1 Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging Wie die römische Republik zu Ende ging Die Römische Republik nach den „Ständekämpfen" In dem von Livius geschilderten „Ständekampf" machten die Patrizier den Plebejern zahlreiche Zugeständnisse, Schuldnern wurden ihre Schulden zumindest teilweise erlassen, die Schuldknechtschaft für römische Bürger wurde für ungesetzlich erklärt. Zu den von der Plebs erkämpften innenpolitischen Errungenschaften zählt die im Jahre 287 v. Chr. beschlossene Lex Hortensia. Mit diesem Gesetz erhielten die Beschlüsse der Plebs in der Volksversammlung (= Concilium Plebis), also die Plebiszite, Gesetzeskraft für alle römischen Bürger. Eine zusätzliche Bestätigung durch den Senat war seither nicht mehr notwendig. Auch war es Plebejern möglich geworden, das Amt des Konsuls zu bekleiden. Nicht nur die Plebejer verbesserten ihre soziale und politische Lage in der Republik, sondern auch die römische Expansion war erfolgreich. Es spricht also viel dafür, dass die Schlagkraft der römischen Armee nicht zuletzt darauf beruhte, dass sie eine Armee freier Bauern-Staatsbürger war, da die Plebejer sich in zähem Kampf erfolgreich gegen ein Herabsinken zu Schuldknechten der Patrizier gewehrt hatten. Mit der römischen Expansion vergrößerte sich das römische Gemeindeland oder die Staatsländereien, der ager publicus, von dem jeder Römer maximal 500 Morgen in Besitz nicht in Eigentum - nehmen durfte. [Ein Morgen ist ein Flächenmaß, das ursprünglich die Fläche bezeichnet, die mit einem Ochsenpflug an einem Vormittag gepflügt werden konnte und umfasste ein Viertel bis ein halbes Hektar]. Das Land blieb im Eigentum der Res Publica, konnte aber von römischen Staatsbürgern in Besitz genommen und bebaut werden, wobei sich das römische Staatsgebiet, dessen Bewohner cives waren, also römische Staatsbürger, bis ins 3. Jhd. v. Chr. über fast ganz Mittelitalien ausgedehnt hatte. Den Plebejern war damit die Teilnahme an den wirtschaftlichen Vorteilen der Eroberungen ermöglicht. Daneben waren die Städte und Völker südlich der Toskana als Bundesgenossen Rom gegenüber tributpflichtig, gegebenenfalls mussten sie an Roms Seite mit in den Krieg ziehen. Die Römer betrieben den Bundesgenossen gegenüber eine Politik des divide et impera, des „Teile und Herrsche". Die Rechte und Pflichten der Bundesgenossen waren abgestuft, besonders loyalen Bundesgenossen wurde die Verleihung des Bürgerrechts und Selbstverwaltung in Aussicht gestellt, anderen wurde die Höhe des Tributs verringert oder ihnen die Tributzahlung ganz erlassen. Damit gelang es den Römern zu verhindern, dass sich die Bundesgenossen miteinander gegen Rom verbündeten und sich gemeinsam gegen die römische Dominanz zur Wehr setzten. Roms Aufstieg zur Weltmacht Wie wir bereits gesehen haben, waren Völker wie die Phönizier (im heutigen Libanon) und das von den Phöniziern gegründete Karthago (im heutigen Tunesien) mit Handel und Gewerbe (Textilerzeugung) zu großem wirtschaftlichem Reichtum gelangt. So wie die Phönizier von Alexanders Militärmacht besiegt und geplündert wurden, wurden auch die Karthager von den Römern besiegt, und zwar in nicht weniger als drei Punischen Kriegen (264 - 146 v. Chr). „Unser Handwerk", erklärte der römische Senat, als er die Fortsetzung des Krieges gegen Karthago beschloss, „ist das, die gewerbetätigen Völker zu besiegen und sie uns tributpflichtig zu machen; beharren wir also in dem Kampfe, der uns zu ihren Herren erhebt." Nach dem dritten punischen Krieg war Rom zur größten Weltmacht aufgestiegen und zum größten Military-Coinage-Slavery-Complex der Geschichte geworden. Dieser Aufstieg war begleitet von einer Umwandlung der ökonomischen Grundlagen Roms: Wenige Jahre vor dem ersten Punischen Krieg wurde in Rom die Silberwährung eingeführt. Die im frühen Rom maßgebend gewesene Bauernwirtschaft wurde sukkzessive durch eine Sklaven- und Münzgeldwirtschaft verdrängt. Die Kriege begünstigten die Entstehung einer Klasse von Kaufleuten, die als equites, also Ritter bezeichnet wurden. Unter Rittern waren ursprünglich Patrizier gemeint, die nicht in den Rang der Senatoren aufgestiegen waren. Im Gegensatz zu Senatoren war es den Rittern erlaubt, kaufmännisch tätig zu sein und Handelsgesellschaften zu gründen. Sie waren auch als Kreditgeber tätig, versorgten auch den Staat oder Politiker mit Kredit und lieferten Schiffe, Proviant und Kriegsgerät zu teils überhöhten Preisen. Sie pachteten in den eroberten Gebieten, den römischen Provinzen, die Staatsdomänen und Bergwerke sowie die 2 Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging Eintreibung von Steuern. Gegen die Bezahlung eines fixen Betrages an die Republik erhielten sie freie Hand, in den Provinzen ein Vielfaches an Steuern einzutreiben. Italien selbst wurde mit Edelmetallen und Sklaven überflutet, die Sklaven waren zu immer günstigeren Preisen zu haben. Der Besitz der Sklaven konzentrierte sich allerdings in verhältnismäßig wenigen Händen, vornehmlich bei zwei Ständen: bei einigen hundert senatorischen Familien, also den reichen Patriziern, deren Vermögen überwiegend in Grundbesitz angelegt war, und eben den Rittern. Der römische Historiker Sallust charakterisierte diese Phase der römischen Geschichte mit folgenden Worten: „Die Sieger kannten weder Maß noch Ziel. Nachdem es einmal dahin gekommen war, dass Reichtum zur Ehre gereichte und Ruhm, Macht und Einfluss in seinem Gefolge hatte, da begann auch der Sinn für Tugend sich abzustumpfen, Armut als Schimpf zu gelten." Die Patrizier entwickelten einen „Landhunger“, sie trachteten danach, ihren Grundbesitz immer weiter zu vergrößern, denn nur auf entsprechend großen landwirtschaftlichen Flächen war der Einsatz einer immer größer werdenden Zahl von Sklaven rentabel. Die Patrizier nahmen widerrechtlich Besitz vom ager publicus und schufen riesige Latifundien, die mit Sklaven bewirtschaftet wurden. In den Kriegen wiederum standen zahlreiche römische und mit Rom als Bundesgenossen verbündete italische Bauern jahrein, jahraus als Soldaten auf den Schlachtfeldern. Nach Kriegsende waren zahlreiche Höfe heruntergewirtschaftet. Zwar waren die Plebejer rechtlich dagegen geschützt, in Schuldknechtschaft genommen zu werden. Aber dennoch waren viele Plebejer dazu gezwungen, ihre Höfe aufzugeben. An Stelle der alten Bauernhöfe fanden sich im 2. Jahrhundert v. Chr. vor allem Latifundien, landwirtschaftliche Großbetriebe mit ausgedehntem Weinbau und Weidewirtschaft. Die produktive Arbeit wurde immer mehr von Sklaven betrieben, während die freien Bauern und städtischen Arbeiter erwerbs- und arbeitslos wurden und nach Rom abwanderten, wo sie versuchten, sich als Fuhrleute oder Tagelöhner über Wasser zu halten. Die Nachfrage nach den Diensten dieser verarmten Plebejer war allerdings ebenfalls durch die rasch wachsende Zahl an Sklaven sehr gering. Die Masse der freien Staatsbürger in der Stadt wurden zu „proletarii“, die nichts besaßen außer ihre Staatsbürgerschaft und die „proles“, also ihre Nachkommen bzw. Kinder. Tiberius Gracchus und die Agrarreform Bei Seneca dem Älteren (54 v. Chr. - 38 n. Chr.), wie Livius ein Zeitgenosse des ersten Kaisers Augustus, findet sich folgende Klage eines römischen Bauern: „Ich war nicht von Anfang an der Nachbar eines reichen Mannes. Rings um mich saßen auf zahlreichen Höfen gleich begüterte Besitzer, die in nachbarlicher Eintracht ihre bescheidene Höfe bebauten. Wie anders jetzt! Das Land, das einst all diese Bürger nährte, ist jetzt eine einzige große Pflanzung (Plantation oder Latifundie), die einem einzigen Reichen gehört. Sein Gut hat seine Grenzen nach allen Seiten hinausgerückt; die Bauernhöfe, die es verschlungen, sind dem Erdboden gleichgemacht, zerstört die Heiligtümer der Väter. Die alten Eigentümer haben Abschied nehmen [müssen] vom Schutzgott des Vaterhauses und mit Weib und Kind in die Ferne ziehen müssen. Einförmige Öde herrscht über der weiten Fläche. Überall schließt mich der Reichtum wie mit einer Mauer ein: hier der Garten des Reichen, dort seine Felder, hier seine Weinberge, dort seine Wälder und Triften... Und nirgends findet dieses Umsichgreifen ein Ziel und eine Schranke, als bis der Reiche an den Reichen stößt." (zitiert nach Pöhlmann, Geschichte der sozialen Frage, Seite 553 - 554.) Die bis in die Gegenwart in vielen Teilen der Welt ungelöste Agrarfrage beschäftigte also auch schon die römische Republik. Insbesondere die Brüder Tiberius und Cajus Gracchus sind hier in die Geschichte eingegangen. Die Gracchen, selbst aus altem patrizischen Adel stammend, suchten eine Lösung für das Problem der Verarmung der Plebejer und die Verelendung der proles, die ihre Bauernhöfe verloren hatten. Dabei verfolgten sie auch die Absicht, die vom Untergang bedrohte Klasse der freien Bauern, den sogenannten „Bauernstand" wiederherzustellen. Tiberius Gracchus war 134 v. Chr. zum Volkstribun gewählt worden mit dem Versprechen, den ager publicus, die Staatsländereien, umzuverteilen. Sein Gesetzesvorschlag für ein Agrargesetz sah eine Beschränkung der Aneignung der Staatsländereien vor, wie sie eigentlich schon die Lex Hortensia vorgesehen hatte. Widerrechtlich angeeignetes Land des ager publicus sollte 3 Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging aufgeteilt und an Besitzlose umverteilt werden, jede Familie sollte einen unveräußerlichen Hof von 30 Morgen erhalten. Die früheren Besitzer sollten entschädigt werden, die als Bauern wiederangesiedelten Proletarier sollten bei der Anschaffung des Inventars von staatlicher Seite unterstützt werden. In einer Rede begründete Tiberius Gracchus seine Agrarreform folgendermaßen: „Die wilden Tiere, die in Italien hausen, haben ihre Höhlen; jedes von ihnen hat seine Lagerstätte, seinen Schlupfwinkel. Nur die Männer, die für Italien kämpfen und zu sterben bereit sind, haben nichts als Luft und Licht. Unstet, ohne Haus und Wohnsitz, müssen sie mit Frauen und Kindern im Lande umherstreifen. Die Feldherren lügen, wenn sie in Schlachten die Soldaten ermuntern, die Grabmäler ihrer Ahnen und Heiligtümer gegen die Feinde zu verteidigen. Denn viele Römer haben keinen eigenen häuslichen Herd mehr und keine eigene Grabstätte ihrer Vorfahren. Nur für den Luxus und den Reichtum anderer müssen sie ihr Blut vergießen und sterben. Sie werden Herren der Welt genannt, doch in Wahrheit können sie nicht eine einzige Erdscholle ihr Eigentum nennen" (Plutarch, T. S. Gracchus). Im Senat opponierte eine Mehrheit gegen das Agrargesetz, Gracchus wollte das Gesetz aber dennoch von der Volksversammlung beschließen lassen. Die Gegner seiner Politik der Umverteilung versuchte Gracchus mit folgender Argumentation zu überzeugen, die er in einer Rede vor der Abstimmung über den Gesetzentwurf im Concilium Plebis vorbrachte: „Ist es denn nicht gerecht, gemeinschaftliche Güter gemeinschaftlich zu verteilen? Nachdem die Römer bereits die meisten Länder durch Kriegsgewalt erobert haben und auch auf die übrigen bewohnten Gegenden der Erde ihre Hoffnungen gerichtet haben, steht jetzt für sie alles auf dem Spiel. Entweder erobern sie auch die übrigen Länder durch eine Armee streitbarer Männer, oder sie verlieren wegen ihrer Kraftlosigkeit und ihres Neides die jetzigen Besitzungen." Gracchus ermahnte die Patrizier, in Erwägung dieser Umstände, Ländereien aus Eigeninteresse denjenigen zu überlassen, welche dem Staat Kinder erzögen und in der römischen Armee als Soldaten dienten. Der Historiker Appian, der diese Worte des Gracchus überliefert, sah ihn also hauptsächlich vom Beweggrund geleitet, der römischen Republik ausreichend Bürger zu erhalten und damit sicherzustellen, dass sie ihre Eroberungen behaupten und fortsetzen könne. Die Begeisterung der Proletarier für Tiberius Gracchus war jedenfalls so überwältigend, dass das Agrargesetz beschlossen wurde. Der Senat versuchte allerdings, die Umsetzung der Agrarreform so weit wie möglich zu sabotieren. Tiberius bewarb sich für das Jahr 132 v. Chr. abermals als Volkstribun, auf einer Wahlversammlung wurde er von einer von Senatoren beauftragten Gruppe von Mördern überfallen und erschlagen. Das Gesetz war damit zwar nicht aufgehoben, es wurden etwa 80 000 Proletarierfamilien auf Bauernhöfen angesiedelt. Aber die Senatoren hatten damit klar gemacht, dass sich jemand, der sich gegen ihre Interessen wandte, seines Leben nicht sicher sein konnte. In den folgenden Jahrzehnten sollten in einem regelrechten Bürgerkrieg noch viele weitere Römer ihr Leben verlieren. Der Bruder des ermordeten Tiberius Gracchus, Cajus, versuchte das Werk seines Bruders fortzuführen. Im Jahre 123 v.Chr. wurde er zum Volkstribun gewählt und setzte ein Korngesetz durch, nach dem an jeden römischem Staatsbürger monatlich ein bestimmtes Quantum Getreide verteilt werden sollte, die Kosten dafür übernahm die Republik. Caijus Gracchus beauftragte den Bau befestigter Straßen in ganz Italien, damit sollte nicht nur die Infrastruktur verbessert werden, sondern auch arbeitslosen Proletariern ein Einkommen gesichert werden. Er reformierte auch das Gerichtswesen und das Wahlrecht und war bestrebt, eine Kolonisation in Italien in Angriff zu nehmen, wobei Land urbar gemacht werden und von Arbeitslosen besiedelt werden sollte. Cajus ereilte schließlich 121 das Schicksal seines Bruders. Die Gracchen wurden in weiterer Folge von vielen als Pioniere und Märtyrer einer Sozialpolitik im Interesse der Besitzlosen in Erinnerung behalten. Optimaten, Popularen und das römische Heer Der Namen der Gracchen stand schon bald sinnbildlich für eine Sozialpolitik, welche die Verelendung vieler Römer zu bekämpfen suchte und die Interessen der Proletarier und von Enteignung und Verarmung bedrohten Plebejer vertrat. Dieser Politik verpflichtete Politiker wurden als Popularen bekannt, von Populus, 4 Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging das Volk. Heute würde eine solche Politik als „links" bezeichnet werden. Ihnen gegenüber standen die Vertreter der Interessen der Latifundienbesitzer im Senat, die sich selbst als die Besten, als Optimaten bezeichneten. Der berühmte Redner und Politiker Cicero hat mit seinem Werk „Von den Pflichten und vom Staat" ein Standardwerk konservativer Politik geschaffen, also einer Politik, die heute als „rechts" bezeichnet werden würde. Über die Agrarreform der Gracchen und die Politik der Popularen schreibt Cicero: „Diejenigen, welche Volksfreunde sein wollen und aus diesem Grunde versuchen, den Besitzer aus seinem Eigentum zu vertreiben oder dargeliehenes Geld den Schuldnern nachzulassen, diese erschüttern die Grundfeste des Staates.[...] Denn es ist der eigentliche Zweck des Staates und einer Stadt, dass die Sicherheit des Eigentums frei und unangefochten bleiben soll. Was ist es aber für eine Gerechtigkeit, wenn ein Grundstück, das viele Jahre oder gar Menschenalter hindurch seinen rechtlichen Besitzer gehabt hat, Besitz eines andern wird, der vorher keines hatte, und der es hatte, es verlieren soll? [...] Durch den Streit um Landaufteilung richteten sie [die Gracchen] sich selbst zugrunde, so wie sie durch ihre Politik dies eine Volk in zwei Teile gespalten haben, sodass in einer Republik gewissermaßen zwei Senate und – man möchte fast sagen – zwei verschiedene Völker einander gegenüberstehen!" In diesem Absatz wird ein klassischer Standpunkt konservativer, rechts gerichteter Politik formuliert: Nicht die ungleiche Verteilung der (Geld-)Vermögen, des wirtschaftlichen Reichtums, nicht die unterschiedlichen Kontostände der Staatsbürger führen zu einer Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Ärmere, sondern es wird der links gerichteten Politik zum Vorwurf gemacht, durch die Thematisierung sozialer Politik für den Klassenkampf und die Spaltung des Volkes "in zwei verschiedene Völker" verantwortlich zu sein und damit dem nationalen Interesse Schaden zuzufügen. Um den Schaden am römischen Gemeinwesen möglichst gering zu halten, ließen im übrigen die Senatoren an jenem Ort, an dem die Gracchen und zahlreiche ihrer Anhänger ermordet worden waren, einen Tempel zu Ehren der Göttin Concordia, also der Eintracht erbauen. Nichts desto trotz war das letzte Jahrhundert der Republik nicht nur von zahlreichen Sklavenaufständen, sondern v.a. vom Bürgerkrieg geprägt. Die sozialen und politischen Auseinandersetzungen zwischen Popularen und Optimaten setzten sich auch im ersten Jahrhundert v. Chr. fort. Beim römischen Historiker Sallust (86 - 35 v. Chr.), der ein Zeitgenosse der sozialen Konflikte der späten römischen Republik war, findet sich folgende Erklärung für die Klassenkämpfe: „Diese Richtung [des Umsturzes] liegt überhaupt schon in der Natur der ganzen Volksklasse. Denn überall hegt der Mittellose Neid und Missgunst gegen den Besitzenden; er schwärmt für Unruhestifter, hasst das Bestehende und wünscht neue Zustände herbei. Voll Missbehagen über die eigene Lage sehnt er sich nach einer allgemeinen Umwälzung: Aufruhr und Empörung bringt ihm Unterhalt, Verluste braucht er dabei nicht zu befürchten, da ja die Armut nichts zu verlieren hat." Der senatorische Widerstand gegen die Politik der Agrarreformen der Gracchen war erfolgreich genug gewesen, dass die alte, römische Bauernschaft weiter zugrunde gerichtet wurde und sich in Rom die Reihen der Proletarier ständig vergrößerten. Dies hatte nicht zuletzt auf das römische Heer Auswirkungen. Das Heer der Republik war über Jahrhunderte eine Miliz von wehrpflichtigen Staatsbürgern gewesen, nach dem Feldzug kehrte der Legionär an seinen Pflug zurück. Bei der Rekrutierung des Heeres griff man schon längst auf die italischen Bauern, die Bundesgenossen Süd- und Mittelitaliens, zurück. Als aber auch dadurch nicht mehr genug Soldaten für das Heer aufgestellt werden konnten, weil es schlicht zu wenige Bürger gab, die sich die Ausrüstung für den Kriegsdienst leisten konnten, begann der Feldherr und Popular Marius damit, eigentums- und besitzlose Proletarier für das Heer zu rekrutieren, ihnen Ausrüstung und Ausbildung zu finanzieren sowie einen Sold zu bezahlen. Damit sollte nicht nur dem Engpass an Soldaten-Nachschub entgegengewirkt, sondern auch die Zahl der von Getreidespenden 5 Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging abhängigen Proletarier in Rom vermindert werden. Marius (156 - 86) stammte aus einer ritterlichen Familie, gehörte also nicht zur alteingesessenen senatorischen Führungsschicht der römischen Republik. Es gelang ihm, gegen den Widerstand des Senats für das Jahr 107 v. Chr. als homo novus, also als erstes Mitglied seiner Familie, zum Konsul gewählt zu werden und den Oberbefehl im Krieg gegen den numidischen König Jugurtha zu erhalten. Wie stark der Standesdünkel der Patrizier ausgeprägt war, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass selbst der Sieg des Marius gegen Jugurtha kaum etwas daran änderte, dass er von der senatorische Oberschicht überwiegend als „nicht standesgemäß" angesehen wurde. Dennoch gelang es Marius nicht zuletzt aufgrund seines Erfolges gegen Jugurtha, seine Pläne für die Umwandlung des Heeres in ein Berufsheer durchzusetzen. Marius' Heeresreform sah vor, dass der Berufssoldat 16 Jahre oder für 16 Feldzüge dienen sollte. Als Entlohnung erhielt er einen Sold und Anteile an der Beute. Der Feldherr musste für die Veteranenversorgung aufkommen, die bis zur Zeit Caesars die Form einer Landschenkung hatte und erst im kaiserzeitlichen Rom durch Geldzahlungen abgelöst wurde. Marius Heeresreform machte vom militärischen Gesichtspunkt betrachtet das römische Heer schlagkräftiger und professioneller. Die politischen Auswirkungen der Heeresreform sollten aber noch weitreichender sein. Der Bundesgenossenkrieg und die Diktatur Sullas Die italischen Bundesgenossen mussten schon seit jeher Soldaten für das römische Heer stellen, waren aber in vielfacher Hinsicht gegenüber den römischen Staatsbürgern benachteiligt. Der 91 v. Chr. zum Volkstribun gewählte Marcus Livius Drusus wollte populare Forderungen durchsetzen, wie die Verbilligung der Getreideverteilungen an die römischen Proletarier, neue Ansiedlungen und die Gründung von Kolonien. Insbesondere setzte er sich dafür ein, den Bundesgenossen das volle römische Bürgerrecht zu verschaffen. Die Optimaten im Senat hingegen wollten die Neubürger einem eigenen Tribus zuweisen mit geringeren politischen Rechten und sie schreckten ein weiteres Mal nicht davor zurück, den eigentlich sakrosankten Volkstribunen Drusus durch Auftragskiller ermorden zu lassen. Drusus' Tod war der Auslöser für die Aufstände zahlreicher Bundesgenossen gegen die römische Vorherrschaft mit dem Ziel einer vollen Gleichberechtigung als römische Bürger. Diese Aufstände mündeten in den sogenannten Bundesgenossenkrieg, bei dem sich zeigte, das die römischen Heere gegen diejenigen der Bundesgenossen militärisch nur wenig ausrichten konnten, wobei die vom römischen Feldherren Sulla geführten Truppen nicht davor zurückschreckten, viele Städte der Samniten dem Erdboden gleich zu machen. Mit dem von den Volkstribunen im Jahr 89 v.Chr. eingebrachten Gesetz wurde allen Bundesgenossen, auch den Aufständischen, die sich binnen 60 Tagen meldeten, das römische Bürgerrecht verliehen. Damit endetet diese Auseinandersetzung im Sinne der Bundesgenossen, die politischen und sozialen Konflikte dauerten aber an. Als Caesar auf der Bühne der römischen Politik auftrat, war die soziale Krise auf dem Höhepunkt. Seine Politik sozialer Reformen orientierte sich an den Vorstellungen der Popularen, dadurch gelang es ihm, den sozialen Konflikt so weit beizulegen, dass der Zerfall des Imperiums um Jahrhunderte hinausgeschoben wurde. Darin unterschied sich Caesar von seinen Vorgängern und seinen Konkurrenten, die ebenfalls schon viel Macht in ihrer Hand vereinigt hatten. Berüchtigt war insbesondere der Diktator Cornelius Sulla. Seine Diktatur wurde nicht nur vom römischen Philosophen Seneca zu einem Paradebeispiel der Tyrannei erklärt. Im Jahr 83 v. Chr. versuchten die Optimaten unter der Führung von Sulla die Popularen entscheidend zu schlagen. Sulla wurde als Diktator mit der zeitlich unbeschränkten Vollmacht „Gesetze zu geben und den Staat zu ordnen“ (legibus scribundis et rei publicae constituendae) ausgestattet. Mit dieser Grundlage führte er die ersten Proskriptionen der römischen Geschichte durch: Zahlreiche Anhänger der Popularen wurden geächtet, sie wurden vogelfrei erklärt und konnten von jedem straflos getötet werden. Insgesamt sollen fast 5.000 römische Staatsbürger während Sullas Herrschaft ermordet worden sein. Die Verfolgung der politischen Gegner beschränkte sich nicht nur auf ihre physische Vernichtung, auch deren Kinder und Enkel wurden verfolgt und verloren die politischen Privilegien ihres Standes; gesamte Familien sollten dauerhaft aus dem politischen Leben ausgelöscht werden. 6 Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging Selbst das Grab des bereits verstorbenen Popularen Marius wurde geschändet und die Siegesmonumente des Marius abgerissen. Auch der noch junge, mit Marius verwandte Gaius Julius Caesar wurde von Sulla verfolgt, hatte aber Glück und wurde begnadigt. Das Vermögen von rund 1500 Gegnern Sullas wurde beschlagnahmt und von Sulla zum Teil an seine patrizischen Anhänger im Senat verteilt, teils versteigert. Bei den Versteigerungen kam so viel Land unter den Hammer, dass die Preise ins Bodenlose fielen. Diese Gelegenheit nutzten viele, um sich große Vermögenswerte und großen Landbesitz anzueignen. Einer der erfolgreichsten Aufsteiger dieser Zeit war der spätere Verbündete von Caesar, Marcus Licinius Crassus, der zum reichsten Mann in Rom aufstieg Koloniegründungen, oder den Rückgriff auf den Ager publicus. Er siedelte seine Soldaten teils in jenen italischen Städten an, die er während des Bundesgenossenkrieges dem Erdboden gleich gemacht hatte. Auch standen noch ausreichend Land und Häuser seiner Gegner zur Verfügung, die er geächtet, getötet oder vertrieben hatte und deren Hab und Gut er enteignet hatte, um damit tausende Veteranen zu versorgen. Erkläre folgende Begriffe: 1. Lex hortensia 2. Concilium Plebis - Plebiszite 3. Divide et impera 4. Ager publicus 5. Punische Kriege 6. Equites 7. Proletarii (Proletarier) 8. Agrargesetz des Tiberius Gracchus 9. Popularen 10. Optimaten Denarius - eine Münze aus der Zeit Sullas, ca. 83 v.Chr.: L. Sulla Imperator Iterum. Die Vorderseite zeigt den Kopf der Venus, die Sulla beigestanden haben soll, und Cupido mit Palmzweig. Auf der Rückseite Kriegstrophäen sowie Priesterinsignien, die den Herrschaftsanspruch Sullas betonen sollten. Die von Sulla neu ausgearbeitete Verfassung für Rom zielte auf eine nachhaltige Schwächung demokratischer Institutionen ab: Der Volksversammlung, dem concilium plebis, wurde das Recht entzogen, Gesetze zu beschließen auch den Volkstribunen wurden viele Befugnisse entzogen, darunter ihr VetoRecht. Sie sollten auf eine Art Volksanwalt reduziert werden, der im Notfall plebejischen Bürgern Hilfestellung leisten konnte. Jedenfalls wurde es Volkstribunen nach Sullas Verfassung unmöglich gemacht in weiterer Folge für andere Ämter wie das des Konsuls zu kandidieren. Damit wollte Sulla verhindern, dass politisch ambitionierte Bewerber, die nicht aus dem patrizischen Adel stammten, über das Volkstribunat in die „große Politik" einsteigen konnten. Sulla fand auch eine Lösung, wie er den Veteranen Land für die Altersversorgung zukommen lassen konnte, ohne mit seinen Freunden im Senat in Konflikt zu geraten: Sulla verzichtete dabei weitgehend auf 11. homo novus 12. Wie begründete der Senat die Fortführung des Kriegs gegen die Karthager? 13. Warum entwickelten die Patrizier einen so großen "Landhunger"? 14. Welche klassische konservative politische Sichtweise entwickelt Cicero in seinem Werk "Von den Pflichten und vom Staat"? 15. Worin bestand die Heeresreform des Marius und warum wurde sie notwendig? 16. Warum kam es zum Bundesgenossenkrieg und wie endete er? 17. Wie änderte der Diktator Sulla die römische Verfassung 83 v.Chr.? Cui bono - Zu wessen Gunsten wurden die Machtverhältnisse von Sulla geändert?