch gar keine Werbung Quelle: Harris Interactive ‚Apotheken-Journey‘ © Healthcare Marketing Quelle: Harris Interactive ‚Apotheken-Journey‘ © Healthcare Marketing Total n=396