Wie die römische Republik zu Ende ging

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Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging
Wie die römische
Republik zu Ende ging
Die Römische Republik nach den
„Ständekämpfen"
In dem von Livius geschilderten „Ständekampf"
machten die Patrizier den Plebejern zahlreiche
Zugeständnisse, Schuldnern wurden ihre
Schulden zumindest teilweise erlassen, die
Schuldknechtschaft für römische Bürger wurde
für ungesetzlich erklärt. Zu den von der Plebs
erkämpften innenpolitischen Errungenschaften
zählt die im Jahre 287 v. Chr. beschlossene Lex
Hortensia. Mit diesem Gesetz erhielten die
Beschlüsse der Plebs in der Volksversammlung
(= Concilium Plebis), also die Plebiszite,
Gesetzeskraft für alle römischen Bürger. Eine
zusätzliche Bestätigung durch den Senat war
seither nicht mehr notwendig. Auch war es
Plebejern möglich geworden, das Amt des
Konsuls zu bekleiden. Nicht nur die Plebejer
verbesserten ihre soziale und politische Lage in
der Republik, sondern auch die römische
Expansion war erfolgreich. Es spricht also viel
dafür, dass die Schlagkraft der römischen Armee
nicht zuletzt darauf beruhte, dass sie eine Armee
freier Bauern-Staatsbürger war, da die Plebejer
sich in zähem Kampf erfolgreich gegen ein
Herabsinken zu Schuldknechten der Patrizier
gewehrt hatten.
Mit der römischen Expansion vergrößerte sich
das römische Gemeindeland oder die
Staatsländereien, der ager publicus, von dem
jeder Römer maximal 500 Morgen in Besitz nicht in Eigentum - nehmen durfte. [Ein Morgen
ist ein Flächenmaß, das ursprünglich die Fläche
bezeichnet, die mit einem Ochsenpflug an einem
Vormittag gepflügt werden konnte und umfasste
ein Viertel bis ein halbes Hektar]. Das Land
blieb im Eigentum der Res Publica, konnte aber
von römischen Staatsbürgern in Besitz
genommen und bebaut werden, wobei sich das
römische Staatsgebiet, dessen Bewohner cives
waren, also römische Staatsbürger, bis ins 3. Jhd.
v. Chr. über fast ganz Mittelitalien ausgedehnt
hatte. Den Plebejern war damit die Teilnahme an
den wirtschaftlichen Vorteilen der Eroberungen
ermöglicht.
Daneben waren die Städte und Völker südlich
der Toskana als Bundesgenossen Rom
gegenüber tributpflichtig, gegebenenfalls
mussten sie an Roms Seite mit in den Krieg
ziehen. Die Römer betrieben den
Bundesgenossen gegenüber eine Politik des
divide et impera, des „Teile und Herrsche".
Die Rechte und Pflichten der Bundesgenossen
waren abgestuft, besonders loyalen
Bundesgenossen wurde die Verleihung des
Bürgerrechts und Selbstverwaltung in Aussicht
gestellt, anderen wurde die Höhe des Tributs
verringert oder ihnen die Tributzahlung ganz
erlassen. Damit gelang es den Römern zu
verhindern, dass sich die Bundesgenossen
miteinander gegen Rom verbündeten und sich
gemeinsam gegen die römische Dominanz zur
Wehr setzten.
Roms Aufstieg zur Weltmacht
Wie wir bereits gesehen haben, waren Völker wie
die Phönizier (im heutigen Libanon) und das
von den Phöniziern gegründete Karthago (im
heutigen Tunesien) mit Handel und Gewerbe
(Textilerzeugung) zu großem wirtschaftlichem
Reichtum gelangt. So wie die Phönizier von
Alexanders Militärmacht besiegt und geplündert
wurden, wurden auch die Karthager von den
Römern besiegt, und zwar in nicht weniger als
drei Punischen Kriegen (264 - 146 v. Chr).
„Unser Handwerk", erklärte der römische Senat,
als er die Fortsetzung des Krieges gegen
Karthago beschloss, „ist das, die gewerbetätigen
Völker zu besiegen und sie uns tributpflichtig zu
machen; beharren wir also in dem Kampfe, der
uns zu ihren Herren erhebt." Nach dem dritten
punischen Krieg war Rom zur größten
Weltmacht aufgestiegen und zum größten
Military-Coinage-Slavery-Complex der
Geschichte geworden. Dieser Aufstieg war
begleitet von einer Umwandlung der
ökonomischen Grundlagen Roms: Wenige Jahre
vor dem ersten Punischen Krieg wurde in Rom
die Silberwährung eingeführt. Die im frühen
Rom maßgebend gewesene Bauernwirtschaft
wurde sukkzessive durch eine Sklaven- und
Münzgeldwirtschaft verdrängt.
Die Kriege begünstigten die Entstehung einer
Klasse von Kaufleuten, die als equites, also
Ritter bezeichnet wurden. Unter Rittern waren
ursprünglich Patrizier gemeint, die nicht in den
Rang der Senatoren aufgestiegen waren. Im
Gegensatz zu Senatoren war es den Rittern
erlaubt, kaufmännisch tätig zu sein und
Handelsgesellschaften zu gründen. Sie waren
auch als Kreditgeber tätig, versorgten auch den
Staat oder Politiker mit Kredit und lieferten
Schiffe, Proviant und Kriegsgerät zu teils
überhöhten Preisen. Sie pachteten in den
eroberten Gebieten, den römischen Provinzen,
die Staatsdomänen und Bergwerke sowie die
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Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging
Eintreibung von Steuern. Gegen die Bezahlung
eines fixen Betrages an die Republik erhielten sie
freie Hand, in den Provinzen ein Vielfaches an
Steuern einzutreiben. Italien selbst wurde mit
Edelmetallen und Sklaven überflutet, die Sklaven
waren zu immer günstigeren Preisen zu haben.
Der Besitz der Sklaven konzentrierte sich
allerdings in verhältnismäßig wenigen Händen,
vornehmlich bei zwei Ständen: bei einigen
hundert senatorischen Familien, also den reichen
Patriziern, deren Vermögen überwiegend in
Grundbesitz angelegt war, und eben den Rittern.
Der römische Historiker Sallust charakterisierte
diese Phase der römischen Geschichte mit
folgenden Worten: „Die Sieger kannten weder
Maß noch Ziel. Nachdem es einmal dahin
gekommen war, dass Reichtum zur Ehre
gereichte und Ruhm, Macht und Einfluss in
seinem Gefolge hatte, da begann auch der Sinn
für Tugend sich abzustumpfen, Armut als
Schimpf zu gelten." Die Patrizier entwickelten
einen „Landhunger“, sie trachteten danach,
ihren Grundbesitz immer weiter zu vergrößern,
denn nur auf entsprechend großen
landwirtschaftlichen Flächen war der Einsatz
einer immer größer werdenden Zahl von
Sklaven rentabel. Die Patrizier nahmen
widerrechtlich Besitz vom ager publicus und
schufen riesige Latifundien, die mit Sklaven
bewirtschaftet wurden. In den Kriegen
wiederum standen zahlreiche römische und mit
Rom als Bundesgenossen verbündete italische
Bauern jahrein, jahraus als Soldaten auf den
Schlachtfeldern. Nach Kriegsende waren
zahlreiche Höfe heruntergewirtschaftet. Zwar
waren die Plebejer rechtlich dagegen geschützt,
in Schuldknechtschaft genommen zu werden.
Aber dennoch waren viele Plebejer dazu
gezwungen, ihre Höfe aufzugeben. An Stelle der
alten Bauernhöfe fanden sich im 2. Jahrhundert
v. Chr. vor allem Latifundien,
landwirtschaftliche Großbetriebe mit
ausgedehntem Weinbau und Weidewirtschaft.
Die produktive Arbeit wurde immer mehr von
Sklaven betrieben, während die freien Bauern
und städtischen Arbeiter erwerbs- und arbeitslos
wurden und nach Rom abwanderten, wo sie
versuchten, sich als Fuhrleute oder Tagelöhner
über Wasser zu halten. Die Nachfrage nach den
Diensten dieser verarmten Plebejer war
allerdings ebenfalls durch die rasch wachsende
Zahl an Sklaven sehr gering. Die Masse der
freien Staatsbürger in der Stadt wurden zu
„proletarii“, die nichts besaßen außer ihre
Staatsbürgerschaft und die „proles“, also ihre
Nachkommen bzw. Kinder.
Tiberius Gracchus und die
Agrarreform
Bei Seneca dem Älteren (54 v. Chr. - 38 n. Chr.),
wie Livius ein Zeitgenosse des ersten Kaisers
Augustus, findet sich folgende Klage eines
römischen Bauern:
„Ich war nicht von Anfang an der Nachbar
eines reichen Mannes. Rings um mich
saßen auf zahlreichen Höfen gleich
begüterte Besitzer, die in nachbarlicher
Eintracht ihre bescheidene Höfe bebauten.
Wie anders jetzt! Das Land, das einst all
diese Bürger nährte, ist jetzt eine einzige
große Pflanzung (Plantation oder
Latifundie), die einem einzigen Reichen
gehört. Sein Gut hat seine Grenzen nach
allen Seiten hinausgerückt; die Bauernhöfe,
die es verschlungen, sind dem Erdboden
gleichgemacht, zerstört die Heiligtümer der
Väter. Die alten Eigentümer haben
Abschied nehmen [müssen] vom
Schutzgott des Vaterhauses und mit Weib
und Kind in die Ferne ziehen müssen.
Einförmige Öde herrscht über der weiten
Fläche. Überall schließt mich der Reichtum
wie mit einer Mauer ein: hier der Garten
des Reichen, dort seine Felder, hier seine
Weinberge, dort seine Wälder und
Triften... Und nirgends findet dieses
Umsichgreifen ein Ziel und eine Schranke,
als bis der Reiche an den Reichen stößt."
(zitiert nach Pöhlmann, Geschichte der
sozialen Frage, Seite 553 - 554.)
Die bis in die Gegenwart in vielen Teilen der
Welt ungelöste Agrarfrage beschäftigte also auch
schon die römische Republik. Insbesondere die
Brüder Tiberius und Cajus Gracchus sind hier in
die Geschichte eingegangen. Die Gracchen,
selbst aus altem patrizischen Adel stammend,
suchten eine Lösung für das Problem der
Verarmung der Plebejer und die Verelendung
der proles, die ihre Bauernhöfe verloren hatten.
Dabei verfolgten sie auch die Absicht, die vom
Untergang bedrohte Klasse der freien Bauern,
den sogenannten „Bauernstand"
wiederherzustellen. Tiberius Gracchus war 134
v. Chr. zum Volkstribun gewählt worden mit
dem Versprechen, den ager publicus, die
Staatsländereien, umzuverteilen. Sein
Gesetzesvorschlag für ein Agrargesetz sah eine
Beschränkung der Aneignung der
Staatsländereien vor, wie sie eigentlich schon die
Lex Hortensia vorgesehen hatte. Widerrechtlich
angeeignetes Land des ager publicus sollte
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Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging
aufgeteilt und an Besitzlose umverteilt werden,
jede Familie sollte einen unveräußerlichen Hof
von 30 Morgen erhalten. Die früheren Besitzer
sollten entschädigt werden, die als Bauern
wiederangesiedelten Proletarier sollten bei der
Anschaffung des Inventars von staatlicher Seite
unterstützt werden. In einer Rede begründete
Tiberius Gracchus seine Agrarreform
folgendermaßen:
„Die wilden Tiere, die in Italien hausen,
haben ihre Höhlen; jedes von ihnen hat
seine Lagerstätte, seinen Schlupfwinkel.
Nur die Männer, die für Italien kämpfen
und zu sterben bereit sind, haben nichts
als Luft und Licht. Unstet, ohne Haus
und Wohnsitz, müssen sie mit Frauen
und Kindern im Lande umherstreifen.
Die Feldherren lügen, wenn sie in
Schlachten die Soldaten ermuntern, die
Grabmäler ihrer Ahnen und Heiligtümer
gegen die Feinde zu verteidigen. Denn
viele Römer haben keinen eigenen
häuslichen Herd mehr und keine eigene
Grabstätte ihrer Vorfahren. Nur für den
Luxus und den Reichtum anderer
müssen sie ihr Blut vergießen und
sterben. Sie werden Herren der Welt
genannt, doch in Wahrheit können sie
nicht eine einzige Erdscholle ihr
Eigentum nennen" (Plutarch, T. S.
Gracchus).
Im Senat opponierte eine Mehrheit gegen das
Agrargesetz, Gracchus wollte das Gesetz aber
dennoch von der Volksversammlung
beschließen lassen. Die Gegner seiner Politik der
Umverteilung versuchte Gracchus mit folgender
Argumentation zu überzeugen, die er in einer
Rede vor der Abstimmung über den
Gesetzentwurf im Concilium Plebis vorbrachte:
„Ist es denn nicht gerecht, gemeinschaftliche
Güter gemeinschaftlich zu verteilen? Nachdem
die Römer bereits die meisten Länder durch
Kriegsgewalt erobert haben und auch auf die
übrigen bewohnten Gegenden der Erde ihre
Hoffnungen gerichtet haben, steht jetzt für sie
alles auf dem Spiel. Entweder erobern sie auch
die übrigen Länder durch eine Armee streitbarer
Männer, oder sie verlieren wegen ihrer
Kraftlosigkeit und ihres Neides die jetzigen
Besitzungen." Gracchus ermahnte die Patrizier,
in Erwägung dieser Umstände, Ländereien aus
Eigeninteresse denjenigen zu überlassen, welche
dem Staat Kinder erzögen und in der römischen
Armee als Soldaten dienten. Der Historiker
Appian, der diese Worte des Gracchus
überliefert, sah ihn also hauptsächlich vom
Beweggrund geleitet, der römischen Republik
ausreichend Bürger zu erhalten und damit
sicherzustellen, dass sie ihre Eroberungen
behaupten und fortsetzen könne. Die
Begeisterung der Proletarier für Tiberius
Gracchus war jedenfalls so überwältigend, dass
das Agrargesetz beschlossen wurde. Der Senat
versuchte allerdings, die Umsetzung der
Agrarreform so weit wie möglich zu sabotieren.
Tiberius bewarb sich für das Jahr 132 v. Chr.
abermals als Volkstribun, auf einer
Wahlversammlung wurde er von einer von
Senatoren beauftragten Gruppe von Mördern
überfallen und erschlagen. Das Gesetz war damit
zwar nicht aufgehoben, es wurden etwa 80 000
Proletarierfamilien auf Bauernhöfen angesiedelt.
Aber die Senatoren hatten damit klar gemacht,
dass sich jemand, der sich gegen ihre Interessen
wandte, seines Leben nicht sicher sein konnte.
In den folgenden Jahrzehnten sollten in einem
regelrechten Bürgerkrieg noch viele weitere
Römer ihr Leben verlieren.
Der Bruder des ermordeten Tiberius Gracchus,
Cajus, versuchte das Werk seines Bruders
fortzuführen. Im Jahre 123 v.Chr. wurde er zum
Volkstribun gewählt und setzte ein Korngesetz
durch, nach dem an jeden römischem
Staatsbürger monatlich ein bestimmtes Quantum
Getreide verteilt werden sollte, die Kosten dafür
übernahm die Republik. Caijus Gracchus
beauftragte den Bau befestigter Straßen in ganz
Italien, damit sollte nicht nur die Infrastruktur
verbessert werden, sondern auch arbeitslosen
Proletariern ein Einkommen gesichert werden.
Er reformierte auch das Gerichtswesen und das
Wahlrecht und war bestrebt, eine Kolonisation
in Italien in Angriff zu nehmen, wobei Land
urbar gemacht werden und von Arbeitslosen
besiedelt werden sollte. Cajus ereilte schließlich
121 das Schicksal seines Bruders. Die Gracchen
wurden in weiterer Folge von vielen als Pioniere
und Märtyrer einer Sozialpolitik im Interesse der
Besitzlosen in Erinnerung behalten.
Optimaten, Popularen und das
römische Heer
Der Namen der Gracchen stand schon bald
sinnbildlich für eine Sozialpolitik, welche die
Verelendung vieler Römer zu bekämpfen suchte
und die Interessen der Proletarier und von
Enteignung und Verarmung bedrohten Plebejer
vertrat. Dieser Politik verpflichtete Politiker
wurden als Popularen bekannt, von Populus,
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Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging
das Volk. Heute würde eine solche Politik als
„links" bezeichnet werden. Ihnen gegenüber
standen die Vertreter der Interessen der
Latifundienbesitzer im Senat, die sich selbst als
die Besten, als Optimaten bezeichneten. Der
berühmte Redner und Politiker Cicero hat mit
seinem Werk „Von den Pflichten und vom
Staat" ein Standardwerk konservativer Politik
geschaffen, also einer Politik, die heute als
„rechts" bezeichnet werden würde. Über die
Agrarreform der Gracchen und die Politik der
Popularen schreibt Cicero:
„Diejenigen, welche Volksfreunde sein
wollen und aus diesem Grunde
versuchen, den Besitzer aus seinem
Eigentum zu vertreiben oder
dargeliehenes Geld den Schuldnern
nachzulassen, diese erschüttern die
Grundfeste des Staates.[...] Denn es ist
der eigentliche Zweck des Staates und
einer Stadt, dass die Sicherheit des
Eigentums frei und unangefochten
bleiben soll. Was ist es aber für eine
Gerechtigkeit, wenn ein Grundstück, das
viele Jahre oder gar Menschenalter
hindurch seinen rechtlichen Besitzer
gehabt hat, Besitz eines andern wird, der
vorher keines hatte, und der es hatte, es
verlieren soll? [...] Durch den Streit um
Landaufteilung richteten sie [die
Gracchen] sich selbst zugrunde, so wie
sie durch ihre Politik dies eine Volk in
zwei Teile gespalten haben, sodass in
einer Republik gewissermaßen zwei
Senate und – man möchte fast sagen –
zwei verschiedene Völker einander
gegenüberstehen!"
In diesem Absatz wird ein klassischer
Standpunkt konservativer, rechts gerichteter
Politik formuliert: Nicht die ungleiche
Verteilung der (Geld-)Vermögen, des
wirtschaftlichen Reichtums, nicht die
unterschiedlichen Kontostände der Staatsbürger
führen zu einer Spaltung der Gesellschaft in
Reiche und Ärmere, sondern es wird der links
gerichteten Politik zum Vorwurf gemacht, durch
die Thematisierung sozialer Politik für den
Klassenkampf und die Spaltung des Volkes "in
zwei verschiedene Völker" verantwortlich zu
sein und damit dem nationalen Interesse
Schaden zuzufügen.
Um den Schaden am römischen Gemeinwesen
möglichst gering zu halten, ließen im übrigen die
Senatoren an jenem Ort, an dem die Gracchen
und zahlreiche ihrer Anhänger ermordet worden
waren, einen Tempel zu Ehren der Göttin
Concordia, also der Eintracht erbauen. Nichts
desto trotz war das letzte Jahrhundert der
Republik nicht nur von zahlreichen
Sklavenaufständen, sondern v.a. vom
Bürgerkrieg geprägt.
Die sozialen und politischen
Auseinandersetzungen zwischen Popularen und
Optimaten setzten sich auch im ersten
Jahrhundert v. Chr. fort. Beim römischen
Historiker Sallust (86 - 35 v. Chr.), der ein
Zeitgenosse der sozialen Konflikte der späten
römischen Republik war, findet sich folgende
Erklärung für die Klassenkämpfe:
„Diese Richtung [des Umsturzes] liegt
überhaupt schon in der Natur der ganzen
Volksklasse. Denn überall hegt der
Mittellose Neid und Missgunst gegen den
Besitzenden; er schwärmt für
Unruhestifter, hasst das Bestehende und
wünscht neue Zustände herbei. Voll
Missbehagen über die eigene Lage sehnt er
sich nach einer allgemeinen Umwälzung:
Aufruhr und Empörung bringt ihm
Unterhalt, Verluste braucht er dabei nicht
zu befürchten, da ja die Armut nichts zu
verlieren hat."
Der senatorische Widerstand gegen die Politik
der Agrarreformen der Gracchen war
erfolgreich genug gewesen, dass die alte,
römische Bauernschaft weiter zugrunde
gerichtet wurde und sich in Rom die Reihen der
Proletarier ständig vergrößerten. Dies hatte
nicht zuletzt auf das römische Heer
Auswirkungen. Das Heer der Republik war über
Jahrhunderte eine Miliz von wehrpflichtigen
Staatsbürgern gewesen, nach dem Feldzug
kehrte der Legionär an seinen Pflug zurück. Bei
der Rekrutierung des Heeres griff man schon
längst auf die italischen Bauern, die
Bundesgenossen Süd- und Mittelitaliens, zurück.
Als aber auch dadurch nicht mehr genug
Soldaten für das Heer aufgestellt werden
konnten, weil es schlicht zu wenige Bürger gab,
die sich die Ausrüstung für den Kriegsdienst
leisten konnten, begann der Feldherr und
Popular Marius damit, eigentums- und
besitzlose Proletarier für das Heer zu
rekrutieren, ihnen Ausrüstung und Ausbildung
zu finanzieren sowie einen Sold zu bezahlen.
Damit sollte nicht nur dem Engpass an
Soldaten-Nachschub entgegengewirkt, sondern
auch die Zahl der von Getreidespenden
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Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging
abhängigen Proletarier in Rom vermindert
werden.
Marius (156 - 86) stammte aus einer ritterlichen
Familie, gehörte also nicht zur alteingesessenen
senatorischen Führungsschicht der römischen
Republik. Es gelang ihm, gegen den Widerstand
des Senats für das Jahr 107 v. Chr. als homo
novus, also als erstes Mitglied seiner Familie,
zum Konsul gewählt zu werden und den
Oberbefehl im Krieg gegen den numidischen
König Jugurtha zu erhalten. Wie stark der
Standesdünkel der Patrizier ausgeprägt war, zeigt
sich nicht zuletzt daran, dass selbst der Sieg des
Marius gegen Jugurtha kaum etwas daran
änderte, dass er von der senatorische
Oberschicht überwiegend als „nicht
standesgemäß" angesehen wurde. Dennoch
gelang es Marius nicht zuletzt aufgrund seines
Erfolges gegen Jugurtha, seine Pläne für die
Umwandlung des Heeres in ein Berufsheer
durchzusetzen. Marius' Heeresreform sah vor,
dass der Berufssoldat 16 Jahre oder für 16
Feldzüge dienen sollte. Als Entlohnung erhielt er
einen Sold und Anteile an der Beute. Der
Feldherr musste für die Veteranenversorgung
aufkommen, die bis zur Zeit Caesars die Form
einer Landschenkung hatte und erst im
kaiserzeitlichen Rom durch Geldzahlungen
abgelöst wurde. Marius Heeresreform machte
vom militärischen Gesichtspunkt betrachtet das
römische Heer schlagkräftiger und
professioneller. Die politischen Auswirkungen
der Heeresreform sollten aber noch
weitreichender sein.
Der Bundesgenossenkrieg und die
Diktatur Sullas
Die italischen Bundesgenossen mussten schon
seit jeher Soldaten für das römische Heer stellen,
waren aber in vielfacher Hinsicht gegenüber den
römischen Staatsbürgern benachteiligt. Der 91 v.
Chr. zum Volkstribun gewählte Marcus Livius
Drusus wollte populare Forderungen
durchsetzen, wie die Verbilligung der
Getreideverteilungen an die römischen
Proletarier, neue Ansiedlungen und die
Gründung von Kolonien. Insbesondere setzte er
sich dafür ein, den Bundesgenossen das volle
römische Bürgerrecht zu verschaffen. Die
Optimaten im Senat hingegen wollten die
Neubürger einem eigenen Tribus zuweisen mit
geringeren politischen Rechten und sie
schreckten ein weiteres Mal nicht davor zurück,
den eigentlich sakrosankten Volkstribunen
Drusus durch Auftragskiller ermorden zu lassen.
Drusus' Tod war der Auslöser für die Aufstände
zahlreicher Bundesgenossen gegen die römische
Vorherrschaft mit dem Ziel einer vollen
Gleichberechtigung als römische Bürger. Diese
Aufstände mündeten in den sogenannten
Bundesgenossenkrieg, bei dem sich zeigte, das
die römischen Heere gegen diejenigen der
Bundesgenossen militärisch nur wenig
ausrichten konnten, wobei die vom römischen
Feldherren Sulla geführten Truppen nicht davor
zurückschreckten, viele Städte der Samniten dem
Erdboden gleich zu machen. Mit dem von den
Volkstribunen im Jahr 89 v.Chr. eingebrachten
Gesetz wurde allen Bundesgenossen, auch den
Aufständischen, die sich binnen 60 Tagen
meldeten, das römische Bürgerrecht verliehen.
Damit endetet diese Auseinandersetzung im
Sinne der Bundesgenossen, die politischen und
sozialen Konflikte dauerten aber an.
Als Caesar auf der Bühne der römischen Politik
auftrat, war die soziale Krise auf dem
Höhepunkt. Seine Politik sozialer Reformen
orientierte sich an den Vorstellungen der
Popularen, dadurch gelang es ihm, den sozialen
Konflikt so weit beizulegen, dass der Zerfall des
Imperiums um Jahrhunderte hinausgeschoben
wurde. Darin unterschied sich Caesar von seinen
Vorgängern und seinen Konkurrenten, die
ebenfalls schon viel Macht in ihrer Hand
vereinigt hatten. Berüchtigt war insbesondere
der Diktator Cornelius Sulla. Seine Diktatur
wurde nicht nur vom römischen Philosophen
Seneca zu einem Paradebeispiel der Tyrannei
erklärt.
Im Jahr 83 v. Chr. versuchten die Optimaten
unter der Führung von Sulla die Popularen
entscheidend zu schlagen. Sulla wurde als
Diktator mit der zeitlich unbeschränkten
Vollmacht „Gesetze zu geben und den Staat zu
ordnen“ (legibus scribundis et rei publicae
constituendae) ausgestattet. Mit dieser
Grundlage führte er die ersten Proskriptionen
der römischen Geschichte durch: Zahlreiche
Anhänger der Popularen wurden geächtet, sie
wurden vogelfrei erklärt und konnten von jedem
straflos getötet werden. Insgesamt sollen fast
5.000 römische Staatsbürger während Sullas
Herrschaft ermordet worden sein. Die
Verfolgung der politischen Gegner beschränkte
sich nicht nur auf ihre physische Vernichtung,
auch deren Kinder und Enkel wurden verfolgt
und verloren die politischen Privilegien ihres
Standes; gesamte Familien sollten dauerhaft aus
dem politischen Leben ausgelöscht werden.
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Römische Antike - Wie die römische Republik zu Ende ging
Selbst das Grab des bereits verstorbenen
Popularen Marius wurde geschändet und die
Siegesmonumente des Marius abgerissen. Auch
der noch junge, mit Marius verwandte Gaius
Julius Caesar wurde von Sulla verfolgt, hatte aber
Glück und wurde begnadigt. Das Vermögen von
rund 1500 Gegnern Sullas wurde beschlagnahmt
und von Sulla zum Teil an seine patrizischen
Anhänger im Senat verteilt, teils versteigert. Bei
den Versteigerungen kam so viel Land unter den
Hammer, dass die Preise ins Bodenlose fielen.
Diese Gelegenheit nutzten viele, um sich große
Vermögenswerte und großen Landbesitz
anzueignen. Einer der erfolgreichsten Aufsteiger
dieser Zeit war der spätere Verbündete von
Caesar, Marcus Licinius Crassus, der zum
reichsten Mann in Rom aufstieg
Koloniegründungen, oder den Rückgriff auf den
Ager publicus. Er siedelte seine Soldaten teils in
jenen italischen Städten an, die er während des
Bundesgenossenkrieges dem Erdboden gleich
gemacht hatte. Auch standen noch ausreichend
Land und Häuser seiner Gegner zur Verfügung,
die er geächtet, getötet oder vertrieben hatte und
deren Hab und Gut er enteignet hatte, um damit
tausende Veteranen zu versorgen.
Erkläre folgende Begriffe:
1. Lex hortensia
2. Concilium Plebis - Plebiszite
3. Divide et impera
4. Ager publicus
5. Punische Kriege
6. Equites
7. Proletarii (Proletarier)
8. Agrargesetz des Tiberius Gracchus
9. Popularen
10. Optimaten
Denarius - eine Münze aus der Zeit Sullas, ca. 83
v.Chr.: L. Sulla Imperator Iterum. Die
Vorderseite zeigt den Kopf der Venus, die Sulla
beigestanden haben soll, und Cupido mit
Palmzweig. Auf der Rückseite Kriegstrophäen
sowie Priesterinsignien, die den
Herrschaftsanspruch Sullas betonen sollten.
Die von Sulla neu ausgearbeitete Verfassung für
Rom zielte auf eine nachhaltige Schwächung
demokratischer Institutionen ab: Der
Volksversammlung, dem concilium plebis,
wurde das Recht entzogen, Gesetze zu
beschließen auch den Volkstribunen wurden
viele Befugnisse entzogen, darunter ihr VetoRecht. Sie sollten auf eine Art Volksanwalt
reduziert werden, der im Notfall plebejischen
Bürgern Hilfestellung leisten konnte. Jedenfalls
wurde es Volkstribunen nach Sullas Verfassung
unmöglich gemacht in weiterer Folge für andere
Ämter wie das des Konsuls zu kandidieren.
Damit wollte Sulla verhindern, dass politisch
ambitionierte Bewerber, die nicht aus dem
patrizischen Adel stammten, über das
Volkstribunat in die „große Politik" einsteigen
konnten. Sulla fand auch eine Lösung, wie er den
Veteranen Land für die Altersversorgung
zukommen lassen konnte, ohne mit seinen
Freunden im Senat in Konflikt zu geraten: Sulla
verzichtete dabei weitgehend auf
11. homo novus
12. Wie begründete der Senat die
Fortführung des Kriegs gegen die
Karthager?
13. Warum entwickelten die Patrizier
einen so großen "Landhunger"?
14. Welche klassische konservative
politische Sichtweise entwickelt Cicero
in seinem Werk "Von den Pflichten und
vom Staat"?
15. Worin bestand die Heeresreform des
Marius und warum wurde sie
notwendig?
16. Warum kam es zum
Bundesgenossenkrieg und wie endete
er?
17. Wie änderte der Diktator Sulla die
römische Verfassung 83 v.Chr.? Cui
bono - Zu wessen Gunsten wurden die
Machtverhältnisse von Sulla geändert?
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