K U LT U R Freitag, 12. Juni 2015 23 Einer für alle Bernd Lafrenz brachte einen ausgesprochen farbenfrohen „Macbeth“ in den Heidenheimer Lokschuppen Christtuskirche: Pühn-Filmpremiere Der Heidenheimer Auferstehungskirchengemeinde ist es gelungen, dass die öffentliche Uraufführung des dokumentarischen Films „Mein Kreuz mit dem Kreuz“ über die sakralen Arbeiten des Bildhauers Franklin Pühn am Freitag, 12. Juni, in der Christuskirche gezeigt werden kann. Der Kunstpädagoge und Filmemacher Hans-Martin Hartmann hat den Künstler Franklin Pühn an den Orten seiner Werke in Heidenheimer Kirchen über einen langen Zeitraum begleitet und zu seinem Schaffen befragt. Entstanden ist eine spannende Auseinandersetzung mit der Formensprache des Kreuzes und seiner theologischen Aussage. Die öffentliche Vorführung beginnt mit einem Empfang um 20.30 Uhr im Martin-Luther-Saal. Anschließend wird der Film im Kirchenschiff gezeigt. Der Eintritt ist frei, um Spenden zur Unkostendeckung wird gebeten. Der Künstler Franklin Pühn und der Filmemacher Hans-Martin Hartmann werden gemeinsam mit den Mitwirkenden des Films anwesend sein, so dass auch Gelegenheit zu Gespräch und Begegnung besteht. Verantwortlich ist Pfarrerin Iris Carina Kettinger, Beauftragte für Kirche und Kunst im Kirchenbezirk. Oben Pühn im Gespräch mit Lambert Auer, dem Kunstbeauftragten der Landeskirche. Pfarrerkabarett in Zang Wolfgang Bayer, Pfarrer aus Schwäbisch Hall, gastiert mit seinem Programm „Dimpfelbach sucht den Superpfarrer“ am Samstag, 13. Juni, 19.30 Uhr in der evangelischen Kirche Zang. Ausgangslage: Die Kirchengemeinde Dimpfelbach besetzt ihre Pfarrstelle im Rahmen eines Wettbewerbs, der stark an Castingshows aus dem Fernsehen erinnert, und unterzieht dabei die Kandidaten knallharten Praxistests. Am Kabarettabend in Zang kann man einen der Bewerber beim Training für Disziplinen wie „Predigen dalli dalli“ oder „Dienstpost erledigen in 180 Sekunden“ erleben und interessante Details über das Kleingedruckte in den Anstellungsverträgen von Pfarrerinnen und Pfarrern erfahren. Zudem werden kirchliche Pläne wie die einer Qualitätssicherung beim Taufgespräch vorgestellt, die bislang noch nicht Wirklichkeit geworden sind. Vorverkauf im Ticketshop des Heidenheimer Pressehauses. Kunstmuseum: Führung durch den Künstler Zum 90. Geburtstag des Bildhauers Franklin Pühn zeigt das Kunstmuseum Heidenheim exemplarische Werke aus seinen wichtigsten Schaffensphasen. Der Künstler wird am Sonntag, 14. Juni, 11.15 Uhr selbst durch die Ausstellung führen und den neu erschienenen Katalog präsentieren. „Fair is foul – and foul is fair“: Das ist ein zentraler Satz, der gleich in der ersten Szene von „Macbeth“ fällt, im Lied der Hexen. „Ein freier Platz, Donner und Blitz“ ist die szenische Anweisung dazu vom Autor, die der Shakespearomane Bernd Lafrenz auch getreulich kund tut. Was in Übersetzungen etwa „Gut ist bös’ – und bös’ ist gut“ heißt oder „Schön ist wüst – und wüst ist schön“, übersetzt der Freiburger, der im Nummerschild seines Kleinbusses die Zahl „1564“ trägt, also das Geburtsjahr des Weltdramatikers aus Strafordupon-Avon, mit „Schön ist häßlich – und häßlich ist schön“. Und mit seinem Trialog der Hexen ist Lafrenz auch gleich „gut“ angekommen in der „big hall, called Lokhalle“, wo er in einer städtischen Sonderveranstaltung die „schaurige Komödie“ von William Shakespeare auf ausgesprochen unkonventionelle Weise interpretierte – im ausdrücklichen Vorgriff auf die Inszenierung der Opernfestspiele, worauf er mehrfach, als wär’ er Marketing-Beauftragter von „OH!“, hinwies. Und sein Publikum im Lokschuppen, das das Eintrittsgeld für diesen literatur-komödiantischen Abend anrechnen lassen kann auf eine Karte für den Verdi„Macbeth“, war sich einig in der Beurteilung des brutto eindreiviertel Stunden dauernden Auftritts: „Schön“ war’s; und das „Häßliche“ des Geschehens war gekonnt verulkt und veralbert. Und trotz aller, sehr bewusst immer wieder augenzwinkernd zelebrierter Abstiege ins Unterhaus von Humor und Geschmack, war’s ein geistreicher Abend mit Niveau. Was, bei Könnern wie Lafrenz, durchschlagende Unterhaltsamkeit nicht ausschließt. „Macbeth“ also, vom Autor 1608 als „The Tragedy of Macbeth“ geschrieben, ist eine der bekanntesten Werke Shakespeares und eines der wichtigsten Dramen der Weltliteratur. Der 60-jährige Komödiant, Schauspieler, Grimassenschneider, Augenroller und Hochliteratur-Kleinkunst-Autor Lafrenz tänzelte auf die Bühne und stimmte das, erstaunlicherweise von weiblichen Young-Silver-Agern bestimmte, Publikum gleich ein: „Schauplatz Schottland, Mitte 11. Jahrhundert“. Wir befinden uns also im tiefsten Mittelalter. Und gleichzeitig, woran Lafrenz beständig erinnert, im lockeren, absolut unpathetischen 21. Jahrhundert: Hier will man unterhalten werden. Hier hat Farbenfrohes Tuch – mal Haube, mal Schurz, mal Abendkleid: Bernd Lafrenz weiß auch Requisiten, von denen er wenige braucht, bunt und effektvoll einzusetzen. Oben gibt er den Trialog der Hexen wider, die dem siegreichen Feldherrn Macbeth das schottische Königtum weissagen. Der Freiburger Schauspieler kam mit einem ebenso unterhaltsamen wie letztlich respektvollen Shakespeare-Programm in den Heidenheimer Lokschuppen – als herrlich skurrile Einstimmung auf den „Macbeth“ der Opernfestspiele. Foto: Rudi Weber man keine Berührungsängste mit reduzierender Umgangssprache, mit gerne auch plattem Humor oder schlicht gestricktem Weltverständnis. Hier darf selbst ein Shakespeare „krass“ sein. Und dazu kommen weitere Geschehensebenen wie das Jahrhundert des Autors, der mehrfach sinnierend in Erscheinung tritt samt seiner (ausdrücklich geschmacklos behuteten) Mama: „Genial verzahnt, oder?“, zwinkert Lafrenz ins Publikum, seine Vermischung der Ebenen auch mit zahnradartigen Gesten mehrfach abrufend. Und das ist das größte, das außergewöhnliche Können des Multitalents Bernd Lafrenz: Er wird dem Anspruch des hochkomplexen, von Hunderten von literaturwissenschaftlichen Arbeiten noch immer nicht endgültig ausgedeuteten Stückes durchaus gerecht – er agiert immer mit unverkennbarem Respekt sowie, was nicht dasselbe ist, mit unverborgener und unverbogener Liebe zur Shakespeare’schen Vorlage. Aber er will ja das Hochdramatische komödiantisch vermitteln. Und dazu stehen ihm eine Vielzahl von großartigen kleinkünstlerischen Mitteln zur Verfügung, die er, in über drei Jahrzehnten Bühnenerfahrung, mit großem Feingefühl und Effektbewusstsein kultiviert hat. Gesichts- und Körpersprache sind ebenso beredt wie seine extrem differenzierende Sprachführung. Er arbeitet mit ganz wenigen Requisiten; und nur selten gibt es Einspielungen beispielsweise musikalischer Art. Er verlässt sich in letzter Instanz, da ist Lafrenz konsequent konservativ, auf das Wort. Auf das des Weltdramatikers Shakespeare – und bricht und spiegelt es doch ohne Scheu. Da kommt etwa der gehobene und hohe Duktus der Sprache klar zum (wertschätzenden) Ausdruck – und das wird dann eingebunden in fein formulierte alltagssprachliche Binsen und Plattitüden. Oder in Quatsch und Nonsense. Da funkelt feiner Humor durch, zumal wenn Kalauer und Jokes immer wieder ironisch gebrochen werden. Und: Lafrenz spielt virtuos mit dem Publikum. Auf eine vielfach variierende Weise. Bei einem Gang durch den Saal verteilt er, weitgehend unbemerkt, kleine Textzettel, deren Beiträge später lust- und effektvoll abgerufen werden. Oder er weist das Publikum an, sein vielfaches Öffnen von mittelalterlichen Burgtüren („wie im Rittersaal ohne Dach“) mit einem rostkratzenden „niäää . . “ zu untermalen. Was gerne getan wird – und mit spielerischer Provokationslust auch immer wieder abgerufen wird. Das koagierende Publikum hat seine helle Freude. Viele Rollen hält Shakespeares „Macbeth“ vor; hier werden sie alle von einem quicklebendigen Akteur vergegenwärtigt. Stimmführung, Mimik, Gestik und gelegentlich ein (gerne multifunktionales) Requisit reichen, um etwa den tyrannischen Macbeth genauso dreidimensional werden zu lassen wie seine eitel-ehrgeizige Lady Macbeth oder einen debil grinsenden Dauerboten. Lafrenz kann man ebenso große Literatur- wie Menschenkenntnis apostrophieren; die vielen und ausgesprochen gegensätzlichen Typen werden, mit gelegentlich ostentativem Augenzwinkern, effektvoll auf die Bühne gestellt und profiliert. Königliche Wächter erhalten da ebenso markante Präsenz wie der dicke, frauen- und weinverliebte Ritter Falstaff. Das Stück, man erinnert sich: Macbeth hat für den schottischen König eine wichtige Schlacht gewonnen. Drei Hexen sagen ihm voraus, es bis zum König von Schottland zu bringen. Das führt er, in blutigem Tun, eigenhändig herbei, um dann immer tyrannischer, unzugänglicher und gleichzeitig einsamer zu werden. Auch sieht er Gespenster – für Lafrenz natürlich eine szenische Steilvorlage. Lady Macbeth, ursprünglich treibender Motor usurpatorischen Tuns, tötet sich schließlich selber. Und Macbeth wird von seinem sozialen Konkurrenten Macduff geköpft, der Macbeths Hexenweissagung, dass er von keinem getötet werden könne, den ein Weib geboren habe, mit dem Verweis auf seinen lebenseröffnenden Kaiserschnitt kontert. Im Marstall sei er schon aufgetreten, erinnert sich Lafrenz an frühere Heidenheimer Engagements, im Zelt und bei der VHS. „Zum Anwärmen für die Oper“ genieße er nun seinen Auftritt im „exquisiten Lokschuppen“. Und vielleicht werde im Rittersaal ja auch einmal Verdis „Otello“ gespielt: „Dann könnte man . . “ Das Publikum applaudierte heftig, in demonstrativem Einverständnis. Und spendete auch herzhaften Beifall für den hochverehrten Autor, dessen Poster Lafrenz, der mit neun ShakespeareProgrammen durch die Lande tourt, abschließend entrollte. Manfred Allenhöfer Die Flügelflüsterer – eine neue Serie in der HZ In Sachen Klavierbau ist der Flügel die Krone der Schöpfung. In und um Heidenheim herum kann man mehr oder weniger regelmäßig ein gutes Dutzend Flügel im öffentlichen Konzerteinsatz erleben. Diese im Rahmen einer Serie vorzustellen, ist ein Fall für „Die Flügelflüsterer“. Und als Flügelflüsterer unterwegs waren in den vergangenen Monaten der Pianist Eric Mayr, Kulturredakteur Manfred Kubiak und Online-Redakteur Arthur Penk. Was sie dabei erlebt, erfahren und erlauscht haben, wird seinen Niederschlag nicht nur in der Zeitung, sondern auch im Internet finden, wo auf HZ-Online und Youtube das zu hören sein wird, was die Flüsterer in Aktion so von sich gaben, insbesondere aber auch das, was die Flügel musikalisch zu sagen hatten. Denn bekanntlich klingt in dieser Kategorie keiner wie der andere. Weshalb das so ist, und worin die Unterschiede bestehen, auch das hat die Flügelflüsterer beschäftigt. Dabei ging es jedes Mal so seriös zu, wie es das Thema verlangt, aber, wie man sehen wird, auch nicht immer bierernst. Und im Idealfall sollen am Ende der Serie nicht nur unsere Flügelflüsterer noch schlauer sein als zuvor, sondern auch unsere Leser und User behaupten können, einen Flügel nun mit anderen Augen und Ohren zu erleben. Die erste Folge unserer Serie „Die Flügelflüsterer“ wird am morgigen Samstag erscheinen. Schauen und hören genau hin: unsere „Flügelflüsterer“ Arthur Penk, Manfred Kubiak und Eric Mayr (von links). Alle in den kommenden Wochen erscheinenden Texte, Bilder und Videos gibt es auf www.hz-online.de/kultur. Per Smartphone und Tablet erreicht man die Seite über den im Bild eingeblendeten QR-Code. Foto: Joachim Bozler